Baccara Collection Band 490

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WEISSE WEIHNACHT – HEISSE WEIHNACHT von JULES BENNETT

Auf einer Ferienranch in Wyoming will Kira über die Weihnachtstage zur Ruhe kommen. Aber wie, wenn dort plötzlich ein gefährlich verführerischer Cowboy auftaucht? Kaum hat sie sich auf eine heiße Affäre mit Pax eingelassen, muss sie fürchten, dass er mit ihr spielt …

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  • Erscheinungstag 01.11.2025
  • Bandnummer 490
  • ISBN / Artikelnummer 0855250490
  • Seitenanzahl 384

Leseprobe

Jules Bennett, Jennifer Wilck, Debra Webb & Regan Black

BACCARA COLLECTION BAND 490

Jules Bennett

1. KAPITEL

„Komm schon, du hässliches Ding.“

Kira Lee zerrte an dem unansehnlichen Baum, den sie gerade auf der Weihnachtsbaumplantage in Willowvale Springs gekauft hatte. Leider war die Auswahl so kurz vor den Feiertagen nur noch dürftig. Aber sie hatte so viel Baumschmuck gekauft, dass sie damit die Löcher in diesem traurigen Baum verdecken konnte, der ohnehin nur für ein paar Wochen in ihrem Ferienhäuschen stehen würde.

Auf der Plantage hatte ein Mitarbeiter den Baum auf ihren SUV geladen, doch sie hatte nicht bedacht, wie sie dieses Ungetüm vom Auto herunter und in das Haus bekommen sollte.

„Wer gewinnt den Kampf?“

Eine männliche Stimme ließ sie aufschrecken, sie konnte jedoch nicht sehen, zu wem sie gehörte, weil ihr das Tannengrün die Sicht versperrte.

„Ich natürlich“, rief sie und zog noch einmal kräftig an dem Baum. „Sie könnten sich als Gentleman erweisen und mir helfen.“

Normalerweise hatte sie bessere Manieren, aber hier in Wyoming war es so kalt, dass sie schnell wieder ins Warme zurück wollte. Das Wetter war hier ganz anders als in Portland.

„Ich habe nicht behauptet, ein Gentleman zu sein“, erwiderte der gesichtslose Mann spöttisch.

Wow. Sie war erst einen Tag in der Stadt, weil sie sich von ihrer besten Freundin zu diesem Urlaub hatte überreden lassen, und schon war sie genervt. Aber daran war sie selbst schuld. Warum musste sie auch das Ferienhaus für die Feiertage aufhübschen? Kira zerrte erneut an dem Baum und taumelte nach hinten, als er sich bewegte. Endlich. Sie würde es vielleicht tatsächlich noch vor Einbruch der Dunkelheit ins Haus schaffen.

„Lassen Sie mich das machen, bevor Sie sich noch wehtun.“

Die Stimme kam näher und Kira blickte hinüber zu dem attraktivsten Cowboy, dem sie seit ihrer Ankunft in der Stadt begegnet war. Sonnengebräunte Haut, schwarzer Hut, schwarzer Wollmantel, dunkle Jeans und Stiefel. Wahrscheinlich stand irgendwo in der Nähe auch noch ein schwarzes, beeindruckendes Pferd.

Egal, sie wollte nur Hilfe mit ihrem Baum. Sonst nichts. Aber sie hatte nichts dagegen, sich eine Weile an seinem Anblick zu erfreuen.

Mit einer Kraft, die sie nicht erwartet hatte, hievte der Mann den Baum von ihrem Auto auf seine Schulter und deutete dann auf ihre Unterkunft.

„Sie könnten wenigstens die Tür aufmachen“, brummte er.

Kira schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, drehte sich auf dem Absatz um und ging die Stufen zu ihrer Tür hinauf. „Da ist aber jemand in Festtagsstimmung.“

Sie gab den Code ein und öffnete die Tür, damit er eintreten konnte. Nachdem er den Baum durch die Öffnung manövriert und es geschafft hatte, nicht über die Stufen zu stolpern, drehte er sich in Richtung der offenen Wohnküche.

„Wo ist der Eimer?“, fragte er.

Kira stockte. „Eimer?“

„Um den Baum reinzustellen.“

Er drehte sich zu ihr um, sodass sie zum ersten Mal sein markantes Gesicht richtig sehen konnte. Wenn der Mann jetzt noch lächeln würde, wäre er verdammt attraktiv mit diesen dunklen Augen unter den dichten, schwarzen Brauen.

„Sie haben doch sicher einen Behälter für den Baum, oder?“, fügte er hinzu.

Ups.

„Soweit habe ich nicht gedacht, aber ich habe wirklich schönen Baumschmuck besorgt“, sagte sie schmunzelnd, schien aber die Einzige zu sein, die das amüsant fand.

Der Fremde legte den Baum vorsichtig auf den Boden.

„Sie haben das nicht wirklich vorher geplant, oder?“, fragte er.

Bevor sie antworten konnte, murmelte er etwas davon, dass er gleich wieder da sei. Er ging zur Tür hinaus und ließ sie offen, sodass kalte Luft hereinströmte.

Kira blickte hinaus und sah zu, wie er in einem schwarzen Wagen davonfuhr.

Sie schloss die Tür, um den eisigen Wind nicht hereinzulassen. Als sie sich dem traurigen Baum zuwandte, der auf dem Boden lag, hätte sie sich am liebsten zu ihm gelegt. Denn sie war sich sicher, dass es einige Gemeinsamkeiten zwischen ihr und diesem halbtoten Baum gab.

Kira versuchte, sich auf den Kurzurlaub zu konzentrieren, den ihre beste Freundin für sie organisiert hatte, statt auf das Desaster, in das sich ihr Leben verwandelt hatte, ohne dass sie etwas dafür konnte. Sie hatte nicht nur ihre Wohnung verloren, sondern war wegen ihres stressigen Berufs auch völlig ausgelaugt. Und dann plante ihre Mutter auch noch ihre vierte Hochzeit. Kira brauchte wirklich eine Auszeit.

Bisher hatte sie ein ganz normales, langweiliges Leben geführt, in dem sie auf Struktur und Planung Wert legte, und war damit vollkommen zufrieden gewesen. Deshalb hatte sie dieses Chaos auch fast in einen Nervenzusammenbruch gestürzt. Glücklicherweise hatte Delilah Kiras Gemütszustand erkannt und diese malerische Ranch in Wyoming gefunden, weit weg von den Problemen in Oregon.

Vielleicht war der Baum, den sie gekauft hatte, hässlich, aber irgendetwas an ihm brachte sie zum Lächeln. Er war alles andere als perfekt, und vielleicht sollte das ihr zeigen, dass etwas, das beschädigt war, nicht unbedingt komplett kaputt war – genau wie ihr Leben. Sie konnte es wieder aufbauen und neu gestalten, sobald sie sich die Zeit genommen hatte, sich auszuruhen und sich nicht mehr um die Probleme anderer zu sorgen – ihrer Kunden, ihrer Mutter, ihres Vermieters. Sie musste sich endlich einmal auf sich selbst konzentrieren.

Zweifellos würde ihre beste Freundin ihr raten, sich den sexy, grüblerischen Cowboy zu angeln, aber Kira war nicht wegen eines Flirts hier. Sie musste herausfinden, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte, wo sie wohnen und wie sie dieses Karriere-Burn-out in den Griff bekommen sollte.

Und sie glaubte nicht, dass Mr. Mürrisch ihr dabei helfen würde.

Paxton Hart hatte keine Zeit, den jämmerlichsten Weihnachtsbaum aufzustellen, den er je gesehen hatte. Verdammt, er wollte nicht einmal auf dieser Ferienranch sein.

Doch leider musste er erst einmal bleiben. Aus Gründen, die er immer noch nicht verstand, hatte Hank Carson beschlossen, seine Ranches, Farmen, sein Haus und seine Ferienanlagen den Männern zu vermachen, die vor Jahren in den Sommerferien für ihn gearbeitet hatten. Pax hatte Hank seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen, aber anscheinend hatte Pax einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Seine alten Freunde Mason, Kahlil und Vaughn hatten wie Pax Hanks Anwesen geerbt. Die drei anderen waren mit der festen Absicht hierher zurückgekehrt, ihr Erbe zu verkaufen und wieder in ihr geschäftiges Leben zurückzukehren. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Jeder von ihnen hatte als Teenager für Hank gearbeitet und jeder von ihnen hatte sich geschworen, es einmal zu etwas Größerem und Besserem zu bringen. Sie alle waren in ihrer jeweiligen Branche erfolgreich und hatten gut bezahlte, erfüllende Berufe. Und nun waren sie alle wieder hier. Pax hatte seinen Freunden angeboten, beim Verkauf ihrer Grundstücke zu helfen, aber die Männer hatten sich dafür entschieden, zu bleiben und ihr geerbtes Anwesen zu behalten. Weil sie sich alle verliebt hatten und nun planten, sich in Willowvale niederzulassen. Die drei waren entweder verlobt oder verheiratet, was Pax eine Heidenangst einjagte.

Er war nicht in die Stadt zurückgekommen, um sich zu verlieben oder was auch immer seine Freunde empfanden. Pax hatte einen vollen Terminkalender und zahlreiche Karriereziele auf seiner Prioritätenliste – insbesondere die neue Immobilienagentur in Spanien. Zeit in Willowvale Springs zu verbringen, stand auf keiner seiner Listen.

Als Pax einen großen Eimer aus der Scheune holte, beschäftigte ihn immer noch die Tatsache, dass der neue Gast in einer der Ferienhütten eine der bezauberndsten Frauen war, die er je gesehen hatte. Er war sich nicht sicher, ob er sich darüber ärgerte, dass er Zeit verschwenden musste, um einen hässlichen Baum aufzustellen, oder ob er sich darüber ärgerte, wie sie auf ihn wirkte.

Beides. Definitiv beides.

Er nahm den vertrauten Weg zurück zu den Ferienhütten. Diese Gästeranch war früher gut besucht gewesen und hatte Besucher aus dem ganzen Land angezogen. Laut den aktuellen Unterlagen war die Anzahl der Besucher jedoch mittlerweile auf die Hälfte gesunken. Daher war ein Großteil des Personals bereits gegangen, der Manager war jedoch nach Hanks Tod geblieben.

Pax hatte zwar in seinen Teenagerjahren in den Sommerferien hier gearbeitet, aber was wusste er schon über die Leitung einer Gästeranch? Sein Leben drehte sich um den Kauf und Verkauf von Immobilien. Er war bereits Marktführer auf dem US-Markt und würde in den nächsten Monaten seinen neuen Standort in Spanien eröffnen. Deshalb hatte er keine Zeit für diese Gästeranch oder die sexy Bewohnerin von Hütte Nummer 5.

Er parkte direkt hinter ihrem SUV. Mit einem Eimer in der Hand stieg er die Stufen hinauf und klopfte an die Tür. Sofort schwang die Holztür auf und ein Anflug von Lust durchfuhr ihn völlig unvorbereitet. Die zierliche Frau mit dem bezaubernden Pferdeschwanz, dem eng anliegenden roten Pullover und der körperbetonten Jeans sollte ihn nicht so erregen. Es musste an der eisigen Luft liegen, dass er seinen gesunden Menschenverstand verlor.

„Wo soll der Baum hin?“, fragte er in der Hoffnung, dass er die Angelegenheit schnell und schmerzlos über die Bühne bringen konnte.

Sie blickte sich im Raum um und zeigte auf die Ecke in der Nähe des Kamins. „Das ist der perfekte Platz.“

Pax stieg über den halbtoten Baum und stellte den Eimer an der vorgesehenen Stelle ab. Als er sich umdrehte, wäre er beinahe mit ihr zusammengestoßen. Sie wich einen Schritt zurück.

„Entschuldigung“, sagte sie lächelnd. „Glauben Sie, dass er dort gut aussehen wird?“

Pax widerstand dem Drang, einfach zu fliehen. Es war ihm egal, wo sie den Baum hinstellte, denn dies war nicht seine Hütte, und beim Aufstellen würden wahrscheinlich sowieso die Nadeln abfallen. „Wenn Sie ihn da haben wollen“, antwortete er.

Sie schien eine Minute lang nachzudenken, was etwa fünfzig Sekunden länger war, als seine Geduld zuließ. Schließlich nickte sie. „Ja, wir stellen ihn dorthin. Neben dem knisternden Feuer sieht er sicher toll aus.“

„Sie wissen schon, dass Weihnachten in ein paar Tagen ist, oder?“

Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie zu ihm aufsah. „Deshalb müssen wir diesen Baum ja auch schnell aufstellen.“

Sie beugte sich zu dem Baum hinunter, richtete sich dann aber wieder auf. „Moment. Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen.“

„Ist das wichtig, wo Sie doch nur meine Hilfe brauchen, um den Baum aufzustellen?“, konterte er.

„Dann werde ich Sie wohl Scrooge nennen müssen.“ Sie streckte ihm die Hand zum Gruß entgegen. „Ich bin Kira.“

Er blickte auf ihre ausgestreckte Hand, doch er würde sie auf keinen Fall berühren. Allein schon bei ihrem Anblick wurde ihm ganz flau – wie würde er dann erst auf eine Berührung reagieren? Er hatte sich vor langer Zeit geschworen, keinerlei Bindungen einzugehen.

„Ich hole schnell die restlichen Sachen“, erklärte er und ging schnell zu seinem Wagen. Dort nahm er einen Sandsack heraus und ging wieder in die Hütte. Er wollte keine Minute länger als nötig hier sein. Zum einen hatte er in einer Stunde ein Online-Meeting bezüglich des neuen Projekts in Barcelona und zum anderen war es ihm einfach unangenehm, mit Kira hier zu sein.

Sogar ihr Name klang bezaubernd. Alles an ihr schien bezaubernd zu sein, von ihrer Frisur über ihre zierliche Statur bis hin zu ihrer lebhaften Persönlichkeit. Aber bezaubernde Frauen waren eigentlich gar nicht sein Geschmack.

Sogar ihr Name klang bezaubernd. Alles an ihr schien bezaubernd zu sein, von ihrer Frisur über ihre zierliche Statur bis hin zu ihrer lebhaften Persönlichkeit. Aber bezaubernde Frauen waren eigentlich gar nicht sein Geschmack. Dennoch war sie ihm bereits unter die Haut gegangen, sodass er sich lieber darauf konzentrierte, den Baum so gerade wie möglich in den Eimer mit Sand zu stellen. „Halten Sie ihn gut fest“, bat er sie, während er den Sand einfüllte und den Stamm zurechtrückte.

Als er der Meinung war, dass der Baum so gut wie möglich stand, kroch er wieder unter dem Baum hervor. Er war nach Willowvale Springs zurückgekehrt, um herauszufinden, wie er dieses unerwünschte, geerbte Anwesen am besten verkaufen konnte, und nicht, um sich zu vergnügen und den Gästen zu helfen.

„Sie sollten warten, bis Sie ihn geschmückt sehen“, meinte Kira und lächelte den Baum an, als könne sie das Bild schon in ihrem Kopf sehen.

„Ich kann es mir lebhaft vorstellen.“

Sie blickte zu ihm hinüber und zog ihre dunklen Brauen zusammen. „Sie haben garantiert etwas Besseres zu tun, als einen Weihnachtsbaum zu schmücken. Ich wette, Sie haben nicht einmal einen.“

„Die Wette gewinnen Sie.“

„Sind Sie immer so mürrisch?“, fragte sie mit den Händen in den Hüften.

„Sind Sie immer so redselig bei Fremden?“, konterte er.

Kira zuckte mit den Schultern. „Berufsrisiko.“

Frag nicht. Frag bloß nicht.

„Und was machen Sie?“ Natürlich befolgte er seinen eigenen Rat nicht, da er sich fragte, welchen Beruf jemand haben konnte, der so forsch war. „Sie sind Hochzeitskoordinatorin“, vermutete er.

Kira lachte. Und dieses Lachen erwärmte etwas in ihm – etwas, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass es erkaltet war. Diese ganze Situation war absolut lächerlich.

„Nein“, antwortete sie, „ich arbeite als Life Coach, also Lebensberaterin.“

Pax schnaubte und erwartete, dass sie lachen würde, aber sie starrte ihn nur an. „Oh, im Ernst?“

„Warum denn nicht?“, konterte sie. Sie griff nach oben und zog ihren Pferdeschwanz fester. Er kannte diese Geste. Es war wie eine Angriffsgeste, die Frauen machten, wenn sie jemand verärgert hatte. Offensichtlich war er dieser jemand.

„Was genau machen Sie?“, fragte er, nicht sicher, warum er blieb, obwohl er einen Termin hatte und er noch tausend andere Dinge zu tun hatte.

„Im Moment versuche ich herauszufinden, warum Sie mir Ihren Namen nicht nennen wollen, warum Sie anscheinend keine Weihnachtsbäume mögen und wie ich Ihnen helfen kann.“

Pax verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Mir helfen?“, wiederholte er. „Was muss Ihrer Meinung nach bei mir verbessert werden“

„Zum einen Ihre Einstellung. Obwohl Sie mir mit dem Baum geholfen haben, also danke dafür.“

Sie ging zu einem Stapel Taschen, den sie auf dem Sofa abgelegt hatte, und begann, Girlanden, Lichterketten und Baumschmuck herauszuholen. Pax fragte sich, wo zum Teufel sie das alles aufhängen wollte, wo die Zweige doch so spärlich waren.

„Hat Ihre Frau bei Ihnen zu Hause auch einen Baum aufgestellt?“, fragte sie, während sie ihre Sachen weiter auspackte.

„Sie sind meiner Frage ausgewichen, und das war keine subtile Art zu fragen, ob ich Single bin.“

Sie warf ihm ein verschmitztes Lächeln über die Schulter zu. „Ich beantworte Ihre Frage nicht weiter und es ist mir egal, ob Sie Single sind. Ich vermute, dass Sie selbst auf keinen Fall einen Baum aufstellen, also gehe ich davon aus, dass Ihre Frau das getan hat, sofern es bei Ihnen zu Hause einen Weihnachtsbaum gibt.“

„Ich bin nicht verheiratet und habe keinen Baum.“

Sie drehte sich mit einer Lichterkette in der Hand um. „Wohnen Sie hier auf der Ranch?“

„So in der Art“, murmelte er.

Dass er für die Dauer seines Aufenthalts im Haupthaus wohnte, musste er ihr nicht erzählen. Er war schließlich nicht hier, um Freundschaften zu schließen, sondern um diese Gästeranch zu einem guten Preis zu verkaufen. Er hatte diese Kleinstadt schon vor langer Zeit hinter sich gelassen und würde garantiert nicht bleiben.

„Ich vermute, Sie arbeiten in einem deprimierenden und langweiligen Job wie in der Buchhaltung. Sind Sie deshalb so schlecht gelaunt? Also, wenn ich den ganzen Tag mit Zahlen hantieren müsste, wäre ich auch mies drauf.“

Warum war diese Frau so gesprächig? „Sind Sie allein hier?“, fragte er. Die Worte rutschten ihm heraus, bevor er sie zurückhalten konnte.

„Zwangsurlaub“, erklärte sie leicht lächelnd. „Meine beste Freundin hat diesen Urlaub für mich gebucht, weil es zu Hause ein paar Probleme gab.“

Probleme? Er wollte sich ganz sicher nicht mit den Problemen einer anderen Person befassen, da er selbst schon mehr als genug Probleme hatte.

Sein Handy vibrierte in seiner Tasche und riss ihn abrupt aus seinen Gedanken. Pax blickte auf das Display und schreckte zusammen. Er hatte hier so lange gestanden und geredet und den Anruf, auf den er gewartet hatte, ganz vergessen.

„Ich muss da rangehen. Viel Spaß beim Dekorieren.“ Schnell ging er zur Tür.

„Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Hilfe mit Ihrer Deko brauchen“, rief sie ihm nach.

Pax verfluchte sich dafür, dass er sie witzig fand, aber noch mehr dafür, dass er sich von ihr von einem der wichtigsten Anrufe seiner Karriere ablenken ließ. Verdammt. Er musste schnellstmöglich in sein Büro, um sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren.

Noch während er von ihrer Hütte davonfuhr, nahm er den Anruf entgegen. Und nahm sich im Geiste vor, Kiras weitere Anliegen dem Hausmeister zu überlassen.

2. KAPITEL

Kira schloss die Augen, während die Stimme ihrer Mutter durch die gemütliche Blockhütte hallte. Seit zwanzig Minuten telefonierten sie, um Hochzeitspläne zu besprechen, doch Kira konnte es langsam nicht mehr hören.

Musste man wirklich eine vierte Hochzeit so detailliert planen?

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Hochzeit am Strand will“, fuhr ihre Mutter fort. „Ich habe ein Kleid, das überhaupt nicht dazu passt. Eher zu einer Boho-Feier. Aber ich kann mir natürlich ein anderes Kleid kaufen.“

Klar, warum nicht? Ein anderes Kleid, ein anderer Ehemann.

Anscheinend konnte man von beidem nie genug haben. War es da ein Wunder, dass Kira immer noch Single war? Sie wusste nicht einmal, wie Romantik oder wahre Liebe aussahen … oder ob es sie überhaupt gab.

„Schatz, du wirkst abgelenkt“, fügte ihre Mutter hinzu. „Hörst du überhaupt zu?“ Diane Morton Lee Frasure achtete normalerweise nie darauf, ob jemand zuhörte oder nicht. Solange jemand in Hörweite war, war das für sie ausreichend. Sie redete gerne, vor allem über sich selbst, sodass Kira das Telefon normalerweise auf Lautsprecher stellen und sich ihren anderen Dingen widmen konnte. Ein gelegentliches Hmm oder Aha reichte üblicherweise.

„Ich höre dir zu“, antwortete Kira. „Ich dekoriere nur ein bisschen für Weihnachten.“

„Aber das ist doch schon in ein paar Tagen“, meinte ihre Mutter. „Oh, Schatz. Du musst dir wirklich mal Zeit für etwas Sinnvolleres nehmen. Wo bist du noch mal? Utah? Montana? Geh doch mal in einen angesagten Club und such dir einen Singlemann.“

„Mom, ich bin gerne Single. Und ich bin in Wyoming“, erklärte Kira, aber ihre Mutter begann gleichzeitig wieder zu sprechen.

„Ich habe einen schönen Lavendelton für dein Kleid ausgesucht“, sagte Diane. „Und weil du so wenig Oberweite hast, habe ich ein Neckholder-Top gewählt.“

Ja, bitte, sprich alle meine Makel an. Wenig Oberweite, Single, verbringt die Feiertage allein.

Warum ließ sie zu, dass ihre Mutter sie runterzog? Vor wenigen Augenblicken war sie noch vollkommen glücklich mit einem hilfsbereiten, wenn auch launischen Fremden gewesen. Er war vielleicht etwas schroff, aber er hatte geholfen, also hatte er auch etwas Gutes an sich. „Ich suche mir mein Kleid selbst aus und es wird schon zu deiner Hochzeit mit Tim passen.“

„Tom. Dein neuer Stiefvater heißt Tom.“

Spielte das eine Rolle? Tim? Tom? Nächstes Jahr um diese Zeit würde er nicht mehr da sein.

„Ich muss jetzt wirklich los, Mom. Schick mir einfach eine SMS, wenn du mich noch für irgendetwas brauchst. Hab dich lieb.“

Kira beendete das Gespräch, bevor ihre Mutter noch etwas sagen konnte. Der wichtigste Rat, den Kira ihren Klienten immer gab, war, die Negativität aus ihrem Leben zu entfernen. Sie konnte ihre Mutter zwar nicht ganz aus ihrem Leben entfernen, aber sie konnte ihr Grenzen setzen.

Ein Teil von ihr fühlte sich ein bisschen wie eine Hochstaplerin, weil sie anderen immer Ratschläge gab, wie sie ein besseres Leben führen und ihr Glück finden könnten, obwohl sie in ihrem eigenen Leben offensichtlich nicht alles im Griff hatte. Ganz besonders im Moment hatte sie keinen festen Halt und ihre ganze Welt schien in der Schwebe zu sein.

Doch während der nächsten drei Wochen wollte Kira ihren Urlaub in vollen Zügen genießen. Sie wollte viele Bücher lesen, Podcasts hören und neue Rezepte ausprobieren. Nicht mehr in der Stadt, sondern auf dem Land zu sein, erlaubte ihr, ihr Tempo endlich mal zu drosseln.

Kira trat einen Schritt zurück und begutachtete ihre Dekorationskünste. Der Baum neigte sich ein wenig zum Fenster hin, würde aber hoffentlich nicht umfallen. Der Baumschmuck und die Lichterketten, die sie gekauft hatte, halfen, die Löcher der fehlenden Äste zu verdecken. Dass dieser Baum so unperfekt war, gefiel ihr ehrlich gesagt richtig gut.

Diese kleine Hütte und ihre festliche Atmosphäre bereiteten ihr pure Freude. Nun drehte sie die Weihnachtsmusik lauter, während sie sich auf den Weg in die winzige Küche machte. Sie hatte dem Hausverwalter eine Nachricht geschickt und darum gebeten, dass jemand den Kamin anfeuerte. In ihrer Wohnung in Portland hatte sie eine Gasheizung, sodass sie mit einem Holzkamin nicht vertraut war. Hoffentlich würde bald jemand auftauchen, denn sie konnte es kaum erwarten, sich bei einem knisternden Feuer den fallenden Schnee anzusehen, während der Duft von frisch gebackenem Brot ihre gemütliche Hütte erfüllte. Dafür sollte sie aber endlich mit dem Cranberry-Brot anfangen. Sie war zwar nicht die beste Köchin, hatte aber Spaß daran, und bei dieser Reise ging es schließlich darum, ihre Freude wiederzufinden.

Kira legte sich alles für ihr Brot zurecht und gerade als sie den Ofen vorheizte, ertönte ein lautes Klopfen an der Tür. Hoffentlich war das der Hausmeister, der ihren Kamin anzünden wollte. Als sie aus dem Seitenfenster neben der Tür blickte, sah Scrooge sie direkt an. Sie lächelte, war aber nicht überrascht, dass er die Geste nicht erwiderte. Egal. Wenn er ein Feuer entfachen konnte, konnte er gerne die ganze Zeit finster dreinblicken. Vielleicht würde die Wärme sein kaltes Herz zum Schmelzen bringen.

Kira öffnete die Tür. „Schön, dass Sie kommen, ich brauche jemanden, der das Feuer anzündet.“

„Ich hätte vorhin schon danach fragen sollen.“

Scrooge trat ein und betrachtete den Baum, den sie gerade dekoriert hatte. An seinem Stirnrunzeln erkannte sie, dass er wohl kein Fan ihrer Deko war. „Gefällt er Ihnen nicht?“, fragte sie. „Ich würde immer noch versuchen, den Baum vom Auto zu bekommen, wenn Sie mir nicht geholfen hätten.“

„Ich habe das Gefühl, dass Sie hartnäckig genug sind, um alles allein hinzubekommen.“

„Natürlich, aber ich bin trotzdem froh über Ihre Hilfe.“

Der Mann, dessen Namen sie immer noch nicht wusste, ging zum Kamin. Schnell trat sie einen Schritt vor und versuchte zu beobachten, wie er den Kamin in Gang setzte, damit sie nicht erneut darum bitten musste. Dies gehörte zwar zu den angebotenen Serviceleistungen, aber sie wollte lieber unabhängig sein.

„Wie lange arbeiten Sie schon hier?“, fragte sie, hauptsächlich, weil sie die Stille nicht mochte und einfach neugierig war.

„Noch nicht lange.“

Ein Mann weniger Worte. Sie fragte sich, warum er so verschlossen und mürrisch war. Oder vielleicht nicht mürrisch. Vielleicht hatte er in seinem Leben mit Problemen zu kämpfen, genau wie sie. Vielleicht war das Letzte, was er gerade wollte, ein Feuer für die nervige Frau zu entfachen, die ihn genötigt hatte, einen klapprigen Baum in ihre Hütte zu schleppen.

Bei ihrer Arbeit mit Menschen von den unterschiedlichsten Persönlichkeiten musste sie ihre Wortwahl und ihr Handeln immer an die jeweilige Person anpassen. Zwar kannte sie diesen Fremden überhaupt nicht, aber sie war schon immer gut darin gewesen, Menschen zu lesen und herauszufinden, wie sie ticken.

Offensichtlich hatte er nichts für Weihnachten übrig.

Die Zeitschaltuhr in der Küche klingelte und riss sie aus ihren Gedanken. Der Mann warf einen Blick über die Schulter, um zu sehen, was das Geräusch verursachte.

„Ihr Abendessen“

„Ich heize den Ofen vor, weil ich Brot backen will. Cranberry mit Orangenglasur.“

Der Hauch eines Lächelns zog über seine Lippen, verschwand aber, bevor sie die unerwartete Geste richtig wahrnehmen konnte.

„Erinnert mich an jemanden“, murmelte er, bevor er sich wieder dem Feuer zuwandte. Er zündete ein Streichholz an und warf es hinein, dann stand er auf. Mit den Händen auf den Hüften starrte er in den Kamin und wartete darauf, dass die Flammen aufloderten.

Selbst in seinem dicken Mantel hatte der Mann eine sexy Figur. Seine Größe, seine breiten Schultern und das dunkle Haar sollten ihre Aufmerksamkeit nicht fesseln und sie aus dem Konzept bringen. Aber sie war auch nur ein Mensch und er war einfach umwerfend. Und es war nichts Falsches daran, den Anblick zu bewundern, solange er da war.

„Sie können sich nachher sehr gerne ein Brot holen.“

Warum sagte sie das? Sie kannte diesen Mann nicht einmal und er hatte nicht den Eindruck erweckt, dass er Gesellschaft suchte.

„Ich bin den Rest des Tages beschäftigt.“ Nun züngelten die Flammen über das Holz und Scrooge drehte sich zu ihr um. „Trotzdem danke.“

„Oh, Sie haben ja doch Manieren“, scherzte sie. „Ich hatte mich schon gefragt, ob Sie nur deshalb gute Taten vollbringen, weil man Sie dazu zwingt.“

„Niemand zwingt mich zu irgendetwas.“

Dieser tiefe, sinnliche Tonfall trug nicht gerade dazu bei, dass sie ihn weniger attraktiv fand.

Schluss jetzt.

„Danke, dass Sie Feuer gemacht haben“, sagte sie. „Das nächste Mal versuche ich es selbst.“

„Haben Sie schon mal einen Kamin angezündet?“, fragte er.

„Zählt die Zündflamme an meiner Gasheizung?“

Der Muskel in seinem Kiefer spannte sich an und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen weiteren sexy Aspekt. „Stadtkind“, murmelte er.

„Schuldig. Ich komme nicht oft aus Portland raus. Mein Job hält mich dort und ich liebe die Stadt.“

„Können Sie nicht von überall aus arbeiten?“

„Doch, kann ich“, bestätigte sie und war überrascht, dass er nach ihrem Berufsleben fragte. „Aber die meisten meiner Kunden leben in Portland und ich bevorzuge es, mit ihnen persönlichen Kontakt zu haben statt nur über Telefon und Videogespräche.“

„Interessant. Die meisten Menschen wollen alles aus der Ferne erledigen.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht wie die meisten Menschen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich beruflich so erfolgreich bin.“

Er musterte sie kurz, bevor er den Kragen seines Mantels zurechtzog und einen Schritt in Richtung Tür machte. „Lassen Sie mich wissen, wenn Sie noch etwas brauchen.“

„Nur noch eine Sache.“

Mit der Hand an der Türklinke drehte er sich um und zog eine Augenbraue hoch.

„Wie heißen Sie?“, fragte sie.

„Pax.“

Und mit dieser Information verließ er die Hütte.

Pax. Natürlich hatte er einen kurzen, einzigartigen Namen. Das passte zu ihm. Ohne weitere Nachfragen würde er ihr sicher keine weiteren Informationen geben, aber irgendetwas an ihm brachte sie dazu, beharrlich zu bleiben.

Delilah würde sie davor warnen, sich auf einen Fremden einzulassen, der auf einer Gästeranch arbeitete, aber Delilah wollte auch, dass sie sich entspannte und Spaß hatte. Und genau das hatte Kira vor.

3. KAPITEL

„Das ergibt doch keinen Sinn“, murmelte Pax bei jedem Umblättern der Unterlagen vor sich. Er hatte Hanks Finanzberichte der letzten fünf Jahre erhalten und aus Gründen, die Pax nicht nachvollziehen konnte, hatte die Gästeranch kontinuierlich Geld verloren. Willowvale Springs galt als Geheimtipp und früher hatte die Ranch floriert und Gewinne in Millionenhöhe eingefahren.

Hatte Hank einfach aufgegeben? Der robuste, energische Mann war die einzige Konstante in Pax’ Leben und dem vieler anderer gewesen. Die Arbeitsplätze, die er geschaffen hatte, hatten in der Stadt alles am Laufen gehalten.

Die Tatsache, dass es mit der Gästeranch bergab ging, passte einfach nicht zu dem Hank, an den sich Pax erinnerte. Jedes Mal, wenn er eine neue Seite aufschlug, sah er etwas anderes in den Zahlen, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Daher war er ganz in die Unterlagen vertieft, als das Läuten an der Haupttür durch den Flur hallte.

Pax hatte sich entschieden, im Haupthaus zu wohnen, wo Hank im hinteren Teil eine Wohnung hatte. Der vordere Teil war als Check-in-Bereich für Gäste vorgesehen, aber da der einzige andere Gast vor ein paar Stunden ausgecheckt hatte und bis ins neue Jahr hinein keine weiteren Gäste erwartet wurden, bedeutete dies, dass entweder der einzige verbliebene Angestellte oder Kira aus Nummer fünf hereingekommen war.

Er holte tief Luft und umrundete den alten Schreibtisch, während er auf den Korridor zuging. Als er sich auf den Weg nach vorne machte, schaltete Pax automatisch in einen Abwehrmodus. Diese Frau könnte Ärger bedeuten. Sie war zu süß, zu bezaubernd, zu perfekt.

Er hatte sich schon einmal in eine süße und bezaubernde Frau verliebt. Dieser Fehler hatte ihn beinahe einen Teil seiner Ersparnisse und sein Herz gekostet. Deswegen würde er nie wieder einen solchen Fehler begehen. Sein Herz und sein Geld gehörten ihm ganz allein, und er hatte kein Interesse daran, dies mit jemandem zu teilen. Er hatte verdammt hart gearbeitet, um sein berufliches und privates Leben zu schützen, sodass ihn keine Ablenkung aus der Bahn werfen würde.

Pax wollte diese Frau nicht in seinem Kopf haben und er wollte nicht mehr an sie denken als nötig. Er musste überlegen, ob er die Ranch verkaufen oder restaurieren und behalten sollte. Keine der beiden Optionen sagte ihm zu, weil er nicht hier sein wollte. Außerdem hatte er keine Zeit dafür.

Als er die Eingangshalle betrat, stand sie da, eingehüllt in Mantel, Schal und Mütze und mit einem in Folie verpackten Objekt, das die Form eines Brotlaibs hatte.

„Ich war mir nicht sicher, ob Sie hier sein würden, aber ich wollte das hier für Sie an der Rezeption abgeben“, sagte sie mit diesem breiten Lächeln, das ihn eigentlich nicht berühren sollte, es aber auf einer ganz tiefen Ebene tat.

Sie konnte ja nicht wissen, dass er gerade quasi alles inklusive der Rezeption managte. Die wenigen Mitarbeiter, die er noch hatte, hatte er an anderer Stelle eingesetzt.

„Sie hätten nicht den ganzen Weg hierher kommen müssen“, entgegnete er. „Aber ein köstliches, selbst gebackenes Brot kann ich nicht ablehnen.“

Sie durchquerte die Lobby und ging mit einem breiten, strahlenden Lächeln auf ihn zu. Je näher sie kam, desto schneller schlug sein Herz. Nur weil sie hier allein waren, bedeutete das noch lange nichts. Sie waren Fremde. Das musste er sich ebenso vor Augen halten wie all die Aufgaben auf seiner Prioritätenliste, die nichts mit einem Flirt mit einem Gast zu tun hatten.

„Sie sollten sich Ihr Lob vielleicht aufsparen, bis Sie es gekostet haben“, warnte sie und reichte ihm das Brot. „Ich habe dieses Rezept noch nie ausprobiert.“

„Ich bin sicher, dass es schmeckt.“

Er nahm das Brot und legte es auf den Tresen. Sie war extra hergekommen, daher hatte er das Gefühl, er solle ihr etwas zu trinken anbieten oder so, aber sie war kein Gast in seinem Haus, sondern auf der Ranch.

„Leben Sie hier auf dem Gelände?“, fragte sie.

Pax nickte, ohne wirklich auf den aktuellen Stand seiner Lebensumstände eingehen zu wollen. Er war nur auf der Durchreise und wollte nicht länger als nötig bleiben.

„Ich würde mir gerne mehr von der Ranch ansehen, wenn Sie die Zeit dazu haben“, fügte sie hinzu. „Allein die Fahrt von den Hütten hierher ist wunderschön. Aber ich bin sicher, Sie haben mit Ihrer Familie und den Feiertagen alle Hände voll zu tun.“

Familie? Er hatte keine Familie. Die einzige Familie, die er hatte, waren seine geschiedenen Eltern, die so unzufrieden mit ihrem Leben waren, dass er versuchte, sich so weit wie möglich von ihnen fernzuhalten. Er hatte sich sein geschäftliches Imperium aus dem Nichts aufgebaut und weigerte sich, Negativität in sein Leben zu lassen, um das, was er erreicht hatte, nicht zu gefährden.

„Ich verbringe die Feiertage allein“, sagte er und wünschte sich, er hätte den Mund gehalten.

„Dann sind Sie herzlich eingeladen, zum Weihnachtsessen zu mir zu kommen“, bot sie an. „Ich habe ganz schön viel eingekauft und für diesen Tag etwas Besonderes geplant.“

„Sie haben etwas Besonderes für ein Weihnachtsessen für Sie allein geplant?“, fragte er.

Kira zuckte mit den Schultern und schob ihre Hände in die Taschen ihres langen, flauschigen Mantels. „Warum nicht? Ich muss schließlich essen und es ist Weihnachten, also kann es auch Spaß machen. Sind Sie dabei?“

Verdammt, er sollte das nicht tun. Er sollte dem wirklich nicht zustimmen.

„Klar.“

Aber er konnte sich nicht zurückhalten. Ein Essen würde schon nicht wehtun, oder?

Sie strahlte ihn an und erwärmte etwas tief in ihm, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass es erkaltet war. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Er hatte nicht einmal versucht, Widerstand zu leisten.

„Ich sollte Sie nicht länger aufhalten“, meinte sie. „Nochmals vielen Dank für das Feuer. Die Hütte ist so schön warm. Genau das, was ich mir vorgestellt habe, als ich hierher kam, um einen ruhigen Urlaub zu verbringen. Ich bin überrascht, dass nicht mehr Gäste hier sind.“

Ja, das ging ihm auch so.

„Wir stecken gerade in einer Übergangsphase“, erklärte er in dem Versuch, alle Antworten in Bezug auf das Geschäft vage zu halten. „Die Ranch ist normalerweise ausgebucht.“

Zumindest war sie das früher gewesen und wenn es nach ihm ginge, würde sie es bald wieder sein. Ganz gleich, ob er Eigentümer bleiben oder die Ranch verkaufen würde, er hatte die feste Absicht, diese Ranch wieder zu dem zu machen, wie sie zu Hanks Zeiten gewesen war. Der Mann hatte schließlich dazu beigetragen, Pax zu dem Immobilienmogul zu machen, der er heute war. Hank hatte ihm eine ausgeprägte Arbeitsmoral und einen starken Leistungswillen vermittelt. Obwohl Pax nicht hier sein wollte, schuldete er Hank alles.

Und er konnte immer noch nicht glauben, dass der Mann, der unsterblich zu sein schien, wirklich tot war. Niemand zuvor oder danach hatte Pax so viel Liebe entgegengebracht. Er hinterließ eine Lücke, mit der Pax nicht gerechnet hatte, und eine Leere, die vielleicht nie wieder mit Liebe gefüllt werden würde.

„Alles in Ordnung?“

Pax schüttelte die Gedanken an die Vergangenheit und an die bevorstehenden Entscheidungen, die er treffen musste, ab und fragte sich, welchen Gesichtsausdruck er gehabt haben musste, dass Kira so besorgt klang.

„Alles bestens“, antwortete er mit einem Nicken. „Ich war nur in Gedanken versunken.“

„Sagen Sie mir Bescheid, ob das Brot geschmeckt hat. Und wenn nicht, werfen Sie es einfach weg.“

Zu so etwas Unhöflichem wäre er nie fähig.

„Es schmeckt garantiert. Ich weiß nicht, wann mir das letzte Mal jemand etwas Selbstgemachtes geschenkt hat, also weiß ich diese Geste sehr zu schätzen.“

„Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Außerdem muss ich Sie vielleicht noch mal wegen des Feuers anrufen, falls ich es nicht selbst hinbekomme.“

„Ich helfe gerne.“

Kira drehte sich um und ging, dann warf sie einen Blick über die Schulter. „Wenn Ihnen langweilig wird, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“

Dann verschwand sie durch die Eingangstür und ließ ihn mit dieser offenen Einladung zurück. Er hatte keine Zeit für so etwas, er musste sich um das Geschäft kümmern, den Betrieb auf dieser heruntergekommenen Ranch wieder in Gang bringen und dafür sorgen, dass die Angestellten wieder Gehalt bekamen. Er war aus einem einzigen Grund in die Stadt gekommen: um herauszufinden, was er mit seinem Erbe anfangen sollte, und sich dann auf den Weg zurück nach Spanien machen.

Aber der sehr maskuline Teil von ihm wollte Kiras Angebot annehmen und einfach mal abschalten. Wann hatte er das letzte Mal etwas getan, bei dem es nicht um Arbeit oder Geldverdienen ging?

Das war Jahre her, wenn nicht sogar ein Jahrzehnt. Es war nichts dabei, die Gesellschaft einer Frau zu genießen – das bedeutete nichts weiter als ein nettes Gespräch und ein Essen.

Oder?

„Ich habe deine Sachen in einem Lagerraum unterbringen lassen.“

Kira rieb sich die Schläfe und versuchte, sich auf den Duft aus dem Ofen und das knisternde Feuer zu konzentrieren. Der Gedanke an das Chaos in Portland half ihrer geistigen Gesundheit überhaupt nicht. Allerdings hatte sie die Situation nicht selbst verschuldet und konnte nichts daran ändern, dass sie im Grunde obdachlos war. Warum musste ihr dummer Vermieter auch ein Spielproblem haben, Steuerschulden haben und alle seine Immobilien beschlagnahmt werden? Nichts davon war ihr Fehler, aber seine finanzielle Unvernunft hatte sich auf ihr Leben ausgewirkt und nun musste sie dringend eine Wohnung finden. Aber der Wohnungsmarkt in Portland war schwierig. Bisher hatte sie nur Eigentumswohnungen oder Mietwohnungen außerhalb der Stadt gefunden, die weit über ihrem monatlichen Budget lagen.

Und sie konnte nur bis zur zweiten Januarwoche in Wyoming bleiben, sodass ihr die Zeit definitiv davonlief. Dennoch glaubte sie daran, dass sich alles zum Guten wenden würde.

„Kira, bist du noch da?“

Sie konzentrierte sich wieder auf Delilah. „Ja, klar“, seufzte Kira. „Ich denke nur nach. Danke, dass du dich um meine Sachen gekümmert hast.“

„Das hättest du doch auch für mich getan“, antwortete ihre Freundin. „Ich habe nur für einen Monat bezahlt und ein paar Makler vor Ort mit der Wohnungssuche beauftragt. Du kannst aber auch erst mal bei mir wohnen, bis sich etwas ergibt.“

Kira schüttelte den Kopf, obwohl ihre Freundin sie nicht sehen konnte. „Du hast ein Baby und einen anspruchsvollen Job. Ich ziehe nicht bei dir ein, aber danke für das Angebot und danke für den Lagerraum. Ich schicke dir das Geld, sobald wir aufgelegt haben.“

„Ich mache mir keine Sorgen ums Geld. Ich mache mir Sorgen um meine obdachlose Freundin.“

Kira lachte. „Ich bin nicht obdachlos. Ich bin in einer schönen Hütte, die ich weihnachtlich dekoriert habe, habe ein knisterndes Feuer und backe gerade Brownies.“

„Wow, ich bin beeindruckt. Gibt es da draußen irgendwelche gut aussehenden Cowboys?“

Sofort kam ihr Pax in den Sinn. Mit diesem grüblerischen Blick und den vollen Lippen und dem kräftigen Kinn, wie konnte sie ihn da nicht attraktiv finden?

„Ich fasse dieses Schweigen als ein Ja auf“, kicherte Delilah. „Schön für dich. Ich hoffe, du hast Spaß. Du hast es verdient.“

Na ja, hier passierte nichts allzu Verrücktes. Nur ein geschmückter dürrer Baum und die Hochzeitsplanung für den vierten Gang ihrer Mutter zum Altar. Manchmal übertrug sich der Aspekt ihrer Karriere, alle zufriedenzustellen, auf ihr Privatleben, und es fiel ihr schwer, ihre wahren Gefühle auszudrücken. Sie mochte keinerlei Konflikte, und vielleicht war das der Grund, warum sie in ihrem Beruf so erfolgreich war.

„Ich habe keine heiße Affäre, D.“ Kira lachte, als sie in die Küche ging. Sie spähte durch die Ofentür und schloss sie wieder. „Die Ranch ist in den Ferien ziemlich leer, aber der Hausverwalter hat mir geholfen, meinen Weihnachtsbaum hereinzuholen, also habe ich ihm ein Brot gebacken. Er ist ein bisschen mürrisch, aber er wird schon noch auftauen.“

„Oh nein. Mach ihn nicht zu einem Kunden. Du solltest dir doch eine Pause von allem gönnen, auch von der Arbeit.“

„Ich kann nicht anders. Ich möchte einfach nur den Menschen helfen.“

„Und deshalb liebe ich dich.“

Kira lächelte. Alles, was sie je gewollt hatte, war, Menschen glücklich zu machen. Seit sie klein war und das Auf und Ab des Glücks ihrer Mutter miterlebt hatte, wollte Kira immer die Lücken füllen, wenn ihre Mutter niedergeschlagen war. Natürlich erkannte Kira im Nachhinein, dass nichts ihre Mutter glücklich machen konnte, nicht einmal die Suche nach einem neuen Mann.

Aber da Kira schon als Kind damit begonnen hatte, Lücken zu füllen, übertrug sich das auf alle Aspekte ihres Lebens, und sie war klug genug gewesen, aus ihrer Begabung einen Beruf zu machen.

„Achte trotzdem darauf, dich um dich selbst zu kümmern“, ermahnte Delilah. „Bei dieser Reise geht es darum, dich an die erste Stelle zu setzen. Verstanden?“

„Ja, Ma’am.“

Kira verabschiedete sich von ihrer Freundin und beendete das Gespräch.

Dann nahm sie einen Topflappen, um die Kekse aus dem Ofen zu holen. Die Kekse rochen fantastisch, also setzte Kira sie vorsichtig auf ein Abkühlgitter. Sie wusste wirklich nicht, was sie mit zwei Blechen Keksen anfangen sollte, aber sie liebte das Backen, und da es ihr Freude bereitete, würde sie es einfach weiterhin tun. Sie könnte noch einmal zum Haupthaus gehen und ihm ein paar Kekse vorbeibringen. Oder sie könnte aus den Keksen und weiteren Backwaren ein kleines Geschenk zusammenstellen und es ihm geben, wenn er zum Weihnachtsessen kam.

Warum verursachte der Gedanke daran, dass er zu diesem Anlass hierherkam, in ihr ein Kribbeln der Vorfreude und Aufregung? Sie würden nichts anderes machen, als zu essen und zu plaudern. Vielleicht konnte sie noch ein wenig tiefer in seine Gedanken eindringen und mehr von ihm erfahren.

Nur weil sie ihn attraktiv fand und zum Essen eingeladen hatte, bedeutete das noch nichts. Das musste sie sich immer wieder sagen. Der Mann hatte nicht einmal Interesse gezeigt oder mit ihr geflirtet. Verdammt, sie kannte nicht mal seinen Nachnamen.

Aber Delilah hatte gesagt, sie solle etwas für sich tun, und vielleicht war es genau das, was sie während ihres Aufenthalts brauchte – Pax ein wenig besser kennenzulernen.

4. KAPITEL

„Was für ein Jahr!“, sagte Mason.

Pax saß mit Mason, Kahlil und Vaughn, die wie er in Hanks Erbe bedacht worden waren, im lokalen Pub. Die drei anderen Männer, die wie Pax jeweils eines von Hanks Anwesen geerbt hatten, waren hierher gezogen, hatten sich verliebt und waren geblieben.

Pax freute sich für sie. Wenn das der Weg war, den sie wollten, und es ihnen damit gut ging, fand er das toll und würde sie in allem unterstützen, so gut er es konnte. Es war schön, seine alten Kumpels so zufrieden und glücklich zu sehen, doch Pax ging es gut damit, als Einziger allein zu sein. Was sie mit ihren jeweiligen Partnerinnen gefunden hatten, musste schon etwas Besonderes sein, wenn es diese Jungs dazu brachte, sich nach so langer Zeit hier in Willowvale Springs niederzulassen.

Plötzlich schoss ihm Kira durch den Kopf und ein Bild von ihr, wie sie ihm dieses verdammte Brot brachte. Er konnte sich wirklich nicht daran erinnern, wann ihm das letzte Mal jemand etwas von Herzen oder ohne eine Gegenleistung zu erwarten geschenkt hatte. Dieses Brot hatte ihn berührt und irgendwie kam er sich albern vor, dass er diese Geste so sehr schätzte.

Vaughn riss Pax aus seinen Gedanken an seinen einzigen Gast auf der Ranch, indem er sagte: „Ich hatte nicht vor hierzubleiben, geschweige denn mit Allie eine Beziehung einzugehen, aber so ist es jetzt, und es ist gut. Man weiß wirklich nie, was das Leben für einen bereithält.“

„Wie sind deine Pläne mit der Gästeranch?“, fragte Mason. „Behältst du sie oder verkaufst du?“

Pax seufzte. „Mein erster Instinkt drängt mich zum Verkauf, aber ich kann mich noch nicht dazu durchringen. Ich möchte auf jeden Fall sichergehen, dass ich Hanks Andenken gerecht werde. Ich weiß nur noch nicht, wie ich das anstellen soll.“

„Ich glaube, das geht uns allen so“, meinte Kahlil. „Hank hat dieser Stadt so sehr seinen Stempel aufgedrückt. Ich kann mir immer noch nicht erklären, warum er ausgerechnet uns vier ausgewählt hat.“

„Ja, warum wir? Was macht uns so besonders?“, fragte Pax.

„Laut den Briefen, die wir zum Testament bekommen haben, war er offenbar von unserem jeweiligen Werdegang beeindruckt“, antwortete Kahlil. „Er schien stolz auf uns zu sein, da wir es alle zu etwas gebracht haben. Vielleicht dachte er deshalb, dass wir am besten dazu geeignet wären, seine nicht mehr so gut laufenden Betriebe zu übernehmen und wiederzubeleben.“

„Die Gästeranch ist ein finanzieller Albtraum“, erklärte Pax. „Ich kann mir nicht erklären, wie alles so schnell den Bach runtergehen konnte.“

„Als Edith starb, schien Hank ein Stück von sich selbst zu verlieren“, erklärte Mason. „Die Leute sagten, er hätte einfach aufgegeben. Das hat mir bewusst gemacht, dass selbst die stärksten Männer eine verwundbare Stelle haben. Seine war Edith.“

Pax konnte sich nicht vorstellen, jemanden so sehr zu lieben, dass er nach dessen Tod seinen Lebenswillen verlor. Er würde niemals zulassen, dass jemand so viel Macht und Kontrolle über ihn oder sein Leben erlangte.

„Eines der guten Dinge an Hanks Testament ist doch auch, wieder mit euch in Kontakt zu sein“, bemerkte Vaughn.

„Ja, es ist auf jeden Fall schön, euch alle wiederzusehen“, stimmte Pax zu. „Kaum zu glauben, dass wir nach all den Jahren alle wieder zur selben Zeit in der Stadt sind.“

„Ich glaube immer noch, dass Hank genau das beabsichtigt hat“, meinte Mason. „Vielleicht wollte er uns wiedervereinen.“

„Nichts dagegen“, erwiderte Kahlil.

Das Gespräch wandte sich den bevorstehenden Hochzeiten der Männer zu und natürlich luden alle Pax ein und er versprach, dass er kommen würde, wenn er in der Stadt wäre. Wahrscheinlich wäre er dann längst wieder weg, nahm sich jedoch vor, zu den Hochzeiten zurückzukehren. Es tat gut, wieder mit den alten Kumpels zusammen zu sein und sich auszutauschen.

Und vielleicht würde es seiner Seele auch guttun, ein festliches Weihnachtsessen mit einer attraktiven Frau zu genießen. Aber das war alles, was sie gemeinsam erleben würden. Nichts durfte ihn von seinen Zielen ablenken und eine emotionale Bindung kam absolut nicht infrage.

Kira zupfte an ihrer grünen Wickelbluse. Sie hatte nichts allzu Schickes eingepackt, hatte aber ein paar schöne Oberteile und gut sitzende Jeans dabei. Vor dem Standspiegel im Schlafzimmer drehte sie sich von einer Seite zur anderen. Würde Pax sie wohl hübsch finden?

Warum war ihr das wichtig? Sie sollte nichts auf die Meinung anderer in Bezug auf ihr Aussehen geben.

Trotzdem stellte sie sich diese Frage.

„Das ist doch dämlich“, murmelte sie, als sie das Schlafzimmer verließ.

Gerade als Kira in die Küche ging, ertönte ein Klopfen an der Tür. Sie sollte nicht nervös sein. Um Himmels willen, der Mann hatte sie in ihrem lächerlichsten Moment gesehen, als sie einen Baum von ihrem Auto wuchtete.

Sie öffnete die Tür, wobei sie fast über ihre Füße stolperte, als sie zurücktrat, um Pax hereinzulassen. Sein Aussehen ganz in Schwarz mit einem noch dunkleren Dreitagebart ließ ihr Herz viel schneller schlagen, als es sollte.

Glücklicherweise unterbrach der Piepton der Ofenzeitschaltuhr ihre Fantasie, die sich um ihren Gast zu ranken begann. „Sie kommen genau richtig“, informierte sie ihn. „Kommen Sie rein und hängen Sie Ihren Mantel auf.“

Sie ging in die Küche, um sich um das Essen zu kümmern.

„Was auch immer Sie da zubereiten, es riecht fantastisch.“

Sie holte Gemüse, Kartoffeln und Braten aus dem Ofen und stellte alles auf den Herd. „Es ist nichts Besonderes, dafür gibt es aber zum Nachtisch Schokoladenkuchen. Ich hoffe, das ist okay.“

„Absolut. Ich liebe Schokolade.“

„Wunderbar. Dann erst einmal frohe Weihnachten.“

Er stand auf der anderen Seite der Insel, die die Küche vom Wohnbereich trennte, und stellte eine Flasche Pinot Noir auf die Theke. „Frohe Weihnachten.“

„Sie hätten doch nichts mitbringen müssen“, sagte sie. „Aber über eine Flasche Wein freue ich mich.“

„Ich habe keine Ahnung, ob er gut ist oder nicht“, gestand er und nahm auf dem Hocker Platz. „Die Verlobte eines Freundes hat ihn mir empfohlen.“

Selbst im Sitzen hatte Pax eine imposante Präsenz. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie klein diese Hütte war, jetzt, da ihre Begegnung intimer schien als zuvor.

Es ist nur ein Abendessen. Das ist alles. Beruhige dich.

„Setzen Sie sich doch hin und ich serviere.“

Kira hielt inne. „Wie bitte?“

Er stand auf und umrundete die Insel, streckte die Hand aus und nahm einen Löffel von der Ablage. Sein Blick traf den ihren und sie hielt den Atem an. Seine kohlschwarzen Augen mochten auf manche hart wirken, aber sie sah nur Wärme … und vielleicht sogar ein wenig Interesse.

Sie lächelte, wohl wissend, dass ihn das wahrscheinlich verrückt machen würde. Gut. Er machte sie jetzt schon seit zwei Tagen verrückt.

„Schenken Sie den Wein ein?“, forderte er sie auf.

War sein Ton noch heiserer geworden als zuvor? Dieses Abendessen könnte interessanter werden, als sie gedacht hatte.

Kira trat einen Schritt zurück und durchbrach den unerwarteten Moment, indem sie nach Weingläsern und einem Flaschenöffner suchte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich für Wein interessieren.“

Pax nahm zwei Teller aus dem Schrank und begann, das Abendessen anzurichten. „Sie haben sich Gedanken darüber gemacht, was ich trinke?“, fragte er, ohne von seiner Aufgabe aufzublicken.

Beinahe wäre ihr die Flasche aus der Hand gerutscht, aber zum Glück fing sie sich noch rechtzeitig. Was war schon dabei, dass sie sich Gedanken über ihn gemacht hatte? Sie war ihm bestimmt auch immer mal wieder durch den Kopf gegangen. Sonst wäre er nicht hier.

„Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Sie am Ende eines langen Tages, an dem Sie Ihre Feinde in Stücke gerissen und fertig gemacht haben, genüsslich ein Glas Whiskey trinken.“

Sein herzhaftes, kräftiges Lachen erfüllte die winzige Hütte. Etwas Neues und noch Wärmenderes durchströmte sie.

„Oh, Sie können lachen“, stellte sie fest und richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihn. „Das wusste ich gar nicht.“

„Sie denken also über meine Getränkewahl und mein Lachen nach? Gut zu wissen.“ Er stellte die Teller auf die Seite der Kücheninsel, wo die Hocker standen, und warf ihr einen Blick zu. Dieser durchdringende Blick nahm sie völlig gefangen. „Gibt es noch etwas, das Sie an mir interessiert?“, fragte er.

Gebannt und völlig aus der Rolle fallend zuckte Kira mit den Schultern. „Wie ist Ihr Nachname? Was hat Sie nach Wyoming verschlagen oder haben Sie schon Ihr ganzes Leben hier verbracht? Was hat Sie dazu gebracht, eine Gästeranch zu leiten? Das Übliche, eben. Und vielleicht, warum Sie die meiste Zeit gereizt wirken, aber langsam aus Ihrem Schneckenhaus herauskommen, auch wenn Ihnen das schwerzufallen scheint.“

Er zog seine dichten, dunklen Augenbrauen hoch. „Mein Schneckenhaus?“

„Ah, da ist er ja wieder. Der grüblerische Mann, wie ich ihn kennengelernt habe. Warum sind Sie immer so ernst?“

Er sah sie an, als würde er über eine Antwort nachdenken – oder versuchen, sie zu verstehen, sie wusste es nicht. Aber sie hatte noch nie jemanden wie ihn getroffen. Natürlich kannte sie ihn erst seit zwei Tagen, aber sie konnte immer noch kein Gefühl für seine Persönlichkeit entwickeln. Das war normalerweise eine ihrer Stärken, weshalb sie in ihrem Beruf so erfolgreich war. Doch Pax ließ diese eiserne Wand aufrecht und sie wollte wissen, warum.

„Hart. Mein Nachname ist Hart.“

Das war schon mal ein Anfang.

Sie umrundete die Insel und stellte seinen Wein vor seinen Teller, bevor sie auf dem anderen Hocker Platz nahm. „Sind Sie hier aufgewachsen?“

Er vertiefte sich eine Minute lang in sein Essen, ohne zu antworten. Kira hatte das Gefühl, dass bei Pax alles kalkuliert war. Er war ein Mensch, der sich Zeit nahm und bei jedem Schritt, bei jedem Wort methodisch vorging. „Ja, bin ich“, antwortete er schließlich. „Sie versuchen irgendwie in meinen Kopf zu schauen, oder?“

Kira nahm erst einen Schluck Wein, bevor sie mit dem Essen begann. „Vielleicht. Ich kann mir vorstellen, dass Sie nicht viele Menschen an sich heranlassen.“

„Da haben Sie recht.“

Sie ließ das Thema vorerst fallen, damit er sich entspannen konnte.

Pax war nur ein Fremder, der für einen kurzen Moment in ihrem Leben vorbeischaute. Sie hatte keine Ahnung, was die nächsten Wochen bringen würden, aber sie hatte die feste Absicht, ihn ein wenig besser kennenzulernen … auf welcher Ebene auch immer das geschehen würde.

5. KAPITEL

Er hätte längst gehen sollen. Aber sie gingen vom Abendessen zum Nachtisch über und das führte dazu, dass sie eine weitere Flasche Wein öffneten.

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