Ein Milliardär für Cinderella?

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Ein Gentleman made in Italy! Nach einer traumatischen Beziehung, aus der Skye mit ihren kleinen Geschwistern fliehen musste, fühlt sich die Begegnung mit Enzo Durante wie ein Märchen an. In seiner Villa als Hausmädchen zu arbeiten, gibt der jungen Schönheit die Sicherheit, die sie dringend braucht. Mehr noch, der smarte Milliardär weckt in ihr ein verzehrendes Verlangen, das ihr völlig neu ist. Und als er sie sinnlich verführt, scheint ihr Glück zum Greifen nah. Aber Skye weiß, für eine gemeinsame Zukunft stammen sie aus zu unterschiedlichen Welten …


  • Erscheinungstag 14.11.2023
  • Bandnummer 2623
  • ISBN / Artikelnummer 0800232623
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Als Lorenzo Durante mit seinem Privatjet am Flughafen von Norwich ankam, erwartete ihn ein großer und teurer Geländewagen.

Er fluchte leise. Es war schon länger her, dass er selbst am Steuer gesessen hatte. Außerdem fuhr er lieber Limousinen als schwere SUVs. Es war nicht seine Art, zu jammern, schließlich war er kein Kind mehr. Außerdem war er selbst schuld an seiner derzeitigen Lage, und er würde sich auch selbst wieder aus diesem Schlamassel befreien. Natürlich würde es ihm nicht gerade leichtfallen, seinen extravaganten Lebensstil aufzugeben. Aber war das nicht Teil seiner Strafe?

Sein Großvater, Eduardo Martelli, hatte allerdings darauf bestanden, dass die Aufgabe, die er sich für Enzo überlegt hatte, keine Strafe war. Eduardo hatte eine lange Predigt da­rüber gehalten, dass sein Enkel doch endlich erwachsen werden solle. Bei dem Gedanken an diese erniedrigenden Worte presste Enzo die Lippen zusammen. Sein schmales, braungebranntes Gesicht war angespannt.

Er war jetzt siebenundzwanzig Jahre alt. Abgesehen von seinem Hochschulstudium und mehreren kurzen Praktika hatte er in seinem Leben noch keinen einzigen Tag gearbeitet. Warum auch? Seine Eltern waren gestorben, als er noch ein Kind war, und von seinem Vater Narciso hatte er Milliarden geerbt.

Seine Großeltern mütterlicherseits waren nicht ansatzweise so wohlhabend wie die Eltern seines Vaters. Und trotzdem waren sie damals vor Gericht gezogen, um das Sorgerecht für ihn zu erstreiten, und hatten gewonnen – wahrscheinlich, weil sie jünger und fitter waren. Sie hatten versprochen, ihrem Enkel ein ihrer Ansicht nach normales Leben zu ermöglichen. Leider war das gar nicht so leicht gewesen, musste Enzo sich eingestehen, wenn er an die Scharen von Verwandten aufseiten der Durantes dachte, die in seiner Kindheit immer wieder in Erscheinung getreten waren, mit ihren unglaublich großzügigen Geschenken und ihrer festen Entschlossenheit, ihn in Versuchung zu führen, ein ähnlich privilegiertes Leben zu führen wie sein verstorbener Vater.

Um seinen dreiundzwanzigsten Geburtstag herum, als er endlich seinen BWL-Abschluss in der Tasche hatte, fing diese Strategie an zu wirken. Da er gerade frisch von der Uni gekommen war, und zwar mit einem gebrochenen Herzen, war Enzo sehr empfänglich für all die Versuchungen gewesen, die der Lifestyle eines Playboys für ihn bereithielt. Damals war er langsam, aber sicher in eine selbstgefällige Dekadenz hi­nabgeglitten und hatte seine Großeltern, die für ihn wie seine Eltern waren, bitter enttäuscht.

Ein paar Jahre später war das Unvermeidliche geschehen: Seine beiden Leben waren miteinander kollidiert. Eduardo und Sophie Martelli hatten die Skandal-Schlagzeilen über ihren Enkel immer ignoriert. Doch nachdem Enzo den Fehler begangen hatte, betrunken mit einer ebenso alkoholisierten Partnerin auf einer Feier seiner Großeltern zu erscheinen, hatte er den Bogen endgültig überspannt. Auch jetzt noch brach ihm kalter Schweiß aus, wenn er an den Abend zurückdachte. Am nächsten Tag hatte er sich entschuldigen wollen. Doch Eduardo Martelli hatte ihm partout nicht zuhören wollen, während Enzos Großmutter vor lauter Scham und Kummer weinte, weil ihr Mann dabei war, ihren geliebten Enkel zu verstoßen.

In diesem Moment war Enzo klar geworden, dass es völlig egal war, wie viel Geld oder wie viele Freunde er hatte, wie viele aufregende Möglichkeiten das Leben für ihn bereithielt. Endlich hatte er realisiert, wie viel ihm seine Familie bedeutete und wie sehr das Leid seiner fürsorglichen Großmutter ihn beschämte. Dass er nun hier in England war, um sich um ein kleines Unternehmen zu kümmern, das sein Großvater kürzlich erworben hatte, war der Preis für die Versöhnung. Gleichzeitig sollte Enzo versuchen, ein nützliches, normales Leben zu führen. Allerdings war eigentlich nichts in seinem Leben normal, gestand sich Enzo ein.

Er bog in die Einfahrt seines neuen Zuhauses ein. Es lag mitten im Nirgendwo, mehrere Kilometer vom nächstgelegenen Ort, und es war viel größer, als er erwartet hatte. Ein geräumiges Zuhause war für Enzo nichts Neues, aber ein Apartment mit Service wäre ihm lieber gewesen als ein altes Landhaus mit Erkerturm. Er hoffte, dass es von innen besser aussehen würde als von außen. Minuten später jedoch erstarrte er angesichts des altmodischen Dekors und der gähnenden Leere im Kühlschrank. Er war am Verhungern. Wie um Himmels willen sollte er allein klarkommen, wenn er überhaupt nicht kochen konnte? Ein Luxusproblem, bedauerte er grimmig, und wahrscheinlich der Beginn einer Reihe unwillkommener Überraschungen. Doch er würde sich schon irgendwie arrangieren.

Eine Stunde später hatte Enzo die Pizza, die er sich bestellt hatte, angeekelt in den Mülleimer geworfen und war auf dem Weg in die Stadt, um nach einem Restaurant zu suchen. Doch er fand keines. Stattdessen kam er an einem Supermarkt vorbei, der rund um die Uhr geöffnet war. Enzo fuhr daran vorbei, in der Hoffnung, dass er einen Abend lang auch ohne Essen auskommen würde. Stattdessen wollte er einen Blick auf die Firma werfen, die er ins einundzwanzigste Jahrhundert befördern sollte. Neben der Fabrik, die es zu modernisieren galt, befand sich ein riesiges Bürogebäude. Sicher würde er sich alles andere als beliebt machen, wenn er am nächsten Morgen als neuer CEO dort antanzen würde. Die Firma war ein Familienunternehmen gewesen, und nun würde es Entlassungen, Restrukturierungen und weitere notwendige Maßnahmen geben, um das Unternehmen wieder profitabel zu machen.

Auf der Fahrt zurück zu seinem Haus kam er an einem Auto vorbei, das an der Straßenseite parkte. Eine junge Frau stand neben der Motorhaube. Eine Frau ganz allein im Dunkeln mit einer Autopanne. Er seufzte frustriert. Eigentlich wollte er sich nicht in so etwas einmischen. Niemand würde Enzo je einen guten Samariter schimpfen, doch war er zu gut erzogen, um die Gefahren zu ignorieren, die auf eine Frau in einer solchen Situation lauerten. Ein genervtes Fluchen unterdrückend, drehte er um, fuhr zurück und ließ das Fenster herunter.

Eine Stunde zuvor

Skye lag immer noch mucksmäuschenstill genau an der Stelle, an der Ritchie sie mit Wucht auf den Boden geschubst hatte. Sie hatte solche Angst, dass sie nicht atmen konnte. Er hatte sie fast erwürgt, nachdem er sie erst ins Gesicht und dann in den Bauch geboxt hatte, um sie dann auf den Boden zu zwingen, hatte auf sie herabgeschaut wie ein Verrückter, als ob er sie hasste. Dann hatte er begonnen, sie zu treten. Es fühlte sich an, als wäre in ihrem Inneren etwas zerbrochen, als ob die Welt auf einmal aufgehört hatte, sich zu drehen, und Skye mit Schwung ins Nichts katapultiert hatte, wo sie unaufhaltsam immer weiter fiel. Sie stand unter Schock. Ritchie hatte sie noch nie vorher geschlagen. Geschrien hatte er schon, doch gewalttätig war er noch nie geworden.

Ritchie fluchte immer weiter, stolperte geräuschvoll im Schlafzimmer umher, knallte Türen und beschimpfte sie lauthals. Sie blieb weiter still liegen, die Augen fest geschlossen, voller Angst, dass er sie wieder beachten, ihr wehtun würde. Oder, noch schlimmer, aufgrund ihrer Reaktionslosigkeit so wütend werden würde, dass er die Kinder schlagen würde. Brodie, ihr armer kleiner Bruder, hatte den Angriff mitangesehen und sich mit dem rührseligen Versuch eines Kleinkindes, sie zu beschützen, vor sie gestellt. Doch sie hatte es geschafft, sich zwischen ihn und Ritchie zu schieben und Brodie in sein Zimmer zu bringen – und damit in Sicherheit. Ihr panisches Eingreifen hatte Ritchie allerdings nur noch wütender gemacht. Sie musste mit den Kindern schnellstens aus der Wohnung verschwinden, aber Ritchie würde das nicht freiwillig zulassen. Also blieb sie weiter still auf dem Boden liegen und stellte sich tot, während ihr Herz raste wie verrückt.

„Du dumme Kuh! Ich gehe Alkohol kaufen!“, rief Ritchie in ihre Richtung.

Augenblicke später fiel die Eingangstür mit einem Knall ins Schloss. Skye stand ruckartig auf, geriet vor lauter Schmerzen jedoch ins Wanken. Sie stolperte auf direktem Weg ins Kinderzimmer und sah Brodie schluchzend und angsterfüllt auf dem Bett sitzen. Also ging sie zuerst zu ihm.

„Komm, wir gehen“, beschwichtigte sie ihn, während sie seine zotteligen blonden Locken glatt strich. „Aber du musst ganz still sein.“

Dann hob sie ihre schlafende Schwester, Shona, aus ihrer Wiege und griff nach einer Decke, um die Kleine warm zu halten. Skye war barfuß, und sie hielt vergeblich nach ihren Schuhen Ausschau. Brodie war sehr anhänglich und ängstlich, was kaum überraschend war, nach allem, was er hatte mitansehen müssen. Es war schon schlimm genug, dass Ritchie sie geschlagen hatte. Doch hätte sie niemals zugelassen, dass er in seiner unkontrollierbaren Wut ein zweijähriges Kind attackiert hätte.

Es ist meine Schuld, dachte sie verzweifelt. Immerhin hatte sie sich dazu entschlossen, mit Ritchie zusammenzuziehen. Dadurch hatte sie ihre unschuldigen Geschwister der Wut dieses Mannes ausgesetzt und sie in Gefahr gebracht. Doch sie hatte es nicht gewusst, hätte sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können, zu was Ritchie in Rage alles fähig war. Nun, da sie es wusste und ihren Fehler realisiert hatte, wollte sie weg von hier. Zum Packen blieb keine Zeit. Das Risiko, dass Ritchie gleich wieder zurückkommen würde, war einfach zu groß. Sie würde ihre Sachen zu einem späteren Zeitpunkt holen, wenn sich die Wogen ein wenig geglättet hatten und er auf der Arbeit war.

Sie ging mit den beiden Kindern schnurstracks zu ihrem Auto, schnallte die beiden an und sank erschöpft in den Fahrersitz. Sie betete, dass Mavis – das in die Jahre gekommene Auto ihrer verstorbenen Mutter – auch anspringen würde, denn es konnte sehr temperamentvoll sein. Als der Motor ächzend ansprang, stieß sie einen erleichterten Seufzer aus, fuhr los und fragte sich, wo um Himmels willen sie überhaupt hinfahren sollte. Zu einem Obdachlosenheim? In ein Frauenhaus? Hoffentlich würden sie irgendwo in der Stadt eine Unterkunft finden. Wenn nicht, würden sie die Nacht im Auto verbringen müssen. Die Flucht vor Ritchie war nur der erste Schritt auf einem langen, steinigen Weg, gestand sie sich verzagt ein, während sie erneut von Schuldgefühlen überrollt wurde.

Enzo lehnte sich aus dem Autofenster.

„Brauchen Sie Hilfe?“

„Kennen Sie sich mit Autos aus?“, fragte Skye hoffnungsvoll.

Enzo unterdrückte einen Seufzer und stieg aus. Als Jugendlicher hatte er viel mit Motoren herumexperimentiert. Leider reichte ein kurzer Blick unter die rostige Motorhaube aus, um zu erkennen, dass seit mindestens zehn Jahren keine Wartungsarbeiten an dieser alten Klapperkiste durchgeführt worden waren. „Es könnte an verschiedenen Dingen liegen“, vermutete er. „Haben Sie schon jemanden benachrichtigt? Sind Sie Mitglied eines Automobilklubs?“

„Leider nein, und benachrichtigt habe ich auch noch niemanden. Ehrlich gesagt gibt es aktuell niemanden, den ich anrufen könnte“, gab sie verlegen zu und trat einen Schritt von ihm zurück, da er sehr groß und breitschultrig war und in seinem schicken Geschäftsanzug auf elegante Art und Weise einschüchternd wirkte.

Enzo ließ seinen Blick über sie schweifen. Sie hatte blonde Korkenzieherlocken, die ihr herzförmiges Gesicht umspielten wie eine Löwenmähne, und … irgendetwas stimmte nicht mit ihrem Gesicht. Wenn sie doch nur aus dem Schatten in das Licht seiner Scheinwerfer treten würde, könnte er einen besseren Blick auf sie werfen.

„Irgendjemanden muss es doch geben“, sagte Enzo optimistisch. „Freunde? Verwandte?“

„Leider nein, um diese Zeit gibt es wirklich niemanden, den ich anrufen könnte“, beharrte sie verlegen und trat dabei von einem Fuß auf den anderen.

Enzo bemerkte plötzlich ihre nackten Füße. „Warum sind Sie barfuß? Es ist eiskalt hier draußen!“

„Ich bin in Eile von zu Hause fort.“ Sie versuchte zu lächeln, doch es tat zu sehr weh. Ihre Hand schnellte hoch zu ihrem Gesicht, während sie vor lauter Schmerzen zusammenzuckte.

„Sie sind verletzt“, stellte Enzo besorgt fest. „Hatten Sie einen Unfall? Soll ich die Polizei rufen?“

„Nein, bitte keine Polizei“, bat sie ihn eindringlich.

„Gibt es denn sonst etwas, das ich für Sie tun kann?“

„Fahren Sie einfach weiter. Es war nett von Ihnen, dass Sie angehalten haben, aber eigentlich ist mir nicht zu helfen. Es sei denn, Sie können mein Auto reparieren“, murmelte sie mit zittriger Stimme.

„Ich kann Sie ja wohl kaum hier allein zurücklassen“, entgegnete Enzo und schaute sie sich genauer an. Sie war jung und zierlich, vielleicht 1,50 m groß und sicher nicht mehr als fünfzig Kilo schwer. Außerdem war sie triefend nass. „Ich könnte Sie irgendwo hinfahren?“

Sie trat einen Schritt nach vorne, und nun konnte Enzo ihr geschwollenes Gesicht, das halb geschlossene Auge und die dunkelblauen Blutergüsse erkennen, die sich um ihren Hals rankten wie eine makabre Halskette. „Madonna mia, Sie sind ja verletzt! Sind Sie deshalb in Eile von zu Hause fort?“

„Ja, wir sind auf der Flucht. Leider klappt das nicht so wie geplant“, sagte sie leise.

„Ich rufe einen Abschleppdienst an“, teilte ihr Enzo mit und holte sein Smartphone hervor, während er sich darüber wunderte, warum sie „wir“ gesagt hatte, wenn sie doch offensichtlich allein war.

„Ich glaube nicht, dass ich mir das leisten kann.“

„Ich übernehme das gerne“, insistierte Enzo und suchte auf seinem Smartphone nach dem nächstgelegenen Abschleppdienst, um schnellstmöglich eine Lösung zu finden und weiterfahren zu können. „Und ich werde Sie ins nächstgelegene Krankenhaus bringen. Sie müssen behandelt werden.“

„Sieht es so schlimm aus?“

„Es sieht so aus, als hätte jemand versucht, Sie zu erwürgen, und als hätte er Ihnen dann ins Gesicht geschlagen“, sagte Enzo mit angespannter Stimme. Obwohl er wusste, dass es Männer gab, die Frauen schlugen, war er selbst noch nie mit einer solchen Situation konfrontiert worden, und ihr Zustand schockierte ihn. „Das sollte sich definitiv mal ein Arzt anschauen. Aber trotzdem denke ich, dass wir zuerst zur Polizei gehen sollten.“

„Ich kann nicht zur Polizei gehen.“

Enzo ließ irritiert sein Telefon sinken. „Ihr Auto kann vor morgen früh nicht abgeholt werden. Ich fahre Sie in die Stadt.“

„Ich kenne Sie doch gar nicht … Ich kann nicht zu Ihnen ins Auto steigen!“ Skye schnappte nach Luft.

„Ich heiße Lorenzo Durante. Meine Freunde nennen mich Enzo. Wir können uns gerne duzen. Du bist …?“

„Skye Davison“, erwiderte sie zögerlich.

„Wenn ich dich hier zurücklasse, Skye“, teilte ihr Enzo nüchtern mit, „werde ich der Polizei deinen Standort mitteilen und den Zustand, in dem ich dich gefunden habe.“

„Warum in Gottes Namen würdest du das tun?“, fragte Skye ungläubig.

„Falls dir etwas zustößt oder der Fahrer von einem der Wagen, die in den letzten Minuten hier vorbeigefahren sind, davon ausgeht, dass ich für deinen Zustand verantwortlich bin!“, gab er ehrlich zu.

„Um Himmels willen!“, rief Skye irritiert.

„Ich habe eine Idee. Eine meiner Mitarbeiterinnen ist geschulte Sanitäterin. Wenn du zustimmst, könnte Paola bei mir zu Hause einen Blick auf dich werfen“, schlug er vor. „Doch zuerst sollten wir dir ein Paar Schuhe besorgen.“

„Paola … das ist ein Frauenname, oder?“

Enzo nickte und sah, wie sich ihre Anspannung bei der Erwähnung einer anderen Frau ein wenig löste.

„Aber zuerst besorgen wir dir ein Paar Schuhe“, wiederholte er stur. Anscheinend war ihr barfüßiger Zustand für ihn inakzeptabel.

Skye gab nach. „Ich muss aber erst noch die Kindersitze aus meinem Auto holen und in dein Auto bringen … Und ich hoffe, du hast nichts gegen Hunde.“

Enzo schaute sie verwundert an, als sie zur Beifahrerseite ging. „Kindersitze? Und du hast einen Hund?“

Er warf einen Blick über ihre Schulter und konnte in dem dunklen Innenraum des alten Wagens ein Baby sehen, bis zum Kinn in einer Decke eingemummelt, und dahinter ein schlafendes Kleinkind. Ein kleines, wackelndes Etwas sprang aus dem Fußraum des Beifahrersitzes und tanzte um Enzos Füße herum.

„Das ist Sparky“, sagte sie, während sie das Baby aus dem Kindersitz befreite und es kurz in den Fußraum legte, um den Sitz herauszunehmen.

Als er die Scheinwerfer eines anderen Autos im Dunkeln aufblitzen sah, hob Enzo den kleinen Dackel hoch und setzte ihn in sein Auto, bevor der Hund davonlaufen und überfahren werden konnte. Als er bemerkte, dass Skye das Bücken vor lauter Schmerzen schwerfiel, nahm er ihr erst den Kindersitz ab und trugt ihn in sein Auto, dann tat er dasselbe mit dem Baby.

„Danke“, sagte sie überrascht, als er das kleine Mädchen anschnallte. Ritchie hatte ihr nie mit den Kindern geholfen.

Der Junge war inzwischen aufgewacht und begann zu weinen, als er Enzo erblickte. „Das ist nicht deine Schuld“, seufzte Skye. „Nach allem, was er heute Abend mitansehen musste, hat er ein wenig Angst vor Männern …“

„Du wurdest vor seinen Augen attackiert?“, entfuhr es Enzo, während er den Kleinen aus dem Wagen hob, damit er den zweiten Kindersitz holen konnte.

„Leider ja. Ich fühle mich so schuldig deswegen“, flüsterte sie.

„Es gibt nichts, weswegen du dich schuldig fühlen müsstest“, beschwichtigte Enzo sie. „Es ist doch nicht deine Schuld, dass du angegriffen wurdest.“

Enzo befestigte auch den zweiten Sitz und half Skye, den Jungen anzuschnallen. Als alles erledigt war, schloss er die hintere Tür und setzte sich hinter das Steuer.

Zwei Kinder und ein Hund, dachte er verblüfft. Was für eine unerwartete Fracht. Doch wie könnte er ihnen nicht helfen? Es war schließlich ein Notfall.

Skye kletterte auf den Beifahrersitz. „Mir tut das alles sehr leid“, murmelte sie. „Dass wir dir solche Umstände machen.“

„Das lenkt mich von meinen eigenen Problemen ab“, entgegnete er gelassen. „Ich rufe Paola an, während du dir im Supermarkt ein Paar Schuhe kaufst.“

Seine Gelassenheit und Selbstsicherheit waren wie Balsam für ihre blankliegenden Nerven.

„Bleibst du im Auto bei den Kindern?“

„Das ist wohl besser so. Es ist schon spät, und wir sollten sie schlafen lassen.“

Ein paar Minuten später fuhr er auf den Parkplatz des Supermarkts und sagte: „Soll ich lieber zuerst gehen und dir ein Paar Schuhe kaufen?“

Skye schüttelte den Kopf, und selbst das schmerzte. Sie war sich sicher, dass jeder Zentimeter ihres Körpers wehtat. „Nein, das geht schon.“

Erleichtert darüber, dass sie ihre Tasche von zu Hause mitgenommen hatte, ging sie in das Geschäft. Der Wachmann würdigte sie kaum eines Blickes. Sie nahm einen Korb und entscheid sich für ein Paar Espandrilles und ging weiter zur Baby-Abteilung, wo sie Windeln, Babymilch und eine Flasche und ein paar andere wichtige Dinge für ihre Geschwister in den Einkaufskorb legte.

Als sie zurück zum Auto kam, telefonierte Enzo gerade mit Paola. Er hatte sie in dem Hotel angerufen, in dem sein Security Team untergebracht war, und sie gebeten, ihn bei sich zu Hause zu treffen. Sie beschwerte sich lauthals, dass er wieder ohne Bodyguards das Haus verlassen hatte. Im Gegenzug erzählte er ihr von Skye und den Kindern. Paola wollte wissen, warum Skye nicht zur Polizei gehen wollte. Enzo gab zu, dass er keine Antwort auf diese Frage hatte. Er hatte Skye nicht zu sehr in die Enge treiben wollen, um sie nicht zu verscheuchen. Und außerdem ging es ihn im Grunde genommen auch nichts an.

„Paola wird bei mir zu Hause auf uns warten“, teilte er Skye mit, nachdem er aufgelegt hatte. „Wenn du mir zehn Minuten gibst, hole ich uns schnell Kaffee und ein paar andere wichtige Dinge. Ich habe kein Essen zu Hause.“

„Warum nicht?“, fragte sie, während Enzo ausstieg und sie ihn im Licht des Supermarkts zum ersten Mal richtig sah. Ihr stockte der Atem. Enzo war außergewöhnlich gutaussehend mit klar definierten Wangenknochen, einer kräftigen, markanten Kieferpartie, dunklen, tief liegenden Augen und geradlinigen Ebenholzbrauen. Er hatte dickes dunkelbraunes Haar und eine stylishe Kurzhaarfrisur. Sein ganzes Erscheinen von seinem Haarschnitt bis hin zu seinem modernen Anzug war elegant und stilvoll.

„Ich bin erst heute Abend angekommen. Ich hatte noch keine Zeit, einkaufen zu gehen.“

„Ich brauche nicht unbedingt Kaffee“, sagte sie.

Enzo hob eine seiner perfekten Augenbrauen. „Ich schon.“

Und schon war er fort, der Fremde, der so nett zu ihr war, während der Mann, den sie zu lieben geglaubt hatte, sie fast getötet hätte. Sie würde daraus lernen und Ritchie aus ihrem Leben verbannen. Daran gab es angesichts des Leids, das er ihr zugefügt hatte, keinen Zweifel.

Enzo kam mit ein paar Einkaufstüten zurück und warf den Motor an. „Bis zu meinem Haus ist es nicht weit. Paola kann besser einschätzen, ob du ins Krankenhaus musst oder nicht.“

„Wie soll ich denn mit den Kindern im Schlepptau ins Krankenhaus gehen?“, fragte sie bitter.

„Du musst sehr jung gewesen sein, als du schwanger geworden bist“, bemerkte Enzo.

„Das sind nicht meine Kinder, sondern mein Bruder und meine Schwester“, vertraute sie ihm an. „Meine Mutter und mein Stiefvater sind vor fast genau einem Jahr bei einem Zug­unglück ums Leben gekommen. Shona war damals erst einen Monat alt.“

„Mein herzliches Beileid.“

„Danke, aber auf eine merkwürdige Art und Weise haben die Kinder mich und meine Schwester Alana am Leben gehalten. Ihretwegen machen wir weiter.“

„Vor wem bist du heute Nacht geflohen? Vor deinem Mann?“

„Nein, er ist nur mein Freund. Wir sind zum Glück nicht verheiratet“, murmelte sie.

Enzo bog von der Straße in eine breite Einfahrt mit einer hohen Lorbeerhecke. Skye staunte, als sie das große viktorianische Haus mit dem spektakulären Erkerturm sah. „Hier wohnst du?“, fragte sie.

„Seit heute Abend ja“, bestätigte Enzo nüchtern. „Paola ist bereits da. Lass uns die Kinder und den Hund gleich mitnehmen.“

„Ja. Du willst gar nicht wissen, zu was Brodie alles in der Lage ist, wenn er allein im Auto zurückgelassen wird.“

Die Leiterin seines Security Teams erwartete ihn auf der Veranda. Ihre Augen weiteten sich voller Überraschung, als sie Enzo mit Brodie auf dem Arm sah. Der Kleine quengelte müde und wand sich wie eine Schlange im Sack.

„Gehen wir hinein“, schlug er vor und folgte Paola in die riesige Eingangshalle.

„Ich bringe Skye ins Wohnzimmer“, verkündete Paola mit ihrem Erste-Hilfe-Kasten in der Hand. „Kümmerst du dich um die Kinder?“

Brodie schluchzte und versuchte, sich aus Enzos Armen zu befreien. „Das krieg ich schon hin“, sagte Enzo fest entschlossen.

Als er den Kleinen vorsichtig auf den Boden stellte, damit er nicht herunterfiel, reichte Skye ihm das Baby. „Pass auf, dass du die Kleine nicht aufweckst“, bat sie ihn.

Enzo ging in die Küche und setzte sich. Frauen zu retten war anstrengend und frustrierend, und noch dazu hatte er nicht viel Erfahrung, was die Betreuung von Kindern anging. Doch er hätte Skye auch geholfen, wenn er vorher gewusst hätte, dass sie zwei Kinder und einen Hund bei sich im Auto gehabt hatte.

„Heißt du?“, fragte Brodie weinerlich, blieb vor Enzo stehen und streckte sich, um größer zu wirken, als er eigentlich war.

„Ich bin Enzo.“

„Ich hab Hunger“, verkündete Brodie. „Und muss Töpfchen.“

Enzo hätte fast laut gestöhnt und war plötzlich froh darüber, dass er sich gemerkt hatte, wo im Untergeschoss die Gästetoilette war. Also brachte er den Kleinen dort hin.

„Hilfst du mir?“, fragte Brodie.

Enzo balancierte das bemerkenswert ruhige Baby auf einer Hüfte und kniete sich hin, um Brodie mit seiner Hose zu helfen. Als das geschafft war, stellte er den Wasserhahn an, damit der Kleine seine Hände waschen konnte. Er konnte nicht glauben, wie anstrengend eine so vermeintlich leichte Aufgabe sein konnte.

„Mein Chef hat von Kindern keine Ahnung“, lachte Paola, als sie Skye in dem eleganten Salon zu untersuchen begann.

„Er ist sehr nett zu uns“, erwiderte Skye ehrlich. „Aber als er die Kinder und den Hund gesehen hat, da war er, glaube ich, versucht, sich aus dem Staub zu machen. Erzähl ihm bitte nicht, dass ich dir das gesagt habe, aber es stand auf seinem Gesicht geschrieben. Ist er Single?“

„Absolut. Nicht gerade der Typ zum Heiraten und Kinderkriegen“, bestätigte Paola. „Ich glaube, deine Rippen sind nur geprellt und nicht gebrochen. Du musst ein bisschen vorsichtig sein und warten, bis sie geheilt sind, mehr kann man da nicht machen. Und was deinen Hals angeht: Versuche am besten, nicht zu viel zu sprechen und deine Stimme zu schonen. Diese Verletzung ist meines Erachtens etwas ernster. Du solltest dich von meinem Chef ins Krankenhaus bringen lassen.“

„Das nächstgelegene Krankenhaus ist mehrere Kilometer weit weg, und die Kinder haben heute Abend schon genug durchgemacht.“

„Du musst der Polizei den Angriff melden.“

Skye wand ihr Gesicht beschämt ab. „Ich kann nicht.“

„Warum nicht? Es kann sein, dass er noch mal zuschlägt und du das nächste Mal nicht überlebst.“

Skye wurde blass. „Er ist Polizist. Ich kann ihn doch nicht bei seinem Arbeitgeber anzeigen. Wahrscheinlich würden sie mir noch nicht einmal glauben, weil er viele Freunde dort hat. Und außerdem würde er dann wissen, wo ich bin.“

Autor

Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
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