Insel der Verführung

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Wie kann Cristos es bloß wagen, ihr ein derartig eindeutiges Angebot zu machen? Empört lässt Betsy den erfolgreichen Geschäftsmann abblitzen, nachdem er versucht hat, besonders heiß mit ihr zu flirten. Bis sie plötzlich allein mit ihm ist - auf einer romantischen kleinen Insel im Mittelmeer. So verführerisch umwirbt er sie, dass sie sich schließlich nicht länger zurückhalten kann und voller Leidenschaft seine sinnlichen Küsse erwidert. Als er sie nach einer unvergesslichen Liebesnacht warnt, sich nicht in ihn zu verlieben, ist es schon lange zu spät ...


  • Erscheinungstag 25.11.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733766382
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Cristos Stephanides hatte Frauen in Uniform nie gemocht. Wäre es anders gewesen, hätte die Welt bestimmt davon erfahren, denn in der Boulevardpresse wurde ständig über ihn berichtet. Er war die Verkörperung eines griechischen Unternehmers schlechthin, sah umwerfend gut aus und hatte eine geradezu legendäre Vorliebe für schnelle Autos, luxuriöse Villen und schöne Frauen. Seit Jahren war er die Nummer eins in den Klatschspalten.

Die junge Frau, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte, war eigentlich gar nicht sein Typ. Außerdem schien sie nicht zu bemerken, dass er sie aufmerksam beobachtete, denn die getönten Scheiben seiner Limousine ließen keinen Blick ins Wageninnere zu. Sie war schlank, groß und trug ein dunkelgrünes Kostüm, das ihre schmale Taille betonte. Ihre bemerkenswerten Kurven und ihre sensationell langen Beine waren nicht zu übersehen.

„Sieh mal, die Frau dort mit der Mütze, trägt die eine Armeeuniform?“, erkundigte sich Cristos bei seinem Cousin Spyros Zolottas.

Der korpulente ältere Mann folgte Cristos’ Blick. „Sie sieht eher wie eine Stewardess aus.“

Im nächsten Moment fuhr der jungen Frau ein Windstoß durchs Haar und blies ihr die Mütze vom Kopf. Tizianrote Locken fielen ihr wie eine Welle auf die Schultern, als sie loslief, um die Mütze zu erhaschen. Kurz vor dem Auto, in dem die beiden Männer saßen, erwischte sie sie dann. Das Sonnenlicht ließ ihr herrliches Haar leuchten, während sie versuchte, es wieder unter die Mütze zu schieben. Geblendet von der Schönheit ihres ovalen Gesichts, blickte Cristos sie an. Leuchtende große Augen, ein sinnlich geschwungener Mund und eine Haut wie Alabaster machten sie zu einer Aufsehen erregenden Erscheinung.

Timon, sein Assistent, sagte ruhig: „Ich glaube, sie ist ein Chauffeur.“

Cristos sah ihn stirnrunzelnd an. Ein Chauffeur war in seinen Augen nichts anderes als ein Diener. Gespannt beobachtete er, wie die rothaarige Frau am Steuer eines Bentleys Platz nahm. Der Wagen trug das Logo einer Mietwagenfirma. Timon hatte wohl Recht. „Eine merkwürdige Berufswahl für eine Frau.“

Spyros lachte in sich hinein. „Mit der Figur wird sie immer gutes Geld verdienen.“

Cristos sah ihn verärgert an. Spyros war ihm noch nie besonders sympathisch gewesen. Aber er gehörte nun einmal zur Familie, und Blut war bekanntlich dicker als Wasser.

„Denkst du gerade an deine Verlobte?“, fragte Spyros, der Cristos’ Schweigen ignorierte, anzüglich. „Petrina kommt aus einer sehr guten Familie. Sie weiß genau, wo ihr Platz ist. Und wenn nicht, wirst du es ihr schon zeigen.“

„Ich möchte jetzt nicht über sie sprechen“, erwiderte Cristos mit einem warnenden Unterton in der Stimme.

Cristos war ein Stephanides und Petrina eine Rhodias. Ihre Familien waren seit langem privat und geschäftlich miteinander verbunden. Eine Ehe würde dieses Band noch verstärken. Sie war die Garantie dafür, dass das Vermögen und die Macht beider Familien erhalten blieben und an die nächste Generation weitergegeben werden konnten. Niemand erwartete von Cristos, dass er seiner Frau ein Leben lang treu blieb. Aber es war geschmacklos, diesen Umstand zu erwähnen. Die Vulgarität seines Cousins stieß ihn ab.

Außerdem wusste er genau, worauf der ältere Mann hinauswollte. Es war nur eine Frage der Zeit, wann dieser ihn um Geld bitten würde. Bei früheren Gelegenheiten hatte Spyros sich immer irgendwelche Geschichten ausgedacht, in denen es um fehlgeschlagene Investitionen oder um geschäftliche Unternehmungen ging, die Risikokapital verlangten. Wenn er damit keinen Erfolg hatte, versuchte er, auf die Tränendrüsen zu drücken und Cristos mit Schilderungen seiner armen Familie zu beeindrucken, die unter seinem Pech leiden musste. In Wirklichkeit war Spyros ein Spieler und ein Taugenichts. Er brüstete sich damit, trotz seiner zweiundvierzig Jahre nicht einen Tag regulär gearbeitet zu haben.

Vor sechs Monaten hatte Cristos mit dieser Legende aufgeräumt und Spyros in den Aufsichtsrat seiner Londoner Reederei geholt, in der Hoffnung, dass sein Cousin in dieser neuen Umgebung ohne seine alte Clique von Schmeichlern und Schmarotzern einen neuen Anfang würde machen können. Um ihm dabei zu helfen, hatte Cristos als Erstes all seine Schulden bezahlt. Als er davon hörte, hatte sein Großvater Patras einen Lachanfall bekommen.

„Spyros ist ein Blutegel und ein Verlierer. Es gibt in jeder Familie immer so jemanden. Glücklicherweise können wir uns das leisten. Du solltest dir ihn einfach vom Hals halten. Ändern kannst du ihn nicht.“ Patras hatte gewettet, dass Spyros spätestens nach einem halben Jahr wieder zu seinen alten Gewohnheiten zurückkehren würde.

Cristos hatte die Wette angenommen. Er sah nicht ein, warum seine Familie Spyros’ verschwenderischen Lebensstil unterstützen sollte. Obwohl er seinen Großvater respektierte, war er der Überzeugung gewesen, dass man seinem Cousin Zügel anlegen musste. Doch inzwischen fürchtete er, die Wette zu verlieren. Ihm war nicht entgangen, dass Spyros in letzter Zeit auffällige Anzeichen von Stress zeigte. Offensichtlich war er den Anforderungen seines neuen Jobs nicht gewachsen.

„Du wunderst dich bestimmt, warum ich dich persönlich vom Flughafen abhole“, sagte Spyros in diesem Moment. „Ich wollte mich dafür bedanken, dass du mir noch einmal eine Chance gegeben hast. Mein Leben hat sich dadurch komplett verändert.“

Cristos war erstaunt, dass Spyros vor seinem Assistenten so offen sprach. „Ich freue mich, wenn ich dir helfen konnte.“

„Kommst du heute zu uns zum Abendessen?“, fragte Cristos’ Cousin.

Cristos hatte eigentlich andere Pläne. Seine derzeitige Geliebte würde in dem Apartment, das er ihr gekauft hatte, auf ihn warten. Nach einem langen Tag voller Meetings war eine Nacht zwischen seidenen Laken mit einer Frau, die ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen würde, genau das Richtige. Aber das Schicksal schien etwas anderes mit ihm vorzuhaben. Schließlich war er ein Mann mit Prinzipien. Spyros hatte zu einem ordentlichen Lebenswandel zurückgefunden, und dieser Umstand verdiente seinen Respekt.

Bevor sie in den kleinen Vorort fuhr, wo ihre Schwester Gemma mit ihrem Freund Rory lebte, fasste Betsy einen Entschluss. Sie würde nicht wieder so allergisch reagieren, egal, was Gemma zu ihr sagen würde.

Daher erwiderte sie auch nichts, als diese eine abfällige Bemerkung über den Zustand ihrer Fingernägel machte, die in der Werkstatt arg gelitten hatten. Danach folgte die spitze Bemerkung, dass Betsy in den Jeans und dem weiten Hemd wie ein Mann aussehe. Die Krönung des Ganzen aber war die Feststellung, dass sie arm wie eine Kirchenmaus sei. Normalerweise wäre daraufhin eine hitzige Diskussion mit vielen Tränen gefolgt. Aber Betsy blieb stumm und gratulierte sich selbst dazu, dass sie nicht auf die Versuchung hereingefallen war.

Unbehaglich saß Rory zwischen den beiden und versuchte, die Wogen zu glätten. Seine hilflosen Bemühungen, ein unverfängliches Thema zu finden, fruchteten jedoch nicht. Und fast tat er Betsy Leid. Er wusste auch nicht, warum es ihre jüngere Schwester für nötig hielt, Betsy so anzugreifen.

Wenn überhaupt, hätte Betsy Grund gehabt, über Gemma den Stab zu brechen. Vor drei Jahren standen sie und Rory kurz vor der Verlobung. Dann hatte Gemma überraschend verkündet, dass sie schwanger und Rory der Vater des Kindes sei. Ihre Eltern hatten Betsy daraufhin überredet, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und auf Rory zu verzichten. Und sie war viel zu stolz gewesen, um einen Mann zu kämpfen, der sie hinter ihrem Rücken mit ihrer Schwester betrogen hatte. In gewisser Weise konnte sie ihn sogar verstehen, denn Gemma war wesentlich hübscher als sie. Aber tief in ihrem Herzen liebte sie Rory noch immer, und dieser Umstand lag wie ein Schatten auf ihrem Leben.

„Mädchen in deinem Alter hängen normalerweise am Samstagabend auf Partys herum“, bemerkte Gemma in diesem Moment. „Ich verstehe einfach nicht, warum du immer noch keinen Freund gefunden hast.“

Betsy konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen. Fast hätte sie erwidert, dass sie ja einen Freund gehabt hätte, bevor ihre Schwester ihn ihr abspenstig gemacht hätte. Aber sie wollte weiteren Ärger auf jeden Fall vermeiden. Daher griff sie zu einer Notlüge.

„Es gibt da jemand bei der Arbeit, den ich sehr nett finde.“

Überrascht blickte ihre Schwester sie an. „Und wie heißt er?“

„Joe …“ Betsy biss sich auf die Lippe und blickte starr auf ihren Teller. Ihr war der Appetit vergangen. Denn ihr war klar, dass auf eine Lüge viele andere folgen würden. Joe existierte allerdings tatsächlich und hatte sie sogar schon zwei Mal um eine Verabredung gebeten. „Er hat vor zwei Wochen bei uns angefangen.“

„Wie alt ist er? Und wie sieht er aus?“ Gemmas Interesse war geweckt.

„Ende zwanzig. Er ist groß, blond und sieht sehr gut aus.“

Ihre Schwester war erfreut. „Es wird auch langsam Zeit, dass du …“

Rory hingegen sah Betsy stirnrunzelnd an. „Was weißt du über ihn? Es gibt eine Menge komischer Typen. Sei bitte vorsichtig!“

Gemmas Freude verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Sie sah plötzlich aus, als hätte man ihr einen Schlag versetzt. Betsy stöhnte insgeheim. Ihre Schwester empfand es immer als persönliche Beleidigung, wenn Rory sich für sie interessierte. Um von dem unerfreulichen Thema abzulenken, beugte Betsy sich zu ihrer kleinen Nichte herunter und hob sie hoch. Sie spielte eine Weile mit ihr und verkündete dann, dass sie leider gehen müsse, weil sie morgen früh aufzustehen hätte.

Kaum war sie in ihre kleine Wohnung in Hounslow zurückgekehrt, rief ihre Mutter an.

„Gemma hat sich über dich geärgert“, begann sie das Gespräch. Ein Satz, den Betsy nicht zum ersten Mal hörte. Am liebsten hätte sie den Hörer aufgelegt, doch dann zwang sie sich, ihrer Mutter zuzuhören.

„Ich hätte die beiden nicht besuchen sollen“, erwiderte sie müde. „Es gibt immer nur Stress.“

„Wenn Rory sich endlich überwinden könnte, deine arme Schwester zu heiraten, wäre es damit vorbei“, meinte ihre Mutter seufzend. „Was denkt er sich nur dabei? Sie haben ein gemeinsames Kind, er verdient gut als Anwalt – worauf wartet er eigentlich noch?“

„Mom, das geht uns wirklich nichts an. Wir …“

„Aber du musst es doch wissen! Du kennst Rory besser als jeder andere. Er bricht Gemma das Herz, wenn er so weitermacht.“

„Viele Paare leben heutzutage ohne Trauschein“, gab Betsy geduldig zu bedenken.

„Dich wollte er schließlich heiraten. Oder hast du das schon vergessen? Kein Wunder, dass deine Schwester verletzt ist. Sie glaubt immer noch, dass er dich lieber mag als sie.“

„Unsinn!“ Wie oft musste sie sich die Geschichte noch anhören? Gemma und ihre Mutter waren offensichtlich übereingekommen, dass sie Schuld an der ganzen Geschichte hatte. Dabei war sie es, die von Rory betrogen worden war! Womit hatte sie das nur verdient? Warum sollte sie die Tiraden ihrer Schwester in geduldigem Schweigen ertragen? Und warum stellte sich ihre Mutter auf Gemmas Seite? Vielleicht kam es daher, dass die beiden sich sehr ähnlich sahen und gleiche Ansichten über die Welt und das Leben hatten. Schon als kleines Kind hatte Betsy sich mit der Tatsache abfinden müssen, dass ihre Schwester das Lieblingskind ihrer Mutter war. Als Baby hatte Gemma einen Herzklappenfehler gehabt, und alle waren ständig um sie besorgt gewesen. Und auch nach ihrer Genesung blieb sie der Mittelpunkt der Familie. Ihre Eltern vergötterten Gemma, besonders nach der Geburt ihrer Tochter Sophie.

Im Vergleich dazu war Betsy immer das schwarze Schaf der Familie gewesen. Ihr Geschmack in Kleiderfra-gen und ihre Interessen waren in den Augen ihrer Mutter nie einer jungen Frau angemessen gewesen. Am besten hatte sie sich mit ihrem Großvater verstanden, der leider inzwischen tot war. Gemeinsam hatten sie seine Oldtimer repariert, was Betsy viel Spaß gemacht hatte. Auch in ihrer Freizeit hatte sie sich, anders als andere Mädchen, mehr für Autos interessiert als für Jungen. Betsy war eine Spätentwicklerin gewesen. Der Erfolg, den ihre Schwester beim anderen Geschlecht hatte, hatte sie eingeschüchtert.

Mit achtzehn lernte sie dann Rory in einem Sportclub kennen. Zuerst waren sie nur locker befreundet gewesen, doch dann bat er sie, mit ihm auszugehen. Das war der Anfang vom Ende gewesen, dachte Betsy jetzt. Sein Verrat hatte sie tief getroffen. Danach hatte sie keine Lust auf weitere amouröse Abenteuer gehabt.

Als Betsy am nächsten Morgen bei der Arbeit erschien, traf sie als Erstes Joe Tyler, der gerade die Kühlerhaube einer Limousine polierte. Betsy wusste nicht genau, was sie von ihm halten sollte. Kein Zweifel, er sah gut aus, schien ihr aber ziemlich arrogant zu sein. Vor zwei Wochen hatte er bei „Imperial“ angefangen und bisher noch kein Wort über die miese Bezahlung, die langen Arbeitszeiten und die verwöhnte Kundschaft verloren. Alles Themen, über die in der Firma dauernd geredet wurde. Genau wie Betsy war er ein Einzelgänger und ausgesprochen wortkarg. Wie lang ist es eigentlich her, dass ich mit jemandem ausgegangen bin, überlegte Betsy. Zu lang, entschied sie und begrüßte den jungen Mann herzlich.

„Hallo, Joe. Du hast doch gesagt, du könntest Karten für das Autorennen in Silverstone bekommen. Gilt dein Angebot noch?“

„Na klar“, erwiderte er und lächelte sie an.

Wieder war sie sich nicht sicher, ob sie ihn mochte oder nicht. Offensichtlich war er Erfolg bei Frauen gewohnt. Nun, sie würde es ihm nicht leicht machen, so viel stand fest.

Sechs Wochen nach seinem ersten Besuch in London kehrte Cristos aus Südfrankreich zurück.

Timon holte ihn wie gewohnt vom Flughafen ab und reichte ihm einen versiegelten Umschlag.

Cristos sah ihn fragend an. „Was ist das?“

„Der Umschlag ist von Spyros.“

Cristos zog eine Glückwunschkarte aus dem Kuvert, die von Spyros unterschrieben war. „Ich habe aber nicht Geburtstag“, sagte er befremdet.

Timon sah gestresst aus, erwiderte aber nichts, sondern führte Cristos zu einer Limousine, die ihm bekannt vorkam. War dies die Überraschung, die Spyros für ihn geplant hatte? So viel Einfühlungsvermögen hätte er seinem Cousin gar nicht zugetraut.

Timon sah sich zu einer Erklärung genötigt. „Ihr Cousin wollte Ihnen eine Freude machen. Er bestand darauf, dass ich diesen Wagen für Sie reservieren lasse. Ich konnte nichts dagegen machen, ich …“

„He, ist ja gut.“ Beruhigend legte Cristos seinem Assistenten eine Hand auf die Schulter und betrachtete erfreut die weibliche Gestalt am Steuer. Das war tatsächlich eine Überraschung!

Die junge Frau stieg aus und ging auf ihn zu. Diesmal erschien sie ihm fast noch schöner als beim ersten Mal. Sie war perfekt gebaut und bewegte sich mit der geschmeidigen Grazie einer Tänzerin. Wie mochte sie wohl in einem Seidenkleid aussehen? Seide, die unter seinen Fingern knistern würde, wenn er ihr das Kleid auszog. Cristos dachte nicht eine Sekunde lang an die Möglichkeit, dass er sie nicht besitzen könnte. Wenn er eine Frau haben wollte, bekam er sie auch. Ein-oder zweimal hatte ihn seine starke Libido in Schwierigkeiten gebracht, denn auch die Frauen seiner Freunde oder Geschäftspartner waren stets bereit gewesen, mit ihm ins Bett zu gehen. Nicht eine Einzige hatte ihn je zurückgewiesen.

„Ihre Bodyguards sind nicht sehr erfreut über diesen Einfall“, warnte Timon ihn. „Die Zeit reichte einfach nicht, um die Firma richtig zu durchleuchten.“

„Kein Problem“, erwiderte Cristos, der den Blick nicht von der jungen Frau lassen konnte. Ihre Haltung verriet Stolz und den Willen zur Unabhängigkeit. Ob sie Schwierigkeiten machen würde? Er liebte Herausforderungen, aber er war auch pragmatisch veranlagt. Er hatte nur dieses eine Wochenende.

„Die Firma ist sehr klein. Vielleicht bieten die Leute nicht den Sicherheitsstandard, an den Sie gewöhnt sind, und …“

„Aber vielleicht ist der Service deshalb ja viel besser“, ergänzte Cristos mit funkelnden Augen. „Jetzt hör auf, dir Sorgen zu machen. Hast du nichts im Büro zu tun?“

Timon verstand den Hinweis und verabschiedete sich rasch.

Betsy fühlte sich nicht besonders wohl in ihrer Haut.

Ihr Chef hatte ihr ans Herz gelegt, alles zu tun, um den neuen Kunden zufrieden zu stellen. Er hatte ihr gesagt, dass es sich um einen reichen ausländischen Geschäftsmann handle. Natürlich versprach er sich davon weitere Aufträge. Sie war überrascht gewesen, dass er sie damit beauftragt hatte. Das war eine große Ehre, denn normalerweise bekamen die männlichen Chauffeure die lukrativsten Aufträge. Dann waren Cristos Stephanides’ Bodyguards erschienen und hatten in der kleinen Firma für einigen Wirbel gesorgt. Die Männer hatten kein Hehl aus ihrer Verachtung für die Firma gemacht und die Nase über die schäbigen Büros und die Mietfahrzeuge gerümpft. Betsy waren sie wie Gangster aus einem Mafiafilm erschienen, und ihre Freude über den Auftrag hatte einen kleinen Dämpfer bekommen.

Auch jetzt war ihr klar, dass sie unter Beobachtung stand. Sie hob den Kopf und sah eine männliche Gestalt auf sich zukommen. Plötzlich hatte sie den Eindruck, als würde die Zeit stillstehen. Der Mann war groß, schlank und so attraktiv, dass es ihr den Atem verschlug. Aber dann zwang sie sich, ganz normal zu reagieren.

„Mr Stephanides …“ Glücklicherweise hatte sie ihre Stimme wiedergefunden.

„Guten Tag! Sie sind …?“

„Betsy Mitchell“, erwiderte sie und öffnete ihm den Wagenschlag.

„Betsy …“ Er sprach ihren Namen wie ein Kosewort aus. Seine Stimme war tief und seidenweich und klang so sexy, dass Betsy unwillkürlich erschauerte. „Darf ich Sie so nennen?“

„Mitchell wäre mir lieber, Sir“, erwiderte sie förmlich.

Cristos sah sie überrascht an. Er war an Widerspruch nicht gewöhnt. Aus der Nähe sah er, dass sie längst nicht so groß war, wie er zunächst gedacht hatte. Und obwohl sie sich alle Mühe gab, kühl und professionell zu erscheinen, wirkte sie, wie er feststellte, ziemlich nervös. Sein Interesse war jedenfalls geweckt.

„Betsy ist mir aber lieber“, betonte er und sah sie eindringlich an.

Sie war gezwungen, ihm in die Augen zu sehen, und spürte, dass ihr Herz plötzlich schneller schlug. Er ließ den Blick langsam über ihr Gesicht gleiten und schließlich auf ihren vollen Lippen ruhen. Unwillkürlich befeuchtete sie diese und schluckte trocken, während er anzüglich lächelte.

Sie war so fasziniert von ihm, dass sie ihn am liebsten stundenlang angesehen hätte. Aber dann stieg er ein, und Betsy erwachte aus ihrer Erstarrung und nahm am Steuer Platz. Plötzlich merkte sie, wie feucht ihre Hände waren, und ärgerte sich über die unverschämte Art, mit der Cristos sie betrachtet hatte. Als wäre sie ein Pferd, das auf dem Markt zum Verkauf stand. Gleichzeitig musste sie sich eingestehen, dass sie ihn ausgesprochen attraktiv fand. Aber das war ja auch kein Wunder. Jede Frau wäre von einem solchen Mann beeindruckt gewesen.

„Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Sir?“, erkundigte sie sich.

Cristos schüttelte den Kopf. „Nein, es gibt kein stilles Wasser an Bord.“

Dabei hatte sich Betsy solche Mühe gegeben, die Bar mit allen gängigen Getränken zu bestücken. Sie hatte gehofft, seinen hohen Ansprüchen genügen zu können. Aber er war eben ein Kunde der Luxusklasse mit einem exquisiten Geschmack. Mineralwasser mit Kohlensäure war ihm wahrscheinlich ein Gräuel. Bei der nächsten Tankstelle hielt sie daher an und stieg aus. Cristos kurbelte das Fenster herunter.

„Warum halten Sie an?“, fragte er.

„Sie wollten doch stilles Wasser haben, Sir. Mein Chef hat mich gebeten, Ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen.“

„Eine großartige Anweisung“, erwiderte er und sah sie verführerisch an.

Erneut merkte Betsy, welche Wirkung seine starke animalische Ausstrahlung auf sie hatte, denn sie fühlte sich wie das Kaninchen vor der Schlange. Wie gebannt blickte sie ihn an, nahm seine geschwungenen Lippen, die hohen Wangenknochen, die gebräunte Haut und vor allem seine bernsteinfarbenen Augen wahr, in deren Blick man zu versinken drohte. Nur mit Mühe kehrte sie in die Realität zurück.

Als sie das Mineralwasser holte, merkte sie, wie weich ihre Knie waren. Unglaublich, welche Wirkung dieser Mann auf sie hatte! Sie kam sich vor wie ein verliebter Teenager. So etwas hatte sie noch nie erlebt.

In diesem Moment kam ihr der Chef der Bodyguards entgegen und fuhr sie zornig an: „Wer hat Ihnen die Erlaubnis gegeben, von der geplanten Route abzuweichen? Sie haben Mr Stephanides in einem offenen Wagen ohne Schutz zurückgelassen. Sind Sie völlig verrückt geworden?“

Betsy sah ihn überrascht an. „Niemand hat mir gesagt, dass ich eine Erlaubnis brauche, um anzuhalten.“

„Dann teile ich es Ihnen eben jetzt mit“, erwiderte er aufgebracht. „Tun Sie so etwas nie wieder, oder ich werde dafür sorgen, dass Sie Ihren Job verlieren.“

Ohne zu antworten, ging Betsy zum Wagen zurück und nahm am Steuer Platz. Sie zitterte vor Empörung. Was fiel dem Mann ein, sie so einzuschüchtern? Schließlich machte sie ihre Arbeit nicht erst seit gestern. Aber sie war nun einmal in einer kleinen Firma beschäftigt, die normalerweise nicht mit so gewichtigen Kunden zu tun hatte. Hoffentlich war das Ganze bald vorbei. Je eher sie Cristos an sein Ziel brachte, desto besser.

„Was war denn los?“, fragte er besorgt. „Was wollte mein Bodyguard von Ihnen?“ Dorius war der Chef der Truppe, und es hatte seinetwegen schon öfter Ärger gegeben. Er vergriff sich manchmal im Ton und ging mit Menschen um, als wären sie ein lästiges Übel. Cristos war nicht entgangen, wie allergisch Betsy auf das Eingreifen des Mannes reagiert hatte. Am liebsten wäre Cristos aus dem Wagen gesprungen, um ihn in seine Schranken zu weisen.

„Er … er wollte wissen, warum wir vom Weg abgewichen sind“, erklärte sie.

Doch Cristos war nicht entgangen, dass Dorius Betsy zur Schnecke gemacht hatte.

„Haben Sie sich über ihn geärgert?“

„Nein, natürlich nicht.“ Sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, als diesem eingebildeten Kunden ihr Herz zu öffnen.

Doch Cristos wusste genau, dass sie ihn belog, und es ärgerte ihn. Offensichtlich war sie verletzt und wollte es nur nicht zugeben. Aber ihm konnte sie nichts vormachen. Dazu besaß er viel zu viel Menschenkenntnis. Außerdem fiel ihm auf, wie langsam sie mit einem Mal fuhr und dass sie sich ohne ersichtlichen Grund am Armaturenbrett zu schaffen machte. Der Vorfall hatte sie anscheinend mehr aufgeregt, als sie zugeben wollte.

Betsy musste plötzlich an die schreckliche Woche denken, die hinter ihr lag. Es war ein Fehler gewesen, Joe Tylers Einladung anzunehmen. Sie waren zwar miteinander ausgegangen, aber am Ende des Abends hatte er sie wie ein Flittchen behandelt. Er wurde im Auto zudringlich, und sie konnte sich seiner nur mit Mühe erwehren. Das gefiel ihm natürlich überhaupt nicht, und er beschimpfte sie laut. Als Betsy schließlich ausstieg, zitterte sie am ganzen Leib. Sie war heilfroh gewesen, als sie endlich wieder zu Hause war.

Deshalb dachte sie auch nicht daran, jetzt dem Charme eines reichen Griechen zu verfallen. Cristos war von ihrer Welt so weit entfernt wie der Mensch vom Mars. Am besten ignorierte sie ihn einfach. Entschlossen gab sie Gas und blickte nur noch starr geradeaus auf die Autobahn.

Noch nie war Cristos von einer Frau derartig ignoriert worden, und es gefiel ihm gar nicht. Er klopfte an die Scheibe, die den vorderen und hinteren Teil des Wagens voneinander trennte. Widerwillig ließ Betsy sie herunter.

„Ja, bitte, Sir?“

„Fahren Sie an der nächsten Abfahrt herunter. Es gibt dort ein Hotel, wo wir Kaffee trinken können.“

„Ist das denn im Plan vorgesehen?“

„Das ist mir egal“, erwiderte Cristos. „Ich arbeite an diesem Wochenende nicht und kann tun und lassen, was ich will.“

Betsy hatte ein mulmiges Gefühl, wenn sie an die Reaktion der Bodyguards im Wagen hinter ihnen dachte. Ein weiterer Halt passte ihnen bestimmt nicht. Aber Cristos war nun einmal der Boss.

Wenige Minuten später erreichten sie einen hübschen Landgasthof. Betsy stieg aus und öffnete Cristos die Tür.

„Ich hasse es, stundenlang im Auto eingeschlossen zu sein“, meinte er. „Hätten Sie Lust, mit mir einen Kaffee zu trinken?“

Betsy sah ihn alarmiert an. Plötzlich fielen ihr die kleinen goldenen Pünktchen in seinen braunen Augen auf. Für einen Mann hatte er viel zu lange Wimpern. Bedauernd schüttelte sie den Kopf.

„Danke, Sir, lieber nicht. Ich bleibe besser beim Wagen.“

Er sah sie stirnrunzelnd an. „Sie haben mich wohl nicht verstanden. Das war keine Bitte, sondern ein Befehl.“

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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