Julia Saison Band 86

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URLAUB – TRAUMMANN INKLUSIVE? von KERRI LEROY

Hand in Hand am Strand, Küsse in der wilden Brandung, Sex unter tausend hellen Sternen: Ferien auf Hawaii – Liebe inklusive? Mit Jack Banta scheint alles möglich! Paige ahnt nicht, was der Traummann mit dem frechen Surfer-Charme wirklich im Schilde führt …

SÜSSE EROBERUNG UNTER PALMEN von JESSICA HART

„Liebt er dich wirklich?“, scheinen die Palmen auf Coconut Island leise zu raunen. Dabei will Imogen nur die traumhaften Malediven und vor allem Toms leidenschaftliche Küsse genießen! Denn zurück in England ist er nicht mehr ihr zärtlicher Geliebter, sondern ihr Boss …

LIEBE MIT MEERBLICK von NIKKI LOGAN

Wie soll Kate sich bloß mit dem Rechtsanwalt Grant McMurtrie einigen? Er besitzt Land, das sie für bedrohte Seehunde braucht. Leider teilt Grant ihren Traum von heiler Natur nicht. Doch manchmal schaut er sie zärtlich an – als wünsche er sich eine gemeinsame Zukunft mit ihr …


  • Erscheinungstag 05.07.2025
  • Bandnummer 86
  • ISBN / Artikelnummer 8091250086
  • Seitenanzahl 384

Leseprobe

Kerri LeRoy, Jessica Hart, Nikki Logan

JULIA SAISON BAND 86

Kerri LeRoy

1. KAPITEL

„He, was soll das?“, rief Paige Pipkin empört auf, als ihre Tante Naomi ihr die Papiere wegnahm.

„Was ist das überhaupt?“ Naomi schob sich eine krause, orangerot gefärbte Haarsträhne aus der Stirn und betrachtete die Unterlagen mit zusammengekniffenen Augen.

„Eine Bewerbung für mein nächstes Promotionsstudium in Stanford.“

„Welches Fach ist es diesmal?“

„Alte Geschichte und Archäologie des Mittelmeerraums. Dafür muss ich zwei alte Sprachen lernen und praktische Erfahrungen in Archäologie sammeln. Klingt das nicht toll?“

Statt einer Antwort riss ihre Tante die Bewerbungsformulare in der Mitte durch.

„He!“ Paige sah sie entgeistert an.

„Entspann dich, Darling“, beruhigte Naomi sie lächelnd und zog eine Hochglanzbroschüre aus der Tasche ihrer weiten, bunt geblümten Bluse. Das hier finde ich toll.“

Noch immer verärgert betrachtete Paige die Broschüre. „Club Lealea, der heißeste Single-Ferienclub von ganz Kauai.“ Über den Rand ihrer Brille hinweg sah sie ihre Tante an, die ihr gegenüber am Küchentisch Platz nahm. „Du fährst in einen Ferienclub für Singles?“

„Nein, nicht ich. Du fährst dorthin.“

Paige sah sich die erste Seite der Broschüre an: Palmen, eine Bar direkt am Pool, Frauen in Bikinis, Männer mit Waschbrettbäuchen. Leise lachend schob sie die Broschüre zu ihrer Tante zurück. „O nein. Ich fahre auf gar keinen Fall dorthin.“ Sie legte die Hälften ihrer zerrissenen Bewerbungsformulare aneinander und überlegte, wo der Tesafilm war.

„Nicht so schnell“, versuchte Naomi es noch mal. „Ich finde, du könntest mal eine Pause vom Studium gebrauchen. Du hast doch schon einen Doktortitel in Romanistik, und jetzt willst du noch einen machen? In … was war es noch gleich? Langweilige Geschichte und irgendwas mit Archäologie?“

Paige musste lachen. „Alte Geschichte und Archäologie des Mittelmeerraums.“

„Ja, und ich finde diese Wissbegierde toll, Darling. Um keinen Preis würde ich etwas an meiner klugen Nichte ändern wollen. Trotzdem musst du endlich hinter deinen Büchern hervorkommen und dich dem wirklichen Leben stellen, Paige. Ein bisschen Bewegung in die Dinge bringen.“ Naomi blätterte in der Broschüre. „Im Urlaub könntest du überlegen, wie du dir dein weiteres Leben vorstellst – und den gesellschaftlichen Umgang mit anderen Menschen üben.“ Sie zeigte ihrer Nichte das Foto eines Gastes. „Vielleicht könntest du auch mit einem netten Mann anbandeln.“

Paige war sprachlos.

„Vielleicht lernst du dort auch den Mann deines Lebens kennen“, fuhr ihre Tante ungerührt fort. „Zum Beispiel ihn hier.“

Kopfschüttelnd betrachtete Paige das Bild. Der sonnengebräunte, muskulöse Mann darauf stemmte Gewichte im Fitnessstudio. Ja, er war ziemlich attraktiv. Aber dieser Single-Club war ja die reinste Fleischbeschau. Paige passte einfach nicht dorthin. Alle Frauen in der Broschüre trugen Bikinis. Sie dagegen mochte bis zum Hals zugeknöpfte Blusen, Bücher und wissenschaftliche Abhandlungen.

Doch Naomi hatte nicht ganz unrecht. Paige war gerade achtundzwanzig geworden und noch immer nicht dem „Mann ihres Lebens“ begegnet. Und das würde sie gern, eines Tages. Doch wie sollte sie das anstellen? Vertieft in ihre Bücher, lebte es sich nun einmal sicher und geborgen. Allein beim Gedanken daran, sich in die Höhle eines Single-Clubs zu begeben, wurde ihr schon kalt. Sie fühlte sich unter anderen Menschen einfach oft unsicher und unbeholfen. Wie hatte Naomi es ausgedrückt: Sie sollte sich dem wirklichen Leben stellen und Bewegung in die Dinge bringen? Und womöglich auch noch mit einem Mann „anbandeln“?

„Ein Ferienclub für Singles ist … nicht mein Stil“, verteidigte sie sich.

„Vielleicht wird es Zeit, dass du mal einen neuen Stil ausprobierst.“

Naomis selbstzufriedenes Lächeln ließ Paige erstarren, denn diesen Blick kannte sie nur zu gut. „Was hast du angestellt, Naomi?“

„Wieso?“ Plötzlich schien Naomi ganz in das Betrachten ihrer glitzernd lila lackierten Nägel vertieft zu sein. Dann ließ sie die Hände sinken und sah ihrer Nichte in die Augen. „Ich habe einen dreiwöchigen Urlaub im Club Lealea für dich gebucht. Alles ist bezahlt, und dein Koffer ist auch schon gepackt. Du reist morgen ab.“

„Was?“ Paige sprang auf und begann, in der Küche umherzulaufen. „Das kannst du dir doch gar nicht leisten! Du musst verrückt geworden sein!“

„Tja, ich bin eben die verrückte Tante, die du so lieb hast.“ Mit einem breiten Lächeln auf ihren gepuderten Wangen stand Naomi auf und legte einen Arm um Paige.

In Paiges Kopf drehten sich die Gedanken. Allein in den Urlaub fahren? Kontakt mit anderen Leuten knüpfen? Sie vielleicht sogar mit ihnen verabreden? Und was war mit ihren Vorlesungen? Die Sache gefiel ihr gar nicht. Sie ließ sich gegen die Lehne ihres Stuhls sinken und blickte Naomi, die wohlmeinend lächelte, mit starrem Blick an.

Ihre Tante war immer für sie da gewesen und hatte sie jedes Mal bei sich aufgenommen, wenn Paiges viel beschäftigte Eltern mal wieder zu einer ihrer Forschungsreisen aufgebrochen waren. Naomi hatte sie immer willkommen geheißen, war mit ihr Eis essen gegangen und hatte ihr all ihren klobigen klimpernden Schmuck zum Verkleiden überlassen. Als Teenager hatte Paige von ihr Schminktipps und gute Ratschläge bekommen, in allem was das Thema Jungen betraf. Nicht, dass es allzu viele Männer in ihrem Leben gegeben hätte, aber dennoch …

Paige blickte ihre Tante an, die neben ihr stand und sie erwartungsvoll ansah – der Mensch, der sie besser kannte als irgendwer sonst auf der Welt.

Naomi war unverheiratet und hatte als Lehrerin an der Highschool von Kauai gearbeitet. Genau zum Zeitpunkt ihrer Pensionierung sollte Paiges Studium in Stanford beginnen. Da Paige Bedenken hatte, ganz allein nach Kalifornien zu gehen, bat sie ihre Tante, mit ihr zu kommen. Und wie immer war auch diesmal auf Naomi Verlass: Bereitwillig zog sie mit Paige nach Kalifornien und ließ sie mietfrei in dem Haus bei sich wohnen, das sie gekauft hatte. Doch auf einen Universitätsabschluss war immer der nächste gefolgt, bis jetzt …

Reuig blickte Paige ihre Tante an. Sie stand wirklich in ihrer Schuld. All die Opfer und die Unterstützung würde sie ihr niemals vergelten können. Und sie spürte deutlich, was diese Reise Naomi bedeutete. Sie hatte ja sogar schon gepackt!

Seufzend fragte Paige: „Meinst du wirklich, das ist eine gute Idee?“

Naomi nickte so heftig, dass ihre langen, halbmondförmigen Ohrringe gegen ihren Hals schlugen. Ernst blickte sie ihre Nichte an und sagte eindringlich: „Ich möchte nicht, dass du irgendwann so alt und einsam bist wie ich.“

Paige runzelte die Stirn. „Bist du denn nicht zufrieden mit deinem Leben?“

„Doch, natürlich. Aber ich habe auch Glück gehabt: Ich hatte ja immer dich.“ Naomi lächelte liebevoll und strich Paiges Pferdeschwanz glatt. „Für mich bist du wie eine Tochter.“

Paige schluckte. Wie könnte sie sich weigern, die Reise zu machen, wenn es ihrer Tante doch offenbar so viel bedeutete? „Möchtest du nicht mitkommen? Bestimmt gibt es da auch ältere Männer …“

„Nein, es ist wichtig, dass du alleine fährst. Glaub mir, die Reise wird dir guttun! Genieß die Sonne, lerne Leute kennen … du wirst schon zurechtkommen. Es ist nicht nur der heißeste Ferienclub für Singles im ganzen Land, sondern er liegt auch in vertrauter Umgebung: Du bist doch zwei Jahre auf Kauai zur Schule gegangen“, fuhr Naomi begeistert fort. „Und weißt du was?“

Paige traute sich nicht nachzufragen.

„Du erinnerst dich doch bestimmt an meine Freundin Irene Nielsen. Sie wohnt noch immer dort und möchte, dass ich sie besuche. Also werde ich für ein paar Tage hinfliegen, während du dort Urlaub machst. Klingt das nicht gut?“

Eigentlich schon, dachte Paige und nickte.

„Ich möchte nur, dass du es einmal versuchst“, sagte Naomi ruhig. „Denke einmal gründlich über dein Leben nach und überlege, in welcher Richtung es künftig verlaufen soll. Wenn du danach zurück an die Uni möchtest, werde ich dich nicht davon abhalten. Aber ich möchte wetten, dass du bei deiner Rückkehr eine andere Frau sein wirst.“

Das bezweifle ich, dachte Paige. Doch sie musste zugeben, dass die Broschüre ziemlich viel Spaß verhieß: tropische Blumen, Swimmingpools … ein ziemlicher Kontrast zum Uni-Leben. Denn obwohl sie sich normalerweise hinter ihren Büchern versteckte, hatte Paige sich insgeheim immer danach gesehnt, keine Außenseiterin zu sein, sondern dazuzugehören. Ich sollte es einfach versuchen, dachte sie. Es würde Naomi sehr glücklich machen. Und vielleicht könnte ich die drei Wochen als eine Art Forschungsprojekt betrachten, die Beobachtung einheimischer Singles und wie man sich ihnen anpasst.

Der Gedanke gefiel ihr. Paige beschloss, Hintergrundinformationen zu sammeln und Artikel über Dating und Ferienclubs zu lesen, ein oder zwei Bücher über den sozialen Umgang mit anderen Menschen und über höflichen Smalltalk.

„Hmm“, machte Naomi genüsslich und riss sie aus ihren Gedanken. „Mit dem würde ich ja auch gern mal Wellenreiten gehen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Sie hielt die Broschüre hoch und strich mit dem Finger über den Bizeps eines jungen Surfers. Dann fing sie an, einen wilden Hula-Tanz vorzuführen. „Du musst ihm unbedingt ein Aloha von mir ausrichten.“

Paige lächelte gequält. „Mache ich“, versprach sie. „Ein Aloha an den netten jungen Surfer.“ Sie ließ den Kopf auf den Tisch sinken.

Der Shuttlebus fuhr durch die Tore des luxuriösen Club Lealea, dessen Eingang von Palmen umgeben war. Paige blickte aus dem Fenster und betrachtete die sattgrünen tropischen Pflanzen, die sich sanft in der Brise wiegten, als würden sie ihr zuwinken.

Sie war die einzige Passagierin gewesen und hatte die Fahrt im Sonnenuntergang entlang der gewundenen, von tropischem Wald gesäumten Straße sehr genossen.

„Willkommen im Club Lealea.“ Der Busfahrer parkte vor der riesigen Anlage und hob ihren Koffer, den Naomi ihr geliehen hatte, aus dem Bus.

Der Koffer war ein Überbleibsel aus den Siebzigern, dessen altersschwache Schnappverschlüsse so aussahen, als würden sie jeden Moment den Geist aufgeben. Sie umfasste den Griff, betrachtete die riesige Ferienanlage und wusste, dass ihre leichte Übelkeit nichts mit der kurvigen Straße zu tun hatte. Dann atmete sie tief ein und ging los.

„Elegant“ war das Erste, was ihr beim Anblick dieses Clubs einfiel – bis plötzlich ein Huhn aus dem Gebüsch gelaufen kam und ihren Weg kreuzte. Paige hatte ganz vergessen, dass Kauai voller Hühner war, die auf der kleinen Insel keine natürlichen Feinde besaßen.

Sie stieg die Stufen zur Eingangstür hinauf und betrachtete die üppig mit heimischen Pflanzen begrünten Wege und Balkons. Die Anlage wirkte wie eine Oase, in der man tatsächlich Zuflucht vor den Alltagssorgen suchen konnte. Paige verspürte eine gewisse Anspannung und Vorfreude zugleich. Während der Wind den frischen Duft von Hibiskus und Plumeria herüberwehte und ihre erhitzte Haut kühlte, fragte sie sich, ob sie hier zurechtkommen würde.

Auf dem Hinflug hatte Paige den Ratgeber „Vom Mauerblümchen zur Partyqueen“ zu Ende gelesen. Jetzt fragte sie sich seufzend, ob sie wohl die neu erlernten Tipps würde anwenden können. Mit einem weiteren tiefen Atemzug stieg sie die letzten Stufen der breiten Steintreppe hinauf.

Oben angekommen, kam ihr ein junger Mann mit nacktem Oberkörper entgegen, in jedem Arm eine Frau mit Kokosnuss-BH und Baströckchen. Sie prallten mit Paige zusammen.

„Oh, Verzeihung, Baby.“ Der junge Mann betrachtete sie unverhohlen und fragte dann grinsend: „Möchtest du vielleicht mitkommen?“

„Nein … danke.“

Er zuckte eine Schulter. „Dann nicht. Auf geht’s, Ladies.“ Er trank einen Schluck aus einer Bierflasche, ließ einen lauten Schrei ertönen und zog die beiden „Ladies“ mit sich die Treppe hinunter.

Nicht zum ersten Mal fragte Paige sich, was Naomi ihr da eingebrockt hatte. Dann betrat sie das Foyer und blickte sich um.

Ein Mann Mitte zwanzig mit beeindruckendem Bizeps schlenderte an ihr vorbei. Er trug nichts außer einer Shorts, die ausgesprochen tief auf seinen Hüften saß. Er warf Paige einen Blick aus den Augenwinkeln zu und grinste.

„Augenkontakt und Lächeln sind das A und O“, hieß es in dem Ratgeber. Also rang sie sich ebenfalls ein Lächeln ab, doch der junge Mann schenkte seine Aufmerksamkeit bereits einer Frau in einem leuchtend rosafarbenen Bikini.

Paige ließ die Mundwinkel wieder sinken, schnitt ein Gesicht und machte sich auf den Weg zur Rezeption.

Jack Banta saß hinter seinem Schreibtisch im Club Lealea und lächelte geduldig die junge Frau an, die ihm gegenüber saß und ihm unbedingt etwas verkaufen wollte. Sie war höchstens sechzehn oder siebzehn, und ganz bestimmt war das ihr erster Ferienjob: von Tür zu Tür gehen und Leis verkaufen, die typischen Blumenkränze Hawaiis.

Leicht nervös spulte sie ihren Verkaufsvortrag ab: „Früher waren die Leis ein Symbol der Liebe. Die kreisförmigen Kränze sollen eine Umarmung darstellen. Deshalb sind sie für einen Single-Club, dessen Gäste ja auf der Suche nach Liebe sind, geradezu perfekt geeignet.“

Jack musste daran denken, wie er als Teenager gewesen war, dünn, schüchtern und unbeholfen. Er hatte Mitgefühl mit der jungen Frau, brauchte aber eigentlich keine Blumen, da er von einem Freund, einem einheimischen Blumenzüchter, Rabatt erhielt.

„Sie könnten doch jedem neu eintreffenden Gast zur Begrüßung eine Blumenkette umhängen“, schlug die junge Frau jetzt vor.

Keine schlechte Idee, dachte Jack. „Wie viele Leis pro Woche müssen Sie denn verkaufen?“, fragte er unverblümt.

„Hm … fünf Schachteln.“

„Da müssen Sie aber eine ganze Menge mit sich herumschleppen!“

„Allerdings!“, stimmte das Mädchen ihm impulsiv zu. „Ich trage die schon den ganzen Tag durch die Gegend und habe noch keinen einzigen Lei verkauft!“

Sie hielt inne, als würde sie sich plötzlich wieder besinnen. „Aber eigentlich ist die Arbeit gar nicht so schlimm“, versicherte sie schnell. „Also, wie viele möchten Sie?“

Aha, guter Trick. Ach, was soll’s, dachte Jack und erklärte: „Ich nehme fünf.“

„Toll!“ Die junge Frau nahm fünf Blumenkränze aus einer Schachtel.

„Nein, ich meinte fünf Schachteln.“

„Echt?“ Mit großen Augen sah sie ihn an. „Das ist ja meine Quote für die ganze Woche!“

„Genau. Und jetzt hole ich jemanden, der Ihnen beim Hereintragen hilft.“ Jack reichte ihr die Hand.

Plötzlich wurde die junge Frau rot und kicherte nervös. Doch Jack war es gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten.

In diesem Moment steckte Lulu den Kopf zur Tür herein. Die junge Hawaiianerin mit dem langen geflochtenen Zopf koordinierte die Freizeitaktivitäten im Club Lealea. „Jack, Nick ist am Telefon auf Leitung drei. Er will mit dir über den Zeitplan für die nächste Woche sprechen.“

„Ich komme sofort. Und würdest du einen der Pagen bitten, der jungen Dame beim Hereintragen der Blumen zu helfen? Ich habe fünf Schachteln davon gekauft.“

„Wo sollen wir die denn unterbringen?“

„Keine Ahnung“, erwiderte Jack ungerührt.

„Ich helfe Ihnen gern“, bot die junge Verkäuferin eifrig an.

Vorsichtig steckte Jack dem Mädchen eine rote Hibiskusblüte hinters Ohr. „Alle hübschen Verkäuferinnen sollten eine Blume im Haar tragen.“

Ihr Lächeln wurde noch breiter. „Vielen Dank!“

Jack nickte und zwinkerte ihr zu, bevor er sich an Lulu wandte. „Könntest du bitte die Formalitäten für den Blumenkauf erledigen, während ich mit Nick spreche?“

„Natürlich.“ Lulu führte das Mädchen aus dem Büro.

Jack ging zur Rezeption und blickte sich um: Alles schien gut zu laufen. Der Ferienclub war voller Singles, die zum Pool flanierten oder einfach durch die Gärten bummelten. Viele von ihnen standen in kleinen Grüppchen zusammen und unterhielten sich angeregt.

Er nahm den Hörer ab. „Hallo, Nick.“

Der stellvertretende Leiter berichtete ihm von seinen Plänen für die kommende Woche. „Ein Limbo-Wettbewerb beim Pool am Donnerstag?“ Jack nickte. „In Ordnung. Hast du auch schon einen Vorschlag für Freitag?“

Während er telefonierte, beobachtete Jack, wie eine hübsche Frau mit schwarzem Pferdeschwanz einen etwas merkwürdig aussehenden Koffer über den edlen Marmorboden des Foyers schleifte. Das riesige Gänseblümchen auf dem Gepäckstück erinnerte an die Hippiezeit und wollte so gar nicht zu dem eher braven Erscheinungsbild der jungen Frau passen. Aber Jack mochte Frauen wie sie, die ein wenig nach lebensfremden Bücherwürmern aussahen.

Es gefiel ihm, wie sie beim Anblick der halb nackten Menschen, die durch das Foyer schlenderten, leicht missbilligend die Lippen verzog. Plötzlich verspürte er den starken Wunsch, ihr Gesellschaft zu leisten bei den Abenteuern, die sie im Club Lealea suchte. Er warf ihr einen letzten Blick zu und schenkte dann wieder Nick seine Aufmerksamkeit.

„Wie wäre es, statt noch einen Miss-Bikini-Wettbewerb auch mal einen Badehosen-Wettbewerb zu veranstalten, damit auch die Damen etwas davon haben?“ Jack hörte sich Nicks Antwort an und nickte. „Gut. Dann bis später.“ Er legte auf und blickte sich nach dem hübschen Neuankömmling um. Sie stand vor einem Ständer voller Broschüren über die Wanderungen und Führungen, die der Club Lealea veranstaltete.

„Hallo, Jack!“ Eine rothaarige Frau näherte sich dem Empfangstresen.

Jack setzte sein strahlendes Clubmanager-Lächeln auf. „Ah, die entzückende Miss Cindy!“

Cindy trug ein enges, tief ausgeschnittenes schwarzes Kleid, das ihre kurvenreiche Figur betonte. Sie stammte aus … Jack überlegte kurz. Ach ja, aus Arizona.

„In Arizona werden Sie bestimmt schmerzlich vermisst. Wie geht es der begehrtesten Frau im ganzen Club?“

Cindy strahlte angesichts seines Kompliments. „Mir geht es super“, erwiderte sie und fügte dann vielsagend hinzu: „… zumindest im Moment.“ Sie beugte sich über den Tresen und bot Jack damit uneingeschränkte Sicht auf ihr Dekolleté.

Jack wusste nicht recht, was für eine Reaktion sie erwartete. Sollte er vielleicht Beifall klatschen? Höflich wandte er den Blick ab und dachte daran, dass jeden Moment die entzückende, etwas streng wirkende Frau mit dem Pferdeschwanz an der Rezeption auftauchen konnte.

„Wissen Sie schon, dass der Luau wegen des angekündigten Regens drinnen stattfinden wird, Cindy?“, sprach er sie auf das Fest mit Hula-Vorführung und typisch hawaiianischem Essen an. „Wie ich weiß, hoffen zahlreiche männliche Gäste, Sie dort zu sehen.“

„Das klingt toll. Ich bin schon ganz ausgehungert.“ Ihr Blick besagte, dass sie als Hauptgericht am liebsten Jack vernascht hätte. „Werden Sie auch dort sein?“

Er versuchte, enttäuscht zu wirken. „Leider nicht, ich muss arbeiten.“

Cindy richtete sich wieder auf. „Dann vielleicht nächstes Mal?“

„Klar.“ Jack sah ihr nach, als sie davonrauschte. Allzu oft suchten sich die Frauen im Club ihn als Zielobjekt für ihren Urlaubsflirt aus. Aber sein Ziel war es, dass Gäste wiederkamen, und komplizierte Verwicklungen in Liebesaffären waren da natürlich eher hinderlich. Also ließ er sich grundsätzlich nicht darauf ein. Erneut wanderte sein Blick zu der äußerst reizvollen Frau hinüber, und er erlaubte sich den Gedanken, dass manche Regeln dazu da sind, gebrochen zu werden …

In diesem Moment zog sie eine Brille aus der Tasche ihrer olivfarbenen Shorts, um sich eine Broschüre genauer anzusehen.

Jack mochte Frauen, die Brillen trugen. Unwillkürlich stellte er sich vor, sie würde ihr schwarzes Haar in einem strengen Knoten tragen, den er dann mit den Fingern lösen oder während einer leidenschaftlichen Liebesstunde lockern könnte …

Die schmale schwarze Brille gab der jungen Frau ein ernstes intellektuelles Aussehen und wirkte merkwürdigerweise gleichzeitig sehr sexy. Als sie beim konzentrierten Lesen leicht die Nase kräuselte, kam sie ihm auf einmal sehr bekannt vor.

Du meine Güte, das war ja Paige – Paige Pipkin!

Jack hatte gehört, dass sie Kauai nach der Highschool verlassen hatte und aufs Festland gezogen war, um dort zu studieren und zu promovieren. Erinnerungen an ihre gemeinsame Highschoolzeit wurden in Jack lebendig. Damals war er ein unbeholfener Teenager, der leidenschaftlich für Paige schwärmte. Sie hatte seine Gefühle nicht erwidert, doch er konnte sie nie vergessen.

Die Geräusche des belebten Clubs traten in den Hintergrund, als Jack schluckte und einen Moment lang wieder der schüchterne, unsichere Junge war, der damals genau das getan hatte, was er auch jetzt wieder tat: Paige Pipkin aus der Entfernung betrachten.

Dann gab er sich einen Ruck und richtete sich auf. Schließlich war er kein Schuljunge mehr, sondern Jack Banta – der erfolgreiche Manager des Club Lealea und ein äußerst begehrter Junggeselle. Manch einer bezeichnete ihn sogar als Playboy.

Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er Paige. Wenn er damals seinen ganzen Mut zusammengenommen und sie gebeten hatte, mit ihm auszugehen – in der Hoffnung, sie würde endlich Ja sagen –, hatte sie ihn jedes Mal abgewiesen.

Plötzlich kam ihm ein Gedanke: Wie wäre es wohl, wenn sie jetzt begreifen würde, was sie sich damals hatte entgehen lassen? Jeder schüchterne, eigenbrötlerische Teenager träumte doch davon, sich später zu einem attraktiven, reichen Mann zu entwickeln und das Herz seines früheren Schwarms zu erobern. Jack stellte sich vor, wie Paige in seinen Armen lag und mit geöffneten Lippen zu ihm aufblickte …

Wie lange Paige wohl auf Kauai sein würde, zwei, drei Wochen? Mehr Zeit würde er nicht brauchen. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Am Ende ihres Urlaubs im Club Lealea würde sie voller Sehnsucht abreisen – eine Art sinnliche Rache.

In diesem Moment blickte Paige zum Empfangstresen hinüber. Als sie auf ihn zukam, sagte Jack leise zu sich: „Ja. Zeit für einen kleinen Racheplan.“

„Was für ein Racheplan?“, fragte Lulu, die eine Schachtel Leis hinter dem Tresen abstellte.

„Ach, nichts.“

Lulu folgte seinem Blick und sah stirnrunzelnd zu Paige hinüber. „Bist du nicht bald fertig?“, fragte sie leicht ungeduldig.

„Noch nicht.“ Jack wollte auf keinen Fall nach Hause gehen, bevor er nicht mit Paige gesprochen hatte.

„Ich koche heute Abend ein traditionelles hawaiianisches Gericht mit Meeresfrüchten nach einem alten Rezept meiner Familie und hätte gegen etwas Gesellschaft beim Essen nichts einzuwenden.“

„Oh, vielen Dank. Leider muss ich heute bis spät abends arbeiten. Aber vielleicht hat Nick ja Zeit?“

„Hm“, machte Lulu wenig begeistert. „Dann also bis morgen.“

„Ja, bis dann“, erwiderte Jack. Lulu war eine tolle Mitarbeiterin: immer hilfsbereit und freundlich. Manchmal war sie allerdings ein bisschen zu freundlich, fast als würde sie mit ihm flirten wollen …

Lulu nahm ihre Handtasche und ging – genau im richtigen Moment, denn Paige näherte sich bereits. Innerlich bereitete sich Jack auf das Wiedersehen mit der Frau vor, von der er früher geträumt hatte.

Genau in diesem Moment rannte eine junge Frau im Baströckchen kreischend durchs Foyer, verfolgt von einem jungen Mann mit einer riesigen Wasserpistole. Dieser prallte mit Paige zusammen, sodass ihr der Koffer aus der Hand fiel und sich dessen Inhalt über den ganzen Boden verteilte.

Der junge Mann wollte ihr beim Einsammeln helfen, doch Jack kam ihm zuvor. „Lassen Sie mich das machen, Sie haben ja anderes zu tun.“

Der Mann grinste und nahm seine Verfolgung der Frau im Baströckchen wieder auf.

Jack kniete sich neben Paige auf den Boden und reichte ihr eine Bluse, die aus dem Koffer gefallen war.

„Danke, ich schaffe das schon allein“, wehrte sie seine Hilfe ab, während sie hastig die auf dem Boden liegenden Gegenstände wieder in den Koffer stopfte.

Versonnen sah ihr Jack eine Weile dabei zu. In der Schule konnte er sich ihr nur auf intellektueller Ebene nähern, und infolgedessen hatte sie ihn eher als Konkurrenten wahrgenommen und nicht als einen möglichen Freund oder eine Verabredung. Sie wetteiferten sogar darum, Jahrgangsbester zu werden und die Abschlussrede halten zu dürfen – und Jack hatte ganz knapp gesiegt.

Schließlich griff er nach etwas voluminösem Weißem. Was, um alles in der Welt, mochte das sein? Ach so, Unterhosen – echter Oma-Chic.

Paige blickte auf und riss ihm ihre Wäsche aus der Hand. „Entschuldigung“, zischte sie peinlich berührt.

Sie erkennt mich nicht wieder, stellte Jack fest. Eigentlich nicht überraschend, denn im Gegensatz zu früher trug er keine Brille mehr, war größer und auch ziemlich durchtrainiert.

Voller Mitgefühl angesichts dieses etwas unglücklichen Einstiegs in ihren Urlaub betrachtete er Paige. Als sie seinen Blick erwiderte, sah er es: ein kurz aufflackerndes sexuelles Interesse und dann ein leichtes Erröten.

Schnell wandte sie den Blick wieder ab. Jack war es ja gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten, doch es machte ihn äußerst zufrieden, dass auch Paige es tat. Und gerade in diesem Moment war der offizielle Startschuss für seinen kleinen Racheplan gefallen.

Während Paige Socken und Shorts in ihren Koffer packte, hob Jack eine zerknitterte Zeitschrift auf und reichte sie ihr.

„Danke“, sagte sie schon etwas freundlicher. „Was war eigentlich mit den beiden eben los? Gibt es hier keine Vorschriften gegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit?“

„Vorschriften? Nein. Das würde doch den ganzen Spaß verderben.“

„Und wie sieht das der Clubmanager?“

„Ganz genauso. Das bin nämlich ich.“

Als Paige schnaufte und sich wieder ihrem Gepäck zuwandte, nutzte Jack die Gelegenheit, sie eingehend zu begutachten. Ihre Bluse war bis zum obersten Knopf zugeknöpft, was sehr korrekt und brav aussah: genauso, wie er Paige in Erinnerung hatte. Alles andere als brav dagegen wirkte die Art und Weise, wie sich der Stoff um ihre sanft gerundeten Brüste schmiegte …

Paiges Figur war etwas kurvenreicher geworden, was Jack äußerst gut gefiel. Er hob eine weitere Zeitschrift auf, die am Fuß des Empfangstresens gelandet war. Als er sie Paige reichte, fiel sein Blick auf die Titelseite: „Frauen und Sex: Zehn Wege zum besseren Orgasmus“, las er laut. Dann schluckte er und sah Paige noch einmal an. Vielleicht hatte sie sich seit der Schulzeit doch stärker verändert, als es den Anschein hatte. „Alle Achtung. Offenbar erwartest du dir ziemlich viel von diesem Urlaub.“ Lächelnd zwinkerte er ihr zu: „Viel Glück.“

2. KAPITEL

Paige riss dem Clubmanager die Zeitschrift aus der Hand. Wovon redete er eigentlich?

Nach einem Blick auf den Titel schloss sie entsetzt die Augen. Diese Lektüre musste ihre Tante in den Koffer geschmuggelt haben. Naomi, ich bringe dich um, dachte Paige.

Um sich zu beruhigen, holte sie tief Luft. Schließlich machte sie die Augen wieder auf, schob die Zeitschrift in ihren Koffer und klappte ihn zu. Dann schenkte sie dem unverfrorenen Mann vor ihr, der so amüsiert lächelte, einen kühlen Blick.

„Danke für Ihre Hilfe. Ich würde jetzt gern einchecken.“ Als sie so würdevoll wie möglich zum Empfangstresen ging, hörte sie ihn hinter sich leise lachen.

„Du erinnerst dich wohl nicht mehr an mich, Paige?“

Ruckartig blieb sie stehen. Woher wusste er, wie sie hieß?

Lässig lehnte sich der Clubmanager gegen den Empfangstresen und betrachtete sie mit einem jungenhaften Grinsen.

„Kennen wir uns?“

„Klar. Für mich warst du damals die süßeste Intelligenzbestie an der Highschool von Kauai. Aber du warst immer nur darauf aus, dir ein noch besseres Forschungsprojekt auszudenken als ich oder den ersten Platz beim Debattieren zu ergattern.“

Fassungslos blickte Paige ihm in die blauen Augen. „Jackson Banta?“

„Ich werde jetzt Jack genannt“, erklärte er flirtend. „Jackson klingt ein bisschen langweilig, findest du nicht?“

Statt zu antworten, betrachtete Paige ungläubig den gutaussehenden Mann mit dem weißen T-Shirt und den kakifarbenen Shorts. Das sollte Jackson Banta sein? Er sah so anders aus als früher: groß, durchtrainiert, mit markanten, maskulinen Gesichtszügen. Sein dunkelblondes Haar, dessen Farbe an Karamell erinnerte, und seine sinnlichen Lippen machten ihn noch attraktiver. Jack wirkte reichlich selbstbewusst, fast schon ein wenig großspurig – ganz anders als der stille, fleißige Junge von damals. Sein Blick brachte Paige durcheinander, löste aber auch noch etwas anderes, sehr Beunruhigendes in ihr aus. Jackson Banta, früher ein schüchterner, aber etwas langweiliger Musterschüler, spielte jetzt ganz eindeutig in einer anderen Liga als sie.

„Und, was führt dich nach Kauai, Paige?“ Ohne Eile ließ er den Blick über ihr Gesicht gleiten.

Paige wollte natürlich nicht verraten, dass ihre Tante sie praktisch aus dem Nest geschubst hatte, damit sie sich „abschleppen ließ“ – was sie ja auch nicht vorhatte.

„Ich möchte nur ein bisschen Urlaub machen“, erklärte sie. „Eine kleine Erholungspause zwischen meinen Seminaren an der Uni.“

„Und was studierst du?“

„Ich habe gerade in Stanford in Romanistik promoviert und möchte als Nächstes Alte Geschichte studieren, mit Schwerpunkt auf Archäologie des Mittelmeerraums.“

Jack nickte nur und betrachtete weiterhin ihr Gesicht. Eine Weile herrschte angespanntes Schweigen, während sie einander ansahen. Schließlich blickte er auf die Uhr. „Wir sollten dich wohl besser jetzt einchecken, stimmt’s?“ Er ging hinter den Tresen und gab ihren Namen in den Computer ein.

„Du bist also der Manager des Clubs?“, nahm Paige ihr Gespräch wieder auf.

„Nicht nur das“, erwiderte er zwinkernd. „Der Club gehört mir auch.“

Wer hätte gedacht, dass Jackson einmal der Besitzer eines heißen Single-Clubs werden sollte? Paige sah ihn an. Er kniff die hellblauen Augen zusammen, während er sich auf den Computer-Bildschirm konzentrierte, und man sah, wie sich beim Tippen auf der Tastatur die Muskeln in seinen Unterarmen bewegten. Er sieht wirklich toll aus, dachte sie unwillkürlich.

Was war eigentlich los mit ihr? Du meine Güte, das war doch Jackson Banta! Dennoch machte ihr Herz einen Sprung, als er den Kopf hob und ihre Blicke sich begegneten.

„Du wirst also drei Wochen bleiben?“

„Ähm, ja. Und wegen … wegen der Zeitschrift von vorhin …“ Paige errötete noch einmal. „Die muss meine Tante mir heimlich in den Koffer gepackt haben.“

Jack zuckte eine Schultern. „Das hier ist ein Ferienclub für Singles, und du bist natürlich hergekommen, um während deines Urlaubs andere Singles kennenzulernen.“ Er beugte sich vor und flüsterte ihr zu: „Keine Angst, dein kleines Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.“ Seine Augen funkelten amüsiert.

Paige beschloss, dass es keinen Sinn hatte, ihn überzeugen zu wollen.

„Okay, alles fertig“, sagte Jack schließlich und reichte ihr den Zimmerschlüssel.

„Danke.“ Sie wollte gehen, hielt dann aber noch einmal inne. „Jackson, kannst du mir die Wanderung entlang der Na-Pali-Küste morgen Vormittag empfehlen?“ Sie zeigte ihm die Broschüre.

„Na klar, die ist ziemlich gut. Eigentlich sind natürlich alle unsere Veranstaltungen empfehlenswert. Lulu koordiniert die Aktivitäten und organisiert die Ausflüge. Sie wird morgen früh hier sein.“ Er wies zu ihrem Schreibtisch auf der anderen Seite des Foyers.

„Super. Dann melde ich mich morgen für die Wanderung an.“

„Es ist schön, dich wiederzusehen, Paige“, sagte Jack leise.

Auch Paige freute sich über das Wiedersehen – vielleicht sogar ein wenig zu sehr.

Er reichte ihr einen hellgelben Lei. „Willkommen im Club Lealea.“

„Oh, vielen Dank.“ Sie legte sich den duftenden Kranz um den Hals.

„Ich werde dir den Koffer aufs Zimmer tragen lassen.“ Jack wollte einen Hotelpagen herbeirufen.

„Lieber nicht“, entgegnete Paige. „Ich möchte nicht, dass der Koffer noch einmal aufgeht. Ich werde ihn lieber selbst tragen.“ Und schon machte sie sich auf den Weg zu den Aufzügen.

„Bist du sicher? Du könntest die Ratschläge aus deiner Zeitschrift ausprobieren.“ Jack lächelte jungenhaft und wies mit dem Kinn auf eine Gruppe gut aussehender, durchtrainierter Hotelpagen, die im Foyer standen.

Paige warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Sehr witzig“, raunte sie pikiert und ging zum Fahrstuhl. „Gute Nacht, Jackson.“

„Jack!“, korrigierte er sie. Doch die Aufzugtüren schlossen sich bereits, und auf Paiges Gesicht breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus.

Am nächsten Morgen hießen tropische Blumen, Dschungelpflanzen und eine warme Brise Paige am Pool willkommen. Ihr blieb noch eine Stunde Zeit, bis die geführte Gruppenwanderung um 10 Uhr beginnen würde: eine Tour entlang der Na-Pali-Küste und ihre erste Gelegenheit, die Operation „am wirklichen Leben teilnehmen und Bewegung in die Dinge bringen“ zu starten, wie Naomi es ausgedrückt hatte.

Paige trat auf die sonnige Terrasse am Pool und freute sich über den schönen Anblick: Der Swimmingpool wurde von drei Seiten des Clubgebäudes eingeschlossen, sodass eine sehr private Atmosphäre entstand. Und man blickte auf den wunderschön breiten Sandstrand, der zu Fuß schnell zu erreichen war. In steinernen Gefäßen wuchsen farbenprächtige, leuchtend rot und gelb blühende Pflanzen und die Balkons sowie die Innenhöfe waren stilvoll mit heimischen Pflanzen begrünt.

Seufzend blickte Paige sich am Pool um. Die Gäste hier boten leider keinen schönen Anblick: Körper von ungesunder Bräune, vor Sonnenöl glänzende Oberkörper, offen zur Schau gestellte künstliche Brüste, Tanga-Bikinihöschen, die den Blick auf Hinterteile freigaben … außerdem Bloody Marys, an denen zahlreiche Gäste in Liegestühlen und auf Hockern an der Bar schon um diese frühe Uhrzeit nippten. Rock und Hip-Hop dröhnten aus den Lautsprechern.

Auf dem Weg zu einem freien Tisch stieg Paige über ein Paar Beine hinweg und versuchte dabei, das nackte Hinterteil zu ignorieren, das sie förmlich anzugrinsen schien. Nachdenklich betrachtete sie ihre eher konservative Bluse und die Wandershorts, die nicht gerade dem typischen Outfit einer alleinstehenden Frau mit Sex-Appeal entsprachen, die gerne Männer kennenlernen wollte … Paige ließ sich im Schatten eines Sonnenschirms auf einen Stuhl sinken.

Sie öffnete den Rucksack, den sie sich für die Wanderung gepackt hatte: Sonnenschutz und Sonnenhut, Wasserflasche, Fernglas, Broschüre, Tagesplaner, Notizblock, Stift – und dann war da noch ihr dickes Pflanzenbestimmungsbuch. Alles da.

Paige blickte auf die Uhr und stellte fest, dass sie immer noch jede Menge Zeit hatte. Sie schob den Aschenbecher auf dem Tisch von sich weg und ließ den Blick über die Terrasse schweifen. An diesem Morgen schienen sämtliche Mitarbeiter des Clubs Lealea eine Blumenkette um den Hals zu tragen, ein wirklich netter Einfall.

Als Jack plötzlich am anderen Ende der Terrasse erschien, stockte ihr der Atem. Verärgert darüber, dass sie so heftig auf ihn reagierte, runzelte sie die Stirn und beobachtete ihn verstohlen.

Von seinem sonnengebleichten, zerzausten Haar bis zu den kakifarbenen Shorts wirkte Jack locker und leger. Und auch er trug eine Blumenkette. Während er am Pool entlangging, sah er sich gelassen um und ließ den Blick über die Bar, das Becken und die Gäste gleiten. Einmal blieb er stehen, um einem jungen Mann die Hand zu schütteln. Als er einer Gruppe von Frauen zunickte, die sich sonnten, dachte Paige: Das ist nicht der Jackson Banta, den ich von früher kenne.

Nein, er möchte ja auch Jack genannt werden, rief sie sich dann in Erinnerung. Doch eigentlich bereitete es ihr eine diebische Freude, wie er jedes Mal zusammenzuckte, wenn sie ihn mit seinem vollen Namen ansprach.

Nein, ganz eindeutig war er nicht mehr der Jackson, mit dem sie zur Highschool gegangen war. Von seiner früheren Unbeholfenheit und seinem zögernden Gang war nichts mehr zu erkennen: Seine Bewegungen waren selbstbewusst und geschmeidig, fast elegant.

Gelassen ließ er den Blick über die Tische schweifen, bis er Paige unter ihrem Sonnenschirm entdeckte. Als sie einander in die Augen sahen, begann ihr Herz im Rhythmus des aus den Lautsprechern dröhnenden Hiphops zu schlagen. Paige fand seine Wirkung auf sie mehr als unheimlich.

Als er sich näherte, fiel ihr noch einmal auf, wie markant-maskulin seine Gesichtszüge sich entwickelt hatten. Auch seine weichen Lippen wirkten nun fester und männlicher. Vermutlich hat er schon mit zahlreichen seiner weiblichen Gäste angebändelt, dachte Paige. Aber selbst wenn sie an ihm interessiert wäre – was sie natürlich nicht war, wie sie sich selbst streng ermahnte –, dann würde Jack Banta sich bestimmt nicht zu einer Frau hingezogen fühlen, die so unscheinbar und im Umgang mit anderen Menschen so unbeholfen war wie sie.

Jack näherte sich ihrem Tisch. Er hatte gehofft, sie noch vor dem Aufbruch zur Wanderung zu sehen. Denn schließlich wollte er während ihres Aufenthalts im Club Lealea so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Und Rache musste ja nicht unbedingt etwas Unangenehmes sein.

Er musste an den Plan denken, den er ganz beiläufig auf einer Papierserviette entworfen hatte. Listen zu schreiben war eine Angewohnheit aus seiner Schulzeit. Und noch immer empfand er es als äußerst befriedigend, Dinge als erledigt abzuhaken. Der erste Schritt seines Plans bestand darin, sich, sooft er konnte, in ihre Nähe zu begeben, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken und ein bisschen mit ihr zu flirten – sie also in erster Linie freundlich zu stimmen. Schritt zwei bestand darin, sie zum Essen oder auf einen Drink einzuladen. Das sollte eine lockere Angelegenheit sein, eventuell mit einem kurzen Abstecher in seine Suite, wenn alles gut lief.

Wenn Paige sich entspannt hätte, würde Schritt Nummer drei folgen: eine wie zufällige Bewegung hier und da, vielleicht würde er ihr den Arm um die Schultern legen und sie ein wenig streicheln, wenn sie dafür bereit wäre. Und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er sie küssen. Es sollte ein Kuss werden, den Paige in ihrem Leben nicht vergessen könnte – und der ihr zeigen würde, was sie sich vor all den Jahren hatte entgehen lassen. Kurz vor ihrer Abreise würde sie sich dann selbst dafür ohrfeigen, dass sie einmal geglaubt hatte, Jackson Banta sei nicht gut genug für sie.

Als Jack Paiges Tisch erreichte, schenkte er ihr sein charmantestes Lächeln. „Aloha! Was dagegen, wenn ich mich setze?“

„Nein, nur zu.“

Erledigt. Jack setzte sich auf den Stuhl neben ihr und hakte in Gedanken den ersten Punkt seiner Liste ab. „Hast du dich für die Wanderung angemeldet?“

Paiges Pferdeschwanz wippte, als sie nickte. „Ja. Um zehn Uhr geht es los.“

„Gut.“ Es gefiel Jack, wie ihre Begeisterung ihr etwas steifes Benehmen durchdrang. Doch so war Paige immer gewesen: fleißig, aber auch begeisterungsfähig – und an allem interessiert, was es um sie herum gab. Ihr Gesicht hätte er nicht als bildhübsch bezeichnet, aber ihre schlichte Schönheit gefiel ihm: Eine kesse kleine Nase, große dunkelgrüne Augen, die einen reizvollen Kontrast zu ihrem hellen, zarten Teint bildeten, der wohl kaum jemals die Sonne sah. So wie Jack Paige kannte, verbrachte sie wahrscheinlich immer noch die meiste Zeit in der Bibliothek. Er musste lächeln.

„Die vogelkundliche Wanderung nächsten Mittwoch würde dir bestimmt auch gefallen“, sagte er.

„Wie konnte ich die nur übersehen?“ Paige blätterte in dem Flyer mit den Veranstaltungen. „Ich finde hier keine Wanderung mit Vogelbeobachtung, du vielleicht?“ Sie hielt ihm das Programm hin und schlug ihre langen, schlanken nackten Beine übereinander.

Jack zwang sich, den Blick von ihren sanft geschwungenen Waden abzuwenden. Was hätte er damals darum gegeben, Paige an seiner Seite zu haben – so wie jetzt. Die Sonne ließ ihr tiefschwarzes Haar glänzen, während sie ihn erwartungsvoll ansah. Doch damals hätte er nicht gewusst, was er mit ihr anfangen sollte. Das hatte sich nun geändert …

„Jack?“, riss sie ihn aus seinen Gedanken und wedelte mit der Broschüre. „Ich finde die Wanderung nicht.“

„Ach so.“ Er nahm den Prospekt und sah nach. „Hier ist sie: ‚Vogelkundliche Führung‘ – unter ‚Expeditionen‘. Abfahrt ist Mittwoch um ein Uhr.“

Paige zog ihren Terminkalender aus dem vollgepackten Rucksack. „An dem Tag wollte ich vormittags die Aerobic-Stunde ausprobieren und direkt danach den Hula-Kurs. Würde mir dann noch genug Zeit bleiben, um mich für die Wanderung umzuziehen?“ Nachdenklich biss sie sich auf die Lippe und blätterte eine Seite weiter. „Wenn ich nachmittags zum Hula-Kurs gehe, sollte es mit der Vogelwanderung klappen. Allerdings findet um drei Uhr ein Yogakurs statt, aber zu dem könnte ich ja auch am nächsten Mittwoch gehen …“

Jack nahm ihr den Kalender aus der Hand und klappte ihn zu. „Paige, du bist im Urlaub. Warum lässt du nicht einmal einen Tag ganz unverplant? Die Teilnehmer der Wanderungen melden sich in der Regel erst im letzten Moment an, du kannst es also einfach auf dich zukommen lassen.“ Jack lächelte selbstbewusst. „Wie man hier auf der Insel sagt: hang loose – locker bleiben.“

„Locker? Hm.“ Paige schnaufte ein wenig verächtlich und riss ihm den Kalender aus der Hand, um ihn wieder in ihrem Rucksack zu verstauen. Als sie aufblickte, runzelte sie die Stirn und betrachtete etwas, das sich hinter Jack befand. „Im Swimmingpool befindet sich ein Huhn“, stellte sie trocken fest.

Was? Jack wandte sich um.

Eins der frei umherlaufenden Hühner war ins Wasser gefallen. Es gackerte schrill und schlug wie wild mit den Flügeln, kam aber nicht aus dem Pool heraus. Eine Frau, die auf einem großen aufblasbaren Reifen lag, ließ ihre Bloody Mary fallen und begann zu kreischen, was das Huhn als Aufforderung zu verstehen schien, sich zu ihr zu gesellen.

„Sieht so aus, als müsste ich zum Vogelbeobachten gar keine Wanderung unternehmen“, amüsierte sich Paige.

Jack biss die Zähne zusammen. Wie sollte er einen coolen, gelassenen Eindruck machen, während er versuchte, ein Huhn aus dem Pool zu befördern?

„Bis später“, sagte er kurz angebunden, erhob sich und ging davon.

Eine halbe Stunde später saß Paige allein in dem Bus, der die Teilnehmer zum Ausgangspunkt der Wanderung bringen sollte. Seufzend blickte sie aus dem Fenster, wo sich schon einige Singles sammelten. Sie hatten offenbar alle bereits entweder Freundschaften geschlossen oder einen Partner gefunden. Plötzlich fühlte Paige sich sehr allein.

Schließlich stiegen zwei durchtrainierte Männer in den Bus: der eine groß, der andere stämmig und muskulös.

Sollte sie ihnen zulächeln? Vielleicht ein oder zwei Worte sagen? Paiges Herz schlug schneller.

„Hallo!“, platzte sie heraus, als die beiden gerade an ihr vorbeigehen wollten.

Der größere der beiden Männer schien sich leicht zu erschrecken.

„Hey.“ Er nickte höflich und ging weiter nach hinten. Sein Kumpel tat es ihm nach.

Na super. Bestimmt lässt sich „Ich bin nett, und mit mir kann man Spaß haben“ kaum besser ausdrücken als mit einem heraustrompeteten „Hallo!“, dachte Paige resigniert.

Zu ihrer großen Erleichterung begann der Bus sich wenige Minuten später zu füllen. Zuerst stiegen die Gäste immer nur zu zweit ein, doch dann kamen auch kleine Gruppen aus drei oder vier Urlaubern. Aber niemand setzte sich auf den freien Platz neben Paige. Starr blickte sie aus dem Fenster, während Gelächter und fröhliche Unterhaltungen den Bus erfüllten.

Schließlich stieg ein attraktiver junger Mann ein und blickte sich suchend um. Als er den freien Platz neben Paige entdeckte, stellte er Augenkontakt zu ihr her. Sie erwiderte seinen Blick, nickte leicht und rang sich ein, wie sie hoffte, nettes, einladendes Lächeln ab.

Der Mann kam auf sie zu, strich sich dabei durch das dunkle Haar und lächelte gewinnend.

In diesem Moment tauchte Jack wie aus dem Nichts hinter ihm auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. Als der hübsche Fremde sich umdrehte, begann Jack betont locker ein Gespräch: „Hallo! Na, wie geht’s?“

Was will der denn hier?, fragte sich Paige, als die beiden einander neben ihrem Sitzplatz die Hand schüttelten.

„Gefällt es dir im Club Lealea?“

„Ja, es ist toll“, erwiderte der Gast. „Kommst du auch mit auf die Wanderung?“

Jack warf Paige einen Blick zu und lächelte. „Ja, ich habe heute ein bisschen Freizeit.“ Wieder sah er den jungen Mann an. „Paige ist eine alte Freundin von mir. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich hier hinsetze?“

Der andere Mann zuckte die Schultern. „Nein, wie du möchtest, ich …“

„Hier!“, rief eine Gruppe junger Männer weiter hinten im Bus und wiesen auf einen weiteren freien Platz.

Der gut aussehende Gast nickte seinen Kumpels zu. „Ich setze mich dann mal zu meinen Freunden.“ Mit diesen Worten ging er weiter nach hinten durch.

Paige blickte ihm nach. Dank Jack war ihr soeben ihre erste Chance entgangen, jemanden kennenzulernen.

Selbstzufrieden setzte Jack sich neben sie und streckte seine Beine in den Gang. „Ach, es ist doch herrlich, genug Beinfreiheit zu haben.“

Insgeheim verfluchte Paige sein atemberaubendes Lächeln und seinen frischen maskulinen Duft. „Hast du nicht noch ein paar Hühner in Seenot zu retten?“, fragte sie kühl, als der Bus losfuhr.

„Nein, sämtliche Hühner sind da, wo sie sein sollten“, erwiderte Jack und gähnte gelassen.

„Ganz im Ernst, was machst du hier?“

„Ab und zu mache ich gern bei unseren Aktivitäten mit – um mich zu vergewissern, dass alles glattläuft. Ich muss doch darauf achten, dass die Gäste sich amüsieren.“ Er nahm eine Tüte Zimtkekse aus seinem Rucksack, schob sich einen davon in den Mund und hielt dann Paige die Tüte hin.

„Nein, danke“, lehnte sie trotzig ab und zwang sich, den Blick von seinen äußerst attraktiven Gesichtszügen abzuwenden.

„Ich bin ein wenig gekränkt“, teilte er ihr kauend mit. „Du hast mich gar nicht gefragt, ob ich Single bin.“

Paige sah ihn wortlos an.

„Nur, damit du es weißt: Ich bin Single. Und um dir deine nächste Frage zu ersparen: Ja, ich bin zu haben.“

Gegen ihren Willen musste sie leise lachen. Jack stimmte mit ein, während sein blondes Haar von der Brise zerzaust wurde, die durchs halb offene Fenster hereinwehte.

Paige stellte fest, dass sein Lachen ihr gefiel: Es klang sorglos, gelassen und sehr … sehr männlich.

„Dass ich hier Urlaub mache, bedeutet noch nicht, dass ich vorhabe, hier mit irgendwelchen Männern herumzutollen“, erwiderte sie.

„Ich glaube, ich habe auch noch nie gesehen, wie du ‚herumtollst‘, Paige.“

„Wie bitte?“ Sie runzelte die Stirn. „Tue ich aber!“

„Klar, du führst bestimmt das ausschweifende Leben eines Rockstars.“ Jetzt lachte er amüsiert, was Paige gar nicht mehr gefiel.

„Du kannst es mir ruhig glauben, Jackson.“

„Ich werde jetzt Jack genannt“, erinnerte er sie. „Und ich bin noch immer nicht überzeugt.“

„Aber nur, weil ich noch nie mit dir ‚herumgetollt‘ habe.“

„Soll das etwa ein Angebot sein, Paige Pipkin?“ Er blickte nach hinten. „Ehrlich gesagt habe ich dich nicht als jemanden eingeschätzt, der sich gerne auf der Rückbank von Bussen vergnügt. Genug Platz ist aber bestimmt …“, fügte er in Schlafzimmerlautstärke hinzu, „… wenn du darauf bestehst.“

Unwillkürlich stellte Paige sich vor, wie sie mit Jack auf der Rückbank lag, seine blauen Augen dunkel vor Verlangen und er die Hände über ihre bloße Haut gleiten ließ …

Sie schluckte und sah ihn an. Ihre Blicke trafen sich.

In diesem Augenblick ging jemand durch den Gang und stieß gegen Jacks Schulter, sodass er näher zu Paige geschoben wurde. Sein hübsches Gesicht befand sich jetzt ganz nah vor ihrem – so nah, dass Paige den verlockenden Duft nach Zimt bemerkte, der sich mit seinem Atem mischte. Das Motorengeräusch und die lebhaften Unterhaltungen rückten in den Hintergrund, und Paige nahm nur noch Jacks Gegenwart wahr. Noch einmal schluckte sie.

Würde er sie küssen? Plötzlich wurde sie von einer freudigen Erregung erfasst. Paige wollte, dass Jack sie küsste. Sie atmete seinen Duft ein – einen angenehmen, betörenden Duft nach Zimt, Meeresbrise und Männlichkeit. Sie konnte gar nicht genug davon bekommen. Wenn sie sich nur wenige Zentimeter zu ihm hinüberlehnte, würden ihre Lippen einander berühren …

„Los, Jack!“, ertönte eine Männerstimme von hinten, gefolgt von einem anerkennenden Pfiff.

Unsanft wurde Paige wieder in die Wirklichkeit zurückbefördert. Sie zuckte zusammen, und die starke Verbindung zwischen ihr und Jack war unterbrochen.

Er setzte sich wieder gerade hin, als wäre nichts geschehen.

Paige dagegen fühlte sich verunsichert. Es sah ihr überhaupt nicht ähnlich, sich zu benehmen wie ein sexhungriger Teenager. Bestimmt lag das nur an der Atmosphäre, die im Ferienclub herrschte und die sie ganz durcheinanderbrachte.

Energisch wandte Paige den Blick von ihm ab und sah auf das türkisfarbene Meer. Wer hätte je gedacht, dass sie sich ausgerechnet zu Jackson Banta hingezogen fühlen würde?

3. KAPITEL

Eine Stunde später stieg Paige unter dem Blätterdach des Dschungels von Kauai auf einen dunklen Felsbrocken in der Mitte eines schmalen Bachs. Die Arme seitlich ausgestreckt, um die Balance zu halten, überquerte sie den kleinen Fluss, atmete erleichtert aus und blickte sich um.

Dicht an dicht wuchsen hier riesige Bäume, deren Stämme wie auch der Boden mit Moos bedeckt waren. Paige hatte ganz vergessen, wie schön die Inseln von Hawaii waren, allen voran Kauai, die Garteninsel.

Die erste halbe Stunde der Wanderung war Jack neben ihr gegangen, bis Lulu ihn zur Seite genommen hatte, um ihm ein paar organisatorische Fragen zu stellen.

Jetzt leistete ihr nur noch der Bach Gesellschaft, der gluckernd über den felsigen Untergrund plätscherte. Die feuchte Luft war warm und schwer und roch nach Erde und Laub. Paige blieb stehen, um einen Farn neben dem Weg genauer zu betrachten. Als sie ihr Bestimmungsbuch aus dem Rucksack zog, fiel ihr auf, dass die anderen Teilnehmer bereits außer Sichtweite waren. Sie wünschte wirklich, Lulu würde ihnen mehr über die Pflanzen- und Tierwelt erzählen. Darum ging es doch schließlich bei so einer geführten Wanderung! Wollten die anderen nicht auch etwas dazulernen? Wahrscheinlich nicht, dachte Paige nach kurzem Nachdenken. Die meisten Gäste wollten vermutlich eher Leute kennenlernen, als Pflanzenbestimmungsbücher zu studieren. Ihr war klar, dass ihre Intelligenz und ihr Wissensdurst viele Leute abschreckten. Seufzend schob sie das Buch zurück in ihren Rucksack und ging weiter, um die anderen einzuholen.

Sie lauschte dem Rhythmus ihrer Wanderstiefel auf der rötlichen Erde des Pfads, der schon kurze Zeit später steil bergauf fühlte. Als Paige oben ankam, war sie außer Atem.

Die Mittagssonne brach durch die Bäume und schien zwischen einer Wolkenformation hindurch zu lächeln, die einem Blumenkranz ähnelte. Paige entdeckte die übrigen Teilnehmer der Wandergruppe: Sie standen auf einem Aussichtspunkt, betrachteten Na Palis smaragdfarbene, baumbewachsene Abhänge und die schaumgekrönten Wellen, die unten ans Ufer schlugen.

„Alle mal hergehört“, rief Lulu. „Wir machen hier eine Pause, ihr könnt also den Imbiss zu Euch nehmen, den ich vor dem Aufbruch verteilt habe. In einer halben Stunde geht es dann weiter. Etwa eine Meile von hier entfernt endet der Pfad.“

Die Urlauber setzten sich in kleinen Gruppen zum Essen hin, und Paige stand alleine da. Lulu drehte sich zu ihr um. „Gefällt dir die Wanderung bisher?“

Paige, die Lulu morgens kennengelernt hatte und sie sehr sympathisch fand, nickte. „Ja, es war toll. Eine schöne Route, die sowohl durch den Dschungel führt als auch einen fantastischen Ausblick auf die Küste bietet.“

„Schön, dass es dir gefällt. Darf ich mich zu dir setzen?“

„Gern.“ Paige freute sich, Gesellschaft zu haben.

Durstig trank sie einen großen Schluck Wasser, blickte die hübsche Hawaiianerin an und beschloss, ihr neu erworbenes Wissen durch die Lektüre des Buches „Smalltalk für Zweiergespräche“ auch anzuwenden. „Wohnst du schon lange hier?“

„Nein, ich bin erst vor einiger Zeit von Maui nach Kauai gezogen, kurz nachdem der Club Lealea hier eröffnet wurde“, erwiderte Lulu und packte ihr Sandwich aus. „Und wo kommst du her?“

„Ich studiere seit einigen Jahren in Kalifornien, bin aber auch zwei Jahre hier auf Kauai auf die Highschool gegangen.“

Lulu blickte Paige interessiert an. „Dann kennst du Jack, den Besitzer des Clubs, noch von damals?“

„Ja, wir waren im selben Jahrgang.“ Paige begann, ihr Sandwich zu essen.

„Dann bist du hergekommen, um Jack wiederzusehen?“

„Nein, ich wusste nicht einmal, dass der Club Lealea ihm gehört.“

„Ach so.“ Lulu sah sie ziemlich durchringend an. „Jack war bestimmt einer der sportlichen Stars der Schule, stimmt’s?“

...

Autor

Jessica Hart
<p>Bisher hat die britische Autorin Jessica Hart insgesamt 60 Romances veröffentlicht. Mit ihren romantischen Romanen gewann sie bereits den US-amerikanischen RITA Award sowie in Großbritannien den RoNa Award. Ihren Abschluss in Französisch machte sie an der University of Edinburgh in Schottland. Seitdem reiste sie durch zahlreiche Länder, da sie sich...
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Nikki Logan
Nikki Logan lebt mit ihrem Partner in einem Naturschutzgebiet an der Westküste Australiens. Sie ist eine große Tierfreundin. In ihrer Menagerie tummeln sich zahlreiche gefiederte und pelzige Freunde. Nach ihrem Studium der Film- und Theaterwissenschaften war Nikki zunächst in der Werbung tätig. Doch dann widmete sie sich ihrem Hauptinteresse: dem...
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