Julia Saison Band 89

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NUR EIN KUSS VOLL ZÄRTLICHKEIT von MURIEL JENSEN

Ein Strauß roter Rosen, Karten für einen romantischen Theaterbesuch – der charmante Restaurantbesitzer Rob Donnelly tut alles, um seine Traumfrau zurückzugewinnen. Doch Jocelyn nimmt ihm noch immer übel, dass er einst ihre Verlobung löste. Kann sie seiner Liebe trauen?

DIESE LIEBE MACHT UNS STARK von JACQUELINE BAIRD

Unstillbare Sehnsucht treibt Justin Gifford dazu, Zoe nach Amerika zu folgen. Doch als er sie in der Villa ihres Vermögensverwalters findet, rast er vor Eifersucht! Tief verletzt wendet Justin sich von ihr ab. Doch dann stellt das Schicksal seine Gefühle erneut auf die Probe …

EIN MANN, EIN RING UND MEHR von CINDY KIRK

„Das kann nicht wahr sein!“ Schockiert erblickt Mary Karen den funkelnden Diamantring an ihrem Finger, als sie im Hotel in Las Vegas erwacht. Doch sie hat wirklich ihren besten Freund Travis geheiratet! Und es geschah noch viel mehr in dieser Nacht in der Stadt der Sünde …


  • Erscheinungstag 03.01.2026
  • Bandnummer 89
  • ISBN / Artikelnummer 8091260089
  • Seitenanzahl 384

Leseprobe

Muriel Jensen, Jaqueline Baird, Cindy Kirk

JULIA SAISON BAND 89

Muriel Jensen

1. KAPITEL

„Es ist wirklich ganz einfach.“ Nathan Foley lächelte seine Enkelin über den Schreibtisch hinweg an, der sie vom Seniorenkomitee trennte. „Alles, was du tun musst, ist, dir etwas auszudenken, sodass wir zwanzigtausend Dollar zusammenbekommen.“

Jocelyn Foley verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. Sie versuchte nachzudenken. Im Sommer war Salty Harbor voller Touristen. Sie kamen, um die Bauten, die um die Jahrhundertwende entstanden waren, zu bewundern. Sie waren begeistert von der schönen Lage an der Mündung des Columbia River, wo Fischkutter und Segelboote vertäut waren.

Im Dezember kamen Käufer von Portland und von den Städten jenseits des Flusses, um in den einzigartigen Hafenboutiquen einzukaufen und die großzügigen viktorianischen Lichter und Dekorationen zu bewundern.

Aber es war etwas anderes, sie im Januar und Februar nach Salty Harbor zu bringen. Das war die Zeit des Jahres mit Dauerregen, in der jeder sich glücklich am Kamin fühlte und die Ruhe nach der Urlaubszeit genoss.

Als Leiterin für Entwicklung der Kommunalstruktur konnte Jocelyn diesen Luxus nicht genießen. Sie musste ein Projekt ausarbeiten, das eine neue Vorderfront und ein Dach für ein altes Warenhaus finanzieren sollte, das die Senioren von Salty Harbor von einem alten Einwohner geerbt hatten.

„Lasst uns Kuchen verkaufen!“, schlug Frederika Lund mit hoher, heller Stimme vor. Als Einundachtzigjährige war sie das älteste Mitglied des Komitees.

„Freddie, das ist dumm“, erwiderte eine ärgerliche Männerstimme. „Das würde nicht einmal genug Geld für einen Eimer bringen, um ihn unter das kleinste Leck zu stellen.“ John Whittacker, vor Kurzem in den Ruhestand versetzt und der Jüngste der Gruppe, war nicht für Liebenswürdigkeiten bekannt.

„Es ist nicht dumm!“ Mary Maloney, die gerne alles Mögliche verteidigte, legte beschützend einen Arm um Freddies Schultern. „Es ist nur noch nicht genug. Wir müssen an etwas Größeres denken.“

„Lass das Mädchen nachdenken!“ Nathan, der Vorsitzende des Komitees, kreuzte die langen, mageren Beine und verschränkte die Arme, während er Jocelyn anstarrte, als ob sein Vertrauen in sie irgendwie helfen könnte. „Der Stadtrat und die Kaufmannsvereinigung haben sie angestellt, weil sie eine ideenreiche Frau ist. Lasst ihr Zeit. Es wird ihr schon etwas einfallen.“

Vier Augenpaare starrten auf Jocelyn. Und Jocelyn fühlte sich verantwortlich für sie.

Freddie war Jocelyns Lehrerin gewesen. John Whittacker hatte den Kaufladen besessen, den ihre Familie, solange sie denken konnte, betrieben hatte. Und Mary hatte jedes Los, jede Schokolade, jede Illustrierte gekauft, die Jocelyn jemals im Namen der Grund- und Realschulen von Salty Harbor verkauft hatte.

Nathan bedeutete ihr mehr, als sie jemals hätte sagen können. Ihre Schwestern waren verheiratet und ihre Eltern nach San Diego zurückgekehrt. So war er ihre Familie. Er liebte sie, umsorgte sie, frustrierte und erzürnte sie. Und er war immer da, wenn sie ihn brauchte.

Die scharfe Spitze ihres Bleistifts zeichnete ein lächelndes Gesicht, während sie über das Projekt nachdachte.

Sie malte lange, fließende Linien wie Barthaare auf das Gesicht und fügte dreieckige Ohren hinzu. Dann machte sie einen Bogen unter das Gesicht. Vielleicht ein Tanzabend mit einer Band? Sie hasste Tanzen seit dem Valentinsball, zu dem sie mutig gegangen war. Sie war sicher, kein Mauerblümchen war jemals so einsam gewesen.

Ihr Bleistift zog ein Herz in der Mitte des Blattes. Überrascht sah sie darauf nieder. Sie hob die Hand, um es durchzustreichen. Aber wer konnte schon ein Herz durchstreichen, das ewige Symbol der Liebe und Güte?

Güte. Großzügigkeit.

„Ich hab’s!“ Sie sah vom Block hoch und lächelte Nathan zu. „Ein Valentinstag-Projekt für die ganze Gemeinde.“

„Mit Zuckerkuchenherzen!“, sagte Freddie.

„Kuchen wären wundervoll“, sagte Jocelyn, die hastig Notizen machte. „Wir müssen einen Kuchenstand haben oder eine Kunstgewerbeausstellung oder einen ganzen Bazar, falls wir es schaffen können. Aber größere Summen kommen von den Leuten der Dienstleistungsbetriebe. Man müsste ihnen vor Augen halten, dass der Erlös dem Seniorencenter zugutekommt, um es bewohnbar zu machen.“

Die vier Komiteemitglieder richteten sich auf. „Und wie sollen wir an diese Gruppen herankommen?“, fragte Mary.

Jocelyn sah von ihren Notizen auf. „Ich stehe immer in Verbindung mit den verschiedensten Gruppen. Ich werde erklären, was mit dem Gebäude los ist und was ihr braucht. Ein Bazar lockt viele Leute an. Vielleicht könnte dies das Senioren-Projekt sein.“

Jocelyn kritzelte Spitzen um das Herz herum und sah die Komiteemitglieder mit strahlendem Lächeln an. „Wir werden irgendetwas richtig Romantisches und Altmodisches machen.“

„Du solltest besser an unsere Lage denken“, sagte Nathan ruhig. „Wenn du mit diesen Leuten sprichst, die das Center unterstützen sollen, muss es sich ja nicht so anhören, als ob hier lauter Altertümer herumsäßen.“

Mary sah ihn stirnrunzelnd an. „Sei nicht so empfindlich! Sie meint nicht, dass wir Greise sind. Sie meinte nur, ein altmodisches Thema würde gut dazu passen, dass der Erlös der Wohltätigkeitsveranstaltung den Alten zugutekommt. Das können wir nicht abstreiten, egal, wie jung wir uns fühlen.“ Sie nickte Jocelyn zu. „Ich stimme zu.“

„Wie wäre es, wenn wir den Kuchenstand im Innenhof der Old Cannery aufstellen?“, schlug Freddie liebenswürdig vor und unterbrach damit den kleinen Streit. „Meine Tochter arbeitet dort in dem Restaurant – und es ist so ein hübscher Ort. Und er sieht auch schön aus – mit all den Holzbalken und dem Holzfußboden.“

Alle drehten sich überrascht zu Freddie um – sogar die Gegner. Sie hatte einen ausgezeichneten Vorschlag gemacht. Der Innenhof war ideal!

„Es ist erst vor zwei Monaten eröffnet worden“, sagte John. „Glaubst du, dass sie jetzt schon mit so etwas zu tun haben wollen?“

Nathan runzelte die Stirn. „Der Mann, der die Einkaufspassage gebaut und das Restaurant eröffnet hat, kommt aus Los Angeles. Vielleicht mag er nichts mit unseren komischen Kleinstadtfesten zu tun haben.“

Ein wichtiger Punkt. „Vielleicht“, sagte Jocelyn. „Er mag aus Los Angeles kommen, aber jetzt lebt er in Salty Harbor. Wählt einen aus der Gruppe, und sprecht mit ihm. Ich wette, er wird froh sein, euch helfen zu können.“

Freddie, John und Mary wandten sich Nathan zu. Nathan wandte sich an Jocelyn. „Wir wählen dich“, sagte er lächelnd.

Jocelyn lachte und schüttelte den Kopf. „Großpapa, es sollte einer aus eurem Komitee sein …“

„Aber du kennst uns am besten“, beharrte Nathan. „Du unterstützt das Center. Du hast alle Probleme aus erster Hand mitbekommen. Wir tun, was immer du willst, aber den Großstadtfritzen überlassen wir besser dir. Kennst du ihn nicht schon? Du rufst doch immer die neuen Geschäftsleute an und heißt sie in Salty Harbor willkommen.“

Jocelyn schüttelte den Kopf. „Als ich anrief, sprach ich mit Griffin Donnelly. Er ist Chef und Partner des Restaurants. Aber er sagte, sein Cousin trifft alle geschäftlichen Entscheidungen.“

Nathan hob die Schultern. „Dann sprich mit seinem Cousin. Du kannst es, Jossie. Ich weiß, dass du es kannst.“ Er stand auf und klemmte seinen Schnellhefter unter den Arm. „Nun, das ist eine Erleichterung. Ich wusste, dass dir etwas einfallen würde. Wir werden uns wieder treffen, wenn du mit den Dienstleistungsbetrieben gesprochen hast und dem Mann, dem das Restaurant gehört. Und dann werden wir weiter überlegen. Warum …“ Nathan senkte die Stimme, während John Freddie zur Tür half. Er räusperte sich. „Warum borgst du dir nicht irgendetwas von Charlie, das du tragen kannst, wenn du diesen Mann triffst?“

Jocelyn tat, als berühre sie das nicht. Sie war gewöhnt an die abschätzenden Blicke der Frauen, die ablehnenden Blicke der Männer – und an den Druck, den ihre Familie auf sie ausübte, damit sie den Stil ihrer Garderobe änderte. Das hieß aber nicht, dass es sie nicht schmerzte.

„Großvater – so bin ich.“ Sie breitete den langen, schweren Jeansrock aus und zog am Saum des naturwollenen Fischerpullovers, der ihr fast bis zu den Knien ging. Er plusterte sich um die Hüften auf. Aber das machte ihr nichts aus. „Ich kleide mich bequem und warm.“

Er schüttelte den Kopf über sie. „Du kleidest dich wie eine Sack-Lady.“

„Vielleicht.“ Mary, die Nathans Kommentar gehört hatte, stimmte freundlich zu. „Vielleicht ein paar Locken für dein Haar.“ Jocelyn hob eine Hand an ihr leuchtend rotes Haar. Es ging ihr bis zu den Augenbrauen und war in Kinnlänge geschnitten. „Der Mann achtet nicht darauf, wonach ich aussehe“, sagte sie geduldig. „Ich treffe ihn geschäftlich.“

„Jeder Mann“, sagte Nathan, während er einen Arm um Jocelyns Schultern legte, als sie zur Tür gingen, „merkt, wonach eine Frau aussieht. Und unbewusst beeinflusst das seine Reaktionen.“

„Das mag zu deiner Zeit gestimmt haben, Großpapa. Heute denken die Männer weniger sexuell.“

Nathan hob eine Augenbraue. „Wer hat dir das gesagt?“

„Es ist eine Tatsache.“

„Es ist Unsinn.“ Jocelyn ignorierte das, umarmte ihren Großvater und winkte der Gruppe zu. „Ich nehme Verbindung mit euch auf, wenn ich etwas Neues weiß.“

Sie schloss die Tür und lehnte sich seufzend dagegen. Sie hatte sich auf eine schwierige Sache eingelassen, aber sie würde ihr Bestes tun.

Ein romantisches Thema für den Valentinstag war ausgezeichnet für das Projekt. Aber es war ziemlich schwierig für eine Frau, die nicht an Romantik glaubte. Jocelyn glaubte an Liebe: Liebe zur Familie, Liebe zu Freunden. Und an die barmherzige Liebe, mit der Menschen sich um Fremde kümmerten und ihnen halfen – die Art von Liebe, aus der dieses Projekt entstand.

Jocelyn ging zum Fenster und schaute auf den Fluss hinab. Ihr Büro lag in der zweiten Etage. Eine einsame Seemöwe flog ein Stück flussabwärts. Sie wurde vom Wind und Regen hinabgedrückt, schien aber entschlossen, sich in dieser einsamen, schwierigen Lage zu behaupten. Jocelyn spürte ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit mit ihr.

„Ist das nicht zu viel Oregano?“ Rob Donnelly sah über die Schulter seines Cousins in den Topf mit duftender Suppe auf dem Herd. Er langte nach einem Löffel und tauchte ihn hinein.

„Hey!“ Griffin Donnelly balancierte den Löffel an den Topfrand und schob die Kochmütze nach hinten. „Du hast die geschäftlichen Aufgaben übernommen. Die Küche ist mein Bereich.“

Die Minestrone war stark und delikat. Rob grinste Griff an. „Sie ist köstlich. Meine untertänigste Entschuldigung!“

Griff schob ihn zurück, sodass er eine große silberne Schüssel mit einer grünen, cremigen Mischung erreichen konnte. Der Duft nach Pfefferminzcreme stieg auf.

„Deine ‚Grashüpferpastete‘ ist ein Hit.“

Mit einem Spatel gab Griff die hellgrüne Creme in die Pastetenpfannen. Er tat dies mit solcher Genauigkeit, dass dekorative Kringel in der Mitte entstanden.

„Vergiss nicht, dass diese Frau kommt, um mit dir zu sprechen.“

„Richtig.“ Rob sah auf seine Uhr, nahm dann das graue Nadelstreifenjackett, das zu seiner Weste und der Hose passte, von der Stuhllehne und schlüpfte hinein. „Ich muss wieder alles allein machen.“

Griff verteilte Schokoladenkringel auf den Pasteten. „Irgendetwas von der Gemeinde für alte Leute. Sie möchten den Innenhof der Einkaufspassage für einen Bazar haben.“

„Siehst du darin irgendwelche Probleme?“

„Nicht, solange du die alten Damen von meiner Küche fernhältst.“

Rob lachte und ging auf die Doppeltür zu, die die Küche vom Restaurant trennte. „Wie sieht sie aus?“

Griff sah ihn über die Kühlschranktür hinweg an. „Typ Prinz Eisenherz“, erwiderte er.

Stöhnend machte Rob einen Schritt zurück in die Küche. „Hat sie ein Schwert?“

Griff grinste. „Sie hat denselben Friseur.“

„Aha.“ Rob ging ins Restaurant hinaus. Seine Augen streiften die zum Dinner gedeckten Tische, die Kerzen, die sich in der Glaswand, die auf den Fluss hinausging, widerspiegelten, ein paar erste Dinnergäste, die sich ruhig unterhielten, die wolkenreiche Dämmerung und die hellen Lichter der Kanalbojen.

Die Atmosphäre im Old-Cannery-Restaurant war von gemütlicher Eleganz, und das Essen war hervorragend. Nach zwei kurzen Monaten im Geschäft erfreuten sie sich regelmäßiger Kundschaft, buchten große Banketts, und verschiedene Clubs hatten ihre monatlichen Mittagessen ins Old Cannery verlegt. So weit, so gut.

„Mr. Donnelly?“

Eine kleine Blonde in einem dunklen Wollanzug trat hinter der Registrierkasse hervor und überreichte ihm eine Visitenkarte. „Sie sagt, sie hat eine Verabredung, um mit Ihnen über das Seniorencenter-Projekt zu sprechen.“

Rob sah auf die Karte hinab. „Jocelyn Foley“, las er. „Leiterin für Entwicklung der Kommunalstruktur. Stoveman Building, Ecke Water Street.“ Prinz Eisenherz war angekommen!

Er steckte die Karte ein. „Danke, Abby. Wo ist sie?“

„Ich habe sie zur Nummer zehn gebracht. Soll ich Kaffee bringen, oder brauchen Sie eine Kellnerin?“

Rob schaute in die entfernte Ecke des Restaurants, wo die Umrisse dieser Frau unmöglich aussahen, abgesehen von ihrem Haar. Sogar aus dieser Entfernung war es klar, dass es sehr rot war.

„Bitte Kaffee.“

Jocelyn beobachtete den Mann, der mit männlicher Eleganz auf sie zukam. Nein, dachte sie, oh nein!

Sie mochte Männer. Zumindest, soweit es das Geschäftliche betraf. In der Regel waren sie geradeheraus, logisch und erfreulich erfolgreich. Aber gut aussehende Männer waren anders. Sie machten sie nervös. Jedes Mal, wenn ein gut aussehender Mann ihren Weg kreuzte, fühlte sie sich, als ob ein Zeichen auf ihrer Stirn erschien, das in zentimetergroßen Neonbuchstaben deutlich machte: „Meine Schwester ist schöner als ich.“ Es war dumm. Sie wusste es, aber sie war machtlos und konnte nichts dagegen tun.

Energisch nahm sie sich zusammen. Sie war eine Frau, betraut mit einer Mission, die wichtig und wertvoll war.

Sie stand auf und bot ihm die Hand. „Ich weiß Ihr Entgegenkommen zu schätzen, Mr. Donnelly. Ich bin Jocelyn Foley.“

Rob lächelte und schüttelte ihre Hand.

Er kam aus Los Angeles und hatte geglaubt, er hätte alles gesehen, was Kleider auszudrücken vermögen. Aber niemals hatte er eine so klare Botschaft empfangen. „Schau mich nicht an“, schrie sie ihm zu. Dieser sackartige Pullover über dem glatten Shirt zum langen Jeansrock, der formlos bis fast zu ihren Knöcheln herabhing! Als sie aufstand, um ihn zu begrüßen, hatte er einen kurzen Blick auf braune Sandalen über Socken geworfen.

Dann schaute er in ihre dunkelblauen Augen und war wehrlos. Sie war nervös und unsicher, sogar ein bisschen erschrocken.

Für einen Moment verunsicherte ihn das. Für gewöhnlich machte er nicht diesen Eindruck auf Menschen. Als Mann hatte er sich angewöhnt, prüfend und interessiert in die Augen einer Frau zu schauen. Als Restaurantbesitzer hatte er die Fähigkeit erworben, die Leute einzuschätzen und sich eine Meinung über sie zu bilden.

Er langte um sie herum, um ihr die Stuhllehne zu halten. „Es ist mir ein Vergnügen, Miss Foley. Bitte, setzen Sie sich.“

Abby erschien, stellte die Kaffeekanne mitten auf den Tisch und verließ sie wieder.

„Ich habe es so verstanden, dass Sie ein Projekt planen“, sagte Rob, „für das Sie den Innenhof des Old Cannery benötigen.“

„Ja.“ Große blaue Augen sahen ihn unsicher an. „Vor zwei Jahren erbten unsere Senioren ein Warenhaus, wo sie sich treffen zum Kartenspielen, Basteln, Fernsehen, was immer sie wollen. Für manchen von ihnen ist das der einzige Kontakt, den sie mit anderen haben. Unglücklicherweise ist das Dach undicht, und die Vorderfront wurde kurz vor Weihnachten so schadhaft, dass sie es nicht mehr benutzen können. Und die Reparaturkosten sind viel zu hoch. Ich versuche, ein umfassendes Gemeindeprogramm zu koordinieren. Und ein Bazar ist immer eine runde, sichere Sache. Außerdem kann man die Senioren mit einbeziehen. Wir möchten wissen, ob der Bazar in Ihrem Innenhof stattfinden kann.“

Er trank von seinem Kaffee. „Wird so was sonst nicht in kirchlichen Einrichtungen oder in der Schulaula abgehalten?“

„In unserem Fall wäre es die Stadthalle. Aber sie ist so dunkel und liegt so abseits. Seit wir beschlossen, ein romantisches Valentinstag-Thema zugrunde zu legen … Wir … wir dachten, es würde besser zu unserem Thema passen. Hier ist es so rustikal und gemütlich, und das würde genau für unser Vorhaben passen.“

„Was würden Sie machen?“, fragte er.

„Ungefähr ein Dutzend Tische aufstellen“, erwiderte sie und sah ihm errötend ins Gesicht. „Wenn Sie uns ein paar Girlanden und Herzen und Blumen aufhängen lassen, würde das wunderbar sein. Aber wir könnten auch darauf verzichten. Der Betrieb in der Einkaufspassage würde uns helfen, und ich glaube, auch Sie hätten Ihren Vorteil davon.“

Rob nickte. „Ich denke, wir könnten da etwas planen. Die Idee finde ich gut. Aber ich möchte erst mit den Mietern der Läden in der Passage sprechen.“

„Fabelhaft!“ Jocelyn entspannte sich etwas. „Wir übernehmen die Versicherung für solche Projekte“, fuhr sie fort, „damit brauchen Sie sich nicht zu belasten.“

„Miss Foley“, sagte Rob und schob seine Tasse beiseite, als er sich zu ihr vorbeugte. „Warum haben Sie Angst vor mir?“

„Ich habe keine Angst“, erwiderte sie. „Ich bin – ich bin nur etwas nervös.“

„Warum?“

„Sie sind aus Los Angeles“, sagte sie als Entschuldigung.

„Macht mich das zum Nachtgespenst oder so etwas?“

Sie schüttelte den Kopf und erkannte, wie unmöglich ihre Entschuldigung war. „Ich hatte erwartet, dass Sie sehr großstädtisch und herablassend sein würden“, sagte sie entschuldigend. „Und dieses Projekt ist für viele Menschen wichtig. Sie zählen auf mich, dass ich es schaffe. Ich fürchtete, dass Sie das Projekt verspotten.“

Seine Augen waren dunkel. Im Augenblick sahen sie aus, als sei er nicht sicher, ob er ihr glauben sollte oder nicht. Dann lächelte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Wenn die anderen Ladenbesitzer in der Passage zustimmen, gehört der Innenhof Ihnen. Nun, schämen Sie sich nicht, mich falsch eingeschätzt zu haben?“

Zerknirscht nickte sie. „Sehr.“

„Haben Sie ein Datum für den Bazar festgesetzt?“

Einen Augenblick lang senkte sie die Wimpern. Dann sah sie ihn mit kühlem, geschäftsmäßigem Lächeln an. „Der Valentinstag, am 14. Februar.“ Sie stand auf und bot ihm wieder die Hand. „Vielen Dank, Mr. Donnelly. Salty Harbor ist glücklich, Sie hier zu haben.“

Rob stand auf und nahm ihre Hand. Sie fühlte sich klein und sehr kalt an. „Wir sind glücklich, Ihnen helfen zu können, Miss Foley. Ich werde Sie anrufen, sobald ich mit meinen Pächtern gesprochen habe.“

„Vielen Dank. Ich warte, bis ich von Ihnen höre. Gute Nacht.“

Rob beobachtete sie, als sie mit den schweren, farblosen Kleidern, die um sie schwangen, durch das Restaurant eilte. Er stand an der Küchentür und warf ihr noch einen letzten Blick zu, bevor sie in der Fußgängerzone verschwand.

Griff erschien auf der anderen Seite der Schwingtür und folgte Robs Blick. „Wem schaust du nach?“, fragte er.

„Prinzessin Eisenherz“, erwiderte Rob abwesend.

2. KAPITEL

„Hast du in den letzten Tagen mit Charlie gesprochen? Ich habe sie gestern angerufen, um …“

„Brumm-brumm!“ Ein vierjähriges Mädchen rollte mit flatternden schwarzen Zöpfen auf Rollschuhen durch die Küche, am Küchentisch vorbei zur Hintertür.

Jocelyns ältere Schwester, Phyllis, hörte mitten im Satz auf und fing das Mädchen mit beiden Armen auf. „Lindsay Marie, ich sage dir zum letzten Mal, dass du die Rollschuhe ausziehen oder nach draußen in den Hof gehen sollst. Noch einmal, und du gehst sofort ins Bett!“

Phyllis, etwas größer als Jocelyn, sah so schön aus wie eine nordische Göttin.

„Mami!“ Lindsay kletterte auf Phyllis’ Schoß und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Ich weiß, dass du mich liebst.“

Ich weiß, dass du mich liebst! Als Lindsay mit ihrer hohen Kinderstimme diese Worte aussprach und sie mit einem Blick der graugrünen Augen unterstrich, die sie von ihrem Vater geerbt hatte, vergaß Jocelyn Zeit und Ort. Es war Mitternacht vor sechs Jahren. Sie saß auf dem Beifahrersitz von Jeffreys Auto, das an der Küste über der Bucht geparkt war. Sie hatten sich am Gemeinde-College für Sekretärinnen getroffen, wo sie an einem Kursus teilnahm und er Englisch lehrte.

Jocelyn erinnerte sich noch genau, wie überrascht und alarmiert sie war, als er ruhig zu sprechen begonnen hatte. „Ich weiß, dass du mich liebst. Oder du glaubst, mich zu lieben.“ Tapfer hatte er ihr in die Augen gesehen. „Aber ich glaube … ich habe mich in Phyl verliebt.“

Phyllis arbeitete als Verkäuferin bei Salty-Harbor-Moden, hin und wieder auch für die Theatergruppe am College, zu dem Jeffrey gehörte. Sie hatte für eine Aufführung mit ihm gearbeitet. Mehr nicht.

„Sei nicht böse mit ihr“, hatte er hastig gebeten. „Ich habe ihr noch nicht gesagt, was ich für sie empfinde.“ Er hatte seinen Arm um Jocelyn gelegt und sie an sich gezogen. „Ich liebe dich wie einen Kumpel, Joss, aber was ich für sie empfinde, raubt mir den Appetit und meinen Schlaf und macht mich völlig fertig.“

Wann immer Jocelyn sich schlecht fühlte, erinnerte sie sich an diesen Augenblick und spürte irgendetwas wie Rechtfertigung. Dass sie ihn endlich freigegeben und ihm alles Gute gewünscht hatte, war ein Teil ihrer Verbundenheit mit ihm und ein Teil der Liebe zu ihrer älteren Schwester gewesen.

Der Schmerz hatte Zeit gebraucht, um zu verheilen, und er hatte sie völlig überrannt, als Jocelyn lächelnd die Brautjungfer für Phyllis spielen musste. Als ihre Mutter die Neuigkeiten gehört hatte, hatte sie Jocelyn in ein elegantes Restaurant am Cannon Beach mitgenommen. Sie hatte ihre Hand über den Tisch hinweg gestreichelt und gesagt: „Ich bin so stolz auf dich. Es gibt nicht viele Frauen, die mit dieser Art von …“ Sie hatte nach dem richtigen Wort gesucht, und Jocelyn hatte geduldig gewartet. „Enttäuschung“ war das Wort, das sie endlich gefunden hatte. Jocelyn hatte es nicht passend gefunden, aber weniger schmerzlich als die anderen Worte, an die sie sich erinnerte. „… und fortzufahren, eine liebevolle Schwester und eine gute Freundin zu sein. Das ist es, was so besonders an dir ist, Jossie. Charlie hat den Liebreiz, Phyl die Schönheit. Aber du hast viel Herz mitbekommen und den Verstand. Dein Vater und ich sind stolz auf dich.“

„… der kleine Satan weiß jede Situation auszunutzen“, sagte Phyllis, als das Zuschlagen der Küchentür Jocelyn in die Gegenwart zurückbrachte. „Genau wie ihr Vater. Möchtest du noch Tee?“

Jocelyn starrte ihre Schwester an und sah, wie ihr Gesichtsausdruck Unsicherheit auszudrücken begann.

„Bist du okay?“, fragte Phyllis.

„Natürlich bin ich das. Warum sollte ich nicht?“

Phyllis goss Tee aus einer großen braunen Kanne in ihre Tasse. „Weiß ich nicht. Ich hatte das Gefühl, dass du einen Moment lang ganz woanders warst. Komm, gib mir Robin. Sie wird gern eine Weile im Laufstall bleiben.“

Jocelyn wartete, während Phyllis das Baby in den Laufstall setzte, der in der Nähe des Tisches stand. „Du wolltest mir etwas über Charlie mitteilen“, sagte sie, als Phyllis sich wieder setzte.

„Richtig.“ Phyllis beugte sich zu Jocelyn und sprach mit leiser Stimme: „Ich glaube, irgendetwas stimmt nicht“, sagte sie.

„Was?“, fragte Jocelyn und richtete sich in ihrem Stuhl auf. Phyllis schüttelte den Kopf. „Sie hat es nicht gesagt, und ich habe nicht gefragt.“

Jocelyn verdrehte die Augen. „Fabelhafte Art, etwas herauszufinden. Glaubst du, irgendetwas mit ihrer Schwangerschaft stimmt nicht?“

„Nein. Sie sieht ein bisschen blass und müde aus. Aber du kennst Charlie. Das platinblonde Haar und die Haut wie Porzellan. Das lässt sie aussehen, als würde sie zusammenbrechen.“

Jocelyns Schwestern hatten die blonde Eleganz ihrer Mutter mitbekommen. Jocelyn kam nach ihrem rothaarigen, stattlichen Vater.

Phyllis fuhr fort: „Sie sieht genauso aus wie … ich weiß nicht … abwesend, finde ich. Wir hatten uns getroffen, um nach Babymöbeln zu sehen. Und sie hätte kaum weniger interessiert sein können. Erinnerst du dich daran, wie wir beide meine Möbel gekauft hatten?“

Jocelyn musste lachen. „Du hättest die Wiege gleich mitgenommen, wenn ich nicht gedroht hätte, dich dazulassen, damit du heimlaufen musstest. Und nachdem du zweitausend Dollar ausgegeben hattest …“

„Schon gut!“ Phyllis winkte ihrer Schwester, zu schweigen. „Es war eine rhetorische Frage.“ Sie wurde wieder ernst. „Der Punkt ist, dass sie sich im Augenblick an nichts freuen kann. Ihr erstes Baby wird in weniger als einem Monat da sein. Aber ihre Gedanken sind irgendwo anders. Das ist nicht normal.“

Jocelyn wollte die möglichen anderen Gründe für die Gleichgültigkeit ihrer Schwester nicht erfahren, aber Phyllis war weniger zurückhaltend. „Ich frage mich, ob sie und Chris Probleme haben“, sagte sie mit gedankenvollem Stirnrunzeln. „Er ist ein Schatz – aber seine Art, diese Unbekümmertheit kann dich ganz schön nerven.“

„Er ist jetzt über ein Jahr bei Gibson & Dunn.“ Jocelyn trank von ihrem Tee. „Er hat es ausgebaut. Er betet Charlie an. Er würde nichts tun, was sie verletzen würde.“

„Nicht absichtlich, nein.“ Phyllis knabberte an einem Stück Kuchen. „Aber du weißt, wie Männer sind.“

Jocelyn wusste es nicht – wenigstens nicht in allen Einzelheiten. Nach Jeff hatte es keinen mehr gegeben.

„Nun, ich sollte mich nicht darum kümmern“, fuhr Phyllis fort. „Vielleicht ruft sie dich an und erzählt es dir. Dann kannst du mich beruhigen.“

„Sie hat dich immer bewundert“, sagte Jocelyn taktvoll. „Sie will dir nicht eingestehen, dass sie Probleme hat. Es ist leichter, mit mir zu sprechen. Ich gehe immer auf alles ein, und ich habe andere Ansichten als du.“

„Du hast Ansichten“, sagte Phyllis. Und dann, mit schwesterlicher Verbundenheit, fuhr sie fort: „Du hast noch nicht mal etwas Stil.“ Jocelyn antwortete mit freundlicher Ironie. „Danke, Phyl.“

Phyllis wies jedes Schuldgefühl von sich. „Weil du ohne ein Gefühl für Mode geboren bist! Ich habe das noch nie gesagt. Das da …“ Sie zeigte auf Jocelyns Rollkragenpullover, der formlos alles versteckte. Sie war nicht in der Lage, das Wort zu finden, das ihn beschreiben konnte. „… hast du ausgewählt. Mein Kommentar wäre brutal.“

„Ich habe mich immer so angezogen, wie ich wollte.“

„Dein Geschmack war immer schon ein bisschen merkwürdig. Aber jetzt kleidest du dich nicht deshalb so, weil du es willst, sondern um andere Leute abzuschrecken. Und das ist ein Grund, dich zu kritisieren.“

„Nun, schau …“ Jocelyn schob die Tasse fort und machte Anstalten aufzustehen. Aber Phyllis hielt ihre Hand fest.

„Bleib genau da, wo du bist, Jossie“, sagte sie lächelnd. „Oder ich werde Lindsay mit dir heimschicken. Hast du von Mom und Dad gehört, was es Neues auf Coronado Island gibt?“

Das war Phyllis, dachte Jocelyn, als sie sich zwang, sich zu entspannen und den Bericht des letzten Telefongesprächs mit ihren Eltern anzuhören. Es erfüllte Jocelyn mit einem Gefühl leiser Schadenfreude, dass Jeff ihre Schwester verdient hatte.

Rob trug alte Jeans und ein neues Unterhemd, als er das verrottete Brett mit einem Brecheisen löste. Er kämpfte mit einem uralten Nagel, der darin festsaß. Der Nagel gab so plötzlich nach, dass Rob hinfiel.

Griff sank neben seinem Cousin in die Knie. In einer Hand hatte er ein Glas Wein und in der anderen ein Brett mit einer neuen Fuge. Er prostete ihm zu. „So sehe ich dich gern – flach auf deinem Hinterteil.“ Rob drehte sich auf die Knie und nahm ihm das Brett ab. „Bleib stecken“, sagte er, als er es in das lange, rechteckige Loch an der vorderen Veranda einpasste.

Der Regen fiel wie ein Sturzbach über den mit Gras bewachsenen Abhang hinunter in eine stille kleine Bucht. Griff sah Rob ruhig und nachdenklich an.

„Sandy war selbstsüchtig und dumm“, sagte er. „Und es war richtig, dass du dich von ihr getrennt hast.“

Rob hämmerte auf den Nagel. „Nun, selbstsüchtig schon. Aber du kannst es nicht als dumm bezeichnen, wenn man mit einem pensionierten Filmproduzenten in einem herrschaftlichen Wohnhaus lebt.“ Er nahm einen neuen Nagel.

Griff erhob sich und warf das verrottete Brett zu dem übrigen Holz, das sie nicht mehr brauchten, in eine Ecke der Veranda. „Dein Unglück war, dass du an eine geschiedene Richterin gerietest. Außerdem geht das Cannery besser, als wir gehofft hatten. Du kannst aufatmen. Was willst du mehr?“

„Ich möchte einen Ort haben, an dem deine und meine Investitionen sicher sind“, sagte Rob und rührte die ölige Mischung mit einem Holzstab um. „Dann kann ich aufatmen.“

Griff lehnte mit der Hüfte am Geländer der Veranda und beobachtete, wie Rob zu streichen begann. „Nichts ist jemals sicher. Wenn du darauf wartest, froh zu sein, wirst du es nie erreichen.“

„Ich bin froh bei der Arbeit.“ Rob sah ihn an. „Ich dachte, der Mann, der fünf Tage damit zubringen kann, ein Dessert zu verfeinern, könnte es auch.“

„Du weißt, dass ich es kann“, sagte Griff, lehnte sich gegen einen Pfeiler und stemmte sich mit dem Fuß gegen die Brüstung. Er nahm einen Schluck Wein. „Aber ich brauche eine Frau.“

Rob grinste ihm zu.

„Du weißt, was ich meine“, sagte Griff mit milder Ungeduld. „Ich brauche … eine Frau, die von Bedeutung ist.“

Rob sprang auf die Füße, gab Griff den Topf mit der Farbe und sagte überzeugend: „Margaret Thatcher ist gerade arbeitslos.“

„Eine Frau“, erklärte Griff, als er Rob in die kleine Küche folgte, „die wichtig für mich wäre.“

„Dann finde eine“, sagte Rob. Er warf das Werkzeug in eine Kiste, nahm Griff die Farbe ab und stellte sie neben die Werkzeugkiste. Dann verließ er die Küche.

Es war ein großer, zweckmäßig eingerichteter Raum mit einem großen Sofa, das vor einem Panoramafenster mit Aussicht auf die Bucht stand. „Die Situation ist günstig für dich. Du kochst, ich kümmere mich um das Geschäft. Wenn du weg bist, hast du Gelegenheit, Salty Harbor zu durchstreifen und nach der Mutter für deine zukünftigen Kinder zu suchen.“

Griff ließ sich auf das Sofa sinken und kreuzte die Füße. „Ich möchte, dass meine Kinder Vettern und Cousinen haben.“

„Das ist unmöglich.“ Rob füllte Griffs Weinglas und stellte eins für sich hin. „Du bist ein Einzelkind.“

Griff lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. „Als ob du nicht wüsstest, was ich meine.“

„Meine Kinder würden Cousins zweiten Grades für deine sein“, sagte Rob und setzte sich in die andere Ecke des Sofas. „Ich verstehe nicht, was das soll.“

„Du verstehst eine ganze Menge nicht.“ Griffs Stimme wurde grimmig und schwer. „Was hätten wir miteinander gemacht, als wir Kinder waren? Was hätten wir in den letzten paar Jahren getan?“

Rob schlug die Beine übereinander und dachte nach. Das Geschäftliche konnte er mit Ruhe und Logik erledigen. Aber sein persönliches Leben war immer etwas anderes gewesen.

Er und Griff waren im hinteren Teil des „Brahmin“ aufgewachsen, einem Restaurant, das sich ihre Väter in Boston miteinander geteilt hatten. Griffs Mutter war jung gestorben, und Robs eigene Mutter, die warmherzig war und hart arbeitete, hatte Griff neben all der anderen Arbeit in der Küche wie ihren eigenen Sohn behandelt. Dann hatte Robs Vater sie verlassen. Damals war Rob vierzehn gewesen.

„Wenn du nicht gewesen wärst“, sagte Griff ruhig, „wäre ich wahrscheinlich nach dem Tod meines Vaters in einer Bande untergegangen.“

„Ich wusste, wie du dich fühltest. Mein Vater war zwar nicht gestorben, aber es war fast genauso.“

„Leidest du immer noch darunter?“, fragte Griff mitfühlend, setzte sich auf und stellte das Weinglas auf den Tisch. „Du bist so bemüht, nicht so wie dein Vater zu sein, dass du … Du bist immer so verflixt ernsthaft.“

„Sicher bin ich das.“ Rob lachte leise, weil er die Gedanken an den Vater, den er nie wiedergesehen hatte, wegwischen wollte. „Laurel Parker denkt, ich sei zu haben.“

Griff lachte laut auf. „Du hast den schlechtesten Geschmack in puncto Frauen. Alles, was sie im Kopf hat, sind die Kleider in ihrem Laden – und Sex.“

„Ich dachte, du wolltest mich aufheitern.“

„Alles zu seiner Zeit, mein Sohn. Sie wirft sich dir nur an den Hals, damit du ihre Miete senkst.“ Griff stand auf und zog seine Lederjacke an. Einen Moment lang sah er Rob an, der ebenfalls aufstand, und fragte besorgt: „Habt ihr zwei …?“

Rob hob eine Braue, weil die Frage ihn überraschte. „Warum?“

Griff wandte sich zur Tür. „Es ist nur seltsam.“

Rob lehnte sich gegen die Eingangstür, als Griff hinaus auf die Veranda ging. „Pass auf das nasse Brett auf“, warnte er. Dann fragte er: „Seltsam – oder eifersüchtig?“

Als Griff nach Luft schnappte, hatte er die Erklärung. Nun, das war interessant.

„Nein, wir haben nicht“, erwiderte Rob.

„Zufälligerweise rief sie gestern an. Sie hatte irgendein Problem mit der Heizung in ihrem Laden.“

„Ich werde mich morgen darum kümmern.“

Griff blieb auf der dritten Stufe stehen, wandte sich lächelnd um und beachtete den Regen nicht, der auf ihn niederfiel. „Du brauchst jemanden wie Prinzessin Eisenherz. Sie ist ebenso ernsthaft bei der Arbeit wie du.“

Rob lachte. „Du kennst mich. Ich brauche eine Lady, die eine Romanze, aber keine Liebe will. Sie mag sehr nett sein, aber sie sieht nicht so aus, als ob sie eine Romanze möchte.“

Griff zuckte mit der Schulter. „Es ist schwer zu sagen, was unter allem steckt. Wie bei dir. Unter deinem verbindlichen Äußeren verbirgt sich ein Bursche, der drei Angreifer mit Messern und Ketten zurückgeschlagen hat, um seinen kleinen Cousin zu beschützen. Sie könnte auch etwas verstecken.“ Er winkte. „Bis heute Abend.“

Rob ging ins Haus zurück und dachte, dass das sehr gut möglich sein könnte. Ein Buick, Baujahr ’57, hätte unter dieser Kleidung versteckt werden können.

„Es ist der Thermostat.“ Laurel legte die Handfläche auf die Glastheke, die sie von Rob trennte. Augenwimpern, die dick mit Wimperntusche behandelt waren, senkten und hoben sich langsam, während schokoladenbraune Augen in die seinen lächelten. Ihr Oberkörper in einem schwarzen Mohairpullover lehnte sich zu ihm nach vorn. Das lange, glänzende schwarze Haar fiel über eine Schulter.

Rob wandte sich ab und ging zwischen den Kleiderständern mit Kleidern in allen Farben hindurch zur Rückwand in der Nähe der Ankleidekabine. Die Skala zeigte genau das an, was man vom Thermometer ablesen konnte.

Stirnrunzelnd wandte er sich Laurel zu, die direkt hinter ihm stand. „Sieht doch gut aus. Es ist angenehm hier drinnen.“

Perfekt nachgezogene rote Lippen teilten sich einladend, als sie den Zeigefinger unter das Revers seiner Jacke schob. „Nicht dieser Thermostat, Sie Dummer“, sagte sie heiser. „Meiner.“

Er fing ihre Hand ein und senkte sie freundlich. „Lassen Sie das, Laurel. Es ist elf Uhr morgens. Soll ich ein Glas Eiswasser holen?“

Nun schmollte Laurel wirklich.

„Um welche Tageszeit kann eine Frau Sie erreichen? Als ich versuchte, Sie nach zwei Uhr zu erwischen, sagten Sie, sie seien wie zerschlagen. Als ich versuchte, Sie zu einem verspäteten Mittagessen zu bewegen, bevor Sie gingen, sagten Sie, dass Sie in Gedanken bei der Arbeit seien. Sind Sie jemals zugänglich?“

Rob kreuzte die Arme, um Distanz zwischen ihnen herzustellen. „Tut mir leid, nein. Aber Carstairs …“ Mit einer Kopfbewegung deutete er nach gegenüber auf den Juwelierladen. „… hat Ihnen klar zu verstehen gegeben, dass er interessiert ist. Und er hat Diamanten.“

„Ich bin nicht hinter Diamanten her“, sagte sie sanft und stellte sich ihm in den Weg, als er versuchte, hinter ihr herumzugehen. „Ich will einen Mann.“

„Dann müssen Sie einen anderen finden.“ Sie lehnte sich gegen ihn, bis ihr Mund seinem Kinn gefährlich nahe kam. „Aber ich mag ihn hochgewachsen und großartig und kraftvoll.“

Irgendjemand räusperte sich, und Rob fühlte sich ertappt. Prinzessin Eisenherz stand im Eingang. Ihr rotes Haar, das wie ein Helm geschnitten war, glänzte wie die untergehende Sonne. Ihr Körper steckte an diesem Morgen in einem langen roten Rock, einer verwaschenen pinkfarbenen Jacke über einem lavendelfarbenen Shirt, dessen Kragen umgeschlagen war. Der offensichtlich erstaunte, aber leicht enttäuschte Blick ihrer Augen lenkte ihn von ihrer Kleidung ab.

„Du siehst interessant aus, Jossie.“ Laurels Augen glitten schadenfroh über sie hinweg. Ihre Stimme war ebenso abfällig wie ironisch. „Vor zehn Jahren hat Annie Hall so etwas entworfen. Und der Haight-Ashbury-Look war schon lange vorher vorbei.“

Rob sah den Schmerz in Jocelyns Augen, der sofort wieder verschwand. „Hallo, Laurel. Tut mir leid, wenn ich unterbreche …“ Jocelyns Blick wandte sich zu Rob. „Ich kam, um Ihnen einige Unterlagen dazulassen, und Griffin lässt Ihnen ausrichten, dass jemand Sie angerufen hat. Er ist allein in der Küche.“ Sie sah mit einem unschuldigen, missbilligenden Blick von einem zum anderen. „Soll ich ihm etwas ausrichten?“

„Ja“, erwiderte Laurel.

Rob hielt Jocelyns Arm fest, als sie sich abwandte. „Nein“, sagte er. „Ich komme.“

„Gut, ich wollte gerade gehen …“ Sie versuchte, ihm einen großen Umschlag zu geben, aber er schob ihn zu ihr zurück.

Über die Schulter hinweg blickte er zu Laurel zurück. „Heute Nachmittag zum Kaffee?“

Ihre Augen strahlten. „Wie viel Uhr?“

„Um drei, in der Küche.“

Rob ging hinaus und hielt immer noch Jocelyns Arm fest.

„Mr. Donnelly, ich muss zur Arbeit zurück“, sagte Jocelyn widerstrebend, als sie erneut versuchte, ihm den Umschlag zu geben. „Er enthält eine Karte von Salty Harbor, eine Broschüre interessanter Orte, ein paar Coupons für …“

Er schob ihn zu ihr zurück. „Sicher haben Sie Zeit für einen Kaffee … Wollen Sie nicht wissen, was meine Umfrage in den anderen Geschäften für Ihren Bazar gebracht hat?“

„Nun ja …“

„Dann kommen Sie.“

Während Rob mit einem Lieferanten telefonierte, hielt Griff einen Teller mit einer einzigen Erdbeere in zartem Teig unter Jocelyns Nase. „Versuchen Sie das“, forderte er sie auf und zog sie zu einem Schemel. „Sagen Sie mir, wie Sie das finden. Aber beurteilen Sie es freundlich!“

Jocelyn erklomm den Schemel und nahm einen Bissen. Es war süß und gleichzeitig frisch, und sie wünschte, sie könnte noch mehr davon haben. „Es ist wunderbar“, sagte sie begeistert.

„Gut.“ Er nahm ihr den Teller aus der Hand und gab ihr einen anderen, auf dem irgendetwas Kleines lag, das aussah wie dunkler Samt. Schokoladenmousse Grand Marnier.

Jocelyn ließ einen Bissen auf der Zunge zergehen, schloss die Augen, bevor sie es hinunterschluckte. „Ausgezeichnet“, sagte sie. „Ich nehme an, Sie haben noch nie etwas anbrennen lassen oder einen Fehler bei den Zutaten gemacht. Ihr Essen ist fabelhaft. Waren Sie in Paris?“

Griff schüttelte lächelnd den Kopf. „Rob und ich kamen über Boston und Los Angeles her. Wir wollten in einer Kleinstadt und mit ehrlichen Leuten leben.“ Er gab ihr einen Kuchen, der in eine Serviette eingewickelt war. „Was halten Sie davon?“

Jocelyn kostete die süße Creme mit Butter und Mandeln. In der Mitte war ein Klecks Schokolade. „Ihre Kunden werden nicht heimgehen wollen“, erklärte sie. „Und wahrscheinlich werden Sie mehrere Heiratsanträge bekommen.“

„Ich bin verabredet“, sagte Griff lächelnd, als er die Schürze losband. „Rob, ich bin in zehn Minuten zurück. Jackie ist hinten, falls du eine Bestellung hast.“

3. KAPITEL

In dem Augenblick, als Griff sie verließ, war auch die Gemütlichkeit verschwunden. Jocelyn wurde sich Robs Nähe bewusst und fühlte sich unbehaglich. Sie rutschte vom Stuhl und schnappte die Tasche von der Theke. Der leere Teller daneben fiel auf den Boden und zerbrach in drei große Stücke.

„Oh nein“, stöhnte sie und langte hinab, um sie aufzuheben.

Rob hielt ihren Arm fest und zog sie hoch. „Sie werden sich schneiden. Ich werde mich darum kümmern.“

Als sie zu widersprechen versuchte, wurde sein Griff fester. „Beruhigen Sie sich“, sagte er. „Ich dachte, wir hätten abgemacht, dass ich Ihnen helfen möchte.“

Sie legte die Hand auf den Briefumschlag auf der Theke. „Diese Sachen sollten Ihnen helfen, mit Salty Harbor vertraut zu werden. Ich habe eine Karte dazugelegt, weil einige der Straßen auf dem Hügel ziemlich unübersichtlich sind. Aber die Aussicht auf den Hafen von dort ist atemberaubend.“

Jocelyn schluckte. Robs ungeteilte Aufmerksamkeit ließ ihr Herz viel zu schnell schlagen. „Wir haben unsere eigene Geschichte. Wussten Sie, dass Lewis und Clark direkt gegenüber dem Hafen gelagert haben?“, sagte sie. „Ich weiß, dass Sie vielleicht nicht viel Zeit wegen des Restaurants und wegen Laurel haben, aber da ist so vieles, was man …“

In dem Moment, da die Worte heraus waren, wusste sie, dass sie unangebracht waren. Wenn sie nervös war, reagierte sie wie ein unentwegt redender Discjockey.

„Tut mir leid“, sagte sie schnell, „ich meinte …“

Rob lächelte in sich hinein. Sie war wirklich die ungewöhnlichste Frau, die er jemals getroffen hatte. „Ich weiß, was Sie meinten“, sagte er. „Ich nehme an, dass Sie Laurel kennen.“

„Wir sind zusammen zur Schule gegangen.“ Jocelyn versuchte, neutral zu sein, ohne deutlich zu machen, wie sie über Laurel dachte.

„Sie können am 14. Februar den Innenhof haben“, sagte er. „So lange Sie ihn brauchen.“

Jocelyn schob die Hände in die Taschen der ausgefallenen Jacke und wurde dienstlich. „Wir hoffen, den Bazar von zehn bis vier abhalten zu können. Aber wahrscheinlich brauchen wir eine Stunde zum Aufbauen und eine weitere, ihn abzubrechen.“

„Die haben Sie.“

„Und wegen der Girlanden und Dekorationen …“

„Kein Problem.“

„Wir werden Kekse und Kuchen anbieten. Einige unserer Komiteemitglieder machen sich Sorgen, dass Sie das vielleicht als Konkurrenz für das Restaurant betrachten könnten.“

Er grinste. „Nur, wenn Sie Chateaubriand oder Schokoladenmousse Grand Marnier zubereiten.“

Sie lachte. „Nur so etwas wie Kekse und Kuchen.“

„Sie sind eingeladen, mit Ihrem Komitee zu kommen und sich alles anzusehen, wenn Sie mögen.“ Er legte eine Hand auf ihre Schulter und ging mit ihr durch die Küche hinaus. „Wir können mit Tischen, falls notwendig, aushelfen. Und ich werde Ihnen zeigen, wo die Anschlüsse sind.“

„Danke.“ An der Doppeltür, die hinaus zum Pier führte, lächelte Jocelyn und bot ihm die Hand. „Wir wissen Ihre Hilfe zu schätzen, Mr. Donnelly. Ich hoffe, der Bazar wird auch Ihrem Restaurant etwas bringen.“

Er schüttelte ihre Hand. Sie war zart und stark und fühlte sich gut in der seinen an. „Rob“, berichtigte er.

„Jocelyn“, sagte sie, „oder Joss. Wenn ich irgendetwas für Sie in meiner Eigenschaft als Leiterin der Entwicklung für Kommunalstruktur tun kann, rufen Sie mich bitte an.“

„Nur, wenn ich Sie dazu brauche?“

Sie räusperte sich. „Ich bin … ich bin ebenso beschäftigt wie Sie, Mr. … Rob.“

Rob schob die Tür für sie auf. Kalte Luft kam herein. Der Wind brachte ihren eckigen Haarschnitt durcheinander, und er bekam eine Vorstellung davon, wie sie mit einer anderen Frisur aussehen würde. Rob ging hinaus und nahm ihren Arm, als sie zu ihrem Wagen ging. Die Januarkälte drang durch seinen Anzug und sein Hemd.

Ärgerlich wandte sie sich ihm zu. Ihre Wangen waren ebenso rot wie ihr Haar. „Würden Sie das unterlassen?“, fragte sie und zog ihren Arm zurück.

Einen Augenblick starrten sie einander an. Beide waren überrascht, dass sie ein wenig Temperament gezeigt hatte. Er lächelte. „Also ist doch eine Frau in Ihnen“, sagte er freundlich.

Sie sah zu ihm empor. „Nun, was dachten Sie? Dass jede Frau auf dem Planeten wie Laurel aussieht? Einige von uns sind nicht mit so auffallender Weiblichkeit gesegnet.“

Er öffnete den Mund zu einer Antwort, aber sie hielt ihn mit ausgestreckter Hand zurück. „Diese Unterhaltung ist fehl am Platz.“

„Wieso?“

„Weil ich dienstlich herkam.“

„Sie sind hergekommen, um mir die Unterlagen zu geben, die mich mit Salty Harbor vertraut machen sollten. Das klingt mehr wie eine freundliche Geste für mich.“

„Es ist mein Job, freundlich zu sein.“

Rob trat auf den anderen Fuß. Das Wetter und die Frau unterkühlten ihn bis auf die Knochen. „Jetzt sind wir nicht mehr an meinem Arbeitsplatz. Jetzt bin ich privat. Wollen Sie heute Abend herkommen und mit mir essen?“ Sie zog die Jacke enger um sich. „Nein“, sagte sie. Einfach, aber bestimmt.

„Warum nicht?“, hakte er nach.

Sie seufzte. „Um drei Uhr werden Sie mit Laurel Kaffee trinken. Auf Wiedersehen. Wir bleiben in Verbindung.“

Das war dumm, sagte er sich, als er mitten auf dem Pier stand und beobachtete, wie sie davonfuhr. Den Kaffee mit Laurel hatte er vergessen. Jocelyn würde nie glauben, dass er von Anfang an entschlossen gewesen war, im letzten Augenblick etwas zu finden, damit Griff die Zeit mit Laurel verbringen müsste.

„Ich … ich wollte, dass wir darüber nachdenken … ein Haus zu kaufen.“ Charlene schluchzte und weinte und stammelte, während sie ihrer Schwester ihr Herz ausschüttete. „Aber er sagt, wir haben kein Geld dafür.“

Jocelyn hatte einen Arm um Charlene gelegt und streichelte ihre Schulter. „Nun, Charlie“, sagte sie freundlich. „Ich weiß, wie sehr du dir ein Haus wünschst. Aber vielleicht hat er recht.“

„Ich kann nur noch daran denken“, sagte Charlie weinend. Ihr porzellanartiges Gesicht war gerötet und angeschwollen, weil sie seit einer Stunde weinte.

„Liebes, ich wollte, du würdest an das Baby denken“, sagte Jocelyn, nahm Charlies Teetasse und gab sie ihr in die Hand. „Wenn du eine Frühgeburt auf meinem Sofa bekommst, werde ich dir das nie verzeihen. Jetzt trink das und versuche, dich zu beruhigen.“

„Chris würde das nicht stören“, sagte Charlene und starrte in die halb volle Tasse. „Seine Gedanken sind irgendwo anders.“ Sie senkte den Kopf auf Jocelyns Schulter, als sie wieder schluchzte. „Oder bei irgendwem.“

Während Charlene weinte, hielt Jocelyn sie fest und versuchte, sie zu trösten.

Sie hatte ihre jüngere Schwester immer geliebt und zu ihr gehalten. Es war nicht Charlies Schuld, dass sie so durchsichtig blond, zart und klein geboren war und etwas um sich verbreitete, das jedermann wünschen ließ, ihr zu helfen, ob sie es nötig hatte oder nicht.

Charlene sah zu ihr auf und schluckte erbärmlich. „Vielleicht liebt er mich nicht mehr, weil ich so dick und unförmig geworden bin.“

„Du bist nicht dick und unförmig, du bist schwanger“, sagte Jocelyn. „Und statt zu weinen und dich zu sorgen, solltest du ihn einfach fragen, was los ist.“

„Das habe ich versucht“, sagte Charlene. „Er sagt, ich bilde es mir nur ein.“ Ihr Kinn begann wieder verdächtig zu zucken. „Ist das nicht ein Zeichen für ein Problem? Das erste Zeichen dafür, dass die Ehe auseinandergeht?“

„Nein. Es könnte einfach nur ein Anzeichen dafür sein, dass es kein Problem gibt und nur deine durcheinandergeratenen Hormone dich so empfinden lassen.“

„Warum arbeitet er dann dreimal in der Woche bis in die Nacht?“

„Vielleicht, um mehr Geld zu verdienen, damit Ihr an ein Haus denken könnt.“

„Wo ist dann das Geld? Es ist nicht in der Abrechnung, und würde er es mir nicht erzählen, wo er doch weiß, was ich mir wünsche?“

Jocelyn gab Charlie eine frische Tasse Tee und ein neues Papiertaschentuch, „Ich möchte, dass du ihn all das fragst, was du mich fragst. Wenn er darauf besteht, dass da nichts ist, frage ihn nach den letzten Nächten und wohin das Geld gegangen ist. Dann weißt du, ob du wirklich ein Problem hast oder nicht.“

„Was ist, wenn ich eins habe?“

Jocelyn mochte nicht daran denken. „Phyl und ich würden ihn umbringen. Trink deinen Tee.“

Jocelyn warf einen Blick auf ihre Uhr und läutete noch einmal an der Haustür ihres Großvaters. Sie kümmerte sich jeden Tag um ihn. Mal mit einem Telefonanruf, mal mit einem Besuch. Heute wollte sie die Neuigkeiten persönlich abliefern. Die Vordertür wurde plötzlich aufgerissen und Jocelyn hereingezogen. „Beeil dich“, sagte Nathan Foley und winkte ihr, ihm zu folgen. „Ich habe drei russische U-Boote entdeckt. Ich möchte sie nicht verlieren.“

„Großpapa …“ Jocelyn versuchte, ihn zurückzuhalten, als er durch das Wohnzimmer in den kleinen Raum hinter der Küche humpelte, wo er schlief und seinen Computer hatte. Seit dem Tod ihrer Großmutter vor drei Jahren hatte ihr Großvater das oben liegende Schlafzimmer, das er mit ihr geteilt hatte, nicht mehr benutzt.

„Beeil dich“, sagte er über die Schulter.

Widerwillig folgte ihm Jocelyn. Sie hatte keine Ahnung, wie das Computerspiel lief. „Es dauert nur eine Minute.“

Zehn Minuten später schlug er auf die Tischplatte, schrie triumphierend auf und wandte sich ihr mit breitem Lächeln zu. „Ich beherrsche den Nordatlantik. Was kann ich für dich tun?“

„Großpapa, ich muss einen Termin für dich ausmachen. Wie hält dein Schrittmacher das aus?“

Er rollte mit seinem Bürostuhl vor. „Ich habe es aufgeschoben. Was willst du?“

Lächelnd beugte sie sich vor. „Dir sagen, dass das Seniorencenter-Projekt unter Dach und Fach ist. Alle Dienstleistungsgruppen werden uns unterstützen. Und das Old Cannery gab uns für den Valentinstag den Innenhof. Jetzt kann Freddie sich mit ihrer Backerei beschäftigen.“

„Du bist ein Genie“, sagte er und umarmte sie. „Ich wusste, dass du es fertigbringst.“

„Möchtest du das Komitee anrufen und fragen, wann wir wieder zusammenkommen, uns alles ansehen und entscheiden können, was wir brauchen?“

„Sicher, wann bist du frei?“

Jocelyn stand auf. „Ruf mich nur an, und ich werde Zeit haben. Hast du was zum Abendessen?“

„John holt mich ab, und wir gehen zu McDonald’s.“

„Brauchst du Lebensmittel?“

„Jossie, hör auf damit.“

„Wenn du mir einen Schlüssel geben würdest, bräuchtest du dein Spiel nicht zu unterbrechen, wenn ich zu Besuch komme. Ich könnte allein herein, oder du solltest dieses alte Schloss durch ein neues ersetzen. Kein Mensch hat eine Tür, die noch von beiden Seiten abgeschlossen werden muss.“

Nathan stand auf. „Wenn es gut genug war für den Burschen, der es vor hundert Jahren einbaute, ist es auch gut genug für mich. Und wenn du hereinkönntest, würdest du meine Wäsche waschen, wenn ich nicht da bin, meine Küche untersuchen, Töpfe hierlassen, und ich würde die Kontrolle über mein Leben verlieren. Nein, vielen Dank.“

Jocelyn seufzte. Das waren immer seine Argumente gewesen. „Großpapa, ich will mich nicht in dein Leben einmischen. Ich will nur, dass du es etwas bequemer hast.“

„Es ist mein Leben“, sagte er freundlich, aber bestimmt und bot ihr die Hand. „Ich bin sehr zufrieden so.“ Er küsste ihre Wange und schob sie zur Tür, die er für sie öffnete, und dann sah er sie stirnrunzelnd an. „Hast du das angehabt, als du mit Mr. Donnelly sprachst?“

Jocelyn sah an sich hinab.

„Mr. Donnelly“, sagte sie ruhig, „hat nichts darüber gesagt, wie ich angezogen war.“

Nathan nickte betrübt. „Ich werde das Komitee heute Nachmittag anrufen und mich morgen mit dir in Verbindung setzen.“

Jocelyn fuhr in ihrem alten Volkswagen davon, beunruhigt durch die Erinnerung an Rob Donnellys Bitte, mit ihm zu Abend zu essen.

Jocelyn hörte das Telefon läuten und wurde ärgerlich. Sie stand halb auf einer Trittleiter an ihrem Schlafzimmerkleiderschrank und hatte eine große Schachtel mit Dekorationsartikeln in der Hand.

Sie stellte die Schachtel oben auf die Leiter. Dann lehnte sie sich über ihr Bett und griff nach dem Telefon auf dem Nachttisch.

„Hallo“, sagte sie, und es klang ein bisschen erstickt, weil die Matratze unter ihr nachgab.

„Joss?“

„Ja, Laurel?“, erwiderte sie.

„Ich habe deine Zustimmung vorausgesetzt und die Aufmerksamkeit unserer Geldgeber, der River Belles, auf das Seniorencenter gerichtet“, sagte Laurel. Die Belles waren eine Gruppe berufstätiger Frauen, deren Unterstützung wichtig sein konnte.

„Ich stimme zu, Laurel“, sagte Jocelyn höflich. „Danke.“

„Die Reaktion war gemischt. Ein Teil der Gruppe würde das Geld lieber für schmiedeeiserne Bänke in der Innenstadt verwenden.“

Jocelyn zählte bis zehn. Laurel wollte sie provozieren. Sie hatte noch einen Trumpf im Ärmel. „Es ist schließlich das Geld der River Belles“, sagte sie freundlich. „Und deine Versteigerung könnte genug Geld bringen, um an beiden Seiten der Uferstraße Bänke aufzustellen – falls du glaubst, dass das wichtig ist.“

„Die Bänke würden unseren Namen tragen.“

„Die Bronzeplatte im Seniorencenter ebenfalls.“

Laurels heiseres Lachen ließ Jocelyn erstarren. „Ich glaube, ich kann die Abstimmung in deinem Sinn beeinflussen. Aber du musst mir aushelfen.“

„Wie?“

„Indem du der Versteigerung deine Dienste anbiet...

Autor

Jacqueline Baird
Wenn Jacqueline Baird nicht gerade an einer Romance schreibt, dann liest sie viel und spielt gern Karten. Falls das Wetter es erlaubt, schwimmt sie häufig im Meer und bedauert, dass sie seit einer schweren Knieverletzung nicht mehr Segeln kann. Zwar ist sie dadurch zu einem „Leben an Land“ verurteilt, aber...
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Cindy Kirk
<p>Solange sie denken kann, liebt Cindy Kirk das Lesen. Schon als kleines Mädchen in der ersten Klasse hat sie einen Preis dafür gewonnen, hundert Bücher gelesen zu haben! 1999 war es so weit: Ihr erster eigener Roman erschien bei Harlequin. Seitdem muss die Autorin ihr Lieblingshobby Lesen damit unter einen...
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