Lieb mich, als wäre es unsere erste Nacht!

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Meg ist fassungslos! Ihr Chef schickt sie in die Südsee, um einen Standort für das neue Öko-Resort zu besichtigen. Ausgerechnet zusammen mit ihrem Erzrivalen, dem Architekten Dan Fairweather, der wie sie der nächste CEO des Bauunternehmens Evermore werden will! Und da ihre Mission geheim ist, müssen sie zudem vortäuschen, ein Paar zu sein. Was in Meg die Erinnerung an die eine heiße Nacht weckt, die sie vor Jahren mit Dan verbracht hat. Wenn bloß das malerische Inselparadies nicht ihre Sehnsucht nach einer zweiten Nacht mit ihrem Feind wecken würde …


  • Erscheinungstag 23.12.2025
  • Bandnummer 262025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535304
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Justine Lewis

Lieb mich, als wäre es unsere erste Nacht!

1. KAPITEL

Wie üblich fand die Eröffnungsfeier eines neuen Evermore Resorts an einem dezenten und unaufdringlichen Ort in wunderschöner Lage statt. Der Ruderclub in Manly lag gegenüber vom Hafen und dem Fährterminal. Er war alt, charaktervoll und direkt am Wasser gelegen, mit Blick auf den Sonnenuntergang über den silbernen Türmen der Stadt.

Das neue Resort lag weit entfernt in New South Wales, aber ein Unternehmen, das für seine Nachhaltigkeit bekannt war, würde seine Gäste niemals zu einer Party in den Norden fliegen. Stattdessen trafen sich hier alle, die an dem Projekt mitgearbeitet hatten, zusammen mit ausgewählten Influencern und Journalisten, um die Eröffnung des neuen Öko-Resorts zu feiern.

Meg spürte, wie mit jedem Schluck Champagner etwas Stress von ihren Schultern abfiel. Dies war eines der ehrgeizigsten Projekte, an denen sie je gearbeitet hatte, und nun war es vollendet. Das Resort war offiziell eröffnet und bereits für den nächsten Monat ausgebucht. Sie war stolz auf ihr Team und darauf, an einem so großartigen Projekt mitgewirkt zu haben.

Ihre Strumpfhose scheuerte genau an der falschen Stelle. Sie schaute sich dezent im Raum um, und als sie sicher war, dass niemand in ihre Richtung sah, drehte sie sich zur Wand, richtete ihre Strumpfhose und strich ihr Kleid glatt. Als Meg sich wieder umdrehte, fiel ihr Blick auf Daniel Fairweather, ihren Kollegen und Erzfeind. Sie stöhnte leise auf. Daniel machte jede Situation ein bisschen schlimmer und jeden Tag einen Tick ärgerlicher. Und nun hatte er gesehen, wie sie ihre Strumpfhose aus ihrem Schritt gezogen hatte. Alles war für ihn eine Gelegenheit, sich über sie lustig zu machen. Er hatte das Talent, ihre verletzlichsten Momente mitzubekommen, und das hasste sie.

Aber sie war nicht verletzlich, sondern stark, unabhängig und erfolgreich, und Daniel war nur eine arrogante Nervensäge. Eine arrogante Nervensäge, die in diesem Moment auf sie zukam. Warum? Sie sprachen nie mehr als unbedingt nötig miteinander. Unzählige andere Leute auf dieser Party würden liebend gern mit ihm sprechen. Und doch kam er in ihre Richtung.

Meg liebte ihren Job als Finanzchefin bei Evermore. Aber zu sagen, dass sie ihren Kollegen Dan verabscheute, wäre eine Untertreibung. Wäre Evermore irgendein anderes Unternehmen, hätte sie schon vor Jahren gekündigt.

Wenn sie jemand fragte, was das Unternehmen tat, antwortete sie: „Wir bauen Öko-Resorts.“ Natürlich war die Antwort weitaus komplexer, aber normalerweise sagte dieser Satz ihrem Gegenüber alles, was es wissen musste. Evermore entwarf und baute selbstversorgende, nachhaltige und dennoch luxuriöse Hotels, Resorts und Camps. Einige davon blieben im Besitz der Firma, andere verkauften sie an die lokalen Gemeinden, mit denen sie zusammenarbeiteten.

Dan war Meg ein Dorn im Auge, aber die Arbeit war ihr zu wichtig. Außerdem wollte sie nicht die Erste sein, die die Firma verließ. Diese Genugtuung gönnte sie ihm nicht.

Er blieb neben ihr stehen, viel zu nah. Und sah sie viel zu genau an. Das war nicht normal. Normalerweise vermieden sie jeden Blickkontakt.

„Geht es dir gut?“

„Ja. Warum sollte es mir nicht gutgehen?“

Er grinste. „Gut, ich wollte nur sichergehen.“

Unerträglich. Nicht auszuhalten. Unverschämt. Ihr fielen etliche ablehnende Worte ein, um den Mann zu beschreiben, der mit einem albernen Grinsen in seinem viel zu attraktiven Gesicht neben ihr stand.

Sein Haar war grau meliert, aber für einen Mann in den späten Fünfzigern immer noch beeindruckend dicht.

Dan hob die Augenbrauen und fuhr mit einem Finger über sein Kinn, während er ihr zuzwinkerte. Na toll, jetzt schnitt er auch noch Grimassen. Wie konnte er einen Job haben? Wie konnte er Freunde haben?

„Was ist dein Problem?“, zischte sie.

„Du hast da was am Kinn. Soße, glaube ich. Das wollte ich dir sagen.“

Sie strich mit einem Finger über die Stelle, auf die er gedeutet hatte, und sah tatsächlich einen Fleck Soße auf ihrem Zeigefinger. Himmel! Sie hatte den Krabbencocktail vor zehn Minuten gegessen und lief seitdem so herum.

Es hätte ihr nichts ausgemacht, wenn jemand anders sie darauf hingewiesen hätte, aber warum musste es ausgerechnet Dan sein? Was lächerlich war. Sie war dreiundfünfzig, keine dreizehn. Und Dan war ein erwachsener Mann. Sie hatten beide schon zu viel erlebt, um so etwas ungewöhnlich oder gar peinlich zu finden.

Aber wenn es um Daniel Fairweather ging, schien Megs Körper abgelöst von ihrem Gehirn zu arbeiten. Sie trat einen Schritt zurück, als Dan nach einer Serviette griff und sie ihr reichte.

Meg wischte sich das Kinn ab. „Danke“, murmelte sie widerwillig.

„Kein Problem.“ Ein Hauch von Belustigung schwang in seiner Stimme mit.

„Die Party kommt gut an.“ Sie sah sich um. „Es war ein großartiges Projekt, das gut umgesetzt wurde.“

„Danke“, sagte er und lächelte.

„Das war eine gute Teamleistung.“ Sie betonte das letzte Wort so deutlich wie möglich. Glaubte er wirklich, dass sie ihm die ganze Arbeit anrechnete?

„Ja, aber ich habe es entworfen.“

„Du hast den ersten Entwurf erstellt.“

„Also würde es das Projekt ohne mich nicht geben.“

Sie lachte. Der Mann war verrückt.

„Was ist so lustig?“

„Dein erster Entwurf war so unrealistisch, dass er uns in den Ruin getrieben hätte.“

„Mein erster Entwurf war wunderschön, und wenn die Mitarbeiter aus der Finanzabteilung nicht solche Pfennigfuchser wären, könnten wir ein noch schöneres Resort eröffnen.“

„Pfennigfuchser? Ist das dein Ernst? Dein Entwurf sah eher aus wie eine Kathedrale als ein Öko-Resort.“

„Natürlich meine ich es ernst. Ich bin es leid, dass meine Visionen von Leuten abgeschmettert werden, die nicht bereit sind, Risiken einzugehen.“

„Ich habe nichts gegen Risiken. Ich bin nur nicht bereit, unnötige Risiken einzugehen.“

„Es würde dich nicht umbringen, wenn du ab und zu mal den Geldbeutel etwas lockern würdest.“

Nicht anbeißen. Nicht anbeißen. Er ist es nicht wert.

Daniel Fairweather mochte der Chefarchitekt von Evermore sein, aber sein Kopf schwebte in den Wolken.

„Soll ich die Firma in den Ruin treiben? Wo wären wir dann alle?“

„Ich sage ja nicht, dass wir einen Ruin riskieren sollen, aber wir müssen nicht so …“

Sag es nicht. Wage es ja nicht.

„Verklemmt sein“, beendete er seinen Satz.

Meg schnappte sich ein Glas vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners. Sie überlegte, ob sie es nach Daniel werfen sollte, aber das wäre eine Verschwendung des Champagners. „Wenn mein Team und ich nicht so viel Wert auf Details legen würden, wäre das Unternehmen schon vor Jahren pleite gegangen. Ganz zu schweigen davon, dass du nur einen Bruchteil von deinem jetzigen Gehalt bekommen würdest.“

Das ließ ihn innehalten. Wie immer. Als Finanzvorstand kannte sie Dans Gehalt, aber er kannte ihres nicht. Und das hasste er.

Meg gefiel, dass er es hasste.

„Ohne mich…“, begann er, aber ein Paar kam in ihre Richtung. Meg wich in eine Ecke zurück, um Platz zu machen, aber das Paar kam immer näher. Dan wich in dieselbe Richtung aus. Er stand jetzt direkt neben ihr. Wenn sie sich bewegte, würde sie ihn berühren, also blieb sie ganz still. Schweigend hörten sie der Unterhaltung der Gäste zu.

„Es ist wunderschön. Wirklich atemberaubend. Ich kann kaum erwarten, es in echt zu sehen“, sagte die Frau.

Dan versuchte, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren, konnte aber nicht verhindern, dass ein Lächeln um seine Mundwinkel zuckte.

„Aber zu teuer. Die Preise, die sie verlangen“, warf der Mann ein.

Meg spürte Dans Blick auf sich. Ihre Wangen prickelten, so sehr sie das auch ärgerte. „Ist es nicht!“, wollte sie erwidern. Natürlich kostete ein nachhaltiges Resort mehr, das lag einfach an den höheren Kosten für Baumaterialien und umweltschonende Bauweise!

Zum Glück nahm die Frau Meg die Worte aus dem Mund. „Unsinn. Natürlich spiegeln die Preise die Kosten für nachhaltigen Tourismus wider. Ganz zu schweigen von fairen Arbeitskosten.“

Gerade als Meg sich an den Gästen vorbeischlängeln wollte, um ihren kleinen Sieg in Ruhe zu genießen, gesellte sich ein weiteres Paar zu dem ersten, und sie wurde weiter an die Wand zurückgedrängt.

Dan wollte sich in die gegenüberliegende Ecke von Meg stellen, aber ein großer Mann kam ihm zuvor, und auf einmal stand Dan direkt neben Meg. Sie schob sich so weit wie möglich von ihm weg.

Sie hätte gehen können, aber die Gelegenheit, das Gespräch zu belauschen, war zu verlockend. Dan sah das offensichtlich genauso, denn auch er blieb.

„Ich finde es toll, was sie aus den Gemeinschaftsräumen gemacht haben“, sagte eine der Frauen.

„Der Entwurf ist etwas ganz Besonderes. Spektakulär und perfekt auf den Standort abgestimmt.“

„George Moreau ist ein Genie“, sagte ein anderer Mann.

„So erfolgreich, ja. Und offenbar ein netter Mann. Die Nachbarin meiner Nichte arbeitet dort und sagt, es ist eine großartige Firma.“

Meg versuchte nicht einmal, ihr Lächeln zu verbergen. Sie leitete die Finanzabteilung und bezog dieses Kompliment auf ihre Arbeit.

Ihr Chef George Moreau war der Firmenleiter von Evermore. Er hatte die Idee vor etwa zwei Jahrzehnten gehabt und das Unternehmen aufgebaut. Ihre Büros lagen in einem umgebauten Lagerhaus, einen Block vom Ruderclub und drei Blocks vom Hauptstrand von Manly entfernt. Der Ort fühlte sich wie ein kleines Küstendorf an, war aber nur eine kurze Fährfahrt vom Zentrum Sydneys entfernt.

„Entschuldigung“, sagte eine Frau, und die Leute traten zurück, um ihr Platz zu machen, was dazu führte, dass Meg und Dan noch weiter zurückgedrängt wurden. Der Abstand zwischen ihnen bestand nur noch theoretisch. Sie spürte den Stoff seiner Jacke an ihren nackten Armen, und der Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase.

Hat er etwa gerade an meinem Haar gerochen?

Nein. Er atmete ein und ihr Kopf war zufällig im Weg. Das war alles.

Glücklicherweise konnte Meg jetzt zur Seite rutschen. Hastig machte sie drei schnelle Schritte weg. Sie seufzte erleichtert.

Aber irgendwie war er immer noch neben ihr.

„Das war ein aufschlussreiches Gespräch“, sagte er.

„Ich hoffe, dein Ego ist gestärkt.“

„Allerdings. Und zwar mit Recht.“

„Was meinst du?“

„Teuer? Überteuert?“

Natürlich war das das Detail, an das er sich erinnerte. „Erstens hat dieser Mann keine Ahnung, wie viel es kostet, ein solches Resort zu bauen. Zweitens, wenn wir uns für deinen ursprünglichen Entwurf entschieden hätten, müssten wir doppelt so hohe Preise verlangen.“ Wann würde dieser Kerl das endlich begreifen?

„Ich werde mich jetzt unter die Leute mischen“, erklärte sie, drehte sich um und ging. Ihre Hände zitterten.

Daniel Fairweather war vielleicht noch schrecklicher als ihr Ex-Mann.

Und sogar noch schrecklicher als ihr charakterloser Vater.

Ja, obwohl er ernsthafte Konkurrenz hatte, war Daniel Fairweather der schlimmste Mann, den sie je getroffen hatte.

„George ist hier“, teilte Megs Sekretärin Gabby ihr mit, als sie am nächsten Morgen im Büro ankam. „Er wartet in Ihrem Büro.“

George Moreau war einer von Megs Lieblingsmenschen auf der Welt. Inspirierend, zielstrebig und der beste Chef, den sie sich wünschen konnte. Er hatte Meg angeworben, als sie frisch geschieden und alleinerziehende Mutter eines zehnjährigen Kindes gewesen war. Sie hatte gezögert, ihren sicheren Job bei einer großen Baufirma für ein Start-up aufzugeben. Aber als sie George kennenlernte, hatte er schnell ihr Vertrauen gewonnen.

Er hatte ihr mehr Gehalt geboten als sie bei der Baufirma bekam und dazu die Flexibilität, die sie für die Betreuung ihrer Tochter Olive brauchte.

George machte es sich wie immer bequem. Andere Chefs riefen einen in ihr eigenes Büro, wenn sie etwas besprechen wollten, während George seine Angestellten aufsuchte, wo es für sie am günstigsten war.

Meg begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln. „Wie geht es dir heute Morgen? Die Party gestern Abend war ein Erfolg, nicht wahr?“

„Ja, das stimmt. Hast du einen Moment Zeit?“

„Natürlich.“ Meg nahm Platz.

„Ich habe bereits einige Rezensionen gesehen, und die Buchungen haben unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen. Jetzt suchen wir nach unserem nächsten Projekt.“

„So bald?“

„Natürlich.“

Meg setzte ihr bestes Lächeln auf, aber es täuschte George nicht.

„Du hattest gehofft, dass du eine kleine Pause machen kannst?“

„Na ja, schon. Ich hatte gehofft, vielleicht eine Woche zu haben, bevor ich mich in das nächste Projekt stürze.“

„Ich denke, das, was ich im Sinn habe, wird beides vereinen.“

„Ach?“

„Wie du weißt, ist der Vorstand sehr daran interessiert, in den Südpazifik zu expandieren. Und in Französisch-Polynesien hat sich eine Gelegenheit ergeben.“

„Tahiti?“

„Nicht direkt. Eine kleine Insel in der Nähe, die Isle St. Jean. Klein, vulkanisch. Wunderschön. Großartiges Tauchrevier. Es gibt dort nur ein paar andere kleine Resorts und eine Stadt.“

Meg nickte. „Klingt vielversprechend.“

„Wir haben einen Standort im Auge. Der Eigentümer scheint sehr daran interessiert zu sein, mit uns zusammenzuarbeiten, aber wir wissen natürlich erst, ob es infrage kommt, wenn du es dir angesehen hast.“

„Ich?“

„Ja. Und so bekommst du auch deine verdiente Pause.“

Meg stellte einige schnelle Berechnungen an. Eine Reise nach Französisch-Polynesien, ein oder zwei Treffen mit dem Eigentümer, eine Besichtigung der Immobilie. Die meiste Arbeit konnte sie online erledigen, also wäre es vielleicht wirklich eine Chance für eine Pause.

„Du kommst auch mit?“

George runzelte die Stirn. „Diesmal kann ich nicht.“

Sie sah ihn überrascht an.

Es war Georges Hauptaufgabe, potenzielle Standorte zu besichtigen und die Verhandlungen zu führen.

„Aber ich kann nicht … nicht allein. Ich habe im Lauf der Jahre viel aufgeschnappt, aber …“

„Ich glaube, du wärst dazu durchaus in der Lage, aber du wirst nicht allein reisen. Dan wird mit dir fahren.“

Meg hoffte, dass sie sich verhört hatte. „Wie bitte?“

„Daniel fährt mit.“

„Ist das denn nötig? Ich meine, ich könnte wahrscheinlich allein zurechtkommen.“

George lachte. „Entspann dich, Meg. Ich weiß, dass ihr nicht immer einer Meinung seid. Ich bin ja nicht blind. Aber ihr seid meine ranghöchsten Angestellten, und ich weiß, dass ihr beide … professionell sein werdet.“

Irgendetwas an seinem Tonfall ließ sie schlucken. Wusste er Bescheid? Nein! Da gab es nichts zu wissen. Sie waren immer professionell gewesen.

Meistens.

Bis auf die Nacht, in der sie die Grenze überschritten hatten. Aber je weniger sie an diese Nacht dachte, desto besser.

„Wäre es nicht sinnvoller, wenn du selbst fährst und nur einer von uns mitkommt?“ So hatten sie es in der Vergangenheit immer gemacht.

„Ich wünschte, ich könnte. Wirklich. Aber …“ George rieb sich das Kinn und sah sich im Büro um. „Ärztliche Anweisung, fürchte ich.“

Meg rutschte das Herz in die Hose. „Oh, das tut mir leid.“

George hatte sich im Jahr zuvor einer Bypass-Operation unterzogen. Meg war davon ausgegangen, dass es ihm wieder gut ging, aber anscheinend hatte sie sich geirrt.

„Ich bin sicher, meine Frau würde sich freuen, mich ein paar Tage los zu sein, aber nein. Dieses Mal muss ich aussetzen.“ Er sah Meg in die Augen. „Ich habe dem Vorstand noch nichts gesagt, aber ich werde mich als Firmenleiter zurückziehen. Wahrscheinlich innerhalb der nächsten Monate.“

„Zurückziehen? Was soll das heißen?“ George war Evermore.

Etliche Fragen blieben ihr im Hals stecken: Wann? Wie? Aber vor allem: Wer würde ihn ersetzen?

Ich, sagte die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf.

Sie war die Finanzchefin, sie hatte die meiste Managementerfahrung, sie hatte den Börsengang geleitet, und der Vorstand vertraute ihr.

Plötzlich wusste Meg, was sie zu tun hatte: nach Französisch-Polynesien reisen, das Geschäft abschließen und das erfolgreichste Resort aufbauen, das sie je geschaffen hatten.

Dies war ihre Chance, sich wirklich zu beweisen.

Chefin von Evermore? Der Job war für sie bestimmt.

2. KAPITEL

„Nein, auf gar keinen Fall.“

„Du weißt, dass sie mitfahren muss.“

Dan verschränkte die Arme und sah George an. Er wusste, dass er streitlustig aussah, aber das war nun mal seine Standardstimmung, sobald Megan Granger erwähnt wurde.

„Wir wollen dieses Geschäft an Land ziehen. Und du weißt so gut wie ich, dass sie jeden Schwachpunkt an dem Standort finden wird.“

„Und sie wird mir die ganze Zeit sagen, was meine Schwachpunkte sind.“

„Das ist ihr Job. Unsere Ideen praktikabel und finanziell möglich zu machen.“

Dan brummte. Er würde nachgeben, aber nur, weil es das letzte Mal war, dass er mit ihr arbeiten musste.

Wenn er erst einmal Chef von Evermore war, musste Megan Granger das tun, was er sagte.

Oder gehen.

Dan lächelte. Das war ein schöner Gedanke – Megan Granger aus seinem Leben verschwunden. Er würde leicht eine andere Finanzchefin finden, die nicht so schwierig war. Eine, die ihn nicht verabscheute. Eine, bei der sein Blutdruck nicht sofort in die Höhe schoss, wenn sie etwas sagte.

Nicht, dass irgendjemand sonst gewusst hätte, dass George vorhatte zurückzutreten. Dan war der Einzige, dem er es bisher erzählt hatte, und Dan hatte nicht vor, die Nachricht zu verbreiten.

Geschäftsführer von Evermore. Es war Georges Firma. Er hatte die Vision gehabt und sie zu dem Unternehmen aufgebaut, das Evermore heute war. Und natürlich würde Dan als der kreative Kopf im Unternehmen derjenige sein, der es übernahm.

Der Gedanke daran erfüllte ihn mit Vorfreude. Er würde ein großartiges Unternehmen übernehmen und es noch großartiger machen. All die Dinge tun, die er schon seit Jahren tun wollte. All die Dinge bauen, die die Welt zu einem besseren Ort machten. Ohne Sorgen, dass er ein paar Dollar zu viel ausgeben könnte.

„Gut“, sagte er.

George stand auf, und auch Dan erhob sich, um George hinauszubegleiten. Als er zur Tür ging, warf er einen Blick aus dem Fenster auf den glitzernden Hafen. Doch diesmal war es nicht das Wasser, das seinen Blick fesselte, sondern die Fotos seiner beiden Söhne auf der Fensterbank. Rufus und Jake. Ein Foto von ihnen am Weihnachtsmorgen, als sie beide noch Kleinkinder waren, ein anderes in Paris als Teenager. Zwei Fotos mit seiner Ex-Frau und ihm an zwei Abschlussfeiern und eins von Rufus in London, wo er eine Schauspielkarriere anstrebte, und Jake in der Antarktis bei seinen wissenschaftlichen Studien.

Trotz Dans Bemühungen riefen die Jungs meistens ihre Mutter an, wenn sie etwas brauchten. Immer öfter waren sie zu beschäftigt, um Zeit für ihn zu haben. Er hatte sein Bestes getan, um ein guter Vater zu sein, und doch das Gefühl, dass er sie bei jeder Gelegenheit im Stich gelassen hatte.

Mit ihrer Mutter, seiner Ex-Frau Astrid, verstand er sich gut, auch wenn ihr Kontakt etwas gezwungen war. Astrid war seine Jugendliebe gewesen, und Dan hatte geglaubt, sie würden ihr Leben gemeinsam verbringen. Aber Astrid hatte andere Vorstellungen vom Leben gehabt als er. Sie verstand nicht, warum Dan so viel arbeitete, dabei hatte er nur versucht, für seine Frau und seine Söhne zu sorgen. Dass Astrid das nicht sah, frustrierte ihn.

Die Fotos erinnerten ihn an all die Dinge, die er aufgegeben hatte. All die Dinge, die er geopfert hatte, wissentlich und unabsichtlich. Er tröstete sich mit der Tatsache, dass er seine Kinder nach der Trennung zwar nur jedes zweite Wochenende und in den Schulferien gesehen hatte, aber immerhin in der Lage gewesen war, sie finanziell zu unterstützen.

Seine Karriere war sein Leben. Das hatte er so nicht geplant, aber es war, wie es war. Er hatte einen guten Job. Einen großartigen Job. Er konnte seine Vorstellungskraft und seine Fähigkeiten einsetzen, und er konnte etwas bewirken. Dan glaubte an diesen Job, vielleicht mehr als an alles andere in seinem Leben.

Musste er wirklich Meg mit nach Französisch-Polynesien nehmen?

„Was ist mit Gabby? Sie ist ziemlich gut.“

„Gabby ist großartig, aber sie lernt noch. Nein, es muss Meg sein.“

„Sie hat die letzten fünfzehn Jahre damit verbracht, mir zu erklären, was mit all meinen großartigen Ideen nicht stimmt.“ Es war kein Staatsgeheimnis, dass er und Meg nicht miteinander auskamen.

„Sie hat uns öfter vor uns selbst gerettet, als wir beide zählen können. Ohne sie wären wir schon vor Jahren pleitegegangen.“

„Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?“

Doch George nickte.

„Ich würde dieses Geschäft lieber allein abschließen.“

„Das wird eine große Sache, und ich brauche euch beide dabei.“

„Gibt es denn sonst niemanden? Du beschäftigst mehr als hundert Leute, um Himmels willen.“

„Du brauchst sie. Du brauchst ihren finanziellen Rat, aber auch ihren Pragmatismus. Ich weiß, dass dir oft nicht gefällt, was sie zu sagen hat, aber du weißt, dass sie immer recht hat.“

Meg hatte nicht immer recht. Sie hatte manchmal recht.

„Sie will bestimmt nicht mitkommen.“

„Warum sagst du das?“

Weil Meg ihn hasste. Verabscheute. Sie liebte es, ihm zu beweisen, dass er unrecht hatte. Das war ihre einzige wahre Leidenschaft.

Fünfzehn Jahre waren seit jener Nacht vergangen. Warum konnte sie nicht darüber hinwegkommen?

George berührte sanft sein Handgelenk. „Es gibt da noch eine Sache.“ Der ernste Blick in Georges Augen beunruhigte Dan. „Ich habe Marie gebeten, eine gemeinsame Villa für euch zu buchen. Ihr könnt dort nicht in getrennten Villen wohnen.“

„Warum nicht?“

„Das würde seltsam aussehen.“

„Wir würden aussehen wie zwei Leute, die nicht unter einem Dach wohnen wollen.“

„Man wird euch fragen, was ihr auf der Insel macht. Sie dürfen nicht wissen, warum ihr dort seid. Dann könnte die ganze Sache auffliegen. Es gibt mehrere Schlafzimmer. Ich verlange ja nicht, dass ihr ein Bett teilt.“

Dans Mund wurde trocken. Eine unerwünschte Erinnerung, die er jeden Tag zu verdrängen versuchte, machte ihm zu schaffen. Ein Bett. Zerwühlte Laken und seidige Haut. Der Geschmack von Rotwein. Einer der dümmsten Fehler seines Lebens. Bevor er endlich begriffen hatte, dass Beziehungen unmöglich und Happy Ends nur ein Hirngespinst von Leuten waren, die anderen etwas verkaufen wollten.

„Ich dachte, das solltest du wissen.“

Dans Büro kam ihm plötzlich viel zu warm vor. Vielleicht war es die Nachmittagssonne. Etwas anderes konnte es nicht sein.

„Ich verstehe, was du meinst, wirklich. Aber ist Meg wirklich einverstanden?“

„Sie kommt mit. Ich habe heute Morgen mit ihr gesprochen.“

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