Reich & Schön - Best of Julia 2017

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SINNLICHES RENDEZVOUS MIT FOLGEN

"Für mich bist du einfach nur ein Mann." Prinz Eduardo lächelte. "Ein Mann, den du begehrt hast. Den du gehabt hast. Und den du nun nicht mehr los wirst", sagte er. "Und du machst, was ich dir sage: Du heiratest mich!" Ein einziges Mal vergisst Stella ihre Pflicht. Statt ihr Land zu verteidigen, flieht sie an den Strand von San Felipe - in die Arme von Prinz Eduardo. Überwältigt von nie gekannter sinnlicher Sehnsucht tut sie, was sie noch niemals vorher gewagt hat: Selbstvergessen gibt sie sich dem berüchtigten Playboy hin … Als sie drei Monate später entsetzt feststellt, dass sie ein Kind unter dem Herzen trägt, zahlt sie einen hohen Preis für ihren Fehltritt. Erst verliert sie ihren Job, dann lässt Eduardo sie entführen und verlangt Unmögliches von ihr …

DER SCHEICH UND DIE TÄNZERIN

"Du bist achtundzwanzig und arbeitest in einem Stripclub. Wieso, zum Teufel, bist du da noch Jungfrau?""Es ist kein Stripclub. Und Sex hat mich einfach nicht interessiert."Scheich Arkim sinnt auf Rache, seit die schöne Revuetänzerin Sylvie versucht hat, ihn zu verführen und seinen Ruf zu ruinieren. Sein Plan: Weil er Sylvie trotz allem begehrt wie keine Frau zuvor, muss sie seine Geliebte sein - so lange, bis er endgültig von ihr kuriert ist! Doch als er sie in seinen luxuriösen Wüstenpalast entführt, macht er eine Entdeckung, die ihn zweifeln lässt. Ist Sylvie gar nicht die verführerische Sirene, für die er sie hielt, sondern völlig unschuldig? Oder lockt sie ihn etwa gerade zum zweiten Mal in eine Falle?

SKANDAL UM DEN ITALIENISCHEN MILLIONÄR

"Du bist Vater!" Der Millionär Leandro Conti traut seinen Ohren nicht. Obwohl er die schöne Alexis sieben Jahre nicht gesehen hat, erkennt er sie sofort: Die eine Nacht mit ihr ist unvergesslich. Und nun ihre schockierende Enthüllung, ausgerechnet am Abend seiner Verlobung, die er aus Geschäftsgründen eingehen wollte. Ein Skandal - aber es kommt noch schlimmer: Alexis verweigert ihm jeden Kontakt mit seiner Tochter. Doch da hat sie die Rechnung ohne seinen stählernen Willen gemacht. Er will seine Erbin kennenlernen - das Kind der Liebe …


  • Erscheinungstag 04.01.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733735319
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Natalie Anderson, Abby Green, Tara Pammi

Reich & Schön - Best of Julia 2017

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2016 by Natalie Anderson
Originaltitel: „The Secret That Shocked De Santis“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2269 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Monika Schott

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733708078

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Stella Zambrano fühlte sich wie eine Erstklässlerin, die zum Schulleiter bestellt worden war. Sie wusste, dass sie Ärger bekommen würde, hatte aber keine Ahnung, warum.

Der Militärtrakt des Palastes von San Felipe war ehrfurchteinflößend mit den hohen, gewölbten Decken, dem Mosaikboden und der Ahnengalerie der De Santis.

San Felipe, das berühmte Inselfürstentum im Herzen des Mittelmeeres, wurde zurzeit von Antonio De Santis regiert. Der dienstbeflissene und trotz seiner Strenge beliebte Antonio wurde von seinem charmanten jüngeren Bruder Eduardo unterstützt, den alle anhimmelten. Als Aushängeschild von San Felipe sorgte der wagemutige, weltgewandte Eduardo so gut wie allein dafür, dass der Tourismus auf der Insel florierte. Alle Welt nannte die beiden „die Prinzen“, obwohl Antonio nach dem frühen Tod der Eltern Staatsoberhaupt war. Für die Bevölkerung war er nach wie vor der Kronprinz.

Das neueste Portrait in dem großen Raum zeigte Antonio und Eduardo Seite an Seite in vollem militärischem Ornat. Es hing an der Wand direkt vor Stella. Sie hoffte inständig, dass die Brüder heute nicht im Palast waren.

„Leutnant Zambrano? Der General will Sie jetzt sehen.“

Endlich.

Stella sah dem Hauptmann ins Gesicht, doch das war völlig ausdruckslos. Sie hatte gerade ihren Morgenlauf beendet gehabt, als ein Feldwebel mit versteinerter Miene aufgetaucht war und sie dringend in den Palast beordert hatte. Ihr war keine Zeit geblieben, sich umzuziehen. Der Feldwebel hatte sie direkt vom Stützpunkt zum Palast gefahren, in dem sich das Quartier des Generals von San Felipe befand.

Sie fühlte sich überhaupt nicht wohl in ihrer Haut, wünschte, sie hätte ihre dunkelblauen Hosen, eine weiße Bluse und ihre goldbetresste Jacke an. Ihren Dienstanzug. Stattdessen trug sie einen fleckigen Tarnanzug und dreckige Stiefel. Doch vielleicht würde der General über ihre unordentliche Erscheinung hinwegsehen. Vielleicht war sie hierher bestellt worden, um in den Auslandseinsatz geschickt zu werden, auf den sie schon so lange wartete.

Leider fürchtete sie, dass es etwas anderes war. Die Ablehnung ihres letzten Gesuchs lag nicht lang genug zurück. Und die bemüht ausdruckslosen Gesichter des anwesenden Personals, die Art, wie sie ihrem Blick auswichen … Es musste etwas anderes sein.

„Leutnant?“, wiederholte der Hauptmann mit schneidender Stimme.

Blinzelnd besann sie sich. Noch nie war es vorgekommen, dass ein höhergestellter Offizier einen Befehl an sie hatte wiederholen müssen. Steif folgte sie ihm zu der großen, mit Schnitzereien verzierten Tür, betrat den Raum und nahm in respektvollem Abstand zum Schreibtisch des Generals eine stramme Haltung ein. Die Tür fiel geräuschvoll hinter ihr zu.

Der uniformierte Mann hinter dem Schreibtisch sah nicht zu ihr auf. Er sagte ihr nicht, dass sie sich rühren sollte. Nicht, dass sie sich setzen sollte. Er sagte überhaupt nichts. Stattdessen starrte er auf eine Personalakte, die aufgeschlagen vor ihm lag. Stella wusste, dass es ihre war, doch sie hielt den Blick fest auf die Wand hinter dem General geheftet. Nur am Rand registrierte sie das angegraute Haar des Generals – und dass er eine Brille trug, um in der Akte zu lesen. Er diente seit fast 50 Jahren in dieser Armee. Andere Männer in seinem Alter wären bereits in den Ruhestand gegangen. Er würde das nie tun. Er würde bis an sein Lebensende dabeibleiben. Denn das Militär war sein Leben.

Sie respektierte das. Verstand es. Weil es ihr genauso ging.

„Leutnant“, sagte er schließlich.

„Zu Befehl, Sir.“ Sie salutierte.

Er sah noch immer nicht auf. „Am Nachmittag des 27. Juli waren Sie in der Kaserne von San Felipe im Dienst, ist das richtig?“

Ihr Mut sank. Das Datum hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt.

„Ich denke ja, Sir.“ Sie befeuchtete ihre entsetzlich trockenen Lippen mit der Zunge.

Ihre Ahnung hatte sie nicht getäuscht. Hier ging es nicht um den Einsatzbefehl, auf den sie hoffte.

„Und sind Sie vorschriftsmäßig den gesamten Nachmittag und Abend in der Kaserne gewesen?“

Sie schluckte. Es war nur eine Stunde gewesen. Eine Stunde, in der sie …

Nein. Nicht dran denken.

Stella verdrängte die Erinnerung, wie sie es während der vergangenen Wochen immer wieder recht erfolgreich getan hatte, und dachte an all die Jahre, in denen sie sich streng an die Regeln gehalten hatte.

Jemand musste sie verraten haben.

„Leutnant?“, fuhr der General fort. „Haben Sie die Kaserne an dem Tag ohne Erlaubnis verlassen?“

Die letzten Monate hatte sie in ständiger Anspannung verbracht und sich gefragt, ob ihre Irrsinnsaktion irgendwelche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Doch da nichts passiert war, hatte sie schließlich geglaubt, dass sie noch einmal glimpflich davongekommen sei.

Womit sie sich wohl getäuscht hatte.

„Der 26. Juli“, wiederholte der General. „Erinnern Sie sich an den Nachmittag, Leutnant?“

Leider gab es keine Antwort auf diese Frage, die sie laut hätte äußern können. „Ich war nicht weit weg. Ich habe das Kasernengelände nur sehr kurz verlassen.“

„Sie waren in Bereitschaft. Und hatten keine Genehmigung, den Stützpunkt zu verlassen.“

Sie war die Klippen hinunter in die Bucht geklettert, die nur wenige Meter vom Stützpunkt entfernt war. Sie hätte es gehört, wenn die Sirenen zum Einsatz gerufen hätten.

„Letzte Woche waren Sie bei der Routineuntersuchung.“ Der General warf einen Blick in ihre Akte.

„Ja, Sir.“ Der plötzliche Themenwechsel verunsicherte Stella.

„Bei der Blutuntersuchung gab es einen Befund.“

Einen Befund? Sie war doch gesund und fit! Zwar war sie bei ihrem morgendlichen Lauf in letzter Zeit tatsächlich etwas müder gewesen, aber sonst …

„Seit wann wissen Sie, dass Sie schwanger sind?“

„Was?“ Vor Schreck vergaß sie die formelle Ansprache.

„Sie haben Ihren Zustand nicht an Ihren Vorgesetzten gemeldet. Ein weiteres Dienstvergehen.“

Schwanger?

„Ich bin nicht …“ Sie atmete tief ein. „Ich kann nicht …“ Das konnte nicht sein. Es war nur das eine Mal passiert. Und sie hatte sich geschützt. Nie im Leben hatte sie schwanger werden wollen!

Der General hielt ein Blatt Papier hoch. „Der Test wurde mit der zweiten Blutprobe wiederholt. Es besteht kein Zweifel. Machen Sie Ihren Abgang nicht noch unwürdiger, als er ohnehin schon ist.“

„Meinen Abgang?“ Das konnte, das durfte nicht wahr sein.

„Sie sind aller Aufgaben enthoben“, verkündete der General emotionslos. „Sie haben sich ohne Erlaubnis vom Stützpunkt entfernt. Sie haben Ihren Zustand geheim gehalten. Sie scheiden mit sofortiger Wirkung aus der Armee von San Felipe aus. Nach Ihrer Rückkehr zur Kaserne haben Sie Ihre Uniform abzugeben. Alles, was sich ansonsten an Eigentum des Fürstentums auf Ihrem Zimmer befunden hat, ist bereits abgeholt worden. Ihre eigenen Sachen sind gepackt. Wenn Sie das Kasernengelände nicht binnen zehn Minuten verlassen haben, wird man das als Hausfriedensbruch auffassen und Sie vom Stützpunkt entfernen.“

Ihr wurde schwindelig. Sie wurde aus der Armee geworfen! Aus der Armee, die ihre Heimat war. Der einzige Ort, wo sie hinkonnte. Und sie war schwanger.

Sie konnte nicht schwanger sein. Nicht von … Wussten sie, mit wem sie zusammen gewesen war? Wer sie dazu gebracht hatte, sich zu verhalten, wie es sonst gar nicht ihre Art war? Wer solche intensiven Gefühle in ihr ausgelöst hatte?

Panik drohte sie zu überwältigen, doch ihr Selbsterhaltungstrieb rettete sie. Sie rang um Fassung. Hier ging es um ihre Zukunft.

„Müsste ich nicht vor ein Militärgericht gestellt werden?“, fragte sie und hoffte, dass der General nicht merkte, wie ihre Stimme schwankte. „Müsste nicht ein Soldat vor Ort sein und diese Unterhaltung aufzeichnen?“ Stella wollte keine Vorzugsbehandlung. Nicht für das, was sie getan hatte und mit wem.

Und auch nicht dafür, wer sie war.

Der General brummelte etwas Unverständliches. Das war sein erster Ausreißer während dieses Gesprächs – ein winziger Hinweis darauf, dass er tatsächlich menschlich sein könnte. Er senkte seinen Blick wieder auf die Akte. „Wir hielten es für das Beste, Ihnen die Blamage zu ersparen.“

Seine barsche Antwort machte Stellas letztes bisschen Hoffnung zunichte.

Wer hatte diese Entscheidung getroffen? Wer war „wir“? Und ging es wirklich darum, ihr die Blamage zu ersparen? Oder jemand anderem? Jemandem, der viel wichtiger war als sie?

Wollten sie, dass sie unauffällig verschwand, damit sie die Sache unter den Teppich kehren konnten? Damit dieser Zwischenfall aus der Welt war? Blinde Wut packte sie. Am liebsten hätte sie die Ungerechtigkeit laut herausgeschrien. Aber das konnte sie nicht. Es war ihre eigene Schuld, dass ihr Leben ruiniert war. Es war ihre eigene falsche Entscheidung gewesen. Aber diese absurde Behauptung, dass sie schwanger sei … Das konnte einfach nicht wahr sein.

„Ich bin nicht schwanger“, wiederholte sie nachdrücklich. Sie wollte es nicht glauben.

„Wegtreten!“

Der schonungslose Befehl ließ sie erstarren. Der General hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass ihre Karriere beendet war und ihn ihre Reaktion und ihre Einwände nicht interessierten. Sie waren ihm egal. Er wollte nur, dass Stella schnell und ohne großes Aufhebens verschwand.

Sie starrte den alternden Mann an, der so viel Macht besaß. Offenbar wusste er nicht, mit wem sie zusammen gewesen war. Er wäre viel wütender, hätte er es gewusst.

Sie musste hier weg, bevor er es herausfand. Bevor es irgendjemand herausfand.

Aber wohin? Sie hatte keine eigene Wohnung. Während ihres Fronturlaubs reiste sie. Wenn sie nur wenige Tage freihatte, blieb sie oft auf dem Stützpunkt und übernahm freiwillig zusätzliche Schichten. Also, wohin? Zu ihm konnte sie nicht. Und ihr Elternhaus …

Wieder sah sie den Mann an, der sie geflissentlich ignorierte. „Sir …“

„Wegtreten!“

Die Wiederholung des emotionslosen Befehls raubte ihr das letzte bisschen Zuversicht. Nun konnte sie nur noch flehen … „Vater …“

General Carlos Zambrano, Oberbefehlshaber der Streitkräfte von San Felipe und Stellas Vater antwortete nicht. Stattdessen schloss er die Akte, die das Einzige war, was von ihrer Militärkarriere, in die sie so viel Arbeit gesteckt hatte, übrig blieb.

Sie hatte getan, was nie zu tun sie sich geschworen hatte – und woran sie sich bis jetzt auch strikt gehalten hatte. Sie hatte die Grenze zwischen Beruflichem und Privatem überschritten. Die Grenze, die ihr Vater und sie sich auferlegt hatten.

Schweigend wandte sie sich um und ging zur Tür. Diese Niederlage war unerträglich schmerzhaft. Mit jedem Schritt hoffte Stella, dass ihr Vater etwas sagen würde. Sie aufhalten, ihr Hilfe anbieten würde.

Doch das hatte er noch nie getan, und es kam nichts außer diesem enttäuschten Schweigen.

In der Tür wandte sie sich noch einmal zu ihm um. Er blickte ungerührt geradeaus.

Wieder hatte sie ihn enttäuscht. Und es gab nichts, womit sie diese Katastrophe wiedergutmachen konnte. Stella hielt inne und umklammerte den Türgriff. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun und wo sie hingehen sollte.

Jetzt erst bemerkte sie die verstohlenen Blicke des anwesenden Personals. Es war ungewöhnlich, dass jemand ihres Ranges ins Büro des Generals bestellt wurde. Wahrscheinlich dachten sie, dass Stella in den Genuss einer Vorzugsbehandlung kam, weil sie die Tochter des Generals war. Womöglich wussten sie schon Bescheid. Der Gedanke erschreckte sie. Ob sie alle wussten, was sie getan hatte und mit wem?

Und es war eine Vorzugsbehandlung. Eigentlich hätte sie unehrenhaft entlassen werden müssen oder – im günstigsten Fall – verwarnt und degradiert. Aber ihr Vater hatte seine Position genutzt, um sicherzustellen, dass niemand etwas von ihrem unrühmlichen Abgang aus der Armee mitbekam.

Sodass keiner blamiert wurde.

Es änderte nichts daran, dass Stella jetzt vor dem Nichts stand. Sie hatte keine Arbeit und kein Zuhause mehr. Der gute Ruf, den sie sich so hart erarbeitet hatte, war dahin. Und das alles nur wegen dieser einen Stunde, von der niemand hatte erfahren sollen …

„Ich soll Sie in die Kaserne zurückbringen.“ Der Feldwebel, der sie herbegleitet hatte, stand vor ihr.

„Danke“, antwortete sie leise.

Kaum saß sie auf dem Rücksitz des Wagens, kurbelte sie die Scheibe herunter, weil sie hoffte, von der frischen Luft einen klaren Kopf zu bekommen. Sie ließ den Blick über die Palastanlage mit den marmornen Säulen und den herrlichen Gärten vor der malerischen Küste mit dem türkisblauen Wasser schweifen. Die Schönheit der Insel versetzte sie in eine wehmütige Stimmung. Stella wünschte, der Feldwebel würde schneller fahren. Was sie jetzt brauchte, war ein Ort, um nachzudenken. Und das war nicht San Felipe.

Ihr gingen alle möglichen Zweifel und Fragen durch den Kopf. Der schicksalhafte Nachmittag lag drei Monate zurück. Wie konnte sie im dritten Monat schwanger sein und nichts davon gemerkt haben? Die bloße Vorstellung, in anderen Umständen zu sein, löste blankes Entsetzen in ihr aus. Ein Kind hatte nicht zu ihren Zukunftsplänen gehört.

Sobald der Hauptmann die Kontrollstation des Stützpunkts erreicht hatte, stieg Stella aus dem Wagen. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer begegnete sie keinem Menschen. In der kurzen Zeit, die sie weg gewesen war, hatte man das Zimmer komplett leer geräumt. Nur ihr großer Seesack stand am Fuß des abgezogenen Betts. Als Stella ihn öffnete, zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Jemand hatte ihre Sachen sorgfältig zusammengepackt. Das empfand sie als übertrieben und distanzlos. Und warum war keiner der anderen Soldaten zu sehen?

Stella gab sich einen Ruck und konzentrierte sich auf das, was jetzt zu tun war. Sie rief ein Taxi zum Eingang des Kasernengeländes, legte ihre Felduniform ab und zog das an, was ihr als Erstes in die Hände fiel – ein altes graues T-Shirt, eine schwarze Yogahose und flache, leichte Turnschuhe. Und ein Sweatshirt, denn trotz des warmen Herbstwetters war ihr kalt. Die Felduniform legte sie fein säuberlich zusammengefaltet aufs Bett. Dann schwang sie den Seesack über die Schulter und ging zur Sicherheitskontrolle.

Acht Minuten hatte sie sich auf dem Gelände aufgehalten. Nicht, dass das ihren Vater beeindrucken würde. Sie schaffte es nie, ihn zu beeindrucken, sosehr sie sich auch darum bemühte.

„Zum Flughafen bitte“, sagte sie zum Taxifahrer und ließ sich in den Rücksitz sinken.

Knapp 20 Minuten später befand sie sich im Terminal und ging schnurstracks zum nächstgelegenen Flugschalter, um ein Ticket für den nächstmöglichen Flug zu kaufen.

Die Dame hinter dem Schalter lächelte und begann dienstbeflissen zu tippen, doch ein paar Sekunden später starrte sie irritiert auf den Bildschirm und verfestigte den Griff um den Pass, den Stella ihr gereicht hatte. „Es tut mir leid …“, sagte sie und verstummte.

Stella sah sich vorsichtig um. In einer Ecke standen zwei uniformierte Soldaten, ein weiterer kam gerade auf sie zu. Der Hauptmann, der sie ins Büro ihres Vaters gebracht hatte.

„Folgen Sie mir bitte, Ms. Zambrano.“ Er nahm der Dame am Schalter Stellas Pass ab.

Stella rührte sich nicht.

„Ms. Zambrano?“, wiederholte er.

Kein „Leutnant“. Nicht mehr. Man hatte ihr den Titel, auf den sie sechs Jahre hingearbeitet hatte, bereits entzogen.

Weil die Armee von San Felipe sie anfangs nicht genommen hatte, war sie nach Neuseeland gegangen, in das Geburtsland ihrer Mutter. Da Stella die doppelte Staatsbürgerschaft besaß, war es möglich gewesen, dort zum Militär zu gehen.

Sie hatte alles gegeben, bis sie mit einer Erfolgsgeschichte nach San Felipe zurückkehren konnte, die selbst ihr Vater anerkennen musste. Sie war einfach zu gut.

Stella musterte ihren Vorgesetzten. Oder besser Exvorgesetzten, da sie nun Zivilistin war. Er hatte ihr nichts mehr zu sagen. Sie könnte ihn niederschlagen und weglaufen. Sie war sehr gut trainiert und schon mit größeren, kräftigeren Männern fertiggeworden.

„Sie wollen doch nicht im Ernst einen Aufstand machen“, sagte er jetzt. Offenbar sah er ihr an, wie sie innerlich rebellierte.

Wollte sie nicht?

„Ich werde Ihre Tasche tragen.“ Er hatte den Seesack schon in der Hand.

Zu gern hätte Stella ihm die Tasche entrissen, mit dem Fuß aufgestampft und geschrien. Aber das würde ihr auch nicht weiterhelfen. Und der Hauptmann hatte natürlich recht – sie wollte keinen Aufstand machen. Sie wollte sich zurückziehen und in Ruhe überlegen, wie es nun weitergehen sollte.

Als Stella dem Offizier schweigend folgte, wich das erstarrte Lächeln der Schalterangestellten einer fast komisch wirkenden erleichterten Miene.

„Sie waren im Palast“, wandte sich Stella an den Mann. „Im Büro meines Vaters. Warum sind Sie jetzt hier?“

„Ich führe Befehle aus.“

„Wessen Befehle?“

Er antwortete nicht.

„Wessen Befehle, Hauptmann?“, wiederholte sie.

„Hier entlang, Ms. Zambrano.“

Von ihrem Vater stammten die Befehle wohl nicht. Er hatte sehr deutlich gemacht, dass er fertig mit ihr war. Also mussten sie von jemand anderem kommen. Von jemandem noch höheren Ranges.

Vorhin war ihr schon kalt gewesen, aber jetzt fror sie. In der dürftigen Kleidung fühlte sie sich angreifbar, sie vermisste ihre festen Stiefel.

Der Hauptmann führte sie durch mehrere Sicherheitstüren und einen Gang, die letzte Tür öffnete sich zum Flugfeld hin.

„Wo fliegen wir hin?“, fragte Stella besorgt, als sie den wartenden Hubschrauber entdeckte.

„An einen Ort, wo Sie sicher sind.“

„Bin ich denn in San Felipe nicht sicher?“

„Sie hatten nicht vor, in San Felipe zu bleiben.“

Da hatte er allerdings recht. „Also – wo bringen Sie mich hin?“

Keine Antwort.

Der Motor des Hubschraubers lief bereits, die Rotoren knatterten. Resigniert stieg Stella ein und lehnte die Hilfe des Soldaten, der bereits an Bord wartete, dankend ab. Sie wusste, wie man sich anschnallte. Das hatte sie schon unzählige Male gemacht.

Ihre Tasche wurde hineingeworfen, anschließend stieg der Hauptmann ein und nahm neben ihr Platz, sodass sie nun von zwei Männern in Uniform flankiert wurde. Gerade so, als wäre sie drauf und dran, die Flucht zu ergreifen.

Oder als bräuchte sie Leibwächter.

Nachdem der Hubschrauber abgehoben war, blickte sie die ganze Zeit am Hauptmann vorbei aus dem Fenster in der Hoffnung, zu erfahren, wo sie hingebracht wurde. Keine 20 Minuten später wusste sie es.

Aus der Luft wirkte die Insel zunächst wenig einladend und unbewohnbar. Mit ihren schroffen Klippen konnte sie Alcatraz Konkurrenz machen. Als sie näher heranflogen, bemerkte Stella einen Felsausläufer, der eine Lagune bildete, die einen kleinen Sandstrand beherbergte. Auf dem Felsausläufer stand eine hoch aufragende Festung – vor Jahrhunderten erbaut, um Eindringlinge daran zu hindern, in die Lagune einzufahren und den Frieden der Inselbewohner zu stören.

In der Mitte der Insel entdeckte Stella nun ein großes Gebäude, das sie nur von Bildern kannte. Ohne königliche Einladung hatte hier niemand Zutritt. Denn dies war die Insel, auf der die Herrscherfamilie in aller Abgeschiedenheit Urlaub machte und sich von den Strapazen ihrer täglichen Verpflichtungen erholte. In einem schmuckvollen, altehrwürdiger Palast.

Als der Hubschrauber zu kreisen begann, erkannte Stella die steinernen Säulen, die Buntglasfenster und Statuen. Das Hauptgebäude lag eingebettet in einen riesigen Renaissance-Garten. Akkurat geschnittene Hecken bildeten geometrische Muster und umrahmten Rosenbeete und Wasserbassins. Hinter einem Bogengang fiel Stella etwas leuchtend Blaues auf – ein Pool.

Die meisten Leute hätten es wohl aufregend gefunden, eine so exklusive Insel aus der Vogelperspektive zu sehen – und wären bei dem Gedanken, womöglich sogar einen Fuß darauf zu setzen, völlig aus dem Häuschen geraten. Aber Stella war nicht wie die meisten Leute. Sie fühlte sich einfach schrecklich.

Während des Anflugs auf den kleinen Landeplatz am äußersten Rand der Gartenanlage dröhnte es in ihren Ohren. Stella hatte keine Ahnung, ob das Dröhnen von ihrem Herzschlag rührte oder vom Hubschrauber. Es wurde jedenfalls immer lauter, und ihr Atem wurde flacher. Um sie herum fing alles an zu verschwimmen.

Reiß dich zusammen.

Auf keinen Fall durfte sie jetzt schwächeln. Im Gegenteil, sie musste stark sein wie noch nie. Sie musste Soldatin sein, bereit für den Kampf.

„Wenn Sie mir bitte folgen wollen?“ Der Hauptmann kletterte mit ihrer Tasche in der Hand aus dem Hubschrauber.

Da Stella nichts anderes übrig blieb, folgte sie ihm. Sie kam sich vor, als wäre sie in irgendeinem sonderbaren Märchen gelandet, in dem sie zu einem abscheulichen Prinzen gebracht wurde, der in seinem Schloss auf sie wartete.

Allerdings war er nicht abscheulich. Und das war das Problem.

Der Hauptmann führte sie nicht durch den riesigen Torbogen zum mächtigen Hauptportal, sondern einen Pfad entlang und dann eine schmale Steintreppe hinauf, die in einem breiten Säulengang an der Seite des Gebäudes mündete. Hinter den Säulen wechselten sich hohe Fenster mit Glastüren ab.

Eine dieser Türen am Ende des Gangs stand weit offen. Im Inneren des spärlich beleuchteten Raums erspähte sie Bücherregale, die die Wände bedeckten.

Der Hauptmann führte sie zur Tür. „Da wären wir“, verkündete er knapp und verschwand – mit ihrer Tasche und ihrem Pass.

Stella zögerte, den schicksalhaften Schritt hineinzutun. Sie wusste, dass Prinz Eduardo De Santis drinnen auf sie wartete. Der piratenhafte Playboy, der gut aussehende Schirmherr von all dem Abenteuerlichen und Glamourösen, was San Felipe zu bieten hatte.

Von all dem, was sie nicht war.

Und doch hatte sie ein Rendezvous mit ihm gehabt. Trotz ihrer phänomenalen Selbstdisziplin hatte sie ihm an jenem Nachmittag nicht widerstehen können. Wie es aussah, würde sie einen hohen Preis dafür bezahlen, dass sie sich auf Prinz Eduardo eingelassen hatte. Weshalb sie jetzt sehr auf der Hut war. Und obwohl sie Zeit gehabt hatte, sich innerlich darauf vorzubereiten, war sie noch nicht bereit für die Begegnung.

„Komm rein“, hörte sie ihn sagen. „Wenn man zu lange in der Sonne bleibt, passieren manchmal komische Sachen.“

Das war zugleich Befehl, Warnung und Anspielung auf das, was geschehen war. Die Gefühle, die der Klang seine Stimme in ihr auslöste, gefielen ihr gar nicht. Erinnerungen stiegen in ihr auf. Aufregende Erinnerungen.

Stella durfte nicht daran denken. Durfte sich nicht wieder darauf einlassen. Sie hatte schon zu viel verloren.

Prinz Eduardo De Santis war eher ein verführerischer Pirat als ein rücksichtsloser Wüstling. Statt gebrochener Herzen verursachte er entrücktes Lächeln und Ach-würde-er-doch-Seufzer. Aber er würde nicht – Eduardo liebte seine Freiheit viel zu sehr, um sich einfangen zu lassen.

Für viele Frauen machte das einen Teil seiner Anziehungskraft aus.

Er tat, wozu er Lust hatte, und gefiel sich dabei. Als Freund von Action und Abenteuer war er das königliche Aushängeschild für alle Vergnügungen im Freien, die die Insel zu bieten hatte.

Hatte sie das nicht am eigenen Leib erlebt?

Sie wappnete sich und betrat den Raum. Obwohl sich ihre Augen nach dem hellen Sonnenlicht erst an die Schummrigkeit im Zimmer gewöhnen mussten, bemerkte sie sofort, dass er umwerfend wie eh und je aussah.

Groß und mit vollem schwarzen Haar, das er ein wenig zu lang trug, wodurch es seine wilde Ausstrahlung verstärkte. Sein durchtrainierter Körper steckte in einem schwarzen T-Shirt und schwarzen Jeans. Er sah aus wie eine Undercoveragent – und er war barfuß, auf diese arrogant lässige Art, die so typisch für ihn war. Gelassen stand er an die Wand gelehnt da und betrachtete Stella aus seinen unglaublich blauen Augen. Sie hatten die gleiche Farbe wie der Lapislazuli, für den San Felipe berühmt war.

Plötzlich wurde Stella ganz heiß. Sein bloßer Anblick reichte, um das Feuer der Leidenschaft in ihr zu entfachen. Und ihr heftig pochendes Herz verstärkte ihre Erregung.

Sie hatte ihn schon immer attraktiv gefunden. Als Frau, die Augen im Kopf hatte, konnte man kaum anders. Aber die Bilder im Internet und in den Zeitschriften wurden ihm nicht gerecht. In natura war Eduardo noch viel beeindruckender. Außerdem kannte Stella seinen perfekten Körper ganz genau. Wusste, wie groß er war. Wie kraftvoll. Wie geschickt.

Sie zwang sich, nicht daran zu denken. Denn sie musste die Situation einigermaßen im Griff behalten. Sich selbst im Griff behalten.

Ihr Puls raste, und ihre Hände wurden feucht. Und sie konnte nichts dagegen tun, dass sie am liebsten zu seinen Füßen dahingeschmolzen wäre.

Wie konnte ein Mann, der einfach nur reglos dastand, solche Macht über sie ausüben? Wie schaffte er es, sie mit einem bloßen Blick stumm und reglos zu machen? Wieso begehrte sie ihn immer noch so sehr?

Reiß dich zusammen!

Denn wenn man dem Bluttest Glauben schenken konnte, gab es etwas wesentlich Ernsteres, um das sie sich sorgen musste. Nicht sie, sondern jemand anderes brauchte Schutz. Und Stella war darauf trainiert, das Wertvollste zu verteidigen. Die Freiheit eines Landes und seiner Bevölkerung. Auch der zukünftigen.

Also blieb sie in der Nähe der Glastür stehen und sah Eduardo an. Hielt Abstand – und bewahrte Ruhe.

Lastendes Schweigen hing im Raum.

Stellas Anspannung verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde. Während er sie mit diesem eindringlichen Blick anschaute, dem nichts entging. Während er wartete.

„Du kannst nicht einfach so eine Zivilistin entführen“, sagte sie schließlich.

„Du bist keine Zivilistin“, antwortete er in vorwurfsvollem Ton.

Er war so wütend gewesen, als er herausgefunden hatte, wer sie war.

„Jetzt bin ich es“, konterte sie.

Eduardo sagte nichts. Weder bestätigte er ihre Äußerung noch deutete er an, dass er zu ihrem Rauswurf beigetragen hatte.

„Bin ich etwa deine Gefangene?“, fragte sie.

„Du bist hier, weil das der einzige Ort ist, wo wir miteinander allein sind.“

„Wir brauchen nicht miteinander allein zu sein“, erwiderte Stella.

Sie wollte nicht in seiner Nähe sein. Nicht allein. Und ganz sicher nicht auf seiner Prinzeninsel, auf die er sicher schon unzählige Geliebte mitgenommen hatte. Himmel, sie durfte nicht in diese Richtung denken, durfte sich ihn nicht als Liebhaber vorstellen. Und schon gar nicht als ihren.

Sie wollte weg aus San Felipe und überlegen, was sie nun mit ihrem Leben anfangen sollte.

Die Stille wurde immer unerträglicher. All die unausgesprochenen Worte hingen zwischen ihnen. Die verdrängten Erinnerungen kamen zurück und drohten, Stella zu überwältigen. Sie funkelte Eduardo herausfordernd an.

Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Stella erschauderte. Jahrelang hatte sie an der Seite mächtiger Männer gearbeitet, und sie kannte diesen Blick. Dahinter verbarg sich eine Entschlossenheit, die an Unbarmherzigkeit grenzte. Vor ihr stand nicht der gut gelaunte, sexy Mann, den sie an jenem glutheißen Sommertag getroffen hatte.

„Du bist aus der Armee entlassen worden“, sagte er unvermittelt.

„Ja.“

„Weil du schwanger bist.“

Stella bekam kein Wort heraus, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Angst um ihre Zukunft. Und sie hatte sich noch nie so allein gefühlt. Es gab niemanden, der ihr helfen konnte. Ihr Herz raste.

Sie atmete tief durch und versuchte, ihre heftige körperliche Reaktion unter Kontrolle zu bringen. Versuchte, sich einzureden, dass sie nicht auf ihn, Eduardo, so heftig reagierte, sondern auf die Situation.

Jetzt löste er sich von der Wand und kam gemächlich auf sie zu. Sein Blick war beherrscht.

Das hier war nicht der charmante, strahlende Märchenprinz, den alle Welt liebte. Sondern ein wütender Fremder, kalt wie Stein. Diese Seite von ihm hatte Stella noch nicht kennengelernt.

Trotz seiner Kälte strahlte er noch immer unglaublich viel Sinnlichkeit aus. Eine Sinnlichkeit, der sie binnen Sekunden schon wieder zu erliegen drohte. Auch das machte ihr Angst.

Stella konnte den Blick nicht von ihm losreißen. Nie zuvor hatte sie einen Mann so sehr begehrt wie ihn. Alles, was sie zu verdrängen versucht hatte, strömte nun wieder auf sie ein. Vor ihrem inneren Auge sah sie Eduardo wie an jenem Nachmittag, nackt über ihr, sein Blick klar und durchdringend, sein Köper zugleich erbarmungslos und beschützend, während sie …

„Stella.“

Errötend verbannte sie das erotische Bild aus ihrem Kopf. Und sie wappnete sich – denn sein Ton hatte warnend geklungen. Sehr warnend.

Er kam auf sie zu, den Blick fest auf sie gerichtet. Es war nicht zu übersehen, wie sehr er sich zusammenriss, um sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. Aber einen Moment lang sah sie ihm seine Wut an.

Es kostete sie ihre ganze Selbstbeherrschung, nicht zurückzuweichen. Ihr Herz schlug schneller vor Aufregung. Stella ärgerte sich über ihre Schwäche. Schließlich hatten die Konsequenzen ihres Verlangens gerade erst ihr Leben zerstört. Und doch wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er sie berührte. Und sie dazu brachte, alles um sie herum zu vergessen. So, wie er es schon einmal getan hatte.

Zum Glück tat er es nicht. Dicht vor ihr blieb er stehen, breitbeinig und in leicht gespannter Haltung, als fürchtete er, sie könnte versuchen zu fliehen.

„Stella Zambrano“, sagte er und sah sie scharf an. „Willkommen auf Secreto Real. Wir werden hier morgen heiraten.“

2. KAPITEL

Heiraten? Stella lachte beinahe hysterisch auf. Von wegen. Sie war eine unehrenhaft entlassene Soldatin. Er war ein Partyprinz. Die Vorstellung, dass er sie heiratete, war absurd. „Du heiratest nicht“, antwortete sie. Er war ein Playboy. Wenn er eine Familie gründete, was er frühestens in fünf Jahren tun würde, dann mit einer Frau aus dem europäischen Hochadel.

„Doch. Ich werde dich heiraten. Morgen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Ich bin nicht schwanger.“

Er packte sie am Handgelenk. „Lüg mich nicht an. Niemals.“

Stella zuckte zusammen. Wenn seine Berührung doch nur nicht so ein angenehmes Kribbeln in ihr auslösen würde! „Ich lüge nicht.“ Es konnte nicht sein, dass sie schwanger war. Das würde sie doch merken. Es müsste doch irgendwelche Anzeichen geben. Sie überlegte, wann sie zum letzten Mal ihre Periode gehabt hatte, aber eine andere Erinnerung hinderte sie am Nachdenken. Die Erinnerung an das, was sie über ihre Mutter gehört hatte. Die Erinnerung machte ihr Angst.

„Willst du damit behaupten, der Bluttest ist falsch?“

„Ich will damit sagen, dass ich es nicht weiß.“

„Und ich sage, dass wir sofort heiraten, falls du schwanger bist. Ich will nicht, dass mein Kind außerehelich geboren wird und auf die Vorteile verzichten muss, die ihm zustehen.“

Auf keinen Fall durfte Stella zulassen, dass er die Kontrolle über ihr Leben erlangte. Sie musste einen Ausweg finden. Und zwar sofort. „Selbst wenn ich schwanger bin – wer sagt denn, dass es von dir ist?“

Totenstille.

Eduardos Griff um ihr Handgelenk verstärkte sich. Mit der freien Hand hob er ihr Kinn an. „Sag das noch einmal“, befahl er.

Obwohl sie seinem Blick standhielt, brachte sie kein Wort heraus. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und ihr Herz klopfte zum Zerspringen.

„Ich erinnere mich sehr gut“, sagte er leise und sehr, sehr verärgert. „An alles.“

Natürlich hatte er gemerkt, wie nervös und aufgeregt sie gewesen war. Und ihre körperliche Reaktion war ihm ebenso wenig entgangen wie die Tatsache, dass sie noch Jungfrau gewesen war. Sie war weder vorher noch hinterher mit einem Mann zusammen gewesen. Wenn sie schwanger war, konnte niemand außer Prinz Eduardo De Santis der Vater sein. „Aber wir haben doch verhütet …“, wandte Stella kleinlaut ein.

„Du hattest das Kondom dabei.“ Er ließ sie unvermittelt los.

„Armeeware“, konterte sie.

Allerdings hatte sie es seit mehreren Jahren im Portemonnaie mit sich herumgetragen. Hatten Kondome vielleicht ein Verfallsdatum? Stella erschrak – wie hatte sie nur so dumm sein können? „Ich habe nicht gewusst …“, flüsterte sie.

„Du wusstest nicht, dass ich da sein würde, weil ich es ja selbst nicht mal wusste. Es war eine spontane Entscheidung, an dem Tag am Strand spazieren zu gehen. Eine unglückliche Entscheidung, wie sich herausgestellt hat.“

Glaubte er womöglich, dass sie es darauf angelegt hatte, schwanger zu werden? Diese Vorstellung ließ sie frösteln.

Während er sie weiter unerbittlich ansah, wurde ihr der Ernst der Lage klar.

Sie wandte sich ab, um seinen durchdringenden Blick nicht länger ertragen zu müssen, und starrte vor sich auf den Fußboden. Sie hatte ihren Job verloren. Der Mann, dem sie nie wieder hatte begegnen wollen, bestand darauf, dass sie ihn morgen heiratete. Und wenn sie dieses Kind bekam, würde es Nahrung und Liebe und ein Dach über dem Kopf brauchen. Falls sie wirklich schwanger war, musste ihr etwas gelingen, was ihre Mutter nicht geschafft hatte. Sie musste die Geburt überleben.

Eduardo stieß einen unterdrückten Fluch aus und zog sie ein paar Schritte weiter ins Zimmer hinein. Sie hasste sich dafür, dass seine Berührung ihre Haut glühen ließ. Gleichzeitig sehnte sie sich so sehr danach, ihn zu spüren!

Als hätte sie nicht schon genug Ärger.

„Zieh dein Sweatshirt aus“, sagte er und drückte sie in einen wuchtigen Sessel.

„Was?“

„Du bist ganz rot im Gesicht und brauchst ein bisschen Abkühlung“, antwortete er herablassend und zupfte an ihren Ärmeln.

Stella befreite sich aus seinem Griff und zog das Sweatshirt rasch selbst aus, um Eduardo daran zu hindern, es zu tun und damit ihre Demütigung komplett zu machen. Denn er begehrte sie nicht mehr. Er war wütend auf sie, und das konnte sie ihm nicht verdenken.

Stella knüllte das Sweatshirt in ihrem Schoß zu einem Ball zusammen und starrte blicklos darauf, während sie fieberhaft nachdachte. Sie hörte Eduardo weggehen.

Zwei Minuten später war er wieder da. „Hier.“ Er reichte ihr ein Glas. „Es ist nur Wasser“, fügte er ungeduldig hinzu.

Stella nippte kurz daran und beschloss, die Sache ein für alle Mal zu klären. „Wir werden nicht heiraten. Das ist wieder nur eine deiner Launen.“

„Eine meiner Launen?“

Sie nickte. „Wie zum Beispiel, fremde Frauen am Strand zu verführen.“

„Du hast genauso deiner Laune nachgegeben und Ja gesagt.“

„Und jetzt sage ich Nein. Es ist mein Leben.“

„Das ist mir klar. Ich hatte mir für mein Leben auch etwas anderes gewünscht. Aber darum geht es jetzt nicht.“

Dummerweise verletzten ihn seine Worte. Aber sie waren hier schließlich nicht im Märchen.

„Es ist ein Arzt anwesend.“ Eduardo lehnte sich an den großen Lesetisch. „Er wird dich untersuchen.“

„Wie bitte?“

„Ein Arzt. Du musst untersucht werden.“

Hier? Jetzt? Das konnte nicht sein Ernst sein.

Doch sein entschlossener Gesichtsausdruck belehrte sie eines Besseren. Es war sein Ernst.

Ihre Wut darüber wuchs, derart von oben herab behandelt zu werden. Sie wollte ihren eigenen Arzt sprechen, und zwar allein und wann sie Lust dazu hatte. „Ich werde mir diese … Vereinnahmung nicht weiter gefallen lassen. Du hast kein Recht dazu.“

„Oh doch, das habe ich.“

„Es ist mein Körper.“

„Und mein Baby“, gab er zurück.

„Meins auch“, flüsterte sie. Plötzlich hatte sie Angst. Vor dem Jetzt und vor der Zukunft.

Selbst wenn sie davon ausging, dass alles gut lief – Eduardo hatte so viel Macht und sie keine. Er konnte ihr das Baby wegnehmen und sie zum Teufel jagen, wenn er wollte. Er konnte den Leuten sonst was erzählen. Er war so charmant, dass man ihm alles abnahm.

„Unseres“, korrigierte er. „Du wolltest San Felipe verlassen. Warum? Wo wolltest du hin? Was hattest du vor?“

„Nichts, ich …“ Sie hatte einfach nur weggewollt, um in Ruhe über alles nachzudenken. Was dachte er denn, was sie vorgehabt hatte? Sein argwöhnischer Blick ärgerte sie. Warum war er so erpicht darauf, das Schlechteste von ihr zu denken?

„Du hast dich nicht an deinen Vater gewandt?“

„Er ist nicht gerade begeistert“, murmelte Stella.

Eduardos Züge entspannten sich ein wenig.

„Er weiß nicht, mit wem ich zusammen war“, fügte sie leise hinzu. „Keiner weiß es.“

„Du hast also niemandem davon erzählt?“

„Ob ich damit geprahlt habe, dass mich ein Prinz am Strand flachgelegt hat? Nein, habe ich nicht.“ Sie errötete.

„Deine Diskretion spricht für dich.“

Beinahe hätte sie die Augen verdreht. Als ob sie seine Billigung nötig hätte.

Er lächelte leise, als sei er zufrieden. „Ich werde jetzt den Arzt holen.“ Eduardo ging zur Tür, öffnete sie und rief leise einen Namen.

Stella wappnete sich. Ob hier noch mehr Leute waren, die etwas wussten? Sie hatte sich nicht für die Aktion an jenem Nachmittag geschämt, aber sie hatte sie für sich behalten wollen. Doch nun würde die ganze Welt von ihrem Leichtsinn erfahren.

Eduardo wandte sich zu ihr um. Er stand nun direkt vor ihr und musterte sie.

„Prinz Eduardo?“, hörte sie einen Mann in der Tür sagen.

„Kommen Sie bitte herein, Dr. Russo. Ich möchte Sie mit Stella bekannt machen.“ Plötzlich war Eduardo wieder der Bilderbuchprinz, den man aus der Regenbogenpresse kannte.

„Heute könnte es also gute Neuigkeiten geben, ja?“ Der Arzt konnte seine Begeisterung kaum verbergen, als er auf sie zukam.

„Das hoffen wir.“ Eduardo legte Stella eine Hand auf die Schulter.

Lächelnd stellte Dr. Russo seine Tasche auf den großen Tisch und öffnete sie. „Sicher warten Sie schon sehnsüchtig auf die Bestätigung des Ergebnisses, also würde ich vorschlagen, dass wir das gleich erledigen.“ Er musterte Stella neugierig. „Sie wissen, wie das geht?“, fragte er und reichte ihr einen digitalen Schwangerschaftstest.

„Ja.“ Sie wäre am liebsten im Erdboden versunken.

„Hier entlang, Stella.“ Eduardo nahm ihre Hand, und Stella stand auf. Den Arm locker um ihre Taille gelegt, begleitete er sie in den Flur. „Zweite Tür links ist ein Bad. Einer meiner Angestellten wird dir behilflich sein, falls du den Weg zurück nicht findest.“

Das war keine höfliche Geste, sondern eine Warnung. Sie wurde überwacht und konnte nicht fliehen.

„Warum wartest du nicht einfach auf mich?“, erwiderte sie spitz.

„Gute Idee.“ Als er sie bis zur Badezimmertür begleitete, fürchtete sie schon, er würde mit hineingehen, doch zu ihrer Erleichterung blieb er draußen stehen.

Eduardo lehnte sich an die Wand und wartete. Es machte ihn wütend, dass er erst so spät erfahren hatte, dass Stella fast das Land verlassen hätte. Wo hatte sie hingewollt? Was hatte sie vorgehabt? Er konnte es sich nicht vorstellen. Nein, er wurde einfach nicht schlau aus dieser Frau.

Endlich kam sie zurück in die Bibliothek, die Hand fest um das Teströhrchen geschlossen. Sie sah ihn nicht an und sagte kein Wort.

Stella reichte ihm knapp bis zur Schulter. Das blonde Haar hatte sie zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zurückgebunden, ihre Haut glänzte, und ihre Kleidung wirkte abgetragen und formlos. Trotzdem fand er sie wunderschön. Und gefährlich.

Sie legte den Test vor Dr. Russo auf den Tisch. Eduardo sah zu, wie das Ergebnis sichtbar wurde. Es dauerte nicht einmal die zwei Minuten, die es hätte dauern sollen.

Schwanger.

Plötzlich weiß wie die Wand, sah sie zu ihm auf. Ihr Gesichtsausdruck erschütterte ihn.

Sie hatte Angst.

Zu Recht. Nie zuvor war er so wütend gewesen. Ob ihre erschrockene Reaktion nur gespielt war? Und ob das hier alles geplant war? Ihm war klar, dass das unmöglich war, aber irgendetwas an ihr machte ihn misstrauisch.

Eduardo brauchte einen Moment, bis er sich so weit beruhigt hatte, dass er wieder einigermaßen klar denken konnte. Allerdings hatte er schon den ganzen Tag lang nichts anderes getan als nachzudenken. Genau gesagt seitdem sein Assistent Matteo ihn heute Morgen angerufen hatte, um ihm die neuesten Informationen über eine gewisse Leutnantin durchzugeben.

Unerklärlicherweise wich sein Ärger einem anderen sehr starken Gefühl. War es Genugtuung? Oder eine Art primitiver Stolz darauf, dass er erfolgreich zur Arterhaltung beigetragen hatte? Zum Erhalt seiner Sippe.

Seines Namens.

Allerdings konnte Eduardo sich nicht die gleichen Freiheiten erlauben wie andere. Er konnte nicht einfach tun und lassen, wozu er Lust hatte. Als Mitglied des Königshauses musste er sich an bestimmte Einschränkungen halten und seinen Pflichten nachkommen, wenn er sich keinen Ärger einhandeln wollte. Er war das Aushängeschild seines Landes und würde eines Tages heiraten müssen.

In eineinhalb Jahren wurde er dreißig. Seit etwa einem Jahr ließen die Palastangestellten immer mal wieder Anspielungen bezüglich einer möglichen Hochzeit fallen. Sie waren sogar so weit gegangen, entsprechende Kandidatinnen der High Society Europas und alle möglichen Supermodels zum anstehenden Herbstball einzuladen – in der Hoffnung, dass Eduardo eventuell Interesse an einer der jungen Frauen zeigte. Wenn er ohnehin würde heiraten müssen, konnte er wohl keine bessere Braut finden als eine, die ohnehin schon sein Kind unter dem Herzen trug.

Es war also nicht weiter verwunderlich, dass ihm die Idee gekommen war, sobald er es heute Morgen erfahren hatte. Nun musste er sie nur noch in die Tat umsetzen. Er nahm Stellas Hand, ihre Finger waren eiskalt. Instinktiv umschloss er sie fester. „Ich freue mich so, Liebes“, sagte er und küsste sie auf die Schläfe.

Stella atmete scharf ein. Sie wirkte ebenso verblüfft wie wütend.

Eduardo hatte Vertrauen in die Diskretion seines Arztes, aber Dr. Russo war auch Antonios Arzt. Und es war nicht sicher, dass die ärztliche Schweigepflicht auch dann galt, wenn der Herrscher höchstpersönlich etwas wissen wollte. Weshalb Eduardo die Sache zwischen Stella und ihm als Liebesgeschichte hinstellen musste.

Inzwischen war ein wenig Farbe in ihr Gesicht zurückgekehrt, aber sie sah noch immer sehr zart und zerbrechlich aus.

Doch Eduardo wusste, dass sie das nicht war. Diese schlanken Oberarme vermochten ihr gesamtes Körpergewicht zu tragen, und wenn sie ihre Beine um einen Mann schlang, konnte sie ihn damit festsetzen. Sie war stark und kraftvoll, und er sehnte sich danach, sie zu küssen. Überall. Das Verlangen schwelte in ihm und ließ sich kaum noch beherrschen.

„Sind Sie in guter körperlicher Verfassung?“, wollte Dr. Russo von Stella wissen.

Ungeduldig hörte Eduardo zu, wie der Arzt ihr Fragen stellte. Es war ihm ja ganz recht, wenn der Mann seine Arbeit machte, aber er wollte ihn nicht länger hier haben. Er musste die Situation in den Griff bekommen – und Stella.

„Haben Sie eine Ahnung, wann die Empfängnis stattgefunden haben könnte?“

Allerdings. Doch Stella sagte nichts.

Also antwortete Eduardo. „Wahrscheinlich Ende Juli.“

Man sah dem Arzt seine Verblüffung darüber an, wie lange Stella schon schwanger sein musste, doch der Mann war klug genug, nichts dazu zu sagen. Stattdessen stellte er weiter seine Fragen. „Hatten Sie keine Morgenübelkeit?“

„Nichts. Ich habe einen unregelmäßigen Zyklus“, erwiderte Stella tonlos. „Aber ansonsten war ich immer kerngesund.“

„Laut Ihrer Patientenakte bei der Armee sind Sie das allerdings“, bemerkte der Arzt, dem die angespannte Atmosphäre offenbar entging. „Und sonst gibt es da nichts – irgendetwas in der Familie, was wir berücksichtigen müssten?“

Sie senkte den Blick und sagte nichts.

„Stella?“ Eduardo, der noch immer ihre Hand hielt, spürte, wie sie sich anspannte.

Doch sie schüttelte den Kopf.

„Gut.“ Der Arzt lächelte. „Sicher möchten Sie jetzt gern ungestört die gute Nachricht feiern. Ich lasse Ihnen ein paar Informationen hier, die Sie bei Gelegenheit lesen können.“

Ein Faltblatt erschien Eduardo ziemlich bescheiden für etwas so Wichtiges. „Sind keine weiteren Untersuchungen nötig?“

„Ich werde einen Termin für eine Ultraschalluntersuchung auf dem Festland für nächste Woche vereinbaren“, antwortete Dr. Russo. „Aber jetzt kann Stella erst mal ganz normal weitermachen.“

Eduardo las in ihrem Blick, dass sie wusste, sie würde nicht ganz normal weitermachen. Ihm war klar, dass ihr die Entlassung aus der Armee zu schaffen machte. Ihm kam das allerdings eher gelegen.

„Sie können natürlich weiterhin intim miteinander sein“, fügte der Arzt hinzu, während er seine Tasche schloss.

Eduardo merkte, wie sich ihre Hand erneut anspannte. Verabscheute Stella ihn? Hatte sie Angst vor ihm? War das der Grund dafür, dass sie an dem Tag einfach weggelaufen war? Warum hatte sie das Ergebnis des Schwangerschaftstests so erschreckt? Er biss die Zähne zusammen und lächelte. „Danke, Dr. Russo. Wir hören voneinander.“

Der Arzt nahm strahlend seine Tasche. „Meinen Glückwunsch. Das sind wundervolle Neuigkeiten für San Felipe. In ein paar Monaten werden die Glocken sehr laut läuten.“

Das würden sie. Aber zuerst musste Eduardo dafür sorgen, dass der nächste königliche Erbe nicht unehelich wurde. Er ließ Stellas Hand los, um den Arzt zur Tür zu bringen, die er anschließend sorgfältig schloss. Dann lehnte er sich dagegen und sah Stella abwartend an.

„Ich werde dich nicht heiraten“, sagte sie mit fester Stimme.

„Nein?“ Er ging auf sie zu. „Sondern? Sag, was hast du vor?“

Sie wich nicht einen Schritt zurück, obwohl er inzwischen ganz nah gekommen war, und sah ihm ernst in die Augen.

Er musste sich zusammenreißen, um sie nicht anzufassen. Als er sie da so in Verteidigungshaltung stehen sah, kam das Verlangen, das ihn an jenem Tag am Strand überwältigt hatte, mit voller Wucht zurück.

Eduardo war berühmt für seine Abenteuerlust, seine Spontaneität und seine Risikofreude. In wirkliche Gefahr begab er sich nie, dafür trug er viel zu viel Verantwortung. Aber eine Frau, die er nicht kannte, einfach am helllichten Tag zu verführen? Das hätte er nicht einmal in seinen wildesten Studentenzeiten getan.

Sie hatte so abenteuerlich gewirkt, so stark und lebenslustig. Ohne eine Sekunde zu zögern war sie in die hoch aufbrausenden Wellen marschiert. Eine echte Kämpferin. Und genauso wirkte sie auch jetzt wieder auf ihn.

Zwar wollte er noch keine Kinder. Und erst recht nicht heiraten. Aber er würde es auf sich nehmen. „Was hattest du vor, Stella?“, wiederholte er und kämpfte gegen den Drang an, sie an sich zu ziehen und zu küssen. „Warum bist du nicht zu mir gekommen?“ Hatte sie Angst vor ihm? Oder war es das Übliche – war sie wie so viele andere der Meinung, dass Prinz Eduardo einer echten Krise nicht gewachsen sei?

„Ich wusste nicht, dass ich schwanger bin“, antwortete sie mit erstickter Stimme.

Fast glaubte er ihr – er wollte ihr glauben. Sie tat ihm sogar ein wenig leid. Aber Menschen logen nun mal. Unterschlugen Informationen. Sie hatte das bereits getan. Wäre sie von vornherein ehrlich gewesen, wäre all das gar nicht erst passiert. Aus irgendeinem Grund hatte sie ihm ihre Identität verschwiegen, und dass sie ihm ohne zu zögern ihre Unschuld geopfert hatte, war ihm gänzlich unverständlich.

„Wo wolltest du denn hin?“, fragte er.

„Ich weiß es nicht. Irgendwohin.“

Nur nicht zu ihm. So viel stand fest. Und sie wollte nicht darüber reden. Warum eigentlich nicht? Und warum begehrte er sie noch immer so sehr?

Er ärgerte sich über die Reaktion seines Körpers. Schließlich war sie auch nur eine Frau von vielen. Allerdings hatte er seit jenem Nachmittag mit keiner anderen geschlafen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass er jetzt so scharf auf sie war.

Von wegen!

„Du hast keine Wahl, Stella“, erklärte er ernst. Die Situation würde schon dadurch entschärft werden, dass er tat, was seine Pflicht war. „Und ich auch nicht. Wir müssen das Beste aus der Situation machen.“

„Ich kann nicht hierbleiben.“

„Doch, das kannst du. Und das wirst du.“

Sie starrte ihn ungläubig an.

„Betrachte es als Herausforderung. Als eine Art Einsatz. Es muss ja nicht für immer sein.“ Auch wenn es nicht gerade ideal war, könnte die königliche Familie eine Scheidung verkraften. Im Gegensatz zu einem unehelichen Erben.

Stella funkelte ihn an und schwieg einen Moment lang. „Verstehe“, antwortete sie schließlich. „Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, ist das alles gar nicht nötig“, fuhr sie fort. „Dein Bruder macht hier die Gesetze. Also kann er dafür sorgen, dass das Kind als dein Erbe anerkannt wird. Wir brauchen nicht zu heiraten.“

Eduardo spürte Wut in sich aufsteigen. Wollte sie sein Kind nicht? Würde sie sich ihm entgegenstellen? Wie konnte sie es wagen, ihm vorzuschlagen, dass er seinen Bruder bitten sollte, die Sache in Ordnung zu bringen? Niemals würde er das tun. „Mein Kind wird nicht weniger haben, als ihm zusteht. Nicht weniger als das Allerbeste.“ Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr ins Gesicht. „Ich sage es noch einmal. Wir werden morgen hier auf der Insel heiraten, ob es dir gefällt oder nicht.“

Sie warf den Kopf zurück und funkelte ihn an. „Du kannst mich nicht zwingen.“

„Nein?“ Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie ein bisschen zu ärgern. „Du bist Soldatin. Du musst tun, was dir befohlen wird.“

„Ich werde dir keinen Gehorsam leisten. Du bist nicht mein Vorgesetzter. Außerdem bin ich keine Soldatin mehr.“

„Du bist die geborene Soldatin. Und ich bin Prinz dieses Landes.“

„Aber nicht der König.“ Ihre Augen blitzten vor Wut. „Und auch nicht der Oberbefehlshaber. Für mich bist du einfach nur ein Mann.“

Er lächelte. Genau diesen Widerspruchsgeist und diesen Kampfeswillen mochte er an ihr. Sie sah nicht zu ihm auf, weil er ein Prinz war, und redete ihm nicht nach dem Mund.

„Ein Mann, den du begehrt hast. Den du gehabt hast. Und den du nun nicht mehr loswirst“, sagte er. „Und du tust, was ich dir sage. Was die Hochzeit betrifft, haben wir kaum eine Wahl.“

„Man hat immer eine Wahl.“

Und Stella hatte ihre getroffen. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und war gegangen. Er hatte ihr nur hinterhersehen können und ihre Geschicklichkeit beim Klettern bewundert. Und dann hatte Eduardo einfach abgewartet, was passieren würde. Er hatte einen Vertrauten gebeten, ein Auge auf sie zu haben, weil er wusste, dass ihm die Sache keine Ruhe lassen würde. Er musste wissen, aus welchen Motiven heraus Stella gehandelt hatte. Musste wissen, ob sie vorhatte, die Geschichte zu verkaufen oder irgendeinen anderen Vorteil daraus zu ziehen. Aber er hatte nichts von ihm gehört. Bis heute.

„Mach es doch nicht schwerer, als es ist“, meinte er achselzuckend. „Er bringt nichts, auf stur zu schalten.“ Er beugte sich vor, kam ihrem Mund ganz nah, ihren Lippen, die, wie er wusste, warm und weich waren. Und nach denen er sich wie verrückt sehnte. Doch er würde der Versuchung, sie zu küssen, nicht nachgeben, bevor Stella sich mit allem einverstanden erklärt hatte. Bevor er sicher war, dass sie ihn wirklich begehrte.

Denn sie war ihm ein Rätsel, diese Frau, die ihm so viel gegeben hatte und ihm doch so viel vorenthielt. Er traute ihr nicht. Aber er wollte sie. Mehr als alles in der Welt. „Wenn du möchtest, kann ich dich gesund küssen“, flüsterte er. „Das hilft vielleicht gegen deine Widerspenstigkeit.“

Stella atmete tief ein und sagte nichts. Er erinnerte sich noch an ihr Geplänkel am Strand? Wie konnte er jetzt Witze darüber reißen, wo doch alles gerade so schrecklich war? Offenbar nahm er die Sache nicht richtig ernst.

Und doch wurde ihr von seinen Worten und seinem Blick ganz heiß. Prickelnde Erregung erfasste sie, und sie sah ihn mit angehaltenem Atem an.

Sein Lächeln erlosch. Er starrte auf ihren Mund. Sie widerstand dem Impuls, sich mit der Zungenspitze über die Lippen zu lecken. Eine instinktive Reaktion ihres Körpers, um Eduardo anzulocken. In diesem Fall überflüssig, denn das Ziel war bereits erreicht: Fortpflanzung. Es gab keinen Grund mehr, sich nach ihm zu sehnen.

Doch, Lust, flüsterte eine Stimme in ihrem Inneren. Die Lust, die er ihr bereiten konnte. Mit seinen Lippen, seiner Zunge, seinen Händen und …

„Ich würde vorschlagen, du machst dich erst mal frisch und isst etwas“, sagte er unvermittelt und trat einen Schritt zurück. „Es gibt noch etwas zu erledigen.“

„Und zwar?“, fragte Stella, fest entschlossen, ihr Verlangen in Schach zu halten. Denn er wollte das alles doch genauso wenig wie sie.

„Du musst ein Hochzeitskleid aussuchen.“

3. KAPITEL

Hochzeitskleid?

Sicher war das nur ein schlechter Witz – Eduardo wollte sie bestimmt nur provozieren. Doch Stella sprang nicht darauf an. Wenn sie sich aus dieser Situation befreien wollte, musste sie einen kühlen Kopf bewahren. „Gibt es hier ein Zimmer für mich?“

„Natürlich.“ Er ging zur Tür. „Hier entlang.“

Stella merkte sich den Weg den Flur entlang und die große Treppe hinauf. Der Palast war wesentlich größer, als er von außen wirkte.

„Deine Suite liegt neben meiner“, erklärte Eduardo. „Findest du den Weg zurück in die Bibliothek, wenn du so weit bist?“

„Selbstverständlich.“

„Im Schrank ist etwas zum Anziehen. Nimm dir einfach, was dir gefällt.“

Sie sah ihn befremdet an. Hatte er immer einen Vorrat an Frauenkleidung zur Hand? „Danke.“ Nachdem sie das Zimmer betreten hatte, schloss sie energisch die Tür hinter sich.

Wie alles hier im Palast war das Zimmer groß und geschmackvoll eingerichtet – die gedämpften Farben und die weichen Polstermöbel wirkten lässig und gemütlich. Stella wandte dem großen Bett den Rücken zu und öffnete die Tür zu dem angrenzenden Bad, das in weißem Marmor mit Lapislazulieinfassungen gehalten war. Es gab eine riesige Badewanne mit Löwenfüßen und eine große gläserne Duschkabine. Darin waren mehrere Duschköpfe so angebracht, dass man das Wasser aus sämtlichen Richtungen gleichzeitig auf sich niederprasseln lassen konnte. Herrlich!

Rasch zog Stella sich aus, stellte sich unter die Dusche und genoss es, sich von dem warmen Wasser regelrecht einhüllen zu lassen. Sie legte die Hand auf ihren flachen Bauch. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass ein kleines Wesen darin heranwuchs. Wie konnte es sein, dass sie nichts davon gemerkt hatte?

Wann hatte sie zum letzten Mal ihre Tage gehabt? Keine Ahnung. Mit Absicht hatte sie ihren Terminkalender so vollgestopft, dass ihr kaum ruhige Momente geblieben waren, in denen sie der Versuchung hätte erliegen können, an den Nachmittag am Strand zu denken. Nun lehnte sie sich an die Wand der Duschkabine und ließ die Erinnerungen zu. Sie hatte keine Kraft mehr, sie zurückzuhalten.

Alles kam wieder hoch. Sie konnte nichts dagegen tun. Die Gefühle, als sie alles noch einmal durchlebte, überwältigten sie.

Trotz des herrlichen Wetters war Stella an jenem Nachmittag schlechter Stimmung gewesen. Nach dem Mittagessen war sie zum befehlshabenden Offizier beordert worden, der ihr eröffnet hatte, dass eine Friedenstruppe in ein Konfliktgebiet entsendet werden würde. Und dass sie nicht dabei war.

„Sie sind nicht die Richtige für diesen Einsatz.“

„Warum nicht?“ Sie wünschte sich doch nur einmal die Gelegenheit, eine Truppe zu befehligen, um zu beweisen, wie gut sie war.

„Sie haben die Entscheidungen Ihrer Vorgesetzten nicht zu hinterfragen“, antwortete er und fügte in etwas freundlicherem Ton hinzu: „Vielleicht sind Sie ja beim nächsten Mal dabei, Zambrano.“

Vielleicht aber auch nicht. Diese weitere Enttäuschung frustrierte Stella sehr. Sie war sicher, dass ihr Vater ihr Vorankommen bremste, gleichzeitig wusste sie, dass sie ihn nie darauf ansprechen würde. Ihr blieb nichts anderes übrig, als mehr und härter zu arbeiten, um ihm zu beweisen, dass sie ein besserer Soldat war als die Männer, die er ihr vorzog.

Zurück in der Kaserne, war sie noch wütender geworden. Wie oft man sie schon übergangen hatte! Ab und zu hatte man ihr ganz nette Aufträge gegeben, aber niemals die Einsätze, die sie sich gewünscht hatte. Und das, obwohl sie wirklich Tag für Tag alles gab.

In dieser Stimmung hatte sie nicht in der Kaserne bleiben können. Also war sie in die Nachmittagssonne hinausgegangen. Wenn sie im Dienst war, musste sie jederzeit erreichbar sein. Sie wusste, dass sie von der Bucht aus die Sirene hören würde, die in Notfällen ertönte – was äußerst selten passierte.

Der Stützpunkt befand sich direkt an der Steilküste, an deren Fuß die Cala de Piratas lag, eine wunderschöne kleine Bucht, die vom Strand aus nur bei Ebbe erreichbar war. Für einen Kletterer bedeutete die Felswand eine verlockende Herausforderung.

Stella war hinuntergeklettert, um für sich zu sein.

Auf der Insel kursierte die Legende, dass ein Teil des Reichtums San Felipes von den Piratenschiffen stammte, die an den Felsen rund um die Insel leckgeschlagen und gesunken waren. Außerdem hieß es, dass es unter den Vorfahren der Königsfamilie einen Seeräuber gab. Die Touristen zahlten ordentlich dafür, in den Wracks um die Insel herumzutauchen – in der Hoffnung, einen Schatz zu bergen.

Aber hier, am zentralen Ort der Legende um die Piraten, tauchten sie nicht, denn in dieser Bucht herrschten Unterströmungen, denen selbst der stärkste Schwimmer nicht gewachsen war. Stella hatte nicht vorgehabt, hier zu schwimmen. Sie hatte sich nur abkühlen und den Ärger vergessen wollen. Barfuß war sie knietief ins Wasser gewatet. Doch dann hatte eine große Welle sie umgerissen.

Plötzlich hatte jemand sie gepackt und energisch und kraftvoll an seinen stahlharten Körper gezogen.

Erschrocken hatte sie den Ellenbogen gegen die Brust des vermeintlichen Angreifers gerammt, um sich zu befreien, dann hatte sie sich umgedreht und instinktiv zugeschlagen. Und gut und hart getroffen.

Stella hatte den Mann stöhnen gehört, während ihr der Schmerz von dem harten Aufprall den Arm hinaufgejagt war. Ihre Finger summten noch, als sie den Arm zurückzog, um ein zweites Mal zuzuschlagen.

Doch der hochgewachsene Mann drehte ihren Arm auf den Rücken und drückte sie noch fester an seinen durchtrainierten Körper. „Hör auf, dich zu wehren. Ich tue dir nichts“, hörte sie ihn mit tiefer Stimme sagen.

Sie hatte vor, so zu tun, als würde sie sich entspannen, um ihn dann zu überrumpeln. Doch als sie sich schlaff machte und an ihn sinken ließ, verfestigte er seinen Griff so sehr, dass es ihr unmöglich wurde, zu entkommen.

Offenbar war auch er geschult in solchen Dingen.

„Du bist ganz schön schlagkräftig.“

Ihr stockte der Atem – aber nicht vor Angst. Sie kannte die Stimme.

Obwohl es erst drei Uhr nachmittags war, trug Prinz Eduardo De Santis einen nun bis zur Taille nassen Smoking. Ihre Handgelenke hinter ihrem Rücken mit seinen großen Händen fixiert, hielt er sie immer noch fest an sich gedrückt. Ihre Beine hatte er zwischen seine Schenkel geklemmt.

Stellas Ärger verwandelte sich in etwas wesentlich Gefährlicheres. Etwas wesentlich Aufreizenderes. Und das fand sie äußerst irritierend.

Sie rührte sich nicht. Hielt den Atem an. Konnte es nicht fassen. Aber dieses schmelzende Gefühl tief in ihr ließ sich nicht leugnen. Sie hatte schon Kampfszenarien mit Männern trainiert. Aber es hatte sie nie erregt.

„Du bist Prinz Eduardo“, sagte sie. Und auch wenn er vielleicht nie vorgehabt hatte, ihr wehzutun – sie hatte ihm auf jeden Fall wehgetan. Er würde einen riesigen blauen Fleck davontragen. Vor Scham wäre sie am liebsten im Erdboden versunken.

Er nickte, lockerte seinen Griff jedoch nicht. „Du hast mir etwas voraus. Ich kenne deinen Namen nicht.“

Und das musste auch so bleiben. Ihr Vater würde sie umbringen. Sie würde auf der Stelle degradiert werden. Und zum Gespött der Truppe.

„Was machst du hier? Die Bucht ist gefährlich. Bald kommt die Flut, dann verschwindet der Strand fast vollständig, und man ist hier mehrere Stunden lang gefangen.“

Wie reizvoll, mit ihm hier gefangen zu sein …

Sofort schämte sie sich für den unangemessenen Gedanken. „Tut mir leid, dass ich zugeschlagen habe“, meinte sie zerknirscht. „Das könnte ein paar Tage wehtun.“

Er lachte herzhaft auf. „Meinst du, das ist mein erster blauer Fleck?“

Zumindest hatte sie noch nie ein Foto gesehen, auf dem er ein blaues Auge hatte.

Als er sie jetzt anlächelte, sah er plötzlich so aus, als stammte er tatsächlich von einem verführerischen, gefährlichen Piraten ab. „Wenn es dir ein so schlechtes Gewissen macht, darfst du den blauen Fleck gesund küssen.“

„Im Schlagen bin ich besser als im Küssen“, antwortete sie ehrlich.

Stella wünschte sich, er würde sie loslassen. Die Wellen, die gegen sie schwappten, vermochten die Glut nicht abzukühlen, die sich in ihrem Inneren ausbreitete. Und die so schrecklich unangebracht war.

Er kniff die unglaublich blauen Augen zusammen. „Wenn du nur halb so gut küsst, wie du triffst, bin ich mehr als zufrieden.“

Eine verlockende Vorstellung, trotzdem schüttelte sie den Kopf.

Prinz Eduardo verzauberte alle Frauen mit seinem verwegenen Charme, für den auch Stella anfällig war. Von den beiden Brüdern hatte er ihr schon immer besser gefallen. Seit ihrer Teeniezeit schwärmte sie für ihn. Das Leuchten seiner Augen und seine draufgängerische Art gefielen ihr.

„Ich kann dir zeigen, wie es geht“, bot er an. „Oder würdest du etwa Nein sagen?“

„Hat irgendwer schon mal Nein zu dir gesagt?“

Sie spürte, wie sich seine Muskeln noch ein wenig stärker anspannten.

„Vielleicht sollte ich die Erste sein“, fügte sie hinzu.

„Meinst du, dass du mir eine Lektion erteilen musst? Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein Angsthase bist, dich mit einem so durchsichtigen Trick aus der Affäre zu ziehen.“

„Und meinst du, dass du mich mit deiner Spitzfindigkeit dazu kriegst, Ja zu sagen?“

„Nicht nötig.“ Er drehte sich so, dass er ihre Handgelenke mit nur einer Hand festhalten konnte, und streichelte ihr mit der anderen sacht über das Gesicht. „Ich muss dir einfach nur ganz nah kommen.“

„Eingebildeter geht es ja wohl kaum“, antwortete sie und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie erregt sie war. „Du riskierst einen weiteren Faustschlag.“

Stella war es gewohnt, von Soldaten angebaggert zu werden. Und von Zivilisten, denen sie in Uniform begegnete. Aber denen ging es nicht um sie, sondern um das Machtspiel.

Eduardo De Santis hingegen fühlte sich wirklich zu ihr hingezogen. Selbst Stella, die in diese Dingen kaum Erfahrung hatte, erkannte, dass er Feuer gefangen hatte.

„Willst du mit mir kämpfen?“, fragte er herausfordernd.

Bei der Vorstellung an einen Kampf mit ihm breitete sich ein warmes Gefühl in ihrem Bauch aus. Gleichzeitig spürte sie, dass er den Griff um ihre Handgelenke verfestigte, als versuche er, ihre Kraft einzuschätzen.

„Bereit für ein zweites Veilchen?“, gab sie zurück.

„Solange du mich überall gesund küsst, wo du mich triffst …“

Merkte er eigentlich, wie eng er sie an sich gedrückt hielt? Sie sah ihm in die sehr wachen leuchtend blauen Augen.

Natürlich merkte er es.

Stella spürte, wie er hart wurde, und schmolz ihm förmlich entgegen. Zu ihrer großen Enttäuschung lockerte er seinen Griff und entfernte sich von ihr. Anständig gemeint, aber sie fand es frustrierend, hätte sie doch gern ein wenig länger gespürt, wie sehr er sie begehrte. Um sich zu vergewissern, dass sie nicht die Einzige war, die es erwischt hatte. Unbändiges Verlangen durchflutete sie. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Noch nicht.

„Ich dachte, du wärest in Gefahr. Darum bin ich dir ins Wasser gefolgt“, sagte er mit heiserer Stimme.

Jetzt war sie in Gefahr. Weil sie mit dem schönsten Mann der Welt alleine war. Und dem einzigen, auf den sie so intensiv reagierte. „Mir geht es bestens.“ Allerdings ginge es ihr noch besser, wenn er wieder näher käme.

„Das freut mich.“

„Du hast deinen Anzug ruiniert.“

„Und meine Schuhe. Und mein Telefon. Du hast in der Tat einen beträchtlichen Schaden angerichtet.“

Der Wunsch, mit ihm zu flirten, ließ Stella ihre übliche Zurückhaltung in den Wind schlagen. „Wirst du mich nun in den Kerker werfen?“

„Darüber werde ich ernsthaft nachdenken“, antwortete er lächelnd. „Dieser Ort hier heißt nicht umsonst Piratenbucht. Die Felsen führen zu versteckten Höhlen, die früher voll mit Schätzen waren. Ganz zu schweigen von dem geheimen Tunnel, der diese Bucht mit der Insel da drüben verbindet.“ Er wies mit dem Kinn auf die kleine Insel, die der königlichen Familie vorbehalten war.

Er hielt sie anscheinend für eine Touristin. Kein Wunder – ihr fehlte der hiesige Akzent, weil sie viele Jahre im Ausland im Internat gewesen war.

„Ist das nicht deine Privatinsel? Wo du deine Frauen hältst?“ Es war zu verlockend, mit ihm zu flirten. Warum sollte sie nicht zur Abwechslung mal eine Touristin sein – anstelle der Soldatin, die seiner Familie diente?

„Ja, an die Betten gefesselt, genau.“ Seine Augen funkelten amüsiert und verwegen zugleich.

Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie er sie ans Bett fesselte. Und das Schlimme war, dass sie es zulassen würde. „Du bist also der Piratenprinz? Bist du gerade auf Eroberungstour?“ Ihr Herz hatte er schon erobert. Und zwar so mühelos, dass er es nicht einmal gemerkt hatte.

„Wer ist hier der Pirat?“, erwiderte er. „Die geheimnisvolle Frau in Schwarz. Stark und wendig. Die den Männern den Verstand raubt.“

„Quatsch …“

Si. Ich kann an nichts anderes mehr denken als an dich“, gestand er. „Es ist mir egal, dass ich jetzt einen Termin habe. Das Einzige, was ich will, ist …“

„Ist …?“ Sie verging fast vor Verlangen.

Er neigte leicht den Kopf zur Seite und zog sie wieder enger an sich. „Wie schade, dass deine Fähigkeiten so unausgewogen sind.“

Ah, wie sehr sie den sinnlichen Unterton seiner Worte genoss und das Gefühl, ihn wieder hart und groß an sich gedrückt zu spüren. „Willst du mir etwa Nachhilfe geben?“

„Das muss ich wohl. Denn wenn du blaue Flecken verteilst, musst du auch wissen, wie man sie gesund küsst.“

„Und, wie macht man das?“, raunte sie.

„Wenn eine Frau einen blauen Fleck hat, muss man sie ganz sachte küssen. Damit man ihr nicht noch mehr wehtut.“ Er hauchte einen Kuss auf die Schläfe – so zart, dass es sie fast um den Verstand brachte. „Und das macht man so lange, bis man spürt, dass sie bereit für einen etwas festeren Kuss ist.“ Wieder berührte er ihre Schläfe mit den Lippen. „Bis man spürt, dass sie bereit ist, den Kuss zu genießen. Und dann lässt man sie genießen, bis der Schmerz vergessen ist.“

Jetzt widmete er sich ihrem Mund. Mit aufregendem Geschick küsste er sie, bis heißes Verlangen durch ihren Körper strömte. „Und, fühlst du dich jetzt besser?“, fragte er mit einem selbstbewussten Funkeln in den Augen.

„Nein. Ich fühle mich schrecklich.“ Das war nicht gelogen. Ihr Verlangen nach ihm war so stark, dass Stella fürchtete, sich zu vergessen. „Küss mich weiter.“

„Du bist ganz schön fordernd.“ Unvermittelt hob er sie hoch und trug sie aus dem Wasser. „Aber das bin ich auch.“ Sachte ließ er sie herunter und suchte erneut ihre Lippen. Inniger und fordernder. Stella ließ sich an ihn sinken und hielt ihn ganz fest. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie sich küssten, sie wusste nur, dass es ihr noch längst nicht reichte, als er sich schließlich von ihr löste.

„Ich will dich nackt sehen“, sagte er und drückte seine heißen Lippen auf ihren Hals. „Ich will dich berühren. Überall.“

Dieser Mann war es gewohnt, zu bekommen, was er wollte.

Und Stella war es gewohnt, Befehle auszuführen. Und genau das wollte sie jetzt.

Sie wusste, dass dies ihre einzige Gelegenheit sein würde, dieses ungestüme Hochgefühl auszuleben.

Also löste sie sich von ihm, zog ihr T-Shirt aus und warf es in den Sand. Ihres BHs, der so schlicht und funktionell war, dass sie sich fast schämte, entledigte sie sich so schnell, dass Eduardo gar nicht erst Gelegenheit hatte, genauer hinzuschauen. Um dann enttäuscht von ihr abzulassen.

Schon stand sie halb nackt vor ihm und bemerkte seinen hungrigen Blick. Sofort spürte sie, wie ihre Brustspitzen sich aufrichteten. Als er schließlich aufsah und ihr tief in die Augen blickte, bekam sie weiche Knie. Stella wusste, dass sie alles tun würde, was er von ihr verlangte. Mit dem größten Vergnügen sogar.

Sie holte tief Atem, verwundert über ihre wilde Entschlossenheit, sich ihm zu ergeben, und darüber, wie fremd ihr dieses Gefühl war. Einen Augenblick lang zögerte sie.

Seine Pupillen weiteten sich. Aufstöhnend zog er sie in seine Arme und küsste sie so leidenschaftlich, dass ihr ganz schwindelig wurde. Verlangend schlang sie die Arme um ihn, erwiderte seinen Kuss, presste ihre Brüste an seine harte Brust. Alles um sie herum war ihr egal, nur ihre Lust zählte.

„Wie heißt du eigentlich?“, fragte er, während er ihren Rücken streichelte.

Sie antwortete nicht.

„Ich lasse dich nicht gehen, bevor du mir antwortest.“

Noch immer erwiderte sie nichts. Vielleicht wegen seiner überheblichen Annahme, dass sie alles tun würde, was er sagte – obwohl er damit ja ganz recht hatte. Vielleicht wollte sie auch nur testen, wie er jetzt reagierte. Als sie spürte, wie seine Muskeln sich anspannten, steigerte sich ihre gespannte Erwartung.

„Was muss ich tun, damit du mir antwortest?“, fragte er leise und zog sie noch enger an sich.

„Etwas Schlimmes. Oder etwas sehr, sehr Gutes.“

Er trat einen Schritt zurück, zog sein Jackett aus und breitete es auf dem Sand aus. Dann nahm er ihre Hand und ließ sich auf die Knie fallen.

Stella musste seufzen, als sie zu ihm hinuntersah. Dass ein so schöner, mächtiger Mann vor ihr kniete …

Er lächelte, als wüsste er, was für ein Chaos aus gespannter Erwartung, ungläubigem Staunen, Macht und Erregung in ihr tobte. Bevor sie etwas sagen konnte, umfasste er ihre Brüste und presste die Lippen auf ihren Bauch. Ihr Herz pochte wild, und sie hielt sich an seinen Schultern fest, während sie ihm zusah. Während sie fühlte. Erbebte.

Während er ihren Bauch mit Küssen bedeckte, zog er ihre Shorts und ihren Slip herunter. Schließlich stand sie völlig nackt vor ihm, und ihr zitterten die Knie vor Erregung.

„Leg dich hin“, forderte er sie rau auf.

Während er das sagte, zog er sie mit sich, und sie ließen sich zu Boden sinken. Er drückte sie sanft auf sein warmes Jackett, kniete sich neben sie und küsste sie. Irgendwann löste er sich von ihren Lippen, erkundete ihren Körper mit dem Mund und mit den Fingern, bis sie sich ungeduldig unter ihm wand.

Als er schließlich ihre intimste Stelle küsste, bog Stella sich ihm stöhnend entgegen. Es war überwältigend, ihn dort zu spüren. Nun drang er mit der Zunge sanft in sie ein.

„Wie feucht du bist“, wisperte er. „Und wie gut du schmeckst.“

Er hatte die Hände unter ihren Po geschoben, hob sie ein Stück an. Oh, wenn er bloß nie aufhören würde! Keuchend grub sie die Finger in den Sand, warf den Kopf zurück und schloss die Augen. Hingebungsvoll hob sie die Hüften an, um ihn noch intensiver zu spüren. Sie war kurz davor, zu kommen.

Plötzlich beendete er das erregende Spiel. „Wie heißt du, kleine Piratin?“, fragte er mit heiserer Stimme.

Das konnte ja wohl nicht sein Ernst sein! „Du bist hier der Pirat.“

Statt zu antworten, schob er den Kopf wieder zwischen ihre Beine.

Oh ja, bitte. Ja.

Stella verging fast vor Wonne.

Doch wieder hörte er auf und fragte: „Wie heißt du?“

„Bitte“, flehte sie. „Mach weiter.“

„Sag mir deinen Namen, dann mache ich weiter.“

„Stella. Ich heiße Stella.“

Endlich neigte er wieder den Kopf. Die lustvolle Qual ließ ihre Seufzer lauter werden, bis Stella auf dem Höhepunkt der Ekstase laut aufschrie. Erst eine ganze Weile später fiel ihr auf, dass er nicht mal nackt war. Dass er nur seine Jacke ausgezogen hatte.

Sie setzte sich auf, getrieben vom Verlangen, ihn zu erkunden, wie er sie erkundet hatte. Mit ihren zittrigen Fingern fiel es ihr schwer, die Knöpfe seines Hemds zu öffnen, und er lachte über ihre Ungeduld. Als das Hemd endlich offen war, hörte er auf zu lachen.

„Sehr gut. Und jetzt küss mich gesund, Stella“, sagte er mit den Lippen auf ihrem Mund.

Die Gewissheit, dass es noch nicht vorbei war, ließ ihr Verlangen erneut aufflammen. Obwohl sie einen unglaublichen Orgasmus gehabt hatte, wollte sie mehr – und sie würde es bekommen.

Seine Haut fühlte sich warm und weich an. Stella fuhr mit den Fingerspitzen über die Haare auf seiner Brust und folgte der schmaler werdenden Spur bis zu seinem Hosenbund. Mit der Zungenspitze liebkoste sie seine Brustwarzen und knabberte daran, wie er es bei ihr getan hatte. Sie wollte ihn genauso heiß machen, wie er es mit ihr getan hatte. Genüsslich bedeckte sie seinen Körper mit Küssen, wurde dabei immer wilder und leidenschaftlicher.

Nach einer Weile drehte er sich auf den Rücken und zog sie mit sich, sodass sie rittlings auf ihm saß. Diese Haltung gab ihr ein Gefühl von Macht. Stella legte sich auf ihn, begann sich aufreizend zu bewegen und suchte seine Lippen in einem leidenschaftlichen Kuss.

Er drängte sich ihr entgegen, rieb sich an ihr. Sie tat es ihm gleich. Es erregte sie, den nassen Stoff seiner Hose an ihrer sensibelsten Stelle zu spüren.

Autor

Abby Green
<p>Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...
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