Julia Extra Band 571

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NEUES GLÜCK IN EDINBURGH? von SCARLET WILSON

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  • Erscheinungstag 22.07.2025
  • Bandnummer 571
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534352
  • Seitenanzahl 432
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Scarlet Wilson, Susan Meier, Lynne Graham, Abby Green

JULIA EXTRA BAND 571

Scarlet Wilson

PROLOG

Eli war außer sich, versuchte aber, seine Gefühle zu unterdrücken. „Das war’s dann also, ja?“, fragte er.

Sein Buchhalter und sein Anwalt nickten angespannt.

„Ja. Sie müssen leider Konkurs anmelden.“

Vor lauter Frustration, Verzweiflung, Trauer und Wut wäre Eli fast explodiert. All der Elan und die Mühen, die er in die Eröffnung seiner eigenen Praxis investiert hatte, die viele harte Arbeit im Dienst der ortsansässigen Menschen und ihrer Vierbeiner – alles umsonst. Und das alles wegen einer Frau.

Das alles, weil er einfach ein Idiot war.

Als sein Anwalt sich räusperte, wusste Eli schon, was jetzt kam.

„Der letzte Tierarzt in der Praxis Ihres Vaters hat gerade gekündigt. Die eine Tierarzthelferin arbeitet seit siebzehn Jahren dort, die andere seit anderthalb Jahren. Der verbleibende Arzt ist derzeit wegen Krebs in Behandlung. Ab nächster Woche können in der Praxis keine Behandlungen durch einen Tierarzt mehr stattfinden. Es sei denn, Sie treffen eine entsprechende Vereinbarung mit anderen Praxen.“

Eli seufzte. Schon sein ganzes Leben lang erwartete man von ihm, dass er nach der Pensionierung seines Vaters in dessen Fußstapfen trat. Er selbst hatte das nie gewollt. Umso mehr hatte es ihn überrascht, dass er irgendwann doch den Wunsch verspürt hatte, Tierarzt zu werden. Also studierte er Veterinärmedizin, wollte jedoch auf keinen Fall in der Praxis seiner Familie anfangen.

Trotz aller Kritik ließ Eli sich nicht umstimmen. Er arbeitete in größeren Praxen, behandelte kleinere und größere Tiere und nahm Stellen in Großbritannien, den USA, Frankreich und Spanien an. Er wollte seinem Vater nichts schuldig sein, sondern eine eigene Praxis gründen. Schon als Kind war Eli sehr auf seine Eigenständigkeit bedacht gewesen. Und jetzt, mit einunddreißig, fand er sich plötzlich genau in der Situation wieder, in die er niemals hatte geraten wollen.

Aber sollte die Praxis wegen seiner Sturheit schließen müssen? Nein, natürlich nicht. Wenn sich herumsprach, dass er für den Niedergang von gleich zwei Tierarztpraxen verantwortlich war, würde ihn niemand mehr einstellen.

„Können Sie noch einmal eine Stellenanzeige schalten?“, fragte er.

„Die letzte Anzeige war vier Wochen lang geschaltet“, erinnerte ihn sein Anwalt. „Und die Tierärzte, die sich beworben haben, hatten alle nicht genug Erfahrung.“

„Vielleicht könnte ich jemanden ein paar Monate lang einarbeiten. Und sobald Matt wiederkommt, kann er das übernehmen“, überlegte Eli laut. „Ich werde nur vorübergehend hierbleiben. So lange, bis ich den neuen Tierarzt eingearbeitet habe.“

Alles in Eli sträubte sich gegen diese Lösung. Doch wenn die Praxis seines Vaters schließen musste, hätten die Menschen in der Umgebung niemanden mehr, der sich um ihre Tiere kümmerte.

Und Eli liebte Tiere. Mit ihnen war er immer besser ausgekommen als mit Menschen.

Genau aus diesem Grund würde er es tun: für die Tiere.

1. KAPITEL

Aurora Henricks zog sich das Oberteil ihrer Arbeitskleidung herunter. In einer Hand hatte sie ihren Schlüssel, mit der anderen hielt sie einen Welpen fest. Der Kleine zappelte dermaßen, dass ihr Oberteil hochgerutscht war und den Blick auf ihre Taille freigab. So wollte sie sich potenziellen Neukunden lieber nicht präsentieren.

Sie strich dem Hund über den Kopf. „Ganz ruhig. Ich sehe erst mal nach, ob du gechippt bist. Bestimmt vermisst dich jemand schon furchtbar!“

Auf dem Weg zur Arbeit hatte der Wagen vor ihr plötzlich gebremst. Als Aurora den verängstigten kleinen Hund gesehen hatte, war sie sofort an den Rand gefahren. Dann war sie zehn Minuten lang durch den matschigen Wald gestapft, hatte Leckerlis verstreut und so den Welpen schließlich zu sich locken können.

Jetzt wirkte er schon deutlich weniger ängstlich. Der Schlamm an seinen Pfoten war getrocknet, hatte jedoch deutlich sichtbare Spuren auf ihrer Uniform hinterlassen.

„Kommen Sie immer so spät und in diesem Zustand zur Arbeit?“, fragte jemand scharf.

Vor ihr stand ein großer, schlanker Mann mit leicht zerzaustem hellbraunem Haar, einem Hauch von Bartstoppeln – und ziemlich verärgertem Gesichtsausdruck.

„Wer sind Sie denn?“, gab Aurora ebenso scharf zurück. Es sollte niemand hier sein, wenn sie aufschloss – schon gar kein Wildfremder.

„Das wollte ich Sie auch gerade fragen.“

Sie blinzelte und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Währenddessen überlegte sie, wie schnell sie den Hund in Sicherheit bringen und etwas finden konnte, womit sie dem Kerl einen überziehen konnte. Ihr Blick fiel auf einen Besen, der in der Ecke stand.

„Da ich sowohl die Schlüssel habe als auch meine Praxiskleidung trage, kann ich hier wohl die Fragen stellen. Wie kommen Sie dazu, in meine Praxis einzubrechen?“

Dabei kam ihr der Mann nicht wie ein Einbrecher vor. Bei näherer Betrachtung stellte sie fest, dass er ziemlich gut aussah. Besondere Angst machte er ihr nicht. Das war ein gutes Zeichen, denn aufgrund früherer Erlebnisse hatte Aurora Hendricks in Bezug auf gefährliche Männer einen sechsten Sinn entwickelt.

Sie setzte den kleinen Hund auf einem Behandlungstisch ab und hielt ihn mit einer Hand fest, während sie sich die nasse Jacke abstreifte.

„Aha, das ist also Ihre Praxis, ja?“, fragte der Fremde leicht amüsiert.

Aurora gab dem Welpen Leckerlis und nahm das Chiplesegerät aus der Schublade. „Bis jemand anders hier auftaucht, schon.“ Sie sah ihn an. „Oder sind Sie etwa noch einer dieser Vertretungsärzte?“

Er runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“

Ohne ihn zu beachten, überprüfte sie, ob der kleine Hund gechippt war, um seinen Besitzer festzustellen. Doch sie fand nichts. „Oje, dann bist du wohl ausgerissen“, sagte sie und nahm den Welpen in die Arme.

Der Mann kam näher. „Von wo ausgerissen?“

„Von einem der Zuchtbetriebe in der Umgebung. Der Kleine ist noch nicht gechippt, also wurde er noch nicht verkauft.“ Sie hob den Welpen hoch und sah ihn an. „Allerdings sieht er nicht gerade nach einer reinrassigen Züchtung aus.“

Der Fremde betrachtete ihn. „Vielleicht ein Collie-Mischling?“

Aurora blinzelte überrascht. „Sie sind doch ein neuer Vertretungsarzt, oder? Aber woher haben Sie die Schlüssel?“

„Sie gehören mir.“ Er wollte ihr den Hund abnehmen. „Ich sehe ihn mir mal an.“

In Bezug auf Tiere hatte Aurora einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt. Sie hielt seine Hand fest. „Erst wenn ich Ihre Identität und Qualifikation kenne.“

Überrascht sah er sie an. „Dass ein Wildfremder hier auftaucht, stört Sie nicht, aber wehe, er will einen streunenden Hund untersuchen?“

Sie musterte ihn eindringlich. „Mit Ihnen kann ich es aufnehmen. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, auf mich aufzupassen. Aber auf gar keinen Fall überlasse ich Ihnen den kleinen Hund, bis Sie sich ausgewiesen haben.“

Einen Moment lang sahen sie einander starr an. Dann nickte der Mann, ging ihr voraus in den Flur und wies auf ein Bild, das an der Wand hing.

Aurora war schon Tausende Male daran vorbeigegangen. Das Foto zeigte David Ferguson, dem die Praxis gehört hatte, mit seinem Kollegen und seinem Sohn.

Endlich fiel der Groschen.

„Das sind Sie?“, fragte sie ungläubig.

Der schlaksige Junge in T-Shirt und schlecht sitzender Jeans wirkte so ganz anders als der einen Meter achtzig große, schlanke Mann mit dem sexy Dreitagebart und den blauen Augen. Wieder betrachtete sie das Foto und dann ihn.

„Der Haaransatz ist ähnlich“, sagte sie schließlich.

Er schnaubte empört. „Ich bin Elijah Ferguson. David Ferguson war mein Vater. Ich bin nur hier, bis Matt wieder fit ist und wir gemeinsam einen neuen Tierarzt ausbilden können.“

Dass er Matt beim Namen kannte, ließ darauf schließen, dass er wirklich Elijah Ferguson war und nicht vorhatte, Medikamente oder Welpen zu stehlen.

„Wo wohnen Sie denn?“

„Direkt nebenan. Aber das Haus werde ich dem neuen Tierarzt zur Verfügung stellen.“ Er wies mit dem Kinn nach oben. „Ich kann in einem der Zimmer oben schlafen, während ich ihn einarbeite.“

„Oder sie.“

„Ja, oder sie.“ Er lächelte und wandte sich dem Welpen zu. „Darf ich den Kleinen jetzt untersuchen?“

„Na gut.“

Er ging sofort in einen der Behandlungsräume. Kein Wunder, dass er sich in der Praxis auskannte. Augenscheinlich war er wirklich der Sohn des verstorbenen Tierarztes. Trotzdem war es merkwürdig, dass er einfach so hier auftauchte. Als Mitarbeiterin hätte er sie doch wirklich informieren können.

Aurora war zwar erst seit vier Jahren tiermedizinische Fachangestellte, doch sie erkannte genau, ob jemand kompetent war oder nicht. Der Mann horchte den Welpen ab, sah sich Maul, Augen und Ohren an. Dann tastete er Bauch und Rippen ab, stellte den Kleinen auf die Hinterbeine und setzte ihn schließlich noch behutsam auf die Waage.

Am liebsten hätte sie den jungen Hund an sich gerissen und ihn selbst untersucht. Elijah Ferguson machte seine Sache zwar gut, doch sie kannte ihn einfach nicht. Und warum hatte er nicht mit seinem Vater zusammengearbeitet? Hatte er dessen Ansprüchen als Tierarzt nicht genügt?

All dies ging ihr durch den Kopf, während sie warmes Wasser in das tiefe Waschbecken einließ.

„Der Kleine ist ziemlich dünn“, hörte sie seine tiefe Stimme.

Das hatte sie schon aus vierzig Metern Entfernung bemerkt.

„Er hat ein Herzgeräusch.“

Oh nein! „Ein starkes?“

Den Blick auf den kleinen Hund gerichtet, schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich würde das regelmäßig überprüfen, aber es kann gut sein, dass es verschwindet, wenn er größer wird.“

Sie streckte die Arme nach dem Welpen aus. „Ich werde ihn jetzt baden und füttern.“

„Was für Futter haben wir denn?“

Der kleine Hund ließ sich widerstandslos baden und mit einem weichen Lappen den Schmutz von den Pfoten und aus dem Fell waschen. Aurora nannte die beiden Futtersorten, die sie auf Vorrat hatten.

Elijah Ferguson runzelte die Stirn. „Hm, das finde ich nicht so gut. Ich fahre eben in die Stadt und kaufe Futter und noch ein paar andere Sachen. Füttern Sie ihn nicht, bevor ich wieder da bin.“

Sie nickte. Über Hundefutter gab es immer wieder Diskussionen. Manche Praxen hatten Verträge mit Herstellern und führten nur deren Futter. Auf Onlineforen wurde lebhaft darüber diskutiert, was für die Hunde am besten war: Trockenfutter, Dosenfutter, Rohfutter, welche Marke …

Hier in der Praxis hatten sie aber auch eine Tiefkühltruhe mit Huhn und Fisch. Das bekamen kranke Hunde bei ihnen oft, zusammen mit Reis oder Süßkartoffeln. Und wenn der mürrische Dr. Ferguson – wie sie ihn insgeheim getauft hatte – nicht bald von seinem Einkauf zurück war, würde sie dem kleinen Welpen etwas davon zubereiten.

Kurz darauf fuhr ein knallroter Sportwagen aus der Garage, den sie von einem der Fotos kannte. Er musste seinem Vater gehört haben.

Aurora trocknete den kleinen Hund ab und setzte ihn in der Beobachtungsstation in ein mit einer Decke ausgelegtes Körbchen. Er war von der ganzen Aufregung erschöpft und schlief schon fast.

An diesem Vormittag standen ein paar Routinetermine an. Sie musste Tiere wiegen, Krallen schneiden, Augentropfen verabreichen und die Haut eines West Highland Terriers behandeln. Außerdem waren Untersuchungsergebnisse von Proben zu prüfen, die Matt in der Vorwoche genommen hatte. Da Elijah Ferguson ihr nicht mitgeteilt hatte, was genau er hier tun würde, arbeitete Aurora einfach wie gewohnt.

Dass sie diese Praxis in der Nähe von Edinburgh gefunden hatte, war großes Glück gewesen. Aurora war achtundzwanzig Jahre alt, und tiermedizinische Fachangestellte war nicht ihr erster Beruf. Als Kind hatte sie Schauspielerin werden wollen und war auf eine Schauspielschule gegangen. Nach ein paar kleineren Auftritten im Fernsehen hatte sie eine größere Rolle in einer Serie über eine Familie, die nach Afrika gegangen war, bekommen. Die Hauptfigur der Serie war Tierarzt, und so war Aurora während der Zeit in Afrika von Menschen umgeben gewesen, die liebevoll und achtsam mit Tieren umgegangen waren.

Die Serie hatte Aurora schlagartig berühmt gemacht. In den sozialen Medien und der Yellow Press wurden Fotos von ihr beim Feiern mit Freunden oder Shoppen in London gepostet. Dann fing das Stalking an, zuerst in Form von Briefen, später kamen Geschenke hinzu. Als die zweite Staffel der Serie begann, wurde sie Opfer eines sexuellen Übergriffs durch ein Mitglied der Filmcrew.

Aurora begriff, dass sie einen Schlussstrich ziehen musste. Zum Glück hielten ihre Kollegen zu ihr und nahmen sie in Schutz, als die Presse ihr vorwarf, sie wolle als Trittbrettfahrerin der #MeToo-Bewegung lediglich Aufmerksamkeit erlangen. Als sie nach London zurückkehrte, wurde ihr Stalker nach einer versuchten Entführung festgenommen.

Nach diesem abrupten Ende ihrer Karriere im Showbusiness halfen ihr die Menschen sehr, mit denen sie sich während der Dreharbeiten in Afrika angefreundet hatte. Einer der tierärztlichen Berater riet ihr zu einem Studium zur tiermedizinischen Fachangestellten – was genau das Richtige gewesen war.

Dank des Studiums in Hertfordshire – und weil sie sich die Haare färbte und ihren echten Namen wieder annahm – entkam sie endlich ihrer Vergangenheit als Schauspielerin und konnte sich auf ihren neuen Lebensabschnitt konzentrieren. Und auch wenn einige ihrer Kollegen sie erkannten, gelang es ihr, nicht über die Gründe für ihren Berufswechsel zu sprechen.

Nach Abschluss ihres Bachelors hatte sie ein Jahr lang in einer Praxis am Stadtrand von London gearbeitet, bis sie eine Anzeige für ihre jetzige Stelle gefunden hatte. Die Praxis lag in ländlicher Umgebung in der Nähe von Edinburgh und behandelte sowohl Haustiere als auch Hoftiere. Sie war einfach perfekt.

Dank ihrer Fernsehkarriere hatte Aurora sich ein winziges Cottage kaufen und gleich abbezahlen können. Da ihre Nebenkosten nicht sehr hoch waren, konnte sie weiterhin Geld zur Seite legen. Ihr Leben war in Ordnung, solange sie sich vom Rampenlicht fernhielt und keine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Sie wog eine Katze, die aus gesundheitlichen Gründen streng Diät halten musste. „Ms. Bancroft, haben Sie sich beim Füttern an die Vorgaben gehalten?“, fragte sie die Besitzerin. Diese nickte, wich ihrem Blick jedoch aus.

„Und ihr auch keine Leckerlis gegeben?“

Die ältere Frau zuckte leicht mit den Schultern. „Nur ein paar.“

Die Katze fixierte Aurora mit einem durchdringenden Blick, als würde sie jedes Wort verstehen.

„Trudie wiegt noch immer so viel wie beim letzten Mal. Sie muss wirklich dringend abnehmen. Das Übergewicht schadet auf Dauer ihren Gelenken und ihrem Herzen.“

Ms. Bancroft nahm ihre empört wirkende Katze an sich. „Ich werde es versuchen.“

Wahrscheinlich terrorisierte Trudie ihre Besitzerin jeden Tag so lange, bis diese ihr Leckerlis gab. Aurora seufzte unhörbar. „Immerhin hat sie nicht weiter zugenommen, das ist ja schon mal etwas. Bitte kommen Sie in zwei Wochen wieder vorbei.“

Als Nächstes kürzte sie einem Pekinesen die Krallen und einem Hamster die Zähne, behandelte ein Katzenjunges mit schlimmer Augenentzündung und versorgte einen Highland Terrier, der an einem atopischen Ekzem litt.

„Rund ein Viertel der Hunde dieser Rasse leidet irgendwann unter diesem Ekzem. Es ist wichtig, das in den Griff zu kriegen, weil es zu Hautschäden und Entzündungen führen kann und die betroffenen Tiere sich oft sehr unwohl fühlen“, erklärte sie der jungen Halterin. „Wenn du seine Haut jeden Tag behandelst, nimmt der Juckreiz ab und er kratzt sich nicht mehr so stark.“

Das Mädchen nickte energisch. Sie liebte ihren Hund und würde sich bestimmt gut um ihn kümmern.

Als Aurora den fünften Patienten behandelt hatte, war Elijah Ferguson noch immer nicht aufgetaucht. Also bereitete sie dem Welpen schnell etwas Huhn und Reis zu, fütterte ihn und ging dann kurz mit ihm nach draußen. „Du brauchst einen Namen“, stellte sie fest, bevor sie ein Foto von ihm machte und es auf der Website der Praxis veröffentlichte, um den Halter zu ermitteln.

Sie betrachtete den kleinen Hund, dessen schwarz-weißes Fell nach dem Bad regelrecht flauschig war. „Bert“, befand sie schließlich lächelnd. So hatte ihr Lieblingskollege bei der Fernsehserie geheißen. Er war etwa so alt wie ihr Großvater und immer für sie da gewesen, was ihr damals sehr geholfen hatte.

Aurora setzte sich den Welpen auf den Schoß und sah sich die Ergebnisse einiger Untersuchungen aus der Vorwoche an. Beim ersten schloss sie kurz die Augen und atmete tief durch.

Ein älterer Hund hatte Krebs in fortgeschrittenem Stadium. Sein Besitzer war mit ihm vorbeigekommen, weil der Hund angefangen hatte zu humpeln. Matt hatte schon eine Vermutung gehabt und den Besitzer auf das Schlimmste vorbereitet. Doch Matt war jetzt nicht da, da er ebenfalls an Krebs erkrankt war und sich von der Behandlung erholen musste. Und Frankie, der französische Tierarzt, hatte letzte Woche gekündigt und war nach Dubai gegangen.

Aurora kannte den Besitzer des Hundes persönlich. Weil er erst vor wenigen Jahren seine Frau verloren hatte, musste man unbedingt einfühlsam mit ihm umgehen. Und sie bezweifelte, dass Elijah über das nötige Feingefühl verfügte.

Also würde sie ihn selbst anrufen, um die traurige Nachricht zu überbringen. Dieser Teil ihrer Arbeit war schwer, aber auch sehr wichtig. Sie atmete tief ein und griff zum Hörer.

Eli war wütend.

Er war wütend, weil es mehrere dubiose Hundezuchtbetriebe in der Nähe der Praxis gab. Er war wütend, dass sein Auto seit gestern Abend streikte und er nun den Wagen seines Vaters nutzen musste, was jede Menge Erinnerungen in ihm wachrief. Er war wütend, dass er die Mitarbeiter der Praxis vor seinem Eintreffen nicht kontaktiert hatte – ein echter Anfängerfehler. Dass er die Frau heute Morgen erschreckt hatte, war kein guter Einstieg gewesen.

Er war sogar wegen der Hundefuttermarke wütend, die Matt offenbar seit einigen Jahren in der Praxis anbot. Dabei ging ihn das doch wirklich nichts an. Trotzdem hatte Eli jede Menge Futter gekauft und den ganzen Kofferraum vollgepackt.

Und er war wütend, weil die Mitarbeiterin so unglaublich attraktiv war. Wieder musste er daran denken, wie sie hereingekommen war: das dunkelrote Haar vom Wind zerzaust und die Arbeitskleidung voller Schlammspritzer. Dass er auf ihr Erscheinen mit dem Welpen nicht gerade positiv reagiert hatte, schien ihr nichts auszumachen.

Plötzlich fiel ihm ein, dass er sie gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Sein Vater wäre sicher enttäuscht über diese Unhöflichkeit. Eli spürte, wie er erneut wütend wurde.

Seit dem ersten Blick auf die vertraute Landschaft war er innerlich extrem angespannt. Einen rationalen Grund dafür gab es nicht. Eli hatte keine unglückliche Kindheit gehabt: Seine Eltern hatten ihn geliebt. Aber sein Vater hatte nur für den Beruf gelebt, sich morgens um drei um Pferde und Schafe auf den umliegenden Farmen gekümmert und häufig Elis Fußballspiele wegen eines Notfalls verpasst. Bei Schulveranstaltungen war er manchmal eingeschlafen, weil er die ganze Nacht auf den Beinen gewesen war. Alle hatten ihn geliebt, auch Eli. Doch als Vater war David Ferguson praktisch nicht in Erscheinung getreten. Und so hatte Eli immer das Gefühl gehabt, erst an zweiter Stelle zu kommen. Als Kind half er unter anderem deshalb samstags in der Praxis, weil er sich nur so die Aufmerksamkeit seines Vaters verschaffen konnte.

Auch als Erwachsener konnte er diese Gefühle nur schwer in Worte fassen, hatte sie jedoch unausgesprochen immer im Hinterkopf. Dabei führte er eigentlich ein schönes Leben. Sein Vater war hocherfreut gewesen, dass er ebenfalls Veterinärmedizin studiert und das Studium als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte.

All das erweckte in Eli den starken Wunsch, die Flucht zu ergreifen.

Als er heute die Praxis betreten hatte, war er unfassbar nervös gewesen und sich dabei sehr blöd vorgekommen. Schließlich war sein Vater seit mittlerweile sechs Jahren tot. Doch so vieles rief Erinnerungen an früher in Eli wach: die Fotos, die Farbe der Wände, die Aufteilung der Praxis … Matt hatte einfach nichts verändert.

Als er in die Auffahrt bog, fiel ihm das kleine blaue Auto ins Auge, das über und über mit Schlamm bedeckt war. Offenbar war die Praxisangestellte durchs Gelände gefahren, um den kleinen Hund zu retten. Er musste daran denken, wie sie den Welpen schützend an sich gedrückt und ihn aufgefordert hatte, sich auszuweisen.

Ihr Verhalten erfüllte ihn mit Bewunderung. Gleichzeitig schoss ihm dabei ein unguter Gedanke durch den Kopf: Als er das letzte Mal eine Mitarbeiterin attraktiv gefunden hatte, war durch seine Schuld die Praxis den Bach runtergegangen. Das durfte ihm auf gar keinen Fall noch einmal passieren.

Eli parkte und stieg aus. Er war deutlich später dran als geplant.

Beim Eintreten hörte er die mitfühlende Stimme der Mitarbeiterin. „Es tut mir wirklich leid.“ Dann sagte sie etwas von Untersuchungsergebnissen, Krebs und schlechten Heilungschancen. In seinem Kopf begannen die Alarmglocken zu schrillen.

Wer war diese Frau, und was tat sie da?

„Mit wem sprechen Sie?“, fragte er.

Sie zuckte zusammen, und auch der kleine Hund auf ihrem Schoß erschrak. „Mit einem unserer Kunden – wegen der Untersuchungsergebnisse, die Matt letzte Woche gemacht hat.“ Sie sah ihn mit ihren grünen Augen an.

„Und das betrachten Sie als Ihre Aufgabe?“

Ihr war anzusehen, dass ihr sein Verhalten nicht gefiel. Sie wandte sich ab und führte das Telefonat fort. „Mr. Sannox, unser neuer Tierarzt ist gerade eingetroffen. Ich kann mir vorstellen, wie schwer das alles für Sie sein muss. Soll ich nachher vorbeikommen, damit wir in Ruhe über alles sprechen können?“

„Das werden Sie nicht tun.“ Am liebsten hätte Eli ihr das Telefon aus der Hand gerissen. Was bildete die Frau sich eigentlich ein? „Beenden Sie das Gespräch“, forderte er sie auf. So ging das nicht. Derartige Neuigkeiten sollten immer von einem Tierarzt überbracht werden!

Doch sie drehte ihm den Rücken zu und sagte: „Alles klar, dann bis um drei. Gern geschehen.“

Hätte Eli nicht gesehen, dass ihre Hand ganz leicht zitterte, hätte er sie angeschrien.

Sie legte auf und sah ihn aufgebracht an. „Ich habe Sie also richtig eingeschätzt.“

„Wie bitte?“, fragte er verdutzt.

„Ich hatte überlegt, ob ich es Ihnen überlassen soll, Mr. Sannox die Untersuchungsergebnisse mitzuteilen. Aber ich habe mich dagegen entschieden – zum Glück! Wie können Sie mich einfach unterbrechen, während ich jemandem mitteile, dass sein Tier sterbenskrank ist? Was ist los mit Ihnen?“

„Was mit mir los ist? Was ist denn mit Ihnen los? Woher nehmen Sie sich das Recht, Untersuchungsergebnisse zu übermitteln, ohne dass ein Tierarzt sie sich zuerst angesehen hat? Verstehen Sie überhaupt, was die Ergebnisse bedeuten? Kennen Sie sich mit den Behandlungsmöglichkeiten aus? Sind Sie dafür überhaupt ausgebildet?“

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht nur ihren Namen nicht kannte, sondern auch nichts über ihren Hintergrund und ihre Ausbildung wusste. Laut der Anwälte besaßen beide Mitarbeiterinnen ein solides Fachwissen. Eine davon kannte er schon ewig. Aber diese … Wie lange arbeitete sie noch mal hier? Ein Jahr? Zwei?

Sie kam einen Schritt auf ihn zu. „Sie werden nie wieder in diesem Ton mit mir sprechen, Elijah Ferguson“, sagte sie scharf, und plötzlich hörte er einen unerwarteten Akzent heraus. „Sie tauchen hier heute Morgen auf, ohne sich anzukündigen. Dann verschwinden Sie einfach wieder und teilen mir nicht einmal mit, wann Sie wiederkommen oder ob Sie jetzt hier arbeiten. Bisher weiß ich nur von mir mit Sicherheit, dass ich für all das qualifiziert bin. Und ich kenne diese Menschen und weiß genau, wie viel Rudy Mr. Sannox bedeutet. Außerdem weiß ich, was er in den letzten Jahren durchgemacht hat.“

Ihr Liverpooler Akzent war jetzt unverkennbar, genau wie ihr Ärger.

Eli wurde kalt. „Geht es um Jack Sannox?“

Sie blinzelte überrascht. „Ja.“

„Ich kenne ihn. Und sein Hund ist schwer krank?“

„Ja, sein Border-Collie“, erwiderte sie zögernd. „Seit dem Tod seiner Frau vor ein paar Jahren lebt er ziemlich zurückgezogen. Dass es Rudy so schlecht geht, wird ihn umbringen.“

Das war etwas dramatisch ausgedrückt. Aber offenbar hatte Aurora schon einiges über die Farmer und ihre Hof- und Haustiere gelernt.

„Also haben Sie ihm erzählt, wie es um seinen Hund steht.“

Sie erwiderte Elis Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. „Ja. Denn Sie haben heute Morgen nicht gerade den Eindruck auf mich gemacht, als verfügten Sie über das dafür nötige Feingefühl.“

Sie nahm wirklich kein Blatt vor den Mund. Ob er mit dieser Frau zusammenarbeiten könnte – und sei es auch nur ein paar Wochen lang? Ihre Worte ärgerten ihn. Aber hatte sie nicht recht?

Er straffte sich und reichte ihr die Hand. „Elijah Ferguson“, stellte er sich noch einmal vor. „Aber bitte nennen Sie mich doch Eli. Ich habe vor acht Jahren mein Studium abgeschlossen. Und vielleicht wirke ich als Mensch nicht sehr sympathisch, aber ich bin ein ausgezeichneter Tierarzt.“ Er atmete hörbar aus. „Und ich kenne Jack Sannox. Ich war bei der Beerdigung seiner Frau Bessie.“

Aurora hatte seine Hand noch nicht ergriffen. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt einen blassgrünen Arztkittel, der perfekt zu ihren Augen passte. Das Haar hatte sie zu einem ordentlichen Knoten zusammengefasst. Ihre ganze Ausstrahlung war äußerst professionell. Widerstrebend musste Eli zugeben, dass ihm auch ihr Beschützerinstinkt in Bezug auf Tiere und ihre Halter sehr gut gefiel.

Die Atmosphäre war sehr angespannt, und er wusste nicht, ob sich die Situation noch retten ließ. Aber er war entschlossen, es zumindest zu versuchen. „Ich werde auf absehbare Zeit hier arbeiten, während wir versuchen, einen neuen Tierarzt einzustellen. Wenn es sein muss, nehme ich auch einen Berufseinsteiger und arbeite ihn kurz ein, bis Matt sich so weit erholt hat, dass er wieder arbeiten kann. Das heißt, ich werde eine Weile lang Ihr neuer Chef sein.“

Er sah, wie sich ihre Schultern bei den letzten Worten anspannten. Ihr Blick drückte unzählige Gefühle aus, auch Resignation. Doch er konnte es sich nicht leisten, noch eine Angestellte zu verlieren.

Schließlich kam sie auf ihn zu und drückte seine Hand mit erstaunlich festem Griff. „Aurora Hendricks.“ Von ihrem Akzent war nichts mehr zu hören. „Ich bin seit anderthalb Jahren hier angestellt, und wir haben immer als Team gearbeitet. Von Hierarchien halte ich nicht viel. Und um Ihre Frage von vorhin zu beantworten: Ja, ich bin fertig ausgebildet und hoch qualifiziert. Ich habe einen Bachelor in tiermedizinischer Pflege und weiß genau, was die Testergebnisse bedeuten.“

Aurora. Ein ungewöhnlicher Name, der aber gut zu ihr passte. Und irgendwie kam sie Eli bekannt vor. Er verspürte ein feines Vibrieren. Mit ihrem roten Haar, dem hellen Teint und den grünen Augen war Aurora sehr attraktiv. Wären sie sich schon einmal begegnet, würde er sich bestimmt daran erinnern.

Sie atmete tief ein. „Und es geht mir nicht nur um die Ergebnisse. Ich werde künftig regelmäßig bei Jack Sannox vorbeisehen und ein Auge auf ihn haben.“

Da wusste Eli, dass er einen Weg finden musste, mit ihr zusammenzuarbeiten.

Er nickte. „In Ordnung. Aurora, das ist ein ungewöhnlicher Name.“

Sie wirkte erstaunt über den Themenwechsel. „Elijah ist auch nicht gerade häufig“, erwiderte sie. „Mein Vater hat den Namen nach dem Polarlicht Aurora Borealis ausgesucht. Aurora bedeutet Morgenröte.“

Eli lächelte ein wenig traurig. „Meinen Namen hat auch mein Vater ausgesucht. Er war nicht religiös, aber als Kind hatte er den Namen in der Sonntagsschule gehört, und er gefiel ihm einfach. Zum Glück – sonst hätte er mich wahrscheinlich nach seiner Lieblingsrinderrasse benannt.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Ich würde mich gern mit Rudys Fall vertraut machen, wenn Sie nichts dagegen haben – und nachher mit zu Jack fahren. Er kann weitere Unterstützung bestimmt gut gebrauchen, wenn ich Rudy nicht helfen kann.“ Sein Blick glitt zu dem Welpen. „Und was machen wir jetzt mit diesem kleinen Kerl?“

„Er heißt Bert“, informierte ihn Aurora.

„Und woher stammt der Name?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Von einem Freund, auf den ich mich immer verlassen konnte. Ich habe ein Foto auf unsere Website gestellt, vermute aber, dass er niemandem gehört. Vielleicht weiß das Tierheim jemand, der ihn aufnehmen kann.“

„Ist einer unserer Kunden vielleicht auf der Suche nach einem Hund?“

Aurora überlegte. „In den letzten Monaten sind einige ältere gestorben. Anne und ich konnten ihre Tiere bei anderen Kunden unterbringen. Ich fürchte, wir haben das Potenzial an Pflegestellen ausgeschöpft“, seufzte sie.

Eli nahm Bert in die Arme. „Ich schätze ihn auf etwa acht Wochen, und Welpen machen ja eine Menge Arbeit. Vielleicht war seinem Besitzer das einfach zu viel.“ Kurz darauf traf er seine Entscheidung. „Warten wir ein paar Tage ab, ob sich jemand meldet. Bis dahin kann er bei mir bleiben. Früher gab es draußen Zwinger – ich sehe mir mal an, in welchem Zustand die sind.“

„Sie werden hier wohnen?“, fragte Aurora überrascht.

„Wie gesagt möchte ich das Haus dem neuen Tierarzt anbieten. Also werde ich einfach über der Praxis schlafen. Es gibt ja eine komplette Wohnung mit drei Schlafzimmern, Wohn- und Badezimmer und einer neuen Küche.“

„Wenn wir einen Patienten über Nacht zur Beobachtung dabehalten, schlafen Anne oder ich in einem der Zimmer“, warnte Aurora ihn.

„Kein Problem“, meinte er schulterzuckend. „Es ist ja nur für ein paar Monate. Außerdem schnarche ich nicht.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Aber ich.“

Es sah ganz danach aus, als würde Aurora Hendricks ihn ziemlich auf Trab halten.

Eli drückte sein Gesicht in das Fell des kleinen Hundes. „Dann sollten wir uns wohl lieber Ohrenstöpsel besorgen, Bert.“

2. KAPITEL

Als Aurora am nächsten Morgen zur Praxis kam, regnete es in Strömen. Der Bereich vor dem Eingang hatte sich in eine Schlammwüste verwandelt. Drinnen stieg sie aus ihren Gummistiefeln – und trat in eine Pfütze Hundepipi.

„Igitt“, sagte sie. Aber es war nicht das erste Mal, dass ihr das passierte – und würde sicher auch nicht das letzte Mal sein.

„Entschuldigung.“ Eli erschien, mit Bert auf dem Arm. „Ich hatte gestern zwar noch die Zwinger in Ordnung gebracht, aber wie sich herausstellte, gehört Bert ins Haus.“

Aurora musste lächeln. Sie streifte sich die nassen Socken ab und streichelte Bert über den Kopf. „Zeigst du ihm, wer hier das Sagen hat?“ Der Welpe leckte ihr die Hand.

Eli betrachtete ihre lackierten Zehennägel. „Soll ich Ihnen Socken holen?“

Sie nickte und zog sich gerade dankbar die dicken Wollsocken an, als Anna hereinkam.

„Wieder mal ein typischer schottischer Sommertag.“ Sie schüttelte ihren Regenschirm und verharrte dann mitten in der Bewegung. „Eli?

In der nächsten Sekunde eilte sie zu ihm und schloss ihn in die Arme.

Aurora betrachtete die beiden. Anne hatte schon mit Elis Vater zusammengearbeitet, da kannte sie seinen Sohn natürlich.

„Und wen haben wir hier?“, fragte sie und streichelte Bert.

„Das ist Bert, vermutlich ein Streuner.“ Eli warf Aurora einen Blick zu. „Ich werde ihn erst einmal hierbehalten, falls sich sein Besitzer meldet.“

„War ja klar.“ Lächelnd hakte Anne sich bei ihm unter. „Komm, wir trinken erst mal einen Tee zusammen. Aurora, du kommst doch eine Weile allein zurecht, oder?“

Sie nickte.

„Können Sie Jack Sannox in den Terminkalender eintragen? Gestern war ihm ja noch nicht nach dem Gespräch zumute“, bat Eli.

Wieder nickte Aurora, während Anne Eli in die Küche führte und dabei ununterbrochen redete.

Sie ging die Termine des Tages durch. Eli hatte bei einigen etwas notiert, vor allem Fragen an die Tierhalter oder zum Behandlungsplan. Aurora las alles durch und stellte fest, dass er sehr gewissenhaft war. Er hatte auch Anweisungen zu den Eingriffen am nächsten Tag geschrieben und bat sie, die Besitzer der betreffenden Tiere anzurufen und daran zu erinnern, was vorher zu bedenken war. Das tat Aurora sowieso immer, was Eli jedoch nicht wissen konnte. Also versuchte sie, sich nicht darüber zu ärgern.

Worüber Anne und Eli sich wohl unterhielten? Eigentlich hätte Aurora auch gern einen Tee getrunken, doch sie wollte die beiden nicht stören.

Sie schätzte Anne sehr als Kollegin. Die ältere Frau wohnte in einem Dorf in der Nähe und hatte schon mehrmals geäußert, wie schade es sei, dass Elijah die Praxis nicht übernommen habe.

Keine Viertelstunde später kam unangekündigt eine Frau mit einer Katze, die Flöhe hatte. Die entsetzte Besitzerin sorgte sich um ihre Designer-Outfits und teuren Möbel und bombardierte Aurora mit Fragen. Diese konzentrierte sich auf die Katze und erklärte der Frau, dass sie ihr Tier behandeln und außerdem gründlich staubsaugen sowie sämtliche Textilien waschen und desinfizieren musste.

Am Vormittag kümmerten Anne und Aurora sich um ihre Patienten und unterstützten Eli, wenn es notwendig war.

Anne sah sich die neuen Futtervorräte an. Nach einem Blick auf die Zutaten nickte sie zufrieden. „Das hier ist hypoallergen – sehr gut für unsere vielen Patienten mit empfindlichem Magen.“

„Und was hältst du von unserem neuen Tierarzt?“, fragte Aurora betont beiläufig.

„Ich freue mich riesig, dass Eli da ist“, erwiderte Anne lächelnd. „Er ist seinem Vater jetzt so ähnlich! Auch in seinen Gesten und seiner Ausdrucksweise.“

„Sein Vater und Matt haben die Praxis gemeinsam geführt, richtig?“

Anne nickte. „Ja, bis David in den Ruhestand gegangen ist. Im Grunde hätte er das schon viel früher machen können. Aber seine Frau Sarah war damals schon tot, und Eli hat irgendwo anders gearbeitet. David wollte Matt nicht im Stich lassen.“

Aurora blickte aus dem Fenster. Wegen des Regens war jetzt nicht viel zu sehen, doch normalerweise bot sich einem der wunderschöne Blick auf das ländliche Schottland dieser Gegend mit seinen unzähligen Grüntönen, Heidekraut und weißen Schafen.

„Warum ist es nur so schwer, hier einen Tierarzt zu finden?“, wunderte sie sich.

„Ich weiß es nicht.“ Anne klang ein wenig traurig. „Ich glaube, David war sehr wählerisch. Und Eli scheint ihm da ähnlich zu sein. Als die Praxis an ihn ging, war ihm kein Bewerber gut genug. Aber selbst wollte er auch nicht hier arbeiten.“

„Interessant.“ Aurora vergewisserte sich, dass die Luft rein war. Dann fragte sie leise: „Und warum hat Eli nicht mit seinem Vater zusammengearbeitet oder die Praxis übernommen?“

„Er hatte eine eigene Praxis am Stadtrand von London. Ich weiß aber nicht, was mit ihr passiert ist. Nun ist Frankie gegangen und Matt krank – da hatte er wohl keine andere Wahl als zurückzukommen.“

Anne würde bald in den Ruhestand gehen, doch sie selbst musste noch zwanzig Jahre oder länger arbeiten. Wenn sich kein neuer Tierarzt fand, würde die Praxis schließen, und dann wäre sie arbeitslos. Aurora liebte ihr Cottage und ihr neues Zuhause sehr, sie wollte nicht von hier weg. Doch wenn Eli nur vorübergehend hier war, musste sie sich nach einer anderen Stelle umsehen.

Als ein Auto vor der Praxis hielt, ging Aurora zur Haustür. Eli kam hinzu, und der Duft seines Aftershaves hüllte sie ein. Es war angenehm frisch und würzig, und sie atmete es noch tiefer ein.

Verdammt! Ich sollte mich nicht zu jemandem hingezogen fühlen, mit dem ich zusammenarbeite – und der ganz schön giftig sein kann. Und jetzt lächelte er ihr auch noch zu.

Ein Paar in den Zwanzigern trug eine Katze in einer Transportbox herein. Eli führte die beiden in ein Behandlungszimmer und stellte ihnen ein paar Fragen zu ihrem Kater, der Arthur hieß. Aus irgendeinem Grund befiel Aurora bei dem Paar ein ungutes Gefühl. Das passierte ihr nicht zum ersten Mal.

Der Mann fiel seiner Partnerin ständig ins Wort. Außerdem ließ er den Blick immer wieder zu Aurora gleiten, obwohl sie gar nicht mit ihm sprach, sondern am Computer Daten eingab, während Eli den Kater untersuchte. Die Blicke des Mannes waren ihr unangenehm. Ein paar Mal lächelte er ihr sogar zu, als seine Partnerin gerade abgelenkt war.

Auch Eli schien etwas zu bemerken, denn er warf ihr einen fragenden Blick zu. Schließlich sagte er zu den beiden: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Arthur Diabetes hat. Darauf deutet alles hin, was Sie mir beschrieben haben: dass er so viel trinkt und frisst und trotzdem abgenommen hat. Ich muss noch ein paar Tests durchführen, um die Diagnose zu bestätigen.“

Die Frau wurde blass. „Ist das schlimm?“

„Es kann schlimm sein“, erwiderte Eli. „Aber Diabetes kommt bei Katzen häufiger vor und lässt sich in der Regel gut behandeln.“

„Muss er Spritzen bekommen?“, fragte der Mann. „Meine Oma hat auch Diabetes, darum kenne ich mich gut damit aus.“

„Ja, wahrscheinlich. Kommen Sie doch in ein paar Stunden wieder. Bis dahin habe ich Arthur genauer untersucht, und wir können über den Behandlungsplan sprechen.“

Der Mann warf Aurora noch mehrmals einen Blick zu. Unbehaglich rutschte sie auf ihrem Stuhl zur Seite.

Als die beiden gegangen waren, fragte Eli: „Ist alles in Ordnung?“

„Ich fand den Mann unangenehm“, sagte sie, ohne ins Detail zu gehen. Der Übergriff und das Stalking hatten ihr Leben tiefgreifend verändert. Auch jetzt noch, viele Jahre später, ging sie zur Therapie, wenn das nötig war. Und gerade hatte sie wieder das deutliche Gefühl, dass sie sich bei ihrer Therapeutin melden sollte.

Sie stand auf und hob Arthur hoch. „Soll ich mit den Tests anfangen, und Sie kümmern sich um das Rezept für das Insulin?“

Eli nickte und machte sich noch ein paar Notizen. Insgeheim hoffte Aurora, dass später nur die Frau vorbeikommen würde. Denn sie würde detailliert erklären müssen, wie Arthur künftig gefüttert werden sollte und wie man ihm die Spritzen gab.

Der Tag hatte merkwürdig angefangen. Das bevorstehende Wiedersehen mit Anne hatte Eli nervös gemacht, da sie von der unterschwelligen Feindseligkeit zwischen Eli und seinem Vater gewusst hatte. Doch sie hatte ihn herzlich empfangen und verhielt sich sehr professionell. Trotzdem meinte er zu spüren, dass sie tief im Innern enttäuscht von ihm war. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein.

In Bezug auf Aurora war er unsicher, wie er sie einschätzen sollte. Bei dem Termin hatte sie angespannt gewirkt.

Er verstand noch nicht ganz, wie der Praxisalltag hier ablief. Anne und Aurora übernahmen offenbar gemeinsam diverse Aufgaben. Wie setzte er die beiden am sinnvollsten ein? Zumal er wahrscheinlich nur kurze Zeit hier sein würde.

Doch Aurora faszinierte ihn. Dass ihm vorhin bei dem Termin nichts aufgefallen war, ärgerte Eli. Künftig würde er aufmerksamer sein. Auch über sie und ihren beruflichen Hintergrund wollte er mehr erfahren. Immer wieder glitt sein Blick unwillkürlich zu ihr. Und er dachte ständig über sie nach. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, dass die Luft zwischen ihnen flirrte. Aber das bildete er sich wohl nur ein.

Bert hatte eindeutig keine Lust zu lernen, wie er stubenrein wurde. Eli hatte völlig vergessen, wie anstrengend es war, einen Welpen zu erziehen. Er wischte mehrmals Pfützen auf und ging mit Bert nach draußen, wo er ihn mit Leckerlis für gutes Benehmen belohnte. Denn je schneller der Kleine stubenrein war, umso leichter konnte er in ein neues Zuhause vermittelt werden.

Anne rief ihn in die Küche, wo sich alle etwas zum Mittagessen zubereiteten. Sie warf einen Blick auf die anstehenden Termine.

„Was machen wir mit der Farm der Fletchers?“, fragte sie. „Da ist ein Termin eingetragen, aber es gibt keine Notizen dazu. Ich glaube, Matt war schon ein paar Mal da, weil es einigen Rindern nicht gut ging.“

„Ich kann gern hinfahren“, sagte Eli. „Hat Don Fletcher um den Termin gebeten?“

Anne schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube, Matt hat einfach vor ein paar Wochen beschlossen, noch einmal dort vorbeizusehen.“

Er überlegte kurz. „Bitte verschiebe den Termin um ein paar Tage. Ich möchte, dass wir uns heute Nachmittag für Jack Sannox Zeit nehmen können.“

Anne nickte und änderte den Eintrag. Nach einem schnellen Mittagessen ging Eli alles durch, was er für die wenigen Eingriffe am nächsten Tag benötigen würde. Das waren eine Gewebeentnahme und die Sterilisation von einem Hund und einer Katze.

„Erledigt, erledigt, erledigt“, antwortete Aurora auf jede Frage, die er ihr stellte. Sie wirkte leicht genervt von ihm. Aber er kannte sie und ihre Arbeitsweise nun einmal nicht und wollte auf keinen Fall riskieren, dass morgen ein Tier nicht richtig auf die OP vorbereitet war. Jeder Tierarzt würde sich doch vergewissern, dass alles in Ordnung war. Wenn Aurora das nicht gefiel, war das ihr Pech.

Der Nachmittag ging schnell herum, und bald war es Zeit für die Hausbesuche. Bei Farmen gehörten sie zum Arbeitsalltag, bei Haustieren kamen Hausbesuche deutlich seltener vor. Wenn das Leben eines Tiers zu Ende ging und es schwer krank war oder starke Schmerzen hatte, baten die Besitzer manchmal darum, dass es zu Hause eingeschläfert wurde. Elis Vater und Matt hatten diesen Wunsch immer erfüllt, und Eli würde das ebenfalls tun.

„Was ist denn hiermit?“ Er wies auf einen durchgestrichenen Namen.

Aurora atmete tief ein. „Mrs. Adams ist noch nicht ganz so weit.“

Eli las sich die Angaben durch. Eine alte Katze, erste Anzeichen von Demenz, mit einer Krebserkrankung, die nicht behandelt werden konnte. Das Tier war inkontinent und konnte die Hinterbeine nicht mehr benutzen. „Kommt sie denn damit zurecht? In so einem Zustand ist die Katze ja ein echter Pflegefall.“

Aurora presste die Lippen zusammen und nickte kurz. „Ja. Mrs. Adams gibt uns Bescheid, wenn sie bereit ist.“

„Hat sie Schmerztabletten für die Katze?“

Empört erwiderte sie: „Natürlich. Wir würden niemals zulassen, dass ein Tier leidet.“

Sie machten sich auf den Weg. Elis Vater war ein großer Autofan gewesen und hatte neben dem Sportwagen auch einen alten Land Rover besessen. Er würde sie trotz der matschigen Wege zur Farm von Jack Sannox bringen.

Aurora nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Eli konnte nicht leugnen, dass er sie attraktiv fand. Sie trug keinen Ehering, was heutzutage aber nichts bedeuten musste. Doch nach seiner letzten Erfahrung wollte Eli auf keinen Fall noch einmal eine Beziehung mit einer Mitarbeiterin eingehen. Also sollte er besser gar nicht weiter über Aurora nachdenken. Außerdem hatte sie eine ziemlich scharfe Zunge.

Allerdings hatte er sich ihr auch nicht gerade von seiner charmantesten Seite präsentiert. Doch wieder in seinem alten Elternhaus und in der Praxis seines Vaters zu sein, förderte Gefühle in ihm zutage, mit denen er sich nicht befassen wollte. Wenn es ihm nicht gelang, einen Tierarzt einzustellen, musste die Praxis schließen.

Ein Hauch von Auroras Parfüm hüllte ihn ein. Das dunkelrote Haar fiel ihr jetzt offen auf die Schultern, war ihr sehr gut stand.

„Was ist denn?“, fragte sie plötzlich.

Offenbar hatte sie bemerkt, dass er sie betrachtete. „Wie lange sind Sie eigentlich schon hier?“

„Seit anderthalb Jahren.“

„Und warum sind Sie nach Schottland gezogen? Wegen der Familie? Oder einer Heirat?“

Sie sah ihn durchdringend an. „Ich bin nicht verheiratet und habe keinen Partner. Ich bin wegen der Stelle hierhergekommen.“

Insgeheim freute es Eli, dass sie keine Beziehung hatte. „Und wo haben Sie studiert?“

„In Hawkshead.“

Am Royal Veterinary College also. Etwas Renommierteres gab es kaum.

„Nicht jeder möchte im Umland von Edinburgh arbeiten“, stellte er fest.

Sie zuckte die Schultern. „Ich habe keine familiären Bindungen, hatte bereits am Rand von London gearbeitet und wollte in eine Praxis, die sowohl Haus- als auch Hoftiere behandelt.“

Sie wies auf die Sachen, die sie trug: grüne Gummistiefel und eine dunkle, regenfeste Jacke. „Wir werden mit Jack sicher vor allem über Rudy sprechen. Aber wenn wir uns auch eins seiner Hoftiere ansehen müssen, möchte ich vorbereitet sein.“

Das gefiel Eli, doch er hatte noch eine andere Frage. „Ich habe gemerkt, dass Ihr Akzent manchmal zu hören ist und manchmal nicht.“

Eine Weile herrschte Schweigen. „Mein Akzent?“, fragte sie dann.

Er schluckte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Wieder musste er an das denken, was er erlebt hatte. Gab sich Aurora etwa für jemand anders aus und änderte deshalb ihren Akzent? Er musste seinen Mitarbeitern vertrauen können.

„Ja“, bekräftigte er mit Nachdruck. „Meistens ist gar kein Akzent zu hören und dann ist er auf einmal sehr markant.“

Plötzlich wirkte Aurora nervös. Ob sie etwas zu verbergen hatte? „Mein Akzent ist tatsächlich nicht immer zu hören“, sagte sie langsam. „Ich bin in Liverpool aufgewachsen. Aber in London gefiel vielen Kunden mein Akzent nicht, darum habe ich versucht, ihn mir abzugewöhnen.“

Das fand Eli merkwürdig, schließlich lebten in London Menschen mit den unterschiedlichsten Akzenten aus allen Teilen Großbritanniens. Aber in bestimmten Stadtteilen gab es vermutlich arrogante Menschen, die etwas gegen den Liverpooler Akzent hatten.

„Das finde ich nicht in Ordnung“, entgegnete er. „Ich habe schon auf der ganzen Welt gearbeitet, und mein schottischer Akzent ist ja ziemlich breit. Ich musste öfter etwas wiederholen, aber ich würde nie versuchen, mir meinen Akzent abzugewöhnen.“

Kurz darauf kamen sie bei Jack Sannox an. Sein Cottage war über die Jahre immer weiter ausgebaut worden und wirkte ziemlich imposant. Aber auch Elemente des ursprünglichen Gebäudes waren erhalten geblieben.

„Wow“, sagte Eli beeindruckt. „Das sieht ja toll aus! Ich wusste gar nicht, dass Jack so viel angebaut hat.“

Aurora stieg aus dem Land Rover. „Ich war erst einmal hier, da ging es um seine Schweine. Damals war der Umbau gerade abgeschlossen, und Jack hat Matt und mir alles gezeigt. Er war unglaublich stolz!“

„Zu Recht“, fand Eli.

Jack öffnete ihnen mit ernstem Gesicht und führte sie ins Wohnzimmer, wo Rudy auf einem Läufer vor dem Sofa lag. Er setzte sich neben ihn.

„Wie geht es ihm denn?“ Eli beugte sich zu Rudy hinunter und streichelte ihm den Kopf.

„Letzte Nacht hat er viel gewinselt. Ich glaube, die Schmerztabletten wirken nicht richtig.“

„Wir können die Dosis erhöhen, aber dann könnten sie Rudy benommen machen.“

„Er ist immer mit mir durch die Felder gelaufen oder auf dem Traktor mitgefahren.“ Jacks Stimme bebte leicht. „Das wird er wohl nie wieder tun.“

„Nein“, stimmte Eli ihm widerstrebend zu, denn er wollte keine falschen Hoffnungen wecken.

Jack seufzte und sah aus dem Fenster, eine Hand auf Rudys Rücken.

Aurora setzte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine. „Es ist nicht fair, das wissen wir alle. Ich weiß, dass diese Jahreszeit für Sie nicht leicht ist, weil Ihre Frau zu dieser Zeit gestorben ist.“

Erstaunt sah Jack sie an. „Sie haben Bessie doch gar nicht kennengelernt.“

„Das stimmt, leider. Aber jetzt mache ich mir um Sie Sorgen.“

Tränen traten ihm in die Augen. „Es ist niemand mehr da, der sich um mich Sorgen macht“, flüsterte er.

Da umarmte Aurora ihn. „Das stimmt nicht.“ Sie blickte zu Eli. „Wir können dafür sorgen, dass Rudy nicht leidet und noch ein paar Monate bei Ihnen bleibt.“

Eli wäre gern wütend geworden. Doch sie sah ihn mit ihren grünen Augen eindringlich an, als wollte sie ihm etwas mitteilen. Und er hatte ja selbst in Rudys Akte vermerkt, dass er dem Hund vermutlich noch ein paar Monate ein gutes Leben ermöglichen konnte. Vielleicht wollte Aurora ihm nur mitteilen, dass sie sich das zu Herzen nahm.

„Ich möchte nicht, dass mein Hund Schmerzen hat“, sagte Jack. „Kann man denn sonst nichts für ihn tun?“

„Der Krebs hat gestreut“, erklärte Eli. „Durch die betroffenen Organe könnte es zu weiteren Symptomen kommen. Aber die können wir unter Kontrolle halten, genau wie seine Schmerzen. Außerdem könnten wir ein Medikament ausprobieren, das gegen Krebs wirkt und einige der Tumore schrumpfen lassen könnte. Damit hätte Rudy mehr Lebensqualität.“

Jack schniefte. „Noch ein paar Monate also?“

Eli nickte. „Ja. Ich habe die Medikamente mitgebracht und kann Ihnen alles genau erklären.“ Er kniete sich wieder vor den Hund und sagte freundlich: „Du wirst als Haushund bestimmt gut klarkommen, Rudy.“

Als der Hund ihn mit seinen großen braunen Augen ansah, wurde Eli wieder einmal bewusst, warum er Tierarzt geworden war: um gut für die Tiere zu sorgen, die ihren Familien so viel Freude schenkten. Und um ihnen das Ende ihres Lebens so angenehm wie möglich zu machen.

Auroras Hand lag noch immer auf Jacks, und sie hatte ihm einen Arm um die Schultern gelegt. Eli fragte sich, ob vor heute irgendjemand Jack seit dem Tod seiner Frau umarmt hatte.

Fast eine Stunde später brachen sie wieder auf. Beide sagten nicht viel. Über ein todkrankes Tier zu sprechen, war immer traurig.

„Ich bin mir nicht sicher, ob Rudy sich als Haushund wirklich wohlfühlt“, sagte Aurora.

„Ich mir auch nicht“, gab Eli zu. „Wir müssen einfach sehen, wie es läuft, und Jack nach Kräften unterstützen.“

Sie sah ihm in die Augen. „Genau darum bin ich hergezogen: weil ich hier meine Patienten und ihre Menschen wirklich kennenlerne und erfahre, was ihnen wichtig ist. In der Stadt hatte ich ständig mit Chihuahuas, Französischen Bulldoggen und anderen Moderassehunden zu tun. Die meisten kamen nicht regelmäßig vorbei, und wir konnten auch keine Beziehung zu ihren Besitzern aufbauen.“

„Und das war nicht das Richtige für Sie?“

„Nein. Vielleicht mag ich auch einfach Kühe.“ Sie lächelte.

Ihr Lächeln verriet ihm, dass ihre Worte absolut ehrlich waren. Trotzdem erfassten ihn sofort Zweifel. Schließlich hatte er bei seiner letzten Praxismanagerin Iona nicht gerade gute Menschenkenntnis bewiesen. Er hatte sie für ehrlich gehalten und war sogar eine Beziehung mit ihr eingegangen. Sie hatte ihm angeboten, sich um die Gehälter, sämtliche Bankgeschäfte und die Geschäftsbücher zu kümmern. Und sie hatte ausgezeichnete Referenzen vorgelegt.

Irgendwann hatte ein anderer Tierarzt der Praxis ihm von einer unbezahlten Rechnung berichtet, die er zufällig gesehen hatte, weil er früher als gewöhnlich zur Arbeit gekommen war. Wie sich dann herausstellte, hatte Iona im großen Stil Geld veruntreut.

Elis Welt war wie ein Kartenhaus eingestürzt. Er musste seine Mitarbeiter entlassen, Iona war spurlos verschwunden – und er war sich wie der letzte Idiot vorgekommen.

Betrug war deutlich schwerer nachzuweisen, als er es für möglich gehalten hatte, und am Ende hatte Eli Insolvenz anmelden müssen. Schon aus finanziellen Gründen musste er auf absehbare Zeit angestellt arbeiten.

Mit anderen Worten, vermutlich war auf seine Menschenkenntnis kein Verlass. Und so attraktiv Aurora Hendricks mit ihrem süßen Lächeln, dem glänzenden Haar, dem großen Herzen und ihrer temperamentvollen Art auch sein mochte – er musste sich jeden Gedanken in diese Richtung aus dem Kopf schlagen.

Außerdem war er nur vorübergehend hier. Das durfte er nicht vergessen.

3. KAPITEL

Aurora wusste immer noch nicht, was sie von ihrem Chef halten sollte. Wider Willen faszinierte er sie. Der große Mann mit dem zerzausten hellbraunen Haar, dem Dreitagebart und den blauen Augen war unbestreitbar attraktiv. Wäre sie ihm in einer Bar begegnet, hätte er garantiert ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Doch ihr erstes Aufeinandertreffen war ungewöhnlich verlaufen. In gewisser Hinsicht war sie froh, dass er schon erlebt hatte, wie deutlich sie werden konnte und stark ihr Beschützerinstinkt bei Tieren war.

Sie dachte daran, wie unbehaglich sie sich während des Termins mit dem Katzenbesitzer gefühlt hatte. Eli musste nichts Genaueres über die Gründe erfahren. Aurora hatte gelernt, ihrem Instinkt zu vertrauen. Darum war sie bei der ersten Begegnung mit Eli auch nicht in Panik geraten. Er war zwar etwas unnahbar gewesen, stellte aber eindeutig keine Gefahr dar.

Unklar blieb jedoch, wie sicher ihre Stelle war. Zwar schien sich nur schwer ein Tierarzt für diese Praxis zu finden, doch tiermedizinis...

Autor

Susan Meier
<p>Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
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Abby Green
<p>Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...
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