Sinnliche Schneeflockenküsse für den Milliardär

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Was für ein sexy Abend: Kellnerin Ellie landet nach der Party des berühmt-berüchtigten Milliardärs Alex Costa mit ihm im Bett. Als sie sich am nächsten Morgen aus seinem Luxusapartment hinausschleichen will, hält er sie mit heißen Küssen zurück. Er hat sich in sie verliebt, und während New York romantisch im Weihnachtsglanz erstrahlt, legt er ihr seine glamouröse Welt zu Füßen! Doch dann kommt unerwartet ein Geheimnis aus Ellies Vergangenheit ans Tageslicht, das ihr himmelstürmendes Glück mit Alex auf einen Schlag zerstören könnte …


  • Erscheinungstag 17.10.2023
  • Bandnummer 2618
  • ISBN / Artikelnummer 0800232618
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

PROLOG

Halloween, abends

„Das muss ja ein ganz schönes Sümmchen gekostet haben.“ Ellie MacGregor erschauderte in der frischen Herbstbrise, während sie auf die stufenförmig angelegte Terrasse des luxuriösen Penthouses in Manhattan hinausschaute. Es hatte vermutlich Tage gedauert, die Halloween-Dekorationen zu bauen, die aus dem Dachgarten einen wahren Gruseltraum gemacht hatten. In einer Stunde würden die Gäste eintreffen, und die Dekorateure waren noch dabei, letzte Hand an einen von Fackeln erleuchteten Geisterwald zu legen, während die Caterer das Büfett dekorierten.

Und das alles für nur einen Abend!

Das Ganze hat vermutlich mehr gekostet, als ich in einem Jahrzehnt verdiene.

„Hast du noch nie von Alex Costas Halloween-Ball gehört? Alex ist einer von Amerikas begehrtesten Junggesellen und konkurriert jedes Jahr mit Roman Fraser um den ersten Platz auf der Liste des Celebrity-Magazins“, erklärte Carly, die die Oberaufsicht über das Servicepersonal hatte, in ihrem breiten New Yorker Akzent. „Ich persönlich finde Costa ja wesentlich heißer – sein bodenständiger Sex-Appeal ist einfach so …“ Sie seufzte. „… unglaublich echt. Aber Roman Fraser ist auch verdammt süß. Und seine Suche nach seiner vermissten Schwester weckt in mir den Wunsch, ihn zu bemuttern“, ergänzte sie und drückte eine Tür auf, die mit einem Schild versehen war, auf dem stand: Eintritt verboten – Lebensgefahr.

„Was für eine Suche?“, fragte Ellie auf dem Weg in die Küche, wo hektische Aktivität herrschte.

Carly blieb stehen und starrte sie an. „Du kennst die Geschichte nicht? Dabei bist du doch Schottin.“

Ellie schüttelte verwirrt den Kopf. Erst vor zwei Tagen war sie aus Glasgow hier angekommen, nachdem sie die ersten einundzwanzig Jahre ihres Lebens auf Moira, einer winzigen schottischen Insel vor den Äußeren Hebriden, verbracht hatte.

Dort hatte sie zwei Jahre lang in einem Pub gearbeitet, um sich das Geld für ihre Reise nach New York zu verdienen. Sie war auf der Suche nach Abenteuer und Aufregung und wollte Menschen kennenlernen, die sie nicht schon seit ihrer Geburt kannte. Außerdem hoffte sie, die immer noch nachklingende Trauer über den Verlust ihrer Eltern Ross und Susan MacGregor abzuschütteln, die beide kurz nacheinander verstorben waren – Ross an einem Schlaganfall und Susan an gebrochenem Herzen.

Carly begann, die wunderliche Geschichte von Roman Fraser und seiner seit Langem verschollenen Schwester zu erzählen.

Es hatte etwas mit einem Milliardärsehepaar von der Ostküste der USA zu tun, das sich vor über zwanzig Jahren an einem verschneiten Weihnachtstag ein Hotel in den Highlands hatte ansehen wollen, um es möglicherweise zu kaufen. Außerdem spielte ein furchtbarer Autounfall auf einer verlassenen Landstraße eine Rolle, bei es nur einen Überlebenden gegeben hatte, nämlich ihren Sohn Roman. Und da war ein Baby, das an jenem Tag verschwand.

„Bist du sicher, dass du die Geschichte nie gehört hast?“, fragte Carly immer noch erstaunt.

„Vielleicht doch“, log Ellie, um nicht total unwissend dazustehen.

In Wahrheit hatte sie dank ihres Jobs kaum Zeit gehabt, die Nachrichten im Fernsehen zu verfolgen, und das Internet hatte auf Moira nur hin und wieder funktioniert. Die Zeitungen waren beim Eintreffen auf der Insel schon mindestens einen Tag alt, sodass niemand wirklich etwas auf sie gab. Außerdem hatte die fruchtlose Suche von Roman Fraser laut Carly bereits vor über zehn Jahren begonnen, als er sein Erbe erhalten hatte. Damals war Ellie erst zehn gewesen.

„In deiner Pause solltest du die Geschichte mal nachlesen“, sagte Carly und legte den Kopf schief. „Du bist ungefähr so alt wie sie und kommst aus Schottland. Man kann nie wissen, vielleicht bist du ja sie. Sie hieß Eloise … was sehr ähnlich klingt wie Ellie.“

Ja, klar, dachte Ellie, sagte jedoch nichts.

Aber mal ehrlich, warum glaubten alle Amerikaner, die sie bisher getroffen hatte, dass Schottland ein Land mit vielleicht zwanzig Einwohnern war, die einander alle kannten oder verwandt waren?

„Ich bin nach meiner Großmutter mütterlicherseits benannt worden. Eleanor Fitzgerald“, sagte Ellie. Sofort pochten wieder die alten Schuldgefühle in ihrer Brust, mit denen sie seit dem Tod ihrer Eltern kämpfte.

Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich immer danach gesehnt, Moira zu verlassen, und deswegen hatte sie ihren Eltern das Leben zur Hölle gemacht. Die MacGregors waren gute, freundliche und verlässliche Inselbewohner gewesen und sie ihr kleines Wunder, denn Susan hatte sie erst mit Mitte vierzig und nach mehreren Fehlgeburten zur Welt gebracht. Als Kind hatte Ellie oft die Schule geschwänzt, um die Insel zu erkunden und sich an ferne Orte zu träumen, vor allem nach New York, was, wie ihr Dad ihr einmal erklärt hatte, genau dreitausend Meilen entfernt auf der anderen Seite des Atlantiks lag. Als Teenagerin war es noch schlimmer gewesen. Sie hatte die Inselmentalität gehasst, genau wie die Tage, an denen sie mit drei anderen Teenagern zu Hause unterrichtet wurde, deren einzige Ambition es war, später einmal Kleinbauer oder Fischer zu werden. Sie hatte die Vormittage gehasst, an denen sie die Schafe hatte hüten müssen, wenn sie doch so viel lieber an einem coolen, weltoffenen Ort gewesen wäre, wo man sich über etwas anderes unterhielt als über das Wetter oder die Preise für Lämmer. Ihre Eltern hatten immer viel Geduld mit ihr gehabt, hatten nie ihre Stimmen erhoben, sondern ihre Tochter nur mit einer Mischung aus Panik und Sorge in den Augen angeschaut. Was, nach dem Tod der beiden, Ellies Schuldgefühle wegen ihrer Wanderlust nur verstärkt hatte.

Ihr Drang, dem Inselleben zu entfliehen, hatte ihren Eltern viel Schmerz verursacht. Und auch wenn sie entschlossen gewesen war, Moira zu verlassen und sich ihre lang gehegten Träume zu erfüllen, hatte sie nach ihrer Ankunft in New York schnell festgestellt, dass es womöglich nicht reichte, aus einem Leben zu fliehen, um ein anderes zu finden. Sie war mit dem Wunsch hergekommen, das Gefühl abzuschütteln, nicht dazuzugehören. Sie wollte anonym sein, furchtlos, kühn. Und auch wenn die Wolkenkratzer, der Lärm und die Energie der Stadt sie faszinierten und vor Aufregung ganz kribbelig machten, fühlte sie sich davon ein wenig eingeschüchtert. Vielleicht war sie gar nicht so mutig und tapfer, wie sie gedacht hatte? Und nicht so gut für die Ellenbogengesellschaft gerüstet wie die Menschen, die hier lebten. Was wäre, wenn sie hier auch nicht dazugehörte?

„Wie schade“, riss Carly sie aus ihren Gedanken. „Stell dir nur vor, wie großartig es wäre, Roman Fraser als Bruder zu haben. Dann wärst du eine Milliardenerbin. Und du könntest dich an Alex Costa ranmachen, weil er Romans bester Freund ist.“

Ellie nickte, auch wenn sie das Ganze überhaupt nicht schade fand.

Die MacGregors waren gute Eltern gewesen. Und sie hatte sie ihre gesamte Kindheit und Jugend über gehabt. Im Gegensatz zu Roman Fraser, der seine Eltern als kleiner Junge verloren hatte. Wieder stieg die Scham in ihr auf. Wenn sie Ross und Susan nur etwas mehr zu schätzen gewusst hätte, während die beiden noch gelebt hatten. Und was Alex Costa anging? Nein, danke. Nach allem, was Carly bisher erzählt hatte, klang er wie ein privilegierter Playboy, und Ellie war immer noch Jungfrau – allerdings mehr aus einem Mangel an Gelegenheiten … Aber sie würde sich nicht einem Mann an den Hals werfen, der vermutlich täglich Horden an Supermodels abwehren musste.

Und der ein kleines Vermögen ausgegeben hatte, um eine Party auszurichten, obwohl es Leute gab, die obdachlos waren.

Sie mochte zwar von starker Wanderlust getrieben sein, aber sie hatte auch Regeln, und eine davon lautete, ihr großes Abenteuer nicht zu vermasseln, bevor sie nicht mindestens eine Woche in New York City verbracht hatte. Was bedeutete, dass sie heute Abend hart arbeiten würde, um mehr solcher Jobs an Land zu ziehen, bevor ihre Ersparnisse aufgebraucht waren.

Carly blieb an einem Kleiderständer mit aufwendigen Kostümen stehen, nahm eines heraus und hielt es Ellie an. „Das sollte passen.“ Es handelte sich um ein viel zu kurzes Stück Stoff, das wohl eine dämonische Elfe darstellen sollte und dessen Rock nur wenig unter Ellies Po endete.

„Du kannst dich im Bad umziehen“, erklärte Carly und warf einen Blick auf ihr Handy. „Wir fangen mit dem Servieren an, sobald die Gäste da sind. Die kommen immer extrem früh, um sich die Deko und Mr. Costa anzusehen – auch wenn der regelmäßig erst viel später erscheint. Also sei in zwanzig Minuten an deiner Station.“

„Aber … Wo ist der Rest von dem Kostüm?“, fragte Ellie.

„Willst du den Job oder nicht?“

Ellie wurde rot. Hör auf, so kleinstädtisch zu sein. Du bist nicht mehr in Moira.

„Ja, ich will ihn“, antwortete sie. Doch als sie sich auf den Weg zum Badezimmer machte, entschied sie, dass Alex Costa definitiv ein Armleuchter war. Wer würde sonst mitten im Winter darauf bestehen, dass sich seine Kellnerinnen anzogen wie Elfen, die sich nebenbei auf der Straße etwas dazuverdienten?

1. KAPITEL

Sorry, Alex, dass ich die Party verpasse. Ich habe ein besseres Angebot. Viel Spaß. Und mach dich nicht an eine ran, an die ich mich nicht auch ranmachen würde.

„Das gibt mir reichlich Spielraum“, murmelte Alex Costa, als er die Nachricht seines besten Freundes Roman Fraser las. Der ihn mal wieder im Stich ließ.

Romans „besseres Angebot“ hatte vermutlich ein süßes Gesicht und eine noch süßere Figur. Doch er konnte ihm die Absage nicht verübeln. Partys waren nicht Romans Ding, schon gar nicht solche, für die man sich verkleiden musste. Um die Wahrheit zu sagen, waren sie auch nicht Alex’ Ding. Den Halloween-Ball hatte er vor sieben Jahren ins Leben gerufen, als seine Firma Costa Tech es zum ersten Mal auf die Global 2000-Liste des Forbes-Magazins geschafft hatte und er mit dreiundzwanzig Jahren offiziell Milliardär geworden war. Der Maskenball war eine stilvolle Möglichkeit für Alex gewesen, seinen Auftritt auf der Weltbühne zu geben. Jetzt brauchte er die Publicity nicht mehr, aber die Party war ein fester Termin in Manhattans Gesellschaftskalender geworden.

Doch an diesem Abend war Alex wirklich nicht danach. Er stand auf dem Balkon seiner Suite im obersten Stock und beobachtete die Festivitäten unten. Unmengen an Menschen, die er nicht wirklich kannte und die ihn auch nicht interessierten, feierten in ihren Designerkostümen, während sie die dekorierte Dachterrasse bewunderten, die dieses Jahr von einer Top-Kulissenbauerin vom Broadway in ein Horrorhaus und einen Friedhof verwandelt worden war.

Er sollte es sich persönlich ansehen, doch zuerst müsste er sich den geschickten Händen des Haar- und Make-up-Teams anvertrauen, die seit über einer Stunde darauf warteten, ihn in das Kostüm zu stecken, das seine Assistentin für ihn ausgesucht hatte.

Er trank einen großen Schluck von dem teuren Scotch, den er sich eingeschenkt hatte, nachdem er vor zehn Minuten vom Büro nach Hause gekommen war. Dieser Abend wäre so viel erträglicher, wenn Roman hier wäre, um sich ebenfalls zum Affen zu machen. Er hatte außerdem gehofft, heute Zeit mit ihm verbringen zu können, weil er wusste, dass sein Freund am nächsten Tag auf Geschäftsreise ging und erst an Thanksgiving zurückkäme. Und in den Vorweihnachtswochen tauchte Roman auch immer unter, weil diese Jahreszeit für ihn besonders schwer war. Alex erschauderte. Er selbst mochte Weihnachten auch nicht sonderlich; nicht mehr, seitdem er ein kleines Kind gewesen war.

Danke, Pop.

Er schüttelte die ungewollte Erinnerung an seinen Vater ab. Carmine Da Costa. Ein Mann, den jeder bewundert hatte. Nur Alex nicht. Denn er kannte die Wahrheit hinter den Lügen seines Vaters. Die „andere Frau“, die Carmine in der Bronx gehabt hatte, während er tat, als wäre er ein hingebungsvoller Ehemann und Vater.

Seine Mutter war irgendwann dahintergekommen, aber seine Geschwister nicht.

Wieder schaute er auf die Gäste und war überrascht, eine gewisse Einsamkeit zu verspüren, die er schon lange nicht mehr empfunden hatte. Warum zum Teufel dachte er ausgerechnet jetzt an seinen alten Herrn? An die Familie, zu der er keinen Kontakt mehr hatte?

Reiß dich zusammen, Costa.

Doch gerade, als er hineingehen wollte, fiel sein Blick auf eine Kellnerin, die sich einen Weg durch die Gäste bahnte. Ihr Kostüm bestand aus weniger Stoff als ein herkömmliches Tischset. Er rieb sich übers Kinn, genervt von dem Anflug an Lust, der ihn erfasste, als er ihre schlanke Figur und die hoch auf dem Kopf aufgetürmten braunen Locken betrachtete.

Was zum Teufel sollte sie darstellen? Sie sah aus wie eine nicht jugendfreie Fee. Wessen dumme Idee war es gewesen, Ende Oktober solche Kostüme für die Kellnerinnen auszuwählen? Ihr musste doch kalt sein. Während er sie beobachtete – der Blick wie magisch angezogen von dem Schwung ihres festen, kleinen Pos in dem kaum vorhandenen grünen Seidenrock, der um ihre wohlgeformten Oberschenkel wehte –, machte ihn diese Entscheidung mit jeder Sekunde wütender.

Wann hatte er das letzte Mal diesen instinktiven Rausch der Anziehung verspürt? Es war viel zu lange her.

Doch auf keinen Fall würde er sich an eine Kellnerin ranmachen. Was bedeutete, dass Roman der Einzige war, der heute Abend Glück haben würde.

Alex trank den letzten Schluck aus seinem Glas, genoss es, wie der Scotch in seiner Kehle brannte, und ging hinein.

Noch ein Grund mehr, seinem Freund die Hölle heißzumachen, wenn er ihn das nächste Mal sah.

„Hey, Süße, hast du noch einen dieser Hexenmartinis?“

Ellie wirbelte auf ihren viel zu hohen Absätzen herum und sah sich dem versnobten, als Frankensteins Monster verkleideten Typen gegenüber, der sie schon den ganzen Abend mit lüsternen Blicken verfolgte.

Bitte, kann mich jemand einfach töten?

„Ja, Sir. Kommt sofort.“ Sie nahm das Tablett auf ihren inzwischen schmerzenden Arm und wollte um den Mann herumgehen.

„Hey“, lallte er und versperrte ihr den Weg. Seine Augen waren blutunterlaufen. „Lauf nicht wieder weg, süße Maus.“

Süße Maus? Ernsthaft?

„Bitte nehmen Sie Ihre Hand von mir, Sir.“ Sie drehte sich von ihm weg und spürte, wie ihr Temperament sich regte. Ihr war kalt, sie litt unter Jetlag und war diesen Kerl so leid, dabei war es noch nicht einmal Mitternacht. Wenn er sie noch einmal berührte, würde er es bedauern.

„Ach, komm schon. Ich bin der CEO von Radisson Investments. Costa würde es gar nicht gefallen, wenn du die Keusche spielst …“

In diesem Moment ließ er seine Hand an Ellies Rücken tiefer gleiten und packte ihren Po. Roter Nebel senkte sich auf Ellie herab, und das Summen in ihren Ohren wurde betäubend laut. Sie schlug seine Hand weg. „Fass mich noch einmal an, Frankie, und du bist ein toter Mann.“

Frankensteins Monster hörte jedoch nicht zu, denn seine Hand landete wieder auf ihrer Kehrseite.

Okay, das reicht. Ihre Hand ballte sich wie von selbst zur Faust, und dann versetzte sie ihm einen Schlag mitten auf sein grünes Kinn.

„Autsch!“, stieß sie aus, als der Schmerz durch ihren Arm schoss und sie nach hinten stolperte, wobei ihr das Tablett entglitt und die Drinks sich über sie ergossen.

Hitze stieg ihr in die Wangen, als die bis dahin nichts ahnenden Gäste sich zu ihnen umdrehten. Heftig fluchend und wesentlich nüchterner als noch vor einer Minute stolperte Frankensteins Monster auf sie zu, wobei er seinen Kiefer betastete.

„Ich werde dich auf alles, was du besitzt, verklagen. Ich glaube, du hast eines meiner Implantate gebrochen.“

Ellie hob die Fäuste. „Fass mich noch einmal an, und ich breche dir mehr als nur ein Implantat.“

Doch als Frankensteins Monster weiter auf sie zukam und sie erneut zum Schlag ausholte, wand sich plötzlich ein starker Arm um ihre Taille. Sie wurde zurückgerissen und prallte gegen eine solide Wand aus Muskeln.

„Ganz ruhig, kleine Fee“, flüsterte eine raue Stimme an ihrem Ohr. „Glauben Sie mir, er ist es nicht wert.“

Sie atmete ein, um zu protestieren, doch ein Schauer überlief sie, als der Arm sich fester gegen ihren im wahrsten Sinne des Wortes wogenden Busen presste. Dann knurrte dieselbe Stimme in Richtung Frankensteins Monster: „Verzieh dich, Brad, und komm nicht wieder.“

„Aber sie hat mich geschlagen!“, wimmerte er.

„Willst du auch noch einen rechten Haken von mir?“, fragte die Stimme ganz ruhig, doch der stählerne Unterton war nicht zu überhören. Was in Ellie erneut einen unerklärlichen Schauer auslöste.

Frankensteins Monster hob abwehrend die Hände. „Nein, Mann. Ist schon gut.“

„Bevor du gehst, kannst du dich noch bei der Lady entschuldigen“, fügte die Stimme an. Ellie hatte inzwischen ihre Finger in den warmen Unterarm gekrallt, der sie immer noch aufrecht hielt, denn mit dem Nachlassen des Adrenalinrauschs drohten ihre Beine unter ihr nachzugeben.

Ein Meer aus gruseligen Fratzen beobachtete sie – einige kicherten, andere machten Fotos mit ihren Handys, und alle genossen das Spektakel.

Frankie schaute sie verärgert an. „Sorry“, stieß er aus, bevor er sich durch die Menge drängte und verschwand.

„Die Show ist vorbei, Leute“, verkündete Mr. Unterarm, was aber nicht dazu führte, dass die Menge sich auflöste. Dann nahm er seinen Arm herunter, und sofort gaben Ellies Knie unter ihr nach.

„Hey?“ Warme Hände umfassten ihre Taille und verhinderten, dass Ellie fiel. Dann drehte er sie langsam zu sich herum.

Sie musste den Kopf weit in den Nacken legen, um sein Gesicht zu sehen.

Ihr war schwindelig, und die Unterseite ihrer Brüste, wo er sie berührt hatte, brannte, während sie die scharf geschnittenen Gesichtszüge, die pechschwarzen zurückgekämmten Haare, das weiße Seidenhemd, den schwarzen Umhang und das Blut in sich aufnahm, das von einem seiner Fangzähne auf unglaublich sinnliche Lippen tropfte.

Ich bin gerade von einem einsneunzig großen Vampir gerettet worden.

„Dracula?“, murmelte sie.

„Zu Ihren Diensten.“ Um seine Lippen zuckte es. Die Fangzähne funkelten, und Ellie stellte sich kurz vor, wie sie sich in ihren Hals gruben und das letzte Blut aus ihrem Kopf saugten.

„Können Sie allein stehen?“, fragte er mit besorgter Stimme, die nicht ganz zu der Hitze passte, die in seinen goldbraunen Augen aufflammte.

Nein. „Ja“, sagte sie und erschauderte erneut.

Sein brennender Blick glitt zu dem Oberteil ihres Kostüms. „Sie sind total durchnässt.“

„D-daran ist Frankensteins Monster schuld“, stammelte sie.

Nun breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, das die Schmetterlinge in Ellies Bauch durchdrehen ließ. Was war hier los?

Die Situation war eine Katastrophe und kein Anlass für trunkene Aufregung. Die Gäste starrten sie immer noch an. Sie sah fürchterlich aus und fühlte sich noch schlimmer. Vermutlich würde sie von Frankensteins Monster verklagt werden und ihren Job verlieren, denn sie erblickte Carly, die eilig auf sie zustürmte. Würde sie überhaupt für die sechs Stunden bezahlt werden, die sie bereits geleistet hatte?

Und doch breitete sich die Wärme weiter in ihr aus, als sie sich von dem attraktiven Vampir aufrecht halten ließ.

„Warum haben Sie Brad geschlagen?“, fragte Dracula.

Dass er das nicht wusste, ihr aber trotzdem zu Hilfe geeilt war, ließ die Wärme in ihrem Inneren pulsieren.

„Er hat seine Hand an meinen Po gelegt“, sagte sie.

„Dieser Mistkerl …“ Wut flammte in seinen Augen auf, dann strahlten die goldenen Funken wieder. „Sie sind Schottin, oder? Aus welchem Teil von Schottland kommen Sie? Die Familie meines Freundes Roman ist ursprünglich ebenfalls von dort.“

Einen Moment lang starrte sie ihn nur an. Sie war nicht nur überrascht, weil er den mysteriösen Roman Fraser mit der verschollenen Schwester erwähnte, sondern auch, weil er ihren Akzent erkannt hatte. Die meisten New Yorker, die sie bisher getroffen hatte, glaubten, sie wäre Irin. Aber dieser Dracula war sehr aufmerksam, und sein intensiver Blick stellte alle möglichen unglücklichen Dinge mit ihren Muskeln an. Bevor sie ihm jedoch antworten konnte, war Carly bei ihnen angekommen und brach den Bann.

„Mr. Costa, ich habe gehört, was passiert ist. Es tut mir so leid. Mr. Radisson hat mir erzählt, dass eine meiner Kellnerinnen ihn angegriffen hat. Ich werde Ms. MacGregor sofort nach draußen begleiten lassen.“

Costa? Sie löste sich von ihm. Dieser Mann war kein Ritter in schimmernder Rüstung, sondern der privilegierte Armleuchter, der sie zwang, überhaupt dieses alberne Kostüm zu tragen.

„Und Sie sind?“, fragte er Carly. Die Leichtigkeit in seiner Stimme war verschwunden.

Carly errötete. „Carly Jemson, die Eventmanagerin von Partyplanerin Marilyn Holsten, Sir.“

Seine warme Hand umfasste Ellies Schulter. „Ich werde Ms. MacGregor hineinbegleiten, damit sie sich umziehen kann. Sie ist durchnässt und friert, und außerdem wurde sie gerade von Radisson angegriffen, also können wir beide von Glück sagen, wenn sie uns nicht verklagt.“ Der eisige Ton ließ Carly erstarren. „Sie wird sich den Rest des Abends freinehmen. Und ich möchte, dass ihr Honorar verdoppelt wird.“ Sein sengender Blick glitt erneut über Ellies durchnässtes Outfit. „Und sagen Sie Marilyn, sollte ich sie jemals wieder engagieren, will ich die Kellnerinnen nicht noch einmal in dermaßen unangemessener Kleidung sehen.“

Während Carly noch Entschuldigungen von sich gab, drängte Costa sich durch die Menge, wobei er Ellie weiterhin am Arm hielt. Dann gingen sie eine Treppe in das Obergeschoss des Penthouses hinauf, das für Gäste und Mitarbeiter des Cateringservices gesperrt war.

Ellie fühle sich immer noch fürchterlich entblößt, ließ sich aber willig führen. Doch sobald sie das weitläufige Wohnzimmer betraten, aus dessen bodentiefen Fenstern man einen umwerfenden Blick über ganz Manhattan hatte, löste sie sich aus Draculas Griff.

„Danke“, murmelte sie, ohne wirklich Dankbarkeit zu empfinden.

Ja, er hatte sie nicht feuern lassen. Und vielleicht hatte er auch nicht gewusst, was für Kostüme die Kellnerinnen tragen sollten. Doch das hier war seine Party. Und nach dem, wie er Carly unten gedemütigt hatte, könnte sie wetten, dass sie nun auf der schwarzen Liste landete und nie wieder einen ähnlichen Job bekommen würde. Sie fühlte sich nicht nur ratlos, sondern verletzlich. Und das war ein Gefühl, das sie hasste. „Wenn Sie mir den Weg nach draußen zeigen, würde ich jetzt gehen.“

„Seien Sie nicht albern. Sie sind total durchnässt. Und frieren.“ Er klang so genervt, wie sie sich fühlte. Was ein starkes Stück war. Wer von ihnen war hier angegriffen worden? „Sie gehen nirgendwohin, bis ich nicht weiß, dass es Ihnen gut geht.“

Er nahm ihre Hand und hob sie an, um sich die verletzten Knöchel anzusehen. Die zärtliche Geste kam so unerwartet – und seine Miene, mit der er die aufgeschrammte Haut betrachtete, war so grimmig –, dass Ellie einen Moment brauchte, bis sie die Kraft hatte, ihre Hand wegzuziehen.

„Sie nehmen jetzt eine heiße Dusche, während ich mich auf die Suche nach einem Erste-Hilfe-Kasten mache“, sagte er völlig ungerührt von ihrem wütenden Blick. „Wir sollten da ein Antiseptikum draufmachen. Im Schrank finden Sie ein paar frische Sportsachen und auf der Bar einen guten Scotch. Bedienen Sie sich.“

„Ich kann nicht hier duschen, Mr. Costa“, protestierte sie.

„Ich heiße Alex.“ Er drehte sich wieder zu ihr um und nahm das Vampirgebiss heraus. Leider ließ ihn das nicht weniger gefährlich aussehen. „Oder Graf Dracula, was immer Sie vorziehen.“

„Sie finden das lustig?“, fragte sie. Sie klebte am ganzen Körper, stand vermutlich unter Schock und war hundemüde. Im Moment wollte sie einfach nur in ihr Bett und eine Woche durchschlafen. Und das unangenehme Gefühl von Schmetterlingen, die Rückwärtssalti in ihrem Magen machten, wann immer er sie anschaute, ignorieren. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war ein überfürsorglicher Milliardär, der Witze auf ihre Kosten machte.

Sein Blick wurde noch eindringlicher. „Nein.“

„Ich sollte gehen“, wiederholte sie. Warum war sie so schläfrig? Und ihr war kalt – abgesehen von dem warmen Punkt in ihrem Inneren, der glühte wie heiße Kohlen. Alex kam auf sie zu und umfasste ihre Oberarme, als ihre Knie wieder weich wurden und sie anfing, am ganzen Körper zu zittern.

„Haben Sie jemanden, der Sie abholen kann?“, fragte er. „Und über Nacht ein Auge auf Sie hat?“

Sie schüttelte den Kopf. Ihre Kehle war wie ausgedörrt. Warum musste dieser Mann so attraktiv sein? Und so überwältigend? Und warum konnte sie nicht klar denken? Oder aufhören zu zittern?

„I-ich bin gerade erst in New York angekommen …“, sagte sie. „A-aber ich bin schon eine ganze Weile allein.“ Sie wappnete sich gegen die Welle der Trauer und fragte sich, warum sie einem Mann, den sie nicht kannte, etwas so Persönliches offenbarte …

Autor

Heidi Rice
<p>Heidi Rice wurde in London geboren, wo sie auch heute lebt – mit ihren beiden Söhnen, die sich gern mal streiten, und ihrem glücklicherweise sehr geduldigen Ehemann, der sie unterstützt, wo er kann. Heidi liebt zwar England, verbringt aber auch alle zwei Jahre ein paar Wochen in den Staaten: Sie...
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