So reich, so sexy …

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Leidenschaft? Erotische Anziehung? Nein danke! In ihrer Familie sind zu viele Frauen aus Liebe an den Falschen geraten. Lilah ermittelt ihren Zukünftigen lieber nach einem strengen Punktesystem. Sie hat auch schon den perfekten Ehemann ausfindig gemacht - doch leider verliebt sie sich in dessen sexy Bruder! Zane ist der jüngste Sohn der Atraeus-Perlen-Dynastie und bei seinem Ruf als Casanova völlig indiskutabel. Trotzdem kann Lilah ihn seit einem heißen Kuss nicht vergessen. Und nun entführt er sie sogar in sein Inselparadies - um mit vollem Körpereinsatz bei ihr zu punkten …


  • Erscheinungstag 30.07.2013
  • Bandnummer 1779
  • ISBN / Artikelnummer 9783954465644
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Schwarzes glattes Haar, das zu einem klassischen Knoten im Nacken zusammengefasst war … Exotisch wirkende Augen, in denen sich die Farbe des Meeres widerzuspiegeln schien … Ein sinnlicher Körper, der sein Verlangen entfachte …

Als es an der Tür seiner Hotelsuite klopfte, schreckte Zane At­raeus aus einem unruhigen, von verworrenen Träumen geplagten Schlaf hoch. Er blinzelte in die helle Morgensonne, die ins Zimmer fiel, und schob die Seidendecke beiseite. Er war erst um kurz vor vier Uhr ins Bett gefallen, erinnerte er sich, und er fühlte sich immer noch völlig benommen vom Jetlag. Rasch stand er auf, streifte sich eine Jeans über, strich sich mit den Fingern durchs Haar und ging barfuß zur Tür.

Langsam fiel ihm alles wieder ein. In einer E-Mail hatte er gelesen, dass sein Halbbruder Lucas einer Frau einen Verlobungsring gekauft hatte. Einer Frau, die Lucas kaum kannte, da war Zane sich sicher. Denn Lilah Cole war die Frau, die er selbst insgeheim schon seit zwei Jahren begehrte. Wütend dachte er darüber nach, dass Lucas sich offenbar nicht nur mit Lilah traf. Anscheinend wollte er sie sogar heiraten.

Noch bevor Zane das Wohnzimmer durchquert und die Tür erreicht hatte, hörte er, wie sie geöffnet wurde. Lucas Atraeus trat ein.

Zane stieß den Atem aus. Vor zehn Jahren in Los Angeles hätte er einen Einbrecher erwartet, doch sie befanden sich in Australien, dieses Hotel gehörte der Atraeus-Group und damit zum Imperium seines verstorbenen Vaters. Selbstverständlich verfügte Lucas über einen Schlüssel.

„Hast du schon mal daran gedacht, vorher anzurufen?“, fragte Zane.

Lucas schloss die Tür hinter sich und warf die Schlüsselkarte auf einen kleinen Tisch im Eingangsbereich. „Das habe ich getan, aber du bist nicht rangegangen. Erinnerst du dich noch an Lilah?“

Lilah war der Grund dafür, dass Zane sich jetzt in Sydney und nicht in Florida aufhielt, wo er für die Atraeus-Group eigentlich gerade wichtige Vertragsverhandlungen führen sollte. „Deine neue Verlobte“, stieß Zane hervor. Die atemberaubende Schönheit, mit der er vor zwei Jahren beinahe eine leidenschaftliche Affäre begonnen hätte. „Ja, ich weiß, wer sie ist.“

„Woher weißt du von unserer Verlobung?“, fragte Lucas verärgert. „Ich habe es noch niemandem erzählt.“

Dann stimmte es also. „Meine neue Assistentin ist deine alte Assistentin, schon vergessen?“ Aus diesem Grund war Zane zufällig auf die Online-Rechnung für den Verlobungsring gestoßen. Offensichtlich war Elena in ihrer Freizeit immer noch als persönliche Einkäuferin für seinen Bruder tätig.

„Aha. Elena.“ Lucas schien zu begreifen.

Schlecht gelaunt ließ Zane seinen Bruder stehen und ging zur Küchenzeile der Suite hinüber. Sein Blick fiel auf einen großen, prunkvoll verzierten Spiegel, aus dem ihm sein Spiegelbild mit grimmiger Miene entgegenschaute. Sonnengebräunter Teint, breite Schultern, ein muskulöser Körper, der einige Narben aufwies. In einem Ohr drei silberne Ohrstecker, die ihn an seine vergeudete Jugend erinnerten.

Irgendwie wirkte er in der eleganten Suite fehl am Platz – unzivilisiert, gefährlich und doch mit dem unwiderstehlichen Charme eines „Bad Boy“. Verglich man ihn mit seinen beiden mondän auftretenden Brüdern, bestand zwischen ihnen ein Unterschied wie Tag und Nacht. Daran war das wilde Temperament der Salvatores schuld, ein Erbe seiner Mutter. Aber es waren auch die sichtbaren und unsichtbaren Narben, die er sich während seiner Zeit als heimatloser Jugendlicher auf den Straßen von Los Angeles zugezogen hatte, die ihn von seinen Brüdern unterschieden.

Er füllte ein Glas mit Wasser und trank es mit langen Zügen leer. Allerdings würde es wohl kaum gegen die aufflammende Eifersucht wirken, die er jedes Mal empfand, wenn er an Lucas und Lilah, das Bilderbuchpaar, dachte.

Verlobt. Seine Wut war immer noch so frisch wie in jenem Moment, als er Elena dabei überrascht hatte, wie sie ein Bild des Verlobungsrings bewunderte.

Vorsichtig stellte er sein Glas auf dem Küchentresen ab. „Ich habe gar nicht gewusst, dass Lilah dein Typ ist.“

Zwar sah die Chefdesignerin von Ambrosi-Pearls überaus attraktiv und elegant aus. Doch Zanes Meinung nach war sie viel zu sehr darauf bedacht, sich einen wohlhabenden Ehemann zu angeln.

Vor zwei Jahren waren sie sich zum ersten Mal auf dem Ball der Wohltätigkeitseinrichtung für obdachlose Kinder begegnet, die Zane nach Kräften unterstützte. Damals war er Zeuge geworden, wie Lilah geschickt den reichen Chef ihres damaligen Begleiters ins Visier genommen hatte. Obwohl Zane selbst mit allen Wassern gewaschen war, hatte ihn Lilahs systematische Vorgehensweise fasziniert. Er hatte der Versuchung nicht widerstehen können, den älteren Herrn vor ihren Avancen zu retten und ihr somit eine vermutlich sichere Beute entrissen.

Unglücklicherweise waren die Dinge danach ein wenig außer Kontrolle geraten, als er und Lilah etwas später allein in einem Empfangsraum gelandet waren. Zane hatte sich von seiner Begierde überwältigen lassen und Lilah geküsst. Dem ersten Kuss waren weitere leidenschaftliche Küsse gefolgt, sodass Zane beinahe völlig die Kontrolle über die Situation entglitten wäre. Dabei war Lilah noch nicht einmal der Typ Frau, zu dem er sich normalerweise hingezogen fühlte, deshalb überraschte ihn sein verzehrendes Verlangen nach ihr umso mehr. Hätte seine damalige persönliche Assistentin sie nicht im entscheidenden Moment gestört, hätte er vermutlich einen großen Fehler begangen.

Lucas war ihm in die Küche gefolgt und kritzelte eine Nummer auf die Rückseite einer Visitenkarte, die er auf den Küchentisch legte. „Lilah hat eingewilligt, mich auf Constantines Hochzeit zu begleiten. In ein paar Stunden fliege ich nach Medinos. Eigentlich wollte ich ihren Flug für einen Tag vor der Hochzeit buchen, aber wenn du schon mal hier bist …“ Er stockte. „Warum bist du überhaupt hier?“, fragte er stirnrunzelnd. „Solltest du nicht eigentlich in Florida sein und Verträge aushandeln?“

„Ich habe mir ein paar Tage freigenommen“, entgegnete Zane mühsam beherrscht.

Lucas zuckte mit den Schultern, öffnete die Kühlschranktür und musterte eine Flasche teuren Champagner, bevor er sie wieder zurückstellte. „Guter Schachzug“, meinte er. „Dann glaubt der Verkäufer, dass wir vielleicht doch nicht so brennend an dem Geschäft interessiert sind. Stört es dich, wenn ich mir was zu essen nehme? Ich habe noch nicht gefrühstückt.“

Vermutlich, weil er zu sehr mit Frauen beschäftigt war, dachte Zane. Erst kürzlich hatte er von der vermeintlich geheimen Affäre seines Bruders mit Carla Ambrosi gehört, der PR-Beraterin von Ambrosi-Pearls und außerdem die Schwester der Frau, die Zanes und Lucas’ Bruder Constantine demnächst heiraten würde.

„Austern.“ Lucas zog die Augenbrauen hoch. „Erwartest du Besuch?“

„Nicht dass ich wüsste.“ Stirnrunzelnd starrte Zane auf die Platte mit Austern, die mit Steinsalz und Zitronenspalten dekoriert waren. Er musste dringend ein Wörtchen mit seiner persönlichen Assistentin reden, die für die Zimmerbuchung verantwortlich war. Es sei denn, sie hatte etwas – oder jemanden – für ihn arrangiert, schließlich war alles möglich, wenn sie in ihren Frühstückspausen Lucas bei der Auswahl seiner Verlobungsringe half. „Nimm dir, was du willst“, brummte Zane unwillig. „Zu essen, zu trinken …“

Mein Mädchen.

Der Gedanke stieg aus seinem Unterbewusstsein empor und übertönte alle vernünftigen Einwände, die dagegensprachen, dass er sich fest band – vor allem an eine Frau wie Lilah. Seit seinem neunten Lebensjahr hatten sich seine Beziehungen zum anderen Geschlecht stets etwas schwierig gestaltet.

Gleich mehrmals war er von seiner chronisch überschuldeten Mutter im Stich gelassen worden, weil sie sich wahllos von einer Ehe in die nächste gestürzt hatte. Das hatte ihn in seinem Misstrauen Frauen gegenüber bestärkt – vor allem bei jenen, die auf der Jagd nach wohlhabenden Ehemännern waren.

Eine feste Bindung kam für ihn überhaupt nicht infrage.

Lucas nahm eine Schüssel Erdbeeren aus dem Kühlschrank.

„Stört es dich gar nicht, dass Lilah nur auf eine gute Partie aus ist?“, fragte Zane.

„Um ehrlich zu sein, finde ich ihre geradlinige Art sehr erfrischend“, erwiderte sein Bruder.

Unwillkürlich ballte Zane die Hände zu Fäusten. Also war auch Lucas ihrem Zauber verfallen.

Sosehr er sich auch bemühte – plötzlich wurde Zane den Gedanken nicht mehr los, dass Lilah eigentlich zu ihm gehörte. Seit dem leidenschaftlichen Kuss vor zwei Jahren, der beinahe in Sex gegipfelt hätte, quälte Zane die Vorstellung, dass Lilah und er eigentlich ein Liebespaar sein sollten.

Doch er hatte das Verlangen unterdrückt und sich nicht auf eine leichtsinnige Affäre mit ihr eingelassen.

Lucas wählte die größte, saftigste Erdbeere aus der Schale. „Lilah hat Flugangst. Ich hatte gehofft, dass du sie mitnehmen kannst, wenn du nach Medinos fliegst. Vielleicht beruhigt es sie ja, dass du die Maschine fliegst.“

Es gefiel Zane nicht, dass Lucas wohl ganz selbstverständlich annahm, sein Halbbruder würde ihm bereitwillig Lilah ins Bett liefern. Allerdings verwirrte ihn der erste Teil von Lucas’ Aussage. Ihm hatte Lilah nie erzählt, dass sie unter Flugangst litt. „Nur so aus Neugier, wie lange kennst du Lilah eigentlich schon?“ Lucas hatte zwar einige Zeit in Sydney verbracht, aber längst nicht so viel wie Zane. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass Lilah überhaupt einmal Lucas’ Namen erwähnt hatte.

„Eine Woche, mehr oder weniger.“

„Warum nimmst du Lilah nicht selbst mit nach Medinos?“

Plötzlich schien Lucas wahnsinnig fasziniert von den Erdbeeren zu sein. „Das kann ich nicht so einfach beantworten“, erwiderte er ausweichend.

Da begann Zane zu begreifen. „Das ist euer erstes Date.“

„Ich habe kurzfristig eine Begleitung gebraucht“, entgegnete Lucas beinahe entschuldigend. „Und ich bin überzeugt, dass Lilah die Richtige für mich ist. Sie ist talentiert, sportlich, hat einen guten Geschäftssinn und ist sogar …“

„Was ist mit Carla?“

Lucas ließ die reife Erdbeere wieder fallen, als hätte er sich daran verbrannt.

Das letzte Puzzleteilchen fügte sich ein, als Zane den verzweifelten Ausdruck im Blick seines älteren Bruders erkannte. „Du bist immer noch mit Carla zusammen!“, rief er wütend.

„Woher weißt du das? Nein, sag nichts. Elena.“ Lucas stellte die Schüssel zurück in den Kühlschrank und schloss die Tür. „Carla und ich sind nicht länger zusammen.“

Bestimmt hatte Lucas gerade erst mit ihr Schluss gemacht. Jetzt ergab die plötzliche Verbindung mit Lilah einen Sinn. Wenn Sienna Constantine heiratete, dann gehörte Carla praktisch zur Familie. Falls herauskam, dass Lucas eine Affäre mit ihr hatte, würde er unter Druck geraten. Trotz seines harten Äußeren hatte Lucas nämlich einen weichen Kern, wenn es um Frauen ging.

Lucas brauchte Lilah also als eine Art Puffer, erkannte Zane. Sie war Lucas’ Versicherung, damit die impulsive Carla ihm keine öffentliche Szene machte und ihn letztendlich dazu zwingen würde, ihre geheime Beziehung mit einem Heiratsantrag zu krönen.

Das wiederum bedeutete, dass zumindest bei Lucas keine Liebe im Spiel war.

Falls sein Bruder Lilah wirklich begehrte, würde Zane sich zurückhalten. Doch das schien nicht der Fall zu sein. Trotz ihrer Berechnung, wenn es um ihren Ehewunsch ging, hatte Lilah es nicht verdient, in die Fronten des Beziehungskrieges zwischen Lucas und Carla zu geraten.

Zane atmete erleichtert durch. Lilah hatte sicher noch keine Gelegenheit gehabt, mit Lucas zu schlafen. Aus irgendeinem Grund erschien ihm das sehr bedeutsam. „Okay“, sagte er. „Ich mache es.“

Auch Lucas wirkte erleichtert. „Du wirst es nicht bereuen.“

Da war Zane sich nicht so sicher. Er fragte sich, ob Lucas überhaupt eine Ahnung davon hatte, dass er seinem jüngeren Bruder gerade die größte Versuchung seines Lebens sozusagen auf dem Silbertablett präsentierte.

2. KAPITEL

Lilah Coles Herz klopfte wie wild, als sie an Bord des schlanken Privatjets ging, der dem neuen Eigentümer von Ambrosi-Pearls gehörte: der Atraeus-Group. Sie war im Begriff, sich auf das erste relativ ungeplante Date in zwölf Jahren voller gut vorbereiteter, aber fruchtloser Verabredungen einzulassen.

Ihre Nervosität legte sich ein wenig, nachdem sie von der hübschen blonden Flugbegleiterin Jasmine zu ihrem Sitzplatz geführt worden war.

Lilah stellte ihre große weiße Ledertasche, die gut zu ihrer weißen Jeans und dem lässigen weißen Shirt passte, auf den Boden und zog einen ebenfalls weißen, in Leder gebundenen Ordner hervor. Somit war sie bestens gewappnet für eine weitere angespannte Begegnung mit dem attraktiven Zane, dem jüngsten und wildesten der Atraeus-Brüder. Oder war sie etwa die einzige Passagierin in der luxuriös ausgestatteten Kabine?

Fünfzehn Minuten später erwachten die Maschinen des Jets dröhnend zum Leben, und Lilah war immer noch allein. Kein Zane. Mit zitternden Fingern befestigte sie ihren Gurt und versuchte sich einzureden, dass sie eigentlich ganz froh darüber war.

Fliegen gehörte nicht unbedingt zu ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen – überhaupt ging sie nicht gerne Risiken ein. Wie bei ihren Beziehungen bevorzugte sie auch in anderen Bereichen ihres Lebens festen Grund unter den Füßen. Zu allem Überfluss hatte der Wetterbericht für heute auch noch einen heftigen Gewittersturm vorhergesagt.

Während sich der Jet auf der Startbahn durch den strömenden Regen kämpfte, übersah Lilah geflissentlich das Video mit den Sicherheitshinweisen und widmete sich stattdessen lieber jener einen Sache, die sie unter Kontrolle hatte.

Sie öffnete ihren Ordner.

Die Frauen der Familie Cole besaßen die unglückselige Eigenschaft, sich stets auf den ersten Blick in die falschen Männer zu verlieben, die sie neun Monate später mit ihren Babys sitzen ließen. Ihr ganzes Leben hatte Lilah darauf verwandt, eben diesen Fehler nicht zu begehen. Stattdessen hatte sie den Plan einer soliden und beständigen Ehe entworfen. Wenn sie sich jemals einem Mann hingab, dann nur, um ihn zu heiraten, eine Familie zu gründen und das kontrollierte, ruhige Leben zu führen, nach dem sie sich als Kind immer so sehr gesehnt hatte.

Sie war fest entschlossen, keine alleinerziehende Mutter zu werden, die ständig am Limit ihrer Kräfte lebte.

In den vergangenen Jahren war sie allerdings trotz der Begutachtung zahlreicher zunächst vielversprechender Kandidaten nicht imstande gewesen, den einen Mann ausfindig zu machen, der ihren strengen Kriterien entsprach und zu dem sie sich auch noch körperlich hingezogen fühlte. Doch jetzt schienen sich die Dinge endlich zu ändern.

Lilah las die Notizen, die sie über ihren neuen Chef Lucas Atraeus sowie eine Handvoll anderer Männer angefertigt hatte. Sie nahm für ihre Beurteilungen ein ausgeklügeltes Punktesystem zu Hilfe, das sie auf der Website einer Partnervermittlung gefunden hatte. Ein paar wundervolle Minuten verbrachte sie damit, Lucas’ guten Punktestand zu betrachten.

Auf dem Papier war er der perfekteste Mann, dem sie jemals begegnet war. Er war ausgesprochen attraktiv und verwendete ein leichtes Cologne – sie konnte ihn buchstäblich gut riechen, was ihr sehr wichtig war. Vielleicht ein wenig verrückt, dass sie so großen Wert darauf legte, aber der Duft eines Mannes konnte sie anziehen – oder abstoßen.

Lucas roch nicht nur gut, er verfügte zudem über die verführerischen dunklen Züge, für die sie schon immer eine Schwäche gehabt hatte, und erfüllte alle weiteren erforderlichen Anforderungen an einen zukünftigen Ehemann.

Zum ersten Mal war sie einem Mann begegnet, der ihr Typ war und trotzdem sicher und zuverlässig zu sein schien. Definitiv eine Win-win-Situation.

Eigentlich sollte sie höchst erfreut darüber sein, dass er sie zur Familienhochzeit eingeladen hatte. Trotz aller Risiken war dieses Date das vielversprechendste, das sie in den vergangenen Jahren gehabt hatte. Sie war jetzt neunundzwanzig Jahre alt – und mit jedem Tag schien sie ihre biologische Uhr lauter ticken zu hören.

Zugegebenermaßen kannte sie Lucas nicht besonders gut. In den letzten Tagen hatten sie sich lediglich aus beruflichen Gründen getroffen. Dazu hatte das Geschäftsessen mittags in einem Café gezählt, in dessen Verlauf Lucas ihr erzählt hatte, dass er nicht nur eine Begleitung für die Feier, sondern auch eine Beziehung mit Aussicht auf Heirat suchte.

Sie schätzte es, dass auch Lucas anscheinend keinen großen Wert auf eine starke körperliche Anziehung zwischen ihnen legte, sondern mehr darauf, dass ihre Annäherung in geordneten Bahnen verlief.

Falls es eine Möglichkeit geben sollte, ihre Gefühle zu lenken, sodass sie sich in Lucas verlieben könnte, dann würde sie es auf jeden Fall tun.

Stirnrunzelnd sah sie auf die Uhr und stellte fest, dass sie ein wenig früher gestartet waren, als der Flugplan es vorgesehen hatte. Wenn der Pilot noch ein paar Minuten länger gewartet hätte, hätte Zane es vielleicht doch noch geschafft, an Bord zu kommen.

Sie unterdrückte einen weiteren Anflug von Enttäuschung und zog das Rollo vor dem Fenster herunter. Sie wollte nicht unbedingt mit ansehen, wie der kleine Jet in das Zentrum eines Sturmes flog.

Holpernd hoben sie von der Landebahn ab. Der Wind hatte das Flugzeug fest im Griff, während Lilah durch das andere Kabinenfenster die Blitze am Himmel zucken sah. Es dauerte nicht lang, und ihre Nerven lagen blank. Zwar hatte sie beim Verlassen ihrer Wohnung ein leichtes Beruhigungsmittel genommen, doch bisher schien es nicht die geringste Wirkung zu zeigen.

Die Flugbegleiterin war vor dem Start in ein Nebenabteil verschwunden und betrat jetzt wieder die Kabine, um Lilah Getränke anzubieten. Nachdem sie gegangen war, nahm Lilah eine weitere Beruhigungstablette. Sie wünschte, sie könnte schlafen. Den Angaben ihres Arztes zufolge sollten zwei Pillen ausreichen, um sie ins Reich der Träume zu schicken.

Tatsächlich wurden langsam ihre Lider schwer, während sie ein weiteres Mal Lucas’ traumhafte Werte betrachtete. Plötzlich erschütterte ein schwerer Donnerschlag den Jet, und ein Blitz zuckte auf. Im gleichen Moment öffnete sich die Tür zum Cockpit, und Zane Atraeus, groß, breitschultrig und in Schwarz gekleidet, trat im Schein des Blitzes in die Kabine.

Das Flugzeug schlingerte hin und her, wobei der Ordner von Lilahs Schoß rutschte und sich beim Aufprall auf dem Boden öffnete, sodass einige Blätter herausrutschten. Doch Lilah nahm kaum Notiz davon. Sie war völlig von Zanes Anblick in den Bann geschlagen. Seine goldfarbene Haut, die klassischen Gesichtszüge – die sie in den vergangenen Jahren immer wieder heimlich gezeichnet hatte – hätten gut und gerne einem Ölgemälde des mittelalterlichen Künstlers Lippo di Dalmasio entspringen können. Selbst die winzigen Unregelmäßigkeiten wie das Glitzern der silbernen Ohrstecker und die nicht ganz gerade Nase, die so wirkte, als wäre sie schon einmal gebrochen gewesen, wirkten irgendwie … perfekt.

Sie blinzelte, als Zane auf sie zukam. Immer näher … bis sie sich wirklich sicher war, dass er kein Produkt ihrer Fantasie war und nicht den äußerst lebhaften und verstörenden Träumen entsprang, die sie seit dem bedauernswerten Zwischenfall vor zwei Jahren verfolgten.

Denn die Erinnerungen an jene Nacht hatten sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis gebrannt. „Ich habe gedacht, Sie hätten den Flug verpasst“, murmelte sie, immer noch leicht verstört.

„Ich verpasse nie einen Flug, wenn ich der Pilot bin“, erwiderte er und sah sie so ruhig mit seinen dunklen Augen an, dass ihr ganz warm wurde.

Plötzlich wurde Lilah bewusst, dass der gesamte Inhalt ihres Ordners auf dem Kabinenboden verstreut lag – obenauf das Blatt, auf dem in großen Lettern Der Hochzeitsplan stand. Hastig versuchte sie, die peinlichen Dokumente wieder einzusammeln. Doch ihr Sicherheitsgurt hielt sie an Ort und Stelle, und als es ihr endlich gelungen war, den Verschluss zu öffnen, hatte Zane bereits den Ordner und die losen Blätter aufgehoben.

Verlegen beobachtete sie, wie er sich aufrichtete. Sie war ziemlich sicher, dass er genug gesehen hatte, um zu wissen, was sich in dem Ordner befand. Sie nahm ihm die Blätter aus der Hand und stopfte sie in die Mappe. „Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie fliegen können.“

„Ich mache nicht unbedingt Werbung dafür.“

Ganz im Gegensatz zu den viel fotografierten Gelegenheiten, wenn er Nobelpartys in Begleitung immer wieder wechselnder Topmodels besuchte. Allerdings passte das Fliegen gut zu seiner Vorliebe für Extremsport, fand Lilah. Sie wusste, dass er unter anderem Tauchen, Kitesurfen und Snowboarden liebte. Zane hatte eine unübersehbare Neigung für alles, was den Adrenalinspiegel in die Höhe trieb.

Während Lilah hastig den Ordner in ihre weiße Reisetasche stopfte, fiel ihr auf, dass sie keine Ahnung hatte, was Lucas in seiner Freizeit unternahm. Das musste sie ändern.

Zane zog sein Jackett aus und legte es über die Armlehne eines Stuhls. „Seit wann haben Sie schon Angst vorm Fliegen?“

Mühsam riss Lilah ihren Blick von seinem körperbetonten schwarzen T-Shirt und dem wohlgeformten Bizeps los. Sie war sich beinahe sicher, unter einem betörenden Sandelholzaroma – vielleicht sein Rasierwasser? – den ebenfalls unwiderstehlichen Duft seiner Haut wahrnehmen zu können.

Sie spürte, wie sie errötete, als sie an die Nacht des Zwischenfalls auf jenem Wohltätigkeitsball zurückdachte. Zane hatte vorgeschlagen, einige Ölgemälde anzusehen, da er von ihrem Interesse für Kunst wusste.

An die protzigen Gemälde in dem etwas abgelegenen Raum konnte sie sich kaum mehr erinnern. Dafür würde sie niemals den Augenblick vergessen, als Zane sie an sich gezogen hatte. Der warme, männliche Duft seiner Haut und die exotische Note von Sandelholz hatten sie sofort fasziniert. Als er sie geküsst hatte, waren all ihre Sinne von seinem köstlichen Geschmack erfüllt gewesen.

Irgendwie waren sie dann auf einer einladend großen Couch gelandet, und das Oberteil ihres Kleides war unerfindlicherweise über ihre Taille gerutscht – an dieser Stelle hätte sie eigentlich schon misstrauisch werden müssen. Dann hatte sie plötzlich Zanes Lippen an ihrer Brust gespürt, seine Zunge … Ihr ganzer Körper hatte mit reiner Lust auf ihn reagiert, und sie erinnerte sich daran, wie sie seine Schultern umklammert und eine Woge heißen, unbändigen Verlangens in sich gespürt hatte, die sie alles um sich herum vergessen ließ.

Wenn in diesem Moment nicht Zanes Begleiterin Gemma, die damals auch noch seine persönliche Assistentin gewesen war, in den Raum geplatzt wäre … Lilah erschauerte, als sie sich vorstellte, was dann geschehen wäre. Hastig hatte sie das Oberteil wieder heruntergezogen und war von der Couch aufgesprungen. Als sie endlich ihre Handtasche gefunden hatte, die im Eifer des Gefechts unter das Sofa gerutscht war, hatte Zane bereits sein Jackett übergestreift und Lilah kurz und bündig Gute Nacht gewünscht, bevor er mit Gemma verschwunden war.

Die Stille nach diesem Moment voller Leidenschaft war Lilah unerträglich vorgekommen. Dass Zane mit keinem Wort davon gesprochen hatte, sie wiederzusehen, hatte den Zwischenfall zu einer äußerst unangenehmen Erinnerung gemacht.

Zane war nicht an einer Beziehung, sondern nur an kurzweiligem Sex interessiert. Vermutlich hatte er sich kurz vor einem One-Night-Stand gewähnt und gedacht, dass Lilah leicht zu haben sei.

Zu ihrer Beschämung hatte sich Lilah eingestehen müssen, dass sie zum ersten Mal jede einzelne ihrer strengen Regeln in Bezug auf Männer ignoriert hatte.

Zanes schneller Abgang sowie die Tatsache, dass er sie später weder angerufen noch ihr eine SMS geschickt hatte, hatten ihr nur bestätigt, was sie über ihn gelesen und selbst erfahren hatte: Er war kein Mann für eine Beziehung. Wenn er noch nicht einmal ein Telefonat zustande brachte, wie sollte er dann jemals einen Heiratsantrag aussprechen können?

Ein weiterer Donnerschlag holte Lilah wieder in die Gegenwart zurück, und ihr wurde bewusst, dass Zane auf eine Antwort wartete. „Ich hatte schon immer Angst vorm Fliegen.“

Statt sich auf den Stuhl zu setzen, über dem sein Jackett hing, nahm Zane ausgerechnet auf dem Sitz neben Lilah Platz.

Sie versteifte sich, als er ihre verkrampften Finger von der Armlehne löste. „Was machen Sie denn da?“, fragte sie, als sie die angenehme Wärme seiner Haut spürte.

„Ihre Hand halten. Ein altbewährtes Heilmittel.“

Sie spürte, wie sie sich nervös verkrampfte. Etwas erschien ihr vollkommen falsch daran, mit Zane Atraeus Händchen zu halten.

Heißblütig – und schnell gelangweilt, das war Zane, wenn man den Zeitschriften Glauben schenken durfte. Er war der Ruin unzähliger Frauen gewesen – und würde es auch in Zukunft sein. Lilah hatte aus erster Hand einen Vorgeschmack darauf bekommen, welche Wirkung dieser gefährliche Mann auf Frauen hatte.

Sie bewegte ihre Finger, doch Zane ließ nicht los. „Sollten Sie nicht eigentlich im Cockpit sein?“

„Es gibt einen Kopiloten, Spiros. Er braucht meine Hilfe zurzeit nicht.“

Ihr wurde plötzlich ganz flau im Magen, als ihr wieder einfiel, dass sie sich achtundzwanzigtausend Fuß über dem Erdboden befanden. „Wie lange dauert der Flug noch?“

„Ungefähr zwanzig Stunden. In Singapur machen wir einen Zwischenstopp zum Tanken. Warum fliegen Sie überhaupt nach Medinos, wenn Sie Flugangst haben?“

Weil sie sich einen zuverlässigen Ehemann wünschte, der sie nicht verlassen würde und damit den Fluch bannte, der die Frauen ihrer Familie zu verfolgen schien. Lilah wurde plötzlich ganz schwindelig, und ihr fiel wieder ein, dass sie gerade zwei Beruhigungstabletten genommen hatte. „Weil ich versuche, mir ein neues Leben aufzubauen“, sagte sie laut. „Ich bin schließlich schon neunundzwanzig.“ Verwundert fragte sie sich gleich da­rauf, warum sie ihm ihr Alter verraten hatte.

„Ich finde neunundzwanzig nicht sehr alt.“

Mühsam unterdrückte sie ein Gähnen.

„Was haben Sie genommen?“

Ihre Lider fühlten sich mit einem Mal bleischwer an, als sie ihm den Namen des Beruhigungsmittels nannte.

Autor

Fiona Brand
Fiona Brand ist eine Autorin aus Neuseeland. Derzeit lebt Sie an der wunderschönen „Bay of Islands“, einem subtropischen Paradies zum Angeln und Tauchen. Dort genießt Sie die traumhafte Natur zusammen mit ihren beiden Söhnen, zwei Wellensittichen und einem Goldfisch.

Sie liebt Bücher seit sie alt genug ist Seiten umzublättern Mit...
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