Tiffany Sexy Band 45

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

TAUSENDUNDEIN WUNSCH von ATKINS, DAWN
Damals war Mitch ein wilder Musiker - heute ist er ein seriöser Geschäftsmann. Als Esmie ihren Exlover wiedertrifft, fragt sie sich: Hat Mitch immer noch dieses unglaublich gute Gefühl für Rhythmus? In einer heißen Nacht will sie es herausfinden …

VERFÜHRUNG VERBOTEN! von RAWLINS, DEBBI
Wie verführe ich den Boss? Jeden Tag stellt Sara sich diese Frage, denn zwischen ihr und dem New Yorker Rechtsanwalt Cody Shea prickelt es erregend! Aber er bleibt seinem Vorsatz treu: kein Sex mit Angestellten! Bis Sara kündigt - und sie sich in Atlanta wiedersehen …

SPITZE, SEIDE UND SATIN von WEBER, TAWNY
Bis jetzt ist jeder Mann ihrem erotischen Zauber erlegen: Audra ist eine Meisterin der Verführung. Doch ausgerechnet Jesse, mit dem die junge Dessous-Designerin in einer Bar heiß flirtet und den sie spontan in ihr Bett einlädt, sagt Nein. Warum?


  • Erscheinungstag 06.04.2008
  • Bandnummer 0045
  • ISBN / Artikelnummer 9783863495220
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

DEBBI RAWLINS

Verführung verboten!

Es prickelt verführerisch zwischen dem New Yorker Rechtsanwalt Cody Shea und seiner Sekretärin Sara! Aber Cody bleibt stark: Mit Angestellten flirtet er grundsätzlich nicht. Und als Sara kündigt, ist die Versuchung vorbei. Doch dann muss Cody geschäftlich nach Atlanta, wo er überraschend Sara begegnet. Jetzt ist Verführung nicht länger verboten …

DAWN ATKINS

Tausendundein Wunsch

Ein toller Job, viele nette Freunde – Esmie ist mit ihrem Leben zufrieden. Bloß Sex kommt zu kurz! Bis sie zufällig ihre Jugendliebe Mitch wiedertrifft: früher unkonventioneller Musiker mit eigener Band, heute seriöser Geschäftsmann! In einer heißen Nacht will Esmie herausfinden: Hat Mitch wirklich alle wilden Wünsche und Träume aus seinem Leben verbannt?

TAWNY WEBER

Spitze, Seide und Satin

Die Dessous, die Audra entwirft und trägt, sind unwiderstehlich! Deshalb lässt sie sich in einer Bar auf eine frivole Wette mit ihren Freundinnen ein: Sie kann den ersten Besten verführen! Denn wenn sie ihn erst zu Hause hat, kommt der große Auftritt ihrer kleinen Designerstücke. Doch Detective Jesse Martinez erweist sich als äußerst standhaft …

PROLOG

In der schicken Manhattan-Bar „Mist“ trafen sich regelmäßig Anwälte nach Feierabend, die ein horrendes Stundenhonorar verlangten. Deshalb machte es ihnen nichts aus, zwanzig Dollar für einen Pfirsich-Martini zu zahlen. Als die Tür jetzt aufgestoßen wurde, wehte frische Vorfrühlingsluft in den gemütlichen, in Burgundertönen gehaltenen Raum. Allerdings erregte etwas völlig anderes die Aufmerksamkeit der eleganten Gäste.

Sara Wells brauchte sich nicht erst umzudrehen, um zu wissen, wer gerade hereingekommen war – die letzte Person, die sie auf ihrer Abschiedsparty erwartet hätte. Sie bekam quälendes Herzklopfen. Warum sollte er kommen? Schließlich war sie nur eine unbedeutende Aushilfskraft gewesen. Hier aufzukreuzen würde weder seiner Karriere nützen noch ihn in die Klatschspalten der Boulevardblätter bringen. Und das war alles, wofür Cody Shea zu leben schien.

Dennoch hatte sie sich törichterweise gewünscht, er würde vorbeikommen – damit sie ihn wenigstens noch einmal sehen konnte, bevor sie abflog. Du liebe Zeit, du bist ja verrückt, dachte sie, als ihr klar wurde, wie gern sie sich zu ihm umgedreht hätte. Aber sie ließ sich nicht einmal zu einem kurzen Blick hinreißen.

„Du sollst wissen, dass der Job nach wie vor dir gehört, falls du deine Meinung änderst.“ Dakota, die bis vor einer Stunde ihre Chefin gewesen war, setzte sich zu Sara an den kleinen Tisch.

„Was? Oh ja, danke.“ Mit unglaublicher Willenskraft gelang es Sara, nicht zur Tür zu sehen und stattdessen den riesigen grünen Drink zu betrachten, den Dakota ihr hingestellt hatte. Salzklümpchen klebten am Rand des Glases. „Eine Margarita?“

„Du weißt nicht, wie eine Margarita hier schmeckt, solange du noch keine probiert hast.“

Sie würde es Dakota nicht verraten, aber Sara wusste überhaupt nicht, wie eine Margarita schmeckte. Sie hielt sich lieber an Wein. Weißen hauptsächlich. Ein Glas zum Abendessen, seit sie siebzehn war. Allerdings nicht während der letzten zehn Monate, in denen sie in New York gelebt hatte. Bei den hohen Mieten hatte sie sich keinen Wein leisten können. Keinen guten jedenfalls. Und sie trank lieber Leitungswasser als billigen Wein.

Dakota berührte ihre Hand. „Ich hoffe, Cody ist nicht der Grund dafür, dass du New York verlässt.“

„Nein“, antwortete Sara aufrichtig. Das Jahr, in dem sie sich vorgenommen hatte „gefährlich“ zu leben, war um. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren. Sie seufzte. „Weiß eigentlich jeder im Büro von meiner albernen Schwärmerei für ihn?“

„Nein, nicht einmal mein idiotischer Bruder.“ Nachdenklich fügte Dakota hinzu: „Obwohl Cody sich in den letzten Monaten ziemlich seltsam benommen hat. Ich habe ihm gesagt, dass ein paar von uns sich hier auf einen Abschiedsdrink treffen, aber ich würde nicht damit rechnen, dass er auftaucht.“

Nun konnte Sara nicht mehr anders. Möglichst unauffällig drehte sie sich um, gerade weit genug, um Cody in seinem dunkelblauen Alexander-McQueen-Anzug am Tresen zu entdecken. Er stand lässig da, hörte einem anderen Anwalt aus der Kanzlei zu – und sah sie, Sara, direkt an.

Ihre Blicke trafen sich. Er lächelte nicht, sah nicht weg, schaute sie einfach nur an.

Dakota blickte in die gleiche Richtung wie Sara. „Na so was!“

Sara wandte sich erschrocken wieder um. Sie wurde kein bisschen schlau aus Cody. Wie kam er dazu, sie vor allen Leuten so anzustarren?

„Das wird am Montag das Tagesgespräch im Büro sein“, meinte Dakota und schaute zwischen Sara und ihrem Bruder hin und her.

„Gut, dass ich nicht da sein werde.“ Sara hatte einen so trockenen Mund, dass sie die Worte kaum herausbekam. Sie nahm einen großen Schluck von ihrer Margarita. Der Drink schmeckte erstaunlich gut.

Dakota grinste. „Bist du sicher, dass du nicht doch bleiben willst?“

„Ja, auch wenn du eine fantastische Chefin warst.“

„Dafür würde ich dir glatt eine Gehaltserhöhung genehmigen.“ Dakota musterte Sara einen Moment. „Du solltest dir wirklich überlegen, dein Jurastudium zu beenden. Falls die Studiengebühren ein Problem sind, die Kanzlei könnte …“

Sara winkte ab. Am liebsten hätte sie Dakota die Wahrheit gesagt, denn sie brauchte das Geld nicht. Außerdem hatte sie das Jurastudium längst abgeschlossen. Die meisten Leute gingen nach dem Studium nach Europa, um ihre Freiheit zu genießen. Sara hatte sich jedoch entschlossen, nach New York zu gehen, um einen ganz normalen Job anzunehmen. Einfach um herauszufinden, wie das war. Um wenigstens für eine Weile mal nicht Sara Wellington zu sein.

Jetzt spielte das alles keine Rolle mehr. Am folgenden Morgen würde sie im ersten Flugzeug nach Atlanta sitzen, um in ihr echtes Leben zurückzukehren. Vermutlich könnte sie Dakota anvertrauen, wer sie war. Das würde allerdings viele Fragen nach sich ziehen, denen sie sich nicht ausgerechnet auf ihrer Abschiedsparty stellen wollte.

„Na schön, ich will dich nicht drängen. Ich wollte nur …“ Dakota sah an Sara vorbei und begann zu strahlen. „Tony ist da. Ich habe ihn gebeten vorbeizukommen.“

„Gut. Ich würde mich gern von ihm verabschieden.“ Sara warf einen Blick über die Schulter. Cody war die erste Person, die sie entdeckte. Jetzt stand er noch näher bei ihr, nur zwei Tische weiter, und unterhielt sich mit einem Rechtsanwaltsassistenten.

Erneut schaute er in ihre Richtung, und die Andeutung eines Lächelns hob seine Mundwinkel. Rasch wandte sie sich ab. Ihr wurde warm unter seinem Blick, und sie war keineswegs begeistert, dass er gekommen war. Was für einen Sinn hatte es? Wieder wünschte sie sich, sie hätten die Chance gehabt, einander besser kennenzulernen. Doch nun war es zu spät.

Das hätte Cody Shea allerdings niemals zugelassen. Sorgsam auf sein Image und sein Privatleben achtend, hielt er sich von seinen Mitarbeitern fern. Das gelang ihm gut. Niemand kam auf die Idee, ihn anzusprechen, wenn es nicht um etwas Berufliches ging und unbedingt nötig war. Sogar Leute, die schon jahrelang mit ihm zusammenarbeiteten, kannten ihn kaum.

Saras Eindruck von ihm hatte sich eines Abends nach Feierabend gewandelt, als sie zufällig ein Gespräch zwischen ihm und seiner Sekretärin mitgehört hatte. Die Frau hatte geweint.

Im ersten Moment hatte Sara Zorn verspürt, bis ihr klar wurde, dass es Tränen der Dankbarkeit waren. Aus dem Gespräch der beiden hatte sie erfahren, dass Cody sein Geld und seine Zeit geopfert hatte, um ihren Exmann aufzuspüren und ihr die rückständigen Unterhaltszahlungen zu sichern. Seine einzige Bedingung war, dass die Frau das für sich behielt.

Seitdem sah sie ihn mit anderen Augen. Schade, dass er seinen Mitmenschen diese Seite von sich nie zeigte. Hielt er es für Schwäche?

„Ich glaube, Tony sieht uns nicht. Ich werde zu ihm gehen.“ Dakota stand auf. „Ich komme gleich mit ihm zurück.“

Sara nickte und nahm nervös einen weiteren Schluck von ihrer Margarita. Nun wäre der günstigste Zeitpunkt für Cody, sie anzusprechen.

Kaum hatte sie das gedacht, als sie ihn hinter sich spürte. Sie zwang sich gleichmäßig weiterzuatmen zu atmen und straffte die Schultern.

„He, Sara.“

Falsche Stimme. Es war einer der Junior-Anwälte aus der Kanzlei, der sich auf Dakotas Platz setzte.

„Oh, Barry.“ Was wollte er? In den letzten sechs Monaten hatte er kaum ein Dutzend Worte mit ihr gewechselt.

Barry zögerte. „Erwartest du jemanden?“

„Dakota ist nur schnell ihren Verlobten holen.“ Sara hielt demonstrativ nach ihr Ausschau. Cody war verschwunden.

„Ich wollte dich zu einem Drink einladen.“

Einzig die Höflichkeit hielt sie davon ab, ihn mit offenem Mund anzustarren. „Du willst mich zu einem Drink einladen?“

Er wirkte ein wenig verlegen und gab der Kellnerin ein Zeichen.

„Danke, Barry, aber dies ist mein letzter Drink.“

„Ich kann dir nicht übel nehmen, dass du sauer auf mich bist. Ich habe mich wie ein Idiot benommen.“

„Ist mir gar nicht aufgefallen.“

Sein dunkles Haar betonte seine karamellfarbenen Augen noch. Er sah ziemlich gut aus, wenn er lächelte, nur passierte das nicht allzu oft.

„Dakota hat mir von dem Murks erzählt, den du im Fall Clarkson entdeckt hast. Da war ich zuerst sauer.“

„Weil ich doch bloß eine kleine Aushilfskraft bin.“

„Ja, schon“, gab er unverfroren zu. „Dann hörte ich, dass du auch einen Fehler aufgedeckt hast, den Margot fabriziert hatte. Na ja, damit hast du meinen Hals gerettet.“

Sara zuckte mit den Schultern. „Gern geschehen. Ich musste den Bericht abtippen, deshalb fiel es mir auf.“

„Nein, nein, du musstest den Zusammenhang begreifen, um den Fehler erkennen zu können. Die meisten Rechtsanwaltssekretärinnen sind seit Jahren in der Kanzlei und wären trotzdem nicht darauf gestoßen. Du vergeudest deine Zeit. Du solltest Jura studieren.“

Sara lächelte nur. Sie hatte studiert. In Yale. War Zweitbeste ihres Jahrgangs gewesen. Aber das brauchte hier niemand zu wissen.

„Hast du heute Abend schon etwas vor?“, erkundigte Barry sich.

„Ich muss packen. Mein Flug geht früh am Morgen.“

„Wohin fliegst du noch mal?“

„Atlanta“, antwortete Cody für sie.

Sara und Barry sahen ihn überrascht an, als er einen Stuhl nahm und sich zu ihnen an den Tisch setzte.

Codys Knie streiften ihre, und diese leichte Berührung beschleunigte sofort Saras Puls.

„Ich hoffe, ich störe nicht.“

Barry sah Sara an und dann wieder Cody. „Ich wusste nicht, dass Sie in dieser Bar verkehren, Boss.“

„Tue ich auch nicht.“

Barry räusperte sich und stand auf. „Tja, ich gehe dann mal.“

Cody schwieg und nippte an seinem Scotch.

„Viel Glück, Sara“, sagte Barry. „Und gute Reise.“

Sie lächelte und wartete bis er außer Hörweite war. „Sie waren unhöflich zu ihm“, sagte sie dann.

„Tatsächlich?“

Cody kniff die Augen zusammen. Er schien ehrlich überrascht zu sein, stellte Sara fest.

„Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben, wir sind hier auf einer Party. Meiner Party.“

„Deshalb bin ich hier.“

Er hielt eine vorbeieilende Kellnerin an und bestellte einen weiteren Scotch. Sara schüttelte den Kopf, als er eine Margarita für sie ordern wollte. Nachdem die Frau weg war, fragte sie: „Warum tun Sie das?“

„Was?“

„Menschen so behandeln.“

Er runzelte die Stirn. „Die Kellnerin?“

„Nein, Barry und die anderen Leute im Büro.“

Cody lehnte sich mit einem amüsierten Lächeln im Ledersessel zurück. „Aus Ihrem Mund klingt das, als wäre ich ein Ungeheuer.“

Sara beugte sich zu ihm und sah ihm in die Augen. Er zeigte kein Erstaunen über ihre Kühnheit, doch wusste sie, dass es da war. In den vergangenen zehn Monaten hatte sie die typische Südstaatenschönheit gespielt, war brav und entgegenkommend gewesen. Doch diese Rolle musste sie nicht länger beibehalten.

Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen sagte sie: „Sie sind Ihren Mitarbeitern gegenüber distanziert und unzugänglich. Und falls Sie Humor haben, wissen Sie ihn gut zu verbergen. Muss sich denn immer alles nur um den Beruf drehen?“

Ihr wurde klar, dass sie nicht wütend darüber war, wie er Barry behandelt hatte, sondern darüber, wie er sie behandelt hatte. Mit keiner Geste hatte er je zu erkennen gegeben, dass er die Spannung und das Knistern zwischen ihnen ebenfalls spürte, obwohl er es unmöglich nicht bemerkt haben konnte. Sein Erscheinen auf der Party war Beweis genug dafür. Es hatte nicht nur sie erwischt. Aber warum kam er erst jetzt? Warum nicht schon vor Monaten, als sie dem noch hätten nachgeben können?

Natürlich war ihr klar, dass er sich nicht an sie herangemacht hatte, weil sie für ihn nur eine Sekretärin war. Noch dazu eine Aushilfskraft.

Sie nahm einen Schluck von ihrer Margarita und wünschte, sie wäre vor zehn Minuten gegangen. Ach verdammt, dachte sie dann. Wer war sie, dass ausgerechnet sie Cody dafür verurteilte, dass er ein arroganter Snob war? Dass er sie nach dem äußeren Schein beurteilte? Sie jedenfalls begehrte ihn aufgrund seiner äußeren Erscheinung.

„Das ist alles? Das ist die ganze Standpauke?“, fragte er amüsiert.

„Ja. Das ist alles.“ Sie wandte sich ab und plante ihren Abgang.

Als sie nach ihrer Handtasche griff, beging sie jedoch den Fehler, Cody anzusehen. Und sie stellte fest, dass er es schon wieder machte. Sah sie mit diesem Verlangen im Blick an, dass sie sich ihm am liebsten in die Arme geworfen hätte. Das war genau der Blick, der ihr das Leben in den letzten Monaten zur Hölle gemacht hatte, der jedes Mal, wenn Cody an ihren Schreibtisch gekommen war, um Unterlagen für Dakota abzugeben, eine unbeschreibliche Sehnsucht in ihr geweckt hatte. Obwohl Cody nie über etwas anderes als das Wetter und die Arbeit gesprochen hatte, war immer dieses Knistern zwischen ihnen gewesen.

Jeder seiner Wege zu ihrem Schreibtisch hatte dazu gedient, sie zu quälen und herauszufordern. Und doch hatte er nie den ersten Schritt getan.

Anfangs hatte sie geglaubt, die Tatsache, dass sie Kollegen waren, sei der Grund. Aber derartige Vorschriften gab es in der Kanzlei nicht. Sie fand sogar heraus, dass Cody vor Jahren mit einer Anwältin zusammen gewesen war, die inzwischen in einer anderen Kanzlei arbeitete.

Sie, Sara, hatte einfach nicht seinen Ansprüchen genügt.

Die Kellnerin brachte Codys Scotch. Er gab ihr Geld und sagte ihr, den Rest könne sie behalten. Der erfreuten Miene der jungen Frau nach zu urteilen, war das Trinkgeld großzügig. Ein Lächeln entlockte sie ihm damit nicht. Hatte er überhaupt schon jemals gelächelt? Nicht für die Kamera oder einen Klienten, sondern echt und spontan?

Cody griff nach seiner roten Seidenkrawatte, und einen verrückten Moment lang glaubte Sara, er würde sie lockern, doch er rückte sie nur gerade.

„Sie sind seltsam, Sara Wells.“

„Ich? Warum bin ich denn seltsam?“

„Ich kann es nicht genau benennen, aber irgendetwas ist eigenartig an Ihnen.“

„Wie bitte?“ Zu ihrer grenzenlosen Verblüffung lachte er leise.

„Ich habe viele Sekretärinnen kennengelernt, aber keine war wie Sie.“

„Sind Sie deswegen heute Abend hergekommen? Um die letzte Chance zu nutzen und herauszufinden, woran das liegt?“

„Kann schon sein. Aber hauptsächlich bin ich hier, um mich zu verabschieden.“

Der leise Ton, in dem er das sagte, ließ ihr Herz schneller schlagen. „Sind Sie so froh, mich endlich loszuwerden?“

Seine Miene verhärtete sich. „Nein.“

Sara schaute sich unbehaglich um. Dakota und Tony hatten sich an einen anderen Tisch gesetzt. Genau wie alle anderen aus dem Büro schienen sie in ihre Richtung zu blicken.

Das war verrückt. Nichts von alldem, was sie für Cody empfand, hatte eine Bedeutung. Es war egal, dass ihr beim Klang seiner Stimme jedes Mal ein Schauer über den Rücken rieselte, dass sie ihm kaum in die Augen schauen konnte, ohne Herzklopfen zu bekommen und dass sie jede Nacht von ihm träumte.

In wenigen Stunden würde sie weg sein.

Sara sah auf ihre Uhr, dabei spielte es gar keine Rolle, wie spät es war. „Ich muss wirklich los. Ich habe noch viel zu packen.“

Cody verbarg seine Überraschung nicht. „Es ist noch früh.“

„Mein Flug geht auch früh.“ Sara stand auf und nahm ihre Handtasche, die sie auf den Stuhl neben sich gelegt hatte. „Dann werde ich mich mal von Dakota und Tony verabschieden.“

„Warten Sie.“

Sara atmete tief durch und drehte sich wieder um. Codys verlangender Blick brachte sie völlig aus dem Konzept.

„Sie werden doch irgendwann wieder nach New York zurückkommen, oder?“

„Das bezweifle ich.“

„Ich verstehe.“ Er überlegte einen Moment. „Nun, Sie haben gute Arbeit für uns geleistet. Dafür danke ich Ihnen.“

Absurderweise war sie enttäuscht, lächelte dennoch. „Dafür haben Sie mich bezahlt.“

Er sah aus, als wollte er noch mehr sagen, tat es jedoch nicht.

„Auf Wiedersehen, Mr. Shea.“

Ohne noch einmal zurückzublicken ging sie zu Dakota, dem einzigen Menschen in New York, den sie vermissen würde. „Hallo Tony“, sagte sie und drückte seine Schulter. „Schön, dich zu sehen.“

„Ich kann es dir nicht verübeln, dass du meinen Bruder stehen lässt“, meinte Dakota lachend, während Tony aufstand.

„Hier, du kannst meinen Platz haben“, bot er an. „Ich hole noch etwas zu trinken.“

„Nein.“ Sara winkte Tony zurück. „Ich muss los.“

Dakota runzelte die Stirn. „Jetzt schon?“ Sie deutete in Codys Richtung. „Hat er …“

„Mein Flug geht früh, das ist alles.“ Sara lächelte. Niemand würde sie vermissen, wenn sie ginge. Außer mit Dakota hatte sie mit niemandem Freundschaft geschlossen. Natürlich freute sie sich, dass viele Kollegen da waren. Andererseits gingen die meisten freitagabends ohnehin in diese Bar. „Ich rufe dich irgendwann an, ja?“

„Ich verlasse mich darauf.“ Dakota stand auf und umarmte sie herzlich. Tony folgte ihrem Beispiel.

Die beiden passten gut zusammen. In vielerlei Hinsicht waren sie vollkommene Gegensätze, und doch hielt ihre Beziehung. Anders als ihr Bruder war Dakota offen genug, um Tony näher kennenzulernen, so wie sie auch Sara nähergekommen war, obwohl die bloß eine Aushilfssekretärin war.

„Ich gehe jetzt lieber, bevor ich noch anfange zu weinen.“ Tränen waren Sara ganz unerwartet in die Augen gestiegen, was idiotisch war, weil sie von Anfang an gewusst hatte, dass sie irgendwann wieder verschwinden würde. Das Leben in New York war komplizierter geworden, als sie je für möglich gehalten hätte.

Sie winkte kurz allen in der Bar zu, wobei sie darauf achtete, Cody nicht direkt anzusehen, und eilte zur Tür. Die kühle Luft draußen fühlte sich gut an auf ihren erhitzten Wangen, und es war ihr egal, dass sie keinen Mantel hatte, sondern nur ihre Tweedjacke trug.

Zwei Taxis an der Ecke hatten Fahrgäste, und weitere Taxis waren nicht in Sicht, daher ging sie zu Fuß auf die Lexington Avenue zu. Die Ampel sprang auf Rot um. Sara ging langsamer und schlang die Arme um sich. Ein wichtiges Kapitel in ihrem Leben endete gerade. Sie würde Cody nie wiedersehen.

„Sara, warten Sie!“

Bildete sie sich ein, seine Stimme zu hören? Sie drehte sich um. Cody kam tatsächlich auf sie zu, die Schultern wegen der Kälte hochgezogen, die Hände tief in den Taschen. Sara hätte sich nicht von der Stelle rühren können, selbst wenn sie gewollt hätte.

Er erreichte sie, umfasste ihren Arm und führte sie aus dem Strom der Fußgänger hinaus und in den Windschatten des Bankgebäudes, das fast den gesamten Block einnahm. Wenigstens halbwegs vor dem scharfen Wind geschützt, der durch die Hochhausschluchten wehte, drückte sie sich näher an den Granit und versuchte ihre törichte Hoffnung zu dämpfen.

„Habe ich etwas vergessen?“

„Nein, aber ich.“ Cody nahm eine kleine Schachtel von Tiffany’s aus der Tasche und hielt sie ihr hin.

„Was ist das?“

„Machen Sie es auf.“

„Aber ich …“ Ihr Herz pochte so laut, dass er es hören musste. „Von Ihnen?“

Cody strich sich verlegen durch das Haar. „Von der Firma. Für Ihre geleistete Arbeit.“

„Wirklich?“ Sara nahm die Schachtel. Ihre Hand zitterte ein wenig, denn sie war wütend, weil sie wusste, dass er log. Konnte er nicht wenigstens für einen Moment ehrlich sein? Nicht einmal an ihrem letzten Abend in New York?

„Wollen Sie es gar nicht aufmachen?“, fragte Cody, da sie die Schachtel in ihrer Tasche verstaute.

„Später.“

Er fluchte leise und trat einen Schritt näher. „Gut. Es ist von mir.“

Ein Glücksgefühl breitete sich in ihr aus, dabei sollte sie wütend sein. Das Geschenk kam viel zu spät. Was immer sich in der Schachtel befand, es änderte nichts mehr. Ihre Zeit war um. Sie musste nach Atlanta zurückkehren.

„Machen Sie es jetzt auf?“

Einem spontanen Impuls folgend stellte Sara sich auf die Zehenspitzen und legte Cody die Hände um den Nacken. „Das ist von mir“, flüsterte sie und drückte ihre Lippen auf seine, wobei sie mit der Zunge über seine Unterlippe strich.

Codys Arme schlossen sich um sie, und er zog sie an sich und erwiderte den Kuss leidenschaftlich.

Verdammter Kerl. Obwohl sie in Tränen auszubrechen drohte, ging Sara für einen Moment auf das berauschende Spiel seiner Zunge ein. Dann löste sie sich von ihm und sah sich um.

Sie hatte Glück und konnte sofort ein Taxi heranwinken.

Ohne ihn noch einmal anzusehen lief sie zum Wagen und stieg ein. Wozu auch? Cody hatte die Chance vertan. Ihr Leben trennte sich hier. Für immer.

1. KAPITEL

Der schicke Salon war noch genau wie früher ganz in Pink gehalten. Die Arbeitsbereiche waren groß und voreinander abgeschirmt. Unmengen von Blumen schmückten den Empfangsbereich, in dem den wohlhabenden und prominenten Gästen Saft, Evian und Wein gereicht wurde, während sie seidene Bademäntel in Empfang nahmen und darauf warteten, dass ihr Pflegeprogramm begann. Nichts hatte sich innerhalb des letzten Jahres geändert. Nur sie, Sara.

„Mädchen, ich weiß nicht, was der Kerl mit dir gemacht hat.“

Sara sah ihre Friseurin entsetzt im Spiegel an. Wie konnte Chloe von Cody wissen? Niemand wusste davon, abgesehen von ihrer Schwester.

„Ich könnte dir mit geschlossenen Augen einen besseren Schnitt verpassen.“

Sara entspannte sich wieder. Soweit das möglich war. Ihre Nerven waren aufgrund von Schlafmangel ein wenig angegriffen. Sie war erst seit einem Monat zurück in Atlanta, aber wegen ihrer vielen familiären Verpflichtungen kam es ihr vor wie ein Jahr.

„Ich kann es nicht fassen, dass du so herumgelaufen bist. Du hättest gleich nach deiner Rückkehr zu mir kommen sollen.“ Chloes Haar war in diesem Monat rot, ihre grünen Augen waren mit zu viel Schwarz geschminkt. „Alle reden immer von den Stylisten in New York und L.A., als wären das Gurus.“ Sie hielt eine von Saras dicken blonden Locken hoch und betrachtete kritisch die trockenen Spitzen. „Wie viel hast du für diese Strähnchen bezahlt?“

„Das geht dich nichts an.“

„Komm schon.“

New York hatte ihren Erwartungen nicht entsprochen. Im Gegenteil, es war ihr nicht besonders gut bekommen. Sie hatte wie jeder andere leben wollen. Ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen. Nur hatte sie nicht damit gerechnet, Cody Shea zu begegnen und damit, dass sich dadurch alles ändern würde. Sie dachte so oft an ihn, dass sie keine Lust mehr hatte, über New York zu sprechen, nicht einmal mit Chloe. „Vergiss es.“

„Seit wie vielen Jahren mache ich dir die Haare? Und wie viele Jungs hatten wir gemeinsam?“

Sara runzelte die Stirn.

„Na schön, es waren alles meine Jungs, aber die Sache ist, ich erzähle dir immer alles.“

„Ja, das tust du. Ob ich es hören will oder nicht.“

Chloe grinste. „Apropos. Rate mal, wohin ich heute Abend verreise.“ Bevor Sara einen Tipp abgeben konnte, fuhr sie fort: „An die französische Riviera.“

„Übers Wochenende?“

„Nein, für eine ganze Woche. Dort findet unsere Jahresversammlung statt.“

„Reden wir von Friseuren oder von FKK-Anhängern?“

„Ich bitte dich!“ Chloe stellte die Farblösung hin und suchte Folienstücke zusammen. „Als ob ich so viel Geld ausgeben würde für eine Woche mit einem Haufen Primadonnen, die glauben, mehr von Haaren zu verstehen als ich.“

„Natürlich nicht.“ Sara beobachtete, wie Chloe Haarsträhnen zum Färben auswählte und sie mit einem Clip fixierte.

In den zehn Jahren, seit sie Chloe kannte, war ihre Freundin von einer Kosmetikschülerin zu einer der beliebtesten und teuersten Hairstylistinnen in Atlanta aufgestiegen. Zugegebenermaßen war sie überrascht gewesen, als sie erfuhr, dass Chloe Nudistin war. Sie verstand nicht, was daran toll sein sollte, am helllichten Tag nackt herumzulaufen, sodass jeder die körperlichen Mängel des anderen sehen konnte. Allein die Vorstellung deprimierte sie.

„Ist Shelby noch in Europa?“

„Das ist jedenfalls das Letzte, was ich gehört habe. Aber du weißt ja, wie meine Schwester ist.“

„Ich habe in letzter Zeit nichts in der Lokalpresse über sie gelesen, daher nahm ich an, dass sie noch immer unterwegs ist. He, ist das ein neues Armband?“

Sara berührte automatisch die Reihe abstrakter goldener Herzen. Sofort erwachten ungebetene Erinnerungen. Es war dumm, dieses Ding zu tragen, aber seit jenem Abend hatte sie es nicht mehr abgenommen. „Ich habe es aus New York.“

„Dabei hasst du Armbänder. Du trägst ja nicht einmal gern eine Uhr.“

„Mach es nicht zu hell“, wich Sara aus und deutete auf die Schale mit der Farblösung, in die Chloe gerade den Pinsel tauchte, um an den vorbereiteten Strähnen zu arbeiten.

„Deine Haarfarbe ist ein natürliches Blond. Wie hell kann es da schon werden?“, entgegnete die Friseurin und wickelte Folie um eine Strähne.

Sara schwieg. Sie hatte Chloe nur von dem Armband ablenken wollen. Waren das eigentlich wirklich Herzen oder wollte sie die nur darin erkennen? Sie war oft bei Tiffany’s gewesen und besaß sogar einige Stücke dieses Juweliers, aber diesen Stil hatte sie noch nie dort gesehen.

„Willst du drangehen?“ Chloe deutete auf Saras klingelndes Handy, das auf der Ablage lag.

Sara erwartete einen wichtigen Anruf von ihrem Vater, daher schnappte sie sich das Handy, bevor die Voicemail anspringen konnte. Als sie den Knopf drückte, erkannte sie, dass es sich um eine New Yorker Nummer handelte. Vielleicht war es Dakota. „Hallo?“

„Sara.“

Es war Cody.

Saras Hals war plötzlich wie zugeschnürt. Einen Moment lang brachte sie kein Wort heraus.

„Sara?“

„Ja.“ Sie sah Chloe an, die sie neugierig beobachtete. „Ah, könntest du einen Moment dranbleiben?“ Sara ließ das Handy sinken, damit er nicht mithören konnte und stand auf. Dabei verhedderte sie sich im Umhang und zerrte ihn sich vom Hals.

Chloe wich verblüfft zurück. „Wohin willst du?“

„Ich bin gleich wieder da.“ Sara ignorierte die Blicke der anderen Kundinnen und eilte in ihrem Bademantel aus pinkfarbener Seide und mit Silberfolie in den Haaren nach draußen. Erst auf der Straße hob sie das Handy wieder ans Ohr.

„Entschuldige“, sagte sie und versuchte, sich harmonisch in das Bild des gärtnerisch gestalteten Hofes neben dem Eingang einzufügen.

„Störe ich gerade?“

Seine tiefe Stimme ging ihr durch und durch, und sie fühlte sich an jenen Abend zurückversetzt, an dem sie sich geküsst hatten.

„Nein, eigentlich nicht. Ich bin bloß überrascht, von dir zu hören.“ Mit Dakotas Anruf hätte sie vielleicht gerechnet, aber niemals mit Codys.

„Wirklich?“

„Was?“

„Bist du wirklich überrascht?“

„Ja.“ Sie kehrte einem Paar, das vorbeigeschlendert kam, den Rücken zu. Als ein Teenager auf einem Skateboard seine Fahrt verlangsamte, um sie anzustarren, starrte sie zurück und fragte: „Ist was?“

„Wie bitte?“, fragte Cody unsicher.

„Ich meinte nicht dich. Da war nur dieser Junge …“

„Es ist wohl doch ein ungünstiger Zeitpunkt.“

„Nein, ich meine … wolltest du etwas Bestimmtes?“ Das klang ganz falsch. Sie hätte sich bei ihm schriftlich für das Armband bedanken sollen. Sie hatte sogar einige Versuche unternommen. Am Ende hatte jedoch die Feigheit über die Höflichkeit gesiegt.

Nach einer langen Pause sagte er: „Was hältst du davon, wenn ich dich später noch einmal anrufe?“

„Nein, das ist schon in Ordnung. Ich wollte dir sowieso für das Armband danken.“ Sie hatte die atemlosen Worte kaum ausgesprochen, da ging die Salontür auf, und Chloe kam heraus.

„Du kannst es umtauschen, falls es dir nicht gefällt“, sagte Cody.

Sara drehte Chloe den Rücken zu und senkte die Stimme. „Oh nein, es gefällt mir sehr. Ich trage es jetzt gerade.“

„Gut. Eigentlich rufe ich an, um dich zu fragen, ob du mit mir essen gehen willst.“

„Essen gehen?“ Nahm er sie auf den Arm? „Wann?“

„Heute Abend.“

„Aber …“ Im Hintergrund hörte sie eine Frauenstimme verkünden, dass der Flug nach Acapulco sich verspätete. „Wo bist du?“

„Hier. In Atlanta.“

Fast hätte sie das Handy fallen gelassen.

„Was ist los?“, erkundigte sich Chloe, die in ihr Blickfeld trat.

Sara wedelte mit der Hand, damit sie verschwand. „Bist du am Flughafen?“

„Ich bin gerade gelandet.“

Sie schluckte. Er hatte sie gleich angerufen. Sollte sie sich geschmeichelt fühlen oder Angst haben?

Die Angst siegte. Sie war nicht die, für die Cody sie hielt, und dabei sollte es auch bleiben. Sara räusperte sich, dann fragte sie: „Hast du geschäftlich hier zu tun?“

„Ja, diese Woche.“

Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Während ihrer Zeit in der Kanzlei war Cody nie verreist. Er hatte stets einen Untergebenen losgeschickt. „Dann muss es ja ein wichtiger Klient sein.“

„Ja. Wie ist es mit heute Abend?“

Cody hier in Atlanta. Das kam ihr unwirklich vor. „Einverstanden“, sagte sie zögernd und versuchte sich zu erinnern, ob sie am Abend irgendwelche Termine hatte. Dummerweise konnte sie nicht klar denken. Nicht, dass das eine Rolle gespielt hätte. Natürlich würde sie sich mit ihm treffen. „Wo wohnst du?“

„Im Ritz-Carlton in der Peachtree Street. Wollen wir uns dort treffen?“

„Nein.“ Sara schloss die Augen und tadelte sich im Stillen für diese prompte Antwort. Aber sie konnte nun einmal nicht die Lobby dieses Hotels durchqueren, ohne von mindestens einem Dutzend Menschen erkannt zu werden. „Ich dachte, du würdest vielleicht ein bisschen Lokalkolorit erleben wollen.“

„Gern, sag mir wo.“

Du lieber Himmel. „Könntest du einen Moment dranbleiben, bitte?“ Ohne auf seine Antwort zu warten, drehte sie sich zu Chloe um, die schon wieder auf dem Weg in den Salon war. Sara winkte ihr hektisch zu, damit sie umkehrte, und ging ihr entgegen, wobei sie das Handy hinter dem Rücken hielt. „Ich brauche Name und Adresse eines Restaurants.“

„Soll das ein Witz sein?“

„Chloe, bitte.“

„Café Tu Tu Tango in Buckhead.“

„Danke. Ich komme gleich wieder rein.“ Sobald Chloe im Salon verschwunden war, hob Sara das Handy wieder ans Ohr. Im gleichen Augenblick dachte sie über den Namen des Restaurants nach. Chloe würde sie doch wohl nicht in ein allzu schräges Lokal schicken, oder?

„Wollen wir uns im Café Tu Tu Tango in Buckhead treffen? Jeder Taxifahrer wird wissen, wo das ist.“

„Einverstanden. Und wann?“

Sie schaute auf ihre Uhr. Es war verrückt, sich darauf einzulassen. „Halb acht?“

„Ich werde dort sein.“

„Gut, ich auch.“ Wie lahm, dachte sie und ärgerte sich.

„Ich freue mich darauf, dich zu sehen, Sara“, sagte er.

Seine Stimme war so tief und heiser, dass sie einen trockenen Mund bekam. Dann beendete er das Gespräch und ließ sie mit weichen Knien und der Frage, ob es klug war, sich mit ihm zu treffen, zurück.

Aber sie würde es tun. Jemanden einfach zu versetzen verbot ihr schon ihre Höflichkeit. Oje. Wo war Shelby, wenn man sie brauchte? Sara ging zurück in den Salon und registrierte erneut die neugierigen Blicke. Sie ignorierte sie alle und ließ sich in Chloes Friseursessel fallen.

Chloe legte ihr den Umhang wieder um und nahm die Schale mit der Farblösung. Nachdem sie sich umgeschaut hatte, beugte sie sich zu Sara hinunter. „Was ist denn eigentlich los?“

„Nichts.“

„Ja, das dachte ich mir.“

Sara überging den Sarkasmus. Dies war etwas, was sie nicht mit Chloe diskutieren wollte, vor allem deshalb, weil die Frau sie zu allem ermutigen würde. Außerdem hatte Chloe keine Ahnung, wie es war, reich zu sein. Sie war wie viele andere, die glaubten, Geld löse alle Probleme. Wie konnte man unglücklich sein, wenn man sich alles kaufen konnte, was man wollte?

Aber diese Menschen hatten keine Ahnung, sie wurden nicht mit einem Vermögen gleichgesetzt wie sie und ihre Schwester. Sobald ein Mann ihren Nachnamen hörte, war es vorbei. Es gab keine Möglichkeit mehr, herauszufinden, ob er sie wollte oder das Geld oder die öffentliche Aufmerksamkeit. Diese Menschen, die glaubten, sie habe es gut, wurden auch nicht von riesigen Erwartungen geradezu erdrückt. Ein Fehler, und die gesamte lokale Presse fiel über sie her, als warte sie nur darauf, dass einer der Wellingtons in Ungnade fiel. Es gab kein Privatleben, zumindest nicht in Atlanta.

Und jetzt war Cody da. Was machte er eine ganze Woche hier? Das ergab überhaupt keinen Sinn. Wenigstens wusste sie, wo er wohnte. Sie könnte ihn anrufen und absagen. Sie könnte einen Termin vorschieben, den sie angeblich übersehen hatte.

Sie hatte sogar seine Handynummer. Sara schaute auf das kleine Mobiltelefon, das sie immer noch in der Hand hielt. Sollte sie seine Nummer abspeichern?

„Ja, ja, schweig mich ruhig an.“ Chloe wandte sich ab, um einen Schluck von ihrem Vanille-Milchkaffee zu nehmen und widmete sich anschließend beleidigt wieder den Strähnchen.

Sara war nicht besonders gut darin, sich jemandem anzuvertrauen, außer Shelby natürlich. Bei Chloe konnte sie allerdings unbesorgt sein. Sie war diskret wie alle Angestellten bei „Papillon“.

„Also gut, da war dieser Mann in New York …“

„Ach?“ Chloes Augenbrauen schossen in die Höhe, aber sie arbeitete weiter. „Und?“

„Es spielte sich nichts ab, bis zum letzten Abend. Deshalb gibt es praktisch nichts zu erzählen.“

Chloe bedachte sie mit einem spöttischen Blick.

„Im Ernst.“

„Hast du das Armband von ihm?“

„Ja, aber es ist nichts passiert. Ich kam einfach nicht an ihn heran.“

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, du bist high. Der einzige Mann, an den du nicht herankommst, ist Prinz Charles. Aber darum geht es nicht. Wann hattest du zum letzten Mal ein Date?“

„Ich kann mich immer darauf verlassen, dass du mich aufbaust.“

„Entschuldige.“ Chloe grinste schief. „Erzähl mir von diesem Kerl, dann verkneife ich mir jeden Kommentar.“

„Er ist Anwalt, Seniorpartner in einer sehr angesehen Kanzlei in Manhattan. Dabei ist er, glaube ich, erst fünfunddreißig. Was bedeutet, dass er intelligent und ehrgeizig ist.“

„Oder dass er mit dem Boss schläft.“ Chloe zuckte zusammen, da Sara sie strafend ansah. „Ich sollte meinen Mund halten, klar.“

„Das habe ich nun davon, dass ich das Unmögliche verlange.“

„Nein, komm schon. Wie sieht er aus?“

„Groß, über einen Meter achtzig. Athletisch gebaut. Hellbraunes Haar. Du würdest es vielleicht dunkelblond nennen. Ich habe keine Ahnung, worin der Unterschied besteht.“ Sie hielt inne und dachte einen Moment nach. Cody trug die Haare ihrer Meinung nach zu kurz, also hatte sie vielleicht gar nicht so sehr darauf geachtet. Woran sie sich vor allem erinnerte, war die Wirkung seiner Augen. „Blaugrün“, sagte sie und erklärte der verwirrten Chloe: „Seine Augen. Sie sind von einem Blaugrün, das schwer zu beschreiben ist.“

Chloe lächelte und arbeitete weiter.

„Was?“

„Es hat dich erwischt, Mädchen.“

„Quatsch. Er ist nur …“ Sie gab es auf. „Na schön. Und was soll ich jetzt machen?“

„Das musst du mich fragen?“

„Autsch!“, rief Sara.

Chloe ging behutsamer vor. „Das war keine Absicht. Obwohl ich hoffe, dass es dir auf die Sprünge geholfen hat.“

„Schon gut, schon gut. Er ist eine Woche lang hier. Ich verspreche, mich mindestens zweimal mit ihm zu treffen.“

Chloe seufzte dramatisch. „Ich bin stolz auf dich.“

„Ich habe nur ein kleines Problem.“

„Er weiß nicht, wer du bist“, vermutete Chloe.

„Und das bedeutet, ich kann ihn nicht mit in mein und Shelbys Apartment nehmen. Und er wohnt im Ritz-Carlton.“

„Mist.“

„Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.“

„Warte.“ Chloe zog eine Schublade auf und nahm eine winzige rote Handtasche heraus, in der sie nach Schlüsseln kramte. „Bitte sehr. Meine Wohnung ist die Lösung. Überleg mal. Das Timing ist perfekt. Ich werde eine Woche weg sein. Heute Abend geht mein Flug. Ab vier Uhr nachmittags gehört die Wohnung dir.“

Sara sah die Schlüssel in ihrer Hand an. War das Schicksal?

Chloe machte sich wieder an die Arbeit, als wäre die Sache beschlossen. „Die Mikrowelle hat vor ein paar Monaten den Geist aufgegeben. Ich esse nicht oft zu Hause, deshalb habe ich noch keine neue gekauft. Ich weiß nicht einmal, ob der Herd funktioniert. Aber ich wohne auch erst seit zwei Jahren dort.“

Sara lachte. „Ist dein Angebot ernst gemeint? Ich kann nämlich …“

„Komm schon, du willst doch Sex, oder?“

Sara schloss die Augen. Das war nicht der richtige Tag, um ihre Geduld auf die Probe zu stellen.

„Entspann dich. Niemand hat es gehört.“

„Sieh mal, Chloe, ich weiß wirklich zu schätzen, was du für mich tust. Aber du darfst niemandem davon erzählen. Auf keinen Fall.“

„Das trifft mich jetzt aber.“

„Tut mir leid“, sagte Sara sofort. „Ich vertraue dir ja.“

„Du musst mal lockerer werden. Du bist schließlich erst siebenundzwanzig. Amüsier dich.“

Eigentlich war Sara noch sechsundzwanzig, aber Chloe hatte vollkommen recht. Sie würde es für den Rest ihres Lebens bereuen, wenn sie diese Chance mit Cody ungenutzt verstreichen ließe. Sie wünschte nur, diese Gelegenheit hätte sich schon in New York ergeben, und nicht erst hier in Atlanta, wo sie die halbe Stadt kannte – oder die halbe Stadt sie.

2. KAPITEL

Um fünfzehn Minuten nach sieben stieg Cody vor dem Café Tu Tu Tango aus dem Taxi. Er wusste, dass dies das richtige Restaurant war. Es war unwahrscheinlich, dass er Namen und Gegend falsch verstanden hatte. Außerdem hatte der Taxifahrer gleich Bescheid gewusst. Aber dies war nicht die Art von Restaurant, die ihm vorgeschwebt hatte. Auch hätte er nicht gedacht, dass es Saras Geschmack entsprach.

Andererseits, was wusste er schon von ihr? Abgesehen davon, dass sie absolut nicht die Richtige für ihn war und ein Lächeln hatte, das ihn veranlasste, sich wie ein dummer vorpubertärer Teenager zu benehmen. In seinen vernünftigeren Momenten wunderte er sich über die vielen widersprüchlichen Dinge an ihr. In Manhattan hatte sie in einem Haus ohne Fahrstuhl im fünften Stock zur Untermiete gewohnt. Statt die Mittagspause mit den anderen Kollegen zu verbringen, war sie allein in den Park gegangen oder hatte am Schreibtisch gegessen. Trotzdem trug sie teure Schuhe und besaß eine teure Handtasche, die sie nicht aus dem Ausverkauf haben konnte.

Es war nichts dagegen einzuwenden, die schönen Dinge des Lebens zu begehren. Er selbst gab sich ungern mit weniger zufrieden. Aber er kannte ihr Gehalt als Aushilfskraft. Da passte einiges nicht zusammen. Und das hätte ihn nervös machen müssen, statt neugierig.

Im Grunde genommen hoffte er fast, dass sie eine von diesen Frauen war, die es auf einen reichen Mann abgesehen hatten. Einige seiner Studienfreunde waren von solchen Frauen ausgenommen worden. Er war glücklicherweise noch keiner in die Falle gegangen. Glück hatte jedoch weniger damit zu tun. Er war vorsichtig und wählerisch. Obwohl er zum jetzigen Zeitpunkt keine politischen Ambitionen hatte, wollte er sich weder die Karriere noch sonstige Zukunftschancen verbauen.

Erneut sah er zu dem bunten Schild über dem Restaurant. Café Tu Tu Tango? Vielleicht war das etwas für die Südstaaten Typisches.

Er warf einen Blick auf seine Uhr. Er würde eine Woche in Atlanta verbringen. Vermutlich würde er ein paar Mal mit Sara ausgehen, sie vielleicht sogar für eine diskrete Nacht in sein Hotel einladen. Anschließend würde er nach New York zurückkehren. Das konnte sicher nicht schaden, oder?

Er ging auf den Eingang des Restaurants zu. Bei dem Gedanken daran, Sara wiederzusehen, wurden seine Schritte schneller. Wenn es ihm dort nicht gefiel, würde er sie überreden, mit ihm in das Hotelrestaurant zu gehen, in den Atlanta Grill.

Als er die Tür öffnete, stolperte ihm ein Paar entgegen. Er wich rasch zur Seite, doch die stacheligen blauen Haare der Frau streiften noch sein Kinn. Ein durchdringender Gingeruch stieg ihm in die Nase.

„’tschuldigung“, nuschelte der Mann, dessen Hals ein unglaubliches Tattoo zierte, ehe er seine Partnerin mit sich zog.

Cody rückte seine rechte Manschette gerade. Dieses Restaurant war offenbar keine gute Idee. Es war nicht nur voll, sondern auch laut. Und grellbunt. Du liebe Zeit.

Überall hingen Bilder, es war praktisch keine Stelle an den Wänden mehr frei. Es gab alles, von zeitgenössischen Ölgemälden bis hin zu Kopien von Meisterwerken. Außerdem eine ziemlich laute dreiköpfige Band, die auf einer Bühne im ersten Stock spielte, und Tänzerinnen in wehenden blauen Röcken.

„Hallo, haben Sie reserviert?“ Eine hübsche Blonde trat auf ihn zu. Zumindest wäre sie hübsch gewesen, wenn nicht ihre Nase und die linke Braue gepierct gewesen wären.

„Ich glaube nicht.“ Er schaute sich um und hoffte, dass Sara ebenfalls zu früh da war.

„Hoppla.“ Die Frau glitt mit ihrem Zeigefinger über eine Liste mit Namen. Ihr pinkfarbener Nagelack passte farblich gut zu ihrem knappen Kleid. „Wir sind ausgebucht heute Abend.“

„Na ja, trotzdem danke.“ Er würde draußen warten und Sara die „schlechte“ Nachricht überbringen. In der Zwischenzeit konnte er irgendwo anders einen Tisch reservieren.

„Sind Sie mit jemandem verabredet?“

Cody hatte sich bereits zum Gehen gewandt und sein Handy gezückt, um den Hotelportier anzurufen. „Ja, aber das macht nichts.“

„Wie lautet der Name?“

„Sara Wells.“

„Ah, hier. Chloe hat für Sie beide reserviert. Die Dame ist allerdings noch nicht hier.“ Die Frau lächelte, und Cody erhaschte einen Blick auf ein silbernes Zungenpiercing. „Sie können am Tisch warten oder an der Bar.“

Verdammt. Er steckte das Handy wieder ein. „Am Tisch, danke.“ Er sah zur Tür, in der Hoffnung, Sara dort zu entdecken, dann folgte er der Blonden zu einem Tisch im hinteren Bereich des Restaurants.

Obwohl die Gäste eine seltsame Mischung aus Yuppies und Künstlertypen waren, schien niemand unter Geldmangel zu leiden, den Louis-Vuitton- und Chanel-Handtaschen und den goldenen Rolex-Uhren nach zu urteilen.

Er setzte sich mit Blick zum Eingang und bestellte einen Scotch. Während er wartete, sah er sich um. Ein junger Mann war tatsächlich dabei, eine Leinwand zu bemalen. Die drei Leute an seinem Tisch sahen ihm dabei zu. Die abstrakte Arbeit war sogar gut. Was man von der Akustik nicht behaupten konnte. Die Musik war zu laut, ebenso die Gespräche und das Gelächter um ihn herum. Er wollte ein ruhiges, angenehmes Abendessen, bei dem er sich mit Sara unterhalten konnte.

Die Kellnerin brachte seinen Drink, doch bevor er ihr eine Frage stellen konnte, sah er Sara auf seinen Tisch zukommen. Sie trug eine schlichte ärmellose cremefarbene Bluse, die sie in die Jeans gesteckt hatte, was ihre schmale Taille betonte. Ihr Haar wirkte blonder und länger, denn es reichte ihr jetzt bis auf die Schultern und die Frisur wirkte ein bisschen wilder, als er sie in Erinnerung hatte. Sara war wunderschön.

Er wollte aufstehen, doch sie bedeutete ihm, sitzen zu bleiben. Zu seiner Verblüffung bekam er Herzklopfen. Das war ihm seit seinem zwanzigsten Lebensjahr nicht mehr passiert. Manchmal, vor Gericht, passierte es noch, während er auf eine Urteilsverkündung wartete. Aber auf diese Weise hatte er sich zu einer Frau nicht mehr hingezogen gefühlt seit …

Seit diesem Kuss.

„Der Verkehr war grauenhaft“, erklärte Sara und setzte sich anmutig. „Ich hoffe, du wartest noch nicht lange.“

„Ich bin eben erst gekommen. Außerdem war ich zu früh hier.“ Er hatte ganz vergessen, wie sehr er ihren Südstaatenakzent mochte. Was eigenartig war, da Akzente ihn normalerweise störten.

„Interessantes Restaurant, was?“ Sara sah sich um.

„Das ist noch untertrieben“, entgegnete Cody. „Es strahlt Energie aus.“ Er winkte der Kellnerin, die am Nebentisch bediente.

„Kann man wohl sagen.“

„Du klingst überrascht.“ Sie schien sich unbehaglich zu fühlen, zuckte aber nur die Schultern.

„Ich habe mir die Haare machen lassen, als du anriefst, deshalb bat ich meine Friseurin, mir ein Restaurant zu empfehlen.“

„Aha. Mir gefällt es.“

„Was?“

„Dein Haar.“

„Oh.“ Sie zupfte abwesend an einer Strähne, die sich an ihrer Wange kringelte. „Es ist nicht meine übliche Frisur.“

„Nein.“ In der Kanzlei hatte sie die Haare glatter getragen. Für gewöhnlich gefiel ihm das bei Frauen besser. Doch dieser sexy Wuschellook passte zu ihrem herzförmigen Gesicht und bildet einen faszinierenden Kontrast zu diesen unschuldigen Augen. „Wo gehst du normalerweise essen?“

„Ich?“

„Ja.“

„Ach, ich gehe nicht oft aus.“

Es fiel ihm schwer, das zu glauben. Sie musste jede Menge Dates haben. „Tatsächlich?“

Ihre Blicke trafen sich kurz, dann wandte Sara sich an die Kellnerin, die endlich an ihrem Tisch erschienen war. Sie bestellte Weißwein, überlegte es sich dann anders und bat um eine Margarita. „Dakota hat mich auf den Geschmack gebracht“, erklärte sie, nachdem die Kellnerin wieder verschwunden war. „Wie geht es ihr?“

„Großartig. Sie hat wie immer viel zu tun.“

„Und was machst du in Atlanta?“

„Ich vertrete einen Klienten“, antwortete er.

„Ich dachte, du verlässt New York nie. Normalerweise schickst du Matthew oder Sterling los.“

„Ja, das stimmt schon.“ Wahrscheinlich wunderte sich jeder in der Kanzlei darüber, dass er selbst gefahren war. Dakota war die Einzige gewesen, die ihn darauf angesprochen hatte. Sie war sogar so dreist gewesen, ihn zu fragen, ob Sara der Grund für die Reise nach Atlanta sei, und ob er seine privaten Gefühle in eine berufliche Entscheidung einfließen lasse. „Der Kerl, den ich vertrete … sein Vater ist ein wichtiger Klient und bat mich um diesen Gefallen. Sein Sohn hat sich in Schwierigkeiten gebracht, die ein bisschen zu öffentlich wurden.“

Sara spürt eine leichte Nervosität. „Jemand, den ich vielleicht kenne?“

Die Lokalpresse hatte bereits darüber berichtet, daher stellte es keine Indiskretion dar, wenn er ihr antwortete. Es war ihre Reaktion, die ihn zögern ließ. „Harrison Manning junior.“

„Aha.“ Sara lehnte sich entspannt zurück. „Ich habe in der Zeitung über ihn gelesen. Er wird nie einen Gerichtssaal von innen sehen.“

„Nicht, wenn ich meine Arbeit gut mache“, bestätigte Cody, verwirrt über den aufflackernden Zorn in ihrem Blick. „Kennst du ihn?“

„In der Presse wird häufig über ihn berichtet. Es ist nicht das erste Mal, dass er in Schwierigkeiten steckt.“

Das waren Neuigkeiten für Cody. „Wirklich?“ Er trank einen Schluck und musterte Sara. Seine Neugier war geweckt, denn eigentlich sollte es ein leichter Fall sein.

Sara errötete ein wenig. „Ach, das ist nur Klatsch.“

Auch Cody wollte nicht länger über Harrison Manning junior sprechen. „Was hast du so getrieben, seit du wieder hier bist?“, erkundigte er sich.

„Ich bin noch immer Aushilfskraft.“

Das erstaunte und ärgerte ihn. Sie war viel zu talentiert, um sich treiben zu lassen. „Dakota erzählte mir, du hättest einige Semester Jura studiert.“

Sara nickte und klappte eine der Speisekarten auf, die die Kellnerin ihnen gebracht hatte. „Hast du schon einen Blick hineingeworfen?“

„Sie hat mir außerdem erzählt, dass du auf einige wichtige Fehler gestoßen bist in …“

„Versuchst du, mich anzuwerben?“

„Na ja, wo du es schon erwähnst – du könntest meine Assistentin sein, solange ich hier bin. Ich zahle dreißig Prozent mehr, als wir dir in New York gezahlt haben.“ Plötzlich wirkte sie alarmiert, stellte Cody fest.

„Ich habe in dieser Woche schon einen Job.“

„He, das freut mich. Ich dachte ja nur …“ Cody klappte die Speisekarte auf und tat, als lese er darin. Er musste aufhören, Sara anzustarren, bevor er noch etwas Törichtes sagte oder tat. Was, wenn sie sein Angebot angenommen hätte? Wie war er bloß darauf gekommen? Er trennte doch sonst Beruf und Privatleben strikt voneinander.

Genau das war das Problem. Er wusste nicht, was er von ihr wollte. Schon die Tatsache, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte, war merkwürdig. Sicher, sie sah toll aus, aber sie hatten nichts gemeinsam, und seine Karriere war ihm einfach zu wichtig, um nicht wählerisch zu sein.

„Cody, weshalb bist du wirklich hier?“

Sie klang halb vorwurfsvoll, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Widerstrebend schaute er von der Karte auf. „Was?“

„Na los, sag schon.“

Ihr herausfordernder Blick brachte ihn zum Lächeln. „Ich habe einen Klienten …“

Sara neigte den Kopf zur Seite und sah ihn fest an. „Ich weiß, warum du hier bist. Ich verstehe es nur nicht.“

„Was verstehst du nicht?“

„Als ich in New York war, hast du mich kaum beachtet.“

„Das ist nicht wahr.“

„Und dann der letzte Abend. Was hatte das zu bedeuten?“

Verlegen widmete er sich wieder der Speisekarte und hoffte, die Kellnerin würde auftauchen.

„Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Ich verstehe nur nicht, warum du mich nicht schon vor Monaten gefragt hast, ob ich mit dir ausgehen will.“

Da ihr Ton nicht vorwurfsvoll war, sah er ihr wieder ins Gesicht. „Du hast für die Kanzlei gearbeitet.“

„War das der einzige Grund?“

Er stöhnte. „Ich hätte lieber zu einem Spiel der Braves gehen sollen.“

„Ich nehme an, das bedeutet wohl, dass ich nicht mehr aus dir herausbekommen werde, oder? Na ja, ist schon in Ordnung. Ich hätte dich nicht in Verlegenheit bringen dürfen. Was die Braves angeht, die spielen auswärts gegen die Cubs. Aber Mittwoch haben sie wieder ein Heimspiel.“

„Du magst Baseball?“

„Natürlich.“

„Gehst du etwa auch zu Spielen?“

„Zu den meisten. Bist du zufällig Fan der Mets?“

Erstaunlich. Sie war die einzige Frau, die er kannte, die Baseball mochte. „Na klar.“

„Ich wette, du hast tolle Karten für die Saison.“

„Ich habe keine Zeit, mir die Spiele anzusehen. Ich versuche die Ergebnisse im Fernsehen zu verfolgen.“

„Das ist traurig. Der Spaß beim Baseball besteht doch vor allem darin, im Stadion zu sitzen, mit all dem Lärm, und dazu Hotdogs und Popcorn zu essen. Oh, und ich liebe diese großen Brezel.“

Ihre Begeisterung erinnerte ihn an seine Collegezeit vor dem Jurastudium, bevor das Leben kompliziert und ernst geworden war. „Und dazu ein großes kaltes Bier.“

Sara rümpfte die Nase. „Darauf kann ich verzichten.“

„Ich normalerweise auch. Aber im Stadion geht doch nichts über einen Hotdog und ein kühles Bier.“

Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, doch sie verbarg es, indem sie einen Schluck von ihrer Margarita nahm.

Ihr Lächeln und ihr Schweigen machten ihn misstrauisch. „Weißt du etwas, was ich nicht weiß?“

„Wahrscheinlich eine Menge.“

Sara strich sich mit der Zungenspitze über die Lippen, an denen noch ein paar Salzkrümel vom Glasrand klebten. Sie tat es langsam und verführerisch, als wüsste sie genau, dass ihn das verrückt machte. Cody räusperte sich. „Tatsächlich?“

Sie nickte, und dann sah sie ihn an, als nähme sie ihn erst jetzt richtig wahr. Der Ausdruck in ihren Augen war beunruhigend.

„Was hast du morgen Abend vor?“, fragte sie.

„Warum?“

„Folgendes.“ Sie legte die gefalteten Hände auf den Tisch. „Dies ist mein Territorium.“

„Und das bedeutet?“

„Wenn du mich sehen willst, dann zu meinen Bedingungen.“

Cody schnaubte. Was glaubte sie, mit wem sie sprach? Wenn er wollte, konnte er jeden Abend ein Date haben. Mit attraktiven prominenten Karrierefrauen in Manhattan. Sara war eine kleine Aushilfskraft. Und sie glaubte, ihm Bedingungen diktieren zu können?

Er leerte seinen Scotch. „Und wie lauten die?“, fragte er trotzdem. Vielleicht konnte es ja interessant werden.

„Erstens, wir werden nur …“

„Shelby?“ Ein großer Mann mit schütterem Haar kam an ihren Tisch. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug. „Ich dachte, du wärst noch in Europa.“

Sara stutzte und wurde blass. „Robert?“ Sie sprang auf, bat Cody um Entschuldigung und führte den Mann in den vorderen Teil des Restaurants.

Cody fragte sich, was das alles zu bedeuten hatte. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er noch einen Drink bestellen oder lieber verschwinden sollte, bevor Sara zurückkam. Was wusste er denn eigentlich über diese Frau, die offenbar einen falschen Namen benutzte und für ihr Treffen ein Restaurant gewählt hatte, in dem sie noch nie gewesen war?

Das alles verhieß nur Ärger.

Er wollte schon seine Brieftasche zücken, um die Rechnung zu bezahlen, als er Sara zurückkommen sah.

„Entschuldige“, sagte sie und setzte sich wieder.

„Was hatte das denn zu bedeuten?“

„Ein Freund der Familie“, erklärte sie, ohne dass ihr anzusehen gewesen wäre, ob sie schon wieder log.

„Und er kannte deinen Namen nicht?“

„Was? Oh nein, er hat mich mit meiner Schwester verwechselt.“

„Aha.“

„Also, hier sind die Bedingungen.“ Sie nahm ihre schwarze Lederhandtasche, die an der Stuhllehne hing. „Ich entscheide, wo wir uns treffen und was wir unternehmen. Ich werde jetzt gehen. Wenn du einverstanden bist, komm mit. Andernfalls wünsche ich dir viel Erfolg bei deinem Fall.“

„Ist das dein Ernst?“

Sara war bereits aufgestanden. „Ja“, sagte sie und ging.

Fasziniert beobachtete er ihren Hüftschwung und den wohlgeformten Po in der engen Jeans. Statt Antworten auf seine Fragen bekommen zu haben, hatte er ein Dutzend neue Fragen. Sara faszinierte ihn nicht nur, sie machte ihn auch wütend. Er sollte froh sein, so leicht aus der Sache herauszukommen.

Aber dann warf er doch zwei Zwanziger auf den Tisch und lief ihr hinterher.

Sara drehte sich nicht um, bis sie das Restaurant verlassen hatte und in der kühlen Abendluft stand. Sie spürte Cody hinter sich, noch bevor er seine warme Hand auf ihren nackten Arm legte.

„Na schön“, sagte er. „Du hast gewonnen.“

„Es geht nicht darum, wer gewinnt oder verliert. Es ist …“ Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter, und sie schüttelte sich leicht.

Cody legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie sanft an sich, damit sie seine Körperwärme spürte. „Ist das erlaubt?“, flüsterte er.

„Aber nur, weil es hier draußen kalt ist.“

Er lächelte. „Frierst du?“

Die Temperaturen lagen noch um die zwanzig Grad. Doch für die Jahreszeit war das ungewöhnlich kühl. Außerdem fühlte sich seine Brust gut an. Viel muskulöser, als sie vermutet hätte. Trotz seines vollen Terminkalenders fand er offenbar Zeit zu trainieren. „Wir werden ein Taxi nehmen müssen.“

„Hast du kein Auto?“

„Das ist in der Werkstatt.“

„Macht nichts.“ Er hielt Ausschau, aber natürlich war kein Taxi in Sicht.

„Wir sind hier nicht in New York“, erklärte sie. „Die meisten Leute fahren selbst. Wir werden ein Taxi per Telefon bestellen müssen.“

„Gut.“ Mit einem leicht genervten Gesichtsausdruck nahm er den Arm von ihren Schultern und zog sein Handy aus der Brusttasche. „Du hast nicht zufällig eine Telefonnummer?“

„Nein“, antwortete sie. „Ich laufe schnell ins Restaurant und bitte die Hostess, uns ein Taxi zu rufen.“

„Lass nur, ich kümmere mich darum.“

Sara hatte nichts dagegen. Allerdings fragte sie sich, wohin sie fahren sollten. Es gab ein Dutzend Lokale, die ihr gefielen, aber keines konnte sie gefahrlos betreten. Blieb noch Chloes Wohnung. Aber schon am ersten Abend? Keine gute Idee.

„In fünf Minuten kommt ein Wagen“, verkündete Cody, als er zurückkam. „Möchtest du mir verraten, was unser Ziel ist?“

Was nun? Sollte sie mit ihm einfach auf die andere Seite der Stadt fahren und irgendein Lokal aussuchen? Oder sollte sie auf Nummer sicher gehen und sich für Chloes Wohnung entscheiden?

Nummer sicher? Fast hätte Sara laut gelacht. In Codys wundervollen Augen las sie so viele Fragen, aber da war auch diese Anziehung, von der sie gedacht hatte, sie würde sie nie wieder spüren.

Also gut. Es gab Nummer sicher und es gab Nummer sicher.

Lächelnd sagte sie: „Was hältst du davon, wenn wir zu mir fahren?“

Sara musste nicht erst die Tür zu Chloes Wohnung öffnen, um zu erkennen, wie dumm es war, Cody mit hierher zu nehmen, ohne sich vorher umgesehen zu haben. Chloe war eine fantastische Friseurin, aber sie war auch ziemlich schrullig.

Genau wie ihr Einrichtungsgeschmack. Und das war noch milde ausgedrückt.

Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Zumindest nicht, ohne dass Cody sie für verrückt erklären würde. Ihr blieb nichts anderes übrig, als gelassen zu bleiben und nicht zusammenzuzucken.

Zuerst betraten sie das ziemlich bunte vordere Zimmer. Orange war keine Farbe, die Sara für die Wände gewählt hätte, aber so war es nun einmal, und es bot einen interessanten Kontrast zu dem übergroßen zitronengelben Sofa, das sich wie eine Schlange um den freistehenden Kaminofen schlängelte.

Verlegen drehte sie sich zu Cody um. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, das musste sie ihm lassen. Gute Anwälte mussten diese Kunst allerdings beherrschen, und er gehörte zu den besten des Landes.

„Wie ich sehe, bevorzugst du den Retro-Stil“, sagte Cody und begutachtete die limonengrünen Stühle.

Sara schaute sich ebenfalls um. Ja, die Wohnung war zwar im Retro-Stil eingerichtet, aber aus irgendeinem Grund wirkte sie dadurch weniger kitschig. „Eigentlich nicht. Ich habe eine Mitbewohnerin. Dies war ursprünglich ihre Wohnung. Ich bin erst vor zwei Wochen eingezogen.“

„Aha.“

Er wirkte erleichtert, und sie verbarg ein Lächeln und legte ihre Handtasche auf einen schwarz lackierten Konsolentisch neben einer Skulptur, die zwei einander sich umarmende Nackte darstellte.

Cody trat neben sie und betrachtete die Skulptur. „Wird sie jeden Moment zurückkommen?“

„Nein, sie ist unterwegs nach Europa.“

Er stutzte. „Ist das so eine Art Code?“

„Wie bitte?“

„Sagtest du nicht, deine Schwester …“

Sara lachte. „Ja, die ist tatsächlich in Europa. Und Chloe ist an die Französische Riviera gereist.“ Sie sah auf ihre Uhr. „Vor ungefähr drei Stunden.“

„Du umgibst dich ja mit richtigen Jetsettern.“

„Chloe ist außerdem meine Friseurin. Bei ihren Preisen für einen Haarschnitt kann sie sich vermutlich bald zur Ruhe setzen.“

Dazu sagte er nichts, sondern betrachtete die seltsamen Kunstwerke an den Wänden.

„Mach dir ruhig schon einen Drink“, bot Sara ihm an, um ihn abzulenken, damit sie sich in Ruhe den Rest der Wohnung ansehen konnte. „Ich bin gleich wieder da.“

„Ja, gern.“ Er drehte sich amüsiert zu ihr um. „Ziehst du dir etwas Bequemeres an?“

„Davon träumst du wohl.“

„Allerdings.“

Sara lachte und war erfreut, diese Seite an ihm kennenzulernen. „Ich nehme ein Clubsoda, wenn du schon dabei bist.“

„Gläser sind in der Küche?“

Sie bejahte und lief den Flur entlang, in der Hoffnung, dass es zwei Schlafzimmer gab. Andernfalls hätte sie nicht gewusst, wie sie es ihm erklären sollte.

Hinter der ersten Tür links lag das Badezimmer, das wie das Wohnzimmer in Gelb und Orange gehalten war. Dann kam ein erstaunlich dezent eingerichtetes Schlafzimmer in Blau und Graubraun. In der Mitte des Doppelbettes lag ein gefaltetes Stück Papier.

„Das Bett ist frisch bezogen“, stand in großen Buchstaben darauf. Dahinter war ein Smiley gemalt.

Sara zerknüllte die Nachricht und drehte sich genau in dem Moment um, als Cody das Schlafzimmer betrat. „Gütiger Himmel, hast du mich erschreckt.“

„Tut mir leid, aber du hast kein Clubsoda.“ Codys Blick fiel auf die Frisierkommode, dann sah er Sara fragend an.

Sie drehte sich um und entdeckte, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Ein Bild von Chloe. Nackt.

„Das ist meine Mitbewohnerin“, erklärte sie. Er musste sie ja für lesbisch halten, mindestens aber für bisexuell. „Sie ist Nudistin.“

Cody runzelte die Stirn.

„Sie ist außerdem ein echter Witzbold.“

„Bist du etwa auch …“, begann er und hob die Hand, als bringe er es nicht über sich, den Satz zu beenden.

„Nein. Niemals. Nicht in diesem Leben.“

„Gut.“ Ein Lächeln umspielte seinen Mund.

„Kannst du die Vorstellung nicht ertragen, mich nackt zu sehen?“

Codys kniff leicht die Augen zusammen. „Lass es darauf ankommen.“

„Sehr witzig.“ Sara wandte sich ab, um Chloes Bild nicht mehr ansehen zu müssen. Ein Blick dieses Mannes genügte, um ihr weiche Knie zu verursachen. „Ich glaube, ich möchte doch lieber etwas Stärkeres als Clubsoda.“

Cody stand in der Tür, und Sara rechnete damit, dass er zur Seite treten und mit ihr zusammen das Schlafzimmer verlassen würde. Stattdessen umfasste er ihre Schultern und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, als sie an ihm vorbeigehen wollte. Sara erstarrte, obwohl das gar nicht ihre Absicht war.

Mit einem müden Lächeln löste er sich von ihr. „Ich bin hungrig. Wie steht es mit dir?“

„Und wie.“

Beim Verlassen des Zimmers entdeckte Sara eine weitere Tür am Ende des Flurs. Es gab also noch ein Schlafzimmer.

„Ich nehme an, wir bestellen uns etwas zu essen“, sagte Cody, als sie wieder im Wohnzimmer waren. Er ging an die kleine Bar, um die Drinks einzuschenken.

„Ich werde jedenfalls ganz sicher nicht kochen.“ Sara überflog das Angebot an Spirituosen. „Ist Tonic da?“

„Ja, hier.“ Er hielt die Flasche hoch. „Pur?“

„Mit einem Schuss Gin.“

Cody schraubte die Flasche auf. „Zurück zum Essen. Hast du irgendwelche Vorlieben?“

„Ich bin für alles offen. Und du?“

„Du wärst erstaunt, wofür ich alles offen bin.“

Sie errötete über seine zweideutige Bemerkung, wohl wissend, dass es kein Essen geben würde, wenn sie jetzt darauf anspränge. Aber sie war noch nicht so weit.

„Ich werde mal in der Küche nachsehen, ob wir Karten von Restaurants mit Lieferservice haben.“

Cody ließ die Schultern hängen, gerade genug, um ihr zu zeigen, dass er verstanden hatte. Armer Kerl. Sie sandte ihm widersprüchliche Signale.

Sara ging in die Küche, um seinem durchdringenden Blick zu entkommen. „Wie ich schon sagte, ich bin erst vor kurzem eingezogen. Und da ich nur vorübergehend hier wohnen werde …“

„Was willst du danach machen?“

„Kommt darauf an, welchen Job ich bekomme.“ Sie entdeckte zwei Speisekarten, die mit einem Magneten am Kühlschrank befestigt waren. „Chinesisch oder italienisch?“

„Egal.“

Beim Klang seiner Stimme unmittelbar hinter ihr erschrak sie erneut. „Würdest du bitte aufhören, dich ständig anzuschleichen?“

„Das habe ich nicht.“ Er gab ihr den Gin-Tonic.

„Nein, natürlich nicht.“ Sie winkte ab. „Tut mir leid. Es war ein …“

„… schlimmer Tag, ich weiß.“ Cody nahm ihre freie Hand. „Komm her.“

Sara ließ sich von ihm ins Wohnzimmer führen. Ihr Herz pochte heftig, als er ihr den Drink abnahm und sie sanft drängte, sich zu setzen. Nachdem er die beiden Gläser auf den Couchtisch gestellt hatte, zog er sein Jackett aus und setzte sich neben sie.

„Dreh dich um“, forderte er sie auf.

Sie brauchte einen Moment, bis sie begriff, was er wollte. Kaum hatte sie ihm den Rücken zugekehrt, schob er ihr Haar zur Seite und fing an, ihr den verspannten Nacken zu massieren. Das machte er offenbar nicht zum ersten Mal. Mit starken Fingern übte er genau den richtigen Druck aus, sodass sie vor Wonne seufzte.

„Ich nehme an, ich habe die richtige Stelle gefunden“, sagte er mit heiserer Stimme. Sein warmer Atem streifte ihre Haut.

„Oh ja.“

Cody strich über ihre Oberarme, und dann fühlte Sara seine Lippen seitlich an ihrem Hals. Sie schloss die Augen und genoss seine zärtlichen Berührungen.

Das alles kam ihr wie ein Traum vor. Wie viele Nächte hatte sie in ihrer winzigen Wohnung in Manhattan wach gelegen und sich vorgestellt, sie wären beide nackt und er liebkose sie mit seinen Händen?

Ihre Fantasien waren so intensiv gewesen, ihre Träume so lebendig, dass sie Cody am nächsten Tag in der Kanzlei nicht in die Augen sehen konnte. Und jetzt war er hier und entfachte ihre Lust mit seinen Zärtlichkeiten.

Cody legte von hinten seine Arme um sich und drückte Sara sanft an seine Brust. Sie hielt sich an seinem Unterarm fest, was er missverstand, denn er wollte sie loslassen.

Da sie vorhin schon den Kuss vermasselt hatte, hielt Sara seinen Arm fest und dirigierte seine Hand auf ihre Brust. Sein Atem strich warm über ihren Nacken, und sie lächelte. Cody zog sie fester an sich und streichelte sanft eine ihrer Brüste.

„Sara?“

Sein raues Flüstern erregte sie. Statt zu antworten, neigte sie den Kopf.

„Sieh mich an.“

Sie drehte sich in seinen Armen um. Sein glühender Blick verriet ihr genau, was er wollte, und im nächsten Moment trafen sich ihre Lippen zu einem sinnlichen Kuss.

Obwohl sie sich schon einmal geküsst hatten, änderte sich plötzlich alles. Ein erregender Schauer durchrieselte sie. Sara spürte ein lustvolles Ziehen zwischen den Beinen.

Cody ließ sich Zeit bei dem erotischen Spiel seiner Zunge. Es war die reinste Qual für Sara, wenn auch eine süße.

Unfähig, es auch nur eine Sekunde länger auszuhalten, löste sie sich von ihm und sah ihn an. Sie erkannte diesen Mann kaum wieder. Seine ansonsten stoische Miene war einem Ausdruck puren Verlangens gewichen. Doch er hatte es nicht eilig. Mit dem Handrücken streichelte er zärtlich ihre Wange und zeichnete mit dem Zeigefinger die Linie ihrer feuchten Unterlippe nach, bevor er sie erneut küsste.

Sara gab sich ganz dem Kuss hin. Der Wunsch, Cody zu berühren und zu spüren, war stark. Aber wenn sie es tat, gab es kein Halten mehr. Der Augenblick der Entscheidung war gekommen. Sein tiefes Stöhnen machte ihr die Sache leicht. Sinnlich umspielte Sara seine Zunge mit ihrer und lockerte ihm die Krawatte.

Augenblicklich spürte sie eine Veränderung in dem Kuss. Etwas Neues begann. Sie brauchte einen Moment, dann hatte sie ihm Krawatte abgenommen. Inzwischen hatte er ihre Bluse aufgeknöpft. Sie zerrte ihm das Hemd aus der Hose, er ihr die Bluse.

Eine leise Stimme warnte sie, dass alles viel zu schnell ging. Sie sollten reden, um sich besser kennenzulernen. Aber dann streiften seine Fingerknöchel eine ihrer Brustwarzen, und Sara vergaß jeden Zweifel.

„Oh, Sara“, flüsterte er und betrachtete sie bewundernd.

Im Stillen dankte sie dem Push-up-Erfinder, dann machte sie sich daran, Cody das Hemd auszuziehen … nur um enttäuscht festzustellen, dass er ein Unterhemden-Typ war. Sie hatte zwar nichts gegen Unterhemden. Allerdings wollte sie endlich seine Haut berühren. „Wäre es nicht bequemer ohne T-Shirt?“

Leicht belustigt zog er es sich über den Kopf. Sara verfolgte jede seiner Bewegungen fasziniert. Sie hatte seine Muskeln gefühlt; den kraftvollen Körper nur anzusehen war berauschend.

„Du bist an der Reihe.“ Cody schob ihr die Bluse über die Schultern und ließ den Blick von ihren Brüsten bis hinunter zu ihrem Bauch gleiten. „So hübsch der BH auch ist“, sagte er, „mir wäre es lieber, du würdest ihn ausziehen.“

Die Seidenbluse glitt über ihren Rücken, und Sara erschauerte. „Ich bin sicher, du weißt, was zu tun ist.“

Im Nu hatte er den Vorderverschluss geöffnet und warf den BH auf sein Jackett.

Saras Brüste waren klein und bis hin zu den Spitzen perfekt. Codys war so erregt, dass es ihm die Sprache verschlug. Wann hatte er eine Frau zuletzt derartig begehrt?

„Ich dachte, du machst nichts außer deiner Arbeit.“ Sara strich ihm über die muskulöse Brust und die flachen Brustwarzen, die prompt reagierten.

„Wie meinst du das?“

„Solche Muskeln entwickeln sich nicht am Schreibtisch.“

„Ich spiele Tennis, und ich jogge. Gelegentlich beteilige ich mich sonntags auch spontan an einem Softballspiel.“

„Im Ernst?“

Cody legte seine Hände um ihre Brüste und streichelte die aufgerichteten Spitzen mit den Daumen. Er genoss, wie Sara unter seinen Berührungen wohlig erschauerte. Wenn sie jetzt aufhörten zu reden, konnten sie weitaus interessantere Dinge tun …

Langsam ließ sie die Hände über seinen Oberkörper gleiten, hinunter über seinen Bauch und tiefer bis zu seinem Schritt. „Ich kann mir dich nicht beim Softball vorstellen.“

„Warum nicht?“

„Es muss schwierig sein, im Anzug zu spielen.“

„He, ich habe auf der Highschool und drei Jahre auf dem College Baseball gespielt.“

„Ehrlich?“

„Ja, ehrlich.“

Mit dieser Antwort gab sie sich nicht zufrieden. „Hattest du ein Baseballstipendium?“

„Nein.“ Da wäre seinen Eltern bestimmt der Kragen geplatzt.

„Was ist im vierten Jahr auf dem College passiert?“

„Ich beschloss, mich mehr auf mein Studium zu konzentrieren. Findest du es übrigens nicht ein wenig absurd, dass wir uns hier halbnackt über Baseball unterhalten?“

„Um ehrlich zu sein, ich finde es fantastisch.“

„Ich verstehe“, sagte er. Sofort küsste und streichelte er sie intensiver.

Sehnsüchtig schmiegte sie sich an ihn, dann wich sie nachdenklich zurück. „Weißt du eigentlich, dass du noch nie so viel mit mir geredet hast?“

„Das stimmt nicht.“

„Ach, und wann hatten wir mal eine vernünftige Unterhaltung?“

„In New York.“

„Wann?“

„Oft.“

„Nenn mir ein Beispiel.“ Sie verschränkte die Arme vor den nackten Brüsten.

„Ich habe fast jeden Tag mit dir gesprochen.“

„Na klar. Guten Morgen, Sara. Auf Wiedersehen, Sara. Ist Dakota in ihrem Büro? Schicken Sie sie bitte zu mir, sobald sie wieder da ist. Haben Sie die Unterlagen im Fall Murphy schon abgetippt? Oh ja, du hast mit mir geredet.“

„Das Büro ist kein geeigneter Ort für Small Talk.“

„Na ja, du hättest mich nach Feierabend mal auf einen Drink einladen können. Aber ich war ja bloß die Aushilfskraft.“

„Du hättest mich auch fragen können.“ Dann fügte er hinzu: „Oder hast du dich vielleicht zu sehr als Aushilfskraft gefühlt?“

„Hör auf“, meinte sie und war plötzlich ärgerlich.

Cody senkte den Blick, denn sie hatte recht. Aber musste sie ausgerechnet jetzt davon anfangen? Jetzt hatte er fast keine Lust mehr. „Vielleicht sollten wir erst einmal etwas zu essen bestellen.“

Schweigend stimmte sie zu und zog ihre Bluse an. Währenddessen fragte sich Cody, wie er ihr klarmachen sollte, dass Seniorpartner einer Anwaltskanzlei einfach nicht mit Aushilfskräften ausgingen.

„Möchtest du, dass ich verschwinde?“, fragte er, nachdem sie beide wieder angezogen waren.

Sie zögerte mit ihrer Antwort einen Augenblick zu lange.

Seufzend stand Cody auf.

Sara griff nach seinem Arm und erhob sich ebenfalls. „Na schön, es tut mir leid. Keine Ahnung, warum ich so wütend geworden bin, besonders da …“ Sie verzog das Gesicht und lächelte traurig. „Lass uns noch einmal von vorn anfangen. Morgen.“

„Willst du das wirklich?“

„Ja, wenn du es willst.“

Er zog sein Jackett an. Wenn er noch einen Funken Verstand besaß, beließ er es dabei. Dafür, dass in dieser Nacht nur Sex eine Rolle spielen sollte, war es gründlich schiefgegangen. Wollte er das noch einmal riskieren? „Gegen sechs?“

„Das müsste gehen. Ich rufe dich an.“

Da sie sich nachdenklich auf die Unterlippe biss, sagte er: „Wenn du nicht …“

„Nein“, versicherte sie ihm eilig. „Das ist es nicht. Ich kann mich nur nicht erinnern, ob ich einen Termin habe. Ich glaube es zwar nicht, aber ich will sichergehen.“

„Hast du meine Nummer?“

„Sie ist in meinem Handy gespeichert.“

Wieder einmal dachte Cody, dass Sara eine schwierige Frau war. Alles wäre einfacher, wenn er nur nicht so oft an sie denken müsste. „Ich werde auf deinen Anruf warten.“

Sie lächelte und küsste ihn zu seinem Erstaunen auf die Wange. „Ich rufe dir ein Taxi.“

„Darum kümmere ich mich selbst, wenn ich unten bin.“ Cody legte die Hände auf ihre Taille und gab Sara einen leidenschaftlichen Kuss. Als er sich wieder von ihr löste, registrierte er zufrieden ihre verwirrte Miene. „Ich brauche nämlich frische Luft“, erklärte er und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Autor

Tawny Weber

Schon immer liebte Tawny Weber Liebesromane, vor allem seit sie auf ein paar Geschichten in ihrer Grundschulbibliothek stieß, die sie sofort fesselten. Was gibt es Besseres als Romane mit spannenden Wendungen und einem Happy End – oder noch besser – mit erotischen Liebeszenen zu lesen? Nichts, denn das sind...

Mehr erfahren
Dawn Atkins
Obwohl es immer Dawn Atkins’ größter Traum war, Autorin zu werden, war sie nicht sicher, ob sie wirklich den Funken Genialität besaß, den es dazu braucht. So wurde sie zunächst Grundschullehrerin und fing dann allmählich an, für Zeitungen und Zeitschriften Artikel zu verfassen. Schließlich gab sie ihre Arbeit an der...
Mehr erfahren
Debbi Rawlins

Endlich daheim – so fühlt Debbi Rawlins sich, seit sie mit ihrem Mann in Las Vegas, Nevada, lebt. Nach viel zu vielen Umzügen beabsichtigt sie nicht, noch ein einziges Mal den Wohnort zu wechseln. Debbie Rawlins stammt ursprünglich aus Hawaii, heiratete in Maui und lebte danach u.a. in Cincinnati, Chicago,...

Mehr erfahren