Wie ein warmer Sommerwind: Eine bittersüße Liebesfalle

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Agent Lang ist überrascht, als seine Ex-Verlobte Kirry ihn um Hilfe bittet. Sie wird von einem Stalker verfolgt! Im Angesicht der Gefahr, beginnt es heftig zwischen ihnen zu knistern …


  • Erscheinungstag 01.07.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783956494420
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Diana Palmer

Wie ein warmer Sommerwind: Eine bittersüße Liebesfalle

Aus dem Amerikanischen von Sarah Falk

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Secret Agent Man

Copyright © 1994 by Diana Palmer

erschienen bei Silhouette Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München; Corbis, Düsseldorf

ISBN eBook 978-3-95649-442-0

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder

auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich

der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

1. KAPITEL

Hugh Patton kam sich richtig nackt vor ohne seinen Dienstausweis und die kleine automatische Pistole, die er früher immer bei sich getragen hatte. Es war sein eigener Wunsch gewesen, den CIA zu verlassen und eine Stellung bei einer privaten Gesellschaft für Gebäude- und Personenschutz in San Antonio anzunehmen. Und jetzt konnte er nur hoffen, dass er den Schritt nicht bereuen würde.

Eine Reisetasche in der Hand und müde von dem verspäteten Flug aus Washington D.C. betrat er die Halle des San Antonio Airports und schaute sich nach seinem Bruder Bob um.

Hugh war groß, kräftig und dunkelhaarig und hatte ein gut geschnittenes, sehr anziehendes Gesicht. Sein Bruder sah aus wie eine ältere Version von ihm, wenn er auch von der Gestalt her nicht ganz so kräftig war. Einen sechsjährigen kleinen Jungen an der Hand, kam Bob lächelnd auf Hugh zu.

„Hi“, begrüßte er ihn. „Ich hoffe, dass du gerade erst gelandet bist. Ich musste Mikey mitbringen.“

Der Junge schaute grinsend zu seinem Onkel auf und entblößte eine Lücke zwischen den Vorderzähnen. „Hi, Onkel Hugh. Hast du wieder Verbrecher erschossen?“, fragte er, so laut, dass ein Flughafenpolizist sich stirnrunzelnd nach ihnen umwandte.

„Schon seit einiger Zeit nicht mehr, Mikey“, erwiderte Hugh, bevor er seinem Bruder die Hand schüttelte und Mikey auf seine Schulter hob. „Wie geht’s denn so, Partner?“, fragte er den Jungen.

„Super, Onkel Hugh! Der Zahnarzt sagte, ich bekäme einen neuen Zahn, aber die Zahnfee hat mir einen ganzen Dollar für meinen alten gegeben!“

„Unter uns gesagt – die Zahnfee geht allmählich bankrott!“, bemerkte Bob.

„Kann ich deine Pistole sehen, Onkel Hugh?“, war Mikey wieder lautstark zu vernehmen.

Der Flughafenpolizist zog beide Brauen hoch, und Hugh stöhnte innerlich, als er den Mann näherkommen sah. Er kannte die Routine inzwischen so gut, dass er Mikey schon abgesetzt und seine Jacke geöffnet hatte, bevor er noch dazu aufgefordert worden war.

Der Beamte betrachtete Hugh schmunzelnd. „Nicht schlecht, das Hemd – oder wollen Sie mit Ihren Muskeln protzen?“

„Ich will Ihnen zeigen, dass ich keine Waffe trage.“

„Ach das. Ich suche keine Waffe. Sie sind Hugh Patton?“

Hugh blinzelte erstaunt. „Ja.“

„Niemand sonst hier entspricht der Beschreibung“, sagte der Mann erklärend. „Eine Mrs Patton rief eben an – sie lässt Ihnen ausrichten, dass Sie ihr einen neuen Vergaser für einen 65er-Ford Mustang mitbringen sollen.“

„Oh nein, kommt nicht infrage!“, murmelte Bob. „Ich habe ihr gesagt, dass sie diese Reparatur nicht machen kann, aber sie hört ja nicht. Sie wird mir entweder beweisen, dass ich mich irre oder … sie wird dich belästigen“, fügte er mit einem ärgerlichen Blick auf Hugh hinzu, der belustigt grinste.

„Seine Frau ist eine fantastische Automechanikerin“, wandte Hugh sich an den Polizisten. „Es gibt nichts auf Rädern, was sie nicht reparieren könnte. Aber mein Bruder …“ – er wies mit dem Daumen auf Bob – „… findet ihren Beruf nicht damenhaft genug.“

„In welchem Jahrhundert lebt er?“, entgegnete der Polizist kopfschüttelnd. „Meine Frau repariert seit Jahren unsere Waschmaschine, und das erspart uns eine Menge Geld. Es geht nichts über eine Frau, die handwerklich begabt ist. Sie sollten froh sein“, fügte er, an Bob gewandt, hinzu. „Wissen Sie, welchen Stundenlohn ein Mechaniker nimmt?“

„Ja, sehr gut sogar, weil ich mit einem verheiratet bin“, erwiderte Bob düster. „Sie hat eine eigene Reparaturwerkstatt, und es ist ihr völlig egal, dass sie ständig von Kopf bis Fuß mit Öl beschmiert ist und nach verbranntem Reifengummi riecht. Meine Meinung interessiert sie nicht. Ich bin für sie nur noch ein Babysitter.“

Hugh kannte den Grund für Bobs Ärger nur zu gut, er und sein Bruder hatten während ihrer Kindheit ständig hinter dem Beruf ihrer Mutter zurückstehen müssen. „Du weißt, dass Connie dich liebt, Bob“, sagte er besänftigend, als der Polizist von einem weiblichen Passagier fortgerufen wurde. „Im Übrigen hast du deinen eigenen Beruf und bist ein exzellenter Landvermesser. Ich bin sicher, dass Mikey eines Tages in deine Fußstapfen treten wird, nicht wahr, Mikey?“

„Ich nicht! Ich will Automechaniker werden wie meine Mommy!“

Bob hob resigniert die Hände und begann zum Ausgang des Terminals zu gehen. Hugh und Mikey folgten ihm.

Die Pattons lebten in Floresville, nur eine kurze Autofahrt von San Antonio entfernt. Hier war Texas noch sehr ländlich, und die Gegend erinnerte Hugh an die glücklichen Zeiten, die er hier als Kind verbracht hatte, wenn er und Bob zu Besuch auf der Ranch ihres Onkels gewesen waren und mit den Cowboys reiten durften.

„Wie die Zeit vergeht“, bemerkte Hugh.

„Ja, es ist kaum zu glauben“, erwiderte Bob und fügte dann mit einem Blick auf seinen Bruder bewusst beiläufig hinzu: „Übrigens habe ich vor einigen Tagen Kirby in der Stadt getroffen.“

Hughs Herzschlag setzte einen Moment lang aus. Er hatte nicht damit gerechnet, noch einmal ihren Namen zu hören, nachdem er sich fünf Jahre lang bemüht hatte, sie zu vergessen.

Kirby mit dem langen, welligen blonden Haar und den großen grünen Augen, die nur so strahlten vor Humor und Liebe … Doch leider hatte er auch andere Erinnerungen an sie, die nicht so angenehm waren – Erinnerungen an ihre Tränen und an ihre flehentlichen Bitten, sie anzuhören und ihr zu glauben. Doch er hatte es ihr verweigert. Als er sie, nur dürftig bekleidet, mit seinem besten Freund erwischte, hatte er in einem Anfall blinder Eifersucht das Schlimmste angenommen. Er hatte sechs Monate gebraucht, um herauszufinden, dass sein bester Freund das Ganze sorgfältig inszeniert hatte, weil er Kirby selbst begehrte und sie von Hugh trennen wollte.

„Ich habe versucht, mich bei ihr zu entschuldigen“, erklärte Hugh leise.

„Sie weigert sich bis heute, über dich zu reden“, erwiderte Bob und bog in die Seitenstraße ein, die zum Haus der Pattons führte. „Sie ist höflich, wenn jemand dich erwähnt, aber dann wechselt sie das Thema.“

„Sie ging fort aufs College, noch bevor ich die Stadt verließ“, erinnerte Hugh seinen Bruder.

„Ja, und sie hat es vorzeitig und mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie ist heute Vizepräsidentin einer bekannten Werbeagentur in San Antonio, verdient eine Menge Geld und reist sehr viel.“

„Kommt sie ab und zu nach Hause?“, fragte Hugh.

„Sie meidet Floresville wie die Pest. Sie kann es sich erlauben, seit ihre Mutter das Haus verkauft hat.“ Bobs Blick glitt zu Hugh. „Du musst sie sehr verletzt haben.“

Hughs Lächeln drückte seine ganze Selbstverachtung aus. „Du ahnst gar nicht, wie sehr.“

„Es war kurz nach deiner Einstellung beim CIA.“

„Ich hatte mich schon sechs Monate vorher beworben“, erklärte Hugh. „Es war keine plötzliche Entscheidung.“

„Aber eine, die du uns allen verschwiegen hattest.“

„Weil ich wusste, dass du meinen Entschluss nicht gutheißen würdest. Aber hier bin ich wieder – lebendig wie eh und je und mit einigen sehr aufregenden Erinnerungen“, entgegnete Hugh lächelnd.

„Und genauso allein wie damals, als du fortgingst.“ Bob zeigte auf Mikey, der auf dem Rücksitz des Wagens lag und in einem Comic blätterte. „Wenn du geheiratet hättest, könntest du jetzt auch schon Kinder haben.“

Hugh schaute auf Mikey, und seine Miene verdüsterte sich. „Ich bin nicht so mutig wie du.“

„Und du warst immer derjenige, der sagte, ich solle mir von der Vergangenheit nicht mein Leben ruinieren lassen!“

Hugh zuckte die Schultern. „Es sind Einflüsse, die sich immer wieder bemerkbar machen. Allerdings weniger, seit ich nicht mehr zu Hause bin.“

„Du hast es noch immer nicht überwunden, Hugh. Aber auch du wirst älter, und eines Tages wirst du dir eine Frau und eine Familie wünschen.“

Dass er gern eine Frau gehabt hätte, konnte Hugh nicht abstreiten, aber der Gedanke an Kinder widerstrebte ihm. „Meine Arbeit hat mir immer wieder zu Bewusstsein gebracht, wie kurz das Leben sein kann – und wie unberechenbar“, meinte er nachdenklich. „Irgendwann habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie mein Leben wohl verlaufen würde, und was ich sah, gefiel mir nicht. Als mir dann von einer Bekannten der Posten als Leiter einer privaten Wach- und Schließgesellschaft angeboten wurde, beschloss ich, einen Wechsel zu versuchen.“

„Von einer alten ‚Bekannten‘?“, wiederholte Bob. „Einer ehemaligen Freundin meinst du wohl?“

Hugh seufzte. „Ja.“

„Ist sie noch an dir interessiert?“

„Nein. Lorna hat mich schon vor Jahren aufgegeben, noch bevor ich anfing, mit Kirby auszugehen. Sie machte mir den Vorschlag, weil sie den Eindruck hatte, dass ich mich gern verändern würde“, erwiderte Hugh. „Nichts Romantisches.“

Bob erwiderte nichts, doch sein Gesichtsausdruck sprach Bände. „Na gut, belassen wir es dabei“, sagte er. „Bei welcher Firma wirst du arbeiten?“

„Bei der Lancaster Incorporation in San Antonio. Sie betreut mehrere Tochtergesellschaften, und ich werde für die Leitung der Sicherheitsdienste aller Unternehmen verantwortlich sein.“

Bob gab einen sehr eigenartigen Ton von sich.

„Was sollte das denn heißen?“, fragte Hugh neugierig.

Bob hüstelte. „Ach nichts, gar nichts!“, erwiderte er dann grinsend. „Hoffentlich magst du Pfannkuchen, denn mehr geben meine Kochkünste nicht her, und Connie wird bis heute Abend in ihrer Werkstatt sein. Im Allgemeinen bereite ich ihr ein Omelette zu, wenn sie nach Hause kommt.“ Unbewusst umklammerte er das Lenkrad fester. „Ich hasse Mechaniker!“

„Du wusstest, dass Connie eine begeisterte Mechanikerin ist, als du sie vor zehn Jahren heiratetest“, wandte Hugh ein.

„Klar, aber ich wäre doch nie auf die Idee gekommen, dass sie einmal ihre eigene Werkstatt eröffnen würde! In den letzten sechs Monaten, seit sie die Werkstatt betreibt, lebe ich wie ein alleinerziehender Vater! Ich tue alles für Mikey, und sie ist nie zu Hause!“

Hugh zog die Augenbrauen hoch. „Hat sie keine Angestellten?“

„Die sind ihr zu teuer, behauptet sie“, murmelte Bob düster und lenkte den Wagen in die Einfahrt zu dem stattlichen alten Haus, in dem sie lebten. Im hinteren Teil des Gartens stand ein neuer Schuppen aus Metall, aus dem laute Geräusche ertönten.

Die ältere Dame, die im Vorgarten des Nachbarhauses ihre Blumenbeete jätete, bedachte die beiden Männer mit einem übertrieben freundlichen Lächeln. „Wie schön, Sie wiederzusehen, Hugh. Aber hoffentlich sind Sie nicht heimgekommen, um Ruhe und Frieden zu suchen – denn falls das so ist, sollten Sie schleunigst umkehren und nach San Antonio zurückfahren! Dort ist es wesentlich ruhiger als hier.“

„Warum schreien Sie so, Martha?“, warf Bob gelassen ein.

„Weil ich schreien muss, um den Lärm zu übertönen, der Tag und Nacht aus diesem Schuppen dringt!“, erwiderte die weißhaarige alte Dame mit einer ärgerlichen Handbewegung. „Können Sie nicht wenigstens dafür sorgen, dass sie zu einer vernünftigen Tageszeit Schluss macht?“

„Sagen Sie es ihr doch selbst“, entgegnete Bob.

„Oh nein, nicht ich“, wehrte Martha entsetzt ab. „Als ich es einmal versuchte, hat sie einen Schraubenschlüssel nach mir geworfen!“ Mit einem empörten Kopfschütteln machte die alte Dame sich wieder ans Unkrautzupfen.

Hugh bemühte sich, nicht zu lachen, und nahm seine Reisetasche aus dem Wagen. „Hier“, sagte er zu Bob. „Nimm sie mit hinein. Ich möchte zuerst Connie begrüßen.“

„Hm, Hugh, ich weiß nicht …“

„Keine Angst, Bob, vergiss nicht, dass ich Geheimagent war“, erinnerte Hugh ihn trocken.

„Pass auf deinen Kopf auf! Sie hat eine Menge Schraubenschlüssel da drinnen …“

Hugh klopfte an die Schuppentür und wartete, bis das metallische Kreischen verstummte und sich Schritte näherten.

Die Tür wurde aufgerissen, und eine zierliche braunhaarige Frau, die einen ölverschmierten Overall und eine Baseballmütze trug, trat heraus.

„Hugh!“ Sie warf sich in seine starken Arme und drückte ihn freudig an sich. „Wie geht es dir? Als Bob mir sagte, dass du beim CIA gekündigt hast und in San Antonio arbeiten wirst, habe ich wie wild Beifall geklatscht! Hör zu, sobald du ein Auto hast, werde ich sämtliche Reparaturen für dich erledigen – natürlich umsonst! Du kannst bei uns wohnen und …“

„Nein, Connie, das geht leider nicht“, unterbrach Hugh sie sanft. „Ich muss in San Antonio leben, aber ich werde euch sehr oft besuchen. Und sobald ich ein schönes, großes Apartment gefunden habe, kaufe ich Spielzeug für Mikey, damit ihr auch zu mir kommen könnt und er etwas hat, womit er sich beschäftigen kann.“

Connie verzog das Gesicht. „Ich habe nicht viel Zeit, Hugh – du ahnst gar nicht, wie beschäftigt ich bin! Natürlich beklage ich mich nicht. Wir haben einen neuen Videorekorder und einen neuen Fernseher, und Mikey hat jede Menge Spielzeug. Ich habe Bob sogar einen vernünftigen Jeep gekauft!“, erklärte sie strahlend. „Nicht schlecht, was?“

„Allerdings“, stimmte er zu und fragte sich, ob es ihm zustand, Connie darauf hinzuweisen, dass Geschenke kein Ersatz für die Zeit waren, die sie mit ihrer Familie hätte verbringen können. Er und Bob hatten in ihrer Kindheit Narben davongetragen, von denen Connie vielleicht nicht einmal etwas ahnte, weil sein Bruder sich in diesem Punkt ähnlich verhielt wie er und lieber schwieg, statt einem anderen Menschen etwas zu erzählen. Er, Hugh, hatte Kirby gegenüber nie etwas in der Richtung erwähnt, so nahe sie sich früher auch gestanden hatten.

„So, und jetzt muss ich wieder an die Arbeit, Hugh. Bob kocht heute Abend, er wird sich um dein Essen kümmern. Wir sehen uns später, Hugh. Hast du mir den Vergaser mitgebracht?“

Er errötete.

Sie runzelte die Stirn. „Das war Bob, nicht? Er hat dich nicht gelassen.“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Ich begreife wirklich nicht, warum ich mir ausgerechnet einen solchen Macho suchen musste! Er wirkte vollkommen normal, als ich ihn heiratete.“ Sie wandte sich ab und kehrte in die Werkstatt zurück, wütende Worte vor sich hin murmelnd, und Hugh war plötzlich sicher, dass Bob ihr nie etwas von seiner Kindheit erzählt hatte.

„Na, war sie wütend wegen der Sache mit dem Vergaser?“, fragte Bob, als er etwas später in der Küche angebrannte Pfannkuchen auftischte.

„Ja.“

„Hat sie dir auch erzählt, was sie uns alles gekauft hat?“, fuhr er aufgebracht fort. „Großartig, nicht? Wenn sie Zeit hätte, um das alles mit uns zu genießen, ergäbe es vielleicht noch einen Sinn. Aber der arme Mikey bekommt nicht einmal eine Gutenachtgeschichte vorgelesen, weil Connie abends zu müde ist. Selbst das muss ich tun!“

„Hast du versucht, mit ihr darüber zu reden?“

„Klar, aber sie hört nicht zu, sie ist zu beschäftigt damit, sich neue Motorsysteme und andere unendlich wichtige Dinge auszudenken.“ Bob stellte einen Teller mit Pfannkuchen vor Mikey, der prompt das Gesicht verzog. „Kratz das Schwarze ab“, riet Bob seinem Sohn.

„Es ist noch ein Hamburger von gestern im Eisschrank. Kann ich den nicht haben?“, fragte Mikey schmollend.

„Klar. Stell ihn in den Mikrowellenherd“, knurrte Bob.

Mikeys Gesicht hellte sich auf. „Super, Dad! Darf ich fernsehen beim Essen?“

„Von mir aus. Die Familienzusammengehörigkeit geht ja hier ohnehin zum Teufel.“

Mikey sprang auf und holte sich den Hamburger aus dem Kühlschrank. Sobald er aufgewärmt war, verschwand er damit in seinem Zimmer.

„Armer Junge. Sein Cholesterinspiegel muss unglaublich hoch sein, und er wird noch an Unterernährung sterben.“

Hugh starrte auf die unappetitlichen Pfannkuchen. „Falls er nicht vorher verhungert.“

„Ich kann nun mal nicht kochen“, entgegnete Bob verärgert. „Connie hat mich schließlich nicht meiner Kochkünste wegen geheiratet. Sie hätte sich einen Hobbykoch suchen sollen!“

„Warum stellst du keine Haushälterin ein?“, schlug Hugh vor.

Bobs Gesicht hellte sich auf. „Das ist eine gute Idee! Geld haben wir schließlich genug, warum also nicht? Ich werde mich morgen schon nach einer Köchin umsehen.“ Er starrte auf die Pfannkuchen auf seinem Teller und schob ihn dann angewidert fort. „Hör zu, wie wär’s, wenn wir uns Sandwiches und Pommes frites aus Mama Lou’s Barbecue holten? Es ist gleich um die Ecke.“

Hugh grinste. „Das hört sich schon viel besser an!“

Hugh verbrachte zwei faule Tage bei Bob, Connie und Mikey und bemühte sich, die Unstimmigkeiten im Haushalt zu übersehen. Wenn Bob und Connie beide nicht ganz so stur gewesen wären, hätten sie ihre Schwierigkeiten sicher bereinigen können. Aber keiner von beiden war bereit, nachzugeben und einen Kompromiss zu schließen.

Bevor Hugh am folgenden Montag nach San Antonio aufbrach, um seine neue Stellung anzutreten, hatte Bob bereits mit vier Frauen gesprochen, die sich um den Posten einer Haushälterin bewarben. Am meisten sagte ihm eine Mexikanerin mit hüftlangem, blauschwarzem Haar und sanften braunen Mandelaugen zu, deren verführerisch heisere Stimme und wundervolle Figur sogar Hughs Puls schneller schlagen ließen. Das wird noch Ärger geben, dachte er, mischte sich jedoch nicht ein. Sein Bruder musste sein eigenes Leben führen.

Die Lancaster Incorporation gehörte einem Ehepaar mittleren Alters und war – obwohl die Firma als Aktiengesellschaft geführt wurde – im Grunde genommen ein Familienunternehmen, deren Eigentümer Hugh auf Anhieb sympathisch waren. Sie hießen ihn herzlich in der Firma willkommen und sprachen sehr offen über ihre Vorstellungen von seinen Pflichten und seinem Verdienst.

Sie machten ihn mit den Leuten bekannt, die Hugh unmittelbar unterstellt waren, einem ehemaligen Polizeibeamten und einer Frau, die früher beim Militär gedient hatte. Beide wirkten sehr tüchtig und führten die Zentrale, seit ihr früherer Vorgesetzter, der die mit seiner Aufgabe verbundenen psychischen Belastungen nicht mehr ertragen hatte, aus der Firma ausgeschieden war.

„Er konnte kein Blut sehen“, bemerkte Edna Riley und maß Hugh mit einem neugierigen Blick. „Ich hörte, Sie waren beim CIA?“

Er nickte. „Das stimmt.“

„Und davor?“

„War ich Streifenpolizist in San Antonio.“

Edna schmunzelte. „Allerhand.“

Auch Tory Madison, der ehemalige Polizeibeamte, grinste. „Klar, jetzt erinnere ich mich an Sie!“, sagte er. „Ich wurde ungefähr um die gleiche Zeit pensioniert, als Sie anfingen. Aber ich hielt die Untätigkeit nicht lange aus, und deshalb bin ich hier. Es ist zwar nur ein Bürojob, aber er gefällt mir.“

Hugh lächelte ihn an. „Sobald ich einen Überblick über die Funktionen der einzelnen Mitarbeiter gewonnen habe, werde ich Veränderungen vornehmen. Nichts Drastisches allerdings“, fügte er hinzu, als er die besorgten Gesichter seiner Mitarbeiter sah. „Doch ich halte es für äußerst wichtig, dass wir mit unseren Methoden auf dem Stand der neuesten Erkenntnisse bleiben.“

Am nächsten Tag machte er sich in seinem besten grauen Anzug und einem schneeweißen, tadellos gebügelten Hemd, zu dem er eine dezent gestreifte Krawatte trug, auf den Weg zu den fünf Firmen, die unter der Schirmherrschaft der Lancaster Incorporation standen.

Sein erster Besuch galt der Lancaster Incorporation selbst, die ihren Sitz in einem riesigen Bürokomplex hatte, der auch einigen anderen Firmen aus San Antonio als Zentrale diente. Hier waren insgesamt zehn Leute, fünf am Tag und fünf in der Nacht, für die Sicherheit und Überwachung der einzelnen Gebäudekomplexe zuständig.

Hugh hielt eine Besprechung mit dem Personal ab und stellte fest, dass einer der Männer ihm nicht gefiel. Irgendetwas an diesem Wachmann störte ihn, und das Gefühl verstärkte sich, als Hugh eine sehr persönliche Bemerkung mitbekam, die der Mann an eine der im Gebäude beschäftigten Frauen richtete. Vielleicht sind sie befreundet, dachte er, weil die Frau nur mit einem schwachen Lächeln reagierte und weiterging. Doch später, als Hugh mit dem Chef der Truppe sprach, die für die Gebäudesicherung zuständig war, wurde ihm der Zwischenfall noch einmal in Erinnerung gebracht.

Auf Hughs beiläufige Frage hin, ob es irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Personal gegeben habe, zögerte der Sicherheitschef zunächst. Dann gab er zu, Beschwerden über einen bestimmten Mann aus seiner Truppe gehört zu haben, was Hughs Bedenken hinsichtlich dieses Mannes sehr verstärkte.

Die fünfte und letzte Firma unter der Schirmherrschaft der Lancaster Incorporation, die Hugh an diesem Tag aufsuchte, war ein aufstrebendes junges Unternehmen mit dem Namen „Contacts Unlimited“. Bei einem Gespräch mit Mack Dunlap, ihrem Präsidenten, erfuhr Hugh, dass auch hier Beschwerden über einen der Männer aus der Sicherheitstruppe laut geworden waren.

„Ich persönlich habe keine Klagen“, erklärte Mack. „Aber eine unserer Vizepräsidentinnen beschwerte sich über eine sehr anzügliche Bemerkung, die einer dieser Männer in ihrer Gegenwart machte.“

„So?“, erwiderte Hugh. „Dann würde ich gern einmal mit ihr reden. Denn derartige Beschwerden sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

Mack hob die Augenbrauen. „Das sind ja ganz neue Töne! Der alte Baxter, der vor Ihnen den Job hatte, lachte nur. Er sagte, Frauen müssten sich an so etwas gewöhnen. Unsere Vizepräsidentin hatte deshalb eine ziemlich heftige Auseinandersetzung mit ihm.“

„Hinsichtlich Baxters kann ich nicht mehr viel unternehmen, aber ich versichere Ihnen, dass von nun an ganz andere Maßstäbe gelten werden.“

Mack lächelte. „Das ist sehr erfreulich. Vielen Dank.“

Hugh ließ sich erklären, wo die Dame zu finden war, die die Beschwerde geäußert hatte, und ging zu ihrem Büro.

Ohne auf das Namensschild zu achten, klopfte er an ihre Tür.

„Herein“, rief eine ruhige, sehr feminine Stimme.

Hugh öffnete die Tür – und erstarrte.

Sie trug ein weißes Leinenkostüm und eine grüne Seidenbluse, die genau ihrer Augenfarbe entsprach. Ihr blondes Haar war kinnlang und umschmeichelte in weichen Locken ihre hohen Wangenknochen und den schön geformten, sinnlichen Mund.

Gesenkten Kopfes blätterte sie stirnrunzelnd in einer Akte.

„Was kann ich für Sie tun, Mack?“, fragte sie, ohne aufzusehen.

Hughs Hand verkrampfte sich um den Türknauf, als schmerzliche Erinnerungen aus der Vergangenheit in ihm aufstiegen. Er sah wieder Bobs grinsendes Gesicht vor sich und begriff plötzlich, warum sein Bruder so seltsam auf die Nachricht reagiert hatte, dass er bei der Lancaster Incorporation anfangen würde.

„Ich sagte …“ Kirby schaute auf, und innerhalb von Sekunden wechselte der Ausdruck ihrer grünen Augen von anfänglichem Schock zu purem Hass. Sie stand auf, schlank und hübsch wie früher, wirkte aber sehr viel reifer.

„Hallo, Kirby“, sagte Hugh ruhig und zwang sich zu einem Lächeln. „Wir haben uns lange nicht gesehen.“

„Was hat der CIA hier zu suchen?“, fragte Kirby unwillig.

Hugh schaute sich um. „CIA?“

„Du!“

„Ach so … Ich bin nicht mehr beim CIA“, erwiderte er. „Heute ist mein erster Arbeitstag bei der Lancaster Incorporation. Ich bin der neue Sicherheitschef.“ Er lächelte, als er Kirbys Unbehagen wahrnahm. „Wie klein die Welt doch ist.“

2. KAPITEL

So gefasst, wie sie es vermochte, nahm Kirby wieder Platz und bemühte sich, den Schmerz, den Hughs Erscheinen in ihr auslöste, zu bezwingen. Ihr Lächeln wirkte so aufgesetzt wie Hughs.

„Ja“, sagte sie, „die Welt ist klein. Was kann ich für dich tun, Hugh?“

„Dein Chef sagte, du hättest Schwierigkeiten mit einem der Männer unseres Sicherheitsdienstes.“

„Oh.“

Hugh schob die Hände in die Taschen. „Nun?“

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