Bianca Weekend Band 36

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SO KOCHT UND KÜSST NUR EMILY von CATHY GILLEN THACKER

Dan ist Single, erfolgreich – und Dad von drei immer hungrigen Sprösslingen. Zum Glück wird die hübsche Emily seine Köchin. Doch sie erwartet ein Kind, das in ihrer Heimat aufwachsen soll, da, wo die Pfirsichbäume blühen. Dan spürt: Will er Emily erobern, muss er schnell handeln …

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  • Erscheinungstag 16.08.2025
  • Bandnummer 36
  • ISBN / Artikelnummer 8053250036
  • Seitenanzahl 400

Leseprobe

Cathy Gillen Thacker, Cindi Myers, Elizabeth Harbison

BIANCA WEEKEND BAND 36

Cathy Gillen Thacker

1. KAPITEL

Dan Kingsland sollte mit seinen Gedanken lieber beim Geschäft bleiben, denn immerhin gab es an diesem Tag einen großen unternehmerischen Erfolg zu feiern. Nicht nur für sein eigenes Architekturbüro, sondern auch für seine vier besten Freunde, die ebenfalls am Bau des Trinity River Place beteiligt waren. Grady McCabe war der geschäftstüchtige Bauunternehmer, Travis Carson der ausführende Bauherr, Jack Gaines war für die Elektroinstallationen verantwortlich, und Nate Hutchinson gehörte die Immobilienfirma, die für Verkauf und Vermietung zuständig war.

Auf der Baustelle des Wohn- und Gewerbekomplexes in der Innenstadt von Fort Worth war ein Büfett angerichtet – und genau dorthin ließ Dan seine Blicke unablässig wandern. Er war nämlich überzeugt, die gute Stimmung der Gäste dem fantastischen Essen zu verdanken, mit dem der erfolgreiche Abschluss der ersten Bauphase gefeiert wurde. Und es war nur eine einzige Frau, die mithilfe von drei großen rollbaren Campingkochern all diese Köstlichkeiten zubereitete.

Dan verdrehte verzückt die Augen, während er die herrlich gewürzten Gerichte verspeiste. So müsste man zu Hause auch essen …

Grady McCabe bedachte Dan mit einem ironischen Seitenblick und sagte: „Wir wissen alle, was du jetzt denkst. Aber Emily Stayton ist nicht die Lösung für deine Probleme!“

Dan fühlte sich ertappt, anscheinend hatte er die schöne Kochkünstlerin doch etwas zu auffällig angestarrt. „Die Frau kann kochen, so viel steht fest.“ Das Bemerkenswerteste war, dass Emily Stayton unglaublich heiter und gelassen wirkte, während sie mit ihren Töpfen und Pfannen hantierte.

„Klar kann sie kochen, sie ist ja schließlich Chefköchin!“, stellte Travis trocken fest und biss in ein gegrilltes Sandwich.

„Sie hat in den besten Restaurants der Stadt gearbeitet, bevor sie sich selbstständig gemacht hat, weil sie flexiblere Arbeitszeiten haben wollte“, fügte Jack Gaines mit der Sachlichkeit eines Mannes hinzu, der eine Firma für Elektrosysteme gegründet hatte und seine siebenjährige Tochter alleine großzog. Wie es aussah, kam er damit besser klar als Dan mit seinem renitenten Nachwuchs.

„Dann kann ich sie ja fragen, ob sie für mich arbeiten will.“ Geld war im Moment für Dan kein Thema. Es ging ihm vorrangig darum, ein Problem zu lösen, das ihm allmählich über den Kopf wuchs. Und dafür war unkonventionelles Denken gefragt. Machte er das nicht immer so, dass er Probleme auf kreative Weise anging?

„Das kannst du nicht.“ Nate Hutchinson war der Einzige, auf dem keine familiären Verpflichtungen lasteten. Dafür kannte er sämtliche Frauen der Stadt, die frei und ungebunden waren – so wie die schöne Köchin. Zumindest trug sie keinen Ehering, darauf achtete Nate immer als Erstes. „Emily zieht von Fort Worth weg.“

Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte Dan auf den weißen Cateringbus mit dem strahlendblauen Logo an der Seite. „Wann denn?“

„Ende des Monats. Das hier ist ihr letzter Auftrag. Sie will aus dem Ballungsgebiet weg und wieder in das hügelige Hinterland von Texas ziehen, wo sie aufgewachsen ist.“

Von diesem unverhofften Hindernis ließ Dan sich nicht abschrecken. Hürden waren schließlich dazu da, überwunden zu werden. „Noch ist sie aber nicht umgezogen!“, sagte er und kratzte den Rest der köstlichen Bohnen nach Farmerart von seinem Teller. Schon früh im Leben hatte er gelernt, dass es im Leben darauf ankommt, den richtigen Moment abzupassen.

Nachdem er mit Essen fertig war, wartete er geduldig, bis die Gäste sich zerstreuten und das Büfett abgeräumt wurde. Dann schlenderte er gemächlich zu dem langen Tisch hinüber, wo Ms. Stayton mit Einpacken beschäftigt war. Ihre Augen waren von einem derart umwerfenden Blau, dass ihm der Atem stockte. Nicht, dass er an ihr als Frau interessiert wäre … Er suchte bloß eine Köchin. Und auf eine feste Beziehung oder gar Ehe war er schon gleich gar nicht aus.

„Ich habe gehört, dass Sie aus Fort Worth wegziehen wollen“, sagte er beiläufig.

Emilys Blick nach zu urteilen, war ihr nicht entgangen, dass er sie die ganze Zeit über angestarrt hatte. Allerdings deutete sie seinen Blick garantiert anders. Sie stapelte die leeren Servierplatten in eine große Plastikbox, dann ging sie zum nächsten Büfetttisch. „Ja, ich ziehe nach Fredericksburg.“

Fasziniert betrachtete er ihre feingliedrigen Hände, mit denen sie flink den Tisch abräumte. „Was gibt es denn dort so Besonderes?“

„Ich habe dort eine Obstplantage in Aussicht und stehe kurz vor dem Vertragsabschluss.“ Sie sah ihn freudestrahlend an.

Während sie sich über den Tisch beugte, um an eine Schüssel am anderen Ende zu kommen, fiel ihre weite Schürze hinten auseinander und enthüllte ihren festen Po und ihre umwerfenden Oberschenkel. Dan wandte rasch den Blick von diesem aufreizenden Anblick ab und versuchte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – ihre Fähigkeiten als Köchin. „Und wann werden Sie unterschreiben?“

Mit entschlossenem Gesichtsausdruck klappte Emily den Deckel der Plastikkiste zu und ließ ihn einklicken. Dann straffte sie sich und hob die schwere Kiste hoch. „Sobald ich das Geld für diesen Auftrag bekommen habe und die Finanzierung sichergestellt ist. Ich hoffe, dass ich nächste Woche hier weg bin.“

Dan nahm ihr die Box ab und trug sie zu ihrem Cateringbus. Nachdem er sie dort abgestellt hatte, wo sie es ihm gezeigt hatte, drehte er sich zu ihr um.

„Und was wird aus Ihrem Cateringservice?“

Emily zuckte mit den schmalen Schultern und ging zurück zu den Büfetttischen. Während er ihr folgte, blickte er bewundernd auf ihr seidiges kastanienbraunes Haar, das in der Novembersonne leuchtete.

„Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist, heißt es doch, oder nicht!?“

Ihr zarter Orangenblütenduft umwehte seine Nase, während sie die Tischdecken zusammenfaltete. „Sie wollen einfach so mir nichts dir nichts alles aufgeben?“

„Ich werde Obst anbauen“, erwiderte sie, „und um Ihre Frage zu beantworten, Mr. …?“

Er war ganz verlegen, weil er vergessen hatte, sich vorzustellen und streckte ihr seine Hand entgegen. „Dan Kingsland.“

Sie ergriff seine Hand mit derselben Anmut, mit der sie alles andere erledigte. „Nett, Sie kennenzulernen. Ich bin Emily Stayton.“

Nur widerstrebend ließ er ihre Hand los und war überrascht, dass sie sich trotz der vielen Küchenarbeit so zart anfühlte. Schnell trat er einen Schritt zurück, bevor ihre Nähe ihn noch mehr verwirrte. „Das Essen war übrigens köstlich.“

Ihre weichen Lippen formten sich zu einem angedeuteten Lächeln. „So sollte es auch sein, aber trotzdem danke.“

Dan trug den Stoß Tischtücher zu ihrem Wagen. „Gibt es eine Möglichkeit, Sie noch zu engagieren, bevor Sie wegziehen?“

Ihre elegant geschwungenen Augenbrauen zogen sich zusammen. „Für eine Party?“

Nein, eigentlich mehr … für alles. Er sah ihr in die Augen und kam direkt zum Punkt. „Ich kann mich nicht erinnern, wann es bei uns zu Hause mal ein richtig gutes Essen gegeben hätte. Toll war es ja noch nie, denn mit den Kochkünsten ist es in unserer Familie einfach nicht weit her. Selbst noch bevor meine Frau und ich uns vor ein paar Jahren getrennt haben. Aber jetzt, wo die beiden Älteren in die Highschool gehen und meine Jüngste in der Grundschule ist, kommen wir schon überhaupt nicht mehr zu einem gemeinsamen Essen.“ Er seufzte schwer. „Und wenn, dann will jeder was anderes essen. Zumindest mögen die Kinder nicht das deftige Zeug, das ihr Großonkel Walt ihnen vorsetzt.“

Sie blickte ihn teilnahmsvoll an. „Ja, das ist bestimmt anstrengend. Aber ich wüsste nicht, wie …“

Er unterbrach sie mit einer Handbewegung. „Sehen Sie, ich habe Sie heute beobachtet, wie Sie mit einer unglaublichen Leichtigkeit für so viele Leute gekocht haben, und das ganz ohne richtige Kücheneinrichtung. Und da dachte ich, wenn Sie das für uns machen könnten – vielleicht könnten Sie uns dabei helfen, wieder gerne gemeinsam am Tisch zu sitzen. Vielleicht könnten wir sogar wieder eine glückliche Familie werden.“ Er zögerte. So viel hatte er eigentlich gar nicht preisgeben wollen. Allerdings hatte er auch nicht so viel Mitgefühl und Besorgtheit in ihren schönen Augen erwartet.

Ihm war nicht klar, was ihn dazu brachte, alles auf eine Karte zu setzen. „Was halten Sie davon? Wollen Sie uns helfen?“

Emily hatte Dan Kingsland auf Anhieb attraktiv gefunden, doch diese blitzartige Erkenntnis war nichts im Vergleich zu dem erregten Kribbeln, das sie überfiel, als sie nun vor seiner Haustür stand. Sie hatten einen Besprechungstermin um sechs Uhr abends vereinbart.

Noch bevor sie die Klingel berührt hatte, ging die Haustür auf, und der alleinerziehende Vater von drei Kindern stand vor ihr. Er trug verwaschene Jeans und einen tannenfarbenen Pullover, der das Grün seiner Augen hervorhob. Sein sandfarbenes Haar war so gekonnt geschnitten, dass es locker und leicht zerzaust wirkte. Seine Nachmittagsstoppeln passten zu dem attraktiv nachlässigen Aussehen.

Er wirkte ein wenig gehetzt, doch als ihre Blicke sich trafen, ging ein Lächeln über sein Gesicht. „Ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind!“, sagte er in einem lockeren Tonfall.

Emily wünschte, sie könnte die Sache ebenso locker sehen. Doch sie hatte das unbestimmte Gefühl, wenn sie diesem Mann den kleinen Finger reichte, würde er die ganze Hand nehmen.

Um möglichst gelassen zu wirken, schob sie ihre Hände in die Taschen ihrer legeren Wollhose. Neuerdings vermied sie Situationen, die sich schon von Anfang an zu … intim anfühlten. Außerdem war sie Chefköchin und keine Familienberaterin. Dem Lärm nach zu urteilen, der von drinnen kam, befand sich diese Familie gerade mitten im Wochenendchaos. Aber da musste sie jetzt durch, denn schließlich brauchte sie das Geld für ihren Umzug nach Fredericksburg.

Dan führte Emily in das Innere des zweistöckigen Backsteinhauses und ahnte nichts von ihren komplizierten Gedankengängen. Auf der einen Seite des Flurs befand sich eine große altmodisch eingerichtete Wohnküche. Auf der anderen Seite war das Wohnzimmer untergebracht, ausgestattet mit einem ausladenden Ecksofa, einem großen gemauerten Kamin und hohen Bücherregalen. Überall lagen Sachen herum – Aktentaschen, Schulranzen, Jacken, Schuhe, Mützen, und mitten in dem Chaos befanden sich Dans drei Sprösslinge.

Alle hatten das gleiche sandfarbene Haar wie ihr Vater und die gleichen grünen Augen. Aber die Ähnlichkeit betraf nur das Äußere, wie Emily bald feststellte, nachdem Dan sie vorgestellt hatte.

Die siebzehnjährige Ava war in ein Buch vertieft, in dem sie immer wieder Stellen mit einem gelben Leuchtstift markierte. Der fünfzehnjährige Tommy stand vor dem weit geöffneten Kühlschrank und studierte dessen Inhalt. Die achtjährige Kayla saß inmitten einer Ansammlung von Bastelutensilien, Malblocks, Wasserfarben und bunter Knetmasse am Boden. Alle drei waren ganz auf ihre Beschäftigung konzentriert und kümmerten sich nicht um die anderen.

Die kleine Kayla lief auf Emily zu und bremste haarscharf vor ihr. Ihr Gesicht und ihre Arme waren mit Farbe bekleckert. „Kochst du jetzt für uns?“

„Emily ist gekommen, um mit uns über unsere Probleme zu reden“, erklärte Dan. „Sie wird uns ein paar Tipps geben, wie wir das mit dem gemeinsamen Essen wieder in den Griff kriegen.“

„Na viel Glück“, murmelte Tommy. Er schnappte sich ein Sportgetränk und schlenderte in Richtung Haustür. „Ich gehe joggen.“

„Du kommst doch gerade vom Training!?“, wandte Dan ein.

Tommy zuckte die Achseln. „Ich brauch noch mehr Bewegung.“

Zweifelnd betrachtete Emily das rote erhitzte Gesicht des Jungen.

„Jetzt bleibst du erst mal hier!“, erwiderte Dan mit väterlicher Strenge.

Ava stand auf. „Ich habe auch keine Zeit, ich muss lernen.“ Sie griff nach ihrem dicken Biologiebuch und dem Textmarker.

Freitagabends? wunderte sich Emily. Da trafen sich doch Mädchen in Avas Alter mit Freundinnen und entspannten sich nach der anstrengenden Woche. Das hatte Emily eigentlich auch vorgehabt, bevor Dan sie mit seiner Bitte überrumpelt hatte.

Um ihren älteren Geschwistern nicht nachzustehen, zupfte Kayla an Emilys Ärmel. „Und ich muss malen. Willst du mir zugucken?“ Sie schoss los und stolperte dabei über das Wasserglas mit den Pinseln.

„Kannst du nicht in deinem Zimmer malen?“, maulte Tommy seine Schwester an.

„Ja, immer liegen uns deine blöden Sachen im Weg!“, stimmte Ava mit ein.

„Kinder, das reicht!“, sagte Dan in tadelndem Ton.

In diesem Moment kam ein steifbeiniger alter Mann mit weißem Stoppelhaar herein. Dan stellte ihn Emily als Onkel Walt vor.

Walt blickte Dan verdattert an. „Ich dachte, du wolltest heute Abend kochen?“

Dan zuckte die Achseln. „Hab mich anders entschieden.“

Emily warf Dan einen argwöhnischen Blick zu. Hatte er sie etwa unter falschen Vorgaben hierhergelockt?

Zerknirscht erwiderte Dan ihren Blick. „Ich wollte Sie wirklich nicht derart überfahren.“ Er holte sich ein Stück von der Küchenpapierrolle und wischte das Farbwasser auf.

„Warum nicht? Wenn sie sowieso hier ist und kochen kann …“, knurrte Walt. „Auf jeden Fall wird was Besseres dabei rauskommen als bei uns.“

„Stimmt, das Essen hier ist echt beschissen“, murrte Tommy.

Wobei Emily sich fragte, ob die Kinder überhaupt gerne aßen. „Wie ist es denn bei eurer Mutter?“, fragte sie, denn sie war neugierig zu wissen, ob Dans Exfrau besser kochen konnte. „Was kocht sie denn, wenn ihr bei ihr seid?“

Schlagartig verstummten alle. Emily hatte das Gefühl, in ein Wespennest gestochen zu haben. Schnell fragte sie weiter. „Ich nehme an, dort ist das Essen auch ein Problem, oder?“

Immer noch Schweigen. Sekunde um Sekunde verstrich, bis Walt sich räusperte. „Hat Dan es Ihnen nicht erzählt? Seit der Scheidung lebt meine Nichte nicht mehr in den Vereinigten Staaten.“

Emily wünschte, Dan hätte sie ausführlicher informiert. Wenn sie gewusst hätte, dass er ganz alleine mit den Kindern war, hätte sie vermutlich gleich abgelehnt. Derartige emotionale Verwirrungen konnte sie im Moment überhaupt nicht gebrauchen …

„Mom ist in Afrika!“, platzte Tommy heraus.

„Du bist nicht ganz auf dem Laufenden, mein Lieber“, korrigierte Ava ihn und schob ihre Brille wieder richtig auf die Nase. „Dort war sie letzte Woche. Jetzt ist sie in China.“

„Wo auch immer“, bemerkte Tommy achselzuckend und wandte sich wieder zum Gehen. „Jedenfalls ist sie nicht hier. Nie ist sie hier.“

„Ja, sie soll zurückkommen!“, schmollte Kayla. „Wir wollen wieder eine Mommy haben.“

Walt zog eine Grimasse. „Meine Nichte ist Ärztin und arbeitet für eine internationale Kinderhilfsorganisation.“

Also hatte Dan wohl das alleinige Sorgerecht für die Kinder – mit all den schönen und zugleich anstrengenden Seiten. Und noch dazu den greisen Onkel seiner Exfrau am Hals.

„Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht alles genauer erklärt habe“, mischte Dan sich ein. Seine Miene verriet sein schlechtes Gewissen.

Emily atmete tief durch. Einerseits hätte sie besser keine Fragen gestellt, die den ganzen Clan aufbrachten. Andererseits, was hatte sie damit zu tun, dass die verflossene Mrs. Kingsland ihre Kinder vernachlässigte? Nichts, beschwichtigte sie sich selbst. Das war das Problem von Dan, nicht ihres. Sie würde ohnehin gleich wieder gehen.

Kayla zupfte an Dans Pullover. „Dad, ich habe schrecklichen Hunger!“

Offensichtlich frustriert, dass er nichts unternommen hatte, um dieses Problem zu lösen, hob Dan beruhigend die Hand. „Okay, wir bestellen Pizza.“

„Nicht schon wieder!“, riefen alle drei unisono.

Dan warf Emily einen hilflosen Blick zu.

Kayla stampfte mit den Füßen auf. „Aber ich will sofort was essen!“, rief sie mit Tränen der Empörung in den Augen.

Emily war von Natur aus immer vorne mit dabei, wenn es um das Lösen von Problemen ging. Deshalb sagte sie spontan: „Soll ich euch schnell was kochen?“ Nebenbei könnte sie mit Dan alles bereden und würde ihren Scheck bekommen und gehen, bevor sie hoffnungslos in dieses Familiendrama mit hineingezogen würde.

„Hm … da gibt es ein Problem“, sagte Dan.

Walt nickte. „Wir hatten noch keine Gelegenheit einzukaufen.“

„Wir gehen immer nur am Wochenende einkaufen“, erklärte Kayla.

Aus Erfahrung wusste Emily, dass die Leute immer mehr an Vorrat hatten, als sie dachten. „Lasst mich mal sehen.“ Sie öffnete den Kühlschrank und die anderen Schränke. „Daraus lässt sich doch was machen.“

„Dauert das lange?“, fragte Kayla weinerlich.

Emily war schon dabei, ihre Zutaten auf der Anrichte auszubreiten. „Zwanzig Minuten!?“

„Das ist ja schneller als Pizza bestellen!“, begeisterte sich Dan und warf ihr einen dankbaren Blick zu.

Froh, für den Moment das Schlimmste abgewendet zu haben, übernahm Emily das Ruder. „In der Zwischenzeit setzt ihr euch alle hin, und jeder macht eine Liste mit seinen Lieblingsgerichten und eine Liste mit Speisen, die ihr überhaupt nicht mögt.“

„Daddy, kannst du meine für mich aufschreiben?“, fragte Kayla.

„Okay“, versprach Dan.

Walt durchsuchte das Telefonschränkchen nach Kugelschreibern, und alle verteilten sich am Küchentisch. Währenddessen stellte Emily einen großen Topf Wasser auf den Herd, dann schnitt sie ein Stück Schinken in Würfel, die sie in der Pfanne briet.

„Was gibt denn das?“, fragte Tommy argwöhnisch.

Dem Jungen alles haarklein zu erklären, würde nur Kritik und Widerspruch ernten, auch das wusste Emily aus Erfahrung. „Das ist eine Überraschung“, erwiderte sie lächelnd. „Macht jetzt mal mit euren Listen weiter.“

Ava blickte ihren Vater stirnrunzelnd an. „Darf sie das?“

Dan zuckte die Achseln. „Sie hat ja schon damit angefangen. Kommt, Kinder, das ist eure einmalige Chance zu bestimmen, was es hier in Zukunft zu essen gibt.“

Seine Logik war nicht zu widerlegen. Alle machten sich an die Arbeit, überlegten, schrieben auf, überlegten wieder. Als Emily eine große Schüssel Spaghetti Carbonara und grüne Bohnen mit Mandelblättchen auf den Tisch stellte und noch dazu eine Schüssel Obstsalat auf die Anrichte, waren alle Listen zu Ende geschrieben.

„Hey, das sieht gut aus.“ Staunend beäugte Tommy die würzig duftende Pasta.

„Obstsalat ist mein Lieblingsessen“, lächelte Kayla mit Blick auf die Schüssel auf der Anrichte.

„Das riecht ja fantastisch!“, sagte Walt.

Dan zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor. „Bitte setzen Sie sich zu uns, Emily.“

Sie zögerte. War sie nicht schon einmal auf diese Art in Schwierigkeiten gekommen? Indem sie die Grenze zwischen angestellter Köchin und Freundin der Familie überschritten hatte? „Normalerweise …“

„… tun Sie das nicht, ich weiß.“ Dans Lächeln war ebenso liebenswürdig wie verwegen. „Aber das hier sind keine normalen Umstände.“

Emily hätte trotzdem abgelehnt, wenn ihr nicht auch der Magen geknurrt hätte. Außerdem hatte sie sich vorgenommen, zu regelmäßigeren Zeiten zu essen und nicht gerade dann, wenn es in den Terminplan passte. Sie musste neuerdings auf ihre Gesundheit achten. „Also gut“, sagte sie dankbar, „aber sobald wir fertig gegessen haben, müssen wir über das Geschäftliche reden.“

Die Schüsseln wurden herumgereicht, und eine ganze Weile war es mucksmäuschenstill am Tisch, während die Kinder gierig das Essen in sich hineinstopften. Zehn Minuten später war alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen.

„Wow!“, sagte Dan und lehnte sich zufrieden seufzend in seinem Stuhl zurück.

Walt stimmte ihm zu. „Unglaublich.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass es mir schmeckt, aber das war wirklich toll“, sagte Tommy anerkennend.

Ava lächelte. „Das fand ich auch.“ Sie sprang vom Stuhl hoch. „Möchte jemand Kaffee?“

Dan und Walt nickten.

Emily seufzte im Stillen. Zu gern hätte sie auch einen mitgetrunken, aber Koffein gehörte zu den Dingen, die in ihrem Ernährungsplan verboten waren. „Nein, danke“, sagte sie.

„Kommst du jetzt jeden Tag und kochst für uns?“, fragte Kayla und sah Emily mit treuherzigem Blick an. „Ich wäre sehr, sehr glücklich, wenn du das machen würdest.“

Dan bemerkte, dass Emily eine Sekunde lang zögerte, als ob sie kurz davor war, zustimmen zu wollen. Doch dann huschte ein Anflug von Bedauern über ihr Gesicht. „Ach, meine Kleine …“, begann sie, als plötzlich Salsaklänge aus ihrer Handtasche ertönten, welche sie neben der Küchentür abgestellt hatte. Froh, zunächst um die Antwort herumgekommen zu sein, stand Emily auf und suchte ihr Handy.

„Bitte entschuldigt mich, aber ich muss unbedingt rangehen. Das ist bestimmt der Grundstücksmakler.“ Mit dem Mobiltelefon am Ohr ging sie hinaus in den Flur.

„So, Kinder, ihr seid mit Aufräumen dran“, sagte Dan. „Kayla, du räumst den Tisch ab, Ava belädt die Spülmaschine, Tommy wischt den Tisch und die Anrichte ab und trägt den Müll raus.“

Zu seiner Überraschung widersprach diesmal keines der Kinder. Anscheinend weil sie satt und zufrieden sind, dachte er, wenigstens was ihren Bauch anbelangt. Der emotionale Mangel war eindeutig schwieriger in den Griff zu kriegen.

Aus dem Flur kam Emilys aufgeregte Stimme. „Aber das können Sie doch nicht machen! Ich habe gerade die Zusage für den Kredit bekommen.“ Sie hörte eine Weile zu, dann rief sie empört: „Sagen Sie mir wenigstens, wer das veranlasst hat. Garantiert Tex Ostrander, stimmt’s?“

Wer ist dieser Tex? fragte sich Dan. Offensichtlich stand der Kerl in irgendeiner Beziehung zu Emily.

Abrupt wurde ihre Stimme ruhig und geschäftsmäßig: „Gut, ich verstehe. Ich rufe in ein paar Tagen wieder an.“

„Ich frage mich, was da los ist“, murmelte Tommy, und das fragten sich alle anderen auch.

Als Emily in die Küche zurückkam, glänzten ihre Augen verräterisch. „Tut mir leid“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Ich habe gerade schlechte Nachrichten bekommen.“ Sie rieb sich über die Stirn. „Ist es in Ordnung, wenn ich eure Listen mit nach Hause nehme, mir Menüvorschläge überlege und dann noch mal herkomme?“

„Natürlich.“ Dan ging zu ihr. „Ich begleite Sie hinaus.“

Er wartete, bis sie an Emilys Wagen standen, bevor er fragte: „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

Ihre Unterlippe fing an zu zittern, und sie blickte schnell zur Seite. „Ich glaube kaum. Es sei denn, Sie können mir den Obstgarten zurückzaubern, in dem ich aufgewachsen bin.“ Seufzend fuhr sie sich durchs Haar, dann sah sie Dan an. „Er ist vor ein paar Monaten zum Verkauf angeboten worden. Als ich davon gehört habe, bin ich sofort zu den Eigentümern gegangen und habe gesagt, dass ich das Grundstück kaufen möchte. Ich müsste nur noch das Geld herbeischaffen.“

Emily schluckte, bevor sie fortfuhr. „Ich meine, mir war klar, dass wir nur einen vorläufigen Vertrag gemacht haben, und sich garantiert noch andere Interessenten melden. Aber dass jemand anbieten würde, die gesamte Kaufsumme sofort in bar zu bezahlen, das hätte ich nicht erwartet. Und noch dazu mein Exverlobter!“, fügte sie empört hinzu.

Dan blinzelte. „Ihr Exverlobter hat das Grundstück hinter Ihrem Rücken gekauft?“

Emily verschränkte die Arme vor der Brust, was Dans Blick unfreiwillig auf ihre wohlgeformten Brüste zog. „Ja, er hat zehn Prozent mehr geboten.“

Dan musterte sie prüfend. „Und so viel können Sie nicht aufbringen?“

„Leider nicht.“ Emily begann, hin und her zu gehen. „Ich habe ganz knapp kalkulieren müssen.“

„Warum macht der Mann denn so was?“

Emily zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Seit unserer Trennung habe ich ihn nicht mehr gesehen, und das ist zehn Jahre her.“

„Wusste er davon, dass Sie das Grundstück zurückkaufen wollten?“

„Das war ihm wohl egal. Anscheinend wollen seine Eltern sich in einer anderen Gegend zur Ruhe setzen, und da hat er beschlossen, den Familienbesitz zu übernehmen.“ Emily verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Unsere beiden Grundstücke grenzen nämlich aneinander, und damit wäre er der größte Obstanbauer in der Gegend.“

Ein cleverer Schachzug, dachte Dan, denn diese Gegend in Texas war weltberühmt für ihren Pfirsichanbau.

Sie standen jetzt so dicht voreinander, dass er ihren herbsüßen Duft wahrnahm. „Wollen Sie unter diesen Umständen denn noch immer in Ihre Heimat zurück?“

„Das weiß ich nicht.“ Emily seufzte frustriert. „Der Grundstücksmakler meinte, dass mir die Bewilligung der Hypothek auf jeden Fall erhalten bleibt. Die Bank ist bereit, das Geld auch für ein anderes Grundstück zur Verfügung zu stellen.“

Es war schlimm, einen Traum aufgeben zu müssen, besonders einen so lange gehegten. Dan war voller Mitgefühl und versuchte Emily zu trösten: „Vielleicht findet sich ja eine andere schöne Obstplantage?“

Mit großen Augen sah sie ihn an. „Selbst wenn es eine solche gäbe, ich will keine andere. Ich wollte nur dieses Grundstück, weil es meinen Eltern gehört hat, als ich klein war.“ Sie wandte das Gesicht ab und tippte unschlüssig mit den Fußspitzen auf den Betonboden der Auffahrt. Unwillkürlich bewunderte Dan ihr schönes Profil. „Ich wollte die Farm wieder zum Blühen bringen, so wie es früher war. Um … ach, egal. Dieser Traum ist jedenfalls ausgeträumt!“ Sie sah traurig und enttäuscht aus.

„Und was wollen Sie jetzt machen?“, fragte Dan. Zu gerne hätte er ihr etwas Tröstendes gesagt.

Emily seufzte. „Erst mal werde ich meinen Plan auf Eis legen, von Fort Worth wegzuziehen. Das ist so jammerschade, gerade jetzt, wo der Sommer anfängt! Wenn ich mir vorstelle, dass ich in dieser wunderbaren hügeligen Landschaft in Texas sein könnte … Leider habe ich schon sämtliche Aufträge abgesagt, sodass ich mich schnellstmöglich um neue kümmern muss.“

Dan widerstand dem Drang, ihre Hände in seine zu nehmen. „Ein Auftrag ist Ihnen jedenfalls sicher, sofern Sie ihn annehmen wollen. Ich verspreche Ihnen, Sie verdienen dabei mehr, als Sie sich je erträumt haben.“

2. KAPITEL

„Du hast ihr einen Job angeboten, einfach so?“ Walt sah Dan fassungslos an. „Ohne ihren Hintergrund zu überprüfen und ohne ihre Zeugnisse anzuschauen?“

Dan mochte den Onkel seiner Exfrau sehr gerne. In den letzten paar Jahren wäre er ohne ihn nicht zurechtgekommen. Aber manchmal machte ihn Walts misstrauische Art rasend. „Hör doch auf, wie ein Privatdetektiv daherzureden.“

Walt wandte sich wieder seinem Computerschachspiel zu. „Ich gebe zu, ihr Essen war fantastisch. Aber wir reden hier von deinen Kindern und deinem Zuhause!“

Dan wollte keine Einwände hören, die ihn daran hindern könnten, endlich wieder alle zusammen an einen Tisch zu bekommen. „Sie ist doch toll mit den Kindern umgegangen, das musst du zugeben!“

So schnell gab Walt nicht auf. „Lass dir wenigstens eine Bewerbung geben – und ich kann mit ein paar von den Leuten reden, für die sie gearbeitet hat.“

„Erstens hat Gradys Frau sich für sie verbürgt. Anscheinend hat Emily regelmäßig Feiern für die Firma ausgerichtet, in der Alexis arbeitet. Weil sie das immer so unglaublich toll hingekriegt hat, hat Grady für das Büfett gestern Emily engagiert. Zweitens glaube ich nicht, dass Emily schon mal so einen Job gemacht hat.“

Walt war noch nicht zufrieden. „Viel weißt du jedenfalls nicht von ihr.“

Dan dachte daran, wie gelassen Emily über das Wochenendchaos hinweggegangen war, das sie bei ihrem Eintreffen in seinem Haus erwartet hatte. „Ich werde mir diese Gelegenheit jedenfalls nicht entgehen lassen. Das war heute Abend das erste entspannte gemeinsame Essen seit Jahren!“

Leise fluchend registrierte Walt den Spielzug seines virtuellen Gegners. „Für mich ist das alles kein ausreichender Grund, Ms. Stayton so mir nichts dir nichts einzustellen“, versetzte er mürrisch, während er über seinen Gegenzug nachgrübelte.

„Walt, ich akzeptiere deine Einwände. Als Privatdetektiv hast du sicher Dinge gesehen, die ich mir nicht mal vorstellen kann. Aber ich vertraue Emily Stayton.“ Und zwar aus einem Bauchgefühl heraus, fügte er im Stillen hinzu. „Meine Entscheidung ist getroffen. Ich möchte sie als Köchin engagieren. Nicht als Haushälterin, sondern als persönliche Chefköchin. Und zwar für so viele Stunden am Tag, wie sie erübrigen kann.“ Am liebsten würde er sie für den ganzen Tag engagieren. „Und ich möchte nicht, dass du irgendetwas tust, um das zu verhindern, hast du mich verstanden?“

„Ich hoffe, du machst da keinen Fehler.“ Damit war das Thema für Walt beendet.

Dan hingegen dachte noch lange darüber nach. Er konnte es nicht erklären, aber rein intuitiv war er sich ganz sicher, dass Emily Stayton ihm helfen würde, seine familiären Probleme zu lösen. Und Dan war schon immer gut damit gefahren, seinem Bauchgefühl zu vertrauen.

Emily hatte versprochen, am Samstagmorgen um neun Uhr die Besprechung fortzusetzen. Sie erschien auf die Minute pünktlich. Als Dan ihr die Haustür öffnete, war er etwas überrascht. Eigentlich sah sie genauso aus wie am Abend vorher, nur ihr Teint wirkte nicht rosig und gesund, sondern blass, fast ein wenig grünlich.

„Alles in Ordnung?“, fragte er.

Emily schluckte schwer und machte eine flüchtige Geste. „Das geht vorbei.“

„Sind Sie krank?“

„Oh. Nein. Ich … ich … das Bad?“ Das hörte sich sehr dringend an.

Dan eilte ihr voraus und öffnete die Tür. „Hier.“

Sie drängte sich an ihm vorbei und schlug die Tür zu. Danach folgten die unmissverständlichen Geräusche, wenn sich jemand übergeben musste.

Von dem Tumult aufgescheucht, kamen die Kinder die Treppe heruntergepoltert. „Was ist denn los?“

„Ist jemand …?“

„Oh.“ Die drei sahen sich betreten an.

„Geht wieder hoch. Ich rufe euch dann.“

Sie trollten sich wieder davon.

„Siehst du?“, bemerkte Walt und kam mit seinem steifen Bein angehinkt. „Du weißt eben nichts von ihr. Ganz offensichtlich hat sie ein Problem. Morgens kannst du sie jedenfalls nicht einsetzen.“

Die Badezimmertür ging auf und Emily kam heraus, noch immer blass und zittrig. Sie lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen. „Ehrlich gesagt, es könnte sein, dass Walt recht hat.“

„Ich lasse euch beide mal allein!“, sagte Walt und verzog sich ins Arbeitszimmer.

Dan führte Emily in die Küche und ließ sie auf einem Stuhl Platz nehmen. „Kann ich Ihnen irgendwas bringen? Ein Glas Wasser? Oder Magentropfen?“

Emily sah ihn dankbar an. „Vielleicht ein Glas Gingerale und Salzgebäck, falls Sie so etwas dahaben.“

Während Dan ihr das Gewünschte brachte, zählte er zwei und zwei zusammen.

„Ich bin schwanger“, bestätigte Emily mit schuldbewusstem Lächeln.

Daher also die weit geschnittenen Blusen. Und die relativ großen Brüste im Vergleich zu ihrem Körperbau.

„Na, dann Glückwunsch!“

„Danke.“ Sie nahm sich eine Salzbrezel.

„Im wievielten Monat sind Sie denn?“

Sie trank einen Schluck. „Im vierten.“

„Und wer ist der Glückliche, wenn man fragen darf?“

Ihre blauen Augen blitzten unerwartet spitzbübisch. „Nummer 76549823-CBGT.“

Dan blinzelte erstaunt. „Haben Sie sich an einen Roboter angeschlossen?“

Emilys melodiöses Lachen erfüllte die Küche. „Die Nummer einer Samenbank. Alles was ich vom Vater meines Babys weiß, ist, dass er einen IQ von über hundertvierzig hat und groß, blond und grünäugig ist. Und dass natürlich keinerlei Erbkrankheiten zu befürchten sind.“

Fasziniert beobachtete er ihre weichen Lippen, während sie von dem Gingerale trank. Er hatte noch eine Menge Fragen, die jedoch alle indiskreter Natur waren.

„Ich bin fünfunddreißig, und ich wollte ein Kind, bevor es zu spät ist. Leider hat sich kein geeigneter Kandidat gefunden, und da habe ich die Dinge selbst in die Hand genommen.“

„Und was ist mit Tex Ostrander?“ Den Namen des Mannes hatte er gut behalten, der an ihrem Kummer von gestern Abend schuld war.

„Erinnern Sie mich bloß nicht an den!“, sagte Emily und presste die Lippen zusammen.

Nach romantischen Gefühlen hörte sich das nicht an. „Haben Sie denn schon mit ihm geredet?“, konnte er sich nicht verkneifen zu fragen.

„Nein, allerdings hat er mehrfach versucht mich anzurufen.“ Emily lehnte sich im Stuhl zurück. Allmählich bekam ihr Gesicht wieder seine gewohnte Farbe. „Um auf Ihr Angebot zurückzukommen. Ich habe lange darüber nachgedacht, aber ich kann keinen permanenten Job annehmen. Allerdings bin ich bereit, auf einer befristeten Basis für Sie zu arbeiten.“

Das war mehr, als Dan erwartet hatte. „Wie befristet?“

„Ich dachte, bis nach Thanksgiving. Das würde mir genug Zeit geben, die Probleme in Ihrer Familie herauszufinden – was das Essen anbelangt.“

Vielleicht gab es die gar nicht. Vielleicht brauchten sie nur wieder eine Frau im Haus. „Ein Klacks für Sie, gestern Abend lief ja schon alles bestens.“

Emily tat ihren Erfolg mit einer Handbewegung ab. „Das war eine außergewöhnliche Situation. Die Kinder sind überrascht worden, und sie hatten Hunger. Und da hat ihnen jemand ein warmes Essen auf den Tisch gestellt. Kein Wunder, dass sie mitgespielt haben.“

„Und was für ein Essen!“, sagte Dan voller Bewunderung.

Sein Mund fühlte sich trocken an, und er goss sich ebenfalls ein Glas Gingerale ein.

„Wie auch immer.“ Sie stützte beide Arme auf den Tisch und beugte sich vor. „Die Sache ist die, Ihre kompletten familiären Probleme werden nicht dadurch gelöst, dass ich für Sie koche.“

Um nicht zu sehr von ihrem verführerischen Duft und der weichen Fülle ihres Haars abgelenkt zu werden, lehnte Dan sich im Stuhl zurück. „Ich glaube, Sie unterschätzen Ihre Fähigkeiten.“

„Und ich glaube, Sie unterschätzen Ihre Probleme“, sagte Emily in scherzhaftem Ton. „Aber wir schweifen ab …“

Dan sah verwirrt aus. „Tun wir das?“

Ihr Blick wurde ernst. „Sie haben noch nicht gesagt, dass es Ihnen nichts ausmacht, dass ich schwanger bin“, sagte sie mit sanfter Stimme.

Unwillkürlich ging Dans Blick zu der leichten Wölbung ihres Bauchs unter ihrer blau gemusterten Bluse, bevor er sie wieder ansah. „Warum sollte es mir etwas ausmachen?“

„Weil ich nicht verheiratet bin!?“

Und außerdem unglaublich sexy.

„Sie haben Kinder, und Kinder sind leicht zu beeindrucken“, fügte Emily hinzu.

Und ich habe Lust, dich zu küssen …

Er zuckte die Achseln. „Sie sind eine erwachsene Frau.“

Emily nagte an ihrer Unterlippe. „Nicht alle befürworten meine Entscheidung.“

Es gefiel Dan, hier mit ihr in der Küche zu sitzen und ganz vertraut zu plaudern, als würden sie sich schon seit Jahren kennen und nicht erst seit ein paar Stunden. „Nicht alle befürworten eine Scheidung. Die Dinge passieren eben.“ Alte Träume verblassen, neue treten an ihre Stelle. „Was mich betrifft, so bleibe ich bei meinem Glückwunsch!“

„Danke.“ Emily lächelte. „Glauben Sie, Walt macht es etwas aus, dass ich schwanger bin?“

Dan versuchte, dieser Frage so gut es ging auszuweichen. „Er ist einfach manchmal ein etwas mürrischer Kerl.“

Sie sah ihn neugierig an. „Und was heißt das?“

Diese Frage konnte er nicht offen beantworten. Noch nicht. „Sie arbeiten nicht für ihn, sondern für mich“, sagte er knapp.

Emily musterte Dan zweifelnd. „Gibt es da vielleicht noch etwas, das ich erfahren sollte?“

Dan schürzte die Lippen. „Nicht dass ich wüsste.“

Nachdem Emily sich von ihrer morgendlichen Übelkeit erholt hatte, wurde beschlossen, mit allen zusammen die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

„Ich habe da ein paar Ideen, wie wir das Problem angehen können“, sagte sie, als alle um den Küchentisch versammelt waren.

„Das kriegen wir doch nie hin“, wandte Tommy ebenso schroff ein, wie er es bereits am Abend zuvor getan hatte. Nachdem er sich für diese Bemerkung einen strengen Blick seines Vaters eingehandelt hatte, hob er beschwichtigend die Hand. „Ich meine ja nur, es wird schwierig, weil jeder von uns was anderes essen will.“

Emily wusste aus Erfahrung, dass es nichts brachte, das Problem schönzureden. Zuerst mussten die Meinungsverschiedenheiten offen auf den Tisch gelegt werden, bevor ein Kompromiss gefunden werden konnte.

„Das mag ja sein, aber gestern Abend hat es euch allen geschmeckt“, sagte sie in ruhigem Ton. „Also, ich habe mir eure Listen mal durchgesehen. Kayla mag am liebsten Sachen, die man eigentlich zum Frühstück isst wie Pfannkuchen, überbackenen Toast, Rührei, Cornflakes und so weiter. Ava mag Kaffee, Schokolade und Salat. Tommy mag Milchprodukte und Nudeln. Walt mag eher deftiges Essen wie Fleisch- und Kartoffelgerichte. Und Dan isst alles, was auf den Tisch kommt.“

„Also gibt es nichts, was wir gemeinsam haben“, seufzte Ava.

„Klar haben wir das“, wandte Dan ein. „Wir heißen alle Kingsland.“

„Onkel Walt nicht, der heißt Smith“, bemerkte Kayla altklug.

„Ich mache euch einen Vorschlag“, sagte Emily. „Ich kann Gerichte kochen, die allen schmecken. Und ich kann davon so viel machen, dass es für ein paar Tage reicht.“

Das löste einen Sturm der Entrüstung bei den Kindern aus.

„Aufgewärmtes?“

„Also ich mag nicht zweimal hintereinander dasselbe essen!“

„Ich auch nicht.“

„Wir können es auch so machen, dass ich für jeden ein Lieblingsgericht koche und die anderen das an den anderen Tagen mitessen.“

Die Kinder schienen über diese Option nachzudenken.

„Oder ich könnte in jedes Gericht etwas von dem einbauen, was jeder Einzelne mag. Dabei könnten allerdings seltsame Kombinationen zustande kommen wie Spaghetti mit Toast oder so etwas.“

Die Kinder guckten angeekelt.

„Oder …“, Emily machte eine bedeutungsvolle Pause, „… wir könnten mal etwas weniger Alltägliches ausprobieren. Zum Beispiel ausländische Gerichte, vielleicht sogar solche, die eure Mom vermutlich auf ihren Reisen isst. Wir könnten sie sogar fragen, was ihr dort, wo sie gerade ist, am besten schmeckt und das hier nachkochen.“

Die Kinder schienen dieser Idee nicht abgeneigt zu sein. Im Gegensatz zu Dan.

„Ich finde, wir sollten erst mal beim Gewohnten bleiben“, sagte er.

Sofort verflog die aufkommende Begeisterung der Kinder, und sie machten lange Gesichter.

„Von mir aus gern, wenn ich ab und zu Fleisch mit Kartoffeln kriege“, sagte Walt achselzuckend.

„Tut mir leid wegen vorhin“, sagte Emily, als Dan sie zu ihrem Wagen brachte. „Ich wusste nicht, dass Sie ein Problem mit internationaler Küche haben.“

Normalerweise redete Dan nicht über das Verhältnis zu seiner Frau. Er fand, das ging nur ihn und Brenda etwas an. Doch nun, wo Emily für die Familie kochen würde, wollte er eine Ausnahme machen. „Ich ermutige die Kinder nicht, mit ihrer abenteuerlustigen Mutter Kontakt aufzunehmen.“

Emily sah ihn fassungslos an. „Aber wieso denn nicht? Sie kann doch bestimmt E-Mails empfangen und hat ein Handy!?“

„Klar hat sie das. Aber sie verwendet es nur selten für private Mitteilungen. Manchmal vergehen Monate, bis sie sich meldet.“

„Ava wusste, wo ihre Mutter gerade ist.“

„Aber nur, weil Brenda die beiden älteren Kinder auf den Verteiler gesetzt hat, mit dem sie ihre Kollegen von ihren jeweiligen Aufenthaltsorten unterrichtet. Eine Rundmail zu bekommen, wenn die Mutter mal wieder zu einem neuen Einsatz fliegt, ist nicht sehr persönlich.“

Das musste Emily erst mal verdauen. „Macht das den Kindern viel aus?“

„Es ist immer schwer, wenn ein Elternteil einen fallen lässt, oder?“

Sie nickte verständnisvoll, und Dan fragte sich, ob sie auch derartige Erfahrungen in ihrem Leben gemacht hatte.

„Tut mir leid, das wusste ich nicht“, sagte sie.

„Wie auch immer, es ist geplant, dass Brenda zwischen Weihnachten und Neujahr nach Hause kommt – sofern nicht wieder einmal etwas dazwischenkommt. In der Zwischenzeit wäre es mir lieb, wenn wir es hinkriegen würden, dass einmal am Tag alle gemeinsam an einem Tisch sitzen.“

Zum ersten Mal wurde Emily unsicher. „Ich bin keine Zauberkünstlerin, das ist Ihnen klar!?“

„Gestern hat es doch gut geklappt.“

„Eins muss jedenfalls klar sein – ich bin nicht bereit, jeder kleinsten Nörgelei nachzugeben.“

Dan wusste, dass er Ungewöhnliches von ihr verlangte. Gleichzeitig war seiner Meinung nach das gestrige Abendessen gerade deshalb so großartig verlaufen, weil es ungewöhnlich gewesen war. „Da können Sie ganz beruhigt sein. Wir sind nicht die Sorte Familie, die sich bedienen lässt. Und ich will auf keinen Fall eine solche Atmosphäre für meine Kinder schaffen.“

Emily schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Und was wollen Sie stattdessen?“

„Haben Sie jemals Kochkurse gegeben?“

„Ja.“

„Dann wissen Sie ja, dass sich am Ende des Kurses Koch und Kursteilnehmer an den Tisch setzen und das Essen gemeinsam genießen. Diese gesellige Stimmung möchte ich gerne beim Essen haben. Leider haben die Kinder das nie kennengelernt. Auch vor meiner Scheidung war das Essen bei uns eher eine beiläufige Sache. Sie müssten also praktisch einen Anfängerkurs starten.“

Weil er spürte, dass Emily eine Frau war, die genau wie er gern ungewohnte Wege beschritt, fuhr er fort: „Mir geht es nicht darum, dass Sie ein Essen kochen und es uns servieren, sondern vielmehr darum, dass – schon während Sie kochen – eine warme und entspannte Atmosphäre herrscht, dass die Kinder in die Küche kommen können, in die Töpfe gucken und Fragen stellen können. Sie sollen erfahren, dass Essen ein Genuss ist, und dass es Spaß macht, Lebensmittel zuzubereiten. Vielleicht lernen sie sogar kochen. Und Sie sollen mit uns essen wie eine Freundin, nicht wie eine Angestellte.“

Emily verzog das Gesicht. „Aber das bin ich doch.“

„Sicher, weil Sie für Ihre Arbeit bezahlt werden. Aber was die Kinder betrifft, die halten Sie für eine Freundin von Grady und Alexis McCabe, die uns hilft, das mit dem Essen auf die Reihe zu kriegen.“ Dann nannte er eine Gehaltssumme, bei der Emily große Augen bekam.

„Ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen. Allerdings ist es für mich keine verlockende Vorstellung mehr, tagein, tagaus für dieselbe Familie zu kochen.“

„Haben Sie das denn schon einmal gemacht?“

„Ja, eine Zeit lang, nachdem ich die Arbeit im Restaurant aufgegeben hatte. Aber dann entschloss ich mich, einen Cateringservice aufzumachen, weil mir das mehr liegt.“

Plötzlich hatte Dan das Gefühl, dass sie ihm etwas verheimlichte. Hatte Walt recht? Hätte er sich vorher über Emily erkundigen sollen, bevor er sie in sein Haus holte? Er entschied, dass das keine Rolle spielte. Er wollte Frieden in seiner Familie, und Emily schien ihm die einzige Person, die das fertigbringen konnte.

„Probieren Sie es doch einfach die paar Wochen bis zu Thanksgiving“, schlug er vor.

„In Ordnung“, sagte Emily zögernd, „aber dann müssen erst mal die Vorräte aufgefüllt werden.“

„Geben Sie mir am besten eine Einkaufsliste, dann besorge ich alles.“

„Mir wäre es lieber, wenn ich die Sachen selber aussuchen könnte. Es sei denn, Sie wissen genau, ob Gemüse und Obst frisch simd, und was den Unterschied zwischen Backnatron und Backpulver ausmacht.“

„Ist das nicht dasselbe?“

Emily verzog gequält das Gesicht. „Nein, ist es eben nicht.“

Dan musste über ihre drollige Miene lachen. „Wann können Sie anfangen?“

„Ich kann jetzt einkaufen gehen und heute Abend kochen.“

Dan konnte sich keinen schöneren Samstagabend vorstellen.

„Sonntags arbeite ich übrigens nicht!“, warnte Emily.

„Und was ist mit Montag? Machen Sie auch das Frühstück?“

„Was halten Sie davon, wenn wir erst mal mit dem Abendessen anfangen?“

„Okay“, sagte Dan. Immerhin hatte er sie schon so weit gekriegt. „Kann ich irgendwie helfen?“

Emily wühlte in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel. „Seien Sie einfach gegen vier Uhr heute Nachmittag da, um mir die Tür aufzumachen, damit ich mit dem Kochen anfangen kann.“

In Dans Ohren klang das wie Musik.

3. KAPITEL

Dan saß in seinem Arbeitszimmer und überarbeitete die Pläne für eine der Luxuswohnungen am Trinity River Place, als draußen ein Wagen vorfuhr. Er blickte aus dem Fenster und sah Emily aus ihrem Cateringbus steigen. Schnell stand er auf und ging ihr entgegen, überrascht, wie kühl es plötzlich geworden war. Und die dunklen Wolken am Himmel verhießen noch kälteres Wetter.

„Sieht aus, als bekämen wir einen Sturm“, sagte er zu Emily, die gerade den Kofferraum aufmachte.

Sie nickte und schüttelte sich vor Kälte, denn sie hatte lediglich Jeans und ihre rote Chefkochjacke angezogen. „Ich hätte mal lieber auf den Wetterbericht hören sollen.“

Dan verschlug es den Atem, als er die Masse an Lebensmitteln sah, die Emily eingekauft hatte.

„Wenn Sie einkaufen, sieht das vermutlich etwas anders aus, oder?“

Dan musste zugeben, dass zumindest Obst und Gemüse selten auf seinem Einkaufszettel standen. „Na ja, meistens kaufe ich nur Milch, Cornflakes und Fertiggerichte.“ Er nahm ihr eine der schweren Tüten ab. „Sie können mir ja die Tür aufhalten.“

„Okay.“ Sie nahm eine leichtere Tüte und ging voraus zur Haustür.

Vorsichtig, um sie nicht anzurempeln, schlängelte er sich an ihr vorbei, während sie die Tür aufhielt.

Als Emily für Dan die Küchentür aufmachte, seufzte sie resigniert und wirkte plötzlich sehr unzufrieden.

„Tut mir leid“, entschuldigte sich Dan in Anbetracht des Durcheinanders, das die Kinder veranstaltet hatten.

Emily wollte wieder hinausgehen, um die restlichen Sachen zu holen, doch er hielt sie am Arm fest. „Lassen Sie mich das machen. In Ihrem Zustand dürfen Sie nicht zu schwer tragen.“

Sie stemmte resolut die Hände in die Hüften. „Ach, das ist doch nur eins von diesen Ammenmärchen.“

„Wollen Sie mir etwa widersprechen?“, fragte Dan in scherzhaftem Ton. Er ließ seinen Blick über ihr windzerzaustes Haar und ihre geröteten Wangen schweifen und blieb an ihren faszinierenden blauen Augen hängen.

Unter ihren langen schwarzen Wimpern sah sie ihn schelmisch an. „Das würde ich nie wagen.“

„Und kommen Sie bloß nicht auf die Idee, das dreckige Geschirr wegzuräumen, okay?“

„Aye, aye, Sir.“ Sie setzte sich auf den einzigen freien Stuhl in der Küche und wartete, bis er alles ausgeladen hatte.

„Wir haben noch einen Extrakühlschrank in der Garage“, sagte Dan angesichts der Masse von Lebensmitteln.

„Ja, den werden wir wohl brauchen.“ Emily verstaute die Tüten und Pakete in den Hängeschränken über dem Herd. Dann wischte sie mit einem Tuch die Anrichte ab, auf der noch die Reste vom Frühstück klebten.

Währenddessen sammelte Dan die herumstehenden Gläser und Teller ein und räumte sie in den Geschirrspüler. Dabei blieb sein Blick immer wieder an Emilys verführerischer Rückenansicht hängen, und er musste an sich halten, um nicht ihren entzückenden Po zu streicheln.

Außer den Geräuschen in der Küche war es absolut still im Haus. „Wo sind denn die Kinder?“, fragte Emily.

„Ava ist bei einer Freundin zum Lernen. Tommy ist mit seinen Kumpels joggen gegangen, und Walt hat Kayla zu einer Geburtstagsparty gefahren. Aber keine Sorge – sie werden pünktlich zum Abendessen um sechs hier sein.“

Emily warf ihm einen zweifelnden Blick zu. „Was haben Sie denn gerade gemacht, als ich gekommen bin?“

Dan stellte die Spülmaschine an. „Gearbeitet.“

„Warum machen Sie nicht einfach weiter? Ich komme hier sehr gut alleine zurecht.“

Dan kam es in den Sinn, dass sie sich vielleicht ebenso von ihm angezogen fühlte wie er von ihr, und dass sie genauso dagegen ankämpfte. Wahrscheinlich würde es gar nicht so leicht werden, ständig miteinander zu tun zu haben.

„Werfen Sie mich etwa aus meiner Küche?“, scherzte er.

Emily musterte ihn mit hintergründigem Blick. „Beim Kochen muss ich mich konzentrieren.“

Das musste er auch, denn wenn er noch länger hier bliebe, dann …

„Klar, das verstehe ich“, sagte er schnell und verschwand aus der Küche.

Die nächsten zwei Stunden musste Dan seine ganze Willenskraft aufbringen, um nicht zwischendurch einen Blick in die Küche – und natürlich auf Emily – zu werfen. Zumal ein derart verlockender Duft von dort kam, dass er kaum widerstehen konnte.

Musste er das denn? Schließlich war es seine Küche. Dumm nur, dass er Emilys verführerischer Nähe ebenso wenig widerstehen konnte. Irgendwie musste er das in den Griff kriegen, wenn sie nun täglich herkam. Zumindest so lange, wie sie für ihn arbeitete. Irgendwann, wenn alles reibungslos lief, könnte er sie vielleicht ein wenig umgarnen, doch im Moment war es ganz gut, dass Emily ihm Schranken setzte.

Also arbeitete er weiter an seinem Zeichentisch, und als die Familie tatsächlich kurz vor sechs eintrudelte, schärfte er allen ein, nicht in die Küche zu gehen, bis das Essen fertig war. Um sechs rief er alle zusammen.

Als sie gemeinsam die Küche betraten, blieb ihnen vor Staunen der Mund offen stehen.

Emily fragte sich, ob sie nicht zu viel Aufwand betrieben hatte. Das Leinentischtuch und die Stoffservietten waren eigentlich nichts Besonderes – die hatte sie aus ihrem großen Vorrat von zu Hause genommen. Den kleinen Strauß mit Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht hatte sie allerdings extra vom Bauernmarkt mitgebracht.

Auf dem Speiseplan stand heute in Buttermilch eingelegtes Brathähnchen mit Kartoffelbrei und gerösteten Maiskolben und als Nachtisch Pfirsichauflauf.

Doch wenn sie erwartet hatte, dass die Kinder von ihrem Essen begeistert sein würden, hatte sie sich gewaltig getäuscht. Lustlos stocherten sie auf ihren Tellern herum.

Dan und Walt hingegen verspeisten alles mit großem Appetit. Und da Emily Hunger hatte, aß sie ebenfalls mit.

Dan betrachtete seine Kinder mit dem vorwurfsvoll-verzweifelten Blick, den Emily schon kannte. „Was ist denn mit euch los?“, fragte er in gereiztem Ton.

Kayla zuckte die Achseln. „Ich habe schon so viel Geburtstagskuchen und Hotdogs gegessen.“

Dafür schien ihr Vater Verständnis zu haben.

Sein Blick ging zu Ava. „Ich habe zwei große Tassen heißen Kakao getrunken und bin noch total satt.“

Tommy gab als Grund an: „Ich bin ziemlich lange gelaufen, und danach hat man erst mal keinen Hunger. Wenn ich jetzt gleich reinhauen würde, käme alles wieder hoch, so wie bei Emily heute Morgen.“

„Bist du krank?“, fragte Kayla, und auch Walt sah Emily neugierig an.

Natürlich hatte Dan es seiner Familie noch nicht erzählt, das war Emily klar. Und vermutlich würde er es so bald auch nicht erzählen. Schade, denn bevor sie noch mehr Energie in diesen vorübergehenden Job investierte, hätte sie gerne gewusst, wie die Kinder die Nachricht auffassten.

„Ich bin schwanger“, platzte sie heraus. „Und morgens ist mir immer übel.“

Walt bedachte Dan mit einem vielsagenden Blick. Nach den Gesichtern um ihn herum zu urteilen, war er der Einzige, der sich nicht über Emilys Erklärung wunderte.

Kayla fing als Erste an zu reden. „Schwanger ist doch, wenn man ein Baby bekommt, oder?“

Dan nickte. „Richtig. Emily bekommt in ungefähr fünf Monaten ein Baby. Am Anfang haben schwangere Frauen meistens Probleme mit dem Magen. Das ist ganz normal.“

Er blickte sich um, als sei das alles absolut nichts Besonderes. Und anscheinend fanden seine Kinder auch nichts dabei, dass ihre neue Köchin schwanger war.

„Kann ich auf mein Zimmer gehen?“, fragte Ava. „Ich muss unbedingt noch für die Arbeit lernen.“

„Mir ist auch übel.“ Kayla hielt sich den Bauch. „Ich glaube, ich muss mich ins Bett legen.“

„Wir wollen heute Abend mit der Clique ins Kino gehen, und ich muss mich noch umziehen“, sagte Tommy.

Froh, dass alle ihre Nachricht so ruhig aufgenommen hatten, stand Emily auf. „Ich räume dann mal ab.“

Autor

Cindi Myers
Cindi Myers hat ein paar feste Überzeugungen: Liebe auf den ersten Blick gibt es wirklich; gute Schokolade und kühler Champagner passen fast immer; Leuten, die keine Tiere mögen, ist nicht zu trauen, und Gott muss ziemlich viel Humor haben. Außerdem ist sie davon überzeugt, dass es keinen besseren Job gibt,...
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Elizabeth Harbison
<p>Elizabeth Harbison kam erst auf Umwegen zum Schreiben von Romances. Nach ihrem Abschluss an der Universität von Maryland, ihrem amerikanischen Heimatstaat, arbeitete sie zunächst in Washington, D.C. als Gourmet-Köchin. 1993 schrieb sie ihr erstes Backbuch, danach ein Kochbuch, wie man besonders romantische Mahlzeiten zubereitet, dann ein zweites Backbuch und schließlich...
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