Bianca Exklusiv Band 352

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EIN BALL WIE IM TRAUM von CINDY KIRK
Wie sehr sehnt sich Adrianna danach, endlich Mutter zu werden! Doch dafür bräuchte sie einen Mann, der eine Familie mit ihr gründen will. Da bittet sie ausgerechnet Tripp Randall, in den sie schon ewig unglücklich verliebt ist, ihn zum Galaball zu begleiten …

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  • Erscheinungstag 19.08.2022
  • Bandnummer 352
  • ISBN / Artikelnummer 9783751510592
  • Seitenanzahl 512
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cindy Kirk, Carol Marinelli, Victoria Pade

BIANCA EXKLUSIV BAND 352

1. KAPITEL

Mit klopfendem Herzen beobachtete Adrianna Lee von der Tür aus die frischgebackenen Eltern, die sich liebevoll über ihr Neugeborenes beugten. Auch nach all den Jahren als Hebamme war das immer noch der schönste Lohn für ihre Arbeit.

Diesmal lag ihr die junge Familie besonders am Herzen, denn Betsy und Ryan waren Freunde von ihr. Wehmütig beobachtete sie, wie das Baby die winzigen Finger um den Zeigefinger des Vaters schlang. Sie wünschte sich so sehr, auch endlich Mutter zu werden – aber dafür brauchte sie erst mal einen Mann, der eine Familie mit ihr gründen wollte. Leider träumte sie nicht einfach von irgendeinem. Der Mann ihrer Träume hatte ein Gesicht und einen Namen: Tripp Randall. Und es gab ein kleines, aber nicht unerhebliches Problem: Er war nicht im Geringsten an ihr interessiert.

„Ich habe die guten Neuigkeiten gehört.“

Adrianna drehte sich um, als sie die tiefe Stimme hinter sich vernahm. Da stand er, der Mann, der ihr das Herz gestohlen hatte, als sie vierzehn war. Damals hatte er ihr geholfen, ein riesiges Bündel Zweige an den Straßenrand zu tragen. Er war auch mit siebzehn schon umwerfend attraktiv gewesen und hatte ihr mit einem einzigen Blick weiche Knie beschert. Nur war er leider damals der feste Freund der Nachbarstochter gewesen – und damit unerreichbar für Adrianna.

Heute war er der Klinikchef vom Krankenhaus in Jackson Hole, Witwer und immer noch ein schöner, aber aussichtsloser Traum.

Tripp stellte sich neben sie und fragte leise. „Wie ist es gelaufen?“

„Besonders gut“, erwiderte Adrianna stolz. „Der Kleine ist kerngesund, und Betsy musste sich nicht sehr anstrengen.“

„Glaub ihr kein Wort“, rief Betsy vom Bett her. „Es heißt nicht umsonst Wehen.“

„Ich hab mir ganz schöne Sorgen gemacht, obwohl Adrianna immer wieder meinte, alles liefe normal“, fügte Ryan hinzu.

Adrianna spürte, wie Tripp fast unmerklich zusammenzuckte. Er kannte die Risiken einer Schwangerschaft aus eigener Erfahrung, denn er hatte seine Frau Gayle und ihr ungeborenes Kind vor drei Jahren bei einer Frühgeburt verloren.

Sie hob die Hand, um sie tröstend auf seinen Arm zu legen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders.

„Ich freue mich für euch beide“, sagte Tripp herzlich. Seine Stimme verriet nichts von den traurigen Erinnerungen, die ihn zweifellos in diesem Moment eingeholt hatten. „Habt ihr schon einen Namen ausgesucht?“

„Nathan“, erklärte Betsy strahlend.

„Nate Harcourt.“ Tripp ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. „Das ist ein guter Name für einen Rodeoreiter.“

Betsy warf ihrem Mann, der professioneller Rodeoreiter gewesen war, bevor er ihr zuliebe den gefährlichen Beruf aufgegeben hatte, einen entsetzten Blick zu.

„Keine Sorge, Liebes, da haben wir noch viel, viel Zeit“, sagte Ryan und streichelte seiner Frau beruhigend die Schulter, während er stirnrunzelnd zu Tripp hinüberblickte.

„Na komm“, sagte Adrianna und legte diesmal Tripp doch die Hand auf den Arm. „Lassen wir die beiden ein bisschen mit ihrem Sohn allein, bevor du seine Karriere planst.“

Tripp gratulierte den beiden noch hastig, dann zog ihn Adrianna auf den Flur und schloss die Tür hinter ihnen.

„Hey, wenn du mit mir allein sein willst, musst du nur fragen.“

Das schelmische Funkeln in seinen Augen brachte Adrianna zum Lächeln und ließ sie ihre Strafpredigt vergessen. Tripp hatte einen ansteckenden Humor, und dazu sah er auch noch umwerfend gut aus. Sein blondes Haar reichte ihm bis zum Kragen und war kunstvoll verwuschelt – eine ständige Einladung, die Finger darin zu vergraben. Sein Dreitagebart unterstrich sein jungenhaftes, etwas verwegenes Aussehen.

Wenn man Tripp im Wally’s sah, einer beliebten örtlichen Bar, wo er in Jeans und Cowboystiefeln vor einer Flasche Bier saß, konnte man sich kaum vorstellen, dass er der Chef einer Klinik mit einem Millionenbudget war. Doch seine Leistungen waren beeindruckend. Obwohl er die Position erst seit einem Jahr innehatte, fanden seine innovativen Ideen überall Anklang.

Sie waren erst ein paar Schritte den Flur hinuntergegangen, als eine Krankenschwester wegen einer Unterschrift auf sie zukam. Während Adrianna das Rezept unterschrieb, fiel ihr auf, wie die Schwester mit Tripp flirtete.

„Wir sehen Sie nicht oft auf der Wöchnerinnen-Station, Mr Randall“, flötete die frisch geschiedene junge Frau mit gekonntem Augenaufschlag.

Offenbar hatte sie es auf Tripp abgesehen. Adrianna verstand sie nur zu gut. Tripp trug den cremefarbenen Armani-Anzug, der ihr so gut gefiel, und die blaue Krawatte, die seine ebenfalls blauen Augen leuchten ließ. Und er roch wunderbar. Schon allein der würzige Duft seines Aftershaves konnte eine Frau schwach werden lassen.

„Was führt Sie denn heute her?“ Die Schwester hatte es offenbar nicht eilig, zu ihren Patienten zurückzukehren.

„Freunde von mir sind Eltern geworden.“ Er warf Adrianna einen langen Blick zu. „Und ich wollte Ms Lee ein Angebot machen.“

Die Schwester wirkte enttäuscht, doch das schien Tripp gar nicht aufzufallen.

„Nun ja, wenn ich mal irgendwas für Sie tun kann, melden Sie sich einfach“, sagte sie.

Ihre Stimme hatte einen eindeutig zweideutigen Unterton, doch Tripp lächelte nur unverbindlich. Als die Kollegin von der Wöchnerinnen-Station von einer weiteren Krankenschwester herbeigewinkt wurde, nahm sie sich dennoch die Zeit für ein strahlendes Lächeln, bevor sie mit schwingenden Hüften davonging.

Adrianna bekämpfte ihren akuten Anflug von Eifersucht. Sie wartete, bis die andere außer Hörweite war und ließ dann ihren Ärger an Tripp aus.

Angebot? Ist dir kein unverfänglicheres Wort eingefallen? Jetzt denkt die Schwester wahrscheinlich, du willst mit mir schlafen.“

Überrascht blickte Tripp sie an, und Adrianna unterdrückte ein Stöhnen. Wenn das keine Freudsche Fehlleistung gewesen war!

„Ach was.“ Tripp wedelte wegwerfend mit der Hand. „Jeder weiß doch, dass wir nur Freunde sind.“

Bevor sie etwas sagen konnte, summte ihr Pager. Sie schaute aufs Display, das anzeigte, dass bei einer ihrer Patientinnen die Wehen eingesetzt hatten.

„Dann schieß mal los mit deinem Angebot, ich muss gleich weiter.“

„Am Samstag ist die Spendengala des Krankenhauses im Spring Gulch Country Club“, erklärte Tripp, als wüsste sie das nicht selbst. „Ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn wir zusammen hingehen.“

„Du fragst mich, ob ich mit dir zum Ball gehe? Warum?“

Adrianna gab sich keine Mühe, um den heißen Brei herumzureden. Seit seiner Rückkehr nach Jackson Hole hatten sie diese Diskussion in der einen oder anderen Form schon zu oft geführt.

Obwohl ihnen beiden die seltsame Anziehungskraft zwischen ihnen bewusst war, hatte er mehr als einmal klargestellt, dass er sie nur als gute Freundin sah. Beim letzten Mal hatte sie aus reinem Selbstschutz gelogen und ihm gesagt, ihr ginge es ebenso.

„Na ja, ich muss dort sein, und du solltest dich auch blicken lassen. Da können wir doch gleich zusammen hingehen.“

Faktisch stimmte das. Aber es gab jede Menge anderer Frauen, die für eine solche Einladung gemordet hätten.

„Warum ich?“, fragte sie, ehrlich erstaunt. „Warum gehst du nicht mit jemandem hin, mit dem es ein Date sein könnte?“

Allein die Worte auszusprechen, war eine Qual. Sie könnten ein Traumpaar sein … wenn er ihr nur eine Chance geben würde!

„Du bist eine schöne Frau“, erklärte Tripp eilig, als sie sich wieder in Bewegung setzte. „Jeder Mann wäre stolz darauf, dich an seiner Seite zu haben.“

Adrianna blieb stehen und stemmte die Hände in die Seite. „Das beantwortet aber meine Frage nicht.“

Diesmal redete er nicht drum herum. „Mit dir gibt es keine enttäuschten Erwartungen. Ich kann mich um die Spender kümmern, ohne mir Sorgen zu machen, dass ich dich vernachlässige. Umgekehrt genauso. Und wir haben doch immer Spaß zusammen, oder?“

Widerwillig nickte sie. Ja, sie hatten immer Spaß. Und sie war sehr gerne mit ihm zusammen. Aber diese reine Freundschaft reichte ihr nicht mehr. In ein paar Wochen wurde sie dreißig. Und sie hatte immer gehofft, dass sie in dem Alter einen Ehemann und ein paar Kinder haben würde.

Wenn sie sich allerdings weiter mit Tripp Randall abgab, würde daraus nie etwas werden. Sie musste ihm absagen. Schließlich würde auch eine Menge alleinstehende Männer den Ball besuchen. Es war also unklug, dort mit Tripp aufzutauchen. Es sei denn …

„Na gut“, sagte sie und hielt kurz den Atem an, als er ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. „Unter einer Bedingung.“

Er nahm ihre Hand und küsste den Handrücken. „Was immer du möchtest.“

Sie ignorierte das warme Kribbeln, das ihren Arm hinaufschoss, und blickte ihm lächelnd in die Augen. „Du musst mir versprechen, dich allen deinen Freunden vorzustellen, die Singles sind.“

Tripp fuhr sich mit dem Finger unter dem gestärkten Kragen entlang, der ihm die Luft abschnürte. Warum konnte das Krankenhaus keine Spendengala abhalten, auf der man in Jeans und Stiefeln auftauchen konnte statt im Smoking?

Halt durch, sagte er sich, und konzentrierte sich wieder auf den Monolog des grauhaarigen älteren Herren, der ihm seit einer Viertelstunde von den Erfolgen seiner Herefordrinderzucht erzählte.

„Glaub mir, dieser Bulle wird …“, fuhr der Rancher fort.

„Ich denke, Tripp kann sich denken, wie der Bulle sich macht“, unterbrach ihn seine Frau und schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. „Lass den armen Jungen mal wieder aus deinen Fängen, damit er sich um sein Mädchen kümmern kann.“ Sie deutete auf eine Gruppe von Freunden in der Nähe und zog ihren Mann mit sich fort.

Tripp nahm sich ein Glas Wein vom Tablett eines Kellners und blickte sich im großen Ballsaal des Country Clubs um. Der Raum bot mit seinen Kronleuchtern aus Hirschgeweihen und dem gemauerten Kamin ein rustikales Ambiente. Die Tanzfläche war von Blumenbuketts in Bodenvasen umgeben. Die meisten der festlich gekleideten Gäste kannte Tripp schon von klein auf.

Sein Blick fiel auf seine Eltern auf der Tanzfläche, und seine Mutter lächelte ihm herzlich zu. Es war gut, wieder zu Hause zu sein. Dass sein Vater, der früher den ganzen Tag auf dem Pferderücken zugebracht hatte, jetzt nur noch einige langsame Tanzschritte schaffte, war eine Sache. Dass er überhaupt noch unter ihnen weilte, erfüllte Tripp mit Dankbarkeit. Er bereute es nicht, dass er so lange an der Ostküste studiert hatte – aber er hätte viel früher nach Hause zurückkehren sollen.

So langsam wurde es Zeit, dass er der Tanzfläche auch mal einen Besuch abstattete. Es waren viele alleinstehende Ladies hier, doch der erste Tanz gehörte der Frau, mit der er gekommen war. Adrianna stand am Rand der Tanzfläche und unterhielt sich mit einer Ärztin.

„Sie haben einen Kennerblick“, sagte ein Mann neben ihm. „Sie ist das hübscheste Fohlen im Stall.“

Überrascht drehte Tripp sich um. Den Mann, der mit einem Whiskyglas neben ihm stand, kannte er nicht, obwohl er mit Mitte dreißig in seinem Alter war. Er konnte also nicht aus Jackson Hole stammen. Er war groß, gut gebaut und hatte das selbstbewusste Auftreten von jemandem, der es gewohnt ist, Befehle zu geben. Das dunkle Haar trug er in einem stylischen Kurzhaarschnitt, eine teure Rolex am Handgelenk. Das Auffallendste an ihm waren jedoch die stahlgrauen Augen.

Tripp streckte ihm die Hand hin. „Ich glaube, wir kennen uns noch nicht. Ich bin Tripp Randall, der Leiter der örtlichen Klinik.“

Der Fremde erwiderte den kräftigen Händedruck. „Winston Ferris.“ Sein Lächeln ließ strahlend weiße Zähne sehen. „Nennen Sie mich Winn.“

„Sind Sie neu in Jackson Hole?“

„Ja.“ Winn blickte wieder zur Tanzfläche. „Mein Vater ist seit zwei Jahren hier.“

Jim Ferris. Er gehörte erst seit einigen Jahren zu den Kuratoren der Klinik und hatte sich laut Tripps Vater seiner Einstellung als Klinikchef am meisten entgegengestemmt.

„Und, wollen Sie länger hier bleiben?“, fragte er Winn.

„Das weiß ich noch nicht.“ In Winns Augen trat ein lustvolles Glitzern. „Aber wenn sie dort mit mir in die Kiste steigt, würde ich drüber nachdenken.“

Tripp folgte seinem Blick. Neben der Tanzfläche stand jetzt eine Gruppe Frauen lachend zusammen. Winns Interesse hätte jeder der Schönheiten gelten können, doch Tripp wusste instinktiv, welches „Fohlen“ er meinte.

Als er vorher Adrianna abgeholt hatte, waren ihm bei ihrem Anblick sofort tausend Dinge eingefallen, die er lieber gemacht hätte, als auf einen Wohltätigkeitsball zu gehen. Dinge, über die er in Zusammenhang mit einer Frau, die nur eine gute Freundin war, nicht nachdenken sollte. Zumal sie auch eine gute Freundin seiner verstorbenen Frau gewesen war.

Selbst wenn Tripp wieder bereit gewesen wäre, mit einer Frau etwas anzufangen – Adrianna kam dafür auf keinen Fall in Frage. Sie erinnerte ihn viel zu sehr an seine Vergangenheit.

Trotzdem konnte er nicht leugnen, dass eine gewisse Anziehungskraft zwischen ihnen bestand. Als er sie heute Abend abgeholt hatte, war unbändiges Verlangen in ihm aufgestiegen. Am liebsten hätte er sie in die Arme gezogen und sie geküsst. Oder die Haarnadeln aus ihrer Hochsteckfrisur gezogen und die Hände in ihren seidigen Strähnen vergraben. Hätte ihr die schmalen Träger des verführerischen Kleides von den Schultern gestreift und zugesehen, wie es langsam zu Boden glitt …

„Wer ist sie?“

Winns Frage riss ihn aus seinen Fantasien. Eigentlich hätte er darüber erleichtert sein sollen, schließlich waren diese Gedanken in Zusammenhang mit Adrianna völlig unangebracht. Aber die Hartnäckigkeit des Fremden ärgerte ihn.

„Welche?“, fragte er gespielt gelangweilt.

„Die heiße Brünette. Die dieser brasilianischen Schauspielerin so ähnlich sieht.“

Gespielt gelassen trank Tripp einen Schluck Wein. „Adrianna Lee. Sie ist Hebamme an der Klinik.“

„Ist sie verheiratet?“

Der lüsterne Blick, mit dem Winn Adrianna geradezu auszog, gefiel Tripp ganz und gar nicht. Aber es nützte nichts, ihn anzulügen. Winn konnte die Wahrheit schnell selbst herausfinden.

„Nein“, antwortete er widerwillig.

„Das könnte eine interessante Nacht werden“, sagte Winn selbstgefällig lächelnd. „Eine Frage noch: Wissen Sie, ob Sie mit jemandem liiert ist?“

Tripp dachte an das Versprechen, dass er Adrianna gegeben hatte. Doch Winn war ein neuer Bekannter, kein Freund. Und selbst wenn er einer gewesen wäre – Adrianna hatte was Besseres verdient als einen Mann, der sie mit einem Pferd verglich.

„Ist sie mit jemandem liiert?“, wiederholte Winn. Seine grauen Augen glitzerten erwartungsfroh.

Tripp lächelte ihn freundlich an. „Allerdings“, erwiderte er. „Sie ist mit mir hier.“

2. KAPITEL

Adrianna spürte, dass Tripps Blick auf ihr ruhte, obwohl er fast am anderen Ende des Raums stand. Es war ihr „Tripp-Radar“, wie sie es nannte, wenn sie mit ihren Freundinnen sprach.

„Kennst du den Typen, mit dem Tripp sich unterhält?“, fragte sie Lexi Delacourt, mit der sie am Rand der Tanzfläche stand.

„Nein, leider nicht. Dabei sieht er verflixt gut aus. Oh, sie kommen in unsere Richtung.“

Die beiden Männer, Tripp groß und blond, der Fremde groß und dunkelhaarig, bahnten sich einen Weg durch die Menge. Und obwohl Tripps Bekannter tatsächlich sehr attraktiv war, ließ er Adrianna völlig kalt.

Was man von Tripp nicht sagen konnte. Als sie ihn heute in seinem schwarzen Smoking gesehen hatte, hatte sie mindestens ebenso starkes Herzklopfen gehabt wie am Abend des Schulabschlussballs. Leider hatte er damals Gayle aus dem Nachbarhaus zum Ball abgeholt, während Adrianna sich mit einer Packung Schokoladeneis auf ihr Zimmer zurückgezogen hatte. Seitdem hatte sie Tripp nie wieder so festlich gekleidet gesehen.

„Hallo, die Damen.“ Überraschenderweise küsste Tripp Adrianna nicht nur auf die Wange, sondern legte ihr auch den Arm um die Schultern. „Ich hoffe, wir stören nicht?“

Angesichts seiner unerwarteten Geste fehlten Adrianna die Worte, doch Lexi winkte lässig ab. „Nein, wir haben uns nur gerade über den Buchclub unterhalten. Nichts Wichtiges“, improvisierte sie.

Der Dunkelhaarige hob eine Augenbraue. „Was lesen Sie denn gerade?“

Der Wolkenatlas von …“

„David Mitchell“, ergänzte der Fremde für sie. „Ein Roman, der es schafft, sowohl kunstvoll als auch unterhaltsam zu sein.“

Lexi warf Adrianna einen Blick zu. „Deshalb hast du das Buch doch vorgeschlagen.“

„Ihnen hat es also auch gefallen?“ Der Fremde ließ seinen stahlgrauen Blick auf Adrianna ruhen.

„Ja, kann man so sagen.“ Lexi hatte recht, der Mann sah wirklich umwerfend aus. Und er strahlte ein angenehmes Selbstvertrauen aus. Trotzdem regte sich in ihr rein gar nichts.

Gib ihm eine Chance, sagte sie sich selbst. Manchmal braucht es eben ein bisschen Zeit, bis der Funke überspringt.

„Ich glaube, wir kennen uns noch nicht“, sagte Lexi höflich, als Tripp keinerlei Anstalten machte, sie einander vorzustellen. „Ich bin Lexi Delacourt, und das ist meine Freundin Adrianna Lee.“

„Winston Ferris.“ Der Mann streckte ihr die Hand hin. „Bitte nennen Sie mich Winn. Winston ist viel zu steif.“

„Und, ist Ihre Frau heute auch hier?“, fragte Lexi. Sie tat es offenbar für Adrianna, denn sie selbst war glücklich verheiratet.

„Ich bin ledig“, erwiderte Winn lächelnd. „Und zur Zeit auch nicht liiert.“

Zufrieden warf Lexi Adrianna einen vielsagenden Blick zu, den die so gut es ging ignorierte.

„Ferris?“, hakte Lexi nach. „Sind Sie vielleicht mit Jim verwandt?“

„Er ist mein Vater.“ Obwohl Winn mit Lexi sprach, ließ er die Augen nicht von Adrianna.

„Mein Mann war ein paarmal mit ihm golfen.“ Lexi trank einen Schluck Wein. „Offenbar ist er beim Putten unschlagbar.“

Winn lächelte nur und wandte sich an Adrianna. „Und Sie? Haben Sie einen Ehemann? Oder einen Freund?“

Wahrscheinlich hätte sie geschmeichelt sein sollen, dass dieser Mann an ihr interessiert war, doch seine direkte Art kam bei ihr nicht gut an. Außerdem war es nicht gerade gentlemanlike, sie so unverhohlen anzumachen, wo sie doch mit jemand anderem hier war. Es sei denn, Tripp hatte ihm gesagt, dass sie nur gute Freunde waren.

Sie warf Tripp einen Seitenblick zu.

„Ich habe doch gesagt, dass Adrianna mit mir hier ist“, erklärte der prompt. Adrianna traute ihren Ohren kaum. Nicht nur wegen des warnenden Untertons in seiner Stimme. Auch die Wortwahl war sehr zweideutig. Es klang, als wären sie tatsächlich ein Paar.

„Richtig.“ Winns Lachen klang ein wenig affektiert. „Wie konnte ich das vergessen?“

Tripp wandte sich Adrianna zu. „Wir sollten endlich mal tanzen.“ Er ließ den Arm von ihrer Schulter gleiten und nahm ihre Hand. Bevor er die Finger mit ihren verschränkte, streichelte er mit dem Daumen ihre Handfläche.

Adrianna bekam weiche Knie, als Tripp sie anlächelte. In seinen Augen stand eine Wärme – fast schon ein Feuer – das sie vorher noch nie gesehen hatte.

„Ja, ich würde sehr gern tanzen“, murmelte sie. Als sie sich nervös über die Lippen leckte, flackerte die Flamme in Tripps Augen höher.

„Schön, Sie kennengelernt zu haben“, rief sie über die Schulter, als Tripp sie zur Tanzfläche führte.

Dort zog er sie eng an sich. Sie passten perfekt zueinander. Trotz ihrer hohen Absätze war sie noch einen Kopf kleiner und konnte sich an den richtigen Stellen an ihn schmiegen. Wie es wohl wäre, wenn sie miteinander schliefen? Würden sie sich da auch so gut ergänzen? Sie verdrängte den Gedanken energisch. Dazu würde es nie kommen.

Andererseits hätte sie auch nie damit gerechnet, dass er mal ihre Hand halten würde. Oder sie auf die Wange küssen.

Als die Band eine langsame Version von „Embraceable You“ anstimmte, ein Lieblingslied ihrer Eltern, überkam sie Melancholie. Sie war neunzehn gewesen und aufs College gegangen, als ihre Eltern gestorben waren – an einer Kohlenmonoxidvergiftung, hervorgerufen durch einen blockierten Kaminabzug.

Adrianna hob den Kopf und blickte zu Tripp auf. „Weißt du, dass Gayle die Erste war, die mir nach dem Tod meiner Eltern ihr Beileid ausgesprochen hat?“

Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“

„Meine Eltern haben diesen Song geliebt.“ Sie seufzte ein wenig wehmütig. „Immer wenn er im Radio lief, haben sie alles stehen- und liegen lassen und dazu getanzt.“

Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sie noch immer vor sich sehen.

„Sie waren fünfzehn Jahre verheiratet und hatten die Hoffnung auf Kinder schon aufgegeben, als sie mich bekamen. Das war sicherlich eine Umstellung für sie, aber ich hatte eine wunderbare Kindheit.“

Ihre Probleme hatten erst nach ihrem Tod angefangen, auf dem College. Sie war so einsam gewesen, so naiv, dass sie den Lügen eines gut aussehenden Mannes geglaubt hatte. Dann war ihre Welt zusammengebrochen, und sie hatte niemanden mehr gehabt, nicht einmal mehr Freunde …

Seufzend legte sie den Kopf wieder an Tripps Brust und versuchte, die düsteren Gedanken zu verdrängen.

„Hattest du bisher einen schönen Abend?“, fragte er.

„Ja, es war ganz lustig.“ Als sie wieder aufblickte, zuckte sie leicht zusammen. Seine Lippen waren direkt vor ihren. Wenn sie sich ein klein wenig nach vorn beugte, würden sie sich küssen. Ein richtiger Kuss.

Ihr Herzschlag geriet ins Stottern. Auf einmal hörte sie die Musik nicht mehr.

Hatte sie je die winzigen goldenen Pünktchen in seinen blauen Augen bemerkt? Oder die ganz zarten Sommersprossen auf seinem Nasenrücken?

Tripps Augen wurden eine Spur dunkler. Seine Lippen näherten sich ihren. Voller Vorfreude hielt Adrianna den Atem an. Gleich …

„Ihr beide scheint euch gut zu amüsieren.“

Tripp blieb so unvermittelt stehen, dass Adrianna stolperte.

„Alles okay?“, fragte er, nachdem er ihr geholfen hatte, das Gleichgewicht wiederzufinden.

Sie nickte stumm.

„Tut mir leid, wir wollten euch nicht erschrecken.“

Als Adrianna sich umdrehte, stand sie Tripps Eltern gegenüber.

„Alles bestens, keine Sorge.“ Unwillkürlich wurde sie rot. Wie viel hatten die beiden gesehen? Aber Tripp hatte sie ja gar nicht wirklich geküsst.

„Sie sehen wunderbar aus heute Abend, Adrianna“, sagte seine Mutter herzlich. „Nicht wahr, Frank?“

„Eine Augenweide“, erwiderte Tripps Vater.

Erfreut lächelte Adrianna die beiden an. Sie waren sich bisher nur einmal begegnet, und das war Monate her. Trotzdem erinnerte sich Mrs Randall noch an ihren Namen.

„Schön, Sie beide wiederzusehen, Mr und Mrs Randall“, sagte sie, ehrlich erfreut.

„Bitte, sagen Sie doch Kathy und Frank.“ Kathys blaue Augen leuchteten genauso wie Tripps, und der stylische Bob ließ sie jünger wirken, als sie war. In ihrem schwarzen Kleid, mit den großen Diamantohrringen und einem passenden Collier sah sie sehr elegant aus. Ihr Mann, ein hoch gewachsener Rancher mit wettergegerbtem Gesicht, hatte in den letzten Jahren krankheitsbedingt viel Gewicht verloren und füllte seinen Smoking kaum aus.

„Hast du vorhin mit Jim Ferris’ Sohn gesprochen?“, fragte Frank seinen Sohn.

„Ja. Er heißt Winston.“ Tripp legte eine Hand unter Adriannas Ellenbogen, und sie verließen mit seinen Eltern die Tanzfläche. „Offenbar ist er gerade erst angekommen. Er hat nicht gesagt, ob er bleiben will.“

„Oh, er wird bleiben, keine Sorge“, antwortete Frank. „Er steckt mit GPG unter einer Decke. Bis jetzt hat er Golfplätze in Florida geplant. Jetzt will er mit der Unterstützung der GPG hier dasselbe tun.“

Die Investmentfirma GPG war seit einigen Monaten ein großes Thema in der Presse, weil sie offenbar vorhatte, jeden verfügbaren Zentimeter Land in Jackson Hole zu Profit zu machen. Umweltfragen spielten dabei kaum eine Rolle.

„Wie auch immer, damit kommt er nicht durch.“ Tripp schien das zu freuen. „Jeder Golfplatz, der hier gebaut wird, muss die Umweltauflagen erfüllen, die die Kreisaufsicht letztes Jahr erlassen hat.“

„Golf“, warf Adrianna naserümpfend ein. „Ich hab nie verstanden, was so toll daran sein soll, einen kleinen weißen Ball durch die Gegend zu schlagen.“

Frank öffnete den Mund und wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Kathy wirkte belustigt, und Tripp lachte leise.

„Angesichts der Tatsache, dass mein Vater früher jede freie Minute auf dem Golfplatz verbracht hat, hättest du auch mit einer roten Fahne vor einem Stier rumwedeln können“, sagte er in einem gespielten Flüsterton.

Adrianna wurde rot, doch sie hob das Kinn. „Nur meine Meinung.“

„Meine auch.“ Kathy zwinkerte ihr zu.

Eine Durchsage bat die Anwesenden, zum Dinner ihre Plätze einzunehmen. Zwei der Männer und eine Frau an ihrem Tisch gehörten zum Konsortium der Klinik, doch Adrianna ließ sich ihre Nervosität nicht anmerken und machte während des Essens gekonnt Small Talk. Den Nachtisch ließ sie stehen.

„Magst du keinen Käsekuchen?“ Tripp beugte sich so weit zu ihr, dass nur sie seine Worte hörte.

Sie hob eine Schulter und tat so, als ließe sie seine Nähe kalt. „Doch, aber ich bin wirklich satt.“

Kopfschüttelnd lächelte Tripp sie an. „Kein Wein. Kein Nachtisch. Ein Date mit dir ist ja nicht teuer.“

Es versetzte ihr einen Stich. Wenn es doch nur ein richtiges Date wäre …

„Was denkst du?“, fragte er.

„Dass es ein wirklich schöner Abend ist.“

„Überrascht dich das?“

„Ja, eigentlich schon“, erwiderte sie geradeheraus. „Normalerweise finde ich solche Wohltätigkeitsveranstaltungen eher zäh.“

Er strich ihr mit dem Finger eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst hatte. „Du hast Spaß, weil du mit mir hier bist.“

Obwohl sie die Augen verdrehte, musste sie ihm heimlich recht geben.

Als die Musik wieder einsetzte, schob Tripp seinen Stuhl zurück und reichte ihr die Hand. Ein heißes Kribbeln schoss ihren Arm hinauf, als sie ihre Hand in seine legte.

„Sie spielen wirklich schöne Songs heute“, sagte sie.

Plötzlich stand Winn vor ihr. Er lächelte sie strahlend an und ignorierte Tripp völlig. „Darf ich Sie um diesen Tanz bitten, Ms Lee?“

Obwohl er selbstsicher wirkte, verriet ihr etwas in seinem Blick, dass das nur gespielt war. Das wiederum konnte sie ihm nachfühlen, und wegen dieser Gemeinsamkeit schenkte sie ihm ein herzliches Lächeln.

„Tut mir leid, die Dame steht nicht zur Verfügung. Sie hat bereits alle Tänze mir versprochen.“ Tripps blaue Augen schossen eisige Blitze.

„Lassen Sie die beiden tanzen, Junge.“ Wie aus dem Nichts tauchte Jim Ferris auf und legte Tripp eine Hand auf die Schulter. „Ich wollte sowieso einige wichtige Dinge mit Ihnen besprechen. Das ist eine gute Gelegenheit.“

Adrianna war ein wenig enttäuscht angesichts der unerwarteten Wendung. Doch nun musste sie sich schnell etwas einfallen lassen, damit weder Tripp noch Winn das Gesicht verloren.

„Ich tanze sehr gern mit Ihnen“, sagte sie lächelnd zu Winn. „Und der Tanz danach gehört wieder dir“, fügte sie zu Tripp gewandt hinzu.

Tripp beugte sich zu ihr hinunter, und einen Moment lang dachte sie, er würde sie küssen. Stattdessen drückte er ihre Hand fester.

„Der nächste und alle anderen danach.“ Sein Tonfall duldete keinen Widerspruch.

„Natürlich.“ Träumte sie? Sie hatte keine Ahnung, was heute mit Tripp los war, aber es war wirklich eine wunderbare Abwechslung.

Als Winn ihren Arm nahm und sie zur Tanzfläche führte, spürte sie Tripps Blick in ihrem Rücken. Sie unterdrückte ein Lächeln und ließ ihre Hüften ein wenig mehr schwingen als sonst.

Tripp stand am Rand der Tanzfläche und unterhielt sich mit einigen Spendern, um sich so gut es ging von der romantischen Musik abzulenken, die die Band angestimmt hatte. Doch das Gespräch mit den beiden älteren Herren war nur Tarnung, damit er so oft wie möglich zu Adrianna hinüberschauen konnte, während sie mit Winn tanzte.

Das „wichtige“ Gespräch mit Jim hatte nur so lange gedauert, bis die beiden auf der Tanzfläche angekommen waren. Offenbar hatte der alte Herr nur eingegriffen, damit sein Sohn bekam, was er wollte.

Und der wollte offenbar Adrianna. Kein Wunder, sie war ja auch eine Schönheit. Die Kombination ihrer kastanienbraunen Haare und unglaublich grünen Augen war schon allein ein Hingucker, doch dazu kamen noch ihre fantastische Figur und ihre klaren, zeitlos schönen Gesichtszüge. Und sie war sich ihrer Vorzüge überhaupt nicht bewusst. Offenbar hatte sie als Kind geglaubt, ein hässliches Entlein zu sein, und war erst im College so richtig aufgeblüht.

Tripp war sie allerdings schon aufgefallen, als sie noch auf die Highschool ging. Und er hatte den Fehler gemacht, das Gayle gegenüber zu erwähnen. Sie war vollkommen ausgerastet. Es war der erste von vielen Streits gewesen, den ihre unbegründete Eifersucht ausgelöst hatte. Sogar jetzt bekam er noch Schuldgefühle, weil es ihm auffiel, wie perfekt Adriannas üppige Brüste das Kleid ausfüllten.

Als er wieder zu ihr hinübersah, schaute sie ihn an.

Nicht Winn.

Ihn.

Tripp lächelte ihr zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder den Spendern zuwandte. Doch er dachte weiter an Adrianna und wie viel ihre Freundschaft ihm bedeutete. Ihre Emails hatten ihm in der dunklen Zeit nach dem Tod seiner Frau sehr geholfen. Daraus hatte sich mit der Zeit eine Vertrautheit entwickelt, die auch bestehen blieb, als er seine Trauer langsam überwand. Sie hatten sich weiter per Mail Gedanken und Gefühle anvertraut, die sie sich persönlich niemals gesagt hätten.

Doch als er schließlich nach Jackson Hole zurückgekehrt war, hatte sich die Dynamik geändert. Er und Adrianna hatten weitgehend denselben Freundeskreis. Und all diese Freunde waren dabei, Familien zu gründen, und schienen zu glauben, sie beide wären das perfekte Paar.

Dabei fühlte sich für ihn die vertraute Nähe zwischen ihnen falsch an, seit er wieder zu Hause war. Oft glaubte er sogar, Gayles Stimme zu hören, die sagte: „Siehst du, ich hatte doch recht. Du hast dich immer zu ihr hingezogen gefühlt.“ Was damals nicht gestimmt hatte, mittlerweile aber der Wahrheit entsprach.

Als Tripp seinen Freunden erzählt hatte, dass er zu beschäftigt war für eine neue Beziehung, hatten die meisten geglaubt, er hätte den Tod seiner Frau und ungeborenen Tochter noch nicht überwunden. Tatsächlich jedoch war er mehr als bereit für etwas Neues. Allerdings konnte er der einzigen Frau, die ihn wirklich interessierte, nicht sagen, was er für sie empfand – weil seine verstorbene Frau schon immer eifersüchtig auf sie gewesen war. Zu dumm.

Also blieb er bei seiner Geschichte, zu wenig Zeit zu haben, was ja auch stimmte. Neben seinem nervenaufreibenden Job musste er sich noch um seinen Vater kümmern, bei dem im vorigen Jahr bösartiger Hautkrebs festgestellt worden war.

Es hatte also wirklich andere Sorgen.

Trotzdem war er dankbar, dass Adrianna heute mit ihm zum Ball gegangen war. Doch als er bemerkte, dass Winn mittlerweile Adriannas Rücken streichelte, stieg Ärger ihn ihm auf. Hatte er noch nicht deutlich gesagt, dass Adrianna mit ihm hier war?

Winn hatte es sogar so verstehen müssen, dass sie ein Paar waren – aber das konnte er später noch aufklären. Sobald er diesen Kerl von Adrianna weggezerrt hatte.

Es mochte an der recht vollen Tanzfläche liegen, dass Winn sie so eng an sich heranzog, doch das war wohl nicht der einzige Grund. Adrianna war bewusst, dass Tripp sie nicht aus den Augen ließ, und offenbar wollte Winn ihm etwas beweisen.

Sie selbst musste sich sehr zusammennehmen, um sich auf Winn zu konzentrieren und nicht die ganze Zeit zu Tripp hinüberzuschauen. Jedes Mal, wenn sich ihre Blicke trafen, schlug ihr Herz schneller. Aber es war geschmacklos, mit einem Mann zu flirten, während man mit einem anderen tanzte.

„Als Hebamme können Sie doch sicherlich überall arbeiten …“

Mitten im Satz senkte er den Blick auf ihr Dekolleté. Adrianna wartete geduldig. Sie würde nicht antworten, solange er mit ihren Brüsten sprach.

Schließlich blickte er wieder auf. „Wieso haben Sie sich bei so viel Auswahl ausgerechnet für Jackson Hole entschieden?“

Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Frage hörte, aber sie überraschte sie immer wieder. Konnte es einen schöneren Ort geben als diese Stadt, die von den majestätischen Teton-Bergen umgeben war?

„Was gefällt Ihnen hier denn nicht?“, fragte sie mit einem rauen Lachen.

Winn lächelte leicht. „Nun ja, es ist ein bisschen klein, nicht?“

„Deshalb mag ich es ja.“ Sie freute sich immer, wenn sie die Kinder, die sie auf die Welt gebracht hatte, Jahre später im Supermarkt oder in der Eisdiele traf. „Außerdem bin ich hier groß geworden. Es ist meine Heimat.“

„Also kennen Sie Tripp schon sehr lange“, sagte er nachdenklich.

Nicht ganz so lange, wie Winn vielleicht dachte, aber das würde sie niemals zugeben. „Richtig.“

„Mein Vater hat erzählt, dass Tripp Witwer ist.“ Winns Bedauern klang echt. Er übertrieb es vielleicht ein wenig mit dem Selbstbewusstsein, doch tief in Innern war er wohl ein guter Kerl. Wirklich schade, dass der Funken bei ihr so gar nicht überspringen wollte.

„Seine Frau war eine Freundin von mir.“ Wie immer versetzte ihr die Erinnerung einen Stich. „Sie war wunderbar.“

„Oh, ich hatte keine Ahnung.“ Winn hob eine Augenbraue. „Ist das nicht eine komische Situation?“

„Wieso?“

„Tripp Randall hat Ihre Freundin geheiratet. Jetzt, wo sie nicht mehr ist, wendet er sich Ihnen zu.“ Winn beobachtete ihre Reaktion. „Sie haben es nicht verdient, zweite Wahl zu sein.“

Offenbar hatte Winn missverstanden, in welcher Beziehung sie zu Tripp stand. Das ließ sich mit wenigen Worten aufklären. Doch Adrianna zögerte. Irgendetwas ging hier vor sich.

Sie hob das Kinn und blickte ihn von unten herauf an. „Wenn Sie mich besser kennen würden, wüssten Sie, dass ich mich niemals mit dem zweiten Platz zufriedengebe.“

Ein Funkeln trat in seine Augen. „Ich finde Selbstbewusstsein sehr sexy. Und ich bin ein Mann, der eine Herausforderung liebt.“

„Welche Herausforderung?“

„Solange eine Frau keinen Ehering trägt, darf man um sie werben. Jedenfalls ist das meine Meinung.“ Er strich mit der Hand langsam über ihren Rücken.

Seine Berührung war ihr unangenehm. Am liebsten hätte sie sich ihm entzogen – oder ihm einen Klaps auf die Hand versetzt.

„Wie eng ist Ihre Beziehung zu Tripp Randall?“, flüsterte er nah an ihrem Ohr. Sie spürte seinen heißen Atem. „Gibt es die geringste Chance, dass ein anderer Mann …“

„Ich glaube, das ist mein Tanz.“

Adrianna konnte es nicht fassen, als Tripp sie sanft, aber nachdrücklich aus Winns Armen zog. Seltsamerweise protestierte Winn nicht.

„Danke für den Tanz“, sagte sie höflich lächelnd.

„Es war ein guter Anfang“, erwiderte er und zwinkerte ihr zu. „Ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen und Sie besser kennenzulernen.“

„Was sollte das denn heißen?“ Tripp zog sie an sich und machte die ersten sicheren Schritte.

„Was meinst du?“

„Gehst du etwa mit ihm aus?“

Sein Tonfall gefiel ihr nicht. Sie hatte endlich akzeptiert, dass er nur Freundschaft wollte, auch wenn sie sich selbst lange mehr gewünscht hatte. Wieso tat er jetzt so, als hätte sie etwas falsch gemacht, wenn sie mit einem anderen Mann flirtete?

Du kannst nicht beides haben, Tripp Randall.

„Vielleicht. Wenn er mich fragt.“

Tripp presste die Lippen aufeinander. „Ich traue ihm nicht.“

„Du kennst ihn doch gar nicht“, erwiderte Adrianna gelassen.

„Du auch nicht“, erwiderte er heftig.

„Aber deshalb geht man doch miteinander aus, oder? Um sich besser kennenzulernen?“ Es ging ihr ums Prinzip, deshalb sagte sie ihm nicht, dass sie gar kein Interesse an Winn Ferris hatte.

„Findest du es denn in Ordnung, dass er sich so an dich ranmacht, obwohl er denkt, wir wären zusammen?“, murmelte er.

„Winn meinte, jede Frau sei Freiwild, so lange sie nicht verheiratet ist.“ Sie klang etwas atemlos. Jedes Mal, wenn einer seiner Finger sich auf ihre nackte Haut oberhalb des Kleids verirrte, hätte sie am liebsten die Augen geschlossen und genüsslich geseufzt.

„Und du bist seiner Meinung?“ Seine raue Stimme war dicht an ihrem Ohr.

„Nein. Ja. Keine Ahnung.“ Wenn er ihr so nahe kam, konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. „Aber wir beide sind ja nicht zusammen, deshalb kann es dir doch egal sein, mit wem ich ausgehe, oder?“

„Du bist mir wichtig, Anna.“

Adrianna hatte das Gefühl, die Zeit blieb stehen, als Tripp ihr tief in die Augen blickte. „Ich werde einen guten Mann für dich finden.“

Sie erstarrte und schob ihn ärgerlich ein Stück von sich weg. Ihr einziges Problem mit Männern war, dass sie sich ausgerechnet zu dem einen hingezogen fühlte, der nichts von ihr wissen wollte. Was fiel ihm ein, ihr Privatleben managen zu wollen?

„Du kannst mich gern deinen Freunden vorstellen, aber von da an komme ich dann schon alleine klar.“

„Du bist seit Monaten mit niemandem ausgegangen.“

„Ja, und? Ich habe erst letzte Woche entschieden, dass sich das ändern wird. Von jetzt an lasse ich nichts mehr anbrennen.“

Tripp runzelte die Stirn. „Du solltest aber nichts überstürzen.“

Es klang ehrlich besorgt, und ihr Ärger verflog.

„Du hast gut reden“, murmelte sie. „In ein paar Wochen werde ich dreißig. Wenn ich einen Mann und Kinder will, muss ich mich langsam sputen. Wer weiß, vielleicht ist ja Winston Ferris mein Schicksal.“

Tripp zog sie wieder enger an sich. „Nie im Leben.“

„Tja, ich denke, wir werden früher oder später sehen, wer von uns beiden recht hat“, sagte sie leichthin.

Tripp unterdrückte einen Fluch. Hatte er gerade richtig gehört? Winston Ferris war definitiv nicht Adriannas Schicksal, das wusste er ganz sicher.

Während er den verführerischen Duft ihres Parfums einatmete und hin und wieder einen Blick auf ihre wohlgerundeten Brüste erhaschte, wurde ihm klar, warum er so besorgt war. Adrianna wirkte vielleicht wie eine Frau von Welt, doch das war nur Fassade. Er kannte ihr Geheimnis. Wenn es um Männer ging, war sie sehr unschuldig. Und Winn hatte nicht vor, Adrianna zu heiraten. Er wollte sie einfach nur ins Bett bekommen und würde sie hinterher fallen lassen.

„Ich will mich nicht mit dir streiten“, sagte Adrianna mit einem kleinen, verlegenen Lachen.

„Ich auch nicht“, erwiderte er, gerührt von dem bangen Ausdruck in ihren grünen Augen.

Für den Rest des Tanzes und die nächsten erwähnte er Winn Ferris nicht mehr. Sie unterhielten sich angeregt, und Tripp fiel wieder einmal auf, wie viel sie gemeinsam hatten.

Nach einer schnellen Salsa erklärte Adrianna, sie habe Durst, und er führte sie zu einer der Bars. Da sie in Rufbereitschaft war und keinen Alkohol trinken durfte, bestellte er ein Ginger Ale für sie und für sich selbst ein Bier. Als sie ihre Gläser bekommen hatten, mischten sie sich wieder unters Volk – und begegneten Merlin Back, einem der Kuratoren der Klinik. Er hatte auch an ihrem Tisch gesessen. Leider war er jetzt nicht mit seiner reizenden Frau unterwegs, sondern mit Jim Ferris.

Tripp bemerkte den kurzen Blickwechsel zwischen den beiden älteren Männern, dann sagte Merlin: „Das sind ja tolle Neuigkeiten, Tripp. Und du hättest dir keine bessere Frau aussuchen können als Adrianna, um in den Hafen der Ehe einzulaufen.“

„Ja, Sie sind ein Glückspilz“, ergänzte Jim.

Tripp merkte, wie Adrianna neben ihm zusammenzuckte, aber sie sagte kein Wort. Offenbar wollte sie es ihm überlassen, das Missverständnis aufzuklären.

Sei diplomatisch und taktvoll, sagte er sich. Merlin darf sich nicht dumm vorkommen und Adrianna nicht gekränkt sein.

Während er noch nach den richtigen Worten suchte, erklärte Jim: „Ich halte nächsten Sonnabend ein Barbecue, um meinen Sohn in Jackson Hole willkommen zu heißen. Die anderen Kuratoren und einige aus dem Ärzteteam sind auch eingeladen. Ihre Eltern kommen bestimmt auch, Tripp. Ich hoffe, ich darf mich auf Sie und Adrianna freuen.“

Tripp zögerte. Wenn er nicht mit Adrianna hinging, würde Winn es tun. Da konnte er sie gleich den Wölfen vorwerfen.

Sie bedeutete ihm zu viel – rein freundschaftlich, natürlich –, um das zuzulassen.

„Ich glaube, am Samstag steht nichts im Kalender.“ Er blickte zu Adrianna. „Oder hatten wir schon irgendwas geplant?“

„Nein.“ Sie räusperte sich dezent. „Ich bin frei.“

„Sehr schön“, sagte Jim. „Mein Sohn ist zwar enttäuscht, dass diese wunderbare junge Lady nicht mehr zu haben ist, aber ich freue mich auf Sie beide.“

Adrianna lächelte weiterhin höflich, aber sie gab ihm einen unauffälligen Rippenstoß. Und sie hatte ja recht: Er musste die Sache aufklären.

Gerade wollte er anfangen, als er aus dem Augenwinkel Winn näher kommen sah. Lächelnd legte Tripp einen Arm um Adriannas Schultern. „Ich schätze mich auch sehr glücklich, sie in meinem Leben zu haben.“

3. KAPITEL

Am Freitagvormittag hatte Adrianna frei, und sie überlegt hin und her, ob sie Tripp nicht doch noch absagen sollte. Sosehr ihr seine plötzliche Aufmerksamkeit auf der Spendengala geschmeichelt hatte, sie musste sich eingestehen, dass es nur ganz normales Platzhirschgehabe gewesen war. Winn hatte Interesse an ihr gezeigt, und Tripp hatte darauf reagiert. Das war alles.

Und wie sollte sie jemals den Mann fürs Leben finden, wenn sie ständig mit Tripp unterwegs war? Andererseits würde Winn ja auch auf dem Barbecue sein, und das gab ihr Gelegenheit, mehr über ihn zu erfahren, ohne direkt mit ihm auszugehen.

Als sie zur Mittagszeit die Klinik betrat, ohne eine Entscheidung getroffen zu haben, nahm sie sich vor, nach Dienstschluss eine Liste zu machen, was dafür und was dagegen sprach. Wenn sie sich dann entschloss, Tripp abzusagen, hatte er immer noch vierundzwanzig Stunden Zeit, jemand anderen zu finden, mit dem er zum Barbecue ging.

Als hätten ihre Gedanken ihn herbeigezaubert, begegnete sie Tripp in der Eingangshalle der Klinik.

„Hallo, schöne Frau. So spät zum Dienst heute?“, fragte er.

„Es war mein freier Vormittag“, erwiderte sie. „Und du machst so früh Feierabend?“

„Ich bin geschäftlich zum Essen verabredet. Das Barbecue morgen fängt übrigens um sieben an. Ich dachte mir, dass ich dich so gegen halb sieben abhole?“

Mir ist etwas dazwischengekommen. Das wollte sie zumindest sagen. Die Formulierung in ihrem Kopf klang allerdings verdächtig nach: „Klingt gut.“ Oh nein. „Ich meine …“

„Wunderbar.“ Er lächelte sie warm an. „Ich freue mich sehr auf morgen Abend. Tut mir leid, ich muss los, ich bin mit einem der Kuratoren verabredet.“

Und schon war er fort.

Sprachlos blieb Adrianna zurück. Die Liste erübrigte sich jetzt wohl. Sie würde morgen mit Tripp zum Barbecue gehen. Hoffentlich war das nicht die falsche Entscheidung.

Als Adrianna am nächsten Abend die Tür öffnete, stand Tripp in schicken Jeans und einem blauen Hemd vor ihr, das seine Augen noch blauer wirken ließ. Sie versuchte, ihr Herzklopfen zu ignorieren, und bat ihn herein.

Obwohl sie in der Freizeit selten Hosen trug, hatte sie sich angesichts eines Barbecues im Freien doch für eine eng sitzende Jeans entschieden und mit einem vorne und hinten tief ausgeschnittenen smaragdgrünen Top kombiniert.

„Ich hab noch nie jemanden gesehen, der in Jeans so hübsch aussieht“, sagte Tripp anerkennend.

Ein wohliger Schauer überlief sie. „Das könnte ich von dir auch sagen.“

„Hübsch? Lieber Himmel, hoffentlich nicht“, wehrte Tripp lachend ab. „Du bist lustig. Irgendwie unberechenbar.“

„Sonst wär’s ja auch langweilig.“ Sie zwinkerte ihm zu.

Sie gingen nebeneinander zu Tripps Wagen, ohne sich zu berühren. Er hielt ihr die Tür auf, half ihr aber nicht beim Einsteigen. Genau wie es sein sollte, dachte sie. Je weniger er sie berührte, desto besser bekam sie ihre Gefühle in den Griff.

„Weißt du, wer sonst noch kommt?“, fragte sie, als er losgefahren war. „Irgendjemand, den wir kennen?“ Wir? Lieber Himmel. Wenn jemand sie hörte, musste er denken, sie wären tatsächlich ein Paar.

Tripp schien ihre Wortwahl jedoch nicht bemerkt zu haben, denn er antwortete ganz selbstverständlich: „Ich glaube, Nick und Lexi kommen. Und David und July werden wohl auch da sein.“

David war der medizinische Klinikleiter und seine Frau Judy wie Lexi ebenfalls mit Adrianna befreundet. Allerdings war es Tripp, der – obwohl er erst ein Jahr wieder in Jackson Hole war – in diesem Freundeskreis fest verankert war. Adrianna fühlte sich in Gruppen nicht so wohl.

„Ob Winn wohl auch da ist?“, fragte sie, als Tripp auf die lange Auffahrt zur Ranch einbog.

Er warf ihr einen Seitenblick zu. „Würde dich das freuen?“

„Weiß ich nicht genau“, erwiderte sie ehrlich. „Wir sind nicht so richtig warm miteinander geworden – aber es waren ja auch nur ein paar Minuten.“

„Dann bist du also nach wie vor auf Männersuche?“

Sein Tonfall verriet, was er davon hielt. Aber das brauchte sie nicht zu kümmern. Schließlich ging ihr Privatleben ihn nichts an.

„So würde ich das nicht nennen, aber ich hoffe schon, endlich den Richtigen zu finden.“ Wieso sollte sie sich dafür entschuldigen, dass sie heiraten und eine Familie gründen wollte? „Oder macht es dir Spaß, jeden Abend allein zu Hause zu sitzen?“

„Nicht wirklich“, gab er zurück. „Aber im Moment habe ich so viel um die Ohren, dass mir einfach keine Zeit für eine Beziehung bleibt.“

Wir nehmen uns Zeit für das, was uns wichtig ist, dachte sie. Beinah hätte sie es ausgesprochen, doch dann biss sie sich auf die Zunge. Es war offensichtlich, dass Tripp noch nicht über Gayles Tod hinweg war. Zu wissen, dass keine Frau jemals an das heranreichen konnte, was er an Gayle gehabt hatte, tröstete sie ein wenig über sein Desinteresse an ihr hinweg.

„Es ist bestimmt nicht leicht für dich“, sagte sie leise. „Wenn man das Beste hatte, muss es schwer sein, sich mit weniger zufriedenzugeben.“

Tripp sagte nichts dazu, sondern stieg aus und öffnete ihr von außen die Beifahrertür. Nebeneinander gingen sie zum Eingang.

„Jim Ferris denkt, dass wir zusammen sind“, bemerkte er dabei beiläufig.

„Zusammen auf dem Barbecue, meinst du.“

„Nein. Er glaubt, wir hätten eine Beziehung. Ich hätte das Missverständnis wohl aufklären sollen …“

„Und warum hast du es nicht getan?“

„Keine Ahnung. Ich wollte ihn nicht bloßstellen, denke ich. Und auch nicht verärgern.“

Tripp blieb am Fuß der Holztreppe stehen, die zu der weitläufigen Veranda hinaufführte. „Wusstest du, dass Jim versucht hat, meine Anstellung in der Klinik zu verhindern? Es gefiel ihm nicht, dass ich alleinstehend war. Er wollte einen Familienmenschen für die Stelle.“

„Das spielt doch für den Job gar keine Rolle!“, rief Adrianna. „Du warst von allen Bewerbern der qualifizierteste.“

„Deshalb haben sie mich ja letztendlich auch genommen“, erwiderte er, offenbar ein wenig durch ihre Reaktion geschmeichelt.

„Die wären ja auch dumm gewesen, wenn nicht.“ Nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu: „Aber wieso spielt es dann jetzt noch eine Rolle, was Ferris über deinen Familienstand denkt?“

„Tut es nicht. Ich werde heute Abend klarstellen, dass wir beide nur Freunde sind“, sagte er entschuldigend. „Und wenn du möchtest, kann ich auch Winn noch einmal darauf hinweisen, dass du frei bist.“

Adrianna winkte großzügig ab. „Nicht nötig.“

Fragend blickte er sie an. „Wirklich nicht?“

Sie lächelte wissend. „Ich glaube, es ist für ihn ein Ansporn.“

„Aber wenn er denkt, dass wir zusammen sind, wird er nicht …“

„Sein Vater wird es ihm schon sagen.“

„Aber vielleicht nicht heute Abend.“

Obwohl sie zumindest zum Teil hier war, um sich Winn genauer anzusehen, fand sie Tripps plötzliche Mission, sie zu verkuppeln, ziemlich lästig.

Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Hattest du etwa vor, mich heute an Winn zu verschachern?“

„Auf gar keinen Fall“, erwiderte er ehrlich entsetzt.

„Tja, dann hast du mich wohl auf dem Hals“, gab sie besänftigt zurück. „Zumindest heute Abend.“

„Wunderbar.“ Er lächelte selbstzufrieden und drückte auf den Klingelknopf.

Adrianna dachte noch über diese Antwort nach, als Jim Ferris die Tür öffnete.

„Herzlich willkommen“, sagte er mit großer Geste. „Die anderen sind im Garten. Kommen Sie, ich bringe Sie hin.“

Tripp und Jim unterhielten sich über Belanglosigkeiten, während Adrianna schweigend neben ihnen herging und die elegante Inneneinrichtung bewunderte.

„Oh, wie schön, Adrianna ist hier.“

Lexi winkte ihr zu, kaum, dass sie die hintere Terrasse betreten hatten. Adrianna berührte leicht Tripps Arm, um kurz seine Unterhaltung mit Jim zu unterbrechen.

„Wenn du mich brauchst, ich bin da drüben bei July und Lexi.“ Sie deutete auf die beiden Frauen.

„Jim möchte mich ein paar Leuten vorstellen, dann komm ich zu dir“, versicherte Tripp ihr.

„Kein Problem.“ Sie lächelte ihn an. „Ich komm schon klar.“

Im Weggehen hörte sie Jim murmeln, wie glücklich sich Tripp schätzen könne, eine so verständnisvolle Frau zu haben. Tripps Antwort hörte sie nicht mehr, aber es spielte auch keine Rolle.

Sie war nicht Tripps Frau.

Er wusste es. Sie wusste es.

Und sobald Tripp eine gute Gelegenheit fand, würde Jim Ferris es auch erfahren.

Nachdem Adrianna die Freundinnen begrüßt hatte, deutete sie auf das Glas, das Lexi in der Hand hielt.

„Was trinkt ihr?“

„Eine Crazy Coyote Margarita“, erwiderte July. „Schmeckt lecker.“

„Ist aber ziemlich gehaltvoll“, warf Lexi ein. „Hat mehr Alkohol als eine normale Margarita.“

„Ach was“, winkte July ab. „Ich find sie nicht sehr stark.“

Wie aufs Stichwort tauchte ein junger Mann auf, der offensichtlich zum Catering-Personal gehörte. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?“

„Gern. Eine Crazy Coyote Margarita“, erklärte Adrianna.

„Gute Wahl“, sagte July.

Lexi lächelte leicht. „Wenn du gern gefährlich lebst.“

Nach kurzer Zeit kam der junge Kellner zurück. „Bitte sehr, Ma’am“, sagte er, als er ihr das Glas reichte.

Adrianna wartete, bis er außer Hörweite war, dann seufzte sie laut. „Habt ihr das gehört? Er hat ‚Ma’am‘ zu mir gesagt.“

„Na ja, du bist ja auch fast dreißig“, erwiderte Lexi mit gespielter Grabesstimme. „Ab da geht es nur noch bergab.“

„Na, du musst es ja wissen“, gab Adrianna feixend zurück. „Du hast diesen Meilenstein ja schon passiert.“

„Welchen Meilenstein?“ Wie aus dem Nichts tauchte Tripp neben ihr auf.

„Die große Dreißig“, antwortete July. „Der Kellner hat sie ‚Ma’am‘ genannt.“

Überrascht blickte Tripp sie an. „Bist du vor Kurzem dreißig geworden?“

Er weiß nicht mal, wann ich Geburtstag habe. Das zeigte wieder mal, wie wenig sie eigentlich verband. Es versetzte ihr einen Stich, und sie nahm einen Schluck von ihrem Drink. Sofort wurde ihr klar, dass Lexi recht hatte: Der Bartender war wirklich nicht knauserig mit dem Tequila.

„Ich werde Ende des Monats dreißig“, sagte sie, als sie bemerkte, dass Tripp auf eine Antwort wartete. „Am 28. September. Schreib’s dir in den Kalender.“

Lächerlich. Adrianna nahm noch einen Schluck. Tripp war ihr Geburtstag völlig egal, er hatte nur aus Höflichkeit gefragt.

„Ich werde es mir notieren“, erwiderte er.

„Was denn?“ Winn gesellte sich zu ihnen, eine Bierflasche in der Hand.

„Adriannas Geburtstag“, sagte July.

Ungläubig blickte er Tripp an. „Sie wissen nicht, wann Ihre Verlobte Geburtstag hat?“

„Sie ist nicht …“, begann July, unterbrach sich aber nach einem Rippenstoß von Lexi.

„Ich wusste, dass es Ende dieses Monats ist“, erklärte Tripp. „Ich hatte nur den genauen Tag nicht im Kopf.“

Etwas herablassend lächelnd schüttelte Winn den Kopf. „Das ist keine Entschuldigung.“

Adrianna kippte den Rest ihres Drinks in einem Zug hinunter. Da sie aber noch nicht viel gegessen hatte, war das nicht besonders klug. Genauso, wie sich in einen Mann zu verlieben, der sie nicht wollte.

Sie lächelte Winn warm an: „Da bin ich ganz Ihrer Meinung.“

„Wirklich?“, fragte der.

„Ich wette, Sie vergessen niemals den Geburtstag einer Frau.“ Ungewohnt draufgängerisch hängte sie sich bei ihm ein und schenkte ihm einen bewundernden Augenaufschlag.

„Wenn Sie meinen, ob ich jemals Ihren Geburtstag vergessen könnte – nein“, erwiderte er galant.

Adrianna gefiel, was sie sah. Winn Ferris sah gut aus, keine Frage. Obwohl er Jeans trug, wirkte er elegant, denn es waren schwarze Jeans und ein blütenweißes Hemd, das sein volles dunkles Haar betonte.

„Möchten Sie noch eine Crazy Coyote Margarita?“, fragte der Kellner, als er ihr das leere Glas abnahm.

Obwohl die Vernunft ihr sagte, dass sie nichts mehr trinken sollte, bevor sie etwas gegessen hatte, nickte sie. „Ja, gern.“

„Meinst du, das ist klug?“, fragte Tripp leise neben ihr.

„Sie ist schon groß, Randall.“ Winn tätschelte ihr besitzergreifend die Hand. „Ich bin sicher, das kann sie selbst entscheiden.“

„Anna“, drängte Tripp leise. Er war der Einzige außer ihrer Freundin Betsy, der diese Abkürzung ihres Namens benutzte.

Als sie ihn anblickte, erkannte sie, dass er ehrlich besorgt war. Um sie.

„Ich möchte dir jemanden vorstellen“, sagte er. „Wenn du einen Moment Zeit hättest …“

„Ich glaube …“, warf Winn ein, doch Adrianna legte ihm einen Finger auf den Mund.

„Da muss ich mitgehen“, sagte sie, ließ Winn los und wandte sich Tripp zu. „Ich liebe es, neue Leute kennenzulernen.“

„Seit wann das denn?“, murmelte July, doch Lexi schüttelte mahnend den Kopf.

Nach den ersten Schritten nahm Tripp ihren Arm. Er bahnte sich einen Weg durch die Gästeschar, und sie folgte ihm quer über die riesige Terrasse. Doch als er um die Hausecke bog und stehen blieb, waren sie ganz allein.

„Wen sollte ich denn nun kennenlernen?“, fragte sie und blickte sich um.

Er strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. „Mich.“

Verständnislos blickte sie ihn an. Oder lag es am Tequila, dass sie nicht wusste, was er meinte?

„Ich wollte, dass du bei mir bist, nicht bei Winn“, erklärte er. „Bist du jetzt böse?“

„Nein, böse nicht. Aber verwirrt.“

„Wieso?“

„Wir wissen doch beide, dass du mich nicht willst.“ Weil das so jämmerlich klang, fügte sie hastig hinzu: „Und ich will natürlich auch nur eine platonische Freundschaft.“

„Natürlich“, murmelte er.

„Hast du eigentlich Jim Ferris schon aufgeklärt, dass wir nur Freunde sind?“, fragte sie.

Tripp schüttelte den Kopf. „Ich hatte noch keine Gelegenheit. Aber ich mache es noch.“

„Ja, bitte. So schnell wie möglich“, sagte sie nachdrücklich.

Als sich gerade alle zum Essen gesetzt hatten, sah Tripp seine Eltern auf die Terrasse treten. Er war erleichtert, denn als er sie mittags besucht hatte, hatte sein Vater sich nicht wohlgefühlt. Die letzte Chemotherapie lag zwar schon einige Wochen zurück, doch er hatte sich noch nicht davon erholt. Heute Abend sah er allerdings viel besser aus.

Tripp, der mit Adrianna und gemeinsamen Freunden an einem Tisch saß, berührte Adrianna am Arm. „Meine Eltern sind da“, sagte er leise.

„Oh. Sollen wir uns zu ihnen setzen?“

Tripp blickte sie forschend an, ob sie es ernst meinte. Schließlich war er mit ihr hier, doch er wusste auch, wie viel es seinen Eltern bedeuten würde, mit ihnen zu essen. „Macht es dir nichts aus?“, fragte er.

„Natürlich nicht.“ Sie wandte sich den anderen zu. „Tripps Eltern sind doch noch gekommen, und wir hatten ihnen versprochen, mit ihnen zu essen.“

Alle nickten verständnisvoll.

Seine Mutter strahlte, als sie sich näherten, sein Vater lächelte zumindest.

„Sie sehen sehr hübsch aus heute“, sagte er zu Adrianna.

„Danke, Mr Randall.“ Adrianna wurde bezaubernd rot.

Frank hob eine Augenbraue. „Wollen wir dieses Spielchen jedes Mal spielen, wenn wir uns sehen?“

„Frank“, verbesserte sie sich und schenkte ihm einen koketten Augenaufschlag. „Wie schön, Sie wiederzusehen.“

Flirtete sie etwa mit seinem Vater?

Frank lachte leise.

Jawohl, und sein Vater genoss es in vollen Zügen.

Tripp warf seiner Mutter einen Seitenblick zu und sah sie zufrieden lächeln.

„Da drüben ist ein freier Vierertisch“, sagte Adrianna, als sich unentschlossenes Schweigen ausbreitete.

„Ich freue mich, diese reizende junge Dame endlich näher kennenzulernen“, sagte Tripps Vater, als sie sich setzten.

Tripp seufzte lautlos. Er musste wohl auch seinen Eltern unbedingt klarmachen, dass er und Adrianna nur Freunde waren. Allerdings nicht gerade jetzt. Sie sollten den Abend genießen. Und er hatte keine Lust, ihre Fragen zu beantworten, warum er denn nicht an einer Beziehung interessiert war.

Das Abendessen verlief wunderbar harmonisch. Seine Mutter und Adrianna hatten einen guten Draht zueinander, und Adrianna, die normalerweise eher schüchtern war, sprach viel und angeregt. Was vielleicht auch an der zweiten Margarita lag, die der Kellner ihr gebracht hatte.

Die Augen seiner Mutter leuchteten, als Adrianna von ihrem Beruf erzählte und wie sehr sie es liebte, Kindern auf die Welt zu helfen.

„Dann wollten Sie sicher selbst auch Kinder haben?“, fragte Kathy.

„Oh ja“, erwiderte Adrianna sofort. „Aber dazu brauche ich erst mal einen Ehemann.“

Den bedeutsamen Blick seiner Mutter konnte man gar nicht missdeuten. Doch er ignorierte ihn und sagte: „Wusstet ihr, dass unsere Notaufnahme schon wieder eine Ehrenmedaille bekommen hat?“

„Kannst du die Arbeit nicht einen Abend lang mal vergessen?“, fragte seine Mutter missbilligend.

„Deine Mutter hat recht.“

Überrascht blickte Tripp seinen Vater an.

„Wir sind wirklich froh, dass Sie ihn dazu bringen, das Leben mal ein bisschen mehr zu genießen“, fuhr Frank an Adrianna gewandt fort.

Tripp traute seinen Ohren kaum. Er hatte Adrianna eingeladen, nicht umgekehrt.

„Schaut euch zum Beispiel mal diesen herrlichen Vollmond an“, sagte Frank.

Sein Vater redete über den Mond? Tripp verstand die Welt nicht mehr.

„Es ist eine herrliche Nacht für einen Spaziergang, findest du nicht?“, nahm seine Mutter den Faden auf.

Als sein Vater diesmal nicht antwortete, nickte Tripp. „Ja, du hast recht.“ Ein kurzer Spaziergang würde seinen Eltern guttun.

„Dann solltet ihr beide die Gelegenheit nutzen“, erklärte Frank prompt.

Tripp starrte seinen Vater an. Das war eine hinterhältige Falle gewesen! Aber wenn es seinen Vater glücklich machte, würde er auch mit einer guten Freundin bei Vollmond spazieren gehen.

Er hielt Adrianna die Hand hin: „Möchtest du?“

Lächelnd legte sie ihre Hand in seine, und es ließ ihn nicht kalt. Das musste daran liegen, wie schön sie war. Es wäre jedem Mann so gegangen.

Hand in Hand entfernten sie sich auf dem weitläufigen Grundstück vom Haus. Schließlich kamen sie an ein Holzgatter, hinter dem eine große Wiese lag. Der Mond tauchte alles in ein goldenes Licht, und das Weideland erstreckte sich in sanften Wellen bis zum Horizont.

Adrianna stützte die Unterarme auf das Gatter. „Deinem Vater geht es besser“, sagte sie. „Er sieht gut aus heute Abend.“

„Ja, so langsam scheint er sich von der letzten Chemotherapie zu erholen.“ Tripp räusperte sich. „Wir hoffen das Beste.“

„Ich habe ein gutes Gefühl“, sagte sie und streichelte dabei seinen Unterarm.

Der Gedanke, dass er seinen Vater verlieren könnte, war unerträglich. Und er wollte nicht darüber reden.

„Du riechst gut“, sagte er.

„Ich habe ein neues Parfum ausprobiert“, erwiderte sie, ohne auf den abrupten Themenwechsel einzugehen.

„Sehr verführerisch.“

„Freut mich, dass es dir gefällt.“

Ihre Stimme war ein wenig rau und ließ ihn unvermittelt an zerwühlte Bettlaken und ineinander verschlungene Körper denken. Adrianna kam einen Schritt auf ihn zu. Oder hatte er sich zu ihr hinbewegt? Jedenfalls fühlte es sich völlig natürlich an, sie in die Arme zu nehmen und an sich zu ziehen. Ihre üppigen Kurven schmiegten sich an seinen Körper, als wären sie dafür gemacht.

Er spürte ihre Finger in seinem Haar. „Hab ich dir schon mal gesagt, wie sehr ich diese kleinen Locken direkt über deinem Hemdkragen mag?“

„Ich glaube nicht.“ Er rieb seine Nase an ihrem Ohr. „Hab ich dir gesagt, wie sehr ich deinen Duft liebe?“

Sie lachte leise. „Vor fünf Sekunden.“

„Oh. Du hast recht. Ich weiß nicht, wo ich meine Gedanken habe.“

„Du denkst daran, mich zu küssen“, hauchte sie und legte einen Finger auf seine Lippen. War das die Adrianna Lee, die er kannte? Es musste an den Drinks liegen.

„Ach ja?“

„Ja, definitiv. Und willst du wissen, woher ich das weiß?“

„Gern.“

„Weil ich dasselbe denke.“

„Du willst mich küssen?“

Mit glänzenden Augen nickte sie. „Du bist super sexy.“

„Und du hast zu viel getrunken.“

„Nur zwei Margaritas. Oder drei?“

„Und du hast nicht viel gegessen.“

„Nanu, Mr Randall, haben Sie mich etwa überwachen lassen?“ Ihr Lachen klang ein wenig aufgedreht, was ihm zeigte, dass er recht hatte. Sie war beschwipst. Nur ein unehrenhafter Mann würde diese Situation ausnutzen. Nun ja, und Winn Ferris vielleicht.

Tripp hinterfragte nicht, warum er so enttäuscht war. Er gab Adrianna frei und nahm ihren Arm. „Wir sollten zurückgehen.“

Ihre großen grünen Augen leuchteten im Mondlicht. Es kostete ihn wirklich seine ganze Selbstbeherrschung, sie nicht wieder in die Arme zu nehmen und zu tun, was sie verlangte. Was er selbst auch wollte.

Das überraschte ihn. Adrianna war eine Schönheit, doch er hatte nie mehr in ihr gesehen als Gayles Freundin. Dass er tatsächlich ernsthaft daran dachte, sie zu küssen, war etwas beunruhigend.

Doch als sie ohne Vorwarnung die Arme um ihn schlang und ihre Lippen auf seine drückte, konnte er nur instinktiv reagieren und den Kuss erwidern. Leider – nein, zum Glück – war es ein kurzer Kuss.

„Was war das denn?“, fragte er danach.

Sie zuckte die Achseln. „Ich wollte wohl mal sehen, wie es sich anfühlt, dich zu küssen.“

„Du wolltest mich testen?“

„Schau mich nicht so entsetzt an.“ Sie lachte leise. „Es war okay. Nicht überwältigend, aber gut.“

Bevor er etwas sagen konnte, drehte sie sich zum Haus um. „Du hast recht, wir sollten zurückgehen.“

Wieder wartete sie keine Antwort ab, sondern setzte sich in Bewegung. Es dauerte einen Moment, bis er sich von seiner Überraschung erholt hatte und sie einholte. Doch während sein Blick auf ihren verführerisch schwingenden Hüften ruhte, fühlte er sich seltsamerweise, als hätte er eine Prüfung nicht bestanden.

Er küsste nur gut. Nicht überwältigend.

4. KAPITEL

Am Sonntag hatte Adrianna frei, und sie schlief aus. Nachdem sie zwei Aspirin genommen hatte, fühlte sie sich viel besser, und sie summte unter der Dusche und zog dann bequeme schwarze Leggins und ein buntes Top an. Sie würde es sich heute zu Hause gemütlich machen. Erst als sie Orangensaft aus dem Kühlschrank nahm und direkt aus der Flasche trank, fiel es ihr wieder ein: Sie hatte Tripp geküsst.

Was hatte sie sich nur dabei gedacht?

Gar nichts, das war das Problem. Die zwei oder drei Margaritas waren ein Fehler gewesen. Doch tief im Innern wusste sie, dass der Kuss nichts mit ihrem Alkoholpegel zu tun gehabt hatte. Es lag daran, was sie für Tripp empfand. Der Alkohol hatte nur die Schranken beseitigt, die sie sich normalerweise selbst auferlegte.

Das Klingeln ihres Handys riss sie aus ihren Gedanken. Sie hatte zwar dienstfrei, doch wenn eine ihrer Patientinnen Wehen bekam, wurde sie trotzdem informiert.

„Adrianna Lee“, meldete sie sich.

„Hallo, hier ist Kathy“, sagte eine freundliche Stimme. „Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt.“

„Kathy?“ So ganz wach war sie noch nicht.

Autor

Carol Marinelli
<p>Carol Marinelli wurde in England geboren. Gemeinsam mit ihren schottischen Eltern und den beiden Schwestern verbrachte sie viele glückliche Sommermonate in den Highlands. Nach der Schule besuchte Carol einen Sekretärinnenkurs und lernte dabei vor allem eines: Dass sie nie im Leben Sekretärin werden wollte! Also machte sie eine Ausbildung zur...
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Victoria Pade
Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr...
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Cindy Kirk
<p>Solange sie denken kann, liebt Cindy Kirk das Lesen. Schon als kleines Mädchen in der ersten Klasse hat sie einen Preis dafür gewonnen, hundert Bücher gelesen zu haben! 1999 war es so weit: Ihr erster eigener Roman erschien bei Harlequin. Seitdem muss die Autorin ihr Lieblingshobby Lesen damit unter einen...
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