Bianca Extra Band 125

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EIN EX-MANN ZUM VERLIEBEN von SHANNON STACEY
Erschöpft kehrt Evie zu ihrer Familie nach Stonefield zurück. Sie braucht Hilfe. Aber auch ihr Ex-Mann Lane lebt hier – mit dem sie vor vier Monaten eine Liebesnacht verbracht hat! Wie wird er reagieren, wenn sie ihm gesteht, dass sie trotz ihrer Scheidung Eltern werden?

VIER PFOTEN, ZWEI HERZEN UND EIN NEUANFANG von CARRIE NICHOLS
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  • Erscheinungstag 25.07.2023
  • Bandnummer 125
  • ISBN / Artikelnummer 0802230125
  • Seitenanzahl 448

Leseprobe

Shannon Stacey, Carrie Nichols, Michelle Major, Judy Duarte

BIANCA EXTRA BAND 125

1. KAPITEL

Das gelbe Blitzlicht verwandelte die ruhige Nacht in die trostloseste Disco der Welt, was Evie Sutton nicht gerade beim Kampf gegen die Übelkeit half, die sie seit ein paar Kilometern verspürte.

Sie rührte sich nicht, als es leise an der Scheibe klopfte. Sie kurbelte die altmodische Scheibe des Jeeps langsam herunter, als sie ein vertrautes Gesicht sah.

„Geht es dir gut, Evie?“

„Hi, Vinnie.“ Sie hoffte, dass er nur zufällig mit dem Abschleppwagen vorbeigefahren war.

Sie sah auf ihr Handy und stellte fest, dass sie schon zwanzig Minuten am Straßenrand stand.

„Geht es dir gut?“, fragte er erneut.

„Ja, alles okay“, log sie.

Vinnie nickte, ohne überzeugt zu wirken, was sie ihm nicht vorwerfen konnte. Ihre blonden Haare waren durcheinander, außerdem war sie blass, und ihre Schminke war verlaufen.

„Was machst du hier?“, fragte Vinnie, und sie merkte, dass er die Situation als seltsam empfand, weshalb er sie nicht am Straßenrand zurücklassen wollte.

„Ich gucke mir das ‚Willkommen in Stonefield‘-Schild an.“ Das war die Wahrheit, doch sie hätte es besser nicht gesagt, denn damit ließ er sich kaum davon überzeugen, dass es ihr gut ging.

„Soll ich Ellen anrufen?“

„Nein!“ Es wäre keine gute Idee, wenn ihre Mutter mitten in der Nacht einen Anruf vom Abschleppdienst bekam. „Es ist wirklich nett, Vinnie, aber mir geht es gut. Das versprech ich dir.“

Sie kannte Vinnie schon lange und wusste, dass er erst wegfahren würde, wenn er davon überzeugt war, dass sie nicht feststeckte. Also lächelte sie und betätigte die Zündung. „Ich denke, jetzt sollte ich mal nach Hause fahren.“

Ihre Stimme hakte bei nach Hause, und sie räusperte sich. Seit der Scheidung vor zehn Jahren und ihrem Umzug war Stonefield eigentlich nicht mehr ihr Zuhause. Seitdem war sie immer nur zu Besuch dort gewesen, auch bei dem längeren Aufenthalt zum Jahresanfang, der zu ihrem aktuellen Dilemma geführt hatte.

Er tippte auf das Dach des Jeeps. „Schön, dich gesehen zu haben, Evie. Fahr vorsichtig.“

Sie hatte keine Wahl, als loszufahren. Es war Zeit, nach Hause zu kommen und sich der Wahrheit zu stellen.

Es war fast Mitternacht, als sie in der Auffahrt des Hauses ihrer Mutter parkte und den Motor abstellte, sodass das riesige Haus, in dem sie aufgewachsen war, im Dunkeln lag. Genauso wie das Kutschenhaus, das die Familie in eine Brauerei mit Schankstube umgewandelt hatte, um den lange gehegten Traum ihres verstorbenen Vaters zu erfüllen.

Ihre Übelkeit hatte ein wenig nachgelassen, trotzdem stieg sie langsam aus dem Jeep. Sie streckte ihre wunden Muskeln, nahm die kleine Reisetasche vom Beifahrersitz und schloss leise die Tür.

Dann musste sie einen Aufschrei unterdrücken, da sie fast gegen Mallory gelaufen wäre. Ihre Schwester – das mittlere Kind – trug ein übergroßes T-Shirt und eine Pyjamahose und war, nach ihrer Frisur zu urteilen, entweder eine sehr unruhige Schläferin oder gerade bei einem intimen Moment mit ihrem Ehemann unterbrochen worden.

„Evie, was machst du denn hier?“ Mallory zog sie kräftig an sich, mitsamt ihrer Tasche und allem. „Warum sagst du niemandem, dass du kommst?“

Sie war noch nicht bereit, ihr zu sagen, was sie dort tat, und sie hatte niemanden über ihr Kommen informiert, da sie sich bis zuletzt nicht sicher war, ob sie nicht doch ihre Meinung ändern und wieder umkehren würde. „Verarschst du mich? Als Irish im Frühling mit seinem riesigen Dieseltruck einen Wohnwagen abgestellt hat, ist niemand aufgewacht, und wenn ich meinen Jeep parke, stehst du zwei Sekunden später in der Auffahrt?“

Mallory grinste, als sie an den Tag dachte, als sie aufgewacht war und unerwartet einen Cowboy in der Auffahrt entdeckte. Er wollte seinen alten Freund Lane besuchen, und vor fast zwei Monaten hatte Mallory ihn dann geheiratet. „Wenn man viel Alkohol und eine ansehnliche Menge Geld auf dem Grundstück hat, dann installiert man Kameras. Ich habe den Jeep erkannt, deshalb bin ich hier und nicht Irish.“

Kaum hatte sie den Satz beendet, da entdeckte Evie ihre älteste Schwester Gwen auf der anderen Straßenseite. Sie trat mit Boomer – dem Labrador-Mischling, den alle liebten – aus dem Haus, in dem sie mit Case Danforth wohnte, und kam zu ihnen an die Auffahrt.

„Evie, was machst du hier?“ Sie umarmte Evie ebenfalls samt Reisetasche. „Ich war im Büro und habe mir ein paar Notizen für mein Buch gemacht, da hat mich Boomer geholt. Ich glaube, er erkennt eure Autos am Geräusch.“

Evie stellte die Tasche ab, um Boomer mit angemessenem Streicheln zu begrüßen, doch in ihrem Bauch rumorte es wieder. Es war an der Zeit für ein Geständnis, denn jetzt gab es kein Zurück. Sie richtete sich auf und sah zu ihren Schwestern, dabei sammelten sich Tränen in ihren Augen.

„Ich bin schwanger“, sagte sie. „Ich bin hier, um meinem Ex-Mann zu sagen, dass wir ein Baby bekommen.“

Lane Thompson hatte heute keine Lust auf Probleme bei der Arbeit. Er war schon mit dem falschen Fuß aufgestanden, nachdem er wieder von Evie geträumt hatte, und dass sich ein Kollege krankmeldete, der sich verdächtig nach einem Kater anhörte, hatte ihn auch nicht aufgemuntert.

Die häufigen Sexträume frustrierten ihn, doch beim Aufwachen fühlte er sich nicht schlecht. Der Traum der letzten Nacht war schlimmer gewesen – da er sich wie eine Erinnerung an ihre Ehe angefühlt hatte.

Sie hatten Blätter geharkt und das Laub zu einem riesigen Haufen getürmt. Bei jeder Brise wehten ein paar Blätter davon, und Evie lachte ihr helles, fast musikalisches Lachen, das er so vermisste, und lief hinterher. Als sie fertig waren, hatte sie sich rücklings in den Haufen geworfen und die Arme ausgestreckt und dabei so laut gelacht, dass es durch die Gegend hallte. Er konnte nicht widerstehen, als sie ihn mit sich in die Blätter zog, obwohl er ihr eigentlich aufhelfen wollte.

Dann war sein Wecker losgegangen und hatte ihn aus dem Traum gerissen, der sich so realistisch angefühlt hatte, dass er ein paar Momente über den Verlust trauern musste. Diese einfachen Augenblicke, bevor sein Dad gestorben und alles den Bach runtergegangen war – und sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie sich scheiden lassen und aus Stonefield wegziehen wollte –, verfolgten ihn seit Jahren im Traum.

Lane musste Evie vergessen. Seit sie vor fast drei Monaten wieder die Stadt verlassen hatte, hatte er nur noch an sie gedacht. Ihre Scheidung vor Jahren hätte alles beenden sollen. Doch er hatte keine Frau gefunden, mit der er sie vergessen konnte. Wann immer sie auf Familienbesuch zurückkam, öffnete es erneut die Wunde, die nicht heilen konnte, da er sie liebte. Wegen der Brauerei war sie neun Monate in Stonefield geblieben. Es war die reinste Qual gewesen, sie täglich zu sehen. Dann war sie wieder weg, und alles war noch schlimmer.

Sie hätten damals im April keinen Sex haben sollen.

Das spürte er jetzt, denn so stark die Anziehung auch war, man sollte niemals Sex mit der Ex haben. Die Vergangenheit ließ sich damit nicht auslöschen. Sein Leben hatte sich mit dem Tod seines eigenen Vaters verändert, was Evie nicht gefiel, weshalb sie ihn verlassen hatte.

„Wirfst du noch die Kettensäge an, oder willst du den Baum mit deinen Blicken in Brand stecken?“, rief ihm Case zu.

Lane beugte sich über den Hydraulikkorb und blickte böse zu seinem Cousin und bestem Freund. Ihnen gehörte D&T Baumpflege seit der Übernahme von ihren Vätern, die die Firma gegründet hatten.

An manchen Tagen wünschte sich Lane, er hätte einen angenehmen Bürojob, anstatt sich als Miteigentümer zweier Geschäfte zu verausgaben. Am Tage arbeitete er für D&T Baumpflege und am Abend bei Suttons Brauerei und Schankstube. Er war müde.

Normalerweise unterhielt er sich in der Pause mit Case über das Geschäft. Doch er hatte den Eindruck, als würde er ihm heute aus dem Weg gehen. Am Morgen war er schon nicht mit ihm gefahren, und jetzt war er ungewöhnlich aufmerksam zu Boomer, der viel lieber im Schatten döste. Lane war nichts Konkretes aufgefallen, doch Case benahm sich anders.

„Du bist schon die ganze Zeit so komisch. Hast du Streit mit Gwen?“

„Nein, nichts dergleichen.“

Allerdings sah er Lane nicht an, und schließlich ging ihm ein Licht auf. Es gab nur ein Thema, das zwischen ihnen Unbehagen auslösen konnte. „Es geht um Evie, oder?“

Case seufzte, und Boomer hob den Kopf. „Könnte die Familiensituation noch unübersichtlicher sein?“

„Das solltest du niemals laut fragen. Außerdem bist du mein bester Freund.“

„Und die Schwester deiner Ex-Frau ist meine Braut.“

„Du bist auch mein Cousin“, erinnerte ihn Lane. „Familie.“

„Aber sie ist meine Frau.“

„Gwen hat dir gesagt, du sollst mir nichts erzählen.“ Das war keine Frage.

„Manchmal weiß ich Dinge, über die ich nicht reden kann.“

Lane verschränkte die Arme vor der Brust. „Das gefällt mir nicht.“

„Mir auch nicht. Doch ich liebe Gwen und will nicht, dass die Sutton-Frauen wütend auf mich sind.“

Das konnte er verstehen, wollte es aber nicht dabei belassen, da es um Evie ging. „Geht es ihr gut?“

Case warf ihm einen Blick zu und nickte. Das war eine Erleichterung, doch er verschwieg etwas.

„Ist sie krank?“ Case schüttelte den Kopf. „Irgendwo mit ihrem alten Jeep liegen geblieben?“

„Nö.“

Obwohl er es nicht wissen wollte, stellte er schließlich doch die Frage: „Hat sie einen anderen?“

Als Case erneut den Kopf schüttelte, war Lane erleichtert, doch was gab es noch? Sie war in Ordnung, hatte keine Panne und auch keinen neuen Kerl. Was verbarg Case vor ihm?

Nein. Es gab eine letzte Möglichkeit, und er bezweifelte, dass er es ertragen würde.

„Ist sie zurück?“, fragte er, da er die Frage nicht zurückhalten konnte. „Sag mir, dass Evie nicht wieder nach Hause gekommen ist.“

„Hey, Boomer, such das Stöckchen.“ Case stieß sich vom Truck ab. „Bring es her.“

Lane schüttelte den Kopf. Sein Cousin hätte sich das Schauspiel mit dem Hund sparen können.

Evie war also zurück in Stonefield. Er hatte nicht einmal den letzten Abschied verwunden, und jetzt war sie wieder da. Sie wollte ihn umbringen. Das war die einzige Erklärung.

„Case, sag was. Wie lange bleibt sie?“

„Hör auf, mir Fragen zu stellen“, sagte Case und warf den Stock, damit Boomer ihn holen konnte. „Ich sage nichts mehr, und überhaupt ist es Zeit für die Arbeit.“

Sie hatten einen gefährlichen Job, und Lane versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, doch er musste ständig an Evie denken und warum sie zurückgekehrt war. Wäre etwas mit ihrer Mum oder ihren Schwestern, dann hätte er es mitbekommen.

Deshalb musste irgendwas mit ihr sein.

Doch es war nicht seine Angelegenheit und auch nicht sein Problem. Evie war – wieder – davongelaufen, und wenn sie jetzt zurückgekehrt war, so war es doch nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder weg sein würde. So war Evie.

Er würde ihr aus dem Weg gehen. Er würde den Gefühlen, die noch immer zwischen ihnen existierten, keine Chance geben. Da sein alter Schulfreund Irish jetzt auch in der Brauerei arbeitete, musste Lane nicht mehr die gesamte freie Zeit dort verbringen. Das Brauen war eine Möglichkeit gewesen, um die leeren Stunden zu füllen, doch es war keine gute Idee, in Evies Nähe zu sein.

Seine tägliche Aufgabenliste war einfach: Bäume schneiden. Bier brauen. Essen. Schlafen. Da war noch Platz für eine weitere Aufgabe: seiner Ex-Frau aus dem Weg gehen.

2. KAPITEL

Evie wachte früh auf, nachdem sie schrecklich geschlafen hatte.

Sie wollte ihrer Mutter nicht gegenübertreten, war extra am Sonntagabend angekommen, nachdem die Schankstube schon geschlossen war und erst am Donnerstag wieder öffnen würde. Wenn sie es heute schaffen würde, Lane von dem Baby zu erzählen, dann hatten sie ein paar Tage, um damit umzugehen, bevor die Brauerei sie wieder zusammenzwingen würde.

Doch der Trödelladen, den Ellen Sutton erfolgreich betrieb, war am Montag geschlossen, deshalb war ihre Mutter zu Hause.

Bevor sie schlafen gegangen war, hatten ihre Schwestern schwören müssen, dass sie nichts verraten würden. Sie musste es ihrer Mum selbst sagen.

Sie schaffte nur die halbe Treppe ins Erdgeschoss, als ihr der Kaffeegeruch in die Nase stieg und sie fast wieder in ihr Zimmer geflüchtet wäre. Sie hatte das Aroma immer gern gerochen, obwohl sie keine Kaffeetrinkerin war. Jetzt war es nicht mehr so.

Als sie schließlich in die Küche trat, saßen Mallory und Gwen am Tisch, und ihre Mutter lehnte mit verschränkten Armen an der Arbeitsplatte.

„Evie!“ Ihre Mutter lächelte sie an und zog ihre jüngste Tochter in eine feste Umarmung. „Du bist zu Hause!“

„Überraschung“, antwortete Evie schwach.

Ellen schnaubte. „Aber wirklich. Keine deiner Schwestern wird jemals einen Oscar für ihre Schauspielkunst gewinnen, deshalb ist mir klar, dass sie von deiner Ankunft wussten und wahrscheinlich auch den Grund dafür kennen, doch sie wollen es mir nicht sagen.“

Als ihre Mutter sie losgelassen hatte, setzte sich Evie auf einen freien Stuhl und nahm sich ein Stück Toast von Mallorys Teller. So konnte sie auch ihre Hände beschäftigen und sich konzentrieren, während sie die Nachricht übermittelte. „Du setzt dich vielleicht besser, Mum.“

„Du machst mir Angst, Evie.“

Aus gutem Grund, dachte sie, und als ihre Mum saß, beschloss sie, dass der direkte Weg der beste war. „Ich bin schwanger.“

Ihre Mum rang tatsächlich kurz nach Luft und legte die Hand an die Brust. „Schwanger? Was? Wie weit bist du denn? Und der Vater ist …“

„Sechzehneinhalb Wochen.“ Sie drückte die Hand auf die winzige Erhebung, die mit dem Auge kaum zu sehen war. „Und es ist Lanes Baby, Mum.“

„Oh. Das ist übel.“ Ihre Mum verzog das Gesicht, was Evie zeigte, dass sie das nicht hatte aussprechen wollen. „Wie ist das denn passiert?“

Evie schluckte schnell den Spruch über Blumen und Bienen hinunter und seufzte stattdessen. „Erinnerst du dich, als wir im April Frauenabend in der Schankstube hatten?“

Ihre Mutter sah sie entgeistert an. „Oh, Evie. Erzähl mir nicht, dass du betrunken einen gedankenlosen Fehler mit einem Mann begangen hast, mit dem du keine fünf Minuten im Raum sein kannst, ohne dass ihr euch streitet.“

„Nein, ein paar Tage nach dem Frauenabend habe ich vollkommen nüchtern einen gedankenlosen Fehler mit dem Mann gemacht, mit dem ich keine fünf Minuten im Raum sein kann, ohne dass wir uns streiten.“

„Offensichtlich hast du das Beste aus diesen fünf Minuten gemacht“, sagte Gwen, und Mallory hätte fast ihren Kaffee ausgespuckt, während Evie mit dem Toast nach ihr warf.

„Evie! Gwen!“, seufzte Ellen. „Wir werfen nicht mit Essen. Und Gwen … echt jetzt?“

Dafür war sie nach Hause gekommen. Als sie in dem halbwegs passablen Motelzimmer auf den Schwangerschaftstest geblickt hatte, hatte sie sich so allein gefühlt. Sie hatte ihre Schwestern vermisst, so anstrengend sie auch waren. Die Einsamkeit hatte sich in ihrem Herzen festgesetzt, bis sie es nicht mehr ausgehalten hatte.

„Weiß Lane davon?“, war die nächste Frage ihrer Mutter.

Schon beim Hören seines Namens wäre Evie am liebsten wieder in ihr Bett gekrochen. „Noch nicht. Ich sage es ihm heute.“

„Bist du den ganzen Weg zurückgekehrt, um es ihm persönlich mitzuteilen?“

Evies Augen füllten sich mit Tränen. „Ich bin zurückgekehrt, weil ich es nicht allein schaffe. Ich kann das Baby nicht allein bekommen.“

Ellen ging zu Evie und nahm sie aus dem Stuhl in ihre Arme. Evie weinte am Hals ihrer Mum, während diese ihr über den Rücken strich.

„Du bist niemals allein, wo auch immer du bist.“ Ihre Mum küsste ihr den Kopf. „Doch ich bin froh, dass du zu uns nach Hause gekommen bist. Alles wird gut.“

Als sie den Kopf hob, sah sie, dass Mallory mit ein paar Taschentüchern bereitstand. Nachdem sie sich wieder gesetzt hatte, wischte sich Evie das Gesicht ab, während ihre Schwester ihr ein Glas Orangensaft einschenkte und einen frischen Toast zubereitete.

„Was willst du machen?“, fragte Gwen, als Evie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle hatte und an dem Toast knabberte. „Ich meine, wir freuen uns auf der persönlichen und auf der geschäftlichen Ebene, dass du wieder da bist, doch willst du im Schankraum arbeiten? Mit Lane? Schwanger?“

„So weit habe ich noch gar nicht gedacht. Vielleicht stürze ich mich wieder ins Marketing.“

Gwen musste nicht einmal den Mund öffnen, um ihre Meinung dazu zum Ausdruck zu bringen. Ihr Gesicht sagte alles. Evie hatte zwar ein Händchen für Social Media, doch sie würde sich ihren Aufenthalt nicht mit Instagram-Fotos verdienen.

„Ich werde arbeiten“, sagte sie. „Ich habe schon vor der Eröffnung mit Lane in der Brauerei gearbeitet.“

„Jetzt wird es anders sein“, sagte Mallory sanft. „Vielleicht kannst du mit Mum im Trödelladen arbeiten.“

Evie verzog das Gesicht, was ihre Mum schmunzeln ließ. Alle drei Töchter hatten dort gearbeitet, als sie jünger waren, und Evie hatte keinen Hehl daraus gemacht, was sie davon hielt, den ganzen Tag im Laden zu stehen. „Vielleicht.“

„Kümmern wir uns später darum“, sagte Ellen. „Nach der ganzen Fahrerei soll sich Evie erst einmal ausruhen. Und sie muss es Lane erzählen.“

„Vielleicht miete ich mir erst einmal etwas“, sagte Evie. „Ich habe nicht viel Geld, doch ich könnte mir eine kleine Wohnung nehmen. Dann würden Lane und ich nicht ständig übereinander stolpern.“

„Nein“, sagte Ellen entschieden. „Du bist meine Tochter, und das ist dein Zuhause. Lane ist der Brauer und mit im Geschäft, doch wenn er ein Problem hat, dann kann er zukünftig bei den Gästen parken. Was auch passiert, du stehst an erster Stelle.“

Evie konnte nur nicken, dann sah sie zu ihren Schwestern, ob sie zustimmten.

„Lasst uns nicht den Teufel an die Wand malen“, sagte Mallory. „Auch wenn Lane und du immer Probleme hattet, so ist er doch ein guter Mann. Wenn er das Ganze verarbeitet hat, wird er das Richtige tun.“

Doch was sollte das sein?, dachte Evie. Sicherlich kein Ring am Finger, denn das hatten sie schon hinter sich.

Evie fiel etwas anderes ein, was sie sagen musste. „Mum, Laura darfst du nichts sagen. Ich muss es Lane erzählen, und er entscheidet dann, ob er es seiner Mutter sagt.“

Das würde nicht einfach sein, denn Laura war die beste Freundin ihrer Mutter, und die Tatsache, dass die beiden ein gemeinsames Enkelkind haben würden, würde bald zu großer Aufregung führen.

Evie konnte den ganzen Tag überlegen, wie sie Lane die Neuigkeit mitteilen würde. Selbst wenn er nicht direkt zur Brauerei käme, würde sie an Cases Truck in der Auffahrt auf der anderen Straßenseite sehen, wann die beiden Feierabend hatten.

Sie würde die richtigen Worte finden müssen, um Lane Thompson zu berichten, dass sie für den Rest ihres Lebens miteinander verbunden sein würden, auch wenn ihr Ehegelübde nicht gehalten hatte.

Lane kam nach Hause und wollte nur duschen und ins Bett. Er war nicht einmal hungrig, doch er musste etwas essen, denn körperliche Arbeit erforderte Energie.

Er hatte gerade seine Sandwiches beendet und wollte duschen, als ein Auto in der Auffahrt parkte. Es war zu früh, als dass es seine Mutter sein konnte, die zum Abendessen bei Freunden eingeladen war.

Doch als er durch die Scheibe der Eingangstür blickte, sah er Evies Jeep und erstarrte. Er spürte das vertraute Ziehen in seinem Herz. Am liebsten hätte er so getan, als wäre er nicht daheim, doch sein Truck parkte am Haus.

Vor einem Jahrzehnt hatten sie geheiratet. Ein Jahr danach hatte sie ihn verlassen. Und vor ungefähr vier Monaten war sie in sein Haus gekommen, und sie waren im Bett gelandet.

Er durfte sie nicht wieder ins Haus lassen.

Lane trat in Socken nach draußen und ging ihr entgegen, blieb dann mit verschränkten Armen stehen. „Ich habe gehört, dass du wieder in Stonefield bist.“

„Es gibt hier nicht viele Geheimnisse.“ Ihr Gesicht war ungewöhnlich ausdruckslos, und sie ballte immer wieder die Hände.

„Was machst du hier, Evie?“ Er wusste, dass die Frage falsch war, doch er musste sie einfach stellen. „Warum bist du zurückgekehrt?“

Sie hob das Kinn. „Das ist mein Zuhause. Meine Familie lebt hier, ich bin hier geboren und aufgewachsen, genau wie du. Deshalb komme und gehe ich, wie es mir gefällt.“

„Das hast du schon immer.“ Sie zuckte zusammen, und er bereute seinen scharfen Tonfall. „Seitdem du die Scheidung eingereicht hast, war dieses Haus nicht mehr dein Zuhause, und jetzt stehst du hier.“

„Darf ich reinkommen, Lane?“

„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“ Beim letzten Mal waren sie am Ende nackt gewesen.

„Können wir uns dann auf die Veranda setzen und reden?“

„Wir haben nichts zu bereden. Du und ich, wir sind nicht gut füreinander.“

Sie seufzte, und er bemerkte, wie blass sie war. Und müde. Als hätte sie schon lange nicht mehr gut geschlafen.

„Tatsächlich haben wir etwas zu bereden“, sagte sie leise. „Und vielleicht setzt du dich.“

Er starrte in ihre blauen Augen und spürte ein Kribbeln im Nacken. „Evie, was ist los?“

„Da du dich nicht hinsetzen willst, machen wir es so.“ Sie holte tief Luft und atmete laut aus. „Ich bin schwanger.“

Er hätte sich setzen sollen. Alles drehte sich in seinem Kopf, und für einen Moment hatte er das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Doch dann richtete er sich auf und konzentrierte sich. „Und es ist meins?“

„Nein, ich bin gekommen, weil du als Erster die Wunschliste für die Babysachen bekommen sollst.“

„Kannst du bitte …“ Er räusperte sich. „Kannst du bitte nicht so beißend sein?“

Sie sah aus, als wollte sie etwas erwidern, doch dann schloss sie die Augen und seufzte erneut. „Ja, es ist dein Baby. Unser Baby.“

Unser Baby. Für diese zwei Worte brauchte sein Gehirn schrecklich lange. Unser Baby. Seins und Evies.

„Wir sollten uns setzen“, sagte er, drehte sich um und setzte sich in einen der Sessel auf der Veranda.

„Hab ich ja gesagt“, murmelte Evie und setzte sich auf den anderen Sessel.

Er ignorierte sie und starrte ins Nichts. Es waren ungefähr vier Monate vergangen, seit sie zusammen gewesen waren, und sie hatte die Stadt vor fast drei Monaten verlassen.

„Wusstest du das schon, als du gegangen bist?“, fragte er und drehte sich zu ihr.

„Nein. Vielleicht hätte ich es merken können, doch es war eine stressige Zeit, und ich hatte viel zu tun, deshalb dauerte es eine Weile, bis ich es erkannt habe.“

Dass sie schwanger war – dass sie ihr gemeinsames Baby bekam. Ein Kind. „Wann ist der Stichtag?“

„Im Januar.“ Ihre Stimme brach, und sie musste sich räuspern. Er wusste, dass er ihr ein Glas Wasser anbieten sollte, doch er hatte Angst, dass sie wegfahren würde, wenn er ins Haus ging. „Der achtzehnte.“

Mitte Januar. In fünf Monaten würde er Vater werden. Er hatte eine Menge zu verarbeiten und lehnte sich zurück, dass der Sitz unter ihm knackte.

Er hatte seinen Kinderwunsch nie aufgegeben und bekam jetzt ein Baby mit der Frau, mit der er eigentlich kein Baby haben sollte.

Er hatte ein Kondom benutzt, wie sie es immer getan hatten.

„Wie zum Teufel ist das passiert?“, fragte er und zuckte sogleich zusammen, da er das nicht laut sagen wollte.

„Ich will nichts von dir, Lane. Ich musste es dir sagen, und jetzt weißt du es. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, doch ich werde in der Stadt bleiben – bei meiner Mutter und meinen Schwestern –, um dieses Baby zu bekommen, denn ich will das nicht allein tun. Ob und wem du etwas sagst, liegt an dir.“ Sie stand auf, und er tat es ihr nach. „Ich glaube, du solltest Laura sagen, dass du der Vater bist, denn sonst wird es kompliziert für unsere Mütter, und es wäre nicht fair, dass nur meine Familie davon weiß.“

„Natürlich werde ich es meiner Mutter sagen.“ Warum dachte sie, dass er es womöglich nicht tun würde? „Was passiert, wenn das Baby auf der Welt ist?“

„Ich weiß es nicht“, sagte sie, und ein Gefühl des Unmuts überlagerte seinen anfänglichen Schock. Evie wollte gar nicht zurück, doch vor einem Baby konnte sie nicht davonlaufen.

Er wollte ihren Arm berühren, doch dann hielt er inne und ließ die Hand sinken. „Evie, du bist nicht allein. Du tust so, als wollte ich nichts mit dem Kind zu tun haben, doch ich muss das noch verarbeiten. Das ist alles.“

„Du kannst verarbeiten, so viel du willst, doch du hast es ja selbst gesagt. Wir sind nicht gut füreinander, und daran wird ein Baby nichts ändern. Ich wollte nur, dass du es weißt.“

Sie ging die Stufen hinunter, bevor ihre Worte richtig bei ihm angekommen waren, und saß in ihrem Jeep, bevor er reagieren konnte.

Ich wollte nur, dass du es weißt.

Und dann? Sie informierte ihn über die anstehende Vaterschaft, und das war alles? Hatte er nichts weiter mit ihr oder dem Baby zu tun?

Wenn Evie Sutton das wirklich glaubte, dann stand ihr eine große Überraschung bevor.

3. KAPITEL

Lane musste seinen Freund unbedingt etwas fragen, deshalb nahm er die Autoschlüssel und verließ das Haus.

Als er bei Case in die Auffahrt kam, blickte er absichtlich nicht zu dem Sutton-Haus auf der anderen Straßenseite. Stattdessen sah er zu Case und Gwen auf der Terrasse, vor denen Boomer auf dem Boden lag.

Er hatte gehofft, dass Gwen weg wäre, doch sie sah die Entschlossenheit in seinem Gesicht und stand auf, als er die unterste Stufe der Veranda erreichte. „Ich wollte gerade eine E-Mail von meinem Agenten lesen, deshalb schließe ich mich jetzt in meinem Büro ein und komme erst wieder raus, wenn ich fertig bin.“

Als sie im Haus war, zeigte Case auf den freien Platz. „Setz dich. Willst du was trinken?“

Doch Lane konnte sich nicht einfach hinsetzen und so tun, als wäre alles in Ordnung, bevor er nicht die Frage gestellt hatte. „Wusstest du davon? Als wir heute zusammen gearbeitet haben, hast du es gewusst?“

„Was?“ Case wirkte verwirrt. „Ich konnte es nicht aussprechen, weil ich Gwen versprechen musste, nichts zu sagen, doch ich wusste, dass Evie wieder da ist, und du wusstest auch, dass ich es wusste.“

„Du wusstest, dass sie schwanger ist?“

Case riss die Augen auf und sprang vom Stuhl. „Was? Evie ist schwanger?“

Seinem Cousin fehlte jedes Schauspieltalent, außerdem hatte er Lane noch nie angelogen, sodass er sich erleichtert setzte. „Ja.“

„Wer ist der … ähm, wie schwanger ist sie?“

„Es ist mein Baby.“

„Oh, scheiße.“ Case rieb sich mit einer Hand über das Gesicht. „Okay, wir brauchen einen Drink. Warte kurz.“

Als Case im Haus verschwunden war, musste Lane zu dem Haus auf der anderen Straßenseite blicken. Evies Jeep stand in der Auffahrt, also war sie jetzt im Haus und trug sein Kind.

„Ich weiß, er ist dein bester Freund“, hörte er Gwen durchs Fenster. „Sie ist meine Schwester, Case, und ich konnte dir nichts sagen, bevor sie es ihm sagte.“

Lane konnte die Antwort nicht hören, doch kurz darauf kam Case mit einem Glas in jeder Hand heraus. Lane sah, dass es Cola mit Rum war, und in diesem Moment war er dankbar für Cases Unfähigkeit, Drinks zu mixen, sodass ihm wahrscheinlich ein Glas ausreichen würde, um zur Ruhe zu kommen.

„Sei nicht sauer auf Gwen“, sagte er und nahm das Glas. Der erste Schluck trieb ihm die Tränen in die Augen, und er wusste, dass er am richtigen Ort war.

„Ich bin nicht sauer auf sie. Ich kann nur nicht fassen, dass sie mir nichts gesagt hat. Ich meine, ich bin schließlich ihr Mann, oder?“

„Und wenn sie es dir gesagt hätte, und du hättest es mir nicht erzählen dürfen?“ Lane schüttelte den Kopf. „Das wäre hart gewesen, wenn du gewusst hättest, dass ich Vater werde, ohne mir etwas zu sagen.“

Case nickte, dann trank er einen Schluck und verzog das Gesicht. „Warum bin ich so schlecht damit?“

„Ich finde es gut.“ Zur Bestätigung nahm er einen großen Schluck. „Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade gesagt habe: Ich werde Vater.“

„Ich auch nicht. Wann ist es so weit?“

„Mitte Januar.“ Er erwischte sich dabei, wie er wieder auf das Sutton-Haus starrte, und seufzte. „Können wir uns nach hinten setzen? Im Augenblick ist das die bessere Aussicht.“

„Klingt nach einem guten Plan“, sagte Case.

Als Lane am nächsten Morgen in seinen Boxershorts im Gästezimmer aufwachte und Boomer schnarchend in seinem Arm lag, merkte er, dass es doch kein guter Plan gewesen war. Sein Kopf pochte, der Mund war trocken, und der Hund schnürte ihm den Arm ab.

Und er hatte den Verdacht, dass es Dienstag war und er eigentlich auf der Arbeit sein sollte.

Er erkannte aber sofort, dass er nicht mit einer Kettensäge hantieren sollte. Oder aus dem Bett steigen. Am besten meldete er sich krank.

Doch Case ging es wahrscheinlich nicht besser, und jemand musste sich um die Firma kümmern. Deshalb krabbelte er schließlich aus dem Bett und setzte sich an den Rand. Stöhnend rieb er mit den Händen durchs Gesicht und beschloss, Case zu Weihnachten ein Buch zu schenken, wie man Drinks mischt.

Als er nach unten kam, räumte Gwen in der Küche auf, doch es gab keine Spur von Case. Vielleicht schlief der Mistkerl noch.

„Vor dem Gehen meinte Case, du sollst dir keine Sorgen machen und dich krankmelden, da er das geahnt hat“, sagte sie, als sie ihn sah.

„Er ist zur Arbeit gefahren?“

„Er meinte, er hätte seinen Drink langsam geschlürft, du aber nicht. Willst du einen Kaffee? Da steht eine frische Kanne.“

Lane brauchte Kaffee, allerdings verspürte er kein Bedürfnis, mit Evis ältester Schwester am Tisch zu sitzen. „Ich sollte besser nach Hause fahren, aber danke. Ich muss es …“

Er ließ die Worte meiner Mum sagen unausgesprochen, als ihm bewusst wurde, dass sie es womöglich schon wusste. Sie und Ellen waren beste Freundinnen, und Laura Thompson war sicherlich die erste Person, die Ellen anrief, wenn sie erfuhr, dass sie wieder Großmutter werden würde. Evie hatte gesagt, dass er es ihr sagen sollte, doch das bedeutete nicht, dass Ellen nicht schneller war.

„Ich muss los“, sagte er stattdessen.

Sie nickte und lächelte ihm zu. „Ich weiß, es ist ganz schön viel, Lane. Und ich weiß, wir stecken alle mit drin. Evie ist meine Schwester, doch Case ist dein Cousin und bester Freund und Geschäftspartner. Wir werden unser Bestes geben, dass dieses Haus neutral bleibt.“

Er wusste ihre Aussage zu schätzen, doch er war sich nicht sicher, wie sehr er ihr vertraute. Familie war eben doch Familie.

Eine Stunde später war Lane frisch geduscht und fühlte sich wieder wie ein Mensch, als er an den Türrahmen des Zimmers klopfte, das schon lange als Büro diente. „Hey, Mum, hast du eine Minute für mich?“

„Klar, Süßer.“ Laura klickte ein paarmal mit der Maus, dann drehte sie den Stuhl und sah ihn an.

Sie hatte ihr dunkles Haar zu einem Knoten gebunden, und ihre Augen waren von Lachfalten umgeben. Er fragte sich oft, warum so eine schöne und witzige Frau noch immer allein war.

„Du siehst nicht gut aus“, meinte sie stirnrunzelnd. „Case sagte, dass du die Cocktails bei ihm ausschlafen würdest und heute nicht mehr ins Büro kommst.“

„Cocktails kann man es auch nennen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Dieser Junge hat mir mal einen Wodka Soda gemixt, dass ich nach dem halben Drink vom Stuhl gefallen bin. Doch du trinkst sonst nicht so viel, vor allem nicht am Montagabend. Was ist los?“

„Evie ist Sonntag zurückgekehrt.“

Laura zeigte jene vage Freude, die der Name seiner Ex-Frau üblicherweise bei ihr hervorrief.

„Erst gestern habe ich mit Ellen telefoniert, und sie hat nichts gesagt. Seltsam.“

„Weil du vielleicht gefragt hättest, warum Evie zurückgekehrt ist … und sie es dir nicht sagen konnte.“ Verwirrt neigte Laura den Kopf und er atmete laut aus. „Sie ist schwanger.“

„Oh, Liebling. Das tut mir so leid. Es muss schwer für dich sein, doch das Leben geht weiter.“

„Nein … das Baby ist von mir, Mum.“

Sie richtete sich mit gerunzelter Stirn in ihrem Stuhl auf. „Bist du … Habt ihr … Oh, Lane. Ist das der Grund, weshalb sie fortgegangen ist?“

„Sie wusste nicht, dass sie schwanger war, als sie ging. Doch sie ging wegen mir, ja.“

Für einen Augenblick war die leise Radiomusik im Hintergrund das einzige Geräusch, während sie es verarbeitete. Und er sah, wie sie ihre persönlichen Gefühle verdrängte und sich auf das konzentrierte, was wichtig war.

Das Baby.

Ihre Augen wurden sanft, als sie sich aus dem Stuhl erhob und zu ihm kam. „Wie fühlst du dich damit, Vater zu werden?“

„Ich weiß es noch nicht, um ehrlich zu sein. Sie hat es mir gesagt, und dann habe ich zu viel getrunken, und natürlich musste ich es dir sagen, bevor es jemand anderes tut. Jetzt sollte ich mir darüber Gedanken machen.“ Er lächelte ihr zu. „Ich glaube aber, es gefällt mir, ein Dad zu sein.“

Eine Träne lief seiner Mum über die Wange, als sie die Arme um ihn schlang. „Und ich werde es lieben, Großmutter zu sein.“

Am Freitagnachmittag hatte Evie keine Lust mehr, traurig und verängstigt zu sein, und beschloss, am Abend im Schankraum zu arbeiten.

Sie hatten noch nicht für den Abend geöffnet, deshalb trat sie hinter die Bar und betrachtete die Wand mit den Gläsern der Stammgäste, deren Name unter die drei Lupinen des Firmenlogos graviert war.

Die Theke und die Tische waren poliert, und die Popcornmaschine war sauber und bereit. Hinter der Glaswand und der gesicherten Tür, die unbefugten Gästen den Zugang über die Treppe in den Braukeller versperrte, befanden sich die historischen Braugegenstände, die ihr Dad während seines ganzen Lebens gesammelt hatte.

Als sie schwere Schritte auf der Treppe hörte, war sie nicht überrascht. Zuerst kam ein Cowboyhut zum Vorschein, und dann lächelte ihr der große, kräftige Mann zu, der jetzt ihr Schwager war.

„Hey, Evie“, sagte er, während sich die Glastür hinter ihm schloss. „Ich war mir nicht sicher, wer hier oben sein würde.“

„Hey, Irish. Tut mir leid, dass ich nicht Mallory bin.“

„Sag das nicht. Es ist schön, dass du wieder in der Schankstube bist.“ Als er den Hut abnahm, wusste sie, dass er sie umarmen würde, weshalb sie lächeln musste.

Er war groß und musste sich etwas bücken, um die Arme um sie zu schlingen. Sein Bart kitzelte ihre Wange, und sie spürte eine Welle der Zuneigung.

„Mallory hat nicht viel erzählt, warum du zurückgekommen bist, doch ich habe eine Menge über Familie gelernt, seit ich hergekommen bin. Ich muss dir sagen, dass es mir eine Menge bedeutet, dass du … meine Schwägerin bist, Evie.“ Sein Ausdruck war stoisch geworden, da er nicht gern über persönliche Dinge sprach, doch sein Blick war warmherzig. „Ich will, dass du das weißt.“

„Danke. Das bedeutet mir viel.“

Als draußen eine Autotür zugeschlagen wurde, dachte Evie zunächst beklommen, dass Lane früh gekommen war, doch Irish lächelte sie an. „Das wird Mallory sein. Da der Trödelladen jetzt wieder zu den normalen Zeiten geöffnet ist und ich hier bin, kann sie sich etwas Ruhe gönnen zwischen dem Verlassen des Ladens und dem Abholen der Jungs.“

Bei der Eröffnung der Brauerei hatten sie den Trödelladen zunächst an den Tagen früher geschlossen, wenn die Schankstube geöffnet war. Das hatte sich negativ auf die Einnahmen des Ladens ausgewirkt, doch zum Glück hatten sie mit Irish eine weitere Arbeitskraft.

Mallory kam zu Evie, kurz bevor die Schankstube öffnete. „Ich hole gleich die Jungen, doch ich wollte dich erst fragen. Bist du sicher, dass du das machst?“

„Das muss ich“, sagte sie. „Und ich will hier draußen sein. Ich liebe es und arbeite gern mit euch.“

Ihre Schwester nickte. „Normalerweise ist er schon hier. Ich frage mich, ob er auftauchen wird.“

Er war natürlich Lane. „Er wird kommen. Er hat hier einen Job zu machen, wie alle anderen auch.“

„Wenn Irish die Bar macht, muss er nicht hier sein. Ich weiß, dass er gekommen ist, um Irish am Montag beim Brauen zu helfen, und dann zum Reinigen am Dienstag. Ich habe seinen Truck ein paarmal gesehen.“

Evie seufzte. „Meinst du, er schleicht sich rein und raus, weil er mich nicht sehen will, oder weil er glaubt, dass wir ihn nicht sehen wollen?“

„Vielleicht ein bisschen von beidem.“

Dann ging die Tür auf, und Evie drehte sich um, es war Lane. Sie erstarrte, und als er sie sah, da erstarrte er ebenfalls, und es war in jeder Hinsicht seltsam. Selbst Mallory wusste nicht, was sie sagen sollte.

Dann verfinsterte sich sein Ausdruck, und Evie zog sich der Magen zusammen. So kurz vor dem Öffnen wollte sie keine hässliche Szene. Eigentlich sollte es ein schöner Abend für sie werden.

„Darfst du die ganze Nacht auf den Beinen sein?“, wollte Lane mit barscher Stimme wissen.

Sie musste lachen. Vor Erleichterung und weil die Frage albern war. Man konnte kaum etwas sehen, deshalb war es eindeutig zu früh für Bettruhe. „Selbst wenn es bei meiner halben Selbstständigkeit einen Mutterschutz geben würde, beginnt dieser in der Regel erst dann, wenn es tatsächlich Zeit ist, das Kind zu bekommen.“

Sein finsterer Ausdruck änderte sich von besorgt zu verärgert, was ihr vertrauter war. „Achte nur auf ausreichend Pausen.“

Mallory hatte sich leise zurückgezogen, und Evie konnte sie noch in die kleine Küche verschwinden sehen, sodass sie jetzt mit Lane allein war.

„Evie, ich …“ Er hielt inne und räusperte sich, verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere. „Es tut mir leid wegen neulich abends.“

„Mir auch. Ich weiß, dass es ein Schock war, und ich hätte nicht einfach gehen sollen.“

Er sah sie an, und sein Ausdruck wurde weicher. „Ich denke, wir müssen besser kommunizieren lernen. Können wir uns mal zusammensetzen? Vielleicht im Diner was essen und reden? Nur wir beide, weg von all dem hier.“

Am liebsten wäre sie davongelaufen. Doch er hatte recht. Sie mussten besser werden mit ihrer Kommunikation und hatten nur wenig Zeit. „Ja, das können wir machen.“

„Sag, wann du willst, und ich nehme mir frei.“

„Morgen zum Mittag, bevor die Schankstube öffnet?“, schlug sie vor.

Er nickte. „Case und ich treffen uns normalerweise samstags wegen der Baumpflege, und danach bin ich im Braukeller. Lass mich einfach wissen, wann du Zeit hast.“

Es klopfte am Türfenster, und Evie sah einen ihrer Stammgäste durch die Scheibe spähen. „Offenbar ist es Zeit zum Öffnen.“

Die Schankstube hielt Evie den ganzen Abend über beschäftigt. Alle Gäste wollten mit ihr reden, und wenn man sie fragte, warum sie so schnell zurückgekehrt war, dann lächelte sie nur und sagte, dass sie Sehnsucht hatte. Das war keine Lüge. Sie hatte die Arbeit hier vermisst und war nur gegangen, weil die ständige Nähe zu Lane zu anstrengend war.

Es war noch immer schwer, in seiner Nähe zu sein, doch diesmal konnte sie nicht weg. Sie würde bleiben und gemeinsam mit ihm ihre Probleme lösen, bis sie wieder Freunde wären. Ihr Kind brauchte Eltern, die im selben Raum sein konnten, ohne sich zu erschießen.

4. KAPITEL

Evie erwachte vom Lärm ihrer Neffen. Das störte sie aber nicht, denn ihr Magen war ruhig, und am Vorabend hatte sie gut mit Lane gearbeitet. Es gab ein paar peinliche Momente, doch heute würden sie zusammen essen und alles bereden. Der schwierigste Teil ihrer Rückkehr lag hinter ihr.

Zumindest dachte sie das, bis sie um die Ecke bog und ihre Mum mit Laura Thompson am Küchentisch sitzen sah. Sie saßen nicht das erste Mal dort, schließlich waren sie alte Freundinnen. Doch sie begegnete ihrer ehemaligen Schwiegermutter das erste Mal mit dem Bewusstsein, dass sie ihr Enkelkind in sich trug.

„Oh“, sagte sie, als beide verstummten und sich zu ihr drehten. „Guten Morgen.“

„Guten Morgen“, antworteten sie gemeinsam.

„Ich wollte nur kurz …“ Sie zeigte auf den Kühlschrank.

Sie redeten nicht weiter, während sie sich ein Glas Orangensaft einschenkte, was ihren Verdacht bestärkte, dass sie über sie gesprochen hatten. Daran würde sie sich wohl gewöhnen müssen.

Evie ließ sich Zeit damit, die Orangensaftflasche wieder zu verschließen und die Kühlschranktür zu öffnen, während sie ihren nächsten Schritt überlegte.

Sie war froh, dass sie das Glas abgestellt hatte, denn als sie sich umdrehte, stand Laura direkt vor ihr, die Arme weit ausgebreitet. Mit klopfendem Herzen – nicht nur wegen der Überraschung – trat Evie vor und ließ sich umarmen.

Laura war immer nett zu ihr gewesen, doch Evie vermutete, dass es nur daran lag, weil sie Ellens beste Freundin war. Ansonsten würde Laura kaum ihre Zeit mit der ehemaligen Schwiegertochter verschwenden, und Evie glaubte nicht, dass ihre Schwangerschaft die Meinung von Lanes Mutter über sie verbessern würde.

Doch vielleicht lag sie ja falsch, denn Laura drückte sie innig, bevor sie zurücktrat. „Wie geht es dir?“

„Ganz gut.“ Laura setzte sich wieder, und Evie nahm ihr Glas und folgte ihr.

„Hast du schon einen Arzt?“, fragte Laura.

„So halb. Es ist zwanzig Minuten entfernt, und in ein paar Wochen habe ich einen Termin.“

„Hast du ihn schon Lane gegeben?“ Laura schnaubte und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Spar dir das. Gib ihn mir, und ich schreibe es in seinen Kalender.“

Evies Muskeln verspannten, und sie stahl sich ein paar Sekunden zum Nachdenken, indem sie einen großen Schluck Saft trank. Es gab keine schonende Art, Lanes Mutter zu erklären, dass sie ihn nicht unbedingt dabeihaben wollte. So eine Beziehung hatten sie nicht, und Mallory hatte bereits zugesagt, sie zu begleiten. „Das ist nur ein Anfangsgespräch zum Kennenlernen. Vielleicht nehmen sie mir Blut ab, doch da wird noch nichts Spannendes passieren.“

Laura runzelte die Stirn. „Okay, aber Lane sollte es wissen.“

Evie unterdrückte ein Seufzen. „Natürlich.“

Damit schien Laura zufrieden zu sein, denn sie lächelte. „Ich erinnere mich noch, wie ich Ellen damals gesagt hatte, dass ihr uns die hübschesten Enkelkinder der Stadt schenken werdet. Ich wusste nicht, dass wir so lange warten würden.“

Alle lachten, dann unterhielten sich die Mütter über das Stricken von Babysachen.

„Lane ist so praktisch“, sagte Laura, und wie immer schreckte Evie aus ihren Gedanken, als sein Name fiel. „Er wird unbedingt wissen wollen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.“

Evie wollte Laura daran erinnern, dass es nicht Lanes Entscheidung war, doch ein Streit würde die neue Phase ihrer Beziehung nicht einfacher machen.

Da niemand mit ihr sprach, leerte Evie ihr Glas und stand auf. „Ich werde duschen und mich anziehen. Und ich muss mir ein bisschen unsere Social-Media-Sachen ansehen, was eine Weile dauern wird.“

Sie fand genügend Aufgaben in ihrem Zimmer, bis Laura gegangen war, dann kehrte sie zurück in die Küche und machte sich einen Toast, damit sie es bis zum gemeinsamen Essen aushielt. Dabei machte sie sich ein paar Notizen für zukünftige Kampagnen.

Als ihr Handy in der Tasche summte, sprang sie vor Schreck auf. Sie lachte über sich selbst, zog es heraus und las die Nachricht.

Ich bin schon fertig. Fahren wir zusammen oder getrennt?

Es ergab keinen Sinn, mit zwei Autos zu fahren, doch es war gut möglich, dass das Gespräch ausarten würde, und sie hatte keine Lust auf eine unangenehme Heimfahrt.

Wir treffen uns da.

Als Antwort erhielt sie das Emoji mit dem erhobenen Daumen, also nahm sie Portemonnaie und Schlüssel und fuhr in die Stadt.

Als sie den Diner betrat und sah, wie voll es war, merkte sie, dass es ein großer Fehler war, hergekommen zu sein. Auf ihrer Suche nach neutralem Boden hatte sie einen Ort gewählt, wo ihr gemeinsames Auftreten Aufmerksamkeit erregen würde.

Was eigentlich auch keine Rolle spielte. Wenn sie ihren Babybauch nicht mehr verbergen konnte, würde man sowieso reden.

Nachdem sie sich in die abgeschiedenste Sitzecke setzte, die sie finden konnte, sah Evie in dem Moment zur Tür, als Lane eintrat.

Wie immer durchfuhr sie ein Gefühl der Liebe, gefolgt von Sehnsucht, die sofort verdrängt wurde von dem Schmerz des Verlustes und Bedauerns, der so stark war, dass es ihr fast den Atem raubte. Es war immer dasselbe, wenn sie ihn in den letzten zehn Jahren gesehen hatte, und weder Zeit noch Distanz hatten daran etwas geändert.

Vielleicht bildete sie es sich nur ein, doch als sich ihre Blicke trafen, dachte sie, dass er womöglich dasselbe empfand.

Lane fluchte leise, als er Evie auf der anderen Seite des Diners ansah. Das tat er immer, wenn er sie sah, denn es schmerzte ihn immer noch, ihre hübschen blauen Augen zu sehen.

Es war eine schlechte Idee gewesen, sie hier zu treffen.

Nicht wegen der neugierigen Blicke der anderen Gäste. Denn vor allem bereute er die Idee, da er keine Ahnung hatte, was er sagen sollte.

Es war das Eine, wegen des Kindes miteinander kommunizieren zu müssen. Zu wissen, was er sagen wollte, war eine ganz andere Sache.

„Hi“, sagte sie, als er sich in die Sitzecke schob. 

„Hi.“ Da er ihr jetzt so nah war, bemerkte er, wie eine leichte Röte über ihre Wangen huschte. „Du wirkst erhitzt. Geht es dir gut?“

„Es ist warm hier, und die Klimaanlage im Jeep ist tot, deshalb war mir schon heiß, als ich reinkam. Aber mir geht es gut.“

Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte, deshalb nahm er eine Speisekarte aus dem Halter, obwohl sie seit zehn Jahren unverändert war. „Hast du schon bestellt?“

„Noch nicht. Ich bin auch noch nicht lange hier.“

Der Blick in die Speisekarte und die Bestellung gab ihnen eine kurze Auszeit, um noch kein richtiges Gespräch beginnen zu müssen, doch viel zu schnell hatten sie ihre Getränke, und es war an der Zeit, miteinander zu sprechen.

Er wusste noch immer nicht, was er sagen sollte.

„Wir haben diese Kommunikation wirklich gut im Griff“, sagte Evie, als die Stille fast unerträglich war. Ihr Lächeln war etwas traurig, weshalb er sich wie ein Idiot fühlte, da er sie eingeladen hatte. Er musste sich mehr bemühen.

„Meine Mum meinte, dass ihr euch heute Morgen unterhalten habt“, sagte er, da ihm nichts Besseres einfiel.

„Ich würde nicht sagen, dass wir uns unterhalten haben. Es war eher so, dass ich im Raum war, während sie sich mit meiner Mum unterhalten hat.“ Sie rührte mit dem Strohhalm durch die Eiswürfel in ihrem Glas. „Sie hat mich aber umarmt, was nett war. Ich will, dass sich alle auf das Baby freuen.“

Sie sah ihn an, und er erwiderte den Blick. „Ich freue mich, Evie.“

„Tust du das?“

„Ganz bestimmt. Doch es hat mich umgehauen. Dabei habe ich schon immer Kinder gewollt. Das weißt du.“

Sie verzog den Mund. „Nur nicht mit mir.“

„Natürlich habe ich mir nicht vorgestellt, ein Baby mit meiner Ex-Frau zu haben, die es nicht erträgt, in meiner Nähe zu sein, doch so ist es jetzt.“

Sie biss die Zähne zusammen, und er merkte, dass er womöglich zu direkt war. „Ja, so ist es jetzt.“

„Evie, hör zu … du darfst dich nicht ärgern, wenn ich es für keine gute Idee halte, wenn wir ein Baby bekommen. Ich freue mich darauf, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass du mich verlassen hast.“

„Das ist zehn Jahre her, Lane. Wir können nur weiterkommen, wenn wir die Vergangenheit auf sich beruhen lassen. Ich habe dich vor zehn Jahren verlassen.“

„Zweimal hast du mich verlassen.“

Sie warf die Arme hoch. „Das ist nicht dein Ernst, Lane. Es war schwer, in deiner Nähe zu sein, dann hatten wir Sex, und alles wurde noch schlimmer. Wir konnten nicht einmal miteinander reden, deshalb bin ich gegangen. Du darfst nicht behaupten, ich hätte dich wieder verlassen.“

„Wärst du ohne Schwangerschaft zurückgekehrt?“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie das unterstreichen, obwohl es bereits wie ein Schlag in die Magengrube war. „Und es geht immer nur um dich. Ich bin gekommen, um über das Baby zu reden, und wie wir damit umgehen, und nicht, was ich bei dir falsch gemacht habe.“

Sie stand auf. „Evie, warte.“

„Lass mein Essen einpacken, und leg es in den Kühlschrank der Schankstube.“

Da sie im Diner waren, sprang Lane nicht auf und folgte ihr, rief auch nicht ihren Namen und überredete sie zur Rückkehr. Stattdessen gab er der Kellnerin zu verstehen, dass etwas dazwischengekommen sei und sie das Essen mitnehmen würden. Er war nicht in der Stimmung, allein zu essen.

Nachdem er das Restaurant verlassen hatte und auf das Öffnen der Schankstube wartete, machte er sich Vorwürfe, dass er das Treffen mit Evie verbockt hatte.

Sie hatte recht. Er litt noch immer daran, wie sehr sie ihn verletzt hatte. Doch es stimmte nicht, dass ihr letztes Fortgehen keine Rolle spielte. Es zerriss ihm immer das Herz, wenn sie Stonefield verließ, wie kurz ihr Besuch auch sein mochte. Sie wusste es nicht, doch ihr Fortgehen war wie eine Wunde, die ständig aufgerissen wurde.

Es half ihm auch nicht, Evie mit den Gästen interagieren zu sehen. Sie war schon immer der Sonnenschein der Familie gewesen und hatte ihn schon als Teenager magisch angezogen.

Während einer ruhigeren Phase des Abends nahm Lane sein Handy und öffnete die Instagram-App. Er sah täglich nach dem Account der Brauerei, denn ihm gefielen die Fotos, die Evie postete. Sie war kreativ, und das Konto hatte eine solide Anzahl Follower.

Dann gab er ihren Namen ein und betrachtete ihr privates Konto. Der neuste Post war ein Selfie von ihr mit rosafarbenem Strohhut und unechten Früchten. Sie lächelte, und er musste schmunzeln, als er den Text las: Was man so findet, wenn Mum einen Trödelladen hat.

Lane hatte sein Konto eröffnet, bevor er und David sich zur Eröffnung einer Brauerei entschieden. Er folgte vielen Bierbrauern in New England, doch Evies privatem Konto folgte er nicht. Er sah sich ihre Posts heimlich an, ohne ihr zu folgen, damit sie nicht merkte, wie oft er ihre Bilder betrachtete.

„Ich habe nichts dagegen, wenn du dir den ganzen Abend Evies Bilder anguckst“, sagte Irish und schreckte ihn auf, „doch es wäre schön, wenn du nicht im Weg stehen würdest.“

Mit schlechtem Gewissen schloss Lane die App und steckte das Handy in die Tasche. Leugnen war sinnlos, vor allem gegenüber Irish. Es war noch nicht lange her, dass er seinem Freund unter vier Augen erzählt hatte, welche schmerzliche Wahrheit ihn seit zehn Jahren verfolgte.

Warum muss ich bei all den tollen Frauen in der Welt ausgerechnet diese lieben?

Irish hatte darauf keine Antwort gehabt, denn es gab keine. Lane hatte Evie schon immer geliebt, und wie es aussah, würde es auch für immer so bleiben. Selbst als sie sein Herz brach und ihn verließ, hatte sich daran nichts geändert.

So war es wohl, dachte er. Und mit einem Baby würde er niemals genug Abstand gewinnen, um über sie hinwegzukommen. Er war dazu verdammt, die Frau zu lieben, die er nicht mehr lieben wollte.

5. KAPITEL

Nach drei Tagen des Schweigens wusste Evie, dass sie den ersten Schritt tun musste, wenn sie es beenden wollte. Sie wollte ein freundschaftliches Verhältnis zum Vater ihres Kindes, so schwer es auch sein mochte.

Lane hatte das wöchentliche Treffen am vergangenen Abend ausgesetzt. Seit Eröffnung der Brauerei war montags der inoffizielle Versammlungsabend für Suttons Brauerei und Schankstube. Da sowohl die Wirtschaft als auch der Trödelladen geschlossen waren, war es die beste Zeit dafür.

Nach der Versammlung wollte sie ihm eine Nachricht schreiben. Da sie ihm ihren Großmut demonstrieren wollte, würde sie ihn zum Abendessen einladen, nachdem er mit Irish die wöchentliche Intensivreinigung beendet hatte, und sein Lieblingsessen zubereiten.

Bevor sie es sich noch ausreden konnte, schrieb sie Lane die SMS:

Ich koche heute Abend für die Familie. Ich fände es schön, wenn du auch kommst.

Sie schickte die Nachricht und erschrak, da der zweite Satz vielleicht etwas übertrieben war. Doch jetzt war es zu spät, und sie konnte nichts anderes tun, als auf das Display zu starren. Es fühlte sich ewig an, bis endlich ein Wort auftauchte.

Warum?

Evie schnaubte erbost und hätte fast ihr Handy weggeworfen. Das ganze Warten für ein Wort? Sie hackte so heftig mit dem Finger auf die Bildschirmtastatur, dass ihr das Handy fast zu Boden gefallen wäre.

Weil wir für das Baby UND die Brauerei miteinander auskommen müssen. Wir sind erwachsen, und es gibt keinen Grund, nicht freundlich zu sein.

Nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, beobachtete sie die tanzenden Punkte und befürchtete schon, dass er sagen würde, es gäbe sehr wohl einen Grund dafür, warum sie keine Freunde sein konnten.

Okay.

Mehr Enthusiasmus hätte ihr gefallen, doch zumindest hatte er zugestimmt.

Als die Familie im Esszimmer auftauchte, war Evie erschöpft und konnte sich nicht erinnern, wie sie überhaupt auf diese Idee gekommen war, nur um Lane einen Olivenzweig zu reichen. Sie kochte nicht gern und war auch nicht besonders gut darin.

„Das riecht aber lecker“, sagte Irish, als er durch die Hintertür hereinkam, Jack und Eli wie immer dicht auf den Fersen. Sie spähte zu ihm, während er seinen Cowboyhut ablegte, und bemerkte zufällig Elis Grimasse. Das Kind schien offenbar anderer Meinung zu sein.

„Lane ist nicht mit dir?“, fragte sie bemüht beiläufig. Sollte er jetzt kneifen, dann würde sie ihm den Hackbraten mit Gewalt verabreichen!

„Er kommt. Er wollte nur über die Straße und mit Case reden.“

Evie nickte und konzentrierte sich auf die Bratensoße, die sehr dünn wirkte, doch besser ging es nicht. Lane wäre es ohnehin egal, da er seinen Hackbraten mit Ketchup aß. Viel Ketchup.

Mallory und die Jungen halfen beim Aufragen. Die Schmetterlinge in Evies Bauch flatterten, als sie die Vordertür hörte. Das musste Lane sein, und sie wollte, dass alles perfekt war. Ihr gemeinsames Essen war eine Katastrophe gewesen und hatte alles nur schlimmer gemacht. Sie musste es in Ordnung bringen, indem sie ihm sein Lieblingsessen servierte, was ihm zugleich das Gefühl geben würde, Teil der Familie zu sein.

„Das sieht wunderbar aus, Süße“, sagte ihre Mutter, als sie sich hinsetzte.

Evie war sich nicht so sicher. Der Hackbraten sah okay aus, doch die Soße war dünn, das Kartoffelpüree klumpig und die Brötchen steinhart. „Danke, Mum.“

Als Lane hereinkam, lächelte sie freundlich und drehte sich zu ihm. „Ich habe dein Lieblingsessen gemacht.“

Mit großen Augen blickte er zum Tisch und wieder zu ihr. „Das ist … toll.“

„Setz dich zu mir“, sagte Jack, und Lane lächelte ihr matt zu, bevor er sich zwischen die beiden Jungen setzte.

Die Speisen wurden herumgereicht, und Evie grinste, als Lane seinen Hackbraten mit Ketchup ertränkte. Sie hatte ihm das Essen zum ersten Mal gemacht, als sie frisch vermählt waren. Eigentlich mochte sie Hackbraten nicht, doch er hatte verraten, dass es sein Lieblingsessen von seiner Mum war, und sie hatte einfach nach dem Rezept gefragt.

Ellen unterdrückte ein Husten und trank einen großen Schluck. Nachdem sie ihr Glas abgestellt hatte, lächelte ihre Mutter schwach. „Habe ich dir nicht mal ein Rezept gegeben?“

„Ja. Das ist dein Rezept.“

Ellen hob eine Braue. „Hast du es verändert?“

„Nein. Ich mache es so, wie du es mir aufgeschrieben hast. Ich habe sogar noch deinen Zettel.“ Seit der Scheidung hatte sie es nicht mehr gemacht, doch sie konnte das Rezept nicht wegwerfen.

„Ach.“

„Willst du Ketchup?“, fragte Lane und hielt ihrer Mum die Flasche hin, und irgendwas daran erregte ihr Misstrauen.

„Wir hätten Case und Gwen einladen sollen“, sagte Mallory, als sie sich mehr Soße über den Hackbraten goss. „Gwen liebt Hackbraten, und es ist schade, dass sie das verpasst.“

„Mum“, sagte Eli und zuckte dann zusammen, als hätte ihn jemand – womöglich Lane – unter dem Tisch getreten.

„Du hast gesagt, es sei köstlich“, sagte Evie ihrem Ex-Mann und sah ihn finster an.

Der Blick, den Jack Lane zuwarf, hätte sie zum Lachen bringen können, wenn sie nicht so wütend wäre. „Wirklich?“

„Das war vor langer Zeit“, sagte Lane, und es war nicht klar, ob er mit Jack oder mit Evie sprach.

„Du hast gesagt, es sei köstlich“, wiederholte sie, „und ich habe es zu besonderen Anlässen gemacht. Ich … Du hast gesagt, es sei dein Lieblingsessen.“

Er nickte langsam. „Der Hackbraten meiner Mum ist mein Lieblingsessen. Doch du warst so stolz darauf, da hatte ich nicht das Herz, dir zu sagen, dass er nicht so … toll ist.“

„Ich habe ihn dir während unserer ganzen Ehe gemacht.“

„Ich weiß.“

„Und ich habe ihn als Friedensangebot für dich gemacht, und jetzt weiß die ganze Familie, dass ich keinen Hackbraten machen kann.“

„Außer Tante Gwen und Onkel Case“, sagte Eli ernsthaft, da er offensichtlich helfen wollte. „Wir sagen ihnen, dass es ganz toll war, und sie werden es nie erfahren.“

„Danke, mein Süßer.“ Evie gelang ein Lächeln für ihren Neffen.

Lane blickte finster drein. „Wenn er lügt, dann ist er ein Süßer, doch wenn ich das mache, dann bin ich in Schwierigkeiten?“

„So schlimm ist es ja gar nicht“, sagte Irish, doch Evie konnte sehen, dass er seinen Hackbraten ebenfalls in Ketchup ertränkt hatte, obwohl er kein Ketchup mochte.

„Das ist okay“, sagte Evie und schob den Stuhl beim Aufstehen zurück. „Ihr könnt Pizza oder so bestellen. Ich bin gar nicht hungrig.“

„Evie“, sagte Lane und wollte sie beschwichtigen, doch sie hörte den Überdruss in seiner Stimme. „Es ist nur Hackbraten. Jetzt reg dich nicht auf.“

„Es ist nicht nur Hackbraten, Lane. Es war … es hatte etwas bedeuten sollen.“

Sie verließ das Esszimmer, bevor er noch antworten konnte, und ging auf ihr Zimmer. Das Zuknallen der Tür gab ihr Genugtuung, auch wenn man es wahrscheinlich vom Esszimmer nicht hören konnte.

So viel zum Thema Olivenzweige.

„Vier Tage hat sie wegen des Hackbratens nicht mit dir gesprochen?“, schnaubte Case, als er auf Lanes Straße bog. Sie waren nach einem fertigen Auftrag zu einem anderen Kunden gefahren, sodass die anderen schon fertig waren. „Ich weiß, dass die Sutton-Frauen sehr stur sein können, doch vier Tage ist lang.“

„Ich muss zugeben, dass ich ihr meist aus dem Weg gegangen bin, sodass es auch kaum Gelegenheiten zum Gespräch gab. Und es war weniger der Hackbraten als die Tatsache, dass ich gesagt habe, er war gut.“

„Was eine große Lüge war, wie mir Irish gesagt hat.“

„Du hättest wenigstens so tun können, als fändest du das nicht witzig. Was sollte ich denn tun? Sie hatte sich solche Mühe gegeben und war stolz, dass sie mir mein Lieblingsgericht gemacht hat. Also habe ich gelogen. Und musste immer weiter lügen.“

„Du bist ein guter Mann.“ Als ihn Lane wütend ansah, lachte Case. „Wie ich gehört habe, musst du wirklich ein Heiliger sein, wenn du behauptet hast, dass du ihren Hackbraten liebst.“

„Ich muss das wieder gutmachen.“

„Es ist nicht deine Schuld, wenn Evie nicht kochen kann.“

„Nein, doch sie will, dass wir miteinander auskommen, und deshalb hat sie ihn gemacht. Die peinliche Situation ist nur entstanden, weil ich vor mehr als zehn Jahren nicht den Mut hatte, ehrlich zu ihr zu sein.“

Sie hielten vor Lanes Haus, und Case stellte den Motor ab. „Was wirst du tun?“

„Ich weiß es nicht. Irgendeine Idee?“

„Schenk ihr kein Kochbuch“, sagte Case, und Lane lachte. „Lieber Blumen oder so.“

„Vielleicht“, sagte Lane, doch Evie mochte keine Schnittblumen.

„Gehst du heute Abend in die Schankstube?“

„Ich weiß nicht. Als ich Irish sagte, dass wir heute lange ...

Autor

Shannon Stacey
Mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt die Bestsellerautorin Shannon Stacey in New England, das für seinen farbenprächtigen Indian Summer bekannt ist, aber auch für sehr kalte Winter. Dann macht sie es sich gerne zu Hause gemütlich. Leider weigern sich Shannons Katzen hartnäckig, auf ihrem Schoß als Wärmflasche zu dienen,...
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Carrie Nichols
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Michelle Major
<p>Die USA-Today-Bestsellerautorin Michelle Major liebt Geschichten über Neuanfänge, zweite Chancen - und natürlich mit Happy End. Als passionierte Bergsteigerin lebt sie im Schatten der Rocky Mountains, zusammen mit ihrem Mann, zwei Teenagern und einer bunten Mischung an verwöhnten Haustieren. Mehr über Michelle Major auf www.michellemajor.com.</p>
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Judy Duarte
Judy liebte es schon immer Liebesromane zu lesen, dachte aber nie daran selbst welche zu verfassen. „Englisch war das Fach in der Schule, was ich am wenigsten mochte, eine Geschichtenerzählerin war ich trotzdem immer gewesen,“ gesteht sie. Als alleinerziehende Mutter mit vier Kindern, wagte Judy den Schritt zurück auf die...
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