Check-in für die Liebe - 5 luxuriöse Romances

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MIT DEN WAFFEN DER LEIDENSCHAFT von ABBY GREEN

Orla Kennedy ist perfekt auf das Meeting mit den Chatsfields vorbereitet, die das Kennedy-Hotel kaufen wollen. Aber am Abend trifft sie in der Bar des Luxushotels einen attraktiven Mann. Sie fragt nicht, wer er ist, begleitet ihn in seine Suite und genießt die Leidenschaft. Bis sie am nächsten Tag erkennt: Ihr Lover der letzten Nacht leitet die Verhandlungen!

WIE BEZAUBERT MAN EINEN MILLIARDÄR? von RACHAEL STEWART

Hotelmanagerin Sophia versteckt ihr Herz hinter einer dicken Mauer. Liebe, zärtliche Gefühle? Daran glaubt sie nicht. Bis ein mutterloses kleines Mädchen alles ändert! Was Sophia gefährlich verletzlich für den Charme des attraktiven Single Dads, Milliardär Jack McGregor, macht …

WETTEN, DU KÜSST MICH! von METSY HINGLE

In dreißig Tagen muss Laura 15 Millionen Dollar auftreiben! Sonst geht ihr Hotel in den Besitz von Jack Hawke über. Und ausgerechnet in Jacks Nähe spürt sie jedes Mal dieses überwältigende erotische Knistern … In einem dieser aufregenden Momente lässt Laura sich auf eine verrückte Wette mit ihm ein: Wenn sie das Geld zusammenbekommt, überlässt er ihr das Hotel. Gelingt es ihr nicht, muss sie eine Nacht mit ihm verbringen!

TAGE DER VERSUCHUNG von MICHELLE CELMER

Victoria kann es nicht fassen: Erst hat dieser arrogante Charles Mead die Dreistigkeit, ihr das Hotel zu nehmen, das seit Generationen in ihrem Familienbesitz ist - und dann macht er sie auch noch zu seiner persönlichen Assistentin! Doch eins will sie ihm nicht erlauben: Sie zu verführen! Bald muss Victoria jedoch einsehen, wie stark Charles' erotische Ausstrahlung ist …

KEIN WORT VON LIEBE von LILIAN DARCY

Aufgewühlt blickt Atlanta auf die zwei dunkelroten Linien des Schwangerschaftstests. Sie trägt tatsächlich Nathans Baby unter dem Herzen! Zwar knistert es stark zwischen ihr und Nathan. Kein Wunder: Nathan ist ein starker, faszinierender Mann und hat als Hotelmanager großen Erfolg. Aber ist er auch bereit, Vater zu werden?


  • Erscheinungstag 17.10.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535892
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

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Redaktionsleitung: Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)
Produktion: Jennifer Galka
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Harlequin Books S.A.
Originaltitel: „Rival’s Challenge“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: PRESENTS
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2196 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Gudrun Bothe

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733702045

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

Antonio Chatsfield vermittelte der vollbusigen Brünetten am Bartresen die knappe Botschaft nonverbal und unmissverständlich: Nicht interessiert.

Alles an der aufgetakelten Beauty, die ihn aus kohlschwarz geschminkten Augen herausfordernd fixierte, strapazierte seine angegriffenen Nerven. Sie war zu vordergründig, zu sehr von sich überzeugt, dazu noch übertrieben aufgestylt … wie alles hier.

Um seinen Mund spielte ein zynisches Lächeln, während er das dekadent luxuriöse Bar-Ambiente des Flagship-Hotels begutachtete, das seiner Familie gehörte. Nichts, was Antonio in den letzten zehn, zwölf Jahren zu sehen bekommen hatte, konnte man hiermit vergleichen. Alles war von Chaos, Panik, Leiden und Tod geprägt gewesen.

Doch daran wollte er nicht zurückdenken. Nicht jetzt!

Schließlich war er gerade wegen der dunklen Ecken und des gedämpften Lichts hierhergekommen, anstatt sich in der einsamen Hotelsuite zu betrinken, die er vorübergehend sein Heim nannte. Antonio lächelte grimmig. Was für ein Fortschritt, dass er nicht länger darauf bestand, sich in einem selbst gewählten Exil zu betäuben, sondern in Gegenwart anderer. Sein Therapeut wäre zweifellos stolz auf ihn!

Was andere als selbstverständlich ansahen, war für ihn ein großer Schritt und hatte ihn einige Kämpfe gekostet. Und schon fühlte er das vertraute Frösteln und Prickeln auf der empfindlichen Haut, das ihn nie ganz verließ, ebenso wie das Krampfen in der Magengegend. Dazu reichte ein unerwartetes Hundegebell oder ein anderes, lautes Geräusch, und er war wieder gefangen im Terror seiner verheerenden Erinnerungen.

Doch leider hatte der vorsorgliche doppelte Whisky heute Abend nicht den gewünschten Effekt. Es war, als würde die essigsaure Bitterkeit in seinem Innern die erhoffte Wirkung einfach wegätzen. Selbst die Frau am Tresen verlor das Interesse an ihm und wandte sich einem Gast zu, der gerade die Bar betreten hatte. Antonio sah, wie sie beziehungsvolle Blicke tauschten, bevor der Neuankömmling dem Barkeeper einen Wink gab, der Dame einen weiteren Cocktail zu kredenzen.

Mental prostete Antonio den beiden zu, hatte er doch zu anderen Zeiten etliche Situationen wie diese erlebt und genossen. Momentan jedoch hatte er dafür keinen Sinn. Trotzdem spürte er ein unangenehmes Ziehen im Unterleib, etwas, das er lange nicht gefühlt hatte, da er es vorzog, sich rund um die Uhr zu betäuben, mit harter Arbeit oder Extremsport.

Nach langen Jahren im Exil, unterbrochen von gelegentlichen Trips in seine Heimat, war er erst seit wenigen Monaten zurück in London. Und das auch nur, weil seine Familie in einer ernsthaften Krise steckte. Was seinen Vater dazu veranlasst hatte, Christos Giantrakos als CEO an die Spitze des Familienunternehmens zu setzen – einer weltweiten Kette von Luxushotels, denen seit 1920 ein undefinierbarer Hauch von Exklusivität und Glamour anhaftete.

Doch der Stern der noblen Luxusherbergen befand sich seit Langem im Sinkflug. Gerade in den letzten Jahren war der ehemalige Glanz durch Antonios jüngere Geschwister noch zusätzlich angekratzt worden – durch eine Reihe von Skandalen, in denen einer den anderen förmlich zu übertreffen versuchte. Mit Ausnahme seiner Schwester Lucilla, die ihn um Hilfe gebeten hatte, da sie sich absolut überfordert fühlte.

Auch er hatte sich in jungen Jahren nicht gerade durch Diskretion und Feingefühl hervorgetan und war von zu Hause geflüchtet, als seine jüngeren Geschwister an der Schwelle zum Flegelalter standen. Deshalb stand es ihm kaum zu, sie zu verurteilen.

Antonio hatte der Familie und den dazugehörigen Pflichten schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt und beabsichtigte nicht, die Zügel erneut in die Hand zu nehmen. Schon gar nicht, wenn Giantrakos darauf spekulierte, seine Erfahrungen aus Militärzeit und Business für sich zu nutzen, um das angeschlagene Image der Chatsfield Hotels wieder aufzupolieren und seine ehrgeizigen Expansionspläne voranzutreiben.

Doch Lucilla, die ihm von allen Familienmitgliedern nicht nur im Alter am nächsten stand, hatte ihn förmlich angefleht, sie dabei zu unterstützen, den arroganten Griechen möglichst vom Thron zu stoßen. Und da ihn schon lange das schlechte Gewissen plagte, weil er sie damals mit den jüngeren Geschwistern allein gelassen hatte, saß er jetzt hier in der Bar des Chatsfields London und brütete vor sich hin …

Lucilla hatte es geschickt angefangen, indem sie ihn nicht nur bei seiner Familienehre, sondern seinem sportlichen und beruflichen Ehrgeiz packte. Ihre Idee war die feindliche Übernahme eines Konkurrenzunternehmens – der Kennedy Group . So wollte sie noch vor dem im August anberaumten Aktionärs-Meeting beweisen, dass sie auch ohne einen selbstherrlichen Außenseiter in der Lage waren, dem Familienunternehmen wieder zu altem Glanz und Erfolg zu verhelfen.

Und wenn das erforderte, an einen Ort zurückzukehren, den er nie wieder hatte sehen wollen … dann sei’s drum.

Antonio verspürte einen vertrauten Druck in der Brust bei dem Gedanken an seine Geschwister und daran, dass niemand von ihnen, eingeschlossen er selbst, je die Chance auf ein normales, erfülltes Leben bekommen hatte. Nicht, nachdem sie von beiden Elternteilen im Stich gelassen worden waren. Als Ältester hatte er damals versucht, sein Bestes zu geben, doch es hatte nicht gereicht.

Die Wunden nach der schrecklichen Auseinandersetzung mit seinem Vater, vor mehr als zehn Jahren, waren immer noch nicht verheilt. Damals hatte er schmerzhaft einsehen müssen, wie unbedarft und schwächlich seine Bemühungen um eine intakte Familie waren – und dass es wohl für alle das Beste war, wenn er einfach verschwand und dem Schicksal seinen Lauf ließ. Denn, wie sein alter Herr ihn lapidar und mit sichtlicher Genugtuung erinnerte, war nun mal nicht er der Vater und würde es nie sein, wie sehr er sich auch anstrengte.

Freudlos trank er einen großen Schluck Whisky. Seine Schwester kannte ihn sehr gut. Lucilla wusste natürlich, wie schuldig er sich wegen seiner Flucht fühlte, obwohl sie es gewesen war, die ihn zum Gehen gedrängt hatte. Sie hatte seine Rast- und Ruhelosigkeit gespürt und geahnt, ihn ohnehin nicht auf Dauer halten zu können.

Ihre spezielle Nähe zueinander basierte hauptsächlich auf der schweren Bürde, die ihnen die eigene Mutter aufgehalst hatte, als sie eines Tages sang- und klanglos die Familie verließ und bis heute nicht wieder aufgetaucht war.

Trotz der Vielzahl quälender Ereignisse, die er seither durchlebt hatte, schmerzte ihn nichts heftiger als das Bild von Lucilla als Teenager, die mit tränenüberströmtem Gesicht ihre winzige Babyschwester an sich drückte.

‚Antonio … sie ist gegangen und hat uns allein gelassen …‘

Er selbst war zu wütend und zu verängstigt gewesen, um auch nur ein Wort herauszubringen. Darum hatte er seine beiden Schwestern nur stumm in die Arme genommen und sich geschworen, niemals zuzulassen, dass die Familie auseinanderfällt. Damals war er fünfzehn Jahre alt gewesen.

Frustriert über den unaufhaltsamen Fluss trüber Gedanken, leerte er sein Glas und beschloss, lieber in die Suite zurückzukehren, bevor er die anderen Gäste noch mit seiner miesen Laune ansteckte. Doch gerade als er vom Barhocker rutschen wollte, öffnete sich die Tür, eine Frau trat ein, und Antonio war wie paralysiert.

Dabei hätte er gar nicht sagen können, was genau ihn so an ihr faszinierte. Vielleicht war es einfach nur der auffällige Kontrast ihres blassen Teints zum tiefen Schwarz des aufregenden Kleids. Oder die unglaublich langen, schlanken Beine in mörderischen High Heels. Was immer es war, es bannte ihn auf seinem Platz fest. Atemlos verfolgte er ihre geschmeidig graziösen Bewegungen, während sie zum Tresen hinüberging und gelassen darauf wartete, dass der Barkeeper sie bemerkte.

Ein echter Rotschopf. Das aufgesteckte Haar schien bei jeder Bewegung feurige Funken zu sprühen. Die Augen waren blau … oder besser, dunkelviolett, das täuschend schlichte Seidenkleid stylish und sexy zugleich. Sie hatte schlanke Arme, schmale Handgelenke, und ihre kurzgeschnittenen Nägel waren farblos lackiert. In der Hand hielt sie eine elegante schwarze Clutch, und außer schlichten Diamantohrringen trug sie keinen Schmuck.

Sie war kleiner, als er zuerst angenommen hatte, ohne die hohen Absätze maximal eins fünfundsechzig. Piccola e fragile …

Antonio spürte ein heftiges Ziehen in den Lenden und bewegte sich unruhig auf dem Barhocker. Wie war das möglich, nachdem ihn die eindeutigen Avancen der wesentlich auffälligeren Schönheit von eben völlig kalt gelassen hatten?

Soweit er das angesichts der dämmrigen Lichtverhältnisse beurteilen konnte, hatte sie kleine Brüste und trug keinen BH unter der schwarzen Seide. Als sie sich leicht zur Seite wandte, zeigte sich für den Bruchteil einer Sekunde ein Schlitz im Oberteil des Kleides und ließ milchweiße Haut aufblitzen.

Eine heiße Woge heftigen Verlangens erfasste Antonio, während er sich vorstellte, seine Hand durch den Spalt zu schieben, eine Brust zu umfassen und zu spüren, wie sich die rosige Knospe in seiner warmen Handinnenfläche verhärtete …

Orla Kennedy stand vorm Bartresen, versuchte ihre Befangenheit zu verbergen und das irritierende Prickeln auf ihrer Haut zu ignorieren. Der Drang, auf der Stelle kehrt zu machen und die sprichwörtlichen Hacken in den Teer zu hauen – der sich in der dekadenten Bar im Zwanziger-Jahre-Stil als kostbarer Intarsienboden mit original Lalique-Motiven präsentierte –, wurde fast übermächtig.

Doch dann erinnerte sie sich an ihre Mission. Als Erstes wollte sie sich etwas Mut antrinken und dann relaxed eine dezente Recherche betreiben, um einen persönlichen Eindruck oder möglicherweise sogar interessantes Insiderwissen vor dem morgigen Meeting zu gewinnen. Wie kann ich da kneifen, nur weil sich gefühlt jedes anwesende Augenpaar auf mich richtet?

Wahrscheinlich bedauerte man die Single-Frau, die es nötig hatte, sich aus Einsamkeit in eine schummerige Bar zu flüchten. Oder schlimmer! schoss es Orla durch den Kopf, als sie dem flirtenden Paar am Ende des Tresens einen flüchtigen Blick zuwarf. Womöglich unterstellt man mir sogar, dass ich extra hergekommen bin, um einen Mann aufzureißen!

Ein sichernder Rundumblick zeigte ihr weitere Paare, die in intimen Nischen saßen, und eine Gruppe junger City-Boys in schicken Businessanzügen, die sich an einen langen Tisch im Hintergrund der Bar zurückgezogen hatten. Orla atmete innerlich auf, da offenbar niemand sie beobachtete oder sich gar über sie lustig machte, und beschloss, auf einem der hohen, samtbezogenen Drehhocker Platz zu nehmen, weil sie so im antiken Spiegel über dem Bartresen sehen konnte, was hinter ihrem Rücken vor sich ging.

Der attraktive, junge Barkeeper kredenzte ihr mit souveräner Geste den bestellten Drink, und Orla bat ihn lächelnd, den Cocktail auf ihre Zimmerrechnung zu setzen. Dann trank sie einen Schluck … und noch einen, doch das Gefühl, beobachtet zu werden, blieb.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sich eine Nacht vor dem Meeting im Hotel einzumieten. Sie hatte es für einen besonders gelungenen Geistesblitz gehalten, eine Art Inspiration, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wer es darauf anlegte, sich ihr angeschlagenes Familienunternehmen unter den Nagel zu reißen.

Doch um sich ein Bild von der Exklusivität des Hotels zu machen, hätte sie nicht wirklich einchecken müssen. Ein Blick ins Internet hätte gereicht, auch wenn gemunkelt wurde, dass die Reputation der Chatsfield Hotel Group wegen diverser Familienskandale in den letzten Jahren ziemlich gelitten hatte.

Eine Maßnahme, die Firma wieder zu stärken, wenn es schon nicht möglich schien, die wilden, zügellosen Hotelerben in Schach zu halten, hieß offensichtlich: Expansion. Orlas weicher Mund verhärtetet sich, wenn sie daran dachte, wie entschlossen, ja, geradezu gnadenlos man sich Hotelketten einverleibte, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten. Aktuell peilte man die Kennedy Group an, die Firma ihres Vaters …

Begonnen hatte die Geschichte in Irland, wo Patrick Kennedy in den Sechzigern mit einem kleinen Hotel begann und dank harter Arbeit, enormer Willenskraft und dem berühmten irischen Dickschädel bald über eine ganze Hotelkette verfügte, wobei ihm der damalige wirtschaftliche Aufschwung sehr entgegenkam. Dann verlegte er seine Geschäfte nach England, reagierte zu spät auf den ökonomischen Einbruch und war gezwungen, mehrere Hotels zu schließen, was ihn verwundbar und zur begehrten Beute für feindliche Übernahmen machte.

Orla war klar, dass ihr Familienunternehmen niemals mit dem Chatsfield-Imperium verglichen werden konnte, aber sie besaß genügend Fachwissen und Sachverstand, um zu erkennen, wie perfekt sich die Kennedy-Hotels ins Chatsfield-Portfolio einfügen ließen. Vor allem dank ihrer vorzüglichen Reputation und einer exklusiven Klientel, die neben Luxus und Glamour gesteigerten Wert auf Diskretion legte.

Deshalb war sie hergekommen, um ihre Gegner besser einschätzen zu können. Doch angesichts der gediegenen Atmosphäre und der eleganten Opulenz allein im Foyer oder hier in der Bar fühlte sie sich wie David vor dem Riesen Goliath. Eigentlich kann ich auch direkt wieder nach Hause fahren, dachte sie mutlos. Ehe ich mich noch lächerlich mache …

Ihre Nackenhärchen sträubten sich. Da war es wieder, dieses verstörende Gefühl, beobachtet zu werden. Diesmal so intensiv, dass sie den Blick wie magisch angezogen nach links wandern ließ, und ihr der Atem stockte, als sie sich von einem glühenden, dunklen Augenpaar gefangen fühlte. Der Mann stand abseits, im Hintergrund der Bar, und fixierte sie auf eine geradezu unverschämte Weise. Selbst als sie jetzt unwillig das Kinn vorschob, dachte er nicht daran, den Blick abzuwenden.

Und frustriert musste Orla feststellen, dass sie es ebenso wenig fertigbrachte.

Wie habe ich ihn bisher nur übersehen können? Ohne einen Finger zu rühren oder auch nur mit der Wimper zu zucken, beherrschte er den Raum. Dunkel und brütend, mit geradezu dramatisch maskulinen Gesichtszügen, nachtschwarzem, kurz getrimmtem Haar, einem klassisch geschnittenen Mund mit etwas vollerer Oberlippe, den er momentan allerdings zu einer grimmigen Linie zusammenpresste.

Wie es wohl war, von derart herben Lippen geküsst zu werden? Rau und ohne Kompromisse? Mit ungezügelter Leidenschaft und …

Heiße Röte überzog ihren Hals, und Orla konnte es nicht fassen, wohin sich ihre lebhafte Fantasie verirrte. Mit flammenden Wangen senkte sie den Blick schuldbewusst auf ihren Cocktail, den sie so schnell wie möglich austrinken würde. Aber nicht hier, im Spotlight des Bartresens, sondern etwas abseits, wo sie sich nicht auf dem Präsentierteller fühlte … und verstörenden Männerblicken ausgeliefert.

Kurz darauf sank sie mit einem erleichterten Seufzer auf die mit dunkellila Samt gepolsterte Sitzbank und stellte ihr Glas auf dem Tisch vor ihr ab. Mit der Wand im Rücken und freiem Blick über die Bar fühlte sie sich schon sicherer. Überhaupt gehörte die vollbusige Brünette, die sich inzwischen im wilden Clinch mit ihrem Begleiter befand, wahrscheinlich viel eher ins Beuteschema ihres Beobachters.

Verrückt, wie mein Herz pocht und mein Puls jagt! Wie nach einem schweißtreibenden Marathonlauf. Vorsichtig hob Orla den Blick, stellte fest, dass der beunruhigende Fremde immer noch in ihrem Sichtfeld war und sie offenbar nonstop in seinem Fokus!

Ein beängstigendes Gefühl. Oder eher seltsam. Sinnlich, sündhaft … sexy.

Orla spürte, wie sich ihre harten Brustspitzen gegen die weiche Seide drängten. Erst als sie im Hotelzimmer ihre Tasche ausgepackt hatte, hatte sie festgestellt, dass kein BH dabei war, den sie unter diesem Kleid mit dem versteckten Schlitz im Dekolleté tragen konnte. Aber im strengen Business-Hosenanzug wäre sie hier in der Bar unter Garantie noch mehr aufgefallen, also musste sie oben ohne gehen. Was in ihrem Fall nicht tragisch … oder besonders frustrierend war, da sie keine so aufregend großen Brüste hatte wie die Frau am Tresen.

In der schummerigen Barbeleuchtung war bestimmt nichts Kompromittierendes zu sehen, wenn man nicht so dreist und unverschämt starrte!

Rasch wandte sie den Blick ab, um dem dunklen Fremden nicht noch falsche Signale zu senden. Okay, es war eine ganze Weile her, dass sie Sex gehabt hatte. Präzise gesagt bereits über ein Jahr, und davor war in dieser Hinsicht auch nicht viel passiert. Jedenfalls nichts Erwähnenswertes. Warum keine ihrer Beziehungen mehr als ein paar Wochen gehalten hatte, konnte sie sich bis heute nicht erklären. Irgendwie schienen die Männer, mit denen sie sich verabredete, ein Problem damit zu haben, dass Arbeit und Familie für sie immer an erster Stelle standen.

Irgendwann hatte Orla sich damit abgefunden, ihre Arbeit als potenten Bettgenossen zu akzeptieren. Und bis zu diesem Moment hatte ihr diese Illusion auch absolut gereicht. Natürlich war sie auch mal frustriert oder fühlte sich einsam, wenn sie verliebten Pärchen gegenüberstand, die sich für ein Romantik-Wochenende in ihrem Hotel einmieteten und das Haus nach zwei Tagen relaxed und mit träumerischem Augenausdruck wieder verließen.

Aber warum stört mich das ausgerechnet jetzt? Und warum dieser bittere Geschmack auf der Zunge, wenn sie …

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

Ihr Kopf flog so abrupt hoch, dass sie es im Nacken spürte. Es war, als habe ihr jemand eine heftige Ohrfeige versetzt. Alles Blut wich aus ihrem Gesicht, nur um in der nächsten Sekunde als heiße Welle ihre Wangen zu überfluten.

Der Mann, um den sich in den letzten fünf Minuten jeder ihrer Gedanken drehte, stand dicht neben ihr, in dunklem Anzug und mit am Kragen offenem weißem Hemd. Er war so … groß, so kraftvoll, regelrecht überwältigend.

Sie brachte keinen Ton hervor, was offenbar als stumme Einladung interpretiert wurde. Lässig ließ er sich auf den gepolsterten Stuhl ihr gegenüber fallen. Erst als er seinen Drink auf dem schmalen Tisch abstellte, erwachte Orla aus ihrer Trance. „Ich habe Sie nicht darum gebeten, sich zu mir zu setzen“, sagte sie steif, während ihr Herz ganz weit oben im Hals schlug. Da er nicht reagierte, griff sie nach ihrem Cocktailglas und wollte sich erheben.

„Bitte, bleiben Sie.“

Seine dunkle, raue Stimme sandte wilde Schauer über ihren Rücken. Orla zögerte. Sie fühlte sich unsicher, atemlos und ausgeliefert. Was war nur an diesem Mann, dass er ihr so unter die Haut ging? Woher mochte er stammen? Erst verspätet registrierte sie seinen leichten Akzent. „Sie sind nicht von hier?“

Antonio hob die Brauen. „Doch, bin ich. Warum?“

„Ich weiß nicht …“ Ihre Röte vertiefte sich noch, weil sie ihm unabsichtlich ihr Interesse offenbart hatte. „Sie wirken irgendwie fremdländisch.“

Seine aufregenden Lippen kräuselten sich leicht. „Das liegt vielleicht daran, dass ich halb Italiener, halb Engländer bin.“

„Oh …“

„Und Sie?“

„Irisch“, gab Orla wie aus der Pistole geschossen zurück und hätte am liebsten die Augen verdreht. Sie hatte eben nur wenig Erfahrung in Bargesprächen ! „Da geboren, hier aufgewachsen.“

„Das erklärt die helle Haut und das rote Haar.“

Wie hypnotisiert starrte sie ihm in die Augen und versuchte, die Farbe zu ergründen. In dem dämmerigen Licht erschienen sie ihr tiefschwarz, mit winzigen goldenen Pünktchen, die ab und zu aufblitzten. Auf jeden Fall signalisierten sie Gefahr. Dann fiel ihr wieder ein, wo sie war, und Orla versteifte sich. „Würden Sie mich jetzt bitte allein lassen? Ich habe Sie nicht um Ihre Gesellschaft gebeten … Sir .“

Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich ins Unendliche aus. Der Fremde rührte sich keinen Millimeter. Frustriert startete Orla einen erneuten Versuch aufzustehen. „Okay, wenn Sie so unhöflich sind, werde ich …“ Sie brach ab, als sie seinen festen Griff um ihr Handgelenk spürte.

„Bitte, tun Sie mir nur einen kleinen Gefallen, bevor Sie mich verlassen“, bat er eindringlich. „Geben Sie nur für ein paar Minuten vor, dass wir beide zusammengehören.“

Sein Vorschlag machte Orla sprachlos, aber nur für einen Moment. „Wovon reden Sie eigentlich?“, fragte sie brüsk und machte sich mit einem Ruck frei.

„Sehen Sie die Frau dahinten am Tresen?“, fragte der Fremde im Verschwörerton und wies mit den dunklen Augen in die Richtung, ohne den Kopf zu bewegen.

Orla folgte seinem angedeuteten Blick und sah den vollbusigen brünetten Vamp, inzwischen allerdings ohne Begleiter, auf dem hohen Barhocker balancieren. „Was ist mit ihr?“

„Ich befürchte, ich bin der Nächste auf ihrer Hitliste.“ Auf seinen dunklen Zügen zeigte sich so etwas wie Panik.

Oder einfach nur Theatermelodramatik! entschied Orla. Der Kerl flirtet mit mir!

„Und Sie versuchen mir vorzumachen, dass Sie der lockenden Sirene nichts entgegenzusetzen haben?“, fragte sie spöttisch. „Netter Versuch.“

Jetzt grinste er breit und mit funkelnden Augen. „Hat nicht geklappt, oder?“

Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich von seiner unangemessenen Heiterkeit nicht anstecken zu lassen. „Ich glaube, jetzt sind Sie sicher“, informierte sie ihren dreisten Verehrer. „Wie es aussieht, brauchte ihr Rivale nur eine kleine Pause und ist wieder zurück an seinem Platz.“

Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Fremde sich gar nicht umdrehen musste, um das Geschehen hinter seinem Rücken zu registrieren. Ein Blick in den Barockspiegel über ihrem Kopf reichte. „Schade, nun muss ich mir etwas Neues einfallen lassen, um mit Ihnen reden zu können.“

In Orlas Magen flogen unzählige Schmetterlinge auf. Natürlich hätte sie auch jetzt noch gehen können, doch dazu war sie inzwischen viel zu neugierig und animiert. Der dunkle Fremde erwies sich als wesentlich charmanter und lockerer als anfangs angenommen. Dazu der geheimnisvolle Habitus – welche Frau hätte darauf nicht reagiert? Orla fühlte sich plötzlich so belebt und feminin wie seit Ewigkeiten nicht mehr.

„Darf ich Ihnen noch einen Cocktail als Wiedergutmachung für meine Dreistigkeit bestellen?“, fragte der Mann, als spüre er ihre Schwäche.

Orla zögerte nur kurz. „Sicher, warum nicht?“, erwiderte sie betont flapsig, lehnte sich zurück und beobachtete, wie der Barkeeper auf den leisesten Fingerzeig ihres Gegenübers herbeieilte, um die Bestellung aufzunehmen, während der geheimnisvolle Fremde sie immer noch nicht aus den Augen ließ. Orla war atemlos und voller Erwartung …

„Sind Sie geschäftlich hier?“, eröffnete er die Konversation.

Sie nickte, allerdings widerwillig. Gerade jetzt wollte sie nur ungern an den Grund ihrer Anwesenheit denken: die unvermeidliche Übernahme ihres Familienunternehmens. „Verkaufsangelegenheiten …“, erklärte sie vage und erntete ein verständnisvolles Nicken.

„Akquisition“, kam es genauso vage zurück. „Trockene Angelegenheiten, oder?“

Irgendwie konnte sie sich ihn nicht als gewöhnlichen Geschäftsmann vorstellen, aber vielleicht versuchten sie ja auch beide, dem anderen etwas vorzuenthalten oder vorzumachen? Das brachte sie zu einem noch viel wichtigeren Punkt. Sie schaute auf seine kräftige gebräunte Hand, konnte aber keinen Ring entdecken. „Sind Sie verheiratet?“

Er schüttelte den Kopf, und der flüchtige Ausdruck von Schmerz, der über die dunklen Züge huschte, überzeugte Orla noch mehr als das raue Nein, das er hinzufügte.

„Und Sie?“

Auch Orla schüttelte rasch den Kopf und unterdrückte ein Schaudern. Niemals würde sie sich einem Mann ausliefern, damit er Anspruch auf die Hälfte ihrer Geschäftsanteile erheben konnte, die sie sich zusammen mit ihrem Vater so hart erarbeitet hatte.

„Nein.“ Das klang mindestens so entschieden wie zuvor bei ihm.

„Nun, nachdem das geklärt ist, sind wir beide also frei, um … ja, um was zu tun?“

Wieder lief ihr ein Schauer über den Rücken, diesmal vermischt mit wildem ungezügeltem Verlangen. Ein Gefühl, dass sie schon fast vergessen hatte und kaum kontrollieren konnte. „Wir sprachen gerade über Verkauf und Akquisition, glaube ich …“

„Ah, ja …“ Der Barkeeper kam an ihren Tisch und stellte zwei Gläser Whisky ab. Der Mann hob seines zum Toast und suchte erneut Orlas Blick. „Auf überraschende Begegnungen und unverhoffte Chancen …“

Sie stieß mit ihm an. „Auf pathetische, dunkeläugige Fremde.“

Er lächelte, und dann lächelten sie beide, bevor sie tranken. Orla spürte, wie sich der Whisky wohlig wärmend in ihrem Innern ausbreitete. Sie fühlte sich unglaublich gut.

„Sollten wir uns einander nicht vorstellen?“

Die Frage wirkte wie eine kalte Dusche. Ihr Magen zog sich zusammen, und rasch nahm sie noch einen Schluck. Namen waren so real, so nüchtern. „Ich finde, diese Gewohnheit wird völlig überbewertet“, entgegnete sie ihrem Tischherrn viel lockerer, als ihr zumute war. „Wir werden uns vermutlich nie wiedersehen, wofür also Namen?“

In seinen Augen blitzte es auf, um die Lippen spielte ein herausforderndes Lächeln. „Aber irgendwie muss ich Sie doch ansprechen, es muss ja nicht der richtige Name sein.“

Ihr wurde ganz heiß unter seinem Blick. Wann will er mich denn ansprechen? Wenn ich nackt in seinen Armen liege und wir beide auf den Höhepunkt der Lust …

„Ich bin Marco “, behauptete er grinsend und reichte ihr seine rechte Hand.

Orla ergriff sie nur zögernd und mit brennenden Wangen. „Ich bin … Kate .“

„Freut mich, dich kennenzulernen, Kate …“

„Einfach nur Kate .“

Er nickte zufrieden. „ Kate und Marco also.“

Lieber Himmel! Kein Mann, der ihr bisher über den Weg gelaufen war, kam ihrer Vorstellung vom obligatorischen Traumprinzen oder tapferen Ritter auf schwarzem Pferd so nah wie dieser Fremde … wie Marco .

„Du hast also morgen hier im Hotel ein Geschäftsmeeting?“

Schlagartig fühlte sich Orla in die bittere Realität zurückgeworfen. „Lass uns jetzt nicht über morgen sprechen“, murmelte sie rau.

Antonio neigte den Kopf und betrachtete ihre weichen Lippen, die sie gerade zu einem schmalen Strich zusammenkniff. „Okay, einverstanden: keine echten Namen, kein Morgen. Die Gegenwart ist ohnehin viel interessanter und aufregender. Soll ich dir was sagen, Kate ? Ich war gerade im Begriff die Bar zu verlassen, als du aufgetaucht bist.“

Ihr Herz machte einen kleinen Sprung. „Wirklich?“

Er nickte. „Ich sah dich, und … Wham! Ich war wie paralysiert.“

„Aber … warum?“

„Weil du mich verzaubert hast.“

„Oh …“ Orla sagte nichts, sondern starrte nur fasziniert auf seinen Mund, während sich in ihrem Innern eine süße Schwäche ausbreitete.

„Das ist eigentlich der Moment, in dem du mir eröffnen solltest, dass ich dir auch sofort aufgefallen bin“, erinnerte sie der Mann, der sich Marco nannte, mit schiefem Lächeln.

„Aber so war es nicht!“, platzte Orla unheilbar aufrichtig heraus. „Jedenfalls nicht sofort. Ich … ich weiß auch nicht, warum.“

„Ich hielt mich verborgen“, murmelte Antonio trocken. „Im Schatten.“

Darauf nickte sie langsam und überlegte, was an seiner Stimme sie so seltsam anrührte. Es war, als verberge sich hinter den Worten eine unendlich wichtigere Botschaft. „Deshalb habe ich dich nicht wahrnehmen können … anfangs. Doch als ich es tat, konnte ich nicht mehr wegschauen …“ Es klang aufrichtig und immer noch etwas erstaunt.

Antonio lachte leise.

„Ich will aber nicht, dass du dich davon ermutigt fühlst“, setzte sie schnell hinzu.

„Keine Sorge“, beruhigte er sie. „Dein frostiges Signal, dir nicht zu nahe zu kommen, war eindeutig.“

„Ich bin nicht frostig! Das kann ich gar nicht sein.“

„Ich weiß …“ Seine dunkle Stimme war wie ein Streicheln.

Verdammt! Ich erröte schon wieder wie ein alberner Teenager! Außerdem wurde Orla plötzlich schrecklich heiß.

Die Bar war wie ein dunkler, dekadenter Kokon. Ein zaghafter Rundumblick verriet Orla, dass die jungen Businessmen längst gegangen waren, ebenso wie das auffällige Paar am Tresen. Außer ihnen saß nur noch ein älteres Paar hier, das in ein ernsthaftes Gespräch vertieft zu sein schien. Orla schluckte mühsam.

Marco stürzte den Rest seines Whiskys auf einmal hinunter, und einen Moment befürchtete Orla, er könne einfach aufstehen und gehen. Das Gefühl von Zurückweisung und Einsamkeit war so stark, dass sie fröstelte. Dabei kannte sie den Mann gar nicht.

Während er das leere Glas zurückstellte, nippte sie zaghaft an ihrem Whisky und mied seinen Blick. Erst nach einer langen Kunstpause wagte sie es aufzuschauen.

„Ich wollte dich von der Sekunde an, als du den Raum betreten hast“, eröffnete ihr Marco heiser. „So sehr, dass es schmerzte. Ich erinnere mich nicht, wann ich das letzte Mal eine Frau auf diese Weise begehrt habe.“

Ihr Mund war ganz trocken. Und sie wusste, dass sie in Flammen aufgehen würde, wenn sie seine Lippen auf ihren spürte. Anstatt sich von seiner brutalen Offenheit brüskiert und beleidigt zu fühlen, war sie erleichtert. Es machte alles so viel einfacher.

Er wollte sie … und sie ihn, mehr als jeden Mann zuvor. Und das sagte sie ihm auch.

„Mir ergeht es nicht anders.“

Er blinzelte nicht einmal bei der mutigen Eröffnung, doch das Leuchten in den dunklen Augen verstärkte sich, und Orla wusste, jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war unrealistisch, absolut verrückt – und folgerichtig.

„Aber ich bin nicht mit der Absicht in die Bar gekommen, jemanden aufzureißen“, fühlte sie sich dann doch noch bemüßigt hinzuzufügen. „Für einen One-Night-Stand …“

Marco verzog keine Miene. „Ich weiß“, sagte er ruhig. „Ich werde jetzt die Drinks bezahlen, und wenn du gehen willst, halte ich dich nicht auf. Aber wenn nicht …“

Er brauchte nicht weiterzusprechen, sie verstand ihn auch so. Als er aufstand, merkte sie wieder, wie groß und gut gebaut er war. Nie zuvor hatte sie sich so weiblich und so sehr als Frau gefühlt. Mit brennendem Blick sah sie ihm hinterher, als er zum Tresen ging, und befeuchtete die trockenen Lippen unbewusst mit der Zungenspitze.

In ihrem Kopf ging alles drunter und drüber. Es gab so vieles, was sie vor morgen bedenken und worauf sie sich vorbereiten musste. Doch in diesem Moment schien all das unendlich weit weg und völlig unerheblich zu sein.

Irgendwie kam sie auf die Beine und griff mit zitternden Fingern nach ihrer Clutch. Sie fühlte sich fiebrig, unentschlossen und zutiefst verwirrt. Was denke ich mir nur dabei, mit einem völlig Fremden auf Teufel komm raus zu flirten? Habe ich denn völlig den Verstand verloren? So musste es sein, eine andere Erklärung gab es nicht.

Entschlossen, die Bar verlassen zu haben, bevor Marco die Rechnung bezahlt hatte, steuerte sie auf den Ausgang zu. Doch während sie an ihm vorbeiging, schaute sie dummerweise zur Seite und begegnete in dem antiken Spiegel über dem Tresen einem brennenden Blick aus nachtschwarzen Augen … und war verloren.

Denn plötzlich begriff Orla, dass die Sache mit den Drinks längst erledigt war. Er hatte gezahlt und gewartet. Ihr Raum gelassen, anstatt sie zu bedrängen. Was für ein Mann …

Unerwartet brach etwas in ihr auf, das einer Rebellion nahekam. Sie wollte ihn, und dafür war sie bereit, alles zu riskieren. Das war etwas, das Orla sich nie zugetraut hätte.

Ja, sagte ihr Blick.

Langsam wandte Marco sich um, griff nach ihrer Hand, und Seite an Seite verließen sie die Bar. Benommen ließ sich Orla von ihrem Begleiter zum Lift lotsen. In der Kabine waren sie allein. Zu ihrer Überraschung lehnte sich Marco mit verschränkten Armen an die ihr gegenüberliegende Wand. „Zeig mir deine Brust.“

Es war keine Bitte, sondern ein Befehl, der den Rest ihres Verstands auslöschte und ihr Blut wie glühende Lava durch die Adern strömen ließ. Wie in Trance folgte sie seinem fordernden Blick zu der Stelle, wo unter dem Schlitz in ihrem Dekolleté ein schmaler Streifen weißer Haut hervorblitzte. Hin- und hergerissen zwischen Verlegenheit, Scham und wildem Lustgefühl weitete Orla den Schlitz so, dass eine Brust nackt war. Als sie spürte, wie sich die Warze verhärtete, versuchte sie instinktiv, sie mit der Hand zu bedecken und stöhnte unterdrückt auf, sobald sie die empfindliche Knospe berührte.

Der Lift kam zum Stehen. Orlas Hand sank herab, und die schwarze Seide schloss sich über ihrer Brust, als wäre nichts gewesen.

Sobald die Türen aufglitten, umfasste Marco erneut ihre Hand und zog Orla mit sich. Er machte so große Schritte, dass sie regelrecht laufen musste, um mithalten zu können. Am Ende des langen Flurs zog er eine Schlüsselkarte heraus und öffnete die Tür zu seiner Suite. Verschwommen registrierte Orla, dass der Raum wesentlich größer war als ihrer und einen fantastischen Blick auf das nächtliche London bot. Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, streifte Marco sein Jackett ab und warf es achtlos über einen Sessel.

Orla lehnte mit dem Rücken an der Tür. Ihre Knie bebten, ihr Puls raste.

„Und du bist dir ganz sicher?“, fragte er noch einmal.

Sie hatte ihre Entscheidung unten in der Bar getroffen, als sich ihre Blicke im Spiegel begegnet waren. Orla lächelte und versuchte, sich den Anschein von Lässigkeit zu geben. „Ich bin doch hier, oder nicht?“

2. KAPITEL

„Ich bin doch hier, oder nicht?“ Die heiser hingehauchten Worte elektrisierten Antonio auf eine Weise, die ihn verstörte und nahezu überwältigte. Aus Verlangen wurde schiere Wollust, die er kaum zügeln konnte. Dabei hatte er die Frau noch so gut wie gar nicht berührt!

Die Erkenntnis, dass er seit Jahren nicht so kurz davor gewesen war, die Kontrolle über sich zu verlieren, führte zu einem schmerzhaften Druck in der Brust. Doch was das zu bedeuten oder zur Folge haben könnte, daran wollte er jetzt nicht denken. Er sah nur noch diese Frau … Kate , und ihren weichen, verlockenden Mund.

Antonio stützte sich mit den Händen über ihrem Kopf an der Tür ab. „Lass dein Haar herunter.“ Er wollte es offen sehen.

Nach kaum merklichem Zögern kam sie seinem Befehl nach und schnitt eine kleine Grimasse. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ganz schön herrisch bist?“

Antonio zuckte innerlich zusammen und dachte an die Elitesoldateneinheit, deren Vorgesetzter er früher gewesen war. „Gelegentlich.“

Orla zog irgendetwas aus ihrer Hochsteckfrisur, und ihr langes Haar fiel wie ein seidiger Fächer bis auf die Schultern herab. Er vergrub seine Finger in der feurig schimmernden Flut. Nie zuvor hatte er etwas so Weiches, Anschmiegsames gefühlt. Eine verschwommene Erinnerung aus seinem tiefsten Innern wollte sich nach vorn drängen, doch das ließ er nicht zu und verbannte sie gleich wieder ins Unterbewusstsein. Die Fähigkeit hatte er während seiner Therapie erworben, um nicht den Verstand zu verlieren, wenn Schmerz und Horror ihn einholten und zu überwältigen drohten. Er musste sich auf ein Nahziel fokussieren: Kate … ihr Duft, Moschus und Wildrosen …

Unfähig, der Versuchung noch länger zu widerstehen, umfasste Antonio ihr Kinn, senkte den Kopf und berührte ganz sacht ihre Lippen mit seinen. Trotzdem spürte er es in seinem gesamten Körper. Ihre Augen waren weit geöffnet, sie leuchteten in einem ungewöhnlichen Veilchenblau, dunkel und tiefgründig. Wie es wohl wäre, darin zu versinken, sich treiben zu lassen und alles zu vergessen, was ihn quälte und peinigte?

Mit einem erstickten Laut gab er jeden Widerstand auf, schloss die Augen und eroberte den weichen, bebenden Mund mit einer Wildheit und einem verzweifelten Hunger, der Orla bis ins Innerste erschauern ließ.

Das war es, worauf sie den ganzen Abend gewartet hatte. Oder vielleicht schon ihr Leben lang? Es gab keine Zweifel mehr, kein Zögern, keine Scham.

Antonio spürte, wie sich seine Brustmuskeln zusammenzogen, als schmale, eifrige Finger an seinen Hemdknöpfen nestelten. Durch diesen mutigen Vorstoß animiert, tat er das, wovon er schon den ganzen Abend träumte: Er schob eine Hand in den Ausschnitt von Kates Kleid und umfasste besitzergreifend eine kleine, feste Brust, die sich genauso aufregend anfühlte, wie er es erwartet hatte.

Verdammt! Wenn ich noch länger warte, explodiere ich!

Mit einer harten Bewegung schlang er den freien Arm um Kates Taille, die sich unglaublich zerbrechlich anfühlte. Aufstöhnend presste er ihren zarten Körper an seine pulsierende Erektion. Es war fantastisch, aber nicht genug …

Orla löste sich von Marcos fordernden Lippen, beugte den Kopf zurück und starrte in seine glitzernden schwarzen Augen. Das Ausmaß seiner Erregung faszinierte und erschreckte sie. Ihr Atem war hart und unregelmäßig.

Antonio ging es nicht anders. Nur zögernd zog er seine Hand aus ihrem Ausschnitt.

Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zungenspitze. „Ich will dich sehen“, forderte sie heiser. Oh ja, auch sie konnte Befehle erteilen!

Sofort gab er sie frei, trat einen Schritt zurück und fuhr fort, sein Hemd aufzuknöpfen. Weit war Kate mit ihrem fiebrigen Versuch nicht gekommen. Als es über die breiten Schultern herabfiel, weiteten sich ihre Augen.

Prachtvoll wäre ein viel zu schwaches Wort, um den Anblick zu beschreiben, der sich ihr bot. Vor ihr stand ein Krieger, hervorgegangen aus einer langen Ahnenreihe kämpferischer Helden. Seine breite, muskulöse Brust wirkte wie aus Granit gehauen.

Wie magisch angezogen wanderte Orlas Blick weiter nach unten und stockte angesichts der massiven Ausbuchtung unter dem dünnen Stoff, die vom Grad seiner Erregung sprach. Sie schluckte heftig.

„Jetzt du.“

Ihr Blick flog nach oben. Mit trockenem Mund fingerte sie nach dem kleinen Knopf in ihrem Nacken, der das Oberteil zusammenhielt. Sie schob ihn durch die Öse und atmete noch einmal tief durch, ehe sie ihr Kleid herabfallen ließ, bis zur Taille, wo der fließende Stoff von einem Gürtel gehalten wurde. Marcos verlangender Blick brannte auf ihrer nackten Haut.

„Du bist so schön …“, murmelte er rau, streckte eine Hand aus und zeichnete die Konturen ihrer perfekt geformten Brüste zart mit der Fingerspitze nach. Orla biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut aufzustöhnen. Ihn so dicht vor sich zu sehen und gleichzeitig seine Berührungen zu spüren, war fast zu viel. Als sie dann seine heißen, fordernden Lippen auf ihrer empfindlichen Brust spürte, keuchte sie erstickt auf. „ Marco! Ich … mir ist plötzlich ganz …“ Sie zitterte unkontrolliert, und ihre Beine fühlten sich ganz kraftlos an.

Sofort zog er sich zurück, und Orla verwünschte ihre Schwäche. Doch gleich darauf hob er sie hoch, als wäre sie leicht wie eine Feder.

Für eine Frau, die so stolz auf ihr Selbstbewusstsein und ihre Unabhängigkeit war, genoss sie die Situation viel zu sehr.

Antonio durchquerte die Suite mit langen, sicheren Schritten in Richtung Schlafzimmer, wo neben dem Bett in Kingsize – Größe ein gedämpftes Nachtlicht brannte. Mit einem Blick erfasste Orla die neue Umgebung – inklusive Kleidung, Bücher und verschiedener persönlicher Gegenstände – ohne sie wirklich wahrzunehmen. Dazu war sie viel zu abgelenkt von der berauschenden Nähe des kraftvollen Männerkörpers. Flüchtig schoss ihr durch den Kopf, dass Marco durchaus Leistungssportler sein könnte.

Sie fühlte sich sanft auf dem breiten Bett abgesetzt, spürte seine Hände auf ihren Beinen, die bis hinunter zu den Knöcheln wanderten, und registrierte, dass ihre Schuhe abgestreift wurden. Dann wanderten die festen Männerhände wieder nach oben und spreizten ihre Schenkel. Orlas Atem stockte, als Marco ihre Beine umfasste, anhob und sie so zu sich heranzog. Ein wildes Gefühl zwischen Panik und Euphorie überflutete sie wie eine heiße Woge.

Doch als er die Finger unter die Spitzenlitze ihrer Panty schieben wollte, hielt sie ihn zurück. „Nicht!“, brach es instinktiv aus ihr heraus.

„Nicht was?“

Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an, die volle Unterlippe zitterte unkontrolliert. Was sollte sie ihm sagen? Vielleicht: Ich will nicht, dass du weißt, wie sehr ich dich begehre? „Ich kenne dich doch nicht einmal …“, murmelte sie.

Marco rührte sich nicht einen Zentimeter, sondern wartete geduldig, bis sie verwirrt zu ihm hochschaute und ihre Blicke sich trafen. „Ich weiß …“, sagte er ruhig, „… das geht mir nicht anders.“

Als er sich von ihr zurückzog, wünschte Orla, sie hätte nichts gesagt. Allerdings verflog ihre Enttäuschung in Sekundenschnelle, weil Marco jetzt gelassen den Gürtel seiner Hose öffnete, dann den Reißverschluss, beide Hände in den Bund schob und alles zusammen nach unten streifte und achtlos zu Boden fallen ließ.

Das Ausmaß seiner Erektion verschlug Orla endgültig die Sprache.

„Siehst du, wie sehr ich dich begehre?“, fragte er mit einem Hauch Amüsement in der dunklen Stimme. „Es beruht also auf Gegenseitigkeit …“

Orla fühlte sich durchschaut und gleichzeitig absolut verstanden. Bereitwillig spreizte sie die Schenkel noch weiter für ihn. Ein Signal, das seine mühsam gezügelte Leidenschaft wild aufflammen ließ. Mit einem erstickten Laut umschlang er Kates grazilen Körper mit beiden Armen und rollte sich zur Bettmitte, sodass sie jetzt auf ihm lag. Ihr Gürtel und Kleid abzustreifen, gelang ihm in einer fließenden Bewegung.

Während Orla noch versuchte zu begreifen, was mit ihr geschah, schoss allein durch seine geschickten Finger, die sie durch die zarte Spitze ihrer Panty an ihrer intimsten Stelle berührten, ein Gefühl haltloser Ekstase durch ihren Körper, das sich in einem explosiven Orgasmus entlud, wie sie ihn nie zuvor verspürt hatte. Alles geschah ohne Vorwarnung, so rasant und so überwältigend, dass Orla wie berauscht überlegte, ob sie gerade den ersten echten Höhepunkt ihres Lebens erlebt hatte.

Marcos Hand lag warm und seltsam vertraut auf ihrem immer noch zuckenden Körper, während sie langsam aus unbekannten Sphären auf die Erde zurückkehrte. Orla fühlte sich desorientiert und beseligt zugleich. Als sie zögernd die Augen öffnete, sah sie sich einem griechischen Gott gegenüber – oder einer römischen Skulptur der Antike …

Ihr verträumtes Lächeln verebbte, als die Statue zum Leben erwachte, neben sich griff und Orla erkannte, dass es sich bei dem kleinen Päckchen in Marcos Hand um ein Kondom handelte. „Warte …“, bat sie rau, und er hielt augenblicklich inne.

Die Anspannung auf dem dunklen Gesicht ließ sie erahnen, was es ihn gekostet haben musste, sich zurückzunehmen, während er ihr Vergnügen verschafft hatte.

„Lass mich das machen.“ Sie sah, wie ein Ruck durch seinen kraftvollen Körper ging und gönnte sich ein winziges, triumphierendes Lächeln. Doch als sie ihren Worten Taten folgen lassen wollte, hielt Marco sie zurück.

Sweetheart , wenn du mich so ansiehst wie in diesem Augenblick und womöglich noch berührst, ist alles vorbei, ehe wir überhaupt angefangen haben.“

„Oh!“

Mit einer kläglichen Grimasse, die allerdings im Zusammenspiel mit seinem feurigen Blick ungeheuer sexy wirkte, traf er die nötige Vorsorge, ehe er sich wieder zu ihr legte. „Du bist so schmal und zart, hoffentlich tue ich dir nicht weh …“

Es war nur ein kurzer Moment, in dem Orla zwischen Schmerz und Lust schwankte, dann durchströmte sie ein berauschendes Gefühl, das sie erneut in ungeahnte Sphären entführte. Dazu trug sicherlich auch bei, dass sie von einer Barbekanntschaft wie ihm nie so viel Fürsorge und Rücksichtnahme erwartet hätte.

Als Marco das Tempo steigerte, schlang sie instinktiv die Beine um seine schmalen Hüften, um ihm noch näher zu sein und ihn noch intensiver zu spüren. Es schien keine Stellen ihrer Körper zu geben, wo sie nicht zu einer Einheit verschmolzen, und als sie gemeinsam den Höhepunkt erreichten, war es, als hielte das Universum den Atem an.

Antonio hatte ein Blackout. Für einen Herzschlagmoment verlor er tatsächlich das Bewusstsein, nur um in der nächsten Sekunde alles um sich herum in fast unerträglicher Klarheit und Intensität aufzunehmen: seinen harten Atem, der immer noch stoßweise kam, Kates zarten Körper in seinen bebenden Armen … ihre wundervollen Märchenaugen, in denen ein Ausdruck stand, der zwischen Staunen und Ungläubigkeit schwankte.

„Alles in Ordnung mir dir?“, fragte er rau.

Sie nickte langsam. Ihre Wangen waren gerötet, das seidige Haar zerzaust, die weichen Lippen vom Küssen geschwollen. Nur mit äußerster Willensanstrengung gelang es ihm, sich von ihr zu lösen. „Ich bin gleich zurück“, versprach er, während er aus dem Bett glitt und die Decke fürsorglich um die immer noch bebende Frauengestalt festzog.

Auf merkwürdig schwachen Beinen ging Antonio ins Bad, entsorgte das Kondom und stand dann noch eine ganze Weile aufs Waschbecken gestützt einfach nur da und betrachtete grüblerisch sein Konterfei im Spiegel. Auch sein Gesicht war gerötet, die Augen glänzten unnatürlich, doch der Ausdruck in ihnen war ihm neu. Etwas hatte sich verändert, was natürlich Einbildung sein musste.

Marco und Kate hatten Sex … na und? Zugegebenermaßen war es der heißeste Sex seines Lebens gewesen, aber eben auch nicht mehr.

Es hatte etliche Episoden mit Frauen wie ihr in seinem Leben gegeben, erfahrenen, willigen Frauen, ebenso ungebunden und ohne Anspruch auf mehr wie er selbst. Doch diesmal fühlte es sich anders an. Dabei kannten sie noch nicht einmal ihre echten Namen! Trotzdem war es anders …

Geistesabwesend fuhr Antonio mit der Hand über seine Brust, in der er einen unangenehmen Druck verspürte, der stetig zunahm. Unwillig drehte er den Hahn auf, sprengte sich eiskaltes Wasser ins erhitzte Gesicht und verfluchte den unbehaglichen Moment unerwünschter Reflektion.

Als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, lag Kate wie ein kleines Kätzchen zusammengerollt in dem riesigen Bett, das Gesicht abgewandt. Ob er ihr doch wehgetan hatte, ohne dass sie es zugeben wollte? Sie war so unglaublich zierlich und fragil …

Mit gerunzelter Stirn verharrte Antonio kurz vor dem Bett, ehe er die Decke zurückschlug. Er sah, wie sie die Schultern instinktiv hochzog, und fühlte sich dadurch abgewiesen, ausgeschlossen. Ein unerträgliches Gefühl. Er musste sie sehen, sich vergewissern, dass wirklich alles in Ordnung war mit ihr.

Kate …“ Er legte eine Hand auf ihre Schulter und drehte sie sanft um.

Sie gab seinem Druck nur zögernd nach und rollte sich widerstrebend auf den Rücken, das Betttuch fest an die Brust gedrückt. Auf einmal wirkte sie schrecklich blass und fast verängstigt, wie sie ihn aus riesigen Augen anstarrte und sich verlegen auf die Lippe biss.

„Ich habe dir doch wehgetan!“

Orla schüttelte den Kopf. „Nein, wirklich nicht. Es ist nur … so war es noch nie für mich, so … intensiv und bewegend …“

Es war, als fiele ihm ein riesiger Felsbrocken vom Herzen. „Dann sind wir schon zwei, denen es so geht“, gestand Antonio gegen seinen Willen erleichtert, streckte die Hand aus und strich ihr sanft eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn.

„Ich wette, das sagst du allen Mädchen.“

Er lächelte. „Und ich könnte darauf wetten, dass du es allen Jungs sagst.“

Orla erwiderte sein Lächeln und zuckte mit der Schulter. „Vielleicht …“

Anstatt drückend und schuldbeladen, erschien ihm die Atmosphäre im Raum plötzlich leicht, warm und verlockend. „Na warte! Dafür wirst du bezahlen!“

Mit verführerischem Lächeln schlug Kate die Decke zurück und breitete die nackten Arme aus. Da gab es für Marco kein Halten mehr …

Als Orla erwachte, tauchten erste, morgendliche Sonnenstrahlen den Raum in ein warmes, rötliches Licht. Durchs offene Fenster hörte man Vogelgezwitscher, und als sie sich irritiert aufrichtete und in Richtung der raumhohen Glastüren linste, fiel ihr zum ersten Mal die Terrasse auf, die zu dem luxuriösen Raum gehörte.

Einem extrem luxuriösen, geradezu opulent ausgestatteten Schlafraum. Und es war nicht ihr Schlafzimmer, sondern eine Chatsfield-Hotel-Suite mit der entsprechenden Signatur auf den antiken Möbeln.

Plötzlich war alles wieder da. Parallel zu der Erkenntnis, dass ihr Körper sich anfühlte wie nach einer extremen Sportbelastung und zwischen ihren Schenkeln …

Wie groß, stark und kraftvoll er gewesen war, und wie verdammt gut sich das angefühlt hatte! Plötzlich schlug ihr Herz in einem wilden Stakkato. Sie war noch so benommen und verträumt gewesen, dass sie ihn erst jetzt wirklich wahrnahm: Marco … ihren unbekannten Geliebten, den Mann, der ihr Wonnen der Lust geschenkt hatte, die sie in ihren kühnsten Träumen nicht erahnt hatte.

Nackt, wie Gott ihn geschaffen hatte, lag er lang ausgestreckt neben ihr.

Schlagartig hellwach, rollte Orla sich auf die Seite und unterdrückte ein Stöhnen, während sie sich auf einen Ellenbogen stützte, um ihn besser ansehen zu können. Ihr Körper schmerzte an Stellen, die ihr bisher völlig unbekannt gewesen waren.

Kate und Marco . Sie hatten sich heiß und wild geliebt, immer und immer wieder! Und jedes Mal schien es ihr Verlangen und ihren Hunger nur noch mehr anzustacheln. Selbst jetzt, da sie ihn ganz ruhig betrachtete, spürte Orla wieder das inzwischen vertraute Ziehen zwischen ihren Schenkeln.

Was für ein Mann! Der dunkle Bartschatten auf den harten Wangenknochen ließ ihn noch verwegener und begehrenswerter erscheinen.

Orla ließ ihren Blick tiefer wandern und betrachtete sinnend die beachtenswerte Anzahl von Narben und Malen, die den muskulösen Männerkörper überzogen. Während der Liebesnacht waren sie ihr nicht aufgefallen, weil das Licht sehr gedämpft und sie extrem abgelenkt gewesen war. Allein die Erinnerung an die magischen Stunden zauberte eine heiße Röte auf ihre Wangen.

Auf seinem Oberarm entdeckte sie ein Tattoo, das an ein Wappen erinnerte und ihn zusammen mit den Narben mehr denn je wie einen Elite-Athleten oder Krieger wirken ließ. Hatte sie das nicht bereits während der Nacht gemutmaßt? Und jetzt, im Morgenlicht … eine vernarbte Wunde an der Hüfte sah aus, als ob sie nur schlecht geheilt wäre. Zum ersten Mal überlegte Orla, wie naiv und unverantwortlich sie gehandelt hatte.

Vielleicht liege ich hier mit einem Schwerstkriminellen im Bett? Hatte sie sich nicht bereits gestern Abend in der Hotel-Bar über den düsteren Fremden gewundert, der ihr nur deshalb nicht gleich aufgefallen war, weil er sich bewusst im Schatten hielt? Und wie er ihr entgegengetreten war und geschickt verhindert hatte, dass sie sich auf ihr Zimmer zurückzog! Wie hatte sie sich nur so leicht übertölpeln und einfangen lassen können!

Ein panischer Rundumblick in dem luxuriösen Schlafgemach ließ Orla frösteln. Während sie verdächtige Details wahrnahm, sträubten sich ihre Nackenhärchen. Hier lebte kein einfacher Übernachtungsgast. Dagegen sprachen jede Menge persönlicher Gegenstände, voran etliche Bücher, zu denen auch eine alte Edition von Aesops sagenumwobenen Fabeln gehörte.

Wer war der geheimnisvolle Mann, der hier im Chatsfield London lebte?

Eine nervöse Unruhe drohte Orla zu überwältigen. Sie musste hier weg, und zwar so schnell wie möglich! Fast hätte sie sogar vergessen, warum sie überhaupt im Chatsfield war! Wie konnte ich mich nur so gehen lassen und meine Arbeit vergessen? Beschämt und wütend über sich selbst, schlüpfte sie so behutsam wie möglich aus dem Bett. Zum Glück rührte sich Marco immer noch nicht. Orla schauderte, sie wollte gar nicht daran denken, was alles passieren könnte, wenn er jetzt diese dunklen, zwingenden Augen aufschlug!

Sie wäre verloren … rettungslos! Kein Sinn, sich etwas vorzumachen.

Mit bebenden Fingern hob sie ihr zerknittertes Kleid vom Boden auf und zog es rasch und möglichst lautlos an. Auch ihre Tasche fand sie schnell, aber leider nicht ihre Panty, so verzweifelt sie sich auch umschaute.

Marco rührte sich und seufzte leise im Schlaf. Erschrocken fuhr Orla herum, betrachtete voller Verlangen den nackten Männerkörper und spürte nichts als heftiges Bedauern darüber, dass sie gehen musste, ehe er erwachte.

Erst als sie die Suite verlassen hatte und auf leisen Sohlen den langen Hotelkorridor entlanghastete, wurde ihr bewusst, dass sie neben ihrem Slip auch die Schuhe und den Gürtel bei Marco zurückgelassen hatte.

Exakt vier Stunden später tippte Orla ungeduldig mit ihrem Stift auf den Stapel von Papieren, der vor ihr lag. Die Beine unter dem massiven, auf Hochglanz polierten Eichentisch hielt sie gekreuzt und wippte nervös mit den Zehenspitzen.

Obwohl der Raum eine beachtliche Größe aufwies, endete hier auch schon die Ähnlichkeit zu den Konferenzräumen, wie sie sie für gewöhnlich in Hotels ka...

Autor

Abby Green
<p>Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...
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