Glutheißes Feuer, eiskalte Rache

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Sie ist genauso schön wie damals - und wahrscheinlich genauso durchtrieben! Marc Durand, Boss des Diamantenimperiums Bijoux, traut Isabella keine Sekunde. Vor sechs Jahren hat sie ihn skrupellos belogen. Natürlich hat Marc darauf ihre Verlobung gelöst - aber nie aufgehört, sie zu begehren. Weshalb er Isabella jetzt entgegen aller Vernunft noch ein letztes Mal verführen will. Danach wird er sie hoffentlich endgültig vergessen können! Doch ein Skandal um Bijoux zwingt ihn, seine schöne Feindin nicht nur in sein Bett, sondern wieder in sein Leben zu lassen …


  • Erscheinungstag 10.01.2017
  • Bandnummer 1958
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723224
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Isabella Moreno erstarrte mitten in ihrem Vortrag – mitten im Satz, um genau zu sein –, als die Tür zum Hörsaal geöffnet wurde und der Präsident des Amerikanischen Edelsteininstituts eintrat. Es war jedoch nicht die Präsenz von Harlan Peters, die sie aus der Fassung brachte. Schließlich war sie eine erstklassige Professorin und wusste, dass ein Besuch von ihrem Boss keine große Sache war. Nein, es war der große, stille, dunkelhaarige Mann an seiner Seite, dessen Anblick sie bis ins Mark erschütterte und zugleich erregte.

Groß, still und umwerfend attraktiv, dachte sie und zwang sich dazu, mit ihrem Vortrag über das Schleifen und Polieren von rohen Saphiren fortzufahren. Ihre Studenten drehten sich bereits um, um herauszufinden, was sie abgelenkt hatte. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis sie die Aufmerksamkeit jeder einzelnen Studentin im Saal verloren hatte. In mehreren Ecken des Raums wurde schon gekichert und getuschelt, obwohl bislang niemand den geheimnisvollen Besucher kannte.

Isabella hingegen hatte ihn sofort erkannt. Man konnte nicht jahrelang in der Edelsteinindustrie arbeiten, ohne diesen Mann identifizieren zu können: Marc Durand war der Firmenboss des zweitgrößten Diamantenexporteurs im ganzen Land. Sein etwas zu langes schwarzes Haar, die hellblauen Augen und das Aussehen, das an einen gefallenen Engel erinnerte, waren ziemlich einmalig … und schwer zu ignorieren. Seine Miene machte allerdings einen anderen Menschen aus ihm. In seinen Augen bemerkte sie den Ausdruck von Verachtung, seine vollen Lippen waren spöttisch nach unten gezogen.

Der Marc, den sie kannte – der Marc, den sie einmal geliebt hatte –, hatte sie immer nur zärtlich angeschaut. Amüsiert. Voller Liebe. Wenigstens bis zum Ende, als alles auseinandergebrochen war. Doch selbst dann hatte er ihr seine Gefühle gezeigt. Seine Wut, seine Verletzung, seine Trauer über ihren Verrat. Es hatte sie fast umgebracht, zu wissen, dass sie dafür verantwortlich gewesen war.

Aber die Verachtung, der Zorn, das Eisige in seinem Blick ließen ihn wie einen völlig Fremden wirken. Wie jemanden, den Isabella nicht wiedererkannte und den sie ganz bestimmt nicht kennen wollte.

Als sie zusammen gewesen waren, war ihre Beziehung von heißer Leidenschaft geprägt gewesen. Oft hatte Isabella sich gefragt, wie lange es noch dauern würde, bis sie verbrannte. Nun, sechs Monate, drei Wochen und vier Tage, wie sich herausgestellt hatte.

Nicht, dass sie mitgezählt hätte.

Und nicht, dass sie Marc die Schuld an dem bitteren Ende ihrer gemeinsamen Zeit gegeben hätte. Wie hätte sie das auch tun können? Immerhin war ihr klar, dass einzig sie selbst dafür verantwortlich gewesen war.

Oh, natürlich hätte er netter zu ihr sein können. Sie mitten in der Nacht aus seiner Wohnung in New York City mit nichts als ihrer Kleidung am Leib einfach hinauszuwerfen war zugegebenermaßen ziemlich heftig gewesen. Andererseits fand sie, dass sie nichts anderes verdient hatte. Selbst jetzt gab es Nächte, in denen sie schlaflos im Bett lag und an die Decke starrte. Ständig überlegte sie dann, wie sie hatte tun können, was sie getan hatte. Wie sie den Mann, den sie so sehr geliebt hatte, verraten konnte.

Genau das war allerdings das Problem gewesen. Sie hatte zwischen zwei Männern gestanden, die sie geliebt und vergöttert hatte, für die sie alles getan hätte. Und das war der Grund, warum sie alles ruiniert hatte. Sie hatte gewusst, dass ihr Vater Marc bestohlen hatte. Natürlich hatte sie ihn dazu bewegen wollen, die Juwelen zurückzubringen. Doch sie hatte Marc nicht verraten, wer der Dieb war – erst als es fast zu spät gewesen war, um seine Firma zu retten. Dann hatte sie die Situation noch verschlimmert: Sie hatte Marc gebeten, keine Strafanzeige zu stellen. Und sie hatte zugegeben, dass sie ihn bei ihrem ersten Treffen auf einer Gala auch hatte bestehlen wollen. Ihre Pläne hatten sich zwar geändert – ihr Leben hatte sich verändert –, als er sie dann mit diesen wahnsinnig blauen Augen angeschaut hatte. Trotzdem …

Isabella zwang sich dazu, die schmerzhaften Erinnerungen zu verdrängen. Marc zu verlieren hatte sie vor sechs Jahren fast den Verstand gekostet. Sie sollte verdammt sein, wenn jetzt alles wieder von vorn beginnen würde. Besonders jetzt nicht, zu Beginn des Semesters.

Sie versuchte, sich wieder auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Mit Entsetzen stellte sie jedoch fest, dass alle Studenten zwischen Marc und ihr hin und her sahen. Genau wie der Präsident der Universität. Trotz der vergangenen Zeit seit damals war die Verbindung zwischen ihnen offenkundig; die Spannung war wie ein Drahtseil, das jeden Moment zu zerreißen drohte. Doch Isabella beschloss, das nicht geschehen zu lassen. Sie würde nicht zulassen, dass sich die peinliche Atmosphäre im Saal noch verstärkte. Und so setzte sie nun ihren Vortrag fort.

Beim nächsten Teil ihrer Vorlesung ging es um die berühmtesten Saphire der Welt und ihre Fundorte. Schließlich kam sie zu der Stelle, an der es um den Raub eines der teuersten und begehrtesten Edelsteine ging – den Rotkehlchen-Saphir. Inständig bemühte sie sich, Marc dabei nicht anzuschauen.

Doch es war nicht zu vermeiden. Isabella wurde geradezu von ihm angezogen. Die magnetische Kraft seiner Persönlichkeit – sein Wille – ließ ihr keine andere Wahl. Sie erstarrte, als ihre Blicke sich trafen und seine Augen sie zu versengen drohten. Denn Marc wusste genau, was mit dem Rotkehlchen-Saphir geschehen war. Er hatte sich informiert, bevor er sie damals in ihrem Schlafzimmer – seinem Schlafzimmer – damit konfrontiert hatte.

„Entschuldigen Sie die Störung, Dr. Moreno“, sagte Harlan nun. „Ich habe Mr. Durand gerade unseren Campus gezeigt. Er hat sich nämlich bereit erklärt, in ein paar Wochen eine kleine Reihe von Vorträgen über die Diamantenproduktion zu halten. Bitte fahren Sie mit Ihrem Vortrag fort. Es ist faszinierend.“

Dafür war es jedoch zu spät. Aufgeregtes Getuschel erhob sich im Saal, was total nachvollziehbar war. Immerhin kündigte nicht jedes Jahr einer der größten Produzenten von Diamanten mit geklärter Herkunft an, eine Vorlesung vor Erstsemestern zu halten. Dennoch, sie war hier die Professorin. Es war ihr Vortrag. Sie musste dringend wieder die Kontrolle übernehmen. Dabei ging es ihr nicht nur um ihre Zuhörer; außerdem wollte sie verhindern, dass Marc Durand noch eine Sekunde länger Oberwasser bekam.

Dieser Mann hatte ihr alles genommen. Oder genauer gesagt: Sie hatte ihm alles gegeben – und er hatte es ihr vor die Füße geworfen. Damals hatte sie nichts anderes verdient, hatte einen hohen Preis bezahlt. Aber das war nun sechs Jahre her. Seitdem war sie umgezogen und hatte sich ein neues Leben aufgebaut. Sie würde nicht zulassen, dass er jetzt einfach hier auftauchte und alles zerstörte.

Deshalb fuhr sie mit ihrer Vorlesung fort und zeigte ihm nicht, wie sehr seine Gegenwart sie aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Die Studenten beruhigten sich nach einer Weile wieder. Kurz darauf verließen Marc und Harlan den Hörsaal unauffälliger, als sie gekommen waren.

Doch wenn jemand Isabella gefragt hätte, worüber sie in den letzten zwanzig Minuten gesprochen hatte … Sie hätte es nicht sagen können. In Gedanken war sie weit weg gewesen – verstrickt in eine Vergangenheit, die sie zwar bitter bereute, aber nicht ändern konnte. Ununterbrochen hatte sie über den Mann nachgegrübelt, der ihr Leben so entscheidend verändert hatte. Anscheinend hatte sie die Situation jedoch gemeistert, denn niemandem schien etwas aufgefallen zu sein. Vielleicht hatte Marc Durands Besuch ihr Publikum aber auch zu sehr von ihr abgelenkt.

Die Vorlesung näherte sich dem Ende. Für gewöhnlich blieb Isabella danach noch für einige Minuten im Hörsaal, um sich den Fragen ihrer Zuhörer zu stellen. Doch diesmal musste sie den Raum fluchtartig verlassen, denn sie war innerlich zu aufgewühlt. Jeder falsche Schritt hätte ihren inneren Frieden zerstören können, an dem sie so hart gearbeitet hatte. Den Frieden, den sie endlich gefunden hatte.

Daher nahm sie ihre Bücher und die Arbeiten ihrer Studenten an sich und ging zur Tür. Sie hatte ihren Wagen hinter dem Gebäude geparkt. Wenn sie den Seitenausgang nehmen würde, hätte sie in fünf Minuten den Campus bereits verlassen. Dann würde sie endlich über die Küstenstraße nach Hause fahren können, das weite Meer zu ihrer Linken.

Leider schaffte sie es allerdings nicht bis zu ihrem Auto. Eine starke Männerhand legte sich auf ihre Schulter, als sie gerade durch den Flur eilen wollte. Sofort war ihr klar, wem diese Hand gehörte. Ihre Knie wurden weich, ihr Herz begann wie wild zu klopfen. Es gab keinen Ausweg. Die Fahrt am Meer entlang würde nicht stattfinden. Und ihr blieb keine Gelegenheit, sich vor dieser Konfrontation noch zu sammeln.

Nicht, dass es sie überraschte. Als Marc vorhin im Hörsaal aufgetaucht war, hatte sie gleich gewusst, dass ein Zusammentreffen unvermeidlich sein würde. Dennoch hatte sie im Stillen gehofft, es ein wenig hinauszögern zu können. Zumindest so lange, bis ihr nicht mehr allein bei dem Gedanken an ihn der Atem stockte. Aber diesen Punkt hatte sie auch in den letzten sechs Jahren nicht erreicht. Was hätten also ein paar weitere Tage daran ändern können?

Davon abgesehen: Wenn er alles zerstören wollte, was sie sich mit dem neuen Namen und der neuen Identität aufgebaut hatte, dann wollte sie das lieber gleich wissen. Sich deswegen ständig Sorgen zu machen würde sie bloß noch mehr aufregen.

So wappnete Isabella sich für die Begegnung mit Marc und setzte ihr bestes Pokerface auf, bevor sie sich langsam umdrehte. Und wenn ihre Knie dabei ein wenig zitterten, ging das nur sie etwas an.

Isabella war noch schöner, als Marc sie in Erinnerung hatte. Und wahrscheinlich noch viel durchtriebener, dachte er. Innerlich musste er sich jetzt trotzdem zur Ordnung rufen. Er musste wieder Herr über seine Gefühle und seine Libido zu werden, die beide plötzlich verrücktspielten.

Es war mittlerweile sechs Jahre her, seit er sie zuletzt gesehen hatte.

Sechs Jahre, seit er sie in den Armen gehalten, geküsst und geliebt hatte.

Sechs Jahre, seit er sie aus seinem Apartment und seinem Leben geworfen hatte.

Und er begehrte sie immer noch.

Diese Erkenntnis war wie ein Schock. Seit den Ereignissen damals hatte er alles versucht, um sie zu vergessen. Na gut, hin und wieder war ihr Gesicht vor seinem geistigen Auge aufgetaucht, wenn irgendetwas ihn an ihren Duft oder ihren Geschmack erinnert hatte. Aber mit der Zeit war das immer seltener vorgekommen, und seine Reaktion darauf war schwächer geworden. Jedenfalls hatte er das geglaubt.

Doch ein Blick auf ihr wunderschönes rotes Haar und ihre warmen braunen Augen hatte genügt. Sofort hatte er dieselbe tobende Hitze in sich verspürt, die ihre Beziehung charakterisiert hatte. Der Präsident der Universität war ihm egal gewesen, ebenso die Zukunftspläne für Bijoux – das Familienunternehmen, für das er so viel geopfert hatte. Auch der Workshop, den die Universität ihm nach der Verlegung des Firmensitzes an die Westküste angeboten hatte, war ihm auf einmal gleichgültig gewesen. Er hatte nur noch diesen Hörsaal betreten und herausfinden wollen, ob sein Verstand ihm einen Streich spielte.

Denn vor sechs Jahren hatte er Isa Varin – die jetzt anscheinend Isabella Moreno hieß – auf die grausamste Art und Weise aus seinem Leben verbannt. Das bereute er zwar nicht. Wie könnte er das auch, nachdem sie ihn so schmählich verraten hatte? Doch inzwischen tat es ihm leid, unter welchen Umständen das geschehen war. Bereits kurze Zeit später war er damals wieder zur Vernunft gekommen und hatte seinen Chauffeur losgeschickt, um sie zu finden und ihr die Sachen zu bringen, die sie zurückgelassen hatte: ihre Tasche, ihr Portemonnaie, ihr Handy und etwas Geld. Aber der Mann hatte sie nicht finden können. Es war, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. In den Jahren danach hatte er selbst ständig nach ihr gesucht – teils, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, teils, um sich davon zu überzeugen, dass ihr nichts passiert war. Er hatte sie nie gefunden.

Und nun wusste er, warum. Die leidenschaftliche, wunderschöne und bezaubernde Isa Varin existierte nicht mehr. An ihre Stelle war diese zugeknöpfte Professorin getreten, die so kühl und scharf wirkte wie die Diamanten, die seine Minen hervorbrachten. Nur ihr Haar – das prächtige rote Haar – war wie früher. Allerdings trug sie es jetzt zu einem strengen Zopf nach hinten gebunden. Als sie sich noch Isa genannt hatte, war es ihr in wilden Locken auf die Schultern gefallen. Die Farbe hätte er jedoch überall wiedererkannt.

Schwarze Kirschen in tiefster Nacht.

Feuchter Granat im schimmernden Licht des Vollmonds.

Als ihre Blicke sich über die Köpfe der Studenten hinweg getroffen hatten, war es für ihn wie ein Schlag in die Magengrube gewesen. Oder auch in seinen Unterleib. Nur auf Isa reagierte sein Körper so stark. Und so prompt.

Er hatte sich so schnell wie möglich von dem Präsidenten losgeeist und war zum Hörsaal zurückgeeilt, um Isa noch zu erwischen, bevor sie ihm entkommen konnte. Trotzdem hätte er sie fast verpasst, was ihn allerdings nicht besonders überraschte. Denn immerhin stammte sie aus einer Familie von Einbrechern. Wenn sie nicht geschnappt werden wollte, würde es auch nicht passieren.

Während er nun darauf wartete, dass sie den Mund aufmachte, fragte Marc sich insgeheim, was er hier eigentlich tat. Warum er ihr aufgelauert hatte, was er von ihr wollte. Um ehrlich zu sein: Er hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass er sie sehen und mit ihr sprechen musste.

„Hallo, Marc.“ Sie wandte sich ihm zu. Der beherrschte Ausdruck auf ihrem Gesicht versetzte ihm innerlich einen Stich, den er jedoch ignorierte. Stattdessen konzentrierte er sich auf ihren Anblick, der so viele Erinnerungen in ihm auslöste.

Früher hatten ihn allein ihre tiefbraunen Augen in die Knie gezwungen. Aber diese Tage waren lange vorbei. Ihr Betrug hatte jedes Vertrauen zerstört, das er einmal in sie gesetzt hatte. Ja, er war schwach gewesen. Er war auf die Unschuld hereingefallen, die sie mit jedem Blick, jeder Berührung ausstrahlte. Diesen Fehler würde er kein zweites Mal machen. Er würde seine Neugier befriedigen und herausfinden, warum sie hier war; dann würde er sofort wieder verschwinden.

Eingehend musterte er sie. In ihren Augen entdeckte er so viele unterschiedliche Empfindungen, dass er sie gar nicht einzeln identifizieren konnte. Isa gab sich ungerührt und kühl, doch ihre Augen konnten nicht lügen. Er durchschaute sie. Isa war von diesem Treffen ebenso verstört wie er.

Diese Erkenntnis entspannte ihn ein wenig. Damals hatte sie die Oberhand in ihrer Beziehung gehabt, denn er hatte ihr blind vertraut. Er hatte sie so geliebt. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass sie ihn eines Tages verraten würde.

Diese Zeit war allerdings längst vorbei. Wenn es nach ihm ging, konnte sie gern die zugeknöpfte Hochschuldozentin und Diamantenexpertin spielen. Aber er kannte ja die Wahrheit und würde darauf achten, ihr gegenüber stets wachsam zu sein.

„Hallo, Isabella.“ Er bemühte sich, seiner Stimme einen sarkastischen und belustigten Ton zu verleihen. „Wer hätte gedacht, dass wir uns hier treffen?“

„Nun, wie du weißt, bin immer da, wo die Juwelen sind.“

„Wenn das jemand weiß, dann ich.“ Er sah mit Absicht zu dem Glaskasten an der Wand gegenüber, in dem eine kostbare Kette mit Opalen ausgestellt war. „Der Präsident hat mir erzählt, dass du schon seit über drei Jahren hier lehrst. Und dennoch ist nichts gestohlen worden. Bist du etwa nicht mehr in Form?“

Sie funkelte ihn zornig an. Trotzdem klang es gelassen, als sie antwortete: „Ich gehöre zur Fakultät. Für die Sicherheit jedes einzelnen Edelsteins auf dem Campus zu sorgen gehört zu meinen Aufgaben.“

„Und wie wir alle wissen, nimmst du deinen Job ja sehr ernst … genau wie deine Verpflichtungen.“

Einen Moment lang entglitten ihr die Gesichtszüge, und ihre Wut schimmerte durch. Dann fragte sie: „Kann ich irgendetwas für dich tun, Marc?“

„Ich dachte, wir könnten uns gegenseitig vielleicht auf den neuesten Stand bringen. Um der guten alten Zeiten willen.“

„Also, um ehrlich zu sein, so gut waren die alten Zeiten nun auch wieder nicht. Wenn du mich also bitte entschuldigst …“ Sie wollte seine Hand abschütteln, doch er verstärkte seinen Griff. Wie heiße Lava floss der Zorn durch seine Adern. Dennoch war er noch nicht bereit, sie gehen zu lassen.

„Ich denke nicht daran, dich zu entschuldigen“, entgegnete er bedeutungsvoll und bemerkte mit Befriedigung, dass sie den Subtext seiner Worte offenbar verstand.

„Tut mir leid, das zu hören. Aber ich bin in einer halben Stunde verabredet und möchte mich nicht verspäten.“

„Ja, Hehler mögen es nicht, wenn man sie warten lässt.“

Mit blitzenden Augen riss sie sich los. „Vor sechs Jahren habe ich mir deine bösartigen Anschuldigungen angehört. Damals habe ich geglaubt, sie verdient zu haben. Aber das ist lange her. Ich habe inzwischen ein neues Leben …“

„Und einen neuen Namen.“

„Ja.“ Misstrauisch betrachtete sie ihn. „Ich brauchte Abstand zu allem.“

„Ich habe da andere Erinnerungen.“ Denn schließlich hatte sie sich gegen ihn und für ihren Vater entschieden, obwohl der alte Mann ihn bestohlen hatte. Diese Kränkung würde er nicht so schnell vergessen.

„Wundert mich nicht.“

„Was soll denn das heißen?“, fragte er spitz.

„Genau das. Ich will dich nicht austricksen.“

„Auch das habe ich anders in Erinnerung.“

„Natürlich.“ Sie richtete sich auf und schaute ihn herausfordernd an. „Aber dir ging es ja immer mehr um deine Wahrnehmung als um die Wahrheit, nicht wahr?“

Marc hätte nicht geglaubt, noch wütender werden zu können. Ihm drehte sich bereits der Magen um. Er biss die Zähne zusammen, sodass es wehtat. Doch das war nichts Neues, denn Isa hatte immer schon starke Gefühle in ihm wecken können. Früher waren es allerdings positive Gefühle gewesen.

Aber diese Tage lagen seit Langem hinter ihnen; er würde sich nicht noch einmal von ihr einwickeln lassen. Der Marc, der Isa Varin geliebt hatte, war schwach und dumm gewesen. Nie wieder würde er so sein – das hatte er sich in dem Moment geschworen, als er zugesehen hatte, wie der Sicherheitsdienst sie aus seinem Gebäude geführt hatte.

„Dreh mir nicht die Worte im Mund herum, Isabella“, gab er zurück und betonte dabei ihren neuen Namen. Er bemerkte, wie ihr Blick sich verdunkelte. Sein ironischer Ton hatte sie also getroffen.

„Ich sollte besser gehen.“ Isabella machte schon einen Schritt nach vorn, doch er stellte sich ihr in den Weg.

Marc hätte selbst nicht sagen können, was ihn dazu trieb. Er wusste nur, dass er sie nicht so leicht davonkommen lassen wollte. Zumal sie so cool wirkte, und er … nun, er fühlte genau das Gegenteil. „Willst du wieder wegrennen?“, fragte er scharf. „Warum überrascht mich das nicht? Es liegt ja schließlich in der Familie.“

Sie sah ihn an. Es war offensichtlich, dass sie verletzt war. Doch im Handumdrehen hatte sie die Kontrolle über sich zurückgewonnen. „Was immer du hier veranstaltest, was immer du erreichen willst – es wird nicht passieren. Und jetzt geh mir aus dem Weg!“

Es war ein Ultimatum, ganz klar. Auch wenn ihre Stimme höflich geklungen hatte, konnte er ihr Feuer spüren. Es erregte ihn mehr als alles, was er in den letzten sechs Jahren erlebt hatte. Seine Reaktion ärgerte ihn selbst, aber er würde es ihr nicht zeigen.

Marc konnte noch immer nicht fassen, dass Isa tatsächlich und leibhaftig vor ihm stand. Damals war er sich so sicher gewesen, sie nie wiederzusehen. Daher würde er sie jetzt auf gar keinen Fall einfach entkommen lassen, zumal er noch so viele Fragen an sie hatte. Und zumal er sie weiterhin so sehr begehrte, dass jeder Muskel seines Körpers schmerzte.

Statt ihrer Aufforderung nachzukommen, zog Marc nur die Brauen hoch und lehnte sich lässig mit dem Rücken gegen die Wand. Und dann stellte er die Frage, von der er wusste, dass sie alles verändern würde. „Oder was?“

2. KAPITEL

Isa starrte Marc ungläubig an. Hatte er sie das wirklich gefragt? Als wäre ihre Begegnung ein Kinderspiel? Er wusste anscheinend nicht, dass sie mit diesen Spielchen aufgehört hatte. Damals war sie vierzig Blocks weit durch Hagel und Regen marschiert, ohne einen Mantel oder einen sonstigen Schutz vor dem eisigen Wind. Aber diese Nacht lag lange hinter ihr. Sie hatte sich ein neues, ein besseres Leben erschaffen. Sie hatte einen neuen Namen angenommen, den niemand in der Branche mit ihrem Vater in Verbindung bringen konnte. Um keinen Preis würde sie zulassen, dass dieser Mann hier vor ihr all das zunichtemachte.

„Für solche Kindereien habe ich keine Zeit“, erklärte sie verärgert. „Ich würde gerne sagen, dass es nett war, dich zu treffen. Aber wir wissen beide, dass das eine Lüge wäre. Daher …“ Sie verbeugte sich scherzhaft vor ihm. „… wünsche ich dir noch ein schönes Leben.“

Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und stolzierte über den leeren Flur. Marc folgte ihr jedoch. Plötzlich packte er sie am Handgelenk und zwang sie, stehen zu bleiben.

„Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass du es dir so leicht machen kannst, oder?“, fragte er verärgert.

Seine rauen Finger strichen über die Innenseite ihres Handgelenks. So hatte er sie auch damals immer gestreichelt; das hatte sie nie vergessen können. Noch Jahre nach der Trennung hatte sie die Berührung gefühlt. Inzwischen hatte sich so vieles verändert. Marc besaß heute die Macht, ihr gesamtes Leben von Neuem zu ruinieren. Und trotzdem klopfte ihr verräterisches Herz jetzt wie wild, als er sie festhielt.

Sie ärgerte sich maßlos über sich selbst, weil sie eine so leichte Beute war – und über ihn, weil er so verdammt attraktiv war. Nachdem sie ihm ihre Hand entrissen hatte, wich sie stolpernd einige Schritte zurück. Doch rasch fing sie sich wieder. Was war bloß mit ihr los? Warum machte sie sich immer wieder vor diesem Mann zum Narren?

Sie zwang sich dazu, seinem bohrenden Blick zu begegnen. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“

Spöttisch betrachtete er sie. „Du bist also immer noch eine gute Lügnerin.“ Er streckte den Arm aus und strich ihr über den Kopf. „Schön, zu sehen, dass manche Sachen sich nicht ändern.“

„Ich habe dich nicht angelogen.“

„Aber du hast mir auch nicht die Wahrheit gesagt. Obwohl du damit meine Firma gerettet und mir viel Zeit, Geld und Peinlichkeiten erspart hättest.“

Alte Schuldgefühle überkamen sie bei diesen Worten. Trotzdem weigerte sie sich, allein die Verantwortung für die Situation zu übernehmen. „Sieht ganz so aus, als wärst du wieder auf die Füße gekommen.“

„Genau wie du.“ Er zeigte auf die Tür zum Hörsaal, aus dem sie gekommen war. „Inzwischen bist du Professorin an einem der renommiertesten Institute für Edelsteinkunde. Um ehrlich zu sein, habe ich damals gedacht, du würdest in die Fußstapfen deines Vaters treten.“

Isabella holte tief Luft. Entsetzt erkannte sie, dass er sie noch ebenso verletzen konnte wie früher. „Ich bin keine Diebin!“ Es sollte ein klares Statement sein, doch ihre Stimme überschlug sich mitten im Satz.

Seine Augen verdunkelten sich. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, dass er die Hand nach ihr ausstrecken würde. Dass er sie berühren würde, so wie früher – mit einer unglaublichen Zärtlichkeit. Bei diesem Gedanken überlief sie ein Schauer. Sie musste sich beherrschen, um sich nicht an ihn zu schmiegen.

Dann räusperte er sich, und der Zauber war verflogen. Alle negativen Erinnerungen kamen zurück und verdrängten die schönen. Tränen stiegen in ihr hoch, doch sie zwang sie zurück. Vor diesem Mann wollte sie nicht schwach erscheinen. Außerdem hatte sie bereits mehr als genug Tränen für ihn vergossen. Ihre Beziehung gehörte der Vergangenheit an, und dort sollte sie auch bleiben.

Sie wich ein Stück zurück, und diesmal hielt Marc sie nicht auf. Er sah sie nur an, spöttisch und abwartend. Als würde er ihr so mitteilen, dass sie nun am Zug sei. Also gut.

Sie holte tief Luft und schaute ihm direkt in die Augen. „Hör zu. Es tut mir leid – sehr leid sogar –, was mein Vater dir angetan hat. Aber er ist inzwischen gestorben, und ich kann das alles nicht ungeschehen machen. Kannst du meine Entschuldigung annehmen, die von Herzen kommt, und können wir dann beide unser Leben weiterleben? Du unterrichtest deine Klasse und ich meine. Und die Vergangenheit ist erledigt.“

Er rührte sich nicht, aber bei ihren Worten war er kurz zusammengezuckt. Nervös wartete Isa auf seine Antwort. Die Sekunden verstrichen jedoch, ohne dass er etwas sagte.

Unter seinem bohrenden Blick wurde ihr unbehaglich. Auch früher hatte er sie einmal so angesehen: als sie nackt gewesen war und ihn angefleht hatte, mit ihr zu schlafen. Nun, Sex mit ihm zu haben kam in diesem Moment wirklich nicht infrage. Dennoch erschauerte sie bei der Erinnerung an das Vergnügen, das er ihr damals bereitet hatte. Ein Vergnügen, wie sie es danach nie wieder erfahren hatte.

Marc war ein unglaublicher Liebhaber gewesen: leidenschaftlich, selbstlos, kreativ. Die Monate, die sie mit ihm verbracht hatte, waren die besten ihres Lebens gewesen.

Doch ihnen war auch die schlimmste Zeit ihres Lebens gefolgt, wie sie sich voller Bitterkeit eingestehen musste. Nur weil ihr Körper sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte, durfte sie das nie vergessen.

Marc schwieg weiterhin, und die Stille zwischen ihnen wurde allmählich bedrückend.

Schließlich straffte Isa die Schultern und meinte: „Tut mir leid, aber ich muss jetzt echt los.“

„Heute Abend gibt es eine Cocktailparty“, sagte er wie aus dem Nichts heraus. „In der Juwelengalerie.“

Überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel nickte sie. „Ja, ich weiß. Die Frühlingsparty für die neuen Mitglieder der Fakultät.“

„Begleitest du mich dorthin?“

Isa schüttelte den Kopf. Sie musste sich verhört haben. Was hatte er vor? Wollte er sie etwa vor allen Kollegen demütigen?

Der Marc, den sie kannte, der Mann, in den sie hoffnungslos verliebt gewesen war, hätte so etwas nie getan. Aber diesen Mann hatte sie sechs Jahre nicht gesehen. Und dieser hier vor ihr – hart, wütend, kompromisslos – wirkte, als wäre er zu allem fähig. Mit ihm wollte sie nichts zu tun haben. Egal, wie ihr Körper auf ihn reagierte.

„Ich kann nicht.“

„Warum nicht?“ Offensichtlich gefiel ihm ihre Antwort nicht.

„Weil ich bereits eine Verabredung habe.“ Das war zwar nicht gelogen, aber es war auch nicht die ganze Wahrheit. Ihr Kollege Gideon und sie hatten vor Wochen geplant, die Party gemeinsam zu besuchen. Doch sie waren nur Freunde. Isa wusste, er würde ihr nicht böse sein, wenn sie ihm im letzten Moment absagte.

Ihr hingegen würde es durchaus etwas ausmachen, denn sie konnte schon diese kurze Begegnung mit Marc nicht ertragen. Die Vorstellung, einen ganzen Abend in seiner Gesellschaft zu verbringen, ging weit über ihre Kräfte. Außerdem war sie keine Masochistin.

„Wer ist er?“, stieß er wütend hervor.

Autor

Tracy Wolff
Tracy Wolff sammelt Bücher, Auszeichnungen und Lippenstifte und ist bekannt dafür manchmal zu vergessen wo – und manchmal wer – sie ist, wenn sie in das Schreiben eines neuen Romans vertieft ist. Mit sechs Jahren schrieb sie ihre erste Short Story – „irgendetwas über einen Regenbogen und einen Prinzen“. Mit...
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