Heißkalte Rache in Las Vegas

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Um herauszufinden, wer ihr Casino heimlich plündert, engagiert Hotelbesitzerin Annalise einen Detektiv. Ausgerechnet Luca Kilpatrick übernimmt den Job, der unglaublich attraktive Tech-Milliardär und geniale Spieler, der mit Annalises Familie noch eine Rechnung offen hat …


  • Erscheinungstag 17.04.2025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751537162
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kira Sinclair

Heißkalte Rache in Las Vegas

1. KAPITEL

„Er ist da.“

Annalise Mercado holte tief Luft. Luca Kilpatrick – genau der Mann, den sie eigentlich nicht sehen wollte.

Bei dem Gedanken an ihn spürte sie Schmetterlinge im Bauch, wie schon so oft in den letzten zwei Wochen, und das gefiel ihr gar nicht. Obendrein gab es nichts Schlimmeres als diese ungute Mischung zwischen Vorfreude, banger Erwartung und Angst – und genau dieses Gefühl hatte sie begleitet, seit Luca sie auf der Verlobungsparty ihres Bruders überrascht hatte. Mit der Verkündung, er sei der Retter, den ihr Casino brauchte.

Was für ein himmelschreiender Unsinn! Annalise brauchte keinen Retter, keine Hilfe. Und erst recht keinen vorgeblichen Retter, der ein Betrüger war, ein Kartenhai.

Betrüger und Spielcasinos – wenn etwas nicht zusammenpasste, dann das!

Und dass Luca Kilpatrick ein Betrüger war, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

„Lass ihn noch fünf Minuten warten. Und dann kann er kommen.“

Sollte er sich ruhig noch eine Zeit lang die Beine in den Bauch stehen! Sicher, das war ein Machtspielchen von Annalises Seite, aber warum auch nicht? Vor zwei Wochen hatte er sie mit der Verkündung überrascht, er sei engagiert worden, um ihr zu helfen … und dann hatte er sich einfach blitzschnell aus dem Staub gemacht. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, überhaupt darauf zu antworten oder zu protestieren. Deshalb war es nur gerecht, wenn er jetzt ein paar Minuten warten musste!

Sie zog den kleinen Spiegel hervor, den sie immer in ihrer Schreibtischschublade verwahrte, überprüfte ihr Make-up und lächelte probehalber, um sicherzugehen, dass nichts vom Mittagessen zwischen ihren Zähnen steckte. Sie wollte makellos und professionell wirken, wenn sie dem Mann verkündete, er solle sich gefälligst zum Teufel scheren. Das hatte nichts mit Eitelkeit zu tun – und auch nicht damit, dass ihr Herz bei der kurzen Begegnung vor zwei Wochen plötzlich schneller geschlagen hatte.

„Für mich brauchen Sie sich nicht extra fein zu machen, Lady“, ertönte plötzlich Lucas amüsierte Stimme.

Verdammt! Hatte sie nicht ihrer Sekretärin gesagt, sie solle ihn fünf Minuten warten lassen? Das waren garantiert keine fünf Minuten gewesen!

Sie spürte Hitze in sich aufsteigen und konnte nur hoffen, dass sie nicht errötete. Prüfend musterte sie ihn. Er war dunkelhaarig, hochgewachsen und attraktiv. Ja man konnte es nicht leugnen, er sah fantastisch aus – und das wusste er ganz offensichtlich auch. Er strahlte etwas Aristokratisches aus. Sein Anzug war eine Maßanfertigung und ließ den muskulösen Körper darunter erahnen.

Der Mann besaß eine fast schon verbotene Selbstsicherheit. Als ob ihm die ganze Welt gehörte und er alles um sich herum mit eiserner Faust beherrschte. Seinen stahlgrauen Augen schien nichts zu entgehen.

Sollte er sich bloß nicht zu viel einbilden! Schließlich befand er sich in ihrem Reich. In ihrem Büro auf dem Gebiet ihres Casinos. Dort, wo sie das Sagen hatte!

Annalise erhob sich von ihrem Schreibtischstuhl und bedeutete ihm mit einer Geste, er solle sich auf den Stuhl gegenüber setzen. Lächelnd leistete er der Anweisung Folge. Genüsslich lehnte er sich im Stuhl zurück und sah sich im Büro um. „Hübsch hier. Viel netter als dieser kleine abschließbare Raum im Keller, in den man mich verfrachtet hat, als ich das letzte Mal im Magnifique war.“

Das war jetzt acht Jahre her, aber Annalise erinnerte sich noch sehr gut daran. Luca hatte von ihrem Vater, assistiert von seinen Security-Leuten, eine Abreibung verpasst bekommen. Sein Gesicht war blutverschmiert gewesen, und ihr war bei dem Anblick ganz schlecht geworden.

Man hatte ihn beim Betrügen erwischt, und ihr Vater – noch ganz alte Las-Vegas-Schule – hatte entsprechend hart reagiert, ganz anders, als sie heutzutage so eine Angelegenheit klären würde. Dieses brutale Vorgehen hatte ihre Sicht auf ihren Vater für immer verändert. Noch heute hatte sie daran zu knabbern.

Ja, sie sah vieles anders als ihr Vater, aber er war der einzige Elternteil, den sie noch hatte. Ihre Mutter war von ihrem Stiefvater getötet worden, als Annalise neun Jahre alt gewesen war, und sie und ihr Bruder hatten sogar dabei zusehen müssen.

Aber an dieses traumatische Erlebnis wollte sie jetzt nicht denken. Sie hatte anderes zu tun.

Sie lächelte den Besucher an und versuchte, selbstsicher zu wirken. „Sie hätten sich den Weg hierher sparen können. Aber Sie waren vor zwei Wochen ja so schnell verschwunden, dass Sie nicht einmal meine Reaktion abgewartet haben. Ich weiß nicht, was Anderson Stone oder mein Bruder Ihnen erzählt haben, aber ich brauche Ihre Hilfe nicht.“

Anderson Stone war ein enger Freund ihres Bruders Dominic. Er führte eine renommierte Privatdetektei in Savannah im Bundesstaat Georgia. Eigentlich hatte er das nicht nötig; er war Erbe einer hoch angesehenen amerikanischen Familie und Milliardär. Als sie gegenüber ihrem Bruder erwähnt hatte, dass es im Magnifique zu Diebstählen und Betrug gekommen war, hatte er sofort Stone um Rat und Hilfe gebeten.

Und als Reaktion darauf war Luca erschienen. Nicht gerade das, was sie sich erhofft hatte.

Sie hatte darüber schon ein ernstes Wort mit ihrem Bruder gesprochen, hatte ihm gesagt, dass sie solche Einmischungen nicht schätzte. Das Magnifique mochte auch Teil seines Erbes sein – aber sie leitete es und entschied ganz allein, wen sie einstellte.

Oder nicht einstellte.

Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als diesen Gesprächstermin anzusetzen, um die Sache wieder geradezurücken. Luca schien bereits einen festen Auftrag erhalten zu haben, und den musste sie jetzt annullieren. Dabei kündigte sie ungern jemandem, selbst Luca.

Eigentlich hatte sie gehofft, sie könnte das Gespräch schnell über die Bühne bringen; sie würde ihm sagen, dass sie seine Dienste nicht benötigte, und er würde verständnisvoll nicken, aufstehen und sich entfernen. Stattdessen saß er da völlig entspannt auf seinem Stuhl und schien sich pudelwohl zu fühlen. Er machte nicht den Eindruck, als ob er bereitwillig wieder gehen würde.

Nein, dieser wohl knapp einen Meter neunzig große Mann wirkte, als sei er gekommen, um zu bleiben.

„Sie glauben nur, Sie bräuchten meine Hilfe nicht“, sagte er lächelnd. „Aber in Wirklichkeit haben Sie sie bitter nötig.“

Wie selbstsicher, wie entspannt er da saß! Das machte Annalise ganz rasend! In einer Sache hatte er recht – sie brauchte Hilfe. Aber nicht von ihm. Irgendwie machte dieser Mann sie nervös. Das war schon auf der Verlobungsparty ihres Bruders so gewesen.

„Ich möchte auf Ihre Dienste lieber verzichten.“

Er sah sie nur grinsend an und schwieg.

„Verstehen Sie“, sagte sie verunsichert, „Stone wusste ganz offensichtlich nicht, dass es eine Vorgeschichte zwischen dem Magnifique und Ihnen gibt. Sonst hätte er Sie nie für diesen Job beauftragt.“

Luca grinste jetzt noch breiter. „Oh, Stone hat alles gewusst. Erstens leitet er eine hervorragende Detektei, und es gehört zu seinem Beruf, alles zu wissen. Und zweitens habe ich es ihm selbst gesagt.“

„Sie haben es ihm selbst gesagt?“

„Ja. Ich war ihm noch einen Gefallen schuldig, aber ich wollte, dass er weiß, dass ich diesen Auftrag auch aus persönlichen Gründen annehme.“

Annalise kniff die Augen zusammen. „Das müssen Sie mir schon etwas näher erklären.“

„Ganz einfach. Es bereitet mir eine gewisse Genugtuung zu sehen, dass das Magnifique in Schwierigkeiten steckt.“

„Und trotzdem würden Sie uns dabei helfen wollen, das Problem zu lösen?“ Das ergab überhaupt keinen Sinn.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich löse gerne schwere Fälle, ich mag Herausforderungen. Und wenn die Ermittlungen ein bisschen länger dauern, soll es mir nur recht sein. Je mehr Geld Sie verlieren, einerseits durch die Betrüger, andererseits durch die Honorare, die ich koste, desto besser. Ich finde, ein bisschen Bares schuldet das Magnifique mir schon, nachdem Ihr Vater mich so hart angefasst hat. Die Arztrechnungen sind ziemlich hoch ausgefallen. Und ich habe es ihm zu verdanken, dass ich immer noch ein bisschen hinke.“

Annalise verspürte einen Anflug von Mitleid, unterdrückte es aber schnell wieder. Hinkte er denn überhaupt? Als er hereingekommen war, war ihr nichts aufgefallen, allerdings war sie auch in Gedanken gewesen. Vielleicht log er auch nur, um ihr Schuldgefühle einzureden. Na ja, sie würde darauf achten, wenn er wieder ging.

„Okay, Sie sind offen, und das ehrt Sie“, sagte sie. „Aber dadurch haben sie mir genug Munition gegeben, Sie schon vor Arbeitsantritt zu feuern.“

„Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das gut in den Kram passen würde. Aber Sie können mich gar nicht feuern.“

„Wenn ich das recht verstanden habe, erwarten Sie doch, dass ich Ihr Honorar zahle.“

„Das schon, aber es war Stone, der mich engagiert hat. Und die Abmachung mit ihm ist eindeutig. Nur er kann mich feuern.“

Annalise spürte, wie Wut in ihr aufstieg. Was stimmte denn nicht mit den Männern in ihrem Leben? Warum glaubten sie immer, sie könnten Dinge für sie entscheiden, und dazu noch ohne Rücksprache? Sie selbst hatte mit Stone absolut nichts abgemacht!

Ja, sie würde mit Stone noch ein ernstes Wörtchen zu reden haben. Aber zuallererst musste sie mit dem Problem fertig werden, das da grinsend vor ihr saß.

„Das mit Ihrer Beauftragung werde ich noch zu klären haben. Das Dumme ist nur, dass Sie jetzt schon mal hier sind. Aber wenn ich kein Interesse habe, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, wenn ich Ihnen keine Informationen gebe, dann können Sie nicht aktiv werden. Dann können Sie nur Däumchen drehen.“

Luca zuckte mit den Schultern. „Auch gut, dann werde ich eben fürs Nichtstun bezahlt. Juckt mich nicht die Bohne.“ Entspannt lehnte er sich zurück.

Innerlich kochte Annalise vor Wut. Der Typ wollte einfach nicht gehen, und es schien ihm richtig Spaß zu machen, sie auf die Palme zu bringen. Und je länger die Sache dauerte, desto mehr Spaß würde er haben!

Versöhnlich lächelte er sie an. „Kommen Sie, lassen Sie uns die Sache ein bisschen abkürzen. Warum geben Sie nicht einfach nach und lassen zu, dass ich Ihnen helfe?“

„Weil ich Ihnen nicht traue. Deshalb.“

Wieder zuckte Luca mit den Schultern. „Das macht nichts, ich traue Ihnen ja auch nicht. Damit sind wir quitt.“

„Aber Sie waren doch Kartenzähler, haben Blackjack gespielt. Unsere unerklärlichen Verluste kommen aber von den Spielautomaten. Wie sollten Sie mir da helfen können?“

Schlagartig verschwand sein Lächeln. „Es ist jetzt zwei Wochen her, dass ich Sie auf der Feier angesprochen habe. Da hätten Sie in der Zwischenzeit ja wohl Ihre Hausaufgaben machen können.“

„Sie meinen, ich hätte Sie googeln müssen? Tut mir leid, ich hatte Wichtigeres zu tun. So sehr haben Sie mich dann auch wieder nicht interessiert.“

Er lächelte kaum merklich. „Lady, das ist eine Lüge, das wissen wir beide.“

Sie hatten sich auf der Feier vor vierzehn Tagen gesehen und sie sahen sich jetzt, und verdammt, ja, es stimmte, natürlich interessierte sie sich für ihn, natürlich fühlte sie sich von ihm angezogen. Sie hatte gedacht, sie könnte es verbergen. Aber ganz offensichtlich nicht vor ihm! Trotzdem, zugeben würde sie es ganz sicher nicht.

Luca sah sie durchdringend an. „Also, Lady, ich bin im Besitz einer Software-Entwicklungsfirma. Ich habe über ein Dutzend erfolgreicher Programme geschrieben, von denen Sie die meisten tagtäglich benutzen, ohne es überhaupt zu wissen. Zusätzlich kenne ich mich mit Glücksspiel aus, auch mit den wissenschaftlichen Aspekten, mit Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Beispiel. Ich bin genau der Mann, der Ihnen helfen kann herauszufinden, wer Sie bestiehlt, wie und warum.“

Wieder lächelte er. „Ich habe es schon gesagt, aber ich wiederhole es gerne noch einmal: Sie brauchen mich.“

Annalise seufzte. Verdammt, wenn er die Wahrheit sagte, hatte er vielleicht wirklich recht.

Lucas rechte Hüfte schmerzte. Normalerweise war es ein ganz leichter Schmerz, den er in der Regel kaum noch wahrnahm, aber heute war es etwas stärker. Sicher lag es daran, dass sein Besuch im Magnifique alte Erinnerungen wachgerufen, alte Wunden aufgerissen hatte. Nein, eine Sternstunde in seinem Leben war die alte Sache vor acht Jahren wirklich nicht gewesen!

Immerhin war es schön, wieder ins Freie zu treten und den strahlenden Sonnenschein von Las Vegas zu genießen. Er setzte seine Sonnenbrille auf und wartete, dass der Mann vom Parkservice ihm seinen McLaren brachte.

Damals, vor acht Jahren, hatte er das Magnifique ganz anders verlassen. Erst hatte Mac Mercado ihn ordentlich verprügelt, danach hatten seine Helfer ihn hochkant aus dem Casino geworfen. Er war den Bordstein entlang geschrammt. Wenn er die Augen schloss, konnte er den Schmerz noch heute spüren.

Der Wagen kam. Luca gab dem Parkservice-Angestellten ein Trinkgeld und setzte sich hinein. Das kühle Leder des Sitzes fühlte sich gut an. Der McLaren war eines seiner liebsten Spielzeuge. Ja, er mochte Spielzeuge. Er hatte Geld genug und gab es gerne aus, und es gab niemanden, der ihm da hereinredete.

Genauso mochte er es!

Luca fädelte sich in den Verkehr ein und fuhr in Richtung der Außenbezirke. Er mochte das von Casinos und Luxushotels beherrschte Zentrum von Las Vegas, das so viele Menschen anzog, aber zum Entspannen und Nachdenken brauchte er mehr Ruhe. Deshalb hatte er sich für einen Wohnsitz am Stadtrand entschieden.

Als er den dichtesten Verkehr hinter sich gelassen hatte, begann er über seine neue Klientin nachzudenken.

Annalise Mercado. Eine überaus attraktive und gepflegte Frau, selbstsicher und gewandt. Vielleicht aber auch zu verwöhnt und eine Spur arrogant. Auf jeden Fall hatte sie Eindruck auf ihn gemacht, das konnte er nicht leugnen.

Ganz sicher war sie eine knallharte Geschäftsfrau. Mit solchen Frauen hatte er für seinen Geschmack schon viel zu oft zu tun gehabt. Wie ernst, wie prüfend sie ihn angesehen hatte! Ihr Mund nicht lächelnd, sondern ein gerader Strich. Sie hatte nicht gerade wie eine glückliche Frau gewirkt.

Einerseits empfand er das Gefühl, nicht willkommen zu sein, als recht angenehm; die Situation stellte eine Herausforderung für ihn da. Andererseits fand er es schade, dass ihr Mund so verschlossen und abweisend gewesen war. Wie viel schöner, wie viel verlockender wären doch diese prachtvollen Lippen, wenn sie sich zu einem Kuss öffneten …

Unwillkürlich musste er lächeln. Ja, diese überaus attraktive Frau mochte kalt und abweisend wirken, aber irgendwann würde das Eis schmelzen. In ihrem Inneren brodelte ein Vulkan, da war er sich sicher, das spürte er …

Die kommenden Wochen versprachen interessant zu werden!

Annalise Mercado brauchte ihn wirklich, und irgendwann würde sie es einsehen müssen. Stone hatte ihm genug Infos über ihre Lage zur Verfügung gestellt. Sie hatte schon viel Zeit und Geld investiert, um das Problem alleine zu lösen. Natürlich, so war sie; sie hatte Schwierigkeiten, die Kontrolle abzugeben.

Dabei war Kontrolle ohnehin nur eine Illusion. Aber das würde sie auch noch einsehen.

Das Magnifique verlor Geld, jeden Tag. Durch die Spielautomaten. Aber niemand wusste, wie es dazu kam und wann es begonnen hatte. Die Verlustbeträge waren im Laufe der vergangenen neun Monate stetig angestiegen – möglicherweise hatte der Diebstahl sogar noch früher begonnen, war aber wegen der zunächst geringen Beträge nicht aufgefallen.

Der Dieb – oder die Diebin – wurde allmählich gierig, und irgendwann würde er zu unvorsichtig werden und einen Fehler begehen. Diese Person zu finden war eine willkommene Herausforderung für Luca. Auch wenn er durch die Lösung des Falls dem Spielcasino Magnifique helfen würde.

Über die Automatik seiner Freisprechanlage ließ er sich mit Anderson Stone verbinden. Sein Freund hielt sich nicht lange mit Begrüßungsfloskeln auf. „Ich hoffe, es hat kein Blutvergießen gegeben?“

Luca musste lächeln. „Nein, ist alles friedlich geblieben. Obwohl, wenn Blicke töten könnten …“

„Soll ich den Auftrag doch lieber jemand anderem geben?“

Stone und er hatten diese Unterhaltung schon öfter geführt. „Nein, nein, ich werde ganz brav sein.“

Das hing natürlich auch von der Definition von „brav sein“ ab. Er hatte auf jeden Fall vor, den Auftrag zu erledigen, für den er engagiert worden war. Vielleicht nicht besonders schnell, aber er würde es tun. Solange Annalise mitspielte. Er hatte sich Stone gegenüber dazu verpflichtet, und das bedeutete ihm etwas. Die Detektei Stone Surveillance hatte schließlich einen Ruf zu verlieren; er würde sie nicht im Stich lassen. Das musste aber nicht heißen, dass er sich bei seiner Arbeit besonders beeilte. Und es musste auch nicht heißen, dass er sich jegliche Annäherungsversuche verkniff.

Es gehörte zu seinem Plan, mit Mac Mercados wunderschöner Tochter ein wenig Katz und Maus zu spielen. Durch die Tatsache, dass sie zur Familie Mercado gehörte und dass sie schweigend mit angesehen hatte, wie er zusammengeschlagen wurde, hatte sie schon eine kleine Quittung verdient.

Eigentlich hatte er keinen konkreten Plan gehabt, bis er heute ihr Büro betreten hatte. Jetzt aber war ihm erst so richtig bewusst geworden, wie schön sie war, wie verlockend. Wäre sie irgendjemand anders gewesen, hätte er sofort einen Annäherungsversuch gestartet.

So würde es vielleicht etwas länger dauern, aber fest stand: Es würde ihm ein Vergnügen sein, Annalise Mercado zu verführen.

Annalise war stocksauer.

Dieser Mistkerl hatte in ihrem Büro den großen Max gespielt, sich als Retter aufgespielt, der vielleicht als Einziger ihre Probleme lösen konnte – und sich dann einfach nicht mehr gemeldet. Schon drei Tage lang.

Sie hatte ein wenig herumtelefonieren müssen, aber schließlich hatte sie herausgefunden, wo er wohnte. Sie hatte nicht schlecht gestaunt, dass er ein riesiges Anwesen in Summerlin, einer der teuersten Gegenden von Las Vegas, sein Eigen nannte.

Sie stand mit ihrem SUV vor einem großen Tor, hinter dem sich das Anwesen verbarg. Alles war riesig, luxuriös.

Wer zum Teufel war dieser Kerl nur? Und warum wollte er ihr helfen? Nötig hatte er so einen Detektiv-Auftrag ganz offensichtlich nicht.

Annalise ließ das Wagenfenster herunter und drückte auf den Besucherknopf, der sich neben dem Tor befand.

Nichts passierte.

Sie wartete einige Minuten ab, dann drückte sie den Knopf erneut.

Wieder nichts.

Nach sechs vergeblichen Versuchen drückte sie nicht nur kurz, wie vorher, sondern ließ den Finger auf dem Knopf. Sie klingelte Sturm.

Es dauerte eine Weile, aber dann ertönte aus dem Lautsprecher plötzlich eine Stimme. „Was wollen Sie?“

Ganz sicher gab es hier eine Kameraüberwachung. Daher sagte Annalise nichts, sondern zeigte nur mit dem Finger auf das Tor.

Sie konnte aus dem Lautsprecher ein Seufzen hören, dann öffnete sich das Tor plötzlich.

Sie fuhr den Weg zum Haus entlang. Was für ein Riesengebäude! Sie war selber in einer Villa aufgewachsen, deshalb war es nicht unbedingt die Größe des Hauses, die sie so verwirrte. Es war vielmehr der Umstand, dass dieses Gebäude ihm gehörte.

Sie dachte zurück an den Luca Kilpatrick, der vor acht Jahren zusammengeschlagen und aus dem Casino geworfen worden war. Und dann dachte sie an den attraktiven, charmanten, erfolgreichen Luca Kilpatrick, der aus ihm geworden war.

Das passte einfach nicht zusammen!

Sie fuhr vor bis zu den Treppen, die zum Eingang des großen Hauses führten, stellte den Motor ab und stieg aus. Oben in der Tür stand Luca. Er trug alte, verwaschene Jeans und ein schlichtes T-Shirt. Sein Haar war zerzaust. Er wirkte, als wäre er gerade erst aus dem Bett gestiegen. Dabei war es bereits drei Uhr nachmittags!

Reglos stand er da, während sie die Treppen hinaufstieg. Auf sie wirkte er wie ein Raubtier, scheinbar völlig entspannt, aber doch in jeder Sekunde bereit zuzuschlagen.

Niemals Angst oder Schwäche zeigen, dachte sie, während sie die letzten Stufen nahm. Das war eine der ersten Lektionen, die ihr Vater ihr beigebracht hatte. In vielen Dingen war sie ganz anderer Meinung als er, aber bei dieser Sache stimmte sie ihm zu.

Sie fühlte Unsicherheit in sich aufsteigen, aber sie unterdrückte das Gefühl. Sie hatte in ihrem jungen Leben schon so einiges mitgemacht; eigentlich wollte sie jetzt nur noch, dass es ruhig zuging, ohne Aufregung. Aber dieser Luca Kilpatrick – der war Aufregung pur.

Sie hielt sich nicht lange mit umständlichen Begrüßungen auf, als sie endlich auf Augenhöhe vor ihm stand. „Sie brauchen weder den Job von mir noch mein Geld“, sagte sie einfach.

„Das haben Sie sehr gut erkannt“, erwiderte er lächelnd.

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