Hochzeitsnacht mit dem falschen Milliardär

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„Gib Gas!” Erschöpft lehnt sich Eden, noch im weißen Brautkleid, im Autositz zurück. Ihr Fahrer? Ein unglaublich attraktiver Mann. Aber nicht etwa ihr Ehemann – sondern sein bester Freund Remy Sylvain! Denn Sekunden vor der Trauung ist Edens Hochzeit geplatzt, und der Skandal ist perfekt. Aber das ist Eden völlig egal. Viel wichtiger ist, dass sie endlich herausfindet, wie es mit ihr und Remy nun weitergeht. Denn jene Nacht in Paris mit ihm, lange vor ihrer Verlobung, hat sie nie vergessen …


  • Erscheinungstag 27.06.2023
  • Bandnummer 2603
  • ISBN / Artikelnummer 0800232603
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

PROLOG

Juni, Niagara-on-the-Lake, Gegenwart

Heute sollte der glücklichste Tag ihres Lebens sein, aber Eden Bellamy war nicht glücklich.

Dabei hatte sie jeden Grund dazu. Ihr Bräutigam war ein zuverlässiger, anständiger Mann, genau wie ihr Vater. Diese Heirat würde das Geschäft ihres Vaters retten. Seit Oscar Bellamys Tod vor einem Jahr hatte Eden nach einer Lösung gesucht. Sie sollte begeistert sein, dass sie es endlich geschafft hatte.

Darum tat sie so, als wäre sie glücklich. Als ihre Mutter ihre Augenwinkel betupfte und wünschte, Edens Vater wäre hier, zauberte sie ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Ich auch, Mama. Nimm Platz.“

Ich will, dass es vorbei ist.

Ihre Mutter eilte davon. Edens Herz schien ihr zu folgen. Sie fühlte sich wieder wie ein kleines Mädchen, als ihre Mutter sie zum ersten Mal im Kindergarten zurückgelassen hatte.

Verlass mich nicht. Rette mich.

Die Hochzeitsplanerin befestigte das Mikrofon an dem herzförmigen Ausschnitt ihres Kleides und versuchte, Edens Schleier tiefer zu ziehen.

Eden hielt sie davon ab. „Ich muss die Treppe erkennen.“

Sie war jetzt schon so nervös, dass sie fürchtete, sie würde stolpern. Micah würde das natürlich nicht zulassen.

Ihr Halbbruder würde sie anstelle ihres Vaters zum Altar führen. Mit seinem üblichen stoischen Gesichtsausdruck sah er gerade Edens Trauzeugin Quinn dabei zu, wie sie dafür sorgte, dass die Gäste ihre Plätze einnahmen.

Sie forderte das Blumenmädchen auf, Edens kleinen Cousin an die Hand zu nehmen und sich bereit zu machen, die Prozession der Gäste von der Terrasse hinunter zum Rasen anzuführen.

„Sind Sie so weit?“, fragte die Hochzeitsplanerin.

„Funktioniert es?“, fragte Eden ins Mikrofon und hörte ihre eigene Stimme durch die Lautsprecher draußen.

Mit einem zufriedenen Lächeln eilte die Hochzeitsplanerin davon. Sekunden später stoppte die Musik. Das Gemurmel der Menge verstummte, und es wurde ganz still.

Edens Magen verkrampfte sich. Das schreckliche Gefühl, einen riesigen Fehler zu machen, wuchs und schnürte ihr die Luft ab.

Er will dich nicht, rief eine Stimme in ihrem Kopf, genau wie letzte Nacht, als sie wach gelegen hatte. Genau wie in jeder Nacht seit Monaten. Seit Jahren.

Sie versuchte, sich alle Gründe aufzuzählen, warum es Sinn machte, Hunter Waverly zu heiraten, aber ihre Gedanken wanderten hartnäckig zu diesem anderen Mann zurück, zu dem Mann, der kaum wusste, dass sie existierte.

Zu dem Mann, der jetzt neben Hunter stand.

Ihn zu sehen war das Einzige an diesem Tag, worauf sie sich gefreut hatte. Wie konnte das sein? Sie würde neben Remy Sylvain stehen, während sie einem anderen Mann die Ehe versprach, und es war ihm egal.

Micah reichte ihr seinen Arm und sah sie auffordernd an.

Tränen stiegen Eden in die Augen, als sie vortrat, um ihre Hand auf seinen Ellbogen zu legen.

Draußen luden die sanften Töne der Harfe sie ein, über die Schwelle in ihr neues Leben zu treten. Ihr Herz begann so heftig zu schlagen, dass sie fürchtete, das Mikrofon würde es übertragen. In ihren Ohren hörte sie ein Rauschen. Ihre Füße fühlten sich an, als wären sie auf dem Boden festgeklebt.

Ich kann das nicht, dachte sie panisch.

„Sie!“, ertönte draußen eine wütende Männerstimme.

„Dad, nein! Bitte nicht!“, rief eine verzweifelt klingende Frau.

„Was zum Teufel …?“, murmelte Micah.

Er trat an den Rand der Terrasse. Eden folgte ihm und spähte hinunter. Hunderte von versammelten Gästen blickten zum Altar, wo Hunter mit den Trauzeugen und dem Priester auf sie wartete. Ein grauhaariger Mann in zerknitterter Kleidung stand vor ihm und drohte ihm mit erhobenem Finger.

Eine junge Frau, vermutlich seine Tochter, zerrte an seinem Arm und flehte ihn an, zu gehen. An ihrer Schulter hielt sie ein winziges Baby. Der ältere Mann schüttelte sie ab und beschimpfte Hunter weiter.

„Daddy!“, rief die Frau. „Er wusste es nicht. Ich habe es ihm nie gesagt!“

Einen Moment blieb es still, dann dröhnte Hunters Stimme durch die Lautsprecher. „Ist das wahr?“

Endlich verarbeitete Edens Gehirn die Szene. Dieser Mann behauptete offenbar, das Baby der Frau sei Hunters! Ihre Knie gaben fast nach. Jetzt riss Hunter sein Mikrofon ab und reichte es einem Platzanweiser. In dem Moment blickte Remy zu ihr auf.

Er trug den gleichen Frack wie die anderen Trauzeugen, aber ihm stand er viel besser. Das weiße Hemd und die burgunderrote goldverzierte Weste betonten perfekt seinen muskulösen Oberkörper.

Wenn ein Mann in der Lage war, elegant und attraktiv zu sein und dabei gleichzeitig atemberaubend männlich auszusehen, dann war es Remy. Immer. Sein volles Haar trug er an den Seiten kurz geschoren, das markante Kinn war frisch rasiert. Er stand regungslos neben Hunter und verhielt sich zurückhaltender als je zuvor.

Er wirkte nicht im Geringsten schockiert von dem, was dort unten vor sich ging. Stattdessen beobachtete er, wie sie reagierte.

Das traf sie wie ein Schlag.

Hatte er das arrangiert? Hatte Micah recht gehabt? War Remy bereit, ihre Hochzeit zu ruinieren? Ihr Leben?

Neben ihr fluchte Micah ausgiebig. „Ich bringe ihn um. Diesmal tue ich es wirklich.“

Unten am Altar stieß Remy jetzt Hunter an. Hunter richtete seinen Blick auf sie, ebenso wie die Frau mit dem Baby. Hunters finsterer Gesichtsausdruck wirkte plötzlich schuldbewusst.

Eden hielt Remys Blick zwei oder drei Sekunden lang stand, lange genug, dass ihr Herz brach. Wie ein schleichendes Gift erfüllte bittere Demütigung ihren Körper.

Die Frau mit dem Baby auf dem Arm sah genauso beschämt aus, wie Eden sich fühlte. Ihr Gesichtsausdruck verzerrte sich, dann wandte sie sich um und lief davon.

Der Brautstrauß fiel aus Edens gefühllosen Fingern über die Terrassenbrüstung. Sie löste den Blick von Remys unlesbarem Gesichtsausdruck und ging zurück ins Haus.

1. KAPITEL

Paris, fünf Jahre zuvor

Fast hätte sie Quinn allein in den Louvre gehen lassen. Eden hatte das Museum schon vorher besucht, außerdem drängten sich dort immer Menschenmassen, vor allem um das berühmteste Gemälde der Welt herum.

Kultur stand für sie bei ihrer Europareise nicht an erster Stelle. Sie wollte ihren Bruder besuchen und segeln, shoppen, schwimmen und snowboarden.

Quinn mochte diese Freizeitaktivitäten auch, aber sie war nicht mit Geld aufgewachsen. Sie baute ihre Zukunft auf ihrer Ausbildung auf, die sie durch ein Stipendium finanzierte. Darum nutzte sie jede Chance, etwas zu lernen.

Eden respektierte das. In gewisser Weise beneidete sie Quinn um ihre grenzenlosen Möglichkeiten. Ihr eigener Lebensweg war seit ihrer Geburt vorbestimmt.

Sie würde ihr Betriebswirtschaftsstudium abschließen, Bellamy Haus und Garten übernehmen und dafür sorgen, dass die Firma florierte. Das tat sie gern, aber manchmal brauchte sie eine Pause von dem Druck, der seit vielen Jahren auf ihr lastete.

Sie und Quinn waren beste Freundinnen. Ihre Freundschaft funktionierte, weil sie beide bereit waren, die Wünsche und Interessen der anderen zu teilen, ganz gleich, ob es sich um Hausaufgaben handelte, ausgiebiges Shoppen oder sich durch ein Meer von Handys zu drängen, um einen Blick auf ein Gemälde zu erhaschen. Sie wollten ihre Zeit miteinander verbringen und über ihre albernen Witze lachen.

„Ich dachte, es wäre größer“, sagte Quinn und schwankte auf ihren Zehenspitzen.

„Hast du noch nicht gehört? Größe spielt keine Rolle.“

Es war ein lahmer Scherz, doch hinter ihnen fragte ein Mädchen laut: „Hast du das gehört?“

Ein amüsiertes Schnauben hinter ihr veranlasste Eden, sich umzudrehen. Ein hochgewachsener Mann in ausgebleichten Jeans, Wildlederstiefeletten und einer grauen Leinenjacke über einem grünen Hemd mit Sonnenblumenmuster raubte ihr den Atem. Das Hemd war am Kragen offen und enthüllte einen goldenen Anhänger. Vielleicht ein Schutzheiliger.

Seine Haltung strahlte Selbstvertrauen aus. Die Ärmel seiner Jacke hatte er hochgeschoben, wodurch die teure Uhr an seinem Handgelenk zu sehen war. Über den ausrasierten Schläfen trug er seine schwarzen Locken länger. Ein Spitzbart umrahmte seine vollen Lippen.

Sein goldener Blick sandte ein Prickeln durch ihren Körper. Ihre Wangen glühten, und ihr Atem ging schneller, doch sie hielt ihm stand.

„Aber Alter spielt eine Rolle“, flüsterte Quinn ihr ins Ohr.

Eden warf ihr einen „Halt die Klappe“-Blick zu und erwiderte sein Lächeln. Sie war neunzehn, definitiv alt genug, um mit jemandem Mitte zwanzig zu flirten. Das war schließlich Paris. Flirten war hier gesetzlich vorgeschrieben.

„Du sprichst Englisch?“, fragte sie, nicht gerade ein Flirt auf hohem Niveau, aber ein logischer Anfang.

„Das tue ich. Ich bin Kanadier. Wie du.“

„Woher weißt du, dass wir aus Kanada kommen?“ Eden legte neugierig den Kopf schief.

Er nickte Quinn zu. „Du hast ›sorry‹ zu dem Typen gesagt, der dir seinen Ellbogen ins Ohr gerammt hat. Halifax würde ich sagen, deinem R nach zu urteilen.“

„Prince Edward Island“, korrigierte Quinn mit gespielter Empörung.

Eden streckte die Hand aus. „Eden. Toronto.“ Sie übersprang das zweite T, wie es die meisten Einheimischen taten.

„Remy. Montreal.“

Sie hielten ihre Hände und sahen sich an, bis Eden von hinten angestoßen wurde. Sie stolperte einen Schritt auf Remy zu. Um ihr Gleichgewicht wiederzufinden, streckte sie eine Hand aus und traf auf eine dieser Sonnenblumen. Darunter spürte sie seine sehr harte, warme Brust. Er stützte sie mit einem Griff um ihren Ellbogen.

„Entschuldigung“, brachte sie heraus und versuchte zu verbergen, wie ihre Knie zitterten, weil sie ihm so nah war. Das Flattern in ihrem Bauch war zu Hitzewellen geworden. Ihre Brüste fühlten sich schwer an, und ihre Wangen leuchteten wahrscheinlich in grellem Pink.

„Kein Problem.“ Das Grübchen neben seinem Mundwinkel war das Schönste, was sie je gesehen hatte, aber sein Blick wirkte ein kleines bisschen bedauernd. Sie hörte die Zurückhaltung in seiner Stimme, als er sie losließ. „Seid ihr Au-pairs? Oder ist das eine Abschlussfahrt? Ihr seht nicht aus wie Rucksacktouristen.“

Er dachte, sie käme frisch von der High School? „Ich komme jedes Jahr nach Paris, um meinen Bruder zu besuchen.“ Sie versuchte, erfahren zu klingen, hörte sich aber wahrscheinlich nur angeberisch an. „Er hat hier eine Wohnung.“

Es war eher ein Penthouse und eine von mehreren Immobilien, die er in Paris besaß, von Villen über Suiten und Herrenhäuser. Micah hatte ihren Flug arrangiert, ihr ein lächerlich großzügiges Taschengeld zur Verfügung gestellt und sie ermutigt, ihre Freundin Quinn mitzubringen.

Unter seiner eisenharten Schale war ihr Bruder zuckersüß wie Karamell, aber er mochte es nicht, in Boutiquen herumzustehen und über unterschiedliche Schattierungen von Grün zu diskutieren. „Nimm beides mit und entscheide später“ war sein ungeduldiger Beitrag zu ihrem einzigen gemeinsamen Einkaufsbummel gewesen.

„Wir kehren im September zur McGill University zurück“, stellte Eden jetzt klar.

Remy nickte. An seinem Blick erkannte sie, dass er versuchte zu entscheiden, ob sie zu jung für ihn war.

In mancher Hinsicht mochte sie unerfahren sein, aber in einigen Bereichen war sie durchaus erfahren und gebildet. Männer in ihrem Alter wirkten auf sie im Vergleich zu ihrem Bruder wie jugendliche Schwachköpfe. Mit seiner überdurchschnittlichen Intelligenz setzte er hohe Maßstäbe. Viel zu früh hatte er die Verantwortung von ihrem Vater übernehmen müssen.

Wenn die Leute herausfanden, wer er war, veränderte sich meist ihr Verhalten. Manchmal waren sie eingeschüchtert, manchmal unterwürfig. Darum redete Eden nicht gern über ihre Familie, bis sie jemanden besser kennengelernt hatte.

„Und du?“, fragte sie. „Bist du mit deiner Frau im Urlaub oder …?“

Sein Mund zuckte. „Ich bin Single“, versicherte er. „Und eigentlich geschäftlich hier, wobei ich auch Familie in Paris habe …“ Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Ich bin mit meinem Cousin verabredet und spät dran. Bist du noch länger in Paris? Ein Freund von mir besitzt einen Nachtclub, das Jusqu’à l’Aube. Ich habe versprochen, am Freitagabend vorbeizukommen. Soll ich ihn bitten, euch auf die Gästeliste zu setzen?“ Er holte sein Handy hervor.

„Das hört sich nach Spaß an. Eden und Quinn.“

Sie nannte ihm nicht ihren Nachnamen, weil sie nicht wollte, dass er im Internet nach ihr suchte. Sie bat ihn auch nicht, Micah einzuladen. Ihr Bruder benahm sich sowieso schon wie ein viktorianischer Sittenwächter.

„Ich werde gegen elf kommen. Versetz mich nicht. Ich möchte dich wiedersehen.“

Sein Augenzwinkern ließ ihr Herz tagelang schneller klopfen, während sie Quinn auf der Suche nach dem perfekten Kleid über die Champs-Élysées schleppte.

Schließlich entschied sie sich für ein silbernes Kleid mit Metallketten, einem engen Neckholder-Top und einem kurzen Rock, unter dem Fransen hervorschauten. Als Schuhe wählte sie zehn Zentimeter hohe, paillettenbesetzte Sandaletten mit Riemchen, die sie in Spiralen über ihre Waden schlang.

Quinn suchte sich ein trägerloses grünes Minikleid mit Taschen aus – nicht überraschend für sie als praktisch veranlagte Frau, aber es passte zu ihrer Figur.

Als der Freitag kam, trug Quinn ausnahmsweise ihr wunderschönes rotes Haar offen, aber auf dem Weg zum Club wirkte sie angespannt.

„Stimmt etwas nicht?“ Eden war so aufgeregt, dass sie kaum stillsitzen konnte.

„Ich bin mir nicht sicher. Ich …“ Quinn zögerte.

Eden wurde von dem Schild abgelenkt, auf dem Jusqu’à l’Aube aufblitzte. Bis zum Morgengrauen.

„Das ist es. Jusqu’à l’Aube“, teilte Eden Micahs Chauffeur mit und zeigte nach vorn.

„Lange Schlange am Eingang“, bemerkte Quinn.

„Das heißt, er ist beliebt.“ Eden hatte sich ein wenig Sorgen gemacht, dass es sich um einen zwielichtigen Club handeln könnte, aber zu ihrer Erleichterung befand er sich in einem lebhaften, gehobenen Stadtteil von Paris.

Die lachenden Mittzwanziger vor dem Eingang trugen schicke Miniröcke und Anzüge. Als das Auto am Ende des überdachten Gehwegs zum Club anhielt und Eden und Quinn ausstiegen, musterten die Wartenden sie mit einer Mischung aus neugierigen und feindseligen Blicken.

„Sie mögen uns nicht, bestimmt weil wir in so einem teuren Auto chauffiert werden. Warum sind wir nicht schon an der Straßenecke ausgestiegen?“, fragte Quinn leise.

„Wir stehen auf der Gästeliste.“ Wenigstens hoffte sie das.

Eden wollte nicht glauben, dass sie auf einen Betrüger hereingefallen war, der nur die Besucherzahlen steigern wollte. Remys Interesse an ihr hatte sich so echt und intensiv angefühlt wie ihres an ihm. Wenn er nicht hier wäre, nun, sie wäre trauriger, als sie zugeben wollte.

Nervös nannte sie dem Türsteher ihre Namen, woraufhin sie in den Club geführt wurden. Drinnen hüpfte die Menge zur pulsierenden Musik des DJs unter blinkenden bunten Lichtern. Sie wurden in den VIP-Bereich geführt, wo Remy im Kreis seiner Freunde auf einem u-förmigem Sofa saß.

Er war wirklich der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Als sie eintraten, stand er auf, lächelte sie an und küsste sie auf beide Wangen, als wäre er wirklich froh, sie zu sehen. Als wären sie langjährige Freunde. Oder mehr.

Er trug eine schwarze Hose über neonpinken Turnschuhen, dazu ein schwarzes T-Shirt unter einem blauen Seidenblazer mit rosafarbenem Paisleymuster.

Er versuchte, sie und Quinn seinen Freunden vorzustellen, aber durch die hämmernde Musik konnte Eden kaum etwas verstehen. Eine Frau mit langen Zöpfen und leuchtend weißem Nagellack lächelte und winkte ihr zu. Ein Paar erhob sich und ging auf die Tanzfläche.

Zwei Männer machten auf dem Sofa Platz, damit Eden und Quinn es sich neben Remy bequem machen konnten.

„Champagner?“ Remy griff nach einer der geöffneten Flaschen. „Oder Rum? Etwas anderes?“

Sie wählten Champagner, und er schenkte ein. Als sie ihr Glas entgegennahm, beugte Eden sich zu Quinn. „So muss es sich anfühlen, reich und berühmt zu sein.“

„Du bist selbst reich und berühmt“, neckte Quinn.

„Nicht so reich.“ So reich war Micah.

Quinn lächelte dankend, als sie ein Glas von Remy entgegennahm. Sie wartete, bis er sein eigenes nachgefüllt und mit ihnen angestoßen hatte, dann nippte sie daran.

Eden konnte ihr Glas kaum ruhig halten, als sie auf dem Sofa so fest an Remy gedrückt wurde, dass sie jede seiner Bewegungen spürte. Als er sich zurücklehnte und seinen Arm hinter ihr auf die Sofalehne legte, saßen sie eng aneinandergeschmiegt.

Er roch so gut, wie er aussah, nach Sommer und Gewürzen und vielleicht Verlangen, aber das konnte auch sie sein.

Sie wollte alles hören, was er zu sagen hatte, aber sie wollte auch genauso sitzen bleiben. Es war viel berauschender als jeder Schampus.

Seine Lippen streiften ihr Ohr, als er den Kopf senkte und fragte: „Willst du tanzen?“

Sie nickte und sah Quinn an. Ihre Freundin winkte ihnen zu, ohne sie tanzen zu gehen. Einer von Remys Begleitern blickte Quinn hoffnungsvoll an, doch sie starrte stirnrunzelnd auf ihr Handy.

Irgendetwas stimmte nicht, aber Edens Hand lag in Remys, und sie wollte tanzen. Sie würde ihre Freundin später fragen.

Remy war so sexy! Gut gekleidet, selbstbewusst und wohlhabend zu sein, war noch nicht genug. Er konnte auch tanzen. Während er mit seinen Händen ihren Körper in der Luft nachzeichnete, rollte er die Hüften und ließ sie nicht aus den Augen, was Eden das Gefühl gab, die begehrenswerteste Frau der Welt zu sein.

Sie liebte es, zu tanzen. Nie fühlte sie sich schöner, als wenn sie mit der Musik verschmolz – außer vielleicht, wenn sie Remys Brust und Oberschenkel berührte und seine Hand ihren Arm, ihren Rücken und ihre Hüften streifte.

Er hob ihre Hand über ihren Kopf und wirbelte sie herum, dann drückte sie sich rückwärts an ihn und war begeistert, als er seine Hände an ihren Seiten hinabgleiten ließ.

Das war kein Tanzen. Es war ein Vorspiel. Sie hatte ein wenig geküsst und herumgespielt, aber es war immer eher ein Ausprobieren gewesen, noch nie hatte sie diese starke Anziehungskraft gespürt. Ihr Verlangen, ihm näher zu sein und mehr von ihm zu berühren, sich an ihn zu pressen, war so stark, dass sie glaubte, sie würde platzen.

Als jemand in sie hineinstolperte, war der Bann fast gebrochen. Remy zog sie schnell von der Tanzfläche in eine schattige Ecke. Seine Stirn war besorgt gerunzelt, als er sich zu ihr beugte. „Ist alles in Ordnung?“

„Mit geht’s gut.“

Jetzt war sie verzaubert davon, wie nah ihre Köpfe beieinander waren. Ohne nachzudenken, ließ sie ihre Hand zu seiner gleiten und drückte sie sanft und einladend.

Mehr war nicht nötig. Er legte seine Hand auf ihre Taille und zog sie an sich.

Sie hielt den Atem an, als sich ihre Körper aneinanderschmiegten wie Magnete. Als sich ihre Lippen trafen, erfüllte sie ein Gefühl der Richtigkeit.

Freude blühte in ihr auf. Er war der Eine. Sie erkannte es daran, wie er seine Arme sanft und kraftvoll um sie legte und sie auf die zärtlichste Weise an sich zog. Gerade so besitzergreifend, dass seine Umarmung ihr sagte, wie wichtig sie war.

Hinter ihren geschlossenen Augenlidern glitzerten bunte Lichter, und die hämmernde Musik verstärkte ihren Herzschlag. Für einige Sekunden vergaß sie Zeit und Raum. Es gab nichts als sprühende Elektrizität und Lust. Es war perfekt. Absolut perfekt.

Und so erotisch. Sie lehnte sich ein wenig mehr an ihn. Er ließ seine Hand zu ihrem Po gleiten, sie schlang die Arme um seinen Hals und …

Er wich einen Schritt zurück und ließ sie so abrupt los, dass sie taumelte. In derselben Sekunde drehte er sich zu jemandem um.

Nein. Er war gezogen worden, erkannte sie. Er wurde geschubst. Es sah aus, als würde der andere Mann eine Schlägerei beginnen.

Plötzlich erkannte sie, wer ihn angegriffen hatte.

„Micah!“ rief sie entsetzt. „Halt!“

2. KAPITEL

Fünf Jahre später

Heute würden sie zum ersten Mal gemeinsam als Paar auftreten.

Im vergangenen Monat hatte Edens Freundin und Nachbarin Vienna ihr ihren Bruder Hunter Waverly vorgestellt. Sie hatten angefangen, sich hin und wieder zu verabreden.

Hunter steckte mitten in einem Gerichtsprozess, der sein Telekommunikationsunternehmen Wave-Com bedroht hatte, aber vor einigen Tagen war das endgültige Urteil zu seinen Gunsten gefällt worden. Um seinen Sieg zu feiern, gab Hunter heute eine Party. Dabei wollte er Eden als Gastgeberin an seiner Seite haben.

„Die Leute sollen wissen, dass wir es ernst meinen. Du bist in einer schweren Zeit an meiner Seite geblieben. Das verspricht Gutes für unsere Zukunft.“

Aber angesichts der Probleme ihres Familienunternehmens war sie in ihrer Beziehung eine Belastung für ihn. Bevor die Dinge zwischen ihnen verbindlicher wurden, musste sie das klarstellen.

„Ich möchte mich nicht falsch darstellen“, erwiderte sie zögernd. „Bevor wir über eine gemeinsame Zukunft reden, muss dir klar sein, worauf du dich einlässt.“

Seit vielen Jahren bereitete Eden sich darauf vor, die Zügel bei Bellamy Haus und Garten zu übernehmen. Schon mit vierzehn hatte sie im Ladengeschäft gearbeitet und mit sechzehn einen Job in der Verwaltung gehabt. Während ihres Studiums hatte sie zunehmend größere Verantwortung übernommen, Marketingkampagnen durchgeführt, Kaufverträge ausgehandelt und mit der Personalabteilung zusammengearbeitet. Darum war sie davon ausgegangen, sich den Respekt des Vorstandes verdient zu haben und nach dem Tod ihres Vaters von allen als seine Nachfolgerin unterstützt zu werden.

Doch als sich der Gesundheitszustand ihres Vaters verschlechtert hatte, hatte eine Handvoll kauffreudiger Aktionäre mit einer Art Zeitbombenklausel in Bellamy Haus und Garten investiert. Wenn sie bis Ende nächsten Jahres keine beträchtlichen Gewinne erzielten, würden diese Investoren die Firma übernehmen.

Schon jetzt versuchten sie, Eden aus dem Unternehmen zu drängen. Darum kämpfte sie mit aller Kraft um das Vermächtnis ihrer Familie. Dazu gehörte auch eine Zweckehe.

„Deshalb habe ich Vienna gebeten, uns vorzustellen“, erklärte sie jetzt ehrlich. „Ich wollte es nicht ansprechen, während du mit deinen eigenen Problemen zu kämpfen hattest, aber ich kann es nicht länger verschweigen.“

Hunter hörte gleichmütig zu. „Ich habe Erfahrung mit Problemen“, erwiderte er trocken. „Ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden, bei der wir beide gewinnen.“

Zum ersten Mal seit langer Zeit erlaubte sich Eden einen Funken Optimismus. Ihr Lächeln kam von Herzen, als sie neben Hunter stand und seine Gäste begrüßte. Vielleicht war sie nicht in ihn verliebt, aber sie hatte allen Grund zu der Annahme, dass sie ihn lieben könnte. Irgendwann.

Aber so war es ihr lieber. Sie wollte keine herzzerreißende Verliebtheit. Sie wollte dieses schreckliche Ding nicht, das ihre Seele mit Sehnsucht erfüllte. Was auch immer sie in jener Nacht in Paris zu fühlen geglaubt hatte, war eine Täuschung gewesen. Remy hatte mit ihren jugendlichen Hormonen gespielt. Nichts davon war echt gewesen, also warum verfolgte es sie immer noch?

Aber so war es. Er verfolgte sie. Jeder Mann wurde an dieser Illusion gemessen, sogar Hunter. Hunter war der Erste, der ihm nahekam, aber selbst ihm konnte sie nicht verzeihen, dass er nicht er war.

Schlimmer noch, selbst wenn sie vielleicht ein wenig neugierig auf einen anderen Mann sein mochte, fühlte sie sich durch ihre Leichtgläubigkeit so gedemütigt, dass sie ihrem eigenen Urteilsvermögen seit jenem Abend in Paris nicht mehr traute.

Hätte Vienna sie nicht bekannt gemacht, hätte sie Hunter niemals vertraut. Direkt am Anfang hatte sie ihm deutlich gesagt, dass sie es langsam angehen wollte. Bisher hatten sie nicht miteinander geschlafen und würden es wahrscheinlich auch nicht tun, bis sie verheiratet waren. Hunter sagte, er wäre damit einverstanden.

Wenn er das Feuer ihrer Leidenschaft entzündet hätte wie Remy damals, hätte sie ihre Jungfräulichkeit inzwischen wahrscheinlich längst verloren, aber der einzige Mann, der sie jemals dazu gebracht hatte, sich nach Sex zu sehnen, war der Todfeind ihres Bruders.

Lag es an ihr? Sehnte sie sich vielleicht insgeheim nach dem Verbotenen?

„Da ist er“, sagte Hunter. „Mein bester Freund.“

Seine Stimme klang warm vor Zuneigung. Er nahm ihre Hand und zog sie zu einem Mann, der ihren Körper zu Eis erstarren ließ.

„Eden, das ist Remy Sylvain. Eden Bellamy“, stellte Hunter vor und fügte dann für Remy hinzu: „Ich hatte dir ja erzählt, dass Vi mich verkuppelt hat. Offenbar hat sie ein Talent für Partnervermittlung.“

Irgendwie sah Remy noch besser aus. Faszinierender. Sein Bart war nur noch ein schmaler Streifen am Kinn, sein Haar auf dem Oberkopf kürzer, sein Gesicht wirkte reifer als vor fast fünf Jahren, als sie ihn so kurz in Paris getroffen hatte.

Sein unglaublicher Sinn für Mode war unverändert. Heute trug er einen eng geschnittenen Anzug in dunklem Weinrot über einem schwarzen Hemd mit einer schwarzen Krawatte.

Das Aufblitzen seines dunkelgoldenen Blicks traf sie wie ein Sensenhieb und zog ihr fast die Knie weg. „Schön, Sie kennenzulernen“, sagte er kühl und reichte ihr die Hand.

Als ihr klar wurde, dass er so tat, als hätten sie sich noch nie getroffen, legte sie ihre schlaffe Hand in seine. Ihre feuchte Haut brannte beim Kontakt mit seiner heißen Handfläche.

Ein Leben voller gepflegter Umgangsformen ließ ihr die Worte „Ich freue mich auch, Sie kennenzulernen“ über die Lippen rutschen.

Sie freute sich nicht. Es war ein tödlicher Schock. Wie konnte niemand bemerken, dass ihre Beine sie kaum trugen?

Er schüttelte ihr flüchtig die Hand, dann ließ er sie los, als hätte sie ihn verbrannt.

Sie fühlte sich verletzt, was dumm war! Sie wollte nichts für ihn empfinden, am allerwenigsten wollte sie sich zurückgewiesen fühlen. Er hatte sie nie wirklich gewollt.

Ihre Gedanken rasten. Würde er Hunter von ihrer Begegnung erzählen? Sollte sie etwas sagen? Sie hatte ihr Leben gerade erst wieder in den Griff bekommen. Außerdem konnte sie sowieso nicht sprechen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihre Wangen brannten. 

Autor

Dani Collins

Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...

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