Sinnliche Nähe – verbotenes Verlangen

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Mit ihrem Boss, dem Kunsthändler Asher Dane, nach Reykjavik zu fliegen, klingt verlockend, findet Maeve. Auch wenn sie dafür vorspielen muss, dass sie und Asher ein Paar sind. Denn der Künstler, den sie unbedingt für eine Ausstellung gewinnen wollen, hat nur Paare in das luxuriöse Wellness-Resort eingeladen, in dem die Besprechungen stattfinden. Wie soll Maeve bei so viel verführerischer Nähe ihr pikantes Geheimnis vor Asher bewahren? Seit dem ersten Tag in der Galerie ist sie heimlich in ihren sexy Boss verliebt …


  • Erscheinungstag 16.09.2025
  • Bandnummer 192025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535090
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Michele Renae

Sinnliche Nähe – verbotenes Verlangen

1. KAPITEL

Asher Dane betrat das Londoner Büro von The Art Guys und atmete den zarten Zitronenduft ein. Das war das Werk der Vorzimmerdame – auf ihrem Schreibtisch stand ein kleiner Duftspender. Maeve beherrschte das Zentrum des runden Raums, der von drei Privatbüros und einem großen Konferenzraum umgeben war. Die geschwungene Architektur unterstrich den Reiz ihres Produkts: Kunst.

Der eigentliche Blickfang war aber die Vorzimmerdame selbst. Als sie aufblickte, ihm kurz zunickte und dann weiter in das Mikrofon ihres Headsets sprach, fesselte ihn ihr winziges, kaum sichtbares Lächeln. Perfekte kleine Grübchen zeigten sich neben ihren Mundwinkeln – eine Versuchung, der er nur schwer widerstehen konnte.

Asher blieb gerade noch rechtzeitig stehen, bevor er in eine griechische Amphore auf einem Sockel hineingerannt wäre. Die Vase zu zerbrechen hätte ihn fünfhunderttausend Pfund gekostet. Mindestens. Er warf noch einen letzten Blick auf die Vorzimmerdame. Dieses Lächeln! Es verriet, dass mehr in dieser Frau steckte, als man auf den ersten Blick vermutete.

Trotzdem sprach er selten mit ihr, abgesehen von gelegentlichen Anrufen. Nicht etwa, weil er kein Interesse daran gehabt hätte, mehr über die zierliche dunkelhaarige Frau zu erfahren. Zwei Jahre arbeitete sie schon hier. Sechs Monate, nachdem er als Kunsthändler zu Krew und Joss zurückgekehrt war, hatte Maeve angefangen. Aber ihr flüchtiges Lächeln ließ ihn glauben, dass sie weder interessiert noch beeindruckt von ihm war. Vielleicht verurteilte sie ihn auch für Dinge, über die er lieber nicht nachdenken wollte.

Liebe Güte. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, wenn er mit ihr im selben Raum war. Ein Gefühl, das er nicht gewohnt war.

„Ash!“ Joss Beckett steckte den Kopf aus Krews Büro. „Perfektes Timing. Komm rein!“

Als Asher an Maeves Schreibtisch vorbeiging, verlangsamte er seine Schritte. Sie blickte mit funkelnden grünen Augen unter dichten schwarzen Wimpern zu ihm auf. Und er zwinkerte ihr zu. Ihr verführerisch geschwungener, kirschroter Mund klappte auf – und sie murmelte eine verlegene Entschuldigung ins Telefon.

Er hatte sie in ihrer Konzentration gestört. Warum verhielt er sich in ihrer Nähe wie ein Idiot?

„Schön, dich zu sehen, Asher. Setz dich.“ Krew Lawrence lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch.

Asher und Krew hatten sich an der Uni kennengelernt und waren durch ihre gemeinsame Liebe zur Kunst Freunde geworden. Krews Spitzname? „The Brain“ – der Kopf. Das passte. Krew kümmerte sich um die rechtlichen und buchhalterischen Aspekte des Milliarden-Imperiums des Trios.

Vor zehn Jahren hatten die drei Freunde durch ihre Leidenschaft für Kunst zusammengefunden und ein Kunsthandelsunternehmen gegründet. Sie kauften, verkauften, entdeckten, schätzten und hatten eine Liste mit prominenten Kunden und erfolgreichen Künstlern aufgebaut. Doch nach fünf Jahren hatte Asher das Trio verlassen müssen, um sich um seine kranken Eltern zu kümmern. Nachdem er endlich die richtige Pflege für sie gefunden hatte, konnte er zurückkehren – kurz bevor Krew und Joss von einem Fernsehsender angesprochen wurden, um eine Serie zu entwickeln.

Vor einem Monat hatten sie die Dreharbeiten für die zweite Staffel abgeschlossen. Sechs Folgen, die ihre Suche nach seltenen Kunstwerken und die Herausforderungen bei Auktionen mit hohem Einsatz zeigten.

Asher liebte es, vor der Kamera zu stehen. Wenn andere zusahen, war er in Höchstform. Er zeigte sein strahlendes Lächeln und gab allen das, was sie erwarteten: oberflächlichen Glamour. Er trug für die Show nicht umsonst den Spitznamen „The Face“ – das Gesicht. Das Etikett störte ihn nicht. Er wusste, wie er sein Aussehen für seine Zwecke nutzen konnte. Aber manchmal war er so in Äußerlichkeiten verwickelt, dass er nicht mehr genau wusste, wer Asher Dane eigentlich war.

„Wir haben einen Job für dich.“ Krew war kein Typ für Small Talk.

„Ich war zwei Monate unterwegs und ihr drückt mir gleich den nächsten Job aufs Auge?“ Asher lachte und begrüßte Joss mit einem Schulterklopfen. „Wie geht’s dir, Mann? Wie war die Reise nach Brasilien?“

„Wäre fast von einer Riesenschlange zerquetscht worden“, sagte Joss, der in der Show den Spitznamen „The Brawn“ – die Kraft – trug. Der Mann hatte die Muskeln und den Mut, sich kopfüber in jedes Abenteuer zu stürzen. „Du siehst gut aus, Asher. Aber das tust du ja immer.“

„Es ist ein Fluch.“ Asher setzte sich auf den mit Samt bezogenen Stuhl vor Krews Schreibtisch.

Alles im Büro war kurvig, ohne harte Kanten. Die Einrichtung war Ashers Werk gewesen. Er liebte romantische Ästhetik. Ja, er hatte eine Schwäche für die Präraffaeliten. Modern, blockartig, Mondrian und Picasso? Dieses geometrische Zeug überließ er Krew.

„Habe ich nicht übernächste Woche was in Bangladesch?“, fragte Asher.

„Hast du. Aber du kannst das hier bestimmt noch dazwischen quetschen.“ Krew drehte seinen Laptop herum.

Der Bildschirm zeigte einen Artikel über Tony Kichu, „Beziehungscoach der Stars“. Asher überflog den Text. Er beschrieb die exzentrischen Methoden des Mannes, der nur via Videocall coachte. Keiner seiner Klienten hatte ihn je persönlich getroffen, obwohl er dank seiner kultähnlichen Anhängerschaft Milliardär war.

„Offenbar ist der Mann auch Künstler“, sagte Krew. „Seine Klienten wollen seine Werke kaufen, aber er verkauft nicht.“

„Was ist sein Stil? Sein Medium?“ Asher scrollte die Seite hinunter, aber es gab keine Erwähnung von Kichus Kunst.

„Niemand weiß mehr, als dass er malt.“

Asher ließ den Blick zwischen den beiden Männern hin und her wandern. „Wie weiß dann irgendjemand, ob seine Sachen etwas taugen?“

„Wegen seiner Prominenz“, sagte Joss. „Ist es nicht immer so?“

Asher lehnte sich zurück. „Und ihr wollt, dass ich mit dem Typen rede?“

„Ja, und dass du einen Blick auf seine Arbeit wirfst. Wenn wir ihn als Künstler an Land ziehen können … Aufmerksamkeit ist immer gut“, fügte Joss hinzu. „Und …“ Er brach den Satz ab.

Ja, das Unausgesprochene hallte in Ashers Kopf wider. Er hatte noch keinen eigenen Künstler eingebracht. Sicher, er betreute eine Liste von Elite-Kunden, und er konnte bei Auktionen kaufen und verkaufen wie kein anderer. Aber er hatte sich für einige Jahre aus dem Geschäft zurückgezogen, als er sich um seine Eltern gekümmert hatte. Und am Anfang hatte er sich darauf konzentriert, Publicity zu generieren und dem Trio einen Namen zu machen.

Auch wenn die Jungs es nie laut aussprechen würden – einen Künstler an Bord zu holen, würde endlich beweisen, dass er genauso viel Können einbrachte wie seine beiden Kollegen.

Eine Stimme schlich sich in seine Gedanken.

Sie sind zweitklassig, Dane. Hinter dem hübschen Gesicht steckt keine Substanz.

Ein Kommentar, der Asher nicht nur einmal, sondern immer wieder getroffen hatte. Er war aufgezeichnet und in der TV-Serie gezeigt worden.

Asher war nicht zweitklassig. Er konnte es durchaus mit Krew und Joss aufnehmen, aber … Er hatte eben keinen Stall voller Künstler, die er fördern, formen und der Welt präsentieren konnte.

„Tony Kichu an Land zu ziehen, wäre ein Highlight für deine Social-Media-Accounts“, sagte Joss.

„Nur ein weiteres Posting und mehr Follower.“ Asher investierte Zeit in seine eigene Online-Präsenz und die der Agentur. Er hatte über fünf Millionen Follower. So brachte er dem Team einen gewissen Mehrwert.

„Kann ich machen. Wo lebt der Typ? Und wenn er sich nicht persönlich mit seinen Klienten trifft … Ich hasse es, eine Bewertung per Video zu machen.“

„Musst du nicht. Kichu veranstaltet einmal im Jahr ein Spa-Retreat in seinem Hauptsitz kurz vor Reykjavík.“

„Island? Schön zu dieser Jahreszeit. In geothermischen Pools baden, dann ein Treffen mit Kichu einfädeln – auf jeden Fall.“

„Es gibt da nur ein Problem.“ Krew drehte den Laptop wieder zu sich und stand auf. „Es ist ein Paar-Retreat, also brauchst du eine Partnerin. Datest du gerade jemanden?“

„Dumme Frage“, sagte Joss. „The Face hat immer eine Frau an der Angel.“

Das stimmte. Dates mit schönen Frauen sorgten für guten Content auf seinen Social-Media-Kanälen. Doch das füllte seine emotionale Leere nicht. Oberflächliche Affären reichten ihm nicht mehr. Er sehnte sich nach einer echten Beziehung, die länger als ein Wochenende hielt. Mit zweiunddreißig wurde er nicht jünger, und so wenig er es vor seinen ungebundenen Geschäftspartnern auch zugeben würde: Er wollte eine Familie gründen.

„Momentan bin ich Single.“

Beide Kollegen starrten ihn ungläubig an.

Asher zuckte mit den Schultern. „Was soll ich sagen? Manchmal braucht selbst The Face eine Pause.“

„Du musst eine Frau finden, und zwar schnell“, sagte Krew. „Ich habe Maeve bereits einen Flug und Tickets für das Retreat buchen lassen. Der Flieger geht morgen Abend.“

Asher rieb sich das Kinn. Es gab ein paar Frauen, mit denen er sich gelegentlich traf, aber die Vorstellung, eine Woche mit jemandem zu verbringen, dem er nicht nahestand? Unschön. Obwohl es keine Rolle spielen sollte, schließlich wäre die Beziehung ja nur vorgetäuscht.

„Warum nimmst du nicht unsere Maeve mit?“, schlug Joss vor.

Asher grinste. „Wisst ihr eigentlich, dass es sich wie in einem Jane-Austen-Roman anhört, wenn ihr sie ‚unsere Maeve‘ nennt?“

„Ich mag Jane Austen“, sagte eine weibliche Stimme.

Asher drehte sich um, als Maeve das Büro betrat und einen Ordner auf Krews Schreibtisch legte. Sie trug ein eng anliegendes blaues Kleid, das ihre schmale Taille betonte. Es hatte einen breiten grünen Paisley-Kragen und passende zurückgeschlagene Manschetten an den kurzen Ärmeln. Der Retro-Look stand ihr. Eigentlich bevorzugte er Frauen mit langen, üppigen Locken und Seidenblusen unter einem Businessanzug. Aber diese süßen Grübchen, die ihre Lippen einrahmten. Und wie das Nachmittagslicht über ihre helle Haut glitt …

„Sie ist unsere Maeve“, sagte Krew und lächelte, „weil wir sie lieben. Maeve gehört zur Familie.“

Sie waren eine Familie? Wann und warum war er aus diesem geheimen Bürobündnis ausgeschlossen worden? Ja, er war gut 90 Prozent des Arbeitsjahres unterwegs, aber er kam mindestens einmal im Monat zu persönlichen Meetings vorbei.

„Maeve, würdest du Asher auf die Spa-Reise begleiten?“, fragte Krew. „Da du die Reservierungen gemacht hast, weißt du, dass es ein Paar-Retreat ist. Asher hat keine Partnerin, die mitfahren kann. Also wenn du möchtest?“

Asher setzte sich aufrecht hin. Die Jungs stürzten sich in einen Plan, den sie nicht mit ihm abgesprochen hatten! Klar, er hätte nichts gegen etwas Kennenlern-Zeit mit „unserer Maeve“, aber er wollte nicht, dass sie sie dazu drängten. Oder ihn. Denn da war das Problem, dass er nicht wusste, wie er in ihrer Nähe atmen oder sich verhalten oder reden sollte …

„Ich soll …“ Sie zögerte und warf Asher einen kurzen Blick zu. War das Panik in ihrem Gesicht? „… Asher Danes Partnerin spielen?“

„Ja, nur zum Schein“, sagte Krew. „Es würde seltsam wirken, wenn er allein auftauchen würde.“

Asher war es gewohnt, eine Show abzuziehen, die Kunden zu bezaubern. Alles zu sagen, was nötig war, um den Deal zu machen. Im Laufe der Jahre war es viel einfacher geworden, The Face zu sein als Asher Dane.

„Schaffst du es, bis morgen Abend abreisefertig zu sein?“, fragte Krew.

„Natürlich.“ Während sie sprach, ging sie durch Krews Büro, zog eine Schublade auf und holte eine Akte heraus. Der eng anliegende Rock betonte ihre zarten Kurven und …

„Joss soll nächsten Dienstag in Las Vegas sein“, sagte sie. „Und du, Krew, hast die DeSevre-Auktion in der Stadt. Ich bereite alles vor. Wenn du mich brauchst, kannst du mich jederzeit anrufen.“ Sie eilte wieder hinaus, ließ die Tür offen, und nahm einen Anruf über ihr Headset entgegen, während sie sich an ihren Schreibtisch setzte.

Asher drehte sich zu seinen Freunden. Beide hatten ein selbstgefälliges Grinsen im Gesicht. „Was?“

„Wir wissen Bescheid“, sagte Joss verschwörerisch.

„Ihr wisst gar nichts.“ Asher war sich nicht einmal sicher, was sie zu wissen glaubten.

„Oh doch. Wir wissen Bescheid.“ Krew grinste.

Asher drehte sich zu Maeve um, um zu beobachten, wie sie durch einen Aktenordner blätterte. Mit ihr sollte er eine Woche in einem privaten Paar-Spa verbringen?

Vielleicht wussten sie wirklich Bescheid.

2. KAPITEL

Maeve traf ihre Mitbewohnerin Lucy an der Tür ihrer Zweizimmerwohnung in Fulham. Das Viertel im Westen Londons mit seinen bunten viktorianischen Häusern, Pubs und Feinkostläden war ideal gewesen, als Maeve vor fünf Jahren aus Dublin hergezogen war.

Als Make-up-Influencerin arbeitete Lucy von zu Hause. Nächsten Monat würde Lucy heiraten, und Maeve brauchte dringend eine neue Mitbewohnerin. Allein konnte sie sich die Miete nicht leisten.

Maeve hatte Lucy an ihrem ersten Tag in London in einem Café kennengelernt. Sie teilten die Liebe für süßes Frühstücksgebäck und skurrile Ästhetik. Lucy hatte Maeve ermutigt, sich bei der Wohnungsdekoration auszutoben. Beide waren sich einig, dass die Wohnung aussah wie „Martha Stewart meets Cottage-Stil plus Alice im Wunderland“.

Farbe war Maeves Art, sich auszudrücken.

Sie träumten auch beide davon, einen Laden zu eröffnen. Maeve war die Ideengeberin; Lucy kümmerte sich um Buchhaltung, Marketing und den Finanzkram. Ein Jahr nach dem Treffen im Café machten sie ihr Geschäft auf. Sie nannten es „Fuchsia“ und verkauften Farbe in jeder Form: Wohnaccessoires, Stifte, buntes Papier und Stoffe. Alles, um Farbe ins Leben zu bringen. Maeves ultimativer Traum war es, den Laden zu einem Beratungsunternehmen auszubauen und Menschen bei der farblichen Gestaltung ihrer Wohnungen und Häuser zu helfen.

Es war wunderbar gewesen. Doch einen Monat nach der Eröffnung war die Pandemie ausgebrochen, und zwei Monate später hatten sie schließen müssen. Ihr Bestand war verkauft worden, um Gläubiger zu bezahlen – hauptsächlich Maeves Mutter. Doch tief in Maeves Herzen lebte der Traum von einem Farbberatungsgeschäft weiter. Dafür musste sie allerdings mehr Geld verdienen. Nie wieder würde sie ihre Mutter um einen Kredit bitten.

Mariane Pemberton hielt ihre Tochter für eine Versagerin. Sie war kürzlich zu einer der Top-Investorinnen unter fünfzig ernannt worden und eine zielstrebige Multimillionärin, die eine Investmentfirma für Frauen aufgebaut hatte. Für sie war jeder, der nicht arbeitete, über die Arbeit nachdachte oder die Karriereleiter hochkletterte, im Leben gescheitert. Deshalb hatte sich Maeves Dad vor acht Jahren von seiner Frau scheiden lassen. Wenn es darum ging, das Leben so zu nehmen, wie es kam, war Maeve mehr die Tochter ihres Vaters.

Lucy stupste gegen Maeves Hartschalenkoffer, lila mit weißen Totenköpfchen. „Bist du sicher, dass du das kannst?“

Maeve umfasste den Griff. „Natürlich werde ich es schaffen, eine Woche in einem Spa zu entspannen und mich mit Kunst zu befassen.“

Lucy richtete Maeves Pony. „Du weißt, worauf ich hinauswill.“

Maeve seufzte. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass einer ihrer Tagträume wahr werden würde. Eine Beziehung mit dem Mann zu führen, in den sie heimlich verschossen war. Wenn auch nur gespielt.

„Er ist mein Chef und braucht eine Schein-Freundin. Ich brauche Pluspunkte bei meinen anderen beiden Chefs, um in der Firma aufzusteigen. Wenn ich meine Finanzen nicht aufbessere, werde ich die Farbberatung nie eröffnen.“

„Das wird alles. Aber du lässt die Tatsache unter den Tisch fallen, dass du seit Tag eins für The Face schwärmst.“

„Die ganze Welt schwärmt für Asher Dane. Das ist nichts Besonderes. Er ist attraktiv. Aber auch … reserviert. Er spricht selten mit mir, außer es hat mit dem Geschäft zu tun.“

Sie machte Anstalten, an Lucy vorbeizugehen. Asher hatte geschrieben, dass er sie in zehn Minuten abholen würde.

„Ja“, sagte Lucy und stellte sich ihr in den Weg, „aber die ganze Welt träumt nicht davon, zusammen mit Mr. Dane Kunstwerke anzustarren. Ich versteh’s nicht“, sagte sie und bezog sich damit auf die Fantasie, die Maeve ihr einmal anvertraut hatte.

„Er sieht eben Dinge in der Kunst.“ Maeve hatte Asher oft dabei beobachtet, wie er sich in einem Gemälde verlor. So ähnlich wie bei ihr, wenn sie ein Kunstwerk betrachtete und in dessen Geschichte versank. „Aber keine Sorge. Er schenkt mir keine Beachtung. In der Woche im Spa ist alles nur vorgetäuscht.“

„Du tust so, als wärst du seine Freundin. Also, ich weiß, worauf das hinausläuft.“ Lucy zwinkerte. „Mit Glück.“

„Lucy! Das ist kein Liebesfilm.“

„Ach nein?“

Maeve seufzte. Sie war Realistin. Und Asher war nicht die Art Mann, der eine Frau wie sie daten würde. Er datete Models und Stars. Sie war die schrullige, farbverrückte Maeve, eine Auswanderin aus Dublin mit einem bunten Traum. Und dem Drang, ihrer Mum endlich zu beweisen, dass sie erfolgreich sein konnte.

„Es wird nicht auf ‚und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage‘ hinauslaufen“, sagte Maeve. „Außerdem bin ich im Dienst. Wenn ich die anderen beeindrucken will, muss ich seinen Stil studieren und zugucken, wie er den Job macht.“

„Oh, wir wissen beide, dass du seinen Stil schon genug studiert hast.“

„Lucy!“

Ihre Freundin verengte die perfekt geschminkten Augen. „Maeve.“

Lucy hatte recht. Maeve war in Asher verknallt. Möglicherweise wollte sie einfach diese Woche genießen, in der sie so tun würde, als wäre sie mit ihm in einer Beziehung. Warum auch nicht? Näher würde sie ihrer Fantasie nie kommen. Aber sie musste vorsichtig sein und ihr Herz aus dem Spiel lassen.

Nur Geschäft, kein Vergnügen.

Maeve checkte ihre Nachrichten, öffnete die Tür und verabschiedete sich: „Wir sehen uns in einer Woche!“

Lucys Ruf hallte ihr durch den Flur nach: „Komm wenigstens geküsst zurück!“

Maeve verdrehte die Augen, als sie den Aufzug betrat. Sie hatte nicht vor, Berufliches mit Privatem zu vermischen. Diese Woche sollte nichts weiter als ein entspannter – und lehrreicher – Urlaub werden.

In dem Moment, als sie in die warme Juli-Luft trat, fuhr eine Limousine vor. Das hintere Fenster glitt hinunter, und Asher Dane zwinkerte ihr zu.

Maeves Magen vollführte einen Salto, und ihre Wangen begannen zu glühen. Himmel, das würde kein entspannter Urlaub werden, wenn der Mann noch ein einziges Mal so anzüglich zwinkerte.

Reiß dich am Riemen. Es ist alles nur gespielt.

Der dreistündige Flug gab ihnen die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen. Asher hatte Kunstgeschichte und Sozialwissenschaften am Royal College of Art studiert. Maeve hatte ein Jahr lang Kunst in Westminster belegt, mit einem Schuss Betriebswirtschaft als Zugabe.

Ashers Vermutung, dass Maeve in Irland aufgewachsen war, bestätigte sich. Ihr Akzent war nur noch leicht zu hören. Ihr Vater war Engländer, ihre Mutter Irin. Nach der Scheidung und nachdem ihre Mum nach New York gezogen war, hatte Maeve sich nach London aufgemacht.

Asher hatte sein ganzes Leben in London verbracht und war immer in der Nähe seiner Eltern geblieben. Über ihren Zustand sagte er Maeve nichts. Das war für ihre einwöchige Scheinbeziehung nicht nötig. Außerdem ging es seinen Eltern in dem ruhigen Cottage in Bath gut, solange sie sich von Strahlung fernhielten.

„Also du, Krew und Joss habt euch an der Uni kennengelernt?“

Sie hatte sich auf dem Sitz zu ihm umgedreht und die Beine angezogen. Ihre zierliche Gestalt bestand quasi nur aus schwarzem Haar und pfirsichfarbenem Leinen. Man hätte locker zwei von ihr in den Sitz gekriegt. Sie hatte ihre grünen Riemchensandalen abgestreift und zeigte violett lackierte Zehennägel. Doch es war ihr Lippenstift, der seinen Blick auf sich zog. Tiefrot, fast wie Samt. Und diese zwei winzigen Grübchen, die fortwährend den Anschein eines Lächelns erweckten, auch wenn ihre Augen oft etwas anderes sagten. Er fragte sich, wie ihr Mund wohl schmecken mochte …

„Mr. Dane?“

Sie hatte ihn beim Starren erwischt. Als er den strengen Blick in ihren Augen bemerkte, fasste er sich wieder.

„Du solltest aufhören, mich Mr. Dane zu nennen, wenn wir als Paar durchgehen wollen.“

„Guter Punkt. Asher.“ Mit erhobenem Kinn fragte sie: „Erinnerst du dich an meinen Namen?“

„Was? Selbstverständlich.“

„Echt? Vergangene Woche hast du mich Marsha genannt. Und ich habe gehört, wie du Minnie, Morgan und sogar Alice gemurmelt hast, wenn du an meinem Schreibtisch vorbeimarschiert bist.“

„Ich marschiere nicht. Ich marschiere nie.“ Eher ein vorsichtiger Spaziergang, stets darauf bedacht, nicht zu stolpern.

Es war komisch, aber einen Namen zu benutzen, machte ihn nervös. Es war so intim. Bei Männern benutzte er meist den Nachnamen; bei Frauen umging er es, wenn möglich, sie mit ihrem Namen anzusprechen. Maeve beim Namen zu nennen, fühlte sich an, als würde er Anspruch auf sie erheben.

Du musst für dieses einwöchige Abenteuer einfach nur eine Rolle spielen.

„Minnie ist doch ein schöner Name“, sagte er. „Genau wie Margot, Morgan und Estelle.“

Sie schenkte ihm dieses missbilligende Schmunzeln, das er von ihr gewohnt war. Zugegeben, er neckte sie gern. Er liebte ihre Reaktionen.

Sie presste die Lippen aufeinander, was ihre Grübchen noch mehr betonte.

„Maeve.“ Er mochte, wie sich ihr Name in seinem Mund anfühlte. Wie ein zartes Kunstwerk. „Klingt fast wie Mauve, die mit Abstand schönste Farbe.“

„Der Chemiestudent William Perkin ist nur zufällig auf den Farbstoff gestoßen, als er Chinin für ein Malaria-Medikament synthetisiert hat.“

Asher sah sie überrascht an. „Stimmt, Kunststudentin. Eine lebenslange Liebe?“

„Seit ich als Kind mit Buntstiften gekritzelt habe. Die intensive Liebe zur Farbe lebt in mir. Mauve, Karmesinrot und Smaragdgrün fließen durch meine Adern.“

Gott, er liebte es, wie sie sich ausdrückte. So eine sinnliche Art, über die eigene Leidenschaft zu sprechen. Warum zum Teufel hatte er sich nie zuvor getraut, mit „unserer Maeve“ zu plaudern?

„Eines Tages werde ich eine Maxfield-Parrish-Lithografie besitzen“, erklärte sie stolz.

„Ich liebe seine satten Farben. So verspielt. Und die Pinselführung, so schön kurvig.“

„Deine künstlerischen Vorlieben tendieren tatsächlich zum Kurvigen.“

Asher zog eine Augenbraue hoch, aber sie bemerkte seine Neugier nicht. Woher wusste sie, was er mochte? Er war doch kaum im Büro.

„Wie lange sind wir schon zusammen?“ Große grüne Augen blickten ihn an. „Wenn wir keinen Verdacht erregen wollen, sollten wir ein paar Dinge vorher besprechen.“

„Ein Jahr?“

„Oh.“ Sie biss sich auf die Lippen, was seinen Blick wie magisch anzog.

Aber warum wirkte sie besorgt? Hatte sie Angst, dass sie Händchen halten oder sich küssen müssten? Das wäre die beste Art, andere zu überzeugen, dass sie ein Paar wären. Hatte sie was dagegen, ihn zu küssen? Das war tatsächlich viel verlangt von einer Angestellten. Vielleicht machte sie sich Sorgen, weil er ihr Chef war und sie seine Mitarbeiterin?

„Ein paar Monate“, schlug er vor.

„Okay.“ 

Die Pilotin kündigte die Landung an. Asher nahm Maeves Hand und drückte sie. „Bereit?“

Ein echtes Lächeln brachte ihre Augen zum Leuchten, und es traf ihn mitten ins Herz. Was war das nur mit dieser faszinierenden Maeve Pemberton?

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