Skandalhochzeit mit dem griechischen Tycoon

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„Stopp! Sofort!“ Bei der tiefen Stimme, die durch die Kirche hallt, beginnt Emmie zu zittern. Gerade wollte sie aus Vernunftgründen einen alten Familienfreund heiraten – jetzt unterbricht Theo Katrakis ihre Hochzeit. Der mächtige Grieche ist ihr Ex-Boss und der Vater ihres ungeborenen Kindes. Aber weil sie überzeugt ist, dass er sich niemals zur Liebe bekennen würde, hat sie ihn nach einer einzigen Nacht vor sieben Monaten sofort verlassen. Doch nun tritt Theo befehlsgewohnt neben sie vor den Altar – und verlangt ihr Ja!


  • Erscheinungstag 18.02.2025
  • Bandnummer 2688
  • ISBN / Artikelnummer 9783751534628
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Emmaline Swenson war sich ihres Platzes in der Welt stets bewusst gewesen. Mit vier Brüdern, einem Vater, der sich für sie alle abrackerte, und einer überforderten Mutter war es ihr Job, sich um die Familie zu kümmern – nicht um sich selbst.

Sie wusste, dass sie nicht besonders hübsch war mit ihrem langweiligen, aschblonden Haar und ihrer eher rundlichen Figur. Als Teenager hatte sie davon geträumt, sich in einen starken, ehrlichen Mann zu verlieben und mit ihm ihren ersten Kuss im Mondlicht zu erleben, aber selbst da war ihr schon klar gewesen, dass eine solche Romanze für ein schlichtes, pflichtbewusstes Mädchen wie sie eher nicht vorgesehen war.

Aber dann, mit siebenundzwanzig, hatte sie sich verliebt. Es war besser gewesen als jeder Traum. Eine perfekte Nacht lang hatte sie sich schön und begehrenswert gefühlt – in den Armen des unglaublichsten Mannes überhaupt.

Doch schon am nächsten Morgen war alles vorbei gewesen. Und jetzt, mit achtundzwanzig, waren alle romantischen Tagträume, die sie je gehabt hatte, endgültig ausgeträumt.

„Bist du so weit, Liebes?“

Emmie wandte sich vom Spiegel ab und ihrem Vater zu, dessen Gesicht von einem Lächeln voller Liebe und Stolz zum Strahlen gebracht wurde.

„Ich wünschte wirklich, deine Mutter könnte dich jetzt sehen.“ Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. „Sie wäre so stolz …“

„Danke, Dad“, brachte Emmie mühsam hervor. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Mutter wirklich stolz gewesen wäre. Margie Swenson hatte sie zeit ihres Lebens stets dazu angehalten, sich nicht vom Alltagstrott und der nicht enden wollenden Arbeit überwältigen zu lassen. „Man muss die Schönheit in den einfachen Dingen des Lebens entdecken“, hatte sie immer gesagt. Emma hoffte, dass sie dazu eines Tages in der Lage sein würde.

Aber ganz sicher nicht heute. An ihrem Hochzeitstag.

Das glückliche Leuchten in den Augen ihres Vaters verblasste, während er sie betrachtete. „Stimmt etwas nicht?“

„Nein, es ist alles in Ordnung.“ Emmie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, erhob sich von ihrem Platz am Schminktisch und trat ans Fenster. Das Licht der Junisonne ließ den weißen Satin ihres Kleids golden schimmern. Vor Jahrzehnten war es das Hochzeitskleid ihrer Mutter gewesen, und in Emmies derzeitigem Zustand saß es ein wenig zu eng. Doch es war noch in Ordnung gewesen, als sie vor zwei Wochen eingewilligt hatte, Harold Eklund zu heiraten.

Einen Mann, den sie nicht liebte.

Einen Mann, den sie noch nicht einmal geküsst hatte.

Emmie hatte weiche Knie, als sie das kleine Rosenbouquet aufnahm, das ein Hochzeitsgeschenk vom Großvater ihrer besten Freundin war, der einen Blumenladen in ihrer Nachbarschaft in Queens besaß. Sie riskierte einen letzten Blick in den Spiegel. Das verblichene Kleid schmeichelte ihrer Schwangerschaftsfigur nicht gerade, der straff gespannte Stoff ließ ihren Bauch und ihre Brüste noch größer aussehen.

Und sie war blass. Daran konnte auch das Make-up das sie sorgfältig nach einem YouTube-Video aufgetragen hatte, nichts ändern. Mit dem dunklen Eyeliner, der Wimperntusche und dem roten Lippenstift kam sie sich selbst ganz fremd vor. Ihr dunkelblondes Haar war unter dem Schleier, den einst ihre Mutter getragen hatte, straff zurückgekämmt.

Sie bedauerte, Honoras Angebot abgelehnt zu haben, einen professionellen Friseur und Make-up-Artist zu engagieren. Aber dafür war es jetzt zu spät. Emmies beste Freundin hätte eigentlich ihre Brautjungfer sein sollen, aber sie war gestern Abend überstürzt in die Karibik aufgebrochen, um sich um ihren Großvater zu kümmern, der bei einer Kreuzfahrt mit seiner frischgebackenen Ehefrau bei Aruba verletzt worden war.

„Großvater geht es schon besser“, hatte Honora ihr gestern Abend am Telefon mitgeteilt. „Es tut mir furchtbar leid, dass ich deine Hochzeit verpasse.“

„Sag ihm bitte, dass ich mich für die Blumen bedanke, und wünsche ihm gute Besserung von mir.“

„Wir feiern, wenn ich wieder zurück bin. Versprochen.“ Dann hatte ihre beste Freundin kurz innegehalten. „Du … bist dir sicher, dass du das willst, oder? Das erscheint mir doch alles ein bisschen überstürzt.“

Emmie hatte gelogen und behauptet, dass sie sicher war.

Dabei stimmte das nun wirklich nicht.

Vermutlich war es daher sogar ganz gut, dass Honora nicht dabei sein würde. Emmie fiel es auch so schon schwer genug, die glückliche Braut zu spielen. Es gelang ihr noch nicht einmal wirklich, ihren Vater zu überzeugen. Dabei wollte er ihre Lüge doch so gern glauben.

Honora hätte sie niemals hinters Licht führen können.

Doch sie heiratete lieber jemanden, den sie nicht liebte, als Schande über ihre ohnehin schon krisengeschüttelte Familie zu bringen. In den vergangenen Monaten war Emmie Swenson zum Gespräch der ganzen Nachbarschaft geworden.

Spätestens seit es draußen wärmer geworden war, hatte sich ihr wachsender Bauch nicht mehr länger verbergen lassen. Natürlich hatten ihr Vater und ihre Brüder darauf bestanden, den Namen des Mannes zu erfahren, der sie „verführt und dann sitzen gelassen hatte“. In ihrer Not hatte sie behauptet, es sei bei einem One-Night-Stand in Rio passiert, wo sie mit ihrem Chef, Theo Katrakis, an einem Immobiliendeal gearbeitet hatte.

Was nicht wirklich gelogen gewesen war.

Theo. Sie wollte nicht an ihn denken.

Stattdessen hakte sie sich bei ihrem Vater unter, in der Hoffnung, dass ihr das die Kraft geben würde, die Sache hinter sich zu bringen. Ihr Puls raste, und sie atmete viel zu schnell, als Karl Swenson sie hinaus ins Foyer der Kirche führte.

„Vorsicht, Liebes“, sagte er, als sich ihre Fingerspitzen in seinen Arm gruben, „ich bin nicht mehr so hart im Nehmen, seit ich vom Whisky weg bin.“

„Sorry“, sagte sie und lockerte den Griff. „Du weißt doch, dass ich stolz auf dich bin. Oder, Dad?“

Er tätschelte ihre Hand. Seine blauen Augen waren feucht. „Ich bin auch stolz auf dich. Er ist ein guter Mann. Ihr könnt euch ein gutes Leben miteinander aufbauen.“

Emmie hoffte es. Der Tod ihrer Mutter vor sieben Monaten hatte in ihrer Familie genug Schmerz verursacht. Seit Emmie vergangenen Monat aufgehört hatte, ihre Schwangerschaft zu verstecken, waren ihre Brüder schon mehrfach in Barprügeleien verwickelt worden. Und ihr Vater hätte fast wieder mit dem Trinken angefangen.

Sie war Harold Eklund dankbar, dass er ihr einen Ausweg bot. Der ältere Witwer, ein Freund der Familie, lebte nun schon seit Jahren allein. Sein Apartment war ein Dreckstall, seine Kleidung nur selten sauber, und er ernährte sich von Cola und billigen Sandwiches aus dem Laden am Ende der Straße. Er bot Emmie sein Zuhause an im Austausch dafür, dass sie sich um den Haushalt kümmerte und ihm das Essen kochte. Es ging nicht um Liebe.

Und ganz sicher ging es nicht um Sex.

Aber Harold war ein guter Mann. Er vermisste seine Enkelkinder, die überall im ganzen Land verstreut lebten, und hatte ihr angeboten, sie ein bisschen mit dem Baby zu unterstützen. Sie konnten sich gegenseitig helfen. Sie konnte von zu Hause aus die Buchhaltung ihres Vaters erledigen, zumindest für die ersten Monate nach der Geburt, bis sie wusste, wie es weitergehen sollte.

Sie würde nicht für immer mit Harold verheiratet bleiben – oder?

Seit der Verlobung vor zwei Wochen waren ihre Brüder nicht mehr in Schlägereien geraten, und ihr Vater konnte wieder hoch erhobenen Hauptes durch das Viertel gehen. Das war doch etwas, auf das man stolz sein konnte.

Solange ihre Familie glücklich war, konnte Emmie ohne Liebe leben. Wer brauchte die schon? Liebe hatte ihr nur ein gebrochenes Herz beschert.

„Und du bist dir sicher, Liebes?“ Ihr Vater sah sie an, als sie vor der Tür der Kapelle standen. „Harold ist ein guter Mann.“ Er zögerte. „Aber eine Ehe ist von langer Dauer und …“

Emmie holte tief Luft und nickte. „Ich bin mir sicher.“

Mit einem unsicheren Lächeln erwiderte Karl Swenson ihr Nicken und öffnete die Tür.

Die Orgelmusik schwoll an, und die Menschen in den vollgepackten Sitzreihen erhoben sich geräuschvoll, als sie am Arm ihres Vaters den Gang entlangschritt. Die Swensons und die Eklunds lebten nun schon seit hundert Jahren in ihrer kleinen Gemeinde in Queens, und niemand wollte es sich entgehen lassen, die Hochzeit zwischen dem in Ungnade gefallenen schwangeren Swenson-Mädchen und dem Langzeit-Witwer mitzuerleben.

Es war schon komisch. Als Emmie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte sie sich oft danach gesehnt, gesehen zu werden. Aber jetzt, wo jeder ihren Bauch in dem schlecht sitzenden Brautkleid anstarrte, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Einige Leute tuschelten hinter vorgehaltenen Händen, andere lächelten aufmunternd. Derart im Scheinwerferlicht zu stehen, war zugleich aufregend und beängstigend.

Theo hat genau dieselben Gefühle in dir ausgelöst, flüsterte ihr eine leise Stimme zu. In jener Nacht, in der er …

Energisch schob Emmie die Erinnerungen beiseite. Sie konnte jetzt nicht an Theo denken – nicht jetzt, wo sie im Begriff stand, einen anderen Mann zu heiraten. Sie sah zu Harold Eklund herüber, der am Ende des Ganges neben dem Pfarrer stand. Sein dünnes graues Haar zurückgekämmt, sein Anzug altmodisch und zu eng, strahlte er sie an.

Emmies Blick fiel auf den Verlobungsring an ihrem Finger. „Betty hätte gewollt, dass du ihn bekommst“, hatte er ihr vor zwei Wochen gesagt, die Augen feucht von unvergossenen Tränen. „Sie wäre dir dankbar dafür, dass du dich um mich kümmerst, bis ich wieder bei ihr sein kann.“

Emmie holte tief Luft und zwang ihre bleischweren Beine voran. Als sie den Altar erreichte, verstummte die Orgelmusik abrupt, und mit einem Mal war es so still, dass man eine Stecknadel fallen hören konnte.

Der Pfarrer fing an zu sprechen: „Liebe Gemeinde, wir sind heute hier zusammengekommen …“

Emmie hörte die Worte kaum. Sie war sich am Rande bewusst, dass ihr Vater ihre Hand an Harold übergab.

Eine Ehe ist von langer Dauer …

Emmies Herz hämmerte. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, warum sie das hier machte, warum sie sich an einen Mann band, den sie kaum kannte. Und als sie jetzt aufblickte, sah sie nicht Harolds blassblaue Augen, sondern die von jemand anderem – gefährlich und tiefschwarz. Ein Beben durchlief sie, als sie sich an das Feuer erinnerte, das in ihnen brannte.

„Und wenn jemand der hier Anwesenden etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, dann möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen.“

„Stopp! Sofort!“

Die tiefe Männerstimme schien den Steinboden der Kirche erzittern zu lassen. Emmie atmete scharf ein und drehte sich um. Ein Mann stand im Kirchenportal, in Dunkelheit gehüllt, und dieselben dunklen Augen, an die sie gerade gedacht hatte, waren jetzt mit voller Intensität auf sie gerichtet.

Theo!

Er war gekommen, um sie zu holen.

Als Theo Katrakis an jenem Morgen in Rio im Bett mit Emmie Swenson erwacht war, hatte er gleich gewusst, dass er einen riesigen Fehler begangen hatte.

Aber was machte das schon? Fehler gehörten zum Leben. Er schüttelte sie ab und blickte nach vorn. Die Fehler seiner Vergangenheit hatten seinen Erfolg definitiv nicht verhindert. Manchmal glaubte Theo sogar, dass genau das Gegenteil der Fall war.

Alle Welt sprach davon, wie wichtig es war, ein ausgeglichenes Leben zu führen. Dass Arbeit wichtig war, aber auch Freunde und Familie, kleine Freuden und Hobbys, sich um seine Nachbarn zu kümmern. Und natürlich die Liebe. Liebe, die ein Leben lang andauerte.

Aber auf diese Weise wurde man nicht zum Millionär. Der Weg dorthin war ein anderer: Man lebte für seine Arbeit, konzentrierte sich für sechzehn, achtzehn oder zwanzig Stunden am Tag völlig darauf, um dann irgendwann ein wenig zu schlafen, am nächsten Tag aufzuwachen und dieselbe Prozedur zu wiederholen. Immer wieder und wieder und wieder.

Freunde waren nicht wichtig. Kleine Freuden und Hobbys ebenso wenig. Von den Nachbarn in dem Wolkenkratzer in Manhattan, in dem er wohnte, hatte er noch keinen einzigen getroffen, und seine anderen Anwesen, überall auf der Welt verteilt, waren von hohen Mauern umgeben und von Sicherheitsleuten geschützt.

Als Waise hatte er glücklicherweise keine Familie, um die er sich Gedanken machen musste. Und Liebe, die ein Leben lang andauerte? Das war in seinen Augen nun wirklich alles andere als erstrebenswert. Es gab einen Grund dafür, dass Theo das stolze Alter von neununddreißig Jahren erreicht hatte, ohne zu heiraten oder Kinder in die Welt zu setzen. Er hatte Besseres zu tun.

Er hatte sich allein auf den Straßen Athens durchgeschlagen, als ihn der Bruder seines Vaters mit sechzehn nach New York geholt hatte. Nach dem Tod des Onkels hatte sich Theo darangemacht, mit dessen kleinem Bauunternehmen zu expandieren, zuerst auf nationaler Ebene, und später, mit dreißig, auch global.

Arbeit war das, was ihn erfüllte. Arbeit verlieh einem Macht und Geld, und wenn man genug von beidem hatte, war man so gut wie unantastbar.

Als Emmie kurz nach der Beerdigung ihrer Mutter, nur Tage nach ihrer gemeinsamen Nacht, ohne jegliche Erklärung kündigte, hatte er sich gesagt, dass er es überleben würde.

Es war ungünstig, sicher, aber er würde eine andere Sekretärin finden und nicht zurückblicken. Und so hatte er genau das getan und die vergangenen sieben Monate überall verbracht, nur nicht in New York City. Es war nicht so, als würde er ihr aus dem Weg gehen. Nein, er war einfach nur mit internationalen Geschäften beschäftigt gewesen, die seine Anwesenheit in Übersee erfordert hatten.

Dann aber hatte sein Freund Nico ihn gestern angerufen, und Theo war sich darüber klar geworden, wie groß der Fehler wirklich gewesen war, den er vor sieben Monaten mit seiner Sekretärin begangen hatte.

Es war ein Fehler gewesen, der sein ganzes Leben dauerhaft verändern würde.

Er hatte sich gerade auf seiner Jacht aufgehalten, auf dem Weg zu seinem neuen Grundstück auf der Insel Lyra, als er den Anruf erhielt. Die rote Sonne war gerade im dunklen Saphirblau der Ägäis versunken, als er erfuhr, dass seine ehemalige Sekretärin heiraten würde.

Weil sie schwanger war!

Sein Freund Nico hatte abfällig geschnaubt. „Du hast nichts davon gewusst? Wow, du bist echt nicht mehr auf dem Laufenden. Sie hat Honora gesagt, dass sie in Rio einen One-Night-Stand gehabt habe. Ich schätze, sie hat sich einen attraktiven Fremden in einer Bar angelacht und nie auch nur nach seinem Namen gefragt.“

Emmie sollte schwanger von einem One-Night-Stand in Rio sein? Theo überlief es heiß und kalt zugleich. „Unmöglich.“

„Ich kann es selbst kaum glauben. Emmie wirkte immer so ruhig und vernünftig.“ Er hielt inne. „Es muss passiert sein, kurz bevor ihre Mutter starb. Als sie noch für dich gearbeitet hat. Ich nehme an, dir ist nie ein Mann in ihrer Nähe aufgefallen?“

„Nein.“ Theo erinnerte sich an das Beben ihrer Lippen, als er sie umarmte. Ihre Unsicherheit. Sie hatte keine Ahnung von dem gehabt, was sie tat. Er war sich sicher, dass sie in ihrem Alter noch Jungfrau gewesen war.

Sie hatte noch nicht einmal gewusst, wie man küsste!

Dann, am Morgen danach, hatte sie die Nachricht vom Tod ihrer Mutter erhalten. Und Theo konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie sich gleich nach der Beisetzung ihrer Mutter, umgeben von ihrer trauernden Familie, in die Arme eines anderen Mannes gestürzt haben sollte.

Nie im Leben.

Das Baby musste von ihm sein.

Und sie hatte ihm kein Sterbenswort davon gesagt!

„Sie heiratet irgendeinen alten Typen in Queens“, hatte Nico ihm mitgeteilt. „Einen Freund ihres Vaters. Nicht einmal Honora versteht, warum sie das tut. Wir haben ihr unsere Hilfe angeboten, aber sie will keine Almosen. Ich dachte, du könntest ihr vielleicht ihren alten Job anbieten. Du weißt schon, für den Fall, dass sie aus finanziellem Zwang heiratet.“

Eine Heirat unter Zwang.

„Ich muss ihn heiraten, Baby. Wir werden nicht überleben, wenn ich es nicht tue.“ Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie die Stimme seiner Mutter bei diesen Worten gebebt hatte.

Theo beugte sich vor und stützte sich auf der Reling seiner Jacht ab. Mühsam schob er die Erinnerung von sich. „Dies ist ein freies Land.“

„Was ist zwischen euch beiden passiert?“, fragte Nico unvermittelt. „Ich dachte, Emmie habe gekündigt, weil sie sich um ihre Familie kümmern müsse. Aber es kommt mir komisch vor, dass sie dich nicht zur Hochzeit eingeladen hat.“

„Wir waren nie gute Freunde“, sagte er ausweichend. „Das weißt du.“

„Es ist trotzdem … Oh, nein.“ Nico atmete scharf ein. „Du hast sie verführt, oder? Bitte sag mir, dass du sie nicht verführt hast.“

Verdammt, Nico kannte ihn einfach zu gut.

„Theo!“

„Nein“, sagte er langsam. „Ich habe sie nicht verführt.“

Und das hatte er auch nicht. Zumindest nicht direkt. Aber was in jener Nacht passiert war, war trotzdem allein seine Schuld.

Theo hatte sich schon lange damit abgefunden, was er war. Vor drei Jahren hatte ihm seine letzte echte Freundin einen Teller an den Kopf geworfen, als er sie beim Dinner zur Feier ihres Sechs-Monats-Jubiläums bei Le Bernadin abserviert hatte.

„Du bist ein selbstsüchtiger herzloser Bastard, Theo Katrakis!“, hatte sie mit ihrem schweren französischen Akzent geschimpft. Der Teller hatte sein Ziel verfehlt, aber ihre Worte hatten ins Schwarze getroffen. Wie konnte er leugnen, was so offensichtlich der Wahrheit entsprach? Ein selbstsüchtiger herzloser Bastard zu sein, hatte ihn zu dem gemacht, der er heute war.

Wenn Frauen sich in ihn verliebten, obwohl er sie explizit davor warnte, dann war es ihre eigene Schuld.

Die Sekretärin vor Emmie hatte ihren Job mitten in kritischen Vertragsverhandlungen in Tokio hingeschmissen, und das alles nur, weil sie der Ansicht war, sich in ihn verliebt zu haben. Er hatte Millionen wegen der wohl teuersten Liebesaffäre der Welt verloren, was schon irgendwie ironisch war, da er noch nicht einmal mit der Frau geschlafen hatte.

Emmie Swenson, die schlichte, kratzbürstige Freundin von Nicos Freundin, hatte er zum ersten Mal auf Nicos Sommerfest getroffen und gleich erkannt, dass sie drei hervorragende Qualifikationen besaß: Sie war absolut vertrauenswürdig. Sie kannte sich mit Zahlen aus. Und sie konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen!

Es hatte ihn zum Lachen gebracht, wie ärgerlich sein Jobangebot Emmie gemacht hatte. Aber sie brauchte das Geld, um die Krankenhausrechnungen ihrer Mutter bezahlen zu können, die an Krebs erkrankt gewesen war. Er hatte ihr angeboten, das Vierfache ihres normalen Gehalts zu zahlen, von daher hatte sie kaum eine andere Wahl gehabt.

„Versprich mir einfach nur, dass du dich nie in mich verliebst“, hatte er gesagt, und ihre violetten Augen hatten gefunkelt, was sie beinahe hübsch wirken ließ.

„Das Versprechen kann ich dir ohne Probleme geben. Eher friert die Hölle zu, als dass ich mich in dich verliebe, Theo Katrakis.“

Und darauf hatten sie sich die Hände geschüttelt.

Wie sich herausstellte, hatte er sie richtig eingeschätzt. Sein Einsatz hatte sich ausgezahlt, wie es gewöhnlich der Fall war. Nach einem holprigen Start hatte Emmie rasch die besonderen Eigenheiten ihres neuen Jobs gelernt und wurde zur besten Sekretärin, die er je gehabt hatte. Präzise. Akkurat. Ein echter Champion, wenn es darum ging, die Dinge von ihm fernzuhalten, mit denen er sich nicht befassen wollte. Ein ganzes Jahr lang hatte sie seinen Terminkalender in perfekter Ordnung gehalten, hatte exzellente Notizen gemacht und den Briefverkehr für ihn geführt.

Bis zu jener Nacht, in der er entdeckt hatte, was sich unter den unattraktiven, viel zu großen Outfits verbarg, die sie wie einen Panzer trug. Emmie Swenson war eine weiche, sinnliche Frau! Wunderschön. Und küssen konnte sie!

In jener Nacht in Rio … Nein, darüber konnte er jetzt nicht nachdenken.

Er hielt sein Telefon noch immer in der Hand, während er allein an der Reling seiner Jacht stand und zusah, wie die Sonne rot lodernd am Horizont versank.

Vielleicht war es das Beste für alle, wenn Emmie heiratete, versuchte er sich selbst zu überzeugen. Auch wenn der Bräutigam ein alter Mann war und nur ein Freund der Familie. Vielleicht konnte er sie glücklich machen. Vielleicht konnte er ihre Gefühle teilen.

Weil er möglicherweise etwas für sie fühlte.

Anders als Theo. Und in seinem Alter, mit beinahe vierzig, würde er sich auch nicht mehr ändern, zumindest nicht zum Besseren.

Er öffnete den Mund, um Nico zu sagen, dass er raus war. Dass er seine neue Sekretärin anweisen würde, irgendein langweiliges Geschenk zu schicken. Dass es ihn nicht kümmerte.

Aber dann …

Sein Baby!

„Du rufst Emmie an, ja?“, drängte Nico. „Und gibst ihr ihren alten Job zurück?“

„Ich werde viel mehr tun als nur das“, hatte Theo grimmig erwidert. „Ich gehe zu ihrer Hochzeit. Ich werde persönlich mit ihr reden.“

Nachdem er das Gespräch beendet hatte, wies Theo seine Crew an, so schnell wie möglich nach Athen zurückzukehren. Die Ruinen auf Lyra würden warten müssen. Er veranlasste, dass sein Privatjet aufgetankt wurde und bereitstand, wenn er Athen erreichte.

Der Flug schien eine Ewigkeit zu dauern. Theo versuchte, ruhig zu bleiben, aber sein Herz hämmerte wie verrückt, und seine Kehle war wie zugeschnürt. Vor Wut.

Emmie hatte ihm sein Baby verschwiegen!

Sie hatte ihn mit ihrem Schweigen belogen.

Sie hatte ihm noch nicht einmal eine Chance gegeben!

Der Jet landete auf einem kleinen Privatflughafen bei New York, wo sein Motorrad bereits auf ihn wartete. Er gab Vollgas und raste nach Queens, schlängelte sich in waghalsigen Manövern durch den zäh fließenden Verkehr, um die Kirche noch rechtzeitig zu erreichen.

Eiskalt. Er musste eiskalt bleiben. Die Beherrschung zu verlieren, wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen; ein Zeichen dafür, dass er etwas für Emmie empfand.

Endlich erreichte er die alte Steinkirche in Queens, eingepfercht zwischen Läden und Apartmenthäusern. Er kannte die Nachbarschaft, Nicos Ehefrau war hier aufgewachsen, zusammen mit Emmie. Es war eine Arbeitergegend und ein fröhlicherer, lebhafterer Ort als Midtown Manhattan.

Als Theo sein Motorrad abstellte, kam ein Hund den Gehweg entlanggelaufen, gefolgt von zwei Kindern auf Rollern. Theo legte seinen Helm auf seiner Ducati ab, überquerte die Straße und stieß die Kirchenpforte auf.

Der Pfarrer sprach gerade, als er eintrat. Theos Motorradstiefel hallten auf dem Steinboden. Als er einen ersten Blick auf den Bräutigam erhaschte, stockten seine Schritte.

Was zum Teufel …? Das war der Mann, den Emmie ihm vorgezogen hatte?

Die Braut drehte sich um, und Theo sah das herzförmige Gesicht und die Stupsnase seiner Ex-Sekretärin. Sie sah unbehaglich und unglücklich aus. Kein Wunder. Das Kleid, das sie trug, tat ihr wirklich keinen Gefallen, es betonte all ihre Problemzonen.

Er holte tief Luft. Ein anderer Mann sollte der Stiefvater seines Kindes werden. Sie hatte Theo das Baby verschwiegen, damit er keine Ansprüche stellen konnte. Um ihn auszuschließen.

„Stopp“, grollte er und trat in den Gang. „Sofort!“

Die Gäste in den Bankreihen drehten sich zu ihm um. Der Pfarrer starrte ihn ungläubig an, und als Emmie sich ihm zuwandte, waren ihre Augen vor Schreck geweitet. 

„Theo“, keuchte sie. „Was … Was tust du hier?“

„Emmie.“ Sein Blick fiel auf ihren Bauch. „Bist du schwanger mit meinem Kind?“

2. KAPITEL

Emmie schwankte. Ihr Herz raste wie verrückt, und ihre Finger umklammerten das rote Rosenbouquet. Sie hatte nur Augen für den griechischen Milliardär, der am Ende des Ganges stand. Für den Mann, von dem sie in jeder einzelnen Nacht in den vergangenen sieben Monaten geträumt hatte.

„Bist du schwanger mit meinem Kind?“

Nein! wollte sie rufen. Du kannst nicht der Vater meines Babys sein, weil du keine Ahnung hast, wie man jemanden liebt!

Über Monate hatte Emmie ihre Schwangerschaft verborgen und gehofft, dass sie genau dieser Situation entgehen konnte. Sie hatte, was den Vater ihres Kindes betraf, nie gelogen. Zumindest nicht direkt. Und irgendwie hatte sie gehofft, dass Theo nie davon erfahren würde. Dass es ihm egal sein würde. Dass sie ihm lediglich die Mühe ersparte, sie und das Baby abzulehnen.

Emmie hatte schon immer vernünftig und bodenständig sein müssen. Sie hatte sich im College durchgebissen und zusätzliche Abendkurse in Buchhaltung genommen. Nach dem Abschluss hatte sie mehrere Jahre in einem fensterlosen Kellerbüro für eine Firma in Downtown gearbeitet, bevor ihr von einem rücksichtslosen, unmoralischen Tycoon, den sie verachtete, ein Job angeboten worden war.

Ihre Familie hatte das Geld gebraucht – daher hatte sie es sich nicht leisten können, wählerisch zu sein.

Im Grunde war es auch jetzt nicht anders, doch Emmie hatte sich nicht dazu durchringen können, die einzig vernünftige Entscheidung zu treffen: Sie wusste, dass Theo ihr Unterhalt zahlen würde – schon allein, weil er rein rechtlich dazu verpflichtet war. Doch jedes Mal, wenn sie den Hörer in der Hand hielt, hatte sie der Mut verlassen. Oder vielmehr, ihr Stolz ließ es nicht zu. Sie konnte Theo nicht anrufen und ihn um Geld anbetteln. Sie konnte es einfach nicht.

Vielleicht hatte sie aber auch Angst, ihm Macht über sich zu geben. Denn ihren Job als seine Sekretärin hatte sie kündigen können, als ihr klar wurde, dass Theo Katrakis ihr Herz nur immer weiter brechen würde. Die Mutter seines Kindes aber würde sie für alle Zeiten sein.

Und jetzt war er hier.

„Wer hat es dir gesagt?“, stieß sie heiser hervor.

„Du nicht. Genau das ist der Punkt.“ Seine Stimme, der von seiner Kindheit in Griechenland noch ein leichter Akzent anhaftete, klang rau und zornig. Er kam auf sie zu, sein Blick hielt sie regelrecht gefangen. „Du hast mich angelogen!“

Ein Tuscheln ging durch die Bankreihen, während Theo den Gang hinunterschritt.

„Es ist ihr Boss!“

„Der Milliardär!“

Und skeptisch: „Er hat mit Emmie geschlafen?“

Ein paar Schritte vor ihr blieb Theo stehen, nah genug, sie zu berühren.

„Ich habe nicht … gelogen“, stammelte sie.

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