Susan Mallery - Dreifacher Ärger (3in1)

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VERFÜHR MICH, MEIN TRAUMPRINZ
Ganz Paris träumt von der Liebe. Und Kayla Bedford träumt von Paris! Als sie zu ihrem 25. Geburtstag unvermutet ein kleines Vermögen erhält, bucht sie sofort einen Flug. Dr. Patrick Walcott träumt auch von der Liebe. Die heißt Kayla. Wenn er sie nicht verlieren will, muss er vor ihrer großen Reise in die Offensive gehen. Aber das ist gar nicht so einfach …

WIE VERFÜHRT MAN EINEN MANN?
Diesen Mann oder keinen! Schon als Kind war für Elissa Bedford klar, dass sie eines Tages den charmanten Cole Stephenson heiraten würde. Das tut sie auch - doch die Ehe scheitert. Warum genau, hat Elissa nie richtig verstanden. Die alten Wunden reißen auf, als sie Cole Jahre später unerwartet wiedertrifft. Elissa begreift: Sie muss um Cole kämpfen.

NOCH EIN KUSS UND ICH BIN VERLOREN
Eine Flaschenpost von einem kleinen Waisenmädchen! Fallon ist bestürzt! So hat sie sich ihren Urlaub auf der Karibikinsel nicht vorgestellt. Sie beschließt, der Spur des Kindes zu folgen - und wird dabei von der Flut überrascht. Als sie die Augen das nächste Mal öffnet, kann sie sich an nichts mehr erinnern. Und kennt auch den Mann nicht, der sich besorgt über sie beugt ...

Schon erschienen im CORA Verlag (z.B. als Julia Bestseller - Susan Mallery 2)


  • Erscheinungstag 22.08.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783745751178
  • Seitenanzahl 399
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Susan Mallery

Susan Mallery - Dreifacher Ärger (3in1)

Susan Mallery

Dreifacher Ärger

SUSAN MALLERY

Verführ mich, mein Traumprinz

Ganz Paris träumt von der Liebe. Und Kayla Bedford träumt von Paris! Als sie zu ihrem 25. Geburtstag unvermutet ein kleines Vermögen erhält, bucht sie sofort einen Flug. Dr. Patrick Walcott träumt auch von der Liebe. Die heißt Kayla. Wenn er sie nicht verlieren will, muss er vor ihrer großen Reise in die Offensive gehen. Aber das ist gar nicht so einfach …

Wie verführt man einen Mann?

Diesen Mann oder keinen! Schon als Kind war für Elissa Bedford klar, dass sie eines Tages den charmanten Cole Stephenson heiraten würde. Das tut sie auch – doch die Ehe scheitert. Warum genau, hat Elissa nie richtig verstanden. Die alten Wunden reißen auf, als sie Cole Jahre später unerwartet wiedertrifft. Elissa begreift: Sie muss um Cole kämpfen.

Noch ein Kuss und ich bin verloren

Eine Flaschenpost von einem kleinen Waisenmädchen! Fallon ist bestürzt! So hat sie sich ihren Urlaub auf der Karibikinsel nicht vorgestellt. Sie beschließt, der Spur des Kindes zu folgen – und wird dabei von der Flut überrascht. Als sie die Augen das nächste Mal öffnet, kann sie sich an nichts mehr erinnern. Und kennt auch den Mann nicht, der sich besorgt über sie beugt.

1. KAPITEL

„Mr. Cookie ist noch nie über Nacht außer Haus gewesen“, jammerte die Frau im Wartezimmer.

Kayla Bedford hörte die Unterhaltung und verdrehte die Augen. „Mr. Cookie muss mehr raus“, murmelte sie eher zu sich selbst und begann, den großen eingeseiften Schäferhund vor sich abzuspülen.

Duchess ließ die Prozedur geduldig über sich ergehen. Wie kann jemand, der Tiere angeblich liebt, so tief sinken und mich baden?, schien ihr vorwurfsvoller Blick zu fragen.

Kayla hob die Schnauze der Hündin an, damit sie die Stirn säubern konnte, ohne dass Seife in die Augen geriet. „Sieh mich nicht so traurig an“, sagte sie. „Du stinkst. Würdest du dich nicht ständig im Dreck wälzen, müssten deine Besitzer dich nicht hierherbringen.“

Duchess schien einzusehen, dass sie selbst an dieser Behandlung schuld war. Sie bellte einmal und versuchte, Kaylas Nase zu lecken.

Kayla drehte sich lachend weg, um der rosa Zunge zu entkommen.

Sie stellte das Wasser ab und löste die kurze Metallleine, die Duchess während des Bads in der Wanne gehalten hatte. Dann nahm sie ein großes Handtuch aus dem Regal an der Wand und trat zurück.

Duchess schüttelte sich fast immer, bevor sie sich abtrocknen ließ. „Ich habe noch nicht alles gesehen, was Sie hier anbieten“, sagte Mr. Cookies Besitzerin. „Was ist dort drüben?“ „Der Pflegeraum für die Hunde. Aber dort sollten Sie jetzt nicht hineingehen. Kayla behandelt gerade …“

Kayla hörte die Stimme ihres Chefs, reagierte aber zu spät. Die Tür öffnete sich, und eine Frau trat ein. Ihre Garderobe hatte offensichtlich mehr gekostet, als Kayla in einem ganzen Monat verdiente. Mr. Cookies Besitzerin hatte perfekt gestyltes Haar und ein perfektes Make-up. Ihr Schmuck war so wertvoll, dass eine vierköpfige Familie von dem Erlös fast zwei Jahre hätte leben können.

Mr. Cookie selbst war gar nicht so übel: ein winziger Yorkshireterrier mit einer blauen Schleife zwischen den Ohren.

„Vorsicht, der Hund ist nass!“, rief Kayla und stellte sich zwischen die wohlhabende Kundin und Duchess.

Doch es war zu spät. Mr. Cookie hatte Duchess entdeckt und begann zu bellen. Der zottige Schäferhund stellte seine Ohren auf und sah den Winzling interessiert an. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Mr. Cookie sprang in dem Moment vom Arm seiner Besitzerin, als Duchess die Wanne verließ.

„Dieser fürchterliche Köter wird Mr. Cookie umbringen!“, kreischte die Frau.

Kaylas Chef legte beruhigend die Hand auf ihren Arm. „Keine Sorge, Mrs. Kane. Duchess ist eine wohlerzogene Hündin. Mr. Cookie passiert nichts, sehen Sie?“ Dr. Patrick Walcott deutete auf die beiden Hunde, die sich gegenseitig beschnupperten.

Der Terrier schnurrte tief in der Kehle, als würde er den Augenblick sehr genießen.

„Ihrem Hund geschieht bestimmt nichts“, fügte Kayla schnell hinzu. „Ihnen selbst kann ich das jedoch nicht garantieren. Bitte treten Sie zurück, bevor …“

Im selben Moment schüttelte Duchess sich. Das Wasser spritzte nach allen Seiten. Es war, als würde man von einem Sturzregen erfasst. Verflixtes dickes Fell, schimpfte Kayla stumm, während die Tropfen durch ihren Kittel und ihr T-Shirt bis auf die Haut drangen.

Mrs. Kane schrie auf und hastete aus dem Raum. Ihre High Heels verfehlten Patricks rechten Fuß nur um Millimeter.

Mr. Cookie ließ den Platzregen ungerührt über sich ergehen.

Als Duchess den Kopf senkte, um sein Gesicht zu beschnüffeln, liebkoste er sie mit der Zunge.

Duchess erwiderte die Zärtlichkeit und warf den kleinen Hund mit ihrem Zungenschlag beinahe um.

„Wie Romeo und Julia“, sagte Kayla lächelnd.

Mrs. Kane kehrte in den Raum zurück, beugte sich hinunter und hob ihren durchnässten Hund hoch.

„Mr. Cookie ist ein reinrassiger Terrier!“, verkündete sie. „Ich verstehe nicht, wie Sie so einen Köter frei herumlaufen lassen können. Das ist keine passende Pension für uns. Ich nehme Mr. Cookie auf meine Reise mit.“ Entschlossen wandte sie sich ab und stolzierte davon.

Mr. Cookie wehrte sich heftig und jaulte vor Protest. Offensichtlich zog er Duchess’ Charme einem Luxusleben vor.

„Es tut mir aufrichtig leid, Patrick“, sagte Kayla und sah schuldbewusst aus. „Wenn ich gewusst hätte, dass die Frau die Tür öffnen würde, hätte ich Duchess an der Leine gelassen.“

„Schon gut, Kayla. Ich hatte Mrs. Kane gewarnt, aber sie wollte nicht auf mich hören.“ Er zwinkerte ihr zu. „Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass ich nicht die Verantwortung für Mr. Cookie übernehmen muss.“

„Oh, das wäre kein Problem. Wir würden die Andersons fragen, ob Duchess das Wochenende bei uns verbringen darf, und die beiden gemeinsam in einen Käfig sperren. Sie hätten eine wunderbare Zeit.“

Patrick tippte sie auf die Nase. „Na, na. Hast du nicht gehört, dass Mr. Cookie ein reinrassiger Hund ist?“

Kayla hockte sich hin und schlang ein Handtuch um Duchess. „Das ist sie auch. Sogar mit Papieren. Nicht wahr, meine Schöne?“

Duchess leckte ihre Wange.

Kayla lächelte. „Sie muss unbedingt regelmäßig ihre Zähne putzen. Aber sie will einfach nicht auf mich hören.“

„Vielleicht klappt es besser, wenn du mit ihren Besitzern redest.“

Eine zierliche Blondine trat ein. „Mr. Walcott, Ihr nächster Patient ist da.“ Sie reichte ihm eine Karte.

Patrick dankte und wandte sich wieder an Kayla. „Wann fährst du nach Sunshine Village?“

Sie blickte auf die Wanduhr. „Etwa in einer Dreiviertelstunde.“

„Ich komme mit. Der Kater dort muss geimpft werden.“

„Natürlich kämest du nie auf die Idee, die Leute mit dem Tier hierherzubestellen.“

„Natürlich nicht.“

„Und eine Rechnung stellst du ihnen auch nicht aus, oder?“

Patrick zog die Brauen hoch, winkte ihr zu und ging in Richtung Behandlungszimmer.

Kayla blickte ihm einen Moment nach. Sie kannte Patrick seit ihrem Eintritt ins College vor sieben Jahren. Er war bei Weitem der sympathischste Mann, den sie kannte. Und er sah wirklich nicht schlecht aus. Der weiße Arztkittel verdeckte seine Figur. Doch sie hatte ihn oft genug in Jeans gesehen, um zu wissen, dass er einen sehr attraktiven Po hatte.

Weshalb ist Patrick bloß nicht verheiratet?, überlegte sie. Seit sie ihn kannte, war er mit zahlreichen Frauen ausgegangen, hatte aber nie eine ernsthafte Beziehung gehabt. Wo lag sein Problem?

„Also, wo liegt dein Problem?“, fragte Kayla ungefähr eine Stunde später, während sie in Richtung Sunshine Village fuhren. Die Sonne ging langsam unter und ließ das Wasser des Ozeans golden funkeln.

Patrick steuerte den Van mit sicherer Hand. Er hatte seinen Arztkittel ausgezogen und trug jetzt ein dunkelblaues T-Shirt. Seine Haut war gebräunt. Er sah Kayla kurz an. Seine blauen Augen waren fast so dunkel wie sein T-Shirt.

Hübsche Augen, stellte Kayla fest. Und ein verführerischer Mund.

„Mein Problem?“, fragte er.

„Wie alt bist du? Einunddreißig, richtig?“ Sie wartete seine Antwort nicht ab. „Ich kenne dich seit sieben Jahren. Während dieser Zeit haben deine Beziehungen mit einer Frau nie länger als zwei Monate gedauert. Woher kommt das?“

„Warum willst du das wissen?“, wich er ihrer Frage aus.

Kayla lehnte sich zurück und deutete auf das Schild, das ihre Ausfahrt ankündigte. „Ich werde nicht mehr lange hier sein“, sagte sie. „Noch zweieinhalb Monate. Dann bist du allein. Ich mache mir deinetwegen Sorgen. Vielleicht solltest das Apartment anschließend an eine tolle Frau vermieten.“

„Keine schlechte Idee“, gab er unbekümmert zu. „Ich hatte immer schon eine Schwäche für Rothaarige.“

Kayla runzelte die Stirn. Obwohl sie wünschte, dass Patrick endlich eine passende Frau finden und glücklich werden würde, gefiel ihr der Gedanke nicht, dass eine rassige Rothaarige ihr Apartment übernehmen könnte. Sie wohnte seit ihrem College-Abschluss in der Zweizimmerwohnung über seiner Doppelgarage. Die Wohnung war klein, reichte für ihre Bedürfnisse aber völlig aus. „Und wenn ich die Wohnung behalten möchte?“, fragte sie. „Als Unterkunft zwischen meinen Reisen?“

„Ich habe nichts dagegen. Die Entscheidung liegt ganz bei dir.“

Sie bogen auf den Parkplatz von Sunshine Village. Das zweistöckige Gebäude glich eher einer Ansammlung kleiner Häuser als einem Altenheim. Rote Ziegeldächer und leuchtend weißer Putz kontrastierten mit grünen Rasenflächen und zahlreichen Bäumen. Hinter dem Gebäude lag ein großer Garten, der von den Bewohnern gepflegt wurde. Neben Blumen wuchs dort auch Gemüse.

Kayla sprang aus dem Wagen und ging zur Rückseite des Vans. Drei große Transportboxen für Hunde standen auf der Ladefläche. Sie öffnete die Türen und legte die Hunde an die Leine.

Patrick holte seine Arzttasche. „Ich übernehme Trudi“, erklärte er und ergriff die Leine des Dalmatiners.

Die knapp zwei Jahre alte schwarz-weiße Hündin verhielt sich immer noch wie ein Welpe. Nachdem sie versucht hatte, Patrick anzuspringen, zerrte sie vorwärts und bellte aufgeregt, während sie sich dem Gebäude näherten.

Elizabeth, eine siebenjährige Colliehündin, folgte wesentlich gelassener. „Immer eine Lady“, stellte Kayla fest. Sie trug einen kleinen schwarzen Pudel namens Rip auf dem Arm.

Gemeinsam betraten sie den großen Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss. Mehrere Bewohner erwarteten sie bereits. Alle Tiere wurden mit ihrem Namen begrüßt. Patrick reichte Kayla Trudis Leine und machte sich auf die Suche nach der großen getigerten Katze, die sich im Altenheim niedergelassen hatte.

„Na, haben Sie den jungen Mann endlich an der Angel?“, fragte Mrs. Grisham, während Kayla die Dalmatinerhündin zu der großen dunkelhaarigen Frau auf dem Sofa führte.

„Noch nicht“, antwortete Kayla lächelnd auf die gewohnte Frage. „Ich habe versucht, Patrick zu verführen. Aber er ist meinen Reizen gegenüber immun“, scherzte sie.

„Dann haben Sie es nicht energisch genug versucht“, erklärte Mr. Peter und zwinkerte ihr zu. „Eine hübsche junge Frau wie Sie? Zu meiner Zeit …“

Mrs. Grisham schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Das haben wir schon hundertmal gehört. Ich bin sicher, dass Kayla sich große Mühe gibt.“

„Patrick und ich sind nur gute Freunde. Wir kennen uns seit Jahren.“

„Hm. Wem wollen Sie mit dieser traurigen Geschichte etwas vormachen?“, fragte Mrs. Grisham.

Kayla lachte leise. „Es ist wahr.“ Sie trat mit den Hunden näher. Die Dalmatinerhündin erkannte Mrs. Grisham und zerrte in ihre Richtung.

Kayla hielt sie zurück und forderte sie auf, sich zu setzen.

„Oh, lassen Sie nur. Trudi springt ein bisschen. Aber daran bin ich gewöhnt.“ Mrs. Grisham tätschelte den Kopf des Dalmatiners. „Wie geht es dir, meine Schöne?“

Trudi wand sich vor Aufregung, und Mrs. Grisham übernahm die Leine.

Nachdem Trudi sich beruhigt hatte, ließ Kayla Elizabeth frei.

Die Colliehündin benahm sich tadellos. Sie ging durch den Raum und blieb bei jedem Bewohner kurz stehen.

Kayla ließ die beiden Hündinnen allein und stieg die Treppe hinauf zu einer Wohnung am Ende des Obergeschosses. Sie klopfte an die angelehnte Tür, bevor sie eintrat.

Sarah sah von dem Album auf, in dem sie geblättert hatte, und lächelte. „Kayla, was für eine Überraschung.“

Kayla küsste die alte Dame auf die runzlige Wange und setzte Rip neben sie auf das Bett. Der winzige Pudel trat mit den Vorderpfoten auf Sarahs Schoß und wedelte glücklich mit dem Schwanz.

„Ich habe dich vermisst, du kleiner Schlingel“, sagte Sarah und tätschelte den Hund. „Und Sie auch.“ Sie drückte Kaylas Hand. „Nehmen Sie sich einen Stuhl. Meine Tochter hat mir das Album geschickt.“

Kayla zog einen Leichtmetallstuhl heran und setzte sich neben Sarah. „Sie hat es tatsächlich gefunden?“

„Ja.“

Sarah schlug die erste Seite um. Grobkörnige Schwarz Weiß-Fotos zeigten ein junges Paar kurz vor dem Einsteigen in ein uraltes Flugzeug.

„Das war 1950. Ich war damals nicht viel älter als Sie“, erzählte Sarah. „Mein Mann Danny wollte mir Paris zeigen. Er hatte dort einige Zeit während des Zweiten Weltkriegs verbracht.“

„Toller Hut“, sagte Kayla und betrachtete das Foto näher.

Sarah trug ein Wollkleid und einen kleinen modischen Hut. Das dunkle Haar fiel in sanften Wellen auf ihre Schultern. Der junge Mann daneben im eleganten Nadelstreifenanzug strahlte über das ganze Gesicht und hielt die Hand seiner Frau, als wäre sie das Kostbarste auf der Welt.

„Sie sehen wahnsinnig verliebt aus.“

„Das waren wir auch. Natürlich hatten wir es nicht leicht. Aber ich habe Danny von ganzem Herzen geliebt und tue es immer noch.“

Kayla wusste, dass Sarahs Ehemann vor beinahe zehn Jahren gestorben war. Sie streichelte den Arm der älteren Frau. „Das wünsche ich mir auch. Liebe, die ein Leben lang hält.“

„Sie werden sie bestimmt finden.“

„Hoffentlich. Schließlich bin ich beinahe fünfundzwanzig. An meinem nächsten Geburtstag wird das Geld aus meinem Treuhandfonds frei. Dann fliege ich nach Paris und anschließend nach Monaco.“

„Wir haben in einem entzückenden Hotel an der Seine übernachtet.“ Sarah blätterte in dem Album und fand eine Ansichtskarte des Gebäudes. „Mich würde interessieren, ob es noch existiert.“

Rip legte sich auf den Rücken und bettelte um Aufmerksamkeit. Sarah nahm den Pudel in den Arm und streichelte sein weiches Fell. „Du bist mein Bester“, sagte sie und nickte zu dem Album. „Sehen Sie es sich an, Kayla. Paris hat sich in den letzten sechzig Jahren gewiss verändert. Trotzdem bekommen Sie einen kleinen Eindruck von dem, was Sie erwartet.“

Kayla blätterte die Seiten um und betrachtete die Fotos. „Ich freue mich schon riesig auf die Reise“, sagte sie. „Seit meinem zwölften Lebensjahr träume ich von Paris.“

„Und von einem netten Franzosen?“, zog Sarah sie auf.

„Ich dachte eher an Prinz Albert von Monaco. Sein Vater war mit einer Amerikanerin verheiratet, und der Prinz ist noch zu haben.“

„Stimmt. Und Sie sind hübsch genug, um einen Prinzen zu verführen.“

Kayla betrachtete ihr verwaschenes T-Shirt. Die Wasserspritzer von Duchess’ „Dusche“ waren nicht zu übersehen. Der Saum ihrer Jeans war verschlissen, und ihre Laufschuhe waren ziemlich abgetragen.

„Geradezu glamourös“, stellte sie trocken fest. „Als wollte ich direkt zu einem Ball.“

„Hören Sie doch auf, Kindchen.“ Sarah gab ihr einen leichten Klaps auf die Hand. „Sie sind eine hübsche Frau. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie Patrick.“

Kayla schloss das Fotoalbum und legte es in die Schublade zurück. „Patrick betrachtet mich als seine Angestellte und gute Freundin. Ob ich hübsch bin, hat nichts damit zu tun.“

„Und Sie haben nie bemerkt, dass er fabelhaft aussieht?“

Kayla blickte zur Tür und vergewisserte sich, dass sie allein waren. Dann beugte sie sich zu der alten Frau und flüsterte: „Er sieht nicht nur fabelhaft aus, sondern hat auch eine tolle Figur. Das liegt am vielen Joggen.“

„Aha.“ Sarah zog die Brauen hoch. „Und weshalb wollen Sie dann losziehen und sich einen Prinzen suchen, obwohl Sie einen bei sich im Haus haben?“

„Patrick?“ Kayla schüttelte den Kopf. „Was für eine verrückte Idee. Er ist einfach – Patrick.“ Er war ihr Freund – eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte, als ein Student im ersten Collegejahr ihr Herz brach. „Gäbe es irgendwelche Funken, wären sie längst übergesprungen. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass ich Prinz Albert heirate, Sarah. Aber keine Sorge. Sie bekommen eine Einladung zur Hochzeit.“

Sarah klopfte auf ihre schwachen Beine. „Ich werde kommen. Und wenn ich auf allen vieren kriechen muss.“

Kayla wehrte mit der Hand ab. „Auf keinen Fall. Wir werden Ihnen den Jet der fürstlichen Familie schicken. Vielleicht auch ein oder zwei junge Männer, die Ihnen während des Flugs die Füße massieren.“

Sarah lachte fröhlich. „Sie werden mir sehr fehlen, meine Liebe.“

Kayla umarmte die alte Frau herzlich. „Sie mir auch, Sarah. Das ist die Kehrseite der Medaille, wenn man geht.“

„Oh, beinahe hätte ich es vergessen.“ Sarah setzte ihre Lesebrille auf und nahm einen Brief vom Nachttisch. „Ich habe meiner Freundin Marie geschrieben. Danny und ich hatten sie kennengelernt, als wir in Paris waren. Sie hat mir geantwortet und wäre entzückt, Sie ihrer Enkelin vorzustellen, die nur wenige Jahre älter ist als Sie. Dann kennen Sie schon jemanden, wenn Sie in Paris eintreffen.“

„Danke.“

Kayla hob Rip hoch und versprach, Ende der Woche wiederzukommen.

Patrick unterhielt sich mit Mrs. Grisham, als Kayla den Gemeinschaftsraum betrat. Mr. Peters warf ihr einen vielsagenden Blick zu und zwinkerte ihr zu.

Patrick bemerkte die Geste und zuckte mit den Schultern.

„Alles erledigt?“, fragte Kayla so unbekümmert wie möglich.

„Ja. Whiskers ist ein Prachtexemplar von einem Kater und für ein weiteres Jahr geschützt“, antwortete er.

„Hat er dich heute auch wieder gekratzt?“ Sie erinnerte sich an Patricks letzten Versuch, das Tier zu impfen.

Er hielt seine linke Hand hoch. Eine lange rote Schramme lief von dem kleinen Finger über den Rücken zum Handgelenk.

Kayla zuckte unwillkürlich zusammen. „Du hättest mich um Hilfe bitten sollen.“

Patrick sah gekränkt aus. „Ich bin selbst in der Lage, allein mit einem neun Kilo schweren Kater fertig zu werden.“

„Es muss hart sein, immer den Macho zu spielen.“

Patrick streckte die Hand aus und zog an ihrem Zopf. „Ich werde einen Verweis wegen Aufmüpfigkeit in deine Personalakte aufnehmen.“

„Nur zu. Ich bin mit dem Boss befreundet und werde Einspruch einlegen.“

Kayla merkte, dass die Bewohner des Altenheims ihre kleine Plänkelei interessiert verfolgten.

Mrs. Grisham nickte ihr aufmunternd zu.

Na wunderbar, dachte sie und rief die Colliehündin zu sich. „Wir müssen gehen“, erklärte sie fröhlich. „Am Freitag komme ich zurück.“

„Sind die immer so schlimm?“, fragte Patrick und stellte seinen Arztkoffer hinter den Fahrersitz.

„Ja. Sie wollen mich unbedingt verkuppeln. Am schlimmsten ist es, wenn du dabei bist. Bin ich allein, halten sie mir ständig Fotos von Enkeln und Großneffen unter die Nase oder geben mir Ratschläge, wie beispielsweise den jungen Mann näher anzusehen, der den Swimmingpool reinigt.“ Sie legte Rip wieder an die Leine.

„Hast du ihnen von deiner Absicht erzählt, Prinz Albert zu verführen?“

„Nur Sarah. Ich finde es ja rührend, wie sich alle Gedanken um mich machen.“

„Das wundert mich nicht. Du hast dieses Besuchsprogramm mit den Hunden vor zwei Jahren eingeführt und dafür gesorgt, dass seitdem kein einziger Besuch ausgefallen ist. Das rechnen sie dir hoch an.“ Er schlug die hintere Tür des Vans zu. „Du wirst nicht leicht zu ersetzen sein.“

Kayla schlang die Arme um seine Taille. Sie war einsachtundsechzig groß, und Patrick überragte sie um mehr als einen Kopf.

Er umarmte sie ebenfalls, und sie legte die Wange an seine Schulter und atmete seinen vertrauten Duft ein. „Ich werde dich vermissen.“

„Mit deinem reichen Prinzen kann ich nicht mithalten.“

„Vielleicht doch. Ich wette, er kann nicht so gut kochen wie du.“ Lachend stieg sie in den Wagen. „Was machen wir heute Abend?“, fragte sie, während sie auf die Straße bogen.

„Wir tun überhaupt nichts. Ich habe ein Date.“

Kayla musste schlucken. „Eine Frau, die ich kenne?“, stieß sie mühsam hervor.

„Wäre möglich.“

Normalerweise brachte Patricks Neckerei sie zum Lachen. Heute wurde ihre Brust seltsam eng. Was in aller Welt war mit ihr los? „Dann viel Spaß“, verkündete sie und war froh, dass ihre Stimme völlig normal klang. „Vergiss aber nicht, dass wir noch jede Menge Arbeit im Wohnzimmer haben, bevor ich gehe.“ Sie hatten die alten Blümchentapeten heruntergerissen und wollten sie durch modernere ersetzen. „Andererseits: Wenn deine neue Beziehung funktioniert, könntest du auch sie um Hilfe bitten“, fügte sie hinzu.

„Reingefallen!“, rief er fröhlich.

Kayla drehte sich verblüfft zu ihm. „Wie bitte? Du hast gar kein Date?“

Einige Strähnen hatten sich aus ihrem Haar gelöst, und er schob sie ihr aus dem Gesicht. „Das hattest du verdient. Ständig erinnerst du mich daran, dass ich langsam alt werde und heiraten sollte.“

„Ich habe nie gesagt, dass du alt wirst. Mir ist nur aufgefallen, dass du keine einzige ernsthafte Beziehung hattest, seit ich dich kenne. Es gefällt mir nicht, dass du so schwierig bist.“

„Ich dachte, es gefällt dir nicht, wenn ich zu nett und nachgiebig bin.“

„Das auch nicht.“

„Dann kommst du heute Abend rüber und hilfst mir?“

„Ich sollte es eigentlich nicht. Kochst du uns etwas?“

„Grillhähnchen mit Salat. Vielleicht kann ich dich überreden, den Reis dazuzumachen.“

Kaylas gute Laune kehrte zurück. „Okay, ich komme.“

2. KAPITEL

Die Sonne war längst untergegangen. Licht aus dem Küchenfenster und von den Solarlampen, die den Garten säumten, beleuchtete die Terrasse. Die Wärme des sonnigen Tages hielt noch an.

Patrick stemmte die Füße auf den Boden und setzte die Hollywoodschaukel in Bewegung. Seufzend legte Kayla den Kopf auf das weiche Kissen, das sie aus dem Wohnzimmer mitgebracht hatte. Ihre nackten Füße ruhten auf Patricks Schoß.

Patrick hatte eine Hand auf ihre Fersen gelegt und streichelte mit der anderen ihre Wade.

„Ich könnte die ganze Nacht hierbleiben.“

„Du versuchst doch nur, dich vor dem Geschirrspülen zu drücken.“

Kayla öffnete ein Auge und sah ihn an. „Ich habe schon gekocht.“

Sie war der Inbegriff von Unschuld und Zufriedenheit. Aber das ist nur Show, dachte Patrick und lächelte unwillkürlich. Kayla besaß das Herz eines Piraten. „Du hast den Reis gekocht und den Tisch gedeckt. Den Rest habe ich übernommen.“

„Ich habe dir beim Barbecue Gesellschaft geleistet. Das war auch Arbeit.“

Er zog an ihren Füßen, bis sie flach auf der Schaukel lag.

„Nein, Patrick“, stieß Kayla lachend hervor. „Bitte nicht!“

„Zu spät. Du willst bloß nicht abwaschen.“

„Doch. Ich übernehme alles. Sogar den Boden werde ich aufwischen.“

„Leeres Gerede.“

Er schlang einen Arm um ihre Fersen, damit sie sich nicht rühren konnte, und kniff Daumen und Zeigefinger seiner freien Hand zu einer Zange zusammen.

„Bitte nicht, Patrick!“, keuchte Kayla, während seine Finger sich ihren Fußsohlen näherten. Sie versuchte sich aufzusetzen, doch sie musste zu sehr lachen. „Ich ergebe mich!“

Endlich ließ er sie los. „Ich hoffe, das war dir eine Lehre.“

Kayla sank auf die Schaukel zurück. „Gib mir nur einen Moment Zeit, um wieder Luft zu bekommen.“

„Weichei.“

„Nicht alle Menschen können sechs Stunden schlafen und jeden Tag fünf Meilen joggen. Manche müssen ihre Kräfte besser einteilen.“

„Wozu, zum Beispiel?“

„Zum Schlafen.“

Patrick legte eine Hand auf ihr Schienbein und die andere knapp über ihr Knie. „Seit wann braucht man zum Schlafen Kraft?“

„Nun, wenn man es richtig macht …“

Er zog die Brauen hoch. Kayla hatte interessante Theorien über die meisten Dinge des Lebens.

Als er nichts sagte, erklärte sie frech: „Auf dich trifft das natürlich nicht zu. Du schaffst alles. Woher kommt das bloß?“

„Ich bin eben ein Übermensch.“

Kayla sprang auf, packte seine Hand und versuchte, ihm den Arm auf den Rücken zu drehen.

Patrick ließ sie gewähren, doch sein Arm rührte sich nicht. „Du bist nicht stark genug“, sagte er leise.

„Ja, leider. Ich muss mehr trainieren. Sobald ich kräftiger bin, werde ich dich aufs Kreuz legen.“

Er berührte ihre Wange. „Ich bin ein Jogger, Kayla. Dazu musst du mich erst einmal fangen.“

„Das versteht sich von selbst.“ Sie lächelte verschmitzt. „Beim nächsten Mal wirst du nicht gewinnen. Dann kannst du dich auf etwas gefasst machen.“

„Wie ich immer sage: Du hast das Herz eines Piraten.“

Sie richtete sich auf und setzte sich neben ihn. Patrick legte den Arm um ihre Schultern, und sie kuschelte sich an ihn. „Hast du schon Nachricht wegen der Forschungsgelder?“

„Nein, noch nicht. Ich hoffe, ich werde demnächst etwas hören.“

„Die Warterei ist am schlimmsten. Aber es klappt bestimmt. Sie müssen dir das Geld genehmigen. Du bist der beste Kandidat.“

Ihr Vertrauen rührte ihn. „Danke, Kayla. Du warst mir eine große Hilfe. Ohne dich hätte ich die Unterlagen niemals rechtzeitig zusammenbekommen.“

Obwohl Patricks private Tierklinik ausgezeichnet lief, war er in den letzten Jahren immer rastloser geworden. Auf dem College hatte er so viel Zeit wie möglich im Forschungslabor verbracht und Krankheiten von Haustieren untersucht. Sein Ziel war immer gewesen, dorthin zurückzukehren.

„Ist das Grundstück, das du dir angesehen hast, noch zu verkaufen?“

„Ja. Aber mach dir lieber nicht zu viel Hoffnung. Das ist ein sehr ehrgeiziges Projekt. Wir reden über Millionen von Dollars.“

„Was ist mit der Tierklinik?“, fragte Kayla. „Willst du weiterhin dort arbeiten?“

„Die ersten Jahre möchte ich mich lieber auf die Forschung konzentrieren. Wahrscheinlich werde ich zwei Tierärzte einstellen.“

„Gleich zwei? Meinst du, dass du für zwei arbeitest?“, zog sie ihn auf.

Das Licht aus dem Fenster spiegelte sich in ihren grünen Augen wider. Katzenaugen, dachte Patrick. Allwissend und wunderschön. Kayla hatte geduscht, bevor sie zu ihm gekommen war. Das lockige Haar fiel ihr über den Rücken und kitzelte seine Oberarme.

Unwillkürlich musste er an die schüchterne Achtzehnjährige denken. In den letzten Jahren hatte Kayla sich zu einer attraktiven Frau entwickelt. Patrick und sie waren zwar kein Paar geworden, aber sehr gute Freunde. Sie würde ihm fehlen. „Um dich zu ersetzen, brauche ich auch zwei Helferinnen“, sagte er.

„Meinst du wirklich?“

Er nickte. „Für die Tierpflege werde ich eine Teilzeitkraft einstellen. Das größere Problem wird eine Mitarbeiterin sein, die die Besuche mit den Hunden in Sunshine Village übernimmt.“

„Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Wir müssen jemanden finden, dem wirklich etwas an den alten Leuten liegt. Vielleicht eine Hausfrau und Mutter, die eine neue Aufgabe sucht, während ihre Kinder in der Schule sind. Ich werde mich mal umhören.“

„Kannst du mir auch eine neue gute Freundin besorgen?“, fragte er nur halb im Scherz.

Sie drückte ihn. „Ich verschwinde doch nicht für immer, Patrick. In ein paar Monaten komme ich zurück.“

„Ich weiß, Kleines. Das ist völlig in Ordnung.“

„Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“ Er hörte das Lächeln in ihrer Stimme.

„Ich weiß.“

Er spürte ihre Brüste, die sich an seine Taille pressten. Energisch rief er sich ins Gedächtnis, dass Kayla nur eine gute Freundin war. Doch das änderte nichts an seiner plötzlichen Erregung. Er hatte so etwas schon früher erlebt. Aber Kayla sollte die gute Freundin in seinem Leben bleiben. Auf diese Weise würde es keine hässlichen Szenen geben, keine falschen Erwartungen, und es bestand keine Gefahr, dass sie sich wieder trennten.

Er ließ Kayla nur höchst ungern ziehen. Aber sie plante diese Reise seit Jahren. Sie wollte die Welt sehen, während er beim Militär genügend herumgekommen war. Der uralte Gegensatz: Sie wollte Flügel, er sehnte sich nach Wurzeln.

Vielleicht sollte er ihrem Rat folgen und wirklich mehr ausgehen. Es würde ihn von der Leere ablenken, die ihre Abwesenheit in seinem Leben hinterließ. Entschlossen stand er auf. „Du versuchst nur, vom Abwasch abzulenken. Glaub ja nicht, dass ich dich davonkommen lasse.“

Stöhnend reichte sie ihm die Hand, und er zog sie auf die Füße. „Okay, Boss. Ich gehorche. Du weißt, wie sehr ich den Abwasch hasse.“

Zehn Minuten später hatte Patrick die Arme bis zu den Ellbogen in das Seifenwasser getaucht.

Kayla saß neben ihm auf der Anrichte, hielt ein Geschirrtuch in der Hand und wartete auf das nächste Glas.

„Tut mir leid, dass ich vorhin so merkwürdig reagiert habe, als du mir von deinem Date erzählt hast“, sagte sie. „Ich war total überrascht. Wahrscheinlich möchte ich jede freie Minute mit dir verbringen, nachdem ich nicht mehr lange bleibe.“

Er lächelte und dachte an ihr mürrisches Gesicht. „Kein Problem.“

Sie nahm das Glas, das er ihr reichte, und begann es abzutrocknen. Ihr Haar glänzte im Licht. Sie trug ein schlichtes weißes T-Shirt und Jeans. Ihre Füße waren nackt. Sie streifte immer sofort die Schuhe ab, wenn sie das Haus betrat. „Hast du jemals daran gedacht, zu heiraten?“

Patrick spülte einen Teller ab und reichte ihn ihr. „Hin und wieder. Aber ich fühle mich noch zu jung.“

„Du bist einunddreißig!“

„Daran hast du mich schon früher erinnert.“

„Und? Was hält dich von einer Heirat ab?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe noch keine passende Frau gefunden“, gab er zu.

Kayla beugte sich vor und berührte seine Schulter. „Es liegt an deinem Vater, oder?“

„Ja, wahrscheinlich. Meine Eltern müssen sich sehr geliebt haben. Ich erinnere mich nicht daran. Als meine Mutter starb, war ich erst zwei. Woran ich mich erinnere, ist die tiefe Trauer meines Vaters. Er lebte noch zwanzig Jahre, und es verging kein Tag, an dem er sich nicht nach ihr sehnte.“

Eines Tages, er musste neun oder zehn Jahre alt gewesen sein, war Patrick früher als sonst nach Hause gekommen und hatte seinen Vater im Wohnzimmer entdeckt. Der ältere Mann hatte am Tisch gesessen und das Hochzeitsalbum vor sich aufgeschlagen. Tränen waren über sein Gesicht gelaufen.

Die Erinnerung daran war so deutlich, als wäre es gestern gewesen. Die tiefe Trauer hatte den Jungen furchtbar erschreckt, und er hatte sich lautlos in sein Zimmer zurückgezogen.

„Ich möchte niemals so sehr lieben wie er“, sagte Patrick leise, nahm einen Topf und scheuerte ihn. „Es war eine furchtbare Tragödie.“

„Die große Liebe muss wundervoll und sehr romantisch sein. Genau das wünsche ich mir“, erklärte Kayla überzeugt.

Patrick schüttelte den Kopf. „Zu viel Schmerz. Ich achtete und bewunderte meinen Vater. Aber ich glaube, er war zu schwach. Er wollte sich gar nicht erholen. Ich möchte nicht, dass mir so etwas widerfährt.“

Kayla sah ihn aufmerksam an. „Es könnte sein, dass du irgendwann keine Wahl hast.“

„Man hat immer die Wahl.“

„Du brauchst eine Frau, die dich aus diesem Tief reißt.“

„Ich bin in keinem Tief.“

Kayla ging nicht auf seine Bemerkung ein. „Aber was für eine Frau?“ Sie runzelte die Stirn. „Jemand, der geduldig ist und Tiere liebt. Jemand, mit dem du richtig reden kannst.“ Sie deutete mit dem Kopf zum Wohnzimmer. „Jemand, dem es nichts ausmacht, dass die Hälfte der Tapeten von den Wänden gerissen ist und die andere Hälfte noch drankommt.“

„Eine Rothaarige“, warf er ein.

„Hübsch, klug und humorvoll“, fuhr sie fort. „Mit anderen Worten: Du brauchst mich!“

Bei ihren Worten fiel ihm der Topf aus der Hand und stürzte ins Becken. Erschrocken sah er Kayla an, und sie lächelte verschmitzt.

„Nun?“, fragte sie. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“

„Ja.“

„Sehr gut. Es gefällt mir nämlich, wenn ich die Kontrolle habe.“ Sie klapperte mit den Wimpern.

„Kayla, ich …“ Patrick wusste nicht, was er sagen sollte.

„Du und ich – wir wären ein ideales Paar. Wir mögen uns und kommen gut miteinander aus. Ich bin charmant, und du bist vernünftig.“

Patrick spürte, dass sie ihn aufzog. Doch er konnte jetzt nicht darauf eingehen. Er bekam kaum noch Luft. Verzweifelt versuchte er, ihr Spiel zu durchschauen. Es musste ein Spiel sein. Kayla und er? Nach all den Jahren? War es möglich, dass sie romantische Gefühle für ihn empfand? Nein, das hätte er bestimmt gemerkt.

„Wir sind Freunde“, sagte er endlich.

„Stimmt. Und wir haben genügend Gemeinsamkeiten, um ein wundervolles Paar abzugeben.“

Sie strahlte über das ganze Gesicht, und ihre Augen funkelten vor guter Laune. Liebeskrank wirkte sie nicht.

Patrick beschloss, das Spiel mitzumachen, um zu sehen, wohin es führte. „Wir erwarten unterschiedliche Dinge vom Leben. Du willst reisen, ich dagegen möchte Wurzeln schlagen.“

„Wir haben dieselben Wertvorstellungen“, antwortete sie. „Wir empfinden etwas füreinander und achten uns gegenseitig. Ist das nicht genauso wichtig?“

Natürlich war es das. Aber er wollte nicht darauf eingehen. „Worauf willst du hinaus?“, fragte er stattdessen.

Sie seufzte übertrieben. „Okay. Ich glaube, du brauchst tatsächlich eine Frau. Und mir fällt auch schon eine ein.“

„Willst du mich etwa verkuppeln?“

„Keine Sorge, du wirst von ihr restlos hingerissen sein.“

„Das habe ich schon einmal gehört.“

Patrick holte den Topf aus dem Wasser und spülte ihn ab. Kayla war also nicht in ihn verliebt, sondern wollte ihn verkuppeln. Sehr gut, sagte er sich und ignorierte die leichte Enttäuschung. So war es für sie beide besser. Sie waren beste Freunde. Doch sie würden niemals ein Paar werden. Er konnte sich nicht vorstellen, in dieser Weise für Kayla zu empfinden.

Kayla sprang von der Anrichte und streichelte seinen Arm. „Das war kein Scherz. Du wirst sie vergöttern. Und das Beste daran ist: Sie sieht genauso aus wie ich.“

Er öffnete den Mund, doch sie warf ihm einen warnenden Blick zu. „Sag jetzt lieber nichts, Patrick. Ich habe ein nasses Handtuch in der Hand und würde es dir heimzahlen.“

Er zwinkerte ihr zu. „Peitsch mich aus, schlag mich, fessele mich …“

„Patrick!“, unterbrach sie ihn mit einem Schrei. „Lass das. Ich werde meine Schwester Elissa anrufen und sie über das Wochenende zu mir einladen, damit ihr euch kennenlernt. Sie könnte die Frau deiner Träume sein.“

Patrick wurde schnell wieder ernst. Er hatte längst alle Träume von Liebe und Glück aufgegeben. Der Preis dafür war zu hoch.

Kayla trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Offensichtlich wartete sie auf seine Zustimmung.

Er hatte kein Interesse, ihre Schwester zu treffen. Doch er wollte ihre Gefühle nicht verletzen. „Tu, was du nicht lassen kannst.“

Kayla vergewisserte sich, dass bei den Hunden alles in Ordnung war, und ging zum Ausgang. An der Tür blieb sie stehen und zählte die leeren Boxen. Es waren drei. Nur für die Hälfte der Hunde wurde bezahlt. Die restlichen Hunde gehörten zum Programm für Sunshine Village oder waren herrenlos. Es hatte sich herumgesprochen, dass Kayla ausgesetzte Tiere aufnahm, und der Strom riss niemals ab.

Die ungeliebten Hunde wurden tierärztlich behandelt, gefüttert und ordentlich untergebracht – alles kostenlos. Patrick beklagte sich nie, dass die Streuner eine Menge Geld für Futter und Medikamente verschlangen. Er verstand, weshalb ihr die Tiere wichtig waren. Er hatte für immer Verständnis.

Kayla öffnete die Tür und entdeckte Patrick in der Ruheecke, wo sich die Angestellten während ihrer Nachtschichten aufhielten.

„Ich war gerade bei den Hunden und musste daran denken, wie toll du bist. Dabei hätte ich es dir auch direkt ins Gesicht sagen können“, erklärte sie fröhlich.

Patrick erwiderte ihr Lächeln nicht, sondern sah sie finster an.

„Was ist passiert?“, fragte sie. „Haben wir einen Notfall?“

„Eine Frau hat einen herrenlosen Hund gebracht“, gab er gereizt zurück. „Haben wir Platz in einer Box?“

Kayla nickte. Patrick ärgerte sich nur, wenn die herrenlosen Tiere misshandelt worden waren. „Wie schlimm ist es?“

Er zuckte die Schultern. „Es ist eine Hündin. Ich habe sie noch nicht untersucht. Sie ist furchtbar mager und verängstigt. Die anderen sind beschäftigt. Kannst du mir bei der Untersuchung helfen?“

„Ja, gern.“ Sie folgte ihm ins Wartezimmer.

Eine schlanke Frau mit blasser Haut und kurzem, grau meliertem Haar saß auf der Bank an der Wand. Sie sah müde und abgespannt aus. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Neben ihr saß ein kleiner Mischling mit zottigem Haar und großen Augen. Der Hund zitterte. Kayla hatte das ungute Gefühl, dass sie seine Rippen zählen könnte, sobald sie ihn auf den Arm nahm.

„Mrs. Francis?“, fragte Patrick.

Die Frau nickte.

„Ich bin Dr. Walcott, und das ist Kayla.“ Er nahm neben der Frau Platz und gab Kayla ein Zeichen, sich zu dem Tier zu setzen. „Erzählen Sie mir von der Hündin.“

„Ich weiß nicht sehr viel über sie“, gestand Mrs. Francis. „Seit etwa einem Jahr treibt sie sich in unserer Nachbarschaft herum. Sie ist friedlich und kinderlieb. Hat nie jemanden gebissen, obwohl einige Jungen ihr ganz schön zugesetzt haben. Ich habe sie ein- oder zweimal vor der Bande gerettet.“

„Das war sehr vorbildlich. Die meisten Menschen hätten sich nicht darum gekümmert.“

Die ältere Frau lächelte. „Ich liebe Tiere.“

„Wann wurde die Hündin ausgesetzt?“

„Das kann ich nicht genau sagen. Ungefähr vor einem Monat. Die Besitzer zogen fort und ließen sie zurück.“

„Glauben Sie, dass sie das Tier absichtlich zurückgelassen haben?“

Mrs. Francis verzog den Mund. „Ich habe die Leute nicht gut gekannt, aber was ich über sie gehört habe, klang nicht sehr tierfreundlich.“ Sie streichelte die Hündin. „Ich hätte sie gern selbst behalten. Aber das geht leider nicht.“ Ihre Wangen röteten sich. „Manchmal reicht das Essen kaum für meine Kinder. Außerdem bin ich tagsüber nicht da. Deshalb hoffe ich, dass Sie ein schönes neues Zuhause für sie finden.“

Patrick stellte einige weitere Fragen und machte sich Notizen.

Kayla schluckte. Sie streckte die Hand aus und ließ den kleinen Hund an ihren Fingern schnüffeln. Sein Schwanz schlug aufgeregt an das Plastikpolster der Bank.

Patrick stand wieder auf. „Ich weiß Ihre Bemühungen sehr zu schätzen, Mrs. Francis. Offensichtlich haben Sie den Hund sehr lieb gewonnen, und es fällt Ihnen schwer, ihn abzugeben.“

Die ältere Frau stand ebenfalls auf. „Ja, mag sein“, sagte sie und warf einen kurzen Blick auf das Tier. „Aber ich wollte tun, was nötig ist.“

Patrick legte seine Hand auf ihre Schulter. „Wir werden gut für ihn sorgen. Kayla kümmert sich um alles. Ich bin sicher, dass er in gute Hände kommen wird.“

„Am besten zu einer Familie mit Kindern und einem großen Garten“, ergänzte Kayla. „Dort wird er sich sehr wohlfühlen.“ Sie hob den kleinen Hund auf. Wie sie befürchtet hatte, war jede Rippe zu ertasten. Sie hielt ihn eng an sich und spürte, dass er zitterte.

„Danke, Doktor. Sie sind ein guter Mensch.“ Die Frau streichelte den Hund und ging hinaus.

Kaylas Augen wurden feucht.

Patrick betrachtete sie aufmerksam. „Du wirst doch nicht etwa weinen?“

„Ich hoffe nicht. So etwas geht mir immer furchtbar nahe.“

„Ja, mir auch.“ Er nahm ihr den Hund ab. „Mal sehen, was wir für dich tun können.“

„Du bist wirklich ein feiner Mensch, Patrick. Und außerdem eine äußerst attraktive Partie.“

„Ich glaube dir kein Wort.“

Kayla richtete sich unwillkürlich auf. „Es ist die Wahrheit!“

„Wenn es stimmt, was du sagst: Weshalb hast du dich dann nicht schon vor einigen Jahren in mich verliebt? Bei deiner Kollegin ist das passiert.“

Kayla versuchte, ruhig zu bleiben. Zum Glück hatte Patrick nicht gemerkt, dass es ihr genauso ergangen war. Sie war damals ein blutjunges Mädchen gewesen und er ein reifer Mann. Heute spielte der Altersunterschied keine Rolle mehr.

Das Telefon läutete. Patrick nahm den Hörer ab, und sie nutzte den Augenblick zur Flucht.

„Vergesst nicht: Ihr kennt eure Tiere am besten“, sagte Patrick am nächsten Donnerstag. „Wenn ihr glaubt, dass irgendetwas nicht stimmt, bringt sie zu mir in die Klinik.“

Er blickte durch den vollen Raum. Sie waren in einem Jugendzentrum, und er wollte den Kindern zeigen, wie man die Hunde richtig pflegte. Da die kleine Hündin sich gut erholt hatte und tatsächlich sehr gutmütig war, hatten sie das Tier mitgebracht.

Das Gebäude lag in einem ärmlichen Stadtteil und war beinahe ausschließlich aus Spenden errichtet worden. Verkehrslärm drang von draußen herein. Doch für die Kinder war es ein kleines Paradies. Schüler von sechs bis dreizehn Jahren kamen nach dem Unterricht hierher. Das Zentrum war auch im Sommer geöffnet und führte unterschiedliche Beschäftigungsprogramme für Kinder durch, die in den Ferien nicht verreisen konnten. Patrick arbeitete hier mit, seit er seine Klinik eröffnet hatte.

„Wer von euch ist schon einmal geimpft worden?“, fragte er laut.

Ein kleines Mädchen mit blondem Pferdeschwanz hob die Hand, und ein älterer Junge rief: „Alle Babys werden geimpft. Damit sie später nicht krank werden.“

„Richtig, mein Junge“, sagte Patrick. „Wie heißt du?“

Der elf- oder zwölfjährige Junge richtete sich auf. „Jackson.“

„Was meinst du, Jackson? Sollten die Tiere auch geimpft werden?“

Der Junge dachte einen Augenblick nach. „Klar. Sie werden genauso krank wie wir. Wenn man sie nicht impft, bekommen sie Tollwut, und alle Menschen sterben.“

Mehrere Kinder hielten erschrocken die Luft an.

Patrick hob beide Hände. „Einen Moment bitte. Zum Glück hat Jackson nur halb recht. Eure Hunde und Katzen müssen geimpft werden, das ist richtig. Und eine der Impfungen schützt tatsächlich vor Tollwut. Aber heutzutage bekommen nur sehr wenige Haustiere diese Krankheit. Und selbst wenn ihr von einem tollwütigen Tier gebissen werdet, müsst ihr nicht gleich sterben.“

Kayla stand neben ihm. „Allerdings würde euch die Behandlung nicht besonders gefallen“, fügte sie leise hinzu.

Patrick sah sie lächelnd an. „So genau wollte ich es nicht erzählen.“ Er wandte sich wieder an die Kinder. „Meine Klinik ist jeden zweiten und vierten Samstag im Monat geöffnet. Ihr könnt mir eure Hunde und Katzen bringen, damit ich sie impfe. Ich werde einen Zettel an das Anschlagbrett heften, auf dem alles steht.“ Er hielt ein leuchtend gelbes Blatt hoch.

Jackson sah ihn misstrauisch an. „Spritzen sind teuer. Manche von uns haben nicht mal genügend Geld für das Futter.“

„Ich weiß.“ Patrick kannte das Problem. „Bringt die Tiere einfach her, und macht euch keine Gedanken über die Bezahlung. Auch wenn sie krank sind. Wartet dann aber nicht bis zu den beiden Samstagen, sondern ruft in der Klinik an und sagt, dass es dringend ist. Noch Fragen?“

Kayla beugte sich zu ihm. „Du wirst mit Arbeit überhäuft werden.“

Er schüttelte den Kopf. „Ich habe dieses Angebot schon früher gemacht. Nur wenige Kinder griffen es auf. Die meisten können sich keinen Hund oder keine Katze leisten. Leider. Es würde ihr Leben unwahrscheinlich bereichern.“

„Genau wie ich gesagt habe: Du bist ein guter Mensch.“

Patrick beantwortete die Fragen der Kinder und überließ anschließend Kayla seinen Platz. Die Leiterin des Jugendzentrums brachte eine Schüssel mit warmem Wasser und stellte mehrere Krüge dazu, damit sie die Hündin waschen konnte.

„Diese Hündin wurde bei uns abgegeben“, erklärte Kayla den Kindern, die sich neugierig um den Tisch versammelt hatten. „Ihre Familie ist weggezogen und hat sie zurückgelassen.“ Sie setzte das Tier in die Schüssel und begann, das Fell zu waschen. Die kleine Hündin ließ die Prozedur geduldig über sich ergehen.

Ein hübsches dunkelhäutiges Mädchen mit ausdrucksvollen braunen Augen und kaffeebrauner Haut streichelte vorsichtig das Fell. „Absichtlich?“, fragte sie.

„Ich fürchte, ja. Manche Leute tun so etwas.“

Die Hündin war seit sechs Tagen in der Klinik und hatte schon zugenommen. Ihre Augen waren klar, und sie blickte sich interessiert um.

Kayla erzählte den Kindern, dass das Tier noch keinen Namen habe. Ob sie ihm einen geben wollten?

„Benji!“, rief jemand.

„Benji ist ein hübscher Name“, stimmte Kayla zu. „Aber dieser kleine Hund ist ein Mädchen.“

Es folgte eine ganze Reihe weiterer Vorschläge. Dann trat Jackson vor. „Wie wäre es mit Rhonda?“

Das kleine Mädchen mit dem Pferdeschwanz nickte. „Rhonda war nett. Sie arbeitete hier, bevor sie wegzog.“

Kayla blickte in die Gesichter ringsum. „Alle einverstanden?“

Die Kinder nickten.

Sie sah zu Patrick. „Auch einverstanden?“

„Natürlich.“

„Okay. Dann nennen wir sie Rhonda.“

Patrick beobachte, wie Kayla das Tier aus der Schüssel hob und in ein flauschiges Handtuch wickelte. Sie nahm die Kinder ernst und redete mit ihnen wie mit intelligenten Erwachsenen. Diese reagierten äußerst positiv und strahlten über das ganze Gesicht, als sie lächelte. Er wusste, wie sich das anfühlte. Manchmal, wenn sie ihm dieses Lächeln schenkte, empfand er ebenfalls etwas wie …

Er war sich nicht sicher, was es war. Eigentlich sollte er überhaupt nichts empfinden. Schließlich waren Kayla und er nur Freunde.

Kayla hatte Rhonda abgetrocknet und ließ sie hinunter. Die Hündin näherte sich den Kindern interessiert, aber vorsichtig. Kayla bat alle, sich auf den Boden zu setzen und sich völlig ruhig zu verhalten. Sie gehorchten sofort. Kurz darauf lief Rhonda von einem Kind zum anderen, bellte fröhlich und wedelte heftig mit dem Schwanz.

Patrick konnte den Blick nicht von Kayla abwenden. Offensichtlich war sie sehr zufrieden. Seltsam, dass er nie bemerkt hatte, wie attraktiv sie war. Sie trug ein unförmiges T-Shirt und alte Jeans. So hatte er sie Hunderte von Malen gesehen. Doch heute bewunderte er plötzlich ihren Hüftschwung und die verlockende Rundung ihres Pos.

Wir wären ein ideales Paar.

Kayla ging zu ihm. „Du tust hier wirklich ein gutes Werk.“ Sie deutete mit dem Kopf zu den Kindern, die mit Rhonda Fangen spielten. Sie lachte. „Bei mir hast du es auch getan. Du nahmst eine einsame, vor Heimweh kranke Achtzehnjährige auf und gabst ihr eine Aufgabe. Ohne den Job in deiner Klinik hätte ich das College nie geschafft.“

Patrick erinnerte sich. Kayla hatte ihre Schwestern furchtbar vermisst. „Ich habe nie verstanden, weshalb ihr nicht auf dasselbe College gegangen seid. Ihr habt euer ganzes Leben gemeinsam verbracht. Die Trennung muss euch entsetzlich schwergefallen sein.“

„Ja, das stimmt. Aber wir wollten es so. Wir waren immer die Bedford-Drillinge gewesen. Es wurde höchste Zeit, eigenständig zu werden.“ Sie sah zu ihm auf. „Beinahe sieben Jahre später also: Herzlichen Dank.“

Ihre feierliche Miene verunsicherte ihn. „Ich hatte dich nicht eingestellt, weil du ein Sozialfall warst.“

„Weshalb dann?“

Er lächelte versonnen. „Erinnerst du dich an dein Bewerbungsgespräch?“

„Nur vage.“

„Ich untersuchte gerade einen besonders unwilligen, fünfzig Kilo schweren Dobermann namens Thor, und du wolltest mich von deinen Fähigkeiten überzeugen. Je nervöser du wurdest, desto stärker hast du den Hund gestreichelt. Am Ende leckte der Dobermann deine Hand und zuckte nicht einmal zusammen, als ich ihm seine Spritzen gab. Da wusste ich, dass du ein Naturtalent warst.“

„Und es hat geklappt.“

„Stimmt.“ Aber weshalb hatte die romantische Seite nicht geklappt? Auf diese Frage wusste Patrick keine Antwort. Er studierte aufmerksam ihr Gesicht, sagte aber nichts weiter.

„Weshalb bist du plötzlich so ernst?“, fragte sie.

„Ich hoffe, Prinz Albert weiß zu schätzen, was er bekommt, wenn er sich in dich verliebt.“

3. KAPITEL

Kayla schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und blickte auf die Uhr. Zwei Minuten vor neun. Sie hatte noch etwas Zeit. Erleichtert tat sie Milch und Zucker in den Kaffee, nahm ihren Teller mit dem Toast und ging zum Sofa im Wohnzimmer.

Der Samstagmorgen war hell und klar. Die Temperatur würde später auf über 25 Grad ansteigen. Sie kannte viele Orte, die man als Paradies bezeichnete. Für sie hatte San Diego das beste Wetter der Welt.

Sie sah aus dem großen Fenster im ersten Stock. Es lag nach Westen. Nur wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, hatte sie einen winzigen Blick auf das Meer. Heute Morgen reichte es ihr, von dem Meer zu wissen.

Punkt neun läutete das Telefon. Kayla nahm den Hörer ab und hörte ihre beiden Schwestern schon reden. Ein Vermittler kündete an, dass der dritte Teilnehmer jetzt zugeschaltet werden würde.

„Wie geht es meiner jüngsten Schwester?“, fragte Fallon.

Kayla lächelte über die vertraute Begrüßung. Fallon war die älteste der Drillingsschwestern. Elissa war genau sechs Minuten später auf die Welt gekommen. Bei Kayla hatte es volle weitere zwölf Minuten gedauert. „Mir geht es gut. Und was ist mit euch?“

„Wir wechseln gerade unser Computersystem“, stöhnte Elissa. „Ich weiß selbst nicht, wie viele Stunden ich in der letzten Zeit gearbeitet habe. Man hat uns versichert, dass nächsten Montag alles fertig sein wird. Aber ich glaube nicht daran. Es wird bestimmt erst Mittwoch oder Donnerstag werden.“

„Mir geht es nicht viel besser“, sagte Fallon. „Unsere Schule bereitet ein Sommerfest zum Schulabschluss vor. Die zehnjährigen Jungen weigern sich strikt, als Pflanzen zu erscheinen. Schon gar nicht als Blumen.“

„Du liebe Zeit. Da habe ich es besser“, übernahm Kayla das Wort. „Ich kann keine Horrorgeschichten berichten.“

Die drei unterhielten sich eine ganze Weile. Manche Menschen behaupteten, dass die Drillinge sich nicht nur wie ein Ei dem anderen glichen, sondern sich auch gleich anhörten. Besonders am Telefon.

Kayla war anderer Meinung. Sie wusste immer sofort, wer gerade sprach. „Hatte eine von euch kürzlich ein Date?“, fragte sie plötzlich.

Die Leitung blieb stumm.

Sie lachte leise. „Also nicht.“

„Durch meine Klassentür kommen nicht viele Junggesellen“, stellte Fallon trocken fest. „Und was hast du für eine Ausrede, Elissa? Behaupte ja nicht, dass es keine tollen Ärzte in deinem Krankenhaus gibt.“

„Du siehst zu viel fern. Natürlich gibt es bei uns unverheiratete Ärzte. Zumindest nehme ich es an. Aber ich arbeite in der Verwaltung und komme nicht oft in den Pflegebereich.“

„Ich habe wenigstens eine echte Ausrede“, warf Kayla ein.

„Ach ja. Der steinreiche ewige Junggeselle Prinz Albert.“ Fallon summte einige Takte des Hochzeitsmarsches. „Hast du ihm schon geschrieben und ihn wegen deines Besuchs vorgewarnt?“

„Natürlich nicht. Schließlich soll er mich nicht für überdreht halten.“

„Hältst du dich wirklich für normal?“, neckte Elissa ihre jüngere Schwester.

„Macht euch ruhig über mich lustig. Ihr seid bloß neidisch, weil ich einen Plan habe. Sobald das Geld aus unserem Treuhandfonds frei ist, werde ich mein Leben verändern. Von euch kann das niemand behaupten.“

„Ich habe ebenfalls Pläne“, erklärte Fallon hoheitsvoll. „Vernünftige Pläne.“

„Und welche? Sparbriefe zu kaufen und deinen Wagen zu wachsen?“ Kayla trank einen Schluck Kaffee. „Hör endlich auf, so schrecklich vernünftig zu sein!“

„Ich habe auch meinen Spaß. Nur weil ich nicht nach Europa fliegen und mich in einen Fremden verlieben will, bin ich noch längst keine graue Maus.“

Kayla wollte nicht mit ihrer Schwester streiten, schon gar nicht an einem so schönen Tag. Deshalb gab sie nach. „Und was ist mit dir, Elissa? Irgendwelche Pläne?“

Lange blieb es still in der Leitung. „Elissa?“, forschte Kayla nach. „Bist du noch da?“

„Ja, natürlich.“ Elissas Stimme klang gequält. „Ich dachte gerade an einige Dinge, die ich gern tun würde. Aber noch ist nichts entschieden. Fährst du schon an unserem Geburtstag los?“

„Nein, ich dachte, wir wollten den Tag gemeinsam verbringen. Hatten wir das nicht abgemacht?“

„Natürlich“, bestätigte Fallon sofort.

„Ich glaube, dass ich ungefähr eine Woche brauchen werde, bis ich reisefertig bin“, fuhr Kayla fort. „Noch habe ich meine Tickets nicht gekauft.“

„Vergiss nicht unsere Weihnachtspläne“, erinnerte Fallon sie. „Bis dahin bist du doch zurück, oder?“

„Um keinen Preis der Welt würde ich auf Weihnachten in der Karibik verzichten.“ Ihre Schwestern und sie hatten den Urlaub seit Jahren geplant.

„Fallon sollte schon einmal ein Hotel für uns heraussuchen“, schlug Elissa vor. „Mir ist es egal, wofür wir uns entscheiden.“

„Solange es ein hübsches Hotel ist. Unbedingt fünf Sterne“, warf Kayla ein.

„Das tue ich gern“, sagte Fallon. „Irgendetwas Ruhiges, Abgeschiedenes, würde ich sagen.“

„Mit warmem Sand und blauem Meer“, fügte Elissa träumerisch hinzu.

„Und hübschen Boys am Pool“, ergänzte Kayla fröhlich.

„Und was ist mit Prinz Albert?“, fragte Fallon.

„Oh, Fürstenhochzeiten brauchen eine lange Vorbereitung.“

„Wie praktisch! Okay, ich werde mich um alles kümmern und gebe euch Bescheid“, versprach Fallon. „Wir reden doch über die Zeit vom 22. bis 29. Dezember, ja?“

„Mir ist es recht“, sagte Kayla.

„Mir ebenfalls“, fügte Elissa hinzu.

„Wunderbar. Hört mal, ich muss los. Ich habe tausend Dinge zu erledigen, und gleich fängt es an zu regnen. Wir sprechen uns nächste Woche wieder. Ciao allerseits.“

Es klickte in der Leitung. Fallon hatte aufgelegt.

Kayla blickte nachdenklich aus dem Fenster. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte sie ihre älteste Schwester.

„Natürlich“, gab Elissa etwas zu schnell zurück. „Weshalb?“

„Du klangst vorhin irgendwie traurig.“

„Ich bin nicht traurig. Ich denke nur oft an unseren Geburtstag und an das Geld, das dann frei wird. Was ich damit anfangen könnte. Manche Pläne sind sehr ernst.“

Kayla verstand ihre Schwester. Elissa war einen anderen Weg gegangen als Fallon und sie. „Ich bin immer für dich da, wenn du reden möchtest“, versprach sie.

„Ich weiß. Dafür bin ich dir wirklich dankbar.“

Kayla trommelte mit den Fingern auf die Sofalehne. „Wie wäre es, wenn du mich für ein Wochenende besuchst?“, fragte sie plötzlich. „Wir haben uns lange nicht gesehen und hätten bestimmt viel Spaß.“

Dass sie Elissa mit Patrick verkuppeln wollte, erwähnte sie vorsichtshalber nicht.

„Bist du sicher? Du musst deine Europareise vorbereiten. Ich möchte dich nicht stören.“

„Du störst mich nie. Lass uns einfach mal ausspannen.“

Elissa lachte leise. „Du hast recht. Mir steht noch jede Menge Urlaub zu, sogar eine Woche von letztem Jahr. Das Computerprogramm wird mich noch ungefähr drei Wochen auf Trab halten. Aber danach habe ich Zeit.“

Sie einigten sich schnell auf einen Termin. „Bring etwas Flottes zum Anziehen mit“, sagte Kayla. „Wir werden ausgehen.“

„Was hast du vor?“

„Abwarten. Es wird dir bestimmt gefallen.“

Kayla hatte ihre Küche fast geputzt, als es heftig an der Eingangstür klopfte. Sie richtete sich auf und stellte den Schrubber an die Wand.

„Ich komme!“, rief sie, streifte ihre Gummihandschuhe ab und warf sie ins Becken. Hoffentlich ist es Patrick, dachte sie. Nach dem Telefongespräch mit ihren Schwestern hatte sie beschlossen, ihr Apartment zu reinigen. Dafür waren gut zwei Stunden nötig gewesen. Sie trug ein T-Shirt und uralte Shorts, die sie schon vor einem halben Jahr hätte wegwerfen sollen. Außerdem war sie verschwitzt und hatte kein bisschen Make-up aufgelegt. Patrick war so einen Anblick gewöhnt. Jeder andere Mann wäre schockiert gewesen.

Das Klopfen hielt an, und sie öffnete die Tür. Patrick stand strahlend auf der Schwelle. „Wo brennt’s denn?“, fragte sie fröhlich.

Sein Lächeln wurde breiter. „Ich habe es bekommen!“

Sie sah ihn fragend an und war nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. „Was hast du bekommen?“

Er wedelte mit einem bunten Briefumschlag. „Das Forschungsstipendium.“ Er betrat die Wohnung und warf den Umschlag in die Luft. „Es hat geklappt!“

Kayla jubelte laut auf und breitete ihre Arme aus. „Toll. Ich wusste, dass du es schaffen würdest.“

Patrick zog sie an sich und schwenkte sie im Kreis.

Sie klammerte sich an ihn und lachte gemeinsam mit ihm. „Das ist einfach fantastisch.“

Er stellte sie wieder auf den Boden und ergriff ihre Hände. „Man hat mir sogar die gesamte Summe bewilligt, die ich beantragt hatte. Das Geld reicht für das Gebäude, die Einrichtung und alle Nebenkosten. Ich kann Wissenschaftler und weiteres Personal einstellen.“

„Herzlichen Glückwunsch.“

Er umarmte Kayla erneut, und sie drückte seinen muskulösen Körper.

„Du hast hart dafür gearbeitet“, sagte sie. „Ich bin richtig stolz auf dich.“

„Ohne dich hätte ich es nie geschafft. Wir haben beide unglaublich viel Zeit mit der Zusammenstellung der Unterlagen verbracht. Ich bin dir etwas schuldig.“

Sie lachte an seiner Brust. „Nein, jetzt sind wir quitt. Du hast auch viel für mich getan. Deshalb habe ich dir geholfen – und weil ich es selbst wollte.“

Sie lehnte sich zurück, und Patrick betrachtete sie. „Okay, dann sind wir quitt und können uns beide in dem Ruhm sonnen.“

Ihre Hände lagen auf seinen Hüften, und sie spürte seine Kraft. „Ruhm nehme ich immer gern an.“

„Diesmal hast du ihn verdient. Ich danke dir.“ Liebevoll streichelte er ihre Wange, beugte sich hinunter und küsste sie.

Kayla stellte sich auf die Zehenspitzen und kam ihm auf halbem Weg entgegen. Sie dachte an nichts Böses, bevor ihre Lippen sich berührten. Patrick und sie hatten sich schon oft geküsst. Freundschaftliche Küsse auf die Wange, wie Bruder und Schwester. Sie hatten sich gegenseitig gekitzelt und massiert, sich aneinandergeschmiegt, wenn es kalt war oder wenn ein Film zu unheimlich wurde.

Zuerst bemerkte sie keinen Unterschied, als er sie küsste. Ohne zu überlegen, strich sie von seiner Brust zu seinen Schultern, und er legte die Hand an ihre Taille.

Der Kuss schien unendlich zu dauern.

Erst war sie verwirrt, dann begann ein Prickeln in ihren Fingerspitzen und breitete sich über ihre Arme aus. Anschließend kam die Hitze. Eine erstaunliche Hitze, die ihr den Atem raubte und den Wunsch in ihr weckte, sich an Patrick zu klammern.

Patrick bewegte seine Lippen behutsam, tastend und zart.

Kayla wurde schwindlig, und sie schmiegte sich enger an ihn und presste ihre Brüste an seine muskulöse Brust.

Ihr Atem stockte, während sie darauf wartete, dass er den Druck verstärkte, mit der Zungenspitze ihre Lippen berührte und ihren Mund erforschte. Doch es geschah nichts. Gerade als sie von sich aus nachgeben wollte, richtete er sich auf und ließ sie los.

„Es ist wirklich unglaublich.“ Er zerzauste ihren Pony, als wäre sie ein zehnjähriges Mädchen. „Wir bekommen beide, was wir möchten.“

„Wie bitte?“ Das Prickeln war noch da. Kayla sehnte sich nach mehr.

„Du fährst nach Frankreich, und ich werde ein Forschungszentrum aufbauen.“

„Ach so. Ja, das wird bestimmt wunderbar.“ Sie betrachtete ihn aufmerksam. Hatte der Kuss ihn auch umgehauen? Anscheinend nicht. Kein Feuer brannte in seinen Augen. Hatte er die Funken zwischen ihnen nicht gespürt?

Oder hatte sie sich alles nur eingebildet?

Zum Glück schien Patrick nicht zu merken, was in ihr vorging. Er trat zu ihr und berührte ihren Arm. „Ich muss in die Klinik“, sagte er. „Jemand bringt einen trächtigen Cockerspaniel und möchte, dass ich die Geburt überwache.“

Er küsste sie auf die Wange. Zu ihrer Verblüffung begann das Prickeln erneut. Doch im nächsten Moment drehte er sich um und ging zur Tür. „Wir feiern heute Abend“, verkündete er. „Mit Steaks und Champagner. Passt dir sieben Uhr?“

„Mach das sofort aus!“

Kayla sank neben Patrick auf das Sofa und schlug die Beine unter. Sie hatten gegessen und Champagner getrunken, und sie hatte zur Feier des Tages den Abwasch allein übernommen.

„Kommt nicht infrage“, erklärte Patrick vergnügt. „Das ist eine meiner Lieblingsserien.“

„Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen.“

Patrick ließ den Bildschirm nicht aus den Augen. Der Vorspann war abgelaufen, und die erste Szene begann. Einige Kinder spielten auf einem Hof. Die Mädchen sprangen Seil, während die Jungen ein Baseballteam zusammenstellten. Eine hübsche Acht- oder Neunjährige mit blondem Lockenkopf und glänzenden grünen Augen tauchte auf. Das gelbweiß gestreifte Kleid flatterte um ihre Knie. Dazu trug sie schwarz-weiße Halbschuhe.

Sie ging zu dem Werfer und lächelte bezaubernd. „Lass mich mitspielen, Billy.“

Der ältere Junge wies sie mit einer Handbewegung zurück. „Geh aus dem Weg, Sally. Baseball ist etwas für Jungen. Mädchen sind dafür zu dumm.“

„Der ewige Kampf zwischen Mädchen und Jungen“, sagte Patrick. „Ich wette, Sally stellt ein eigenes Team auf, und am Ende gewinnen die Mädchen.“

Kayla stöhnte leise. „Ich kann das nicht mehr sehen.“

„Ist es wirklich so schlecht?“, fragte Patrick.

Sie blickte einen Moment auf den Bildschirm. „Nein, wahrscheinlich nicht. Zum Glück bin ich das nicht. Ich glaube, es ist Elissa.“

Sie entspannte sich etwas und ließ die Füße auf den Boden gleiten. Patrick lehnte sich zurück, verlagerte sein Gewicht und verwünschte sich stumm. Zum ersten Mal, seit er das Sofa vor vier Jahren gekauft hatte, merkte er, dass die Rückenlehne zu hoch war. Wenigstens zu hoch für sein Vorhaben. Er konnte den Arm nicht wie zufällig daran entlangschieben.

Er suchte nach einer anderen Möglichkeit und unterdrückte ein Lächeln. Nicht zu fassen: Er verhielt sich ja beinahe wie bei seinem ersten Date auf der High School. Es war eine Riesenaktion gewesen, den Arm um Christinas Schultern zu legen. Doch irgendwie war es ihm gelungen. Er erinnerte sich, wie sie zu ihm aufgesehen und auf seinen Kuss gewartet hatte. Natürlich war er zu feige gewesen und auf der Stelle geflohen.

Wir sind nicht auf der High School, ermahnte er sich. Und er war kein nervöser Sechzehnjähriger mehr, sondern ein erwachsener Mann, der Kayla seit Jahren kannte. Wenn er den Arm um sie legen wollte, konnte er es tun – wie unzählige Male zuvor.

Aber heute Abend war alles anders, und das lag nur an ihm. Er konnte den Kuss nicht vergessen. Den ganzen Nachmittag hatte er an Kayla denken müssen. Er hatte sie lachen hören, sie lächeln sehen und sich ihre weiblichen Rundungen vorgestellt. Immer wieder hatte er den Kuss erlebt, bis sein Körper vor Verlangen brannte.

Er hatte keine Erklärung dafür. Aber wenn er Kayla nicht bald berührte, würde er noch verrückt werden.

Wie zufällig ließ er die Fernbedienung zu Boden gleiten, stand auf und füllte ihre Champagnergläser erneut. Als er sich diesmal wieder setzte, war er Kayla so nahe, dass ihre Arme sich fast berührten.

„Manche Dialoge sind wirklich schrecklich“, sagte Kayla und deutete auf den Bildschirm.

Ein Werbespot erschien, und Patrick dämpfte die Lautstärke. „Wie lange habt ihr bei der ‚Sally McGuire Show‘ mitgemacht?“

„Wir fingen gleich nach unserem achten Geburtstag an und blieben vier Staffeln dabei. Zu Beginn hatte es Spaß gemacht. Aber nach etwa einem Jahr reichte es uns.“ Sie strich ihr Haar von den Schultern. „Wir wollten keine Hollywood-Kids werden, aber dummerweise hatten unsere Eltern dieses Ziel.“

Die Serie ging weiter, und Patrick drehte den Ton wieder auf. Die Mädchen hatten tatsächlich ein eigenes Team aufgestellt. Kayla zeigte auf die Kleine am Wurfmal. „Das ist Fallon. Sie war die beste Werferin von uns.“

„Woher weißt du das?“ Für ihn sahen die Sallys in der Serie immer gleich aus.

„Keine Ahnung. Ich erkenne sie einfach. Außerdem erinnere ich mich an die Aufnahmen der meisten Szenen.“

Sally holte zum Schlag aus. „Und das bin ich. Ich musste auch von Mal zu Mal laufen, denn Elissa war gestürzt und hatte sich das Knie aufgeschlagen. Das wollte man nicht zeigen. Deshalb taucht sie in dieser Folge kaum auf.“

„Ich habe deine Schwestern nie kennengelernt.“

„Nein, du warst nie da, wenn sie mich selten genug besuchten. Aber Elissa kommt am nächsten Wochenende. Dann wirst du sie treffen.“

Patrick drehte sich stirnrunzelnd zu ihr. „Du wirst uns nicht verkuppeln, verstanden?“

„Warum nicht?“

Weil er in diesem Moment an nichts anderes denken konnte, als Kayla in den Arm zu nehmen. „Ich bin selbst in der Lage, mir eine Frau zu suchen.“

„Ohne großen Erfolg, soweit ich sehe.“

„Kayla“, stöhnte er leise.

„Okay. Ich werde euch einfach einander vorstellen. Wenn dir Elissa gefällt, kannst du sie ja einladen. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Reg dich also nicht unnütz auf.“

„Ich rege mich nicht auf.“

Sie verdrehte die Augen. „Nein, natürlich nicht. Du bist der ausgeglichenste, gelassenste …“ Sie blickte auf den Bildschirm. „Oh, guck mal!“

Die Werbung für ein bekanntes Kinder-Shampoo wurde eingeblendet. Eine hübsche Mutter und ihre Tochter verfolgten die „Sally McGuire Show“. Die Szene verwandelte sich in einen Werbespot, und die Drillinge unterhielten sich darüber, wie viel schöner ihr Haar geworden war, seit sie die neue Marke verwendeten.

„Ihr habt auch Werbung gemacht?“

Kayla nickte finster. „Ich hatte mich schon gefragt, weshalb man uns immer noch Geld überweist. Jetzt weiß ich es. Die Agentur benutzt einen Teil der alten Werbung für die neuen Spots.“

„Habt ihr drei ständig gearbeitet?“

Kayla schlug ein Bein unter und lehnte sich an ihn. „Manchmal kam es uns so vor. Unsere Mutter brachte uns schon als Babys in die Werbung. Da wir völlig gleich aussahen, konnten die Spots viel schneller gedreht werden, als es sonst mit Kindern erlaubt ist. Wir tauchten auch in einigen belanglosen Filmen auf. Richtig ernst wurde es aber erst mit der Serie.“

„Dieser Abschnitt eures Lebens gefällt dir nicht besonders, oder?“, fragte Patrick.

Sie schüttelte den Kopf. „Wir wollten ganz normale Kinder sein, und das war nicht möglich. Wenn wir nicht drehten, gingen wir auf eine teure Privatschule. Aber wir waren nie lange genug dort, um Freundinnen zu finden.“

„Habt ihr euren Eltern gesagt, wie unglücklich ihr wart?“

„Das haben wir uns nicht getraut. Wir wussten, was passieren würde. Mit knapp zwölf hatte ich dann diesen schweren Autounfall, lag wochenlang im Krankenhaus und war anschließend fast ein Jahr in der Rehaklinik. Fallon und Elissa weigerten sich, ohne mich weiterzudrehen. Deshalb lief die Serie aus. Sally und ihre Freunde wurden adoptiert, das Waisenhaus wurde geschlossen, und alle waren glücklich.“

Patrick ahnte, dass mehr dahintersteckte. „Auch deine Eltern?“

Kayla zog die Nase kraus. „Nein, sie hätten ein anderes Ende vorgezogen. Sie waren furchtbar wütend auf meine Schwestern und stritten sich so heftig, dass es zu einer sehr hässlichen Scheidung kam.“

Er streichelte sanft ihre Hand. „Du brauchst nicht darüber zu sprechen.“

„Es macht mir nichts aus.“ Sie drückte seine Finger, sah ihn aber nicht an.

„Was ist nach der Scheidung passiert?“

Autor

Susan Mallery

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren Frauenromanen voll großer Gefühle und tiefgründigem Humor. Mallery lebt mit ihrem Ehemann und ihrem kleinen, aber unerschrockenen Zwergpudel in Seattle.

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