Verführen erlaubt – verlieben verboten

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Ist es Wirklichkeit oder ein Traum aus 1001 Nacht? Golden schimmert das Licht über den Dünen, als Chloe in einem Wüstenpalast aufwacht - neben Jordan Blackstone. Auf einer Party hat der sexy Single sie überredet, seine Frau zu spielen, um in Dubai das Geschäft seines Lebens abschließen zu können. Mit dem versprochenen Geld ermöglicht er Chloe, ihrer Familie zu helfen, doch sie bekommt noch viel mehr: Jordan umwirbt sie mit Worten der Lust. Chloes Verlangen brennt immer heißer, bis sie in seinen Armen schwach wird - auch wenn sie sich verboten hatte, je wieder zu lieben …


  • Erscheinungstag 07.01.2014
  • Bandnummer 0001
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700232
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zumindest werde ich auf spektakuläre Weise sterben.

Chloe Montgomery schloss ihre Finger um das klebrige, nach Harz riechende Seil und versuchte zu vergessen, dass sie in ein paar Sekunden mehrere Meter über dem Boden schweben sollte. Hoch über dem dunklen Saal in einem der angesagtesten Clubs von Melbourne.

Der riesige Knoten, der ihren Füßen Halt geben sollte, zerkratzte Chloes nackte Fußsohlen. Das viel zu enge Kostüm drückte gegen ihre Rippen, sodass das Atmen fast unmöglich war – besonders wenn sie sich vor Augen hielt, dass jeder flache Atemzug ihr letzter sein könnte.

„Es wird schon alles gut gehen“, flüsterte ihr Kollege und überprüfte noch einmal die endgültige Einstellung des Sicherheitsgeschirrs, das an Chloes schlanker Taille befestigt war. „Vertrau mir, du wirst das Highlight der Show sein.“

„Ich versuche es …“ Ihre Stimme war für Chloe selbst kaum hörbar. Ein hysterisches Hauchen, das bereits vom Rauschen in ihren Ohren übertönt wurde. Wie sollte sie nur eine einzige Note von Happy Birthday herausbekommen, wenn ihre Kehle wie zugeschnürt war? Sie war sowieso nicht gerade die beste Sängerin aller Zeiten.

„Bereit?“, flüsterte ihr Kollege.

„Mmm-hmm“, brachte Chloe zwischen fest zusammengepressten Lippen hervor.

Warum hatte sie diesem Wahnsinn bloß zugestimmt?

Weil sie ihrer neuen Chefin beweisen wollte – oder musste –, dass sie eine Bereicherung für die Eventplanungsagentur war. Dass keine Aufgabe zu schwer für sie war und dass es kein unvorhergesehenes Problem gab, das sie nicht lösen konnte.

Als die Artistin, die für die Veranstaltung gebucht war, auf dem Weg nach Melbourne in einen Autounfall verwickelt worden war, hatte Chloe kurzerhand die Gelegenheit – oder in diesem Fall das Seil – ergriffen. Wenn alles klappte wie geplant, würde sie auf den Schoß des Geburtstagskindes herabgesenkt werden und die Hauptperson des Abends auf die Wange küssen. Dann würde ihr Kollege kommen, um sie aus dem Sicherheitsgeschirr zu befreien, und wenn sie dann zurück in die Küche des Clubs verschwinden würde, hätte sie den Abend gerettet und ihre Selbstachtung behalten. Dana würde dankbar und beeindruckt sein und einer derart wertvollen, flexiblen Mitarbeiterin eine Vollzeitstelle anbieten.

Ein einzelner Scheinwerfer ging plötzlich an, blendete Chloe und hielt sie in seinem heißen grellen Licht gefangen. Im Publikum, wo noch vor einer Sekunde erwartungsvoll geplaudert wurde, herrschte Totenstille, als Chloe emporgezogen wurde. Sie spürte, dass alle Augen auf sie gerichtet waren. Chloe, die den Großteil ihres Lebens damit verbracht hatte, um die Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen zu kämpfen, stand nun ganz und gar im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Schade nur, dass es aufgrund eines Spektakels geschah, das so gar nicht ihrer Persönlichkeit entsprach.

Chloes Gedanken wurden jäh unterbrochen, als das Seil zu schwanken begann, um sie abzusenken. Du musst singen, erinnerte sie sich. Finde das Geburtstagskind, und konzentriere dich auf ihn. Sie blinzelte auf den Tisch herab, der sich direkt unter ihr befand. Ein Kuchen mit flackernden Kerzen, glitzernde Champagnerflöten, rote Foliensterne und silbernes Geschirr markierten ihr Ziel.

Einer der Männer am Tisch grinste sie amüsiert an – oder lachte er sie aus? Im blendenden Scheinwerferlicht war das schwer zu sagen. Auf jeden Fall betonten die Kerzen am Geburtstagtisch, dass dieser Mann sehr schöne Lippen hatte.

„Vergiss seine Lippen …“, sagte Cloe zu sich selbst. Sie wusste, dass man sich sein Gegenüber nackt vorstellen musste, wenn man Angst davor hatte, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Im Fall dieses Mannes war es allerdings fragwürdig, ob sie dies nicht noch nervöser machte.

Wie bedauerlich, dass gerade seine Frau die Geburtstagsüberraschung organisiert hatte. Chloe zwang sich heftigst, daran zu denken, dass es hier einen Job zu erledigen gab …

Sie räusperte sich und begann mit einer wackeligen und sehr falsch gesungenen Version von Happy Birthday. Sie sah dem Geburtstagskind tief in die Augen, als sie auf seinen Schoß herabgelassen wurde. Und versuchte jetzt verzweifelt, sich diesen gutaussehenden Mann doch lieber nicht nackt vorzustellen.

Glücklicherweise klappte zumindest der Schwebeakt nach Plan. Chloe sang die letzte Note ihres Ständchens, als sie den Tisch und damit halbwegs sicheren Boden erreichte. Sie schwang sich ein wenig am Seil und landete vorschriftsgemäß auf dem Schoß des Ehrengastes. Warme und kalte Schauer liefen gleichzeitig über ihren Rücken, als ihr kaum verhüllter Po die muskulösen Schenkel des Geburtstagskindes berührte. Chloe musste sich an ihm festhalten, um nicht augenblicklich zu Boden zu fallen. Denn ihr ganzer Körper zitterte.

Der Ehrengast schloss seine warmen Hände fest um ihre Taille und gab Chloe etwas Halt. Beinahe hätte sie bei diesem elektrisierenden Kontakt laut aufgekeucht. Wie peinlich. Wie unangemessen.

Sie blickte auf und sah dem Geburtstagskind direkt in die Augen. Erst jetzt bemerkte sie, wie blau sie waren. So leuchtend und wunderschön, dass Chloe nicht mehr klar denken konnte. „Happy Birthday“, beendete sie ihre bestmögliche Marilyn-Monroe-Imitation und schwieg dann atemlos. Wie war bloß nochmal sein Name? Großer Gott, er war so …

Nicht zu haben.

Als sie sich zu ihm beugte, um den geplanten Geburtstagskuss auf die Wange des Fremden zu drücken, drang der verlockende maskuline Duft seiner Haut in Chloes Nase. Plötzlich drehte er den Kopf, und irgendwie landeten seine Lippen auf ihren. Warm, fest. Freundlich. Zu freundlich. Entsetzt löste Chloe sich von ihm und starrte ihn an. Er starrte mit seinen faszinierenden blauen Augen zurück, die eindeutig falsche Signale für einen verheirateten Mann sendeten.

„Ich bin nicht derjenige, der Geburtstag hat …“, flüsterte er, als Chloe blinzelte. Er war so nah, dass sein Atem Chloes Ohr streifte, während er mit den Worten „… aber das war Ihnen sicher bewusst“, seine Erklärung beendete.

Was?

Der Fremde deutete mit dem Daumen auf den Mann zu seiner Linken, lehnte sich zurück und löste seine Hände von Chloes Taille. „Sadiq ist derjenige, den Sie küssen sollten.“ In vollkommenem Kontrast zu der Wärme in seinen Augen waren seine Worte von gelangweiltem Zynismus geprägt.

Erst als ihr Kollege das Sicherheitsgeschirr öffnete, bemerkte Chloe, dass sie immer noch auf dem Schoß des Nicht-Geburtstagskindes saß. Und sie hatte das untrügliche Gefühl, dass ihm das ein wenig zu sehr gefiel.

Sie wartete nicht länger, um Gewissheit zu erhalten und sprang schnellstmöglich auf. Auch wenn ihre wackeligen Beine keine gute Stütze waren.

„Hey, Sie haben mich geküsst“, flüsterte sie und lächelte dabei höflich, um zu verbergen, wie sehr sie sich über die grundlose Anschuldigung und noch mehr über ihren eigenen Fehler bei der Bestimmung des Ehrengastes ärgerte.

Dann wandte sie sich einem ebenfalls sehr gut aussehenden Herrn mit schwarzen Augen zu, der aussah, als wäre er einer Geschichte aus 1001 Nacht entsprungen, und Chloe beruhigend anlächelte. Er hatte das Nicht-Geburtstagskind und sie amüsiert beobachtet, und es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, dass Chloe seine Überraschung derart verdorben hatte.

„Sadiq“, sagte sie mit gespielter Fröhlichkeit und beugte sich zu dem wahren Ehrengast des Abends herab, um ihn – unterstützt vom begeisterten Applaus des Publikums – auf die Wange zu küssen. Und während sie noch immer Mühe hatte, die letzten 30 Sekunden zu verarbeiten, wünschte sie dem richtigen Geburtstagskind pflichtbewusst einen angenehmen Abend.

Das war Ihnen sicher bewusst. Der seltsame und völlig unberechtigte Vorwurf nagte an Chloes Selbstachtung. Wie konnte dieser Mann – wer immer er auch war – es wagen, ihr zu unterstellen, dass sie absichtlich auf seinem Schoß gelandet war?

So etwas wäre sexuelle Belästigung. Chloe spürte einen Anflug von Angst. Das Wort einer einfachen Angestellten würde niemals gegen die Vorwürfe eines reichen Gastes mit wichtigen Verbindungen ankommen. Falls er sich beschwerte, würde Dana Chloe wohl im nächsten Augenblick feuern.

Jordan Blackstone hatte beobachtet, wie sich die hübsche Blondine mit geröteten Wangen zum Platz seines Freundes begab. Er genoss den freien Blick auf ihr üppiges Dekolleté, während er sich insgeheim über das Unbehagen schämte, das er ihr durch seinen harschen Kommentar bereitet hatte. Doch das Ganze hatte ihn selbst mehr als nur ein wenig verwirrt. Zum Glück war sie aufgestanden, bevor es zu spät gewesen war. Wenn sie ihren verführerischen – nur mit einem dünnen Strasskostüm bedeckten – Körper noch ein paar Sekunden länger gegen seinen gedrückt hätte, wäre Jordan wohl in echten Schwierigkeiten gewesen.

Frauen dachten sich immer wieder neue Wege aus, um ihn zu verführen, und er musste zugeben, dass die Methode dieser Unterhaltungskünstlerin einzigartig war. So wie seine körperliche Reaktion auf sie.

Er sah, wie die junge Frau einen schnellen Kuss auf Sadiqs Wange hauchte. Seine eigenen Lippen brannten bei der Erinnerung an die zarte Berührung ihres Mundes. Was zum Teufel hatte er nur getan? Offensichtlich war er kurzfristig dem Wahnsinn verfallen. Sein Puls hatte in diesem Moment derart gehämmert, dass er den Verstand verloren hatte.

Zum Glück schien die Künstlerin mittlerweile andere Verpflichtungen zu haben. Nachdem Jordan sich kurz abgewandt hatte, war sie verschwunden. Jetzt sah er ihr funkelndes Kostüm in der Ferne verschwinden wie einen schimmernden Blitz, der sich noch lange nach seinem Aufleuchten auf der Netzhaut spiegelte.

Jordan schüttelte den Kopf, um das Bild auszulöschen. Niedlich und zart war nur eine Fassade. Obwohl die hübsche Blondine so getan hatte, als wäre ihr ein unschuldiger Fehler unterlaufen, wusste Jordan, dass sie nur eines dieser aufmerksamkeitshungrigen, männerbesessenen weiblichen Wesen war, die er seit Langem aus seinem Leben verbannt hatte. Ihr Kostüm – wenn man es denn so nennen konnte – war offensichtlich dazu gemacht, nicht vorhanden zu sein, und für eine Geburtstagsparty kaum angemessen. Auch wenn der Körper darunter sicher die erotischen Fantasien jedes Mannes beflügelte.

Und sie hatte so falsch gesungen, dass Jordan beinahe Mitleid hatte.

Er griff nach seinem Glas mit Mineralwasser, um das Brennen in seinem Hals zu löschen, während er beobachtete, wie Sadiq die Kerzen auf seiner Torte auspustete.

Eine Kellnerin eilte herbei, um den Kuchen anzuschneiden und anschließend Stücke an jeden der Elitegäste in dem überfüllten Saal zu verteilen.

Die Band spielte die ersten Töne eines bekannten Partyhits, und mutwillige Tänzer begaben sich auf die frischpolierte Tanzfläche. Bunte Heliumballons schwebten von der Decke. Jordan sah genau in dem Moment hinauf, als das Seil nach oben gezogen wurde und hinter einem Balken verschwand. „Okay. Das war … interessant.“

Sadiq musste lachen. „Nicht so interessant wie dein Gesichtsausdruck, als die junge Dame auf deinem Schoß gelandet ist, mein Freund. Und dann euer Kuss … Willst du mir nicht sagen, was los war?“

Jordan runzelte die Stirn. „Ich habe nicht nachgedacht.“ Und genau da lag das Problem. Er musste wirklich dankbar sein für Sadiqs Bitte, Medienpräsenz bei seiner Geburtstagsparty zu verbieten. Sonst hätte Jordan sich morgen wahrscheinlich in jeder Klatschspalte der australischen Zeitungen wiedergefunden.

Sein Freund beugte sich zu ihm, um gegen den Lärm der Musik anzukommen. „Wenn du mit Dana redest, könnte sie dir sicherlich die Tür zu einer glücklichen Nacht öffnen.“

„Ich öffne mir selbst die Türen zum Glück.“ Sinnliche Bilder schossen durch Jordans Kopf. Bilder, auf denen er den wohlgeformten Körper der kleinen Blondine aus dem Strasskostüm befreite. Er blinzelte. „Und dieses Showgirl ist nicht mein Typ.“

Sadiq lachte wieder. „Du hast einen Typ?“

Jordan machte sich nicht die Mühe zu antworten. Stattdessen griff er nach der Karaffe mit Wasser und füllte erneut sein Glas. Nicht sein Typ? Selbst sein eigener Körper schien das anzuzweifeln. Diese Frau war sexy, keine Frage. Und derzeit war alles, was er von einer Frau brauchte, dass sie sexy, Single und unkonventionell war.

Die fröhliche Partymusik schien direkt durch seine Blutbahnen zu tönen, und ihre Bassschläge ließen seinen gesamten Körper vibrieren. Jordan leerte sein Glas in einem Zug und öffnete dann den Kragen seines Hemdes. Seit er den sexy Po der jungen Künstlerin auf seinem Schoß und ihre Brüste an seinem Oberkörper gespürt hatte, fühlte sich seine Kleidung zu warm und zu eng an. Jordan hatte auch immer noch ihren sinnlichen Duft in der Nase, was ziemlich unangemessene Gedanken mit sich brachte, in denen er zusammen mit dieser Frau vor einem prasselnden Feuer lag – nackt und verschwitzt.

Er mochte ihre Augen. Sie hatten dieselbe Farbe wie guter Scotch. Das kurze Aufleuchten dieser Augen in seiner Nähe – ein untrügliches Zeichen von Gefühl und Begehren – hatte Jordan ganz sicher nicht fehlinterpretiert, doch ob wirklich mehr dahintersteckte? Er runzelte die Stirn. Hatte er doch einen Fehler begangen?

Denn nach dem Kuss und dem Vorwurf hatte in den hellbraunen Augen eine ganz andere Art von Feuer aufgeleuchtet – blanke Empörung. Wäre das Publikum nicht gewesen, hätte die junge Frau ihrer Wut sicher noch auf andere Weise Ausdruck verliehen.

Wenn er ehrlich darüber nachdachte, hätte er womöglich eine Ohrfeige verdient. Vielleicht hatte sie sogar einen festen Freund? Doch wenigstens hatte sie keinen Ring getragen. Warum ihm das aufgefallen war, wusste Jordan selber nicht.

Er verdrängte den verwirrenden Zwischenfall, blickte auf die Uhr und stand von seinem Platz auf. Es war schlechtes Timing, dass die Feier zum 30. Geburtstag seines besten Freundes mit einem wichtigen Geschäftstermin kollidierte. Jordan klopfte Sadiq auf die Schulter. „Ich muss gehen. Ich habe in einer Stunde die Telefonkonferenz mit Dubai.“

Sein Freund nickte. „Viel Glück. Du kommst doch morgen zum Brunch?“

„Ich werde da sein.“ Jordan drückte Sadiqs Ehefrau einen leichten Kuss auf die Wange. „Gute Nacht, Zahira. Tolle Party. Am besten hat mir deine Überraschung gefallen.“

Zahiras dunkle Augen leuchteten auf. „War sie nicht entzückend? Und so mutig. Sie ist buchstäblich im letzten Augenblick eingesprungen.“

Jordan, der bereits auf dem Weg zum Ausgang war, drehte sich noch einmal um. „Wirklich?“

„Die eigentliche Artistin hatte heute Nachmittag einen Unfall“, berichtete Zahira. „Eine von Danas Servicekräften hat sich bereit erklärt, die Showeinlage zu übernehmen.“

Jordan spürte einen Anflug von Schuld. Sie war also keine professionelle Entertainerin, sondern nur ein Mädchen, das eingesprungen war, um den Abend zu retten. Das erklärte das Debakel ihres Auftritts und entschuldigte ihr Verhalten. Nicht jedoch sein Verhalten. „Gut“, sagte er leise. Und weil er Menschen bewunderte, die bereit waren, neue Dinge zu versuchen und ihm klar wurde, dass er das Mädchen nicht so gut behandelt hatte, wie sie es offenbar verdiente, fügte er hinzu: „Sie sollte heute Abend einen Bonus bekommen.“

Zahira warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Ich werde ihr sagen, dass dieser Vorschlag von Mr Blackstone persönlich kommt.“

Ein seltsames Gefühl rann durch Jordans Blutbahnen. „Das ist nicht nötig – ich sage es Dana morgen beim Brunch.“ Er zog seinen Autoschlüssel aus der Tasche. „Genießt den Rest des Abends.“

Abgesehen von ihrer Chefin war Chloe die letzte Person, die an diesem Abend den Club verließ. Um zwei Uhr schlüpfte sie durch den Personaleingang ins Freie, hüllte sich in die verschlissene Lederjacke, die sie in einem Secondhandladen gekauft hatte, und zog sich ihren Rucksack über die Schultern. Sie blickte zu den dunklen Wolken am Nachthimmel hinauf und hoffte sehr, dass sie es nach Hause schaffen würde, bevor es regnete. Zahira, die Frau des echten Geburtstagskindes, hatte sie immer wieder gelobt und ihr sogar ein dickes Bündel Geldscheine zugesteckt. Und Dana hatte sie gefragt, ob sie in Vollzeit für sie arbeiten wollte. Chloe tanzte vor Freude über den Parkplatz.

Was für ein Abend! Noch vor ein paar Stunden hatte sie Himbeersauce auf den Desserts verteilt und sich gefragt, wie sie in nächster Zeit über die Runden kommen sollte. Kurz darauf jedoch war sie in einem geliehenen Kostüm von einem Balken herabgeschwebt, um vor einem großen Publikum ein Geburtstagsständchen zu singen.

Natürlich war nicht alles nach Plan gelaufen. Sie hatte sich auf den Schoß des falschen Geburtstagskindes gesetzt und war von ihm ausgelacht worden. Sie wusste ja, dass sie nicht singen konnte und an Höhenangst litt. Aber sie hatte ihr Bestes gegeben. Dieser Typ war ein Idiot.

Dann hatte er sie auch noch geküsst. Ihr Körper zitterte bei der Erinnerung an den süchtig machenden Geschmack seiner Lippen und die Art, wie er Chloe sicher in seinen Armen gehalten hatte. Er hatte so gut gerochen. Doch derselbe Mann hatte sie beinahe von sich gestoßen und ihr unterstellt, dass sie sehr wohl wusste, wer er war.

Vollidiot.

Chloe schüttelte den Kopf und setzte sich dann ihren Helm auf, bevor sie zu ihrem altersschwachen Roller lief, der neben einer brandneuen dunkelbraunen Geländelimousine parkte. Sie würde diesen Typen schon vergessen. Das Wichtigste war, dass sich der Abend positiv entwickelt hatte. Auch wenn sie nicht das beste Showgirl aller Zeiten war, hatte Chloe in dieser Nacht mehr Geld verdient, als in den ganzen zwei Wochen, seit sie wieder zurück in Australien war. Der neue Vollzeitjob mit angemessener Bezahlung würde ihr zudem eine realistische Chance geben, wieder Geld anzusparen, nachdem sie ihres auf so tragische Weise verloren hatte.

So könnte sie vielleicht wieder in Kontakt mit ihrer Familie treten. Eine Freundin, die Chloe aus Europa kannte, hatte ihre Eltern nach einem heftigen Streit bei einem Unfall verloren, ohne sich vorher mit ihnen versöhnen zu können. Seitdem lebte Chloe in ständiger Angst vor einem ähnlichen Schicksal.

Sie verlangsamte ihre Schritte und rieb sich die Arme. Der Wind war sehr kalt geworden.

Als ein piepsendes Geräusch die Stille der Nacht durchbrach, warf Chloe einen Blick auf die geparkten Autos und sah Lichter aufblinken. Hinter sich vernahm sie schnelle Schritte. Ein Mann näherte sich. Er trug einen schwarzen Mantel über dem rechten Arm. Chloe sah, dass der Mann sehr groß war und breite Schultern hatte. Zügig ging er an ihr vorbei.

Als die Straßenbeleuchtung auf sein Gesicht fiel, erkannte sie, wer da nun neben der Geländelimousine stand. Ein Mann mit dunklen Augenbrauen und markantem Kiefer. Und schönen vollen Lippen, die selbst aus der Entfernung auffielen.

Chloe unterdrückte ein Keuchen. Sie kannte diese Lippen. Sie wusste, wie sie sich anfühlten und wie sie schmeckten. Ihr Puls begann eine wilde Achterbahnfahrt, während sie beobachtete, wie der Mann die Tür seines Wagens öffnete. Er blickte sie über das Dach seines Geländewagens an, während er einstieg, doch mit ihrem Helm erkannte er sie nicht.

Sollte sie einfach hier stehen bleiben, ohne das Missverständnis aufzuklären? Nein, das war nicht ihre Art. In Sekundenschnelle lief Chloe zu seinem schicken Auto und stellte sich direkt in das Licht der Scheinwerfer. „Hey!“ Dann lief sie zur Fahrertür und klopfte an die Fensterscheibe. „Hey.“

Das Autofenster wurde halb geöffnet, und Chloe blickte in die leuchtend blauen Augen des Fahrers, der sie mit einem besorgten Gesichtsausdruck musterte. „Ist alles okay?“, fragte er. „Brauchen Sie Hilfe?“

Chloe öffnete das Visier ihres Helms und starrte den Fremden an. Seine blauen Augen waren vor Schreck geweitet, als er erkannte, wer vor ihm stand. „Es geht mir gut“, sagte sie, ohne ihrem Gegenüber Zeit zu geben, auch nur Luft zu holen. „Aber ich bin ziemlich sauer. Sie sind arrogant und unhöflich, und ich weiß nicht, warum Sie denken, ich würde Sie kennen oder irgendetwas von Ihnen wollen. Für wen halten Sie sich eigentlich? Nein …“ Sie machte eine abwehrende Geste mit beiden Händen. „Sagen Sie nichts, ich will es gar nicht wissen.“ Dann klappte sie das Visier wieder nach unten.

Sie hatte ihm nicht einmal eine Mikrosekunde Zeit gegeben, um zu antworten. Jordan lehnte sich in seinem Autositz zurück und beobachtete, wie das Mädchen auf einen klapprigen Motorroller zulief. In ihrer schwarzen Motorradkluft und mit einem vollgestopften Rucksack auf den Schultern wirkte sie so klein und zerbrechlich. Doch auch sie erinnerte sich also an ihn. Verzehrte sich ihr ganzer Körper beim Gedanken an den Kuss?

Jordan hoffte es sehr.

Denn er selbst hatte noch immer das Gefühl, ihren zarten Körper in seinen Armen zu spüren. Deshalb hatte er sich während der wichtigen Telefonkonferenz nur schwer konzentrieren können. Deshalb hatte er seinen Mantel im Club vergessen und musste um zwei Uhr morgens noch einmal zurückkommen. Und deshalb würde er heute Nacht wahrscheinlich kein Auge zu tun.

Nach mehreren Fehlzündungen sprang der Roller an, und das Mädchen verschwand – gefolgt von einer Rauchwolke – in Richtung Hauptstraße.

Jordan brauchte noch einen Moment, bevor er den Wagen starten konnte, um nach Hause zu fahren.

Kurze Zeit später sah er das Mädchen wieder, als sie vor ihm an einer roten Ampel wartete. Viel zu schnell sprang die Ampel auf Grün, und der Roller sauste davon. Das lange Haar der Fahrerin lugte unter dem Rand des Motorradhelms hervor und wehte im Wind. Jordan hätte sich zu gerne bei ihr entschuldigt. Und noch lieber hätte er dabei über ihr goldenes Haar gestreichelt.

Seltsamerweise waren blonde Frauen tatsächlich nicht sein Typ – insbesondere wenn sie sehr klein waren und ein freches Mundwerk besaßen. Er bevorzugte große, dunkelhaarige Frauen, die sich beherrscht und anspruchsvoll verhielten. Doch ihm war nicht entgangen, wie der zarte Körper des Mädchens in seinen Armen gezittert hatte. Und wie überraschend gut es sich angefühlt hatte, sie zu halten. Die stille Wut in ihren Augen, die auf seinen Vorwurf folgte, hatte er ebenfalls als sehr attraktiv empfunden. Jordan musste lächeln. In wohl jeder anderen Nacht hätte er eine derartige Herausforderung genossen und alles daran gesetzt, eine heiße Nacht mit einer namenlosen Unbekannten zu verbringen. Mit einer resoluten Frau, die im Bett alles nehmen und alles geben würde. Er hatte das Gefühl, dass dieses Mädchen nicht nur auf Geburtstagspartys überraschte.

Doch seine Telefonkonferenz mit Dubai war nicht so gut gelaufen, wie er gehofft hatte. Er ballte seine Fäuste um das Lenkrad seines Wagens. Er hätte wirklich etwas Ablenkung brauchen können.

Da hielt das Mädchen plötzlich am Straßenrand an. Jordan parkte sein Auto auf dem Bürgersteig und stieg aus. Er wollte sie wenigstens fragen, ob alles in Ordnung war. Doch sie hatte bereits ihren Helm abgenommen und lief mit schnellen Schritten auf ihn zu. Ihr vom Wind zerzaustes Haar flog wild um ihr Gesicht, während sie ihn mit undurchdringlicher Miene anstarrte. Ihre linke Hand hatte sie zu einer Faust geballt, die sie nun ärgerlich gegen ihre Oberschenkel schlug. Jordan hörte die Musik aus einer nahegelegenen Jazzbar und spürte die ersten Regentropfen auf seinem Gesicht, als das Mädchen ihn anfauchte: „Ich glaube, Sie sind nichts als ein gewöhnlicher Stalker.“

Er blickte auf ihre kniehohen Stiefel, während sie sich energisch vor ihm aufbaute. Beschwichtigend hob er beide Hände. „Ich bin nur auf dem Weg nach Hause. Ich hatte meinen Mantel im Club vergessen.“

Das Mädchen verdrehte die Augen. „Natü-ürlich.“

„Wissen Sie, i…“

„Nein, Sie sollten wissen, wer auch immer …“

„Das reicht!“ Jordan hob warnend den rechten Zeigefinger. „Geben Sie mir endlich die Chance, auch etwas zu sagen!“

Es war ganz still, bevor sie antwortete: „Gut.“ Sie stand kerzengerade und mit zusammengepressten Lippen vor ihm. Ihr Atem ging sehr schnell. „Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, und lassen Sie mich in Ruhe.“

„Das ist mein normaler Weg nach Hause. Ich verfolge Sie nicht. Das würde ich niemals tun.“ Er wartete einen Moment, bevor er weitersprach. „Außer, Sie bitten mich darum.“

Sie antwortete nicht, doch Jordan sah in ihren Augen einen Anflug von Begehren aufblitzen, fast wie vor ein paar Stunden.

„Ich bin mir nicht sicher …“, fuhr er vorsichtig fort, „… ob es für eine Frau ratsam ist, mitten in der Nacht allein auf einem klapprigen Motorroller zu fahren.“

„Ich brauche keinen Aufpasser.“ Das Mädchen blickte zum Himmel. „Ich möchte nur nach Hause, bevor ich im Regen ertrinke.“

„Denken Sie, dass Sie das schaffen?“ Er blickte auf den Roller. „Das da scheint mir das unzuverlässigste Transportmittel, das ich je gesehen habe.“

„Mein Rolls-Royce ist gerade in der Werkstatt.“ Ihre Stimme klang nicht mehr ganz so bitter, und sie fuhr mit den Fingern durch ihr zerzaustes Haar. Jordan sah, dass sie ein Lächeln unterdrückte.

„Mein Name ist Jordan. Jordan Blackstone.“

Ein paar Sekunden lang musterte das Mädchen sein Gesicht. „Und warum sollte ich von Ihnen gehört haben?“

„Dana kennt mich“, sagte er dann. „Ich habe einen ziemlich anstrengenden Abend hinter mir, und ich denke, dass es Ihnen ähnlich geht.“ Jordan deutete auf die nahegelegene Bar. „Ich würde Sie gerne auf einen Feierabenddrink einladen. Ich denke, wir könnten beide einen brauchen.“

„Ich trinke nicht, wenn ich noch fahren muss. Besonders nicht mit leerem Magen und wenn ich müde bin.“

„Wie wär’s mit einem Kaffee?“

„Danke, aber nein.“ Sie machte kehrt und lief zu ihrem Roller zurück.

Jordan wollte nicht, dass sie ging. Irgendwie wollte er an diesem Abend nicht alleine sein. Er wollte nicht nach Hause gehen und über seine neueste berufliche Herausforderung nachdenken. Und er war es nicht gewohnt, dass Frauen ihn einfach ignorierten.

„Warten Sie.“ Er streckte seine linke Hand aus und umschloss mit seinen Fingern das rechte Handgelenk des Mädchens – ganz leicht, sodass sie sich nicht bedroht fühlte. Ihre Augen weiteten sich bei der Berührung, doch sie zog ihren Arm nicht weg. Sie war so klein, dass sie nicht einmal bis zu Jordans Schultern reichte, und er hatte das Gefühl, sie beschützen zu müssen. „Werden Sie zu Hause erwartet?“

Das Mädchen zögerte. „Nein. Aber meine Mitbewohner wissen, wo ich … bin.“

„Wie heißen Sie?“

Autor

Anne Oliver
Anne Oliver wurde in Adelaide in Süd Australien geboren und ist dort immer noch heimisch. Sie hat zwei erwachsene Kinder und einen Abschluss in Naturwissenschaften. Seit annähernd 30 Jahren arbeitet sie im Bereich der früh kindlichen Bildung.
Anne begann 1998 mit dem Schreiben und ist Mitglied der Romance Writers of...
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