Wie stark ist diese Liebe?

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Ein Skandal erschüttert Arizonas High Society: Die Unternehmerin Taylor Elmhurst kümmert sich selbst um ihren kleinen elternlosen Neffen - ein Kindermädchen würde schließlich reichen! Außerdem hat sie eine Affäre mit einem Zimmermann - schockierend! Sucht Taylor nur Sex oder hat sie etwa ihr Herz verloren?


  • Erscheinungstag 23.05.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757298
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Du machst dir Sorgen um Petey, ja?“

Taylor Elmhurst drehte sich in der offenen Terrassentür um und lächelte ihre beste Freundin Sarah an. Sie kannten einander seit dem neunten Lebensjahr von der Ballettschule. Sarah konnte sie nichts vorgaukeln. „Er ist sehr jung und macht eine schwere Zeit durch. Ich habe Angst, Fehler zu begehen.“

Sarah sah sie aus großen braunen Augen verständnisvoll an. „Petey hängt an dir.“

Sicher, aber das machte es für Taylor nur noch schwieriger, weil sie nicht wusste, wie sie dem Jungen helfen sollte.

„Außerdem begehen alle Eltern Fehler“, fuhr Sarah fort.

„Kann schon sein.“ Taylor war überhaupt nicht auf Kinder vorbereitet gewesen, doch über Nacht war sie zur Ersatzmutter für ihren fünf Jahre alten Neffen geworden. Manchmal hatte sie das Gefühl, der Verantwortung nicht gewachsen zu sein, aber abgesehen von Peteys Angewohnheit, in aller Herrgottsfrühe aufzuwachen, hatte sie ihn gern bei sich. „Möchtest du auch etwas essen?“, fragte sie, als der Butler Leeland ein Tablett mit Croissants und süßen Brötchen auf ein Tischchen stellte.

„Vielleicht ein Brötchen.“ Sarah strich sich das lange braune Haar aus der Stirn, das ihr bis auf den Rücken reichte und das sie heute zu einem eleganten Knoten geflochten hatte. „Andere Frauen haben keine solchen Probleme mit Kindern wie du.“

„Andere Frauen haben aber auch neun Monate Zeit, um sich darauf vorzubereiten.“ Taylor ließ sich auf das Sofa sinken und füllte zwei Tassen aus der silbernen Kaffeekanne. „Bei Babys kann man nicht viel falsch machen, höchstens mal ein Fläschchen verwechseln oder die Windeln nicht richtig befestigen. Aber bei Petey habe ich es mit einer kleinen Persönlichkeit zu tun. Ich möchte ihm in keiner Weise schaden.“

Bisher hatte sie kaum einen Gedanken an einen anderen Menschen verschwenden müssen, weil sie allein gelebt hatte. Spontaneität hatte ihr Leben bestimmt. Aus einer Laune heraus war sie nach Europa geflogen, und wenn sie den ganzen Tag im Bett bleiben wollte, klingelte sie nach Leeland, der sie mit Essen und allem anderen versorgte, das sie haben wollte. Und wenn sie mit einem Mann bis zum Sonnenaufgang unterwegs war, spielte das auch keine Rolle.

Jetzt trug sie Verantwortung. Petey war ein kleiner Junge, und er hätte Angst gehabt, wenn sie morgens nicht da gewesen wäre. Sie konnte ihn auch nicht einfach von der Schule nehmen und mit ihm verreisen. Plötzlich war alles anders. Sie war Mutter geworden, ohne auf diese Rolle vorbereitet zu sein.

Sarah seufzte, als Krümel auf ihren Hosenanzug aus orangefarbener Seide fielen. „Habe ich dir eigentlich schon das Neueste von Buffy Morrell erzählt?“

„Ist das dieser schwedische Gitarrist, der so aussieht, als wäre er gerade einer Gruft entstiegen?“

„Nein, der war schon letzte Woche. Buffy ist …“

„Tante Taylor!“

Bei Peteys entsetztem Aufschrei sprangen die beiden Frauen auf.

Er stürmte von der Terrasse herein, das blonde Haar zerzaust, das Hemd halb aus der Hose hängend. „Du musst mir helfen! Mein Kätzchen kann nicht mehr weiter!“ Tränen standen ihm in den blauen Augen. „Es ist auf den großen Baum bei den Blumen geklettert!“

Erleichtert ging Taylor zu ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern. Nach dem Tod seiner Eltern war er völlig verschlossen gewesen – und das über Wochen. Erst seit sie ihm vor Kurzem die Katze gekauft hatte, zeigte er wieder mehr Lebensfreude. „Ist doch gut“, versicherte sie beruhigend und ging vor ihm in die Hocke. „Wir holen Echo herunter.“

„Das machen wir schon“, sagte auch Sarah und strich Petey über den Kopf. „Du holst ihn herunter“, erklärte sie Taylor, die sie überrascht ansah, und zog sich hastig zurück. „Du weißt, dass ich nie auf Bäume klettere.“

Das musste Taylor sich ausgerechnet von ihrer ältesten Freundin anhören, mit der sie im zarten Alter von neun Jahren ewige Treue in jeder Lage geschworen hatte! Aber ihr war schon klar gewesen, dass ihre Freundin sich nicht das sündhaft teure Kostüm eines Pariser Modeschöpfers ruinieren würde, das sie erst vor zwei Wochen beim Meister persönlich gekauft hatte. Als Sarah sich das letzte Mal einen Fingernagel abbrach, hatte sie sogar ein Mittagessen abgesagt und erst den Schaden im Salon reparieren lassen.

„Soll ich die Feuerwehr rufen?“, erkundigte sich Leeland, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte.

Noch vor einer Woche hätte Taylor sofort zugestimmt, aber gerade erst am letzten Wochenende hatte sie festgestellt, dass die Feuerwehr in erster Linie dazu da ist, Brände zu bekämpfen. Als sie nach Haus zurückkehrte, sah sie eine Rauchwolke über ihrer Garage. Feuerwehrwagen standen in der Einfahrt ihres Anwesens. Schläuche lagen auf dem makellosen Rasen. Aber sie war für die schnelle Hilfe sehr dankbar gewesen. Dadurch hatte sie nur die Garage und nicht auch noch das Haus verloren.

Nein, die Feuerwehr durfte nicht mit Kleinigkeiten belästigt werden. „Ist der Gärtner noch hier?“

„Nein, Miss“, erwiderte Leeland, „aber der Zimmermann.“

Petey richtete die blauen Augen flehend auf Taylor, als sie ihn an der Hand in den Garten führte. „Du holst Echo doch herunter, oder?“

„Ich könnte schon die Leiter besorgen, Miss“, bot Leeland an, der ihnen gefolgt war.

Und dann? Von der Leiter aus würde Taylor niemals die Katze erreichen, und sie konnte auch nicht ihren treuen Angestellten, der schon siebzig war, bitten, auf einen Baum zu klettern. Schon mit dem Fangen eines Balls hatte sie Leeland an den Rand seiner körperlichen Leistungsfähigkeit getrieben. Nein, das kam auch nicht infrage.

„Taylor, du wirst doch nicht selbst auf den Baum steigen!“, rief Sarah so entgeistert, dass Taylor beinahe gelacht hätte.

Sie warf Sarah einen leicht vorwurfsvollen Blick zu. Schließlich war Taylor Elmhurst niemals auf Bäume geklettert. Das hätte ihre Mutter nicht geduldet.

„Mommy oder Daddy hätten das für mich getan“, sagte Petey bedrückt.

Taylor schnürte es die Kehle zu. Sie hatte sich bisher die größte Mühe gegeben, ihn den Verlust der Eltern nicht allzu stark spüren zu lassen.

„Du holst sie, ja?“, drängte Petey.

Ein Fünfjähriger brachte sie in eine schwierige Lage. Sie, Taylor Elmhurst, die mit ihren neunundzwanzig Jahren eine millionenschwere Firma leitete. Da war sie doch wohl noch selbstbewusst, intelligent und tüchtig genug, um zu entscheiden, wie eine kleine Katze gerettet wurde!

Im Näherkommen entdeckte sie das schwarz-weiße Kätzchen, das sich laut miauend an einen Ast klammerte. Ein Mann in einem durchgeschwitzten knappen T-Shirt und einer hautengen Jeans stand auf einem anderen Ast.

„Wer ist denn das?“, fragte Sarah höchst interessiert.

Taylor wusste es nicht, aber er sah umwerfend aus. Sein langes dunkles Haar wurde vom Wind zerzaust. Kräftige Wangenknochen und ein breites Kinn beherrschten das Gesicht. Fasziniert betrachtete Taylor das Muskelspiel seiner Arme und seine gebräunte Haut, als er mit der Katze herunterkletterte.

Es war geradezu unhöflich, wie sie ihn ansah. Keine Frau würde dieses Gesicht so schnell wieder vergessen. Höchstwahrscheinlich kannte sie ihn, oder sie hatte ihn zumindest schon irgendwo gesehen. Aber wo nur? „Wer sind Sie?“, fragte sie, sobald seine Turnschuhe die Erde berührten.

Er richtete die grauen Augen auf sie und schenkte ihr ein hinreißendes Lächeln. „Der Zimmermann.“

„Mein Zimmermann?“

„Wenn Sie so wollen.“

„Und wie heißen Sie?“, forschte Taylor.

„Duran.“ Er wandte sich Petey zu und drückte ihm das Kätzchen in die Arme. „Matt Duran.“

Sarah trat dicht neben Taylor. „Wann findet morgen Abend die Dinnerparty statt, Taylor?“, fragte sie, doch es ging ihr eindeutig nur darum, aufzufallen. Sie seufzte und starrte dabei die ganze Zeit auf Matt Durans Rückansicht, die in der engen Jeans besonders gut zur Geltung kam. „Der ist ja umwerfend. Einfach umwerfend“, raunte sie. „Schade, dass er arm ist.“

Taylor sah sie fragend an.

„Ich meine damit“, erwiderte Sarah lachend, „dass wir uns nicht jeden Mann schnappen können, selbst wenn er groß, dunkelhaarig und attraktiv ist. Kannst du dir meine Mutter vorstellen, falls ich den da mit nach Hause bringen würde?“ Sarah ahmte den hoheitsvollen Ton ihrer Mutter nach. „Absolut kein Stammbaum, meine Liebe.“

„Gehen wir ins Haus“, schlug Taylor vor. „Du hast den Mann schon viel zu lange angestarrt.“ Und ich auch …

Sie sah genau so aus, wie Matt sie in Erinnerung hatte. Zierlich, feingliederig und sehr schlank. Eine langbeinige Schönheit mit einem wiegenden Gang, der ihm schon vor fünf Jahren aufgefallen war. Er hatte Taylor Elmhurst bei einer Party der High Society gesehen, untergehakt bei einem sichtlich reichen und erfolgreichen Mann. In dem eisblauen, weichen Kleid, das sich um ihren Körper schmiegte, hatte sie wie eine Prinzessin gewirkt. Das blonde kinnlange Haar glänzte und schwang leicht hin und her, wenn sie lachte.

Damals hatte er noch in einem Penthouse gewohnt und war so reich gewesen, dass er sich jederzeit um Taylor Elmhurst hätte bemühen können. Er war ein erfolgreicher Bauunternehmer gewesen und hatte in einer anderen Welt gelebt, zu der Alisha gehörte. Seit damals hatte er nicht nur seine Firma, sondern auch die Frau verloren, die er geliebt hatte. Heute stand er wieder ganz am Anfang.

Genau genommen war er jedoch für eine Taylor Elmhurst nie vornehm genug gewesen. Vor allem war ihm jetzt klar, dass er keine Frau wie sie in seinem Leben haben wollte. Dennoch fühlte er sich zu ihr hingezogen – damals wie heute. Ob er zu den Dummköpfen gehörte, die sich etwas wünschten, obwohl sie wussten, dass es schlecht für sie war?

Matt griff durch das geöffnete Fenster in seinen Geländewagen und schaltete den CD-Spieler ein. Faith Hill beruhigte ihn immer. Ihre Stimme mischte sich mit dem Kreischen der Säge.

In der Nähe der ausgebrannten Garage hatte er unter einigen Eichen sein Werkzeug und Baumaterial gelagert. Hinter dem weitläufigen Wohnhaus im spanischen Stil und dem sorgfältig angelegten und gepflegten Garten erstreckte sich die Wüste von Arizona. Die endlosen gelben Grasflächen wurden ab und zu nur von einem Kaktus oder einem dürren Busch unterbrochen und reichten bis zum Horizont.

In den letzten Tagen hatte Matt oft einen Falken beobachtet, der auf der Suche nach Beute seine Kreise zog, oder ein Kaninchen, das durch die Wüste hoppelte. Die Arbeit im Freien war angenehm, weil es schon warm, aber noch nicht richtig heiß war. Bevor am Ende des Frühlings die Hitze einsetzte und die Wüste zu glühen begann, würde er mit der Arbeit fertig sein.

Pfeifend sägte er einen Balken durch und bemerkte erst hinterher den Jungen, der in seiner Nähe stand und ihn aufmerksam beobachtete.

„Was machst du da?“ Der Kleine mochte fünf sein und war mit dem sandblonden Haar und den blauen Augen niedlich. Während er langsam näherkam, schlug er einen Baseball gegen den Fängerhandschuh.

„Ich baue die Garage wieder auf.“

„Es hat gebrannt“, erklärte der Junge eifrig.

„Ich weiß“, sagte Matt lächelnd.

„Da waren viele Feuerwehrleute. Ich werde einmal Feuerwehrmann.“

Matt maß ein Brett aus. „Das ist ein schöner Beruf.“

„Oder Ringer. Freistilringen gefällt mir.“ Er reckte die dünnen Arme und spannte sie an. „Oder ich werde ein Ninja-Kämpfer.“

„Durchaus möglich.“ Matt bemühte sich, nicht zu lachen, griff nach der Säge und zog die Hand zurück, weil er merkte, dass der Junge Gesellschaft suchte. „Wie heißt du denn?“

„Peter, aber meine Tante nennt mich Petey. Klingt auch besser so. Danke, dass du meine Katze gerettet hast.“

Matt überging die Tatsache, dass die Katze wahrscheinlich auch von allein vom Baum heruntergekommen wäre. „Gern geschehen. Ist die blonde Frau deine Tante?“

„Mmh.“ Er reckte den Hals und sah sich das Werkzeug an. „Was ist das?“, fragte er und zeigte auf einen Bohrer und eine Wasserwaage. „Und wofür nimmst du das?“

Der Junge suchte eindeutig eine Vaterfigur. Matt merkte, dass ihm der Kleine jedes Wort förmlich von den Lippen las.

„Mein Dad hatte auch so etwas“, sagte Petey und zeigte auf eine Kreissäge.

Matt hätte gern gewusst, wieso das so schrecklich traurig klang. „Hast du auch damit gearbeitet?“

„Nein.“ Petey starrte auf die Erde. „Er hat mir versprochen, dass ich es später mal darf, aber … Tante Taylor sagt, dass er jetzt im Himmel ist, und Mommy auch.“

In dem Moment wusste Matt, dass er den Gesichtsausdruck des Jungen nicht mehr vergessen würde. Der Kleine hatte in seinem kurzen Leben schon viel zu viel Leid erfahren. Matt dagegen hatte eine schöne Kindheit gehabt. Sein Vater war mit ihm zum Angeln, zu Footballspielen und zum Eislaufen gegangen. An Geburtstagen und in den Ferien hatten sie jede Menge Spaß gehabt. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie es war, so jung und schon so allein zu sein.

Der Verlust des Jungen lag vermutlich noch nicht lange zurück. Matt überlegte. Morgen konnte er den Kleinen beim Festnageln der Bretter einsetzen. Vielleicht half es ihm, wenn er Ablenkung bekam. Dafür brauchte er aber die Zustimmung der Tante, obwohl … Vielleicht sollte er sich doch lieber um seinen eigenen Kram kümmern.

Der Junge kehrte schon wieder zum Haus zurück und wirbelte dabei mit den Füßen kleine Staubwolken hoch. Matt versuchte sich vor Augen zu halten, dass ihn das Kind eigentlich gar nichts anging. Es hatte seine Tante, die reich genug war, um ihm alles zu bieten.

Nach Feierabend gönnte Matt sich in einem Schnellimbiss Burrito und Taco und fuhr anschließend nach Hause, das aus einer winzigen Wohnung hinter seiner Werkstatt in einer Ladenzeile bestand. In der Einfahrt schloss er die hintere Eisentür des Gebäudes auf und betrat seinen Trainingsraum mit Hantelbank, Laufband und Rudermaschine.

Während er an seinem Burrito kaute, durchquerte er die kleine Küche und stellte die Tasche auf den Abfalleimer. Er hätte sich auch eine andere Wohnung suchen können, aber es war praktisch, gleich hinter der Werkstatt zu leben. Dabei störte es ihn nicht, wie beengt der Platz war. Seit Alisha zählte für ihn nur die Arbeit, die ihm über so manchen Ärger hinweggeholfen hatte.

Es war ein schönes Gefühl, Holz zu spüren – fast so schön wie eine Frau. Mit sechzehn hatte er eine Lehre als Zimmermann begonnen und nach der Schule und an Wochenenden gearbeitet. Das war nur möglich gewesen, weil er der Sohn vom Chef war und sich auf Verlangen seines Vaters besonders bemüht hatte.

Mit vierundzwanzig hatte er schon reichlich Erfahrung. Er hätte in Ohio bleiben und irgendwann die Firma seines Vaters übernehmen können. Stattdessen war er nach Arizona gegangen, wo die Bauindustrie boomte, und hatte hier seine eigene Firma gegründet. Innerhalb von drei Jahren gehörte ihm Duran Builders, eines der erfolgreichsten Bauunternehmen der Stadt. Anderthalb Jahre später hatte er die Firma wieder verloren und steckte bis zum Hals in Schulden. Mit harter Arbeit hätte er einen Neuanfang geschafft, aber wozu? Wollte er das überhaupt? Das war die große Frage.

Er betrat die Werkstatt im vorderen Teil des Gebäudes, einen Raum von der Größe einer Garage. Hinter ihm öffnete sich eine Tür. Frische Aprilluft strich herein. Er drehte sich um und stand seiner Schwester Cara gegenüber. Sie trug schwarze Tights, lavendelfarbene Legwarmers und ein weites Sweatshirt, Arbeitskleidung für das Fitness-Center, wo sie als Aerobic-Trainerin arbeitete.

„Arbeitest du heute nicht?“, fragte er.

„Ich bin auf dem Weg.“ Sie trat an den Schreibtisch in der Ecke und drückte eine Taste am Anrufbeantworter. „Wozu hast du das Ding, wenn du es nicht abhörst?“

Matt war gespannt, wann sie ihm den Grund für diesen Besuch verriet. „Ich vergesse es immer.“

„Du bist unmöglich“, meinte sie lächelnd.

Eine gewisse Lannie Esten hatte ihre Telefonnummer hinterlassen mit der Bitte, sie anzurufen.

„Wer ist das?“, fragte Cara.

„Kenne ich nicht.“

„Hast du den neuen Auftrag angenommen?“, fuhr sie betont lässig fort. Obwohl sie fünf Jahre jünger war als er, spielte sie sich immer wie eine fürsorgliche Mutter auf.

„Hör endlich auf, dir Sorgen zu machen.“

„Alisha …“

Er winkte sofort ab. „Vergiss Alisha.“ Schon zu Beginn dieser Affäre hatte seine Schwester ihm in den Ohren gelegen, dass Öl und Wasser nicht zusammenpassten.

„Hast du sie getroffen?“, fuhr sie fort.

„Der Butler hat mir den Auftrag erteilt. Ich baue die Garage auf, die abgebrannt ist.“ Der hagere alte Mann war zu ihm in die Werkstatt gekommen. Lottie, die Köchin im Haus Elmhurst, klein und rundlich, ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen und erinnerte ihn mit ihrem Benehmen an einen Hafenarbeiter. Die beiden gaben ein köstliches Paar ab, respektierten einander jedoch und arbeiteten gut zusammen.

„Gehst du zum Spiel?“ Cara zeigte auf die Karten für ein Baseballspiel, die er auf den Schreibtisch gelegt hatte, ein kleiner Dank von einem Nachbarn, dem er die Gartentür repariert hatte.

„Willst du die Karten haben?“

„Würde ich gern, aber ich gehe zu einem Konzert von George Strait“, erwiderte sie und näherte sich schon der Tür. „Ruf Mom an. Sie macht sich Sorgen um dich.“

Sobald Cara fort war, holte er sich ein Bier und setzte sich. Dann nahm er den Telefonhörer und schaltete den Fernseher auf dem Küchentresen ein. Er wusste schon, wer ihn gern zu dem Spiel begleiten würde.

Matt tippte die Nummer seiner Eltern ein, erreichte aber nur den Anrufbeantworter. Im Fernsehen lief die Wiederholung einer beliebten Sitcom, aber Matt bekam nichts mit, weil er die Augen des Jungen vor sich sah, als der Kleine seinen Vater erwähnte.

2. KAPITEL

Trotz dichter Regenwolken erschien Matt um sieben Uhr morgens auf der Baustelle, weil er hoffte, etwas zu schaffen, bevor es zu regnen begann. Letztlich gab es nur einen kurzen Schauer.

Er ging zum Haus. Lottie hatte ihm schon vor Tagen gesagt, er könnte jederzeit zu ihr in die Küche kommen. Jetzt war er gespannt, was sie an diesem Morgen gebacken hatte. Ihre Blaubeer-Muffins waren einfach himmlisch.

An der Hintertür blieb er stehen, weil er durch den Glaseinsatz den Jungen beim Frühstück sah. Er wirkte schrecklich einsam. Matt hatte gesehen, dass seine Tante schon gegen halb acht weggefahren war. Sie hatte ein graues Kostüm getragen.

Matt fielen einige Balken ein, die er nicht mehr brauchte. Als er die Tür öffnete, blickte der Junge von der Schale mit Milch hoch. „Willst du ein Fort bauen?“, fragte Matt.

„Ich weiß nicht, wie das geht.“

„Ich zeige es dir. Komm mit.“ Er trank sowieso zu viel Kaffee. „Wir suchen jetzt das Holz zusammen, und wenn du aus der Schule zurückkommst, kannst du das Fort bauen. Einverstanden?“

Endlich lächelte der Junge und sprang auf. „Ist gut.“

„Kaffee trinke ich später“, sagte Matt zu Lottie.

Bevor er die Tür schloss, lächelte ihn die Köchin strahlend an. „Ich hebe Ihnen ein Stück Apfelkuchen auf.“

Heute lief gar nichts. Taylor hatte verschlafen und musste sich beeilen. Als sie aus dem Bad kam, saßen Petey und Echo auf ihrem Bett und warteten.

Ein Blick in die Augen des Jungen, und sie hätte sich am liebsten krankgemeldet, doch sie hatte einen Termin mit dem Aufsichtsrat und musste ins Büro. Dabei verstand sie Petey nur allzu gut. Sie war die Einzige, die ihm noch geblieben war. Es würde eine Weile dauern, bis er keine Angst mehr hatte, wenn sie wegfuhr. Für morgen versprach sie ihm, mit ihm ins Kino zu gehen. Er nickte, lächelte jedoch nicht.

Um die Mittagszeit machte sie Pause, drehte sich von ihrem Schreibtisch um und blickte aus dem Fenster des Hochhauses auf Phoenix hinaus.

Vom sechsundzwanzigsten Stock aus sah man an wolkenlosen Tagen die Camelback Mountains. Dreimal pro Woche fuhr sie zur Arbeit in die Stadt. Seit dem Tod ihres Vaters stand sie am Ruder von Elmhurst Properties. Der Firma gehörten Wohn- und Geschäftshäuser sowie Industriegebäude. Ihrem Vater hatte es gefallen, wie energisch sie ihre Karriere vorantrieb, doch jetzt brauchte sie Zeit für Petey, und es war nicht einfach, das richtige Mittelmaß zwischen ihrer Mutterrolle und ihrer Arbeit zu finden.

Anstatt sich auf den Geschäftsbericht zu konzentrieren, rief sie zu Hause an. Sicher hatte der Fahrer Petey schon von der Schule abgeholt. Hoffentlich hatte der Kleine gegessen. Sah er sich seine Lieblingsserie mit der Bulldogge an? Wahrscheinlich war er wieder allein.

Leeland versicherte sofort, dass für das Dinner alles in Vorbereitung war.

Die Dinnerparty! Völlig vergessen! Dabei sollte sie zu Ehren einiger Spender stattfinden, die Geld für ein Frauenhaus beigesteuert hatten. „Leeland, sieht Petey im Arbeitszimmer fern?“

„Nein, Miss, er ist draußen.“

Wahrscheinlich hatte er Leeland gebeten, mit ihm zu spielen. Ein Mann in seinem Alter sollte sich aber nicht so sehr anstrengen. „Wollte er Baseball üben?“, fragte sie.

„Nein, Miss“, sagte der Butler erleichtert.

„Spielt er allein?“

„Er ist bei Mr. Duran, dem Zimmermann.“

„Und was machen die beiden?“

„Master Peter hämmert, Miss.“

Er hämmerte? „Danke, Leeland.“ Sie legte auf und machte sich noch mehr Sorgen als vorher. Der Zimmermann füllte bei dem Jungen vermutlich eine Lücke, aber vielleicht wollte Matt Duran keinen kleinen Jungen in seiner Nähe haben.

„Sie wirken bedrückt.“ Martin Calin, der Generalmanager der Firma, war unbemerkt eingetreten. Er war Ende fünfzig, ein hagerer, hochgewachsener und ernster Mann.

„Tut mir leid, Martin. Warten Sie schon lange?“

„Nein“, sagte er verständnisvoll. „Geht es Peter gut?“

„Ja“, bestätigte Taylor lächelnd, als er sich an den Schreibtisch setzte. „Haben Sie die Marktanalyse in der Gegend um die Wohnanlage am Wiletta Boulevard durchgeführt?“

„Erledigt.“ Er holte die entsprechenden Papiere aus einer Aktenmappe.

Taylor schätzte Martins Tüchtigkeit. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen, während sie sich um das Begräbnis, den Verkauf von Jareds und Elizabeth’ kleinem Haus und Peteys Umzug gekümmert hatte.

Petey … Ständig musste sie an den Kleinen denken.

Irgendwie überstand sie die Besprechung mit Martin und hatte anschließend noch eine Konferenz mit den Vorstandsmitgliedern. Gleich danach eilte sie jedoch zu ihrem Wagen, weil sie es eilig hatte, zu Petey zu kommen.

Um drei Uhr bog sie in die Zufahrt zu ihrem Haus und tippte den Code für das Tor in die Fernsteuerung, als das Handy auf dem Beifahrersitz klingelte. Bevor sie danach griff, stellte sie den CD-Spieler ab.

„Ich habe es eilig“, sagte Sarah hastig. „Aber ich muss einfach wissen, ob er dir schon Blumen geschickt hat.“

Gemeint war Ian St. John. Wann immer Taylor Gäste erwartete, schickte Ian ihr Blumen, worüber ihre Besucherinnen begeistert waren. Taylor war überzeugt, dass das der eigentliche Grund für Ians Aufmerksamkeit war. „Nein.“

„Er ist unglaublich leicht zu durchschauen“, behauptete Sarah lachend.

„Er will heiraten.“ Acht Monate vor seinem Tod hatte Taylors Vater sie mit Ian bekannt gemacht. Er hätte ihn auch gern als Schwiegersohn gesehen. „Er ist intelligent, erfolgreich und genau der richtige Mann.“

„Für dich der falsche.“

„Tatsächlich?“ Taylor fuhr durch das Tor und stellte den Wagen neben dem Haus ab.

„Wenn er es nicht wäre, hättest du ihm schon längst dein Jawort gegeben.“

Taylor betrachtete Petey, der auf der Motorhaube von Matt Durans Wagen saß und begeistert erzählte. Hatte er den ganzen Nachmittag mit Matt verbracht?

„Warum so still?“, fragte Sarah. „Stimmt etwas nicht?“

„Nein, nein.“ Taylor fragte nach der Geschenkeparty für eine Freundin, die demnächst heiratete. Sie entschieden sich für ein Restaurant und wollten nächste Woche über die Speisenfolge und die Gästeliste reden.

„Ich muss jetzt los“, erklärte Sarah fröhlich. „Ich habe bei Roth’s einen Termin zur Massage.“

„Wir sehen uns heute Abend.“ Taylor steckte das Handy in die Umhängetasche, stand neben dem Wagen und beobachtete Matt Duran, der sich mit nacktem Oberkörper über die Bretter beugte, die er zurechtsägte.

Rücken und Arme waren muskulös, der Bauch flach, die Haut schweißbedeckt. Taylor rief sich zur Ordnung, bevor sie noch ins Schwärmen geriet. Sie musste sich zurückhalten.

Ein Zweig zerbrach unter ihrem Schuh. Matt und Petey blickten hoch, und Taylor wäre beinahe gestolpert, als sie in zwei graue Augen blickte. Nein, sie bildete sich nichts ein. Matt Duran sah sie misstrauisch an. Aber wieso? Er kannte sie doch gar nicht.

„Du bist zu Hause!“, rief Petey und lief zu ihr.

Taylor breitete die Arme aus und war froh, das Büro so früh verlassen zu haben. Sie wollte schon fragen, warum er sich nach der Schule nicht umgezogen hatte, als sie einen Zettel entdeckte, der an seinem Hemd befestigt war.

„Das musst du lesen“, drängte er. „Es geht um einen Ausflug. Wir besuchen ein Museum. Darf ich?“

Taylor freute sich über seine Begeisterung und griff nach dem Zettel. „Lass mich zuerst lesen.“

„In Ordnung.“

Da sie später die Einverständniserklärung unterschreiben konnte, steckte sie den Zettel erst einmal in die Tasche. „Lauf doch ins Haus. Du darfst Mr. Duran nicht stören.“

„Er hat gesagt, dass ich ihn Matt nennen darf“, erwiderte Petey.

„Falls er Sie bei der Arbeit behindert …“

Matt schüttelte den Kopf. In dem grauen Kostüm und der hellblauen Bluse wirkte sie wie eine tüchtige Geschäftsfrau.

Autor

Jennifer Mikels
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