Zum Ersten, zum Zweiten ... zu dir?

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Sexy, wild, gefährlich: Ein Bad Boy wie Billy Bolton ist wirklich der Letzte, der zu einer braven Lehrerin wie Jenny passt. Warum nur weckt er trotzdem ihre Lust? Als Billy bei einer Charity-Auktion als Junggeselle versteigert wird, gerät Jenny spontan in Versuchung…


  • Erscheinungstag 09.05.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746742
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Während des morgendlichen Streits mit ihrem vierzehnjährigen Sohn versank Jenny in einem Tagtraum. Ein einziges Mal sollte sich jemand um sie kümmern. Nur ein Mal, dachte sie seufzend, soll mir die Welt zu Füßen liegen, anstatt über mich hinwegzutrampeln.

„Warum kann ich nach der Schule nicht zu Tige gehen?“, quengelte Seth jetzt auf dem Beifahrersitz. „Er hat ein neues Motorrad. Ich hab keine Lust zu warten, bis dein blöder Termin vorbei ist.“

„Keine Motorräder“, sagte Jenny in dem Ton, in dem sie normalerweise ihre Erstklässler ermahnte. Hoffentlich schafften sie es noch bis zur Schule, bevor ihr der Geduldsfaden riss. Sie trat etwas stärker auf das Gaspedal.

„Warum nicht? Josey fährt auch überall mit dem Motorrad hin.“

„Josey ist erwachsen“, erwiderte Jenny mühsam beherrscht. Das war der Unterschied zwischen einem Teenager und einem Kind: Der jüngere Seth hatte immer gewusst, wann er aufhören musste. „Joseys Mann hat ihr das Fahren beigebracht. Sie hatte noch nie einen Unfall. Doch Tige ist ein Rowdy, der keinen Helm aufsetzt und sein Motorrad schon zweimal zerlegt hat. Also: keine Motorräder.“

„Aber Mom, das ist nicht fair!“

„So ist das Leben. Gewöhn dich dran.“

„Wenn Dad noch hier wäre, würde er mich fahren lassen.“

Bevor ihr eine passende Antwort einfiel, bog sie um die letzte Kurve vor der Pine Ridge Charter School, an der sie zwei Klassen unterrichtete. Überall standen Lastwagen und Autos herum, und grelles Scheinwerferlicht durchschnitt die sanfte Morgendämmerung.

Verdammt, dachte Jenny, als Seth sich vorbeugte, um den Trubel genauer zu betrachten. Über der Auseinandersetzung hatte sie ganz vergessen, dass heute die ersten Dreharbeiten an der Schule stattfanden.

Im Umkreis von hundert Meilen war die Pine Ridge Charter School die einzige Einrichtung für Schüler von der ersten bis zur achten Klasse. Ihre Cousine Josey und ihre Tante Sandra hatten sie finanziert. Das Gebäude war im letzten Herbst gerade rechtzeitig zum Schulanfang fertig geworden. Was vor allem den Spenden der Crazy Horse Choppers zu verdanken war, also der Firma von Ben Bolton und dessen Brüdern Billy und Bobby. Die Boltons hatten mit ihren Motorrädern der Spitzenklasse viel Geld verdient. Josey war mit Ben Bolton verheiratet und erwartete ihr erstes Baby.

Was an sich merkwürdig genug war. Aber das war noch nicht alles: Bobby Bolton hatte mehrere Videos davon gedreht, wie sein Bruder Billy in der Werkstatt der Choppers Motorräder baute. Die Filme hatte er ins Internet gestellt, wo sie sehr gut ankamen. Vermutlich, weil Billy wie ein betrunkener Matrose fluchte und gelegentlich mit Werkzeug nach Leuten warf. Jenny selbst hatte keinen Internetzugang und die Show noch nie gesehen. Für sie klang das nach Trash-TV.

Inzwischen waren die Aufnahmen jedoch an ihre Schule verlegt worden. Billy Bolton sollte hier ein Motorrad bauen und den Schülern zeigen, wie man mit Werkzeug umgeht. Dann würden die Boltons das Motorrad versteigern und der Schule den Erlös zukommen lassen. Natürlich würde Bobby die ganze Sache filmen.

Jenny wusste nicht genau, welcher Teil der Geschichte ihr am wenigsten gefiel. Ben war wirklich in Ordnung. Er war konzentriert bei der Sache und sah auf dem Motorrad fantastisch aus. Obendrein machte er Josey glücklich – und damit auch Jenny.

Bobby, der jüngste der Bolton-Brüder, sprach nur mit ihr, wenn er etwas von ihr wollte. Er war attraktiv, charmant und unglaublich reich. Jenny traute ihm nicht über den Weg.

Billy, dem Ältesten, traute sie noch weniger. Er war … Nun, vielleicht gehörte er nicht zu den Hell’s Angels, doch es hätte sie kaum überrascht, wenn er Mitglied einer kriminellen Motorradbande wäre. Er war ein muskulöser Mann, vor dem sich eigentlich jeder fürchtete. Als sie ihm auf Joseys Hochzeit vorgestellt worden war, hatte er ruhig, sexy und … gefährlich auf sie gewirkt. Die Kombination wäre erregend gewesen, wenn Jenny derartige Gefühle zugelassen hätte. Mit seinem braunen, zum Pferdeschwanz gebundenen Haar, dem säuberlich gestutzten Bart und dem Smoking, der ihm wie ein Handschuh gepasst hatte, hatte er einen unvergesslichen Anblick geboten.

Wie seine Brüder war auch Billy auf raue Art hinreißend und sehr reich – doch er stellte sein Vermögen weniger zur Schau als die beiden anderen. Ben war kein Angeber, aber alles, was er besaß, war vom Feinsten. Bobby hingegen zeigte gern, wie wohlhabend und erfolgreich er war. Und Billy? Das Familienvermögen schien ihn beinah anzuwidern. Allein sein Blick hatte Jenny so eingeschüchtert, dass sie kaum ein Wort herausbrachte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.

Und jetzt würde dieser Mann an ihrer Schule und mit ihren Schülern arbeiten.

Es war eine Sache, dass er sie auf einer Hochzeitsfeier nervös gemacht hatte. Dort hatte sie ein elegantes Kleid getragen, das teurer gewesen war als ihr Haus und ihr Auto zusammen. Etwas ganz anderes war es jedoch, wenn dieser Mann mit ihren Schützlingen zu tun hatte. Sie würde keinerlei unanständiges oder gar gefährliches Verhalten von einem der Boltons dulden. Ein einziger Fehltritt, und Billy Bolton würde sie kennenlernen.

Kaum hatte sie den Wagen auf ihrem Stammparkplatz abgestellt, als Seth schon ausstieg und die umherlaufenden Menschen beobachtete. Normalerweise war Jenny morgens die Erste in der Schule. Sie ging es gern langsam an, bevor die Horde von Sechs- bis Achtjährigen in den Klassenraum stürmte. Sie kochte Tee und bereitete sich in Gedanken auf den Tag vor. Und da Seth meistens im Mehrzweckraum mit seiner Gitarre übte, war die Ruhe für Jenny beinah so etwas wie Meditation.

Aber heute? Von wegen Meditation.

„Wir haben ein Problem: Auto im Bild!“, rief eine Frau gerade laut in ihr Walkie-Talkie. Sie drückte sich an Jenny vorbei, während ein Mann die Scheinwerfer justierte und sie dabei mit dem Lichtstrahl blendete.

Gleich darauf sprach jemand sie von der Seite an. „Jennifer? Hi, ich bin Bobby Bolton. Wir kennen uns von der Hochzeit. Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Die Schule macht gute Arbeit, und wir finden es toll, ein Teil davon zu sein. Aber Sie müssen Ihr Auto da wegfahren.“

Jennifer. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Ja, er versuchte, nett zu sein, doch sie hieß nicht Jennifer. Sie hieß Jenny Marie Wawasuck.

Langsam drehte sie sich um und hörte Seth verächtlich schnauben. Er wusste genau, dass man sie besser nicht Jennifer nannte.

„Wie bitte?“, war das Höflichste, was sie hervorbringen konnte.

Bobby trug ein Headset und sah wie immer blendend aus. „Sie wissen doch, dass wir heute hier drehen, Jennifer. Sie müssen Ihr Auto da wegfahren.“

Eigentlich war es zu früh am Tag, um die Geduld zu verlieren … „Ach, und warum?“

Bobby lächelte sie an, und sie hätte ihm am liebsten einen Hieb in den Magen versetzt. „Wir wollen drehen, wie Billy ankommt, und dazu brauchen wir Platz.“ Nun klangen seine Worte beinah wie ein Befehl. „Fahren Sie Ihr Auto da weg.“

Dieser überhebliche … Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter fünfundsechzig auf, war aber immer noch zwanzig Zentimeter kleiner als Bobby. Sie hasste es, zu ihm hochschauen zu müssen. Schade eigentlich, dass sie keine Trittleiter dabeihatte.

„Nein. Ich parke immer hier.“ Im tiefsten Innern wusste sie, dass sie überreagierte. Doch er sollte nicht glauben, dass er mit ihr umspringen konnte, wie er wollte.

Bobbys Lächeln verschwand, und auf einmal sah er müde aus. „Ich weiß, dass das Ihr Parkplatz ist, aber ich denke, als erwachsene Frau sollten Sie damit klarkommen, Ihren Wagen mal für einen Tag woanders abzustellen. Vielen herzlichen Dank.“

„Vicky?“, sagte er in sein Headset. „Können wir einen Kaffee für Jennifer bekommen? Danke!“ Mit aufgesetztem Lächeln wandte er sich wieder Jenny zu. „Ich weiß, es ist noch früh, doch wenn Sie den Wagen weggefahren und einen Kaffee getrunken haben, geht es Ihnen bestimmt besser, Jennifer.“

Jenny ärgerte sich über seinen herablassenden Ton, aber noch bevor sie ihm sagen konnte, dass sie niemals Kaffee trank und auch ihr Auto nicht wegsetzen würde, schob sich hinter ihr jemand vor das Licht des Scheinwerfers.

Schauer liefen ihr über Arme und Nacken, als eine tiefe kraftvolle Stimme ertönte. „Sie heißt nicht Jennifer.“ Ein Faustschlag traf Bobby so hart am Arm, dass er taumelte. „Ihr Name ist Jenny. Und hör auf, dich wie ein Idiot zu benehmen.“

Jenny schluckte, als Billy Bolton aus dem Dunkeln auftauchte und sich neben seinen Bruder stellte. Ich habe keine Angst vor diesem Mann. Obwohl er dreißig Zentimeter größer war als sie, teure Lederchaps über der Jeans trug und eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase hatte. Und obwohl er aussah wie der Inbegriff des wilden Bikers.

Er befand sich auf ihrem Territorium, und sie würde nicht nachgeben. Auf keinen Fall.

Dann wurde ihr plötzlich klar, was Billy gesagt hatte.

Leichte Gänsehaut breitete sich auf ihrem Rücken aus. Sie hätte nicht geglaubt, dass er sie überhaupt wiedererkennen würde. Stattdessen rempelte er Bobby an, weil der sie mit dem falschen Namen angesprochen hatte.

Meine Schule, mein Reservat, dachte sie erneut und räusperte sich. „Richtig. Viel Spaß bei Ihrem Filmchen, meine Herren.“ Langsam und würdevoll ging sie auf das Schulgebäude zu, doch Bobby und Billy holten sie ein.

„Unser Problem ist noch nicht gelöst.“

„Welches Problem?“, fragte Billy.

„Jennif… Jennys Auto steht im Weg. Wir wollen filmen, wie du auf dem Motorrad in der aufgehenden Sonne angefahren kommst. Ich habe sie gebeten, es wegzustellen. Nur für heute“, fügte er hinzu und lächelte sie wieder an. „Aber weil sie noch keinen Kaffee hatte, sieht sie die Notwendigkeit nicht ein.“

Was für ein Geschwätz. Glaubte er wirklich, er könnte sie mit diesem Lächeln überzeugen? Sie war anders als die meisten Frauen, die beim Anblick von Bobby Bolton gewissermaßen dahinschmolzen.

„Dass Josey Ihnen die Erlaubnis gegeben hat, an dieser Schule zu filmen, heißt noch lange nicht, dass Sie und Ihre Crew den Unterricht stören dürfen“, sagte sie forsch.

Dann passierte etwas Merkwürdiges. Billy blickte sie an und beugte sich vor. Er nahm einen tiefen Atemzug … und schien ihn zu genießen. „Sie trinkt keinen Kaffee“, sagte er, als eine Frau mit einer Tasse des schwarzen Gebräus auftauchte.

Billy Bolton verwirrte sie. In den vergangenen vierzehn Jahren war Jenny für das männliche Geschlecht nahezu unsichtbar gewesen. Niemand war an einer mittellosen alleinerziehenden Mutter indianischer Herkunft interessiert.

Aber Billy beachtete sie. Sie wusste nicht, ob sie sich geschmeichelt oder bedroht fühlen sollte.

„Fahren Sie Ihren Wagen jetzt weg?“, fragte er.

„Nein.“

Hinter der Sonnenbrille waren seine Augen nicht zu erkennen, doch sie hatte den Eindruck, dass er sie abschätzend musterte. Plötzlich drehte er sich um, ging zu ihrem Auto und hob es an der vorderen Stoßstange an. Mit bloßen Händen. Okay, es war ein klappriger, zwanzig Jahre alter Kleinwagen, aber trotzdem … er hob ihn hoch wie einen Wäschekorb. Wäre sie nicht so wütend gewesen, hätte der Anblick seiner Muskeln sie zum Schwärmen gebracht. All ihre Bad-Boy-Fantasien schienen in ihm verkörpert zu sein.

„Hey … hey!“, rief Jenny, als er das Auto etwa zehn Meter weiterschob und es dann auf dem Gras absetzte. „Was zum Teufel machen Sie da?“

„Ein Problem lösen.“ Billy wischte sich die Hände an den Chaps ab und blickte Jenny an.

Jetzt reichte es ihr. Als wäre das Gequengel ihres Sohnes nicht schon genug gewesen. Sie hatte versucht, nett und höflich zu sein. Und was hatte ihr das eingebracht? Nichts als Ärger.

„Passen Sie auf, Sie … Sie …“ Bevor sie wusste, was sie tat, hatte sie Billy mit der Faust auf die Brust geboxt.

Er reagierte nicht einmal. Genauso gut hätte sie versuchen können, eine Mauer umzuwerfen. Und die verflixte Gänsehaut war auch schon wieder da, doch die verdrängte sie einfach aus ihrem Bewusstsein.

„Weder Sie noch Ihr Bruder werden mich hier herumkommandieren. Es ist meine Schule. Ist das klar?“

Billy verzog den Mund zu einem Grinsen. Machte er sich etwa über sie lustig?

Sie holte aus, um noch einmal zuzuschlagen, denn sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass dieser Mann nur Gewalt verstand.

Diesmal fing Billy ihre Faust rechtzeitig ab und hielt sie fest. Augenblicklich schoss eine Hitzewelle durch ihren Körper.

Mühsam beherrscht riss sie sich los. „Jetzt passen Sie mal auf … Es ist mir egal, wie groß und stark oder reich und berühmt Sie sind. Sie befinden sich hier in meiner Schule, in meinem Reservat, Mister. Ein einziger Fehler, und ich verarbeite Sie persönlich zu Hackfleisch und verfüttere Sie an die Kojoten. Haben Sie das verstanden?“

Billy schwieg. Durch die Sonnenbrille hindurch blickte er sie an. Es sah aus, als müsse er sich ein Lachen verkneifen.

„Mom!“, war Seth hinter ihr zu hören.

„Wir müssen jetzt anfangen, Jenny“, fügte Bobby hinzu. Er stellte sich zwischen sie und Billy. An Bobby vorbei blickte sie Billy böse an. „Wir sind noch nicht fertig miteinander.“ Dann drehte sie sich um und ging.

Sie hätte schwören können, dass Billy geantwortet hatte: „Stimmt.“

Billy blickte ihr nach. Sein Tag hatte sich eindeutig zum Besseren gewendet. Hatte Joseys hübsche kleine Cousine ihm tatsächlich gedroht, ihn an die Kojoten zu verfüttern? Zum Teufel, höchstens seine Brüder wagten noch, ihm heutzutage zu drohen. Alle anderen kannten entweder seinen Ruf als Wild Bill – obwohl das Ganze schon zehn Jahre her war –, oder sie wussten, dass er genug Geld besaß, um sie bis zum jüngsten Gericht zu verklagen.

Verdammt, diese zierliche Frau hatte wahrscheinlich von beidem gehört und ihm trotzdem gedroht. Er fuhr mit den Fingern über die Stelle, wo sie ihn mit der Faust getroffen hatte – genau auf der tätowierten Rose. Noch immer konnte er die Berührung spüren. Wie lange war es eigentlich her, dass ihn eine Frau angefasst hatte?

Wenn es um das weibliche Geschlecht ging, hatte er schon immer einen zweifelhaften Geschmack gehabt und deshalb einige Wunden davongetragen. Heute interessierten sich andere Frauen für ihn als die Motorradbräute von früher … Frauen mit mehr Klasse, die aber auch mehr an seinem Geld als an ihm selbst interessiert waren. Billy würde nicht zulassen, dass ihm noch einmal eine das Herz brach. Seine unnahbare Ausstrahlung hielt ihm die meisten Frauen vom Leib.

Wenn er sich recht erinnerte, hatte Jenny Wawasuck Angst vor ihm gehabt, als sie sich auf der Hochzeit von Ben und Josey begegnet waren. Und er hatte auch nichts unternommen, um das zu ändern.

Josey hatte ihn geradezu angefleht, auf ihrer Hochzeit einen Smoking zu tragen. Und so hatte er ein Exemplar aus dem Schrank ausgegraben, das er sich hatte anfertigen lassen, als Bobby ihn unbedingt zu einer vornehmen Party in Hollywood mitschleppen musste. Der Anzug verbesserte seine Laune nicht gerade, denn die Vorfreude seines Bruders auf die Hochzeit erinnerte ihn an all das, was er sich bisher vergeblich gewünscht hatte.

Jenny war ein süßes Ding. Nicht die Sorte Frau, die er früher in Bars abgeschleppt hatte. Und auch kein geistloses Luxusweibchen. Ihre langen Haare waren gelockt, aber nicht toupiert, und auf ihren Schultern waren keine Tattoos zu sehen. Während der Hochzeit hatte er keinen vernünftigen Satz an sie richten können, worüber er sich immer noch ärgerte.

Doch sie war ohnehin nicht sein Typ und er schon gar nicht ihrer. Und dabei würde er es belassen.

Jetzt ließ er sich von Bobby zeigen, wie er mit seinem Bike über den Schotterweg zur Schule und wieder zurück fahren sollte, bis die Filmcrew ihm irgendwann sagen würde, dass es genug war.

Auf dem Motorrad konnte er am besten nachdenken. Normalerweise ging es dann um irgendwelche Probleme beim Design. Heute aber drehten sich seine Gedanken um Jenny.

Sie seien noch nicht fertig miteinander, hatte sie gesagt. Vielleicht hatte er ja als Mittdreißiger keinen Biss mehr, aber er hoffte tatsächlich, dass sie recht behalten würde.

Nachdem Billy eine Stunde hin- und hergefahren war, zeigte sich sein Bruder endlich zufrieden. Zu diesem Zeitpunkt platzte die Schule bereits aus allen Nähten. Sämtliche Schüler waren da und ein Großteil der Eltern ebenfalls.

Damals, als er sich seinen Ruf hart erarbeitet hatte, wurde er von vielen Leuten bewundert oder beneidet. Seit diese Sache mit den Internetvideos angefangen hatte, waren die Reaktionen noch unangenehmer geworden. Er hatte keine Ahnung, was von ihm erwartet wurde. Er wusste nur, dass die Leute wegen Wild Bill Bolton da waren, und er hasste es.

Als er seine Maschine neben der Werkstatt abstellte, kam Josey auf ihn zu. „Guten Morgen, Billy“, sagte sie. „Ist alles in Ordnung?“

Offensichtlich hatte Jenny ein Gespräch mit ihrer Cousine geführt. „Bobby ist und bleibt ein A…“

„Pass auf, was du sagst! Hier sind Kinder!“

Es würde ein furchtbar langer Tag werden. „Also gut … ein Depp. Bobby ist immer noch ein Depp.“

Josey seufzte. „Billy, denk bitte an die Regeln.“

„Ja, ich weiß. Nicht fluchen und keine Sachen durch die Gegend werfen.“

Josey tätschelte ihm den Arm. „Es sind doch nur drei Wochen.“

Das stimmte, doch während dieser Zeit würde er sich nach Bobby richten müssen. Er war mit der Show nur einverstanden gewesen, weil sie ihm einen Grund lieferte, neues Werkzeug anzuschaffen. Außerdem hatte er geglaubt, auf diese Weise den Familienfrieden zu wahren. Inzwischen zweifelte er an seiner Entscheidung.

Klar, es war nett, dass man ihn jetzt überall erkannte. Doch eigentlich wünschte er sich, dass „Real American Bikers“, wie Bobby die Serie von Videoclips nannte, ein Flop würde. Dann würde er endlich wieder das tun, was er am besten konnte: Motorräder bauen. Keine Kameras, keine Groupies, kein Ruhm.

Leider sah es vorerst nicht danach aus, denn die Videos verzeichneten auf YouTube eine stattliche Anzahl von Klicks. Billy selbst hatte noch nie mehr als zwei Minuten von der Show gesehen. Das Ganze war ihm peinlich.

„Oh, da ist ja Don Two Eagles“, sagte Josey und winkte einen älteren Mann heran. „Don, das ist …“

„Billy Bolton. Du siehst aus wie dein Vater“, sagte Don, und es klang nicht gerade nach einem Kompliment.

Ben hatte Billy alles über Don erzählt. „Sie sind der Typ, der Dad während der Achtziger in Sturgis den Kiefer gebrochen hat, richtig?“

„Verdammt richtig“, sagte Don. „Ich habe deinen Vater fertiggemacht, und ich habe keine Angst davor, mit dir dasselbe zu tun, also benimm dich, klar?“

„Don“, zischte Josey. „Da, die Kinder kommen heraus. Bobby möchte, dass wir dir ein paar der älteren Schüler vorstellen, Billy. Kriegen wir das hin?“, fragte Josey.

„Sicher.“

„Ich hab ein Auge auf dich“, sagte Don noch, als ihn das Produktionsteam weglotste.

„Kannst du dir vorstellen, dass Bobby deinen Vater herbringen wollte, damit er und Don aufeinander losgehen? Manchmal glaube ich, dein Bruder hat den Verstand verloren“, sagte Josey.

„Dann sind wir ja schon zwei“, gab Billy zurück. Er mochte Josey. Sie hatte verstanden, wie die Bolton-Familie funktionierte, und sie bemühte sich, den Familienfrieden aufrechtzuerhalten.

Dann hörte er sich fragen: „Kommt Jennys Klasse auch?“

Erstaunt blickte Josey ihn an. „Nein, die Erst- und Zweitklässler dürfen nicht in die Werkstatt.“

„Ich habe übrigens nicht versucht, ihr Auto kaputt zu machen“, fügte er hinzu.

„Ich weiß. Du hast nur ein Problem gelöst.“ Erneut tätschelte sie mütterlich seinen Arm.

Billy wollte gerade den Staub von den Felgen putzen, als die Produktionsassistentin auf ihn zukam.

„Wir müssen dir ein Mikro auf die Brust kleben“, sagte Vicky.

Sie gehörte definitiv zu der Sorte von Frauen, die Angst vor ihm hatten. Offensichtlich fand sie seine Tattoos nicht besonders attraktiv.

„Okay“, fuhr sie fort, nachdem sie seine Brustmuskeln begutachtet hatte, die sich unter dem T-Shirt abzeichneten. „Musst du … das Shirt ausziehen?“

Billy griff nach dem Saum seines T-Shirts, als plötzlich die Türen der Schule aufflogen und etwa fünfzig Kinder herausstürmten. Sofort legte Josey ihm die Hand auf den Arm. „Könnt ihr das woanders machen?“

Vicky schluckte. Sie wollte unter allen Umständen vermeiden, allein mit ihm zu sein.

Komisch, dachte er, denn Bobby war eine viel größere Bedrohung für das weibliche Geschlecht. Billy war nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen, seit …

Verdammt. Das wurde ja immer deprimierender. Tatsache war, dass er schon seit Jahren keine Frauen mehr mit nach Hause nahm, die aussahen, als wären sie einem Heavy-Metal-Video entsprungen.

Seitdem hatte er sich in die Arbeit gestürzt. Weil er gut war, brachte es ihm jede Menge Geld ein. Doch mit dem Wohlstand war eine neue Sorte von Frauen aufgetaucht. Älter, reicher und gieriger. Billy interessierte sich nicht für sie. Ein einziges Mal hatte er sich auf eine Frau eingelassen, und sie hatte ihm das Herz gebrochen. Mehrfach. Da war es gesünder, einfach noch ein Motorrad zu bauen.

Seine Maschinen hatten ihn berühmt gemacht. Verdammt, manchmal hatte er morgens beinah Angst, das Haus zu verlassen. Einmal waren ein paar Groupies in der Werkstatt aufgetaucht und hatten gekreischt, als wäre er ein Rockstar. Was Bobby natürlich gefilmt hatte. Wahrscheinlich hatte er das Ganze ohnehin eingefädelt. Nein, auf keinen Fall würde Billy ihm noch einmal in die Falle gehen. Lieber allein als mit einer Frau zusammen sein, die ihn nur benutzen wollte.

„Geht da um die Ecke. Hier vor den Schülern kann er sich auf keinen Fall ausziehen“, sagte Josey, bevor sie zu den Kindern lief und ihnen den Ablauf erklärte.

Ja, es war besser, wenn er sein Shirt nicht vor den Schülern ablegte. Er hatte Tattoos, und zwar viele. Auch solche, die kleine Kinder und alte Damen erschrecken würden. Also bog er um die Ecke des Schulgebäudes, und Vicky folgte ihm in sicherem Abstand. Er zog das T-Shirt aus. Vicky drückte ihm das Mikro in die Hand und riss einen Streifen medizinisches Klebeband ab. Dann reichte sie es ihm, und er befestigte das Mikrofon über der Rose – an der Stelle, wo Jenny ihn berührt hatte.

Auf einmal begann es in seinem Rücken zu kribbeln. Er drehte sich um und sah, dass ihn eine ganze Klasse von Knirpsen durch die Fenster anstarrte.

Hinter ihnen stand Jenny Wawasuck. Und war schockiert. Ihre Augen waren so groß wie Radkappen, und mit offenem Mund betrachtete sie seinen entblößten Oberkörper. Billy erstarrte.

Ben hätte die Situation ruhig und vernünftig entschärft, und Bobby hätte einfach für die hübsche Lehrerin posiert. Weil er aber keiner von beiden war, fiel ihm nichts Besseres ein, als zurückzustarren.

Sie sagte etwas zu den Kindern, woraufhin diese von den Fenstern verschwanden. Dann warf sie ihm den wütendsten Blick zu, den er jemals bei einer Frau gesehen hatte, und zog die Vorhänge zu.

Das Ganze dauerte weniger als eine Minute.

Verdammt. Jetzt war er fällig. Würde sie ihn aus dem Reservat werfen?

Er seufzte. So lief es immer. Er versuchte, keinen Ärger zu machen, doch der Ärger fand ihn trotzdem.

Schicksalsergeben zog Billy das T-Shirt wieder an und begab sich auf seinen Posten. Er hatte nie begriffen, warum er derjenige vor der Kamera sein musste. Schließlich war Bobby der mit dem Hollywoodstil. Er trug jeden Tag Anzug und Krawatte und redete die Leute in Grund und Boden. Der Mann konnte gut mit Menschen umgehen … außer mit Jenny Wawasuck.

Während ihm die kleineren Kinder vorgestellt wurden, ließ Billy die Tür nicht aus den Augen. Wo blieb Jenny nur? Diese Provokation würde sie doch niemals durchgehen lassen.

Er schüttelte den größeren Schülern, die ihm „helfen“ würden, das Motorrad zu bauen, die Hände. Dabei wurden ihm zwei Dinge klar. Erstens würde Jenny nicht herauskommen und nochmals Streit mit ihm anfangen, und zweitens … war er deswegen enttäuscht.

Glücklicherweise wollte Bobby die ganze Begrüßungszeremonie nicht noch einmal filmen. Don und Josey brachten die Schüler gerade für die nächste Einstellung zur Werkstatt, wo Billy ihnen erklären sollte, wie sie ihm helfen würden. Da passierte es.

Die Hintertür der Schule wurde geöffnet, und Jenny kam heraus. Billys Herzschlag beschleunigte sich. Jetzt, im Tageslicht, bemerkte er, dass sie ihr langes Haar zu einem braven Knoten hochgesteckt hatte. Sie trug eine Bluse mit weißem Kragen, eine blassblaue Strickjacke und dazu einen schlichten Khakirock. Die Uniform einer Frau, die nicht bemerkt werden will.

Autor

Sarah M. Anderson
Sarah M. Anderson sagt, sie sei 2007 bei einer Autofahrt mit ihrem damals zweijährigen Sohn und ihrer 92-jährigen Großmutter plötzlich von der Muse geküsst worden. Die Geschichte, die ihr damals einfiel, wurde ihr erstes Buch! Inzwischen konnte sie umsetzen, wovon viele Autoren träumen: Das Schreiben ist ihr einziger Job, deshalb...
Mehr erfahren