Australische Millionäre - Leidenschaftliche Affären Down Under (3-teilige Serie)

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Lassen Sie sich in dieser dreiteiligen Serie von wohlhabenden Geschäftsmännern ins exotischen Darwin in Australien entführen. Diese lebhafte, tropische Hauptstadt pulsiert vor leidenschaftlicher Energie, der man nur schwer widerstehen kann.

VORSICHT, FRAUENHELD!

Von dieser Scheinverlobung profitieren beide: Phillip will seine Ex-Freundin eifersüchtig machen, Kia baut sich damit einen Schutzwall gegen den unwiderstehlichen Charme von Brant Matthews. Auch wenn sie den australischen Millionär unglaublich anziehend findet - diesem Frauenhelden geht sie lieber aus dem Weg. Aber ausgerechnet er fährt sie nach der "Verlobungsparty" heim. Dort erwartet sie ein Schock - in ihr Haus wurde eingebrochen. Viel zu riskant, dass Kia jetzt alleine bleibt. Doch die Nacht mit Brant Matthews zu verbringen, ist auch nicht ungefährlich ...

WAR ALLES NUR EIN SPIEL, DANIELLE?

Flynn Donovan ist entschlossen, sich nicht von der hinreißend attraktiven Danielle Ford einwickeln zu lassen. Sie spielt ihm die arme junge Witwe vor, die keine Ahnung von den betrügerischen Machenschaften ihres Mannes hatte. Natürlich besteht Flynn darauf, dass Danielle ihm die 200.000 Dollar zurückzahlt - und wenn nicht in bar, dann eben als seine Geliebte! Als sie empört ablehnt, ist er tief enttäuscht. Da fällt es ihm wie Schuppen von den Augen: Er ist rettungslos verliebt in sie! In eine raffinierte Betrügerin? Oder ist Danielle doch die Frau seines Lebens?

ICH HABE AUF DICH GEWARTET, DARLING

Die Zeit ist gekommen. Fünf Jahre hat Damien Trent darauf gewartet, dass Gabrielle nach Darwin zurückkehrt. Damals verließ sie ihn wie aus heiterem Himmel, ohne ein Wort des Abschieds. Nun hat er sie gefunden und holt sie zurück - damit sie ihrer Familie beisteht, aus keinem anderen Grund. Und doch, sobald sie sich wiedersehen, überwältigen ihn vertraute Gefühle. Dasselbe Begehren, dieselbe Leidenschaft wie früher beherrschen ihn. Damien weiß nur eins: Er will Gabrielle wieder in seinem Bett, in seinem Haus und in seinem Leben. Dafür wird er tun, was nötig ist …


  • Erscheinungstag 25.10.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738150
  • Seitenanzahl 480
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Maxine Sullivan

Australische Millionäre - Leidenschaftliche Affären Down Under (3-teilige Serie)

Maxine Sullivan

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1. KAPITEL

Alle Männer drehten sich nach Kia Benton um, auch Brant Matthews. Nicht dass er nicht schon viele schöne Frauen in seinem Leben gesehen hätte. Aber keine hatte bisher einen solchen Eindruck auf ihn gemacht wie diese Frau, die gerade den Ballsaal des Hotel Shangri-La in Darwin betrat. Darwin, Australiens nördlichste Stadt, wurde im ganzen Lande um seine Schönheit beneidet, doch, sofern man einen Vergleich zwischen einer Frau und einer Stadt anstellen wollte, dieser Frau mit ihrer Anmut und ihrem Liebreiz konnte sie keinesfalls das Wasser reichen.

Für diesen Abend, an dem an Glanz und Glamour nicht gespart wurde, hatte Kia sich besonders sorgfältig zurechtgemacht. Sie sah hinreißend aus mit dem leuchtend hellen Haar, das sie in einem kleinen Nackenknoten zusammengefasst hatte, und dem sehr geschickten Make-up, das ihre blauen Augen noch größer erscheinen ließ, als sie eh schon waren.

Brant lächelte verstohlen. Ganz eindeutig die Augen einer Frau, die es gewohnt ist zu verführen, dachte er. Sein Blick glitt über die nackten Schultern und das silbern schimmernde Kleid, das den Busen eng umschloss, über die schmalen Hüften fiel und offenbar lange Beine verbarg.

Welcher Mann spürte da nicht sofort den Wunsch, diese Frau zu besitzen? Doch es war nicht nur Kias Aussehen, das Brants Interesse weckte. Sie hatte Klasse und strahlte etwas aus, was bei Frauen sehr selten zu finden war, nicht einmal bei seiner Exverlobten, Julia. Julia war sowieso nur an einem interessiert.

Brant presste kurz die Lippen zusammen. Richtig, er durfte nicht vergessen, dass Kia in dem Punkt nicht anders war. Beide Frauen wollten das Gleiche.

Geld.

Auf dem Rückflug von Europa hatte er ihr Foto in der Zeitung gesehen, im Gesellschaftsteil, den sein Platznachbar gerade las. Und die Art und Weise, wie sie sich an den Arm seines Partners Phillip gehängt hatte, hatte ihn gleich misstrauisch gemacht. Sie stellte dieses gewisse selbstzufriedene Lächeln zur Schau, als habe sie endlich das erreicht, was sie sich schon lange vorgenommen hatte. Wer war diese Kia Benton? Brant war bisher der Meinung gewesen, Phillip sei immer noch mit seiner Sekretärin zusammen.

Er hatte versucht, möglichst unauffällig den Text zu entziffern. „Ist einer von Australiens reichsten Junggesellen seiner persönlichen Assistentin ins Netz gegangen? Wie persönlich diese Beziehung ist, kann uns wohl nur Miss Kia Benton selbst verraten.“

Ja, diese Frau wusste sicher, wie sie sich jemanden angeln konnte. Aber sie ahnte nicht, dass Brant sie unfreiwillig bei einem Telefongespräch belauscht hatte, als er am nächsten Tag ins Büro kam.

„Natürlich versuche ich, einen reichen Mann zu finden“, sagte sie, gerade als er an Phillips offener Bürotür vorbeiging. Dabei lehnte sie an seinem Schreibtisch und sah aus, als gehöre ihr das Unternehmen. Dann lachte sie und fügte hinzu: „Aber man kann doch genauso gut einen reichen wie einen armen Mann lieben.“

Aha, genau deshalb hatte sie sich seinem Geschäftspartner so unentbehrlich gemacht. Nach zwei Monaten fraß Phillip ihr bereits aus der Hand. Es war sonnenklar, sie war auf einen reichen Mann aus, diese hübsche falsche Person.

„Sind sie nicht das perfekte Paar?“, schwärmte eine der Frauen und riss Brant aus seinen düsteren Gedanken. Aber die Wirklichkeit war nicht viel besser, denn er hasste Weihnachtspartys, ein notwendiges Übel, das es jedes Jahr aufs Neue zu überstehen galt.

„Ja, sie sehen fabelhaft zusammen aus“, sagte eine andere, und alle Augen wandten sich der Tür zu, wo Phillip und Kia nebeneinander unter dem Schild „Fröhliche Weihnachten“ standen.

Die Frau des Chefs der Rechtsabteilung legte ihrem Mann die Hand auf den Arm. „Also, ich weiß ja nicht, was für Zaubermittel ihr in euren Büros versprüht, aber sie ist wirklich wunderschön.“

„Ja, und außerdem noch so hochintelligent“, meinte Simon mit väterlichem Stolz.

Wunderschön und hochintelligent.

Nun, offensichtlich verstand sie es ausgezeichnet, diese Mittel einzusetzen. Brant ärgerte sich, dass auch er von ihr fasziniert war, aber er konnte nichts dagegen tun.

Verdammt, warum hatte er sie nicht vor Phillip kennengelernt? Aber vor zwei Monaten war er nach Paris gegangen, um dort die neue Niederlassung einzurichten. Phillip wollte nicht, weil er schwer in seine damalige Freundin Lynette verliebt war. Als Brant einen Monat später zurückkam, hatte Phillips alte Sekretärin gekündigt, und Kia war bereits seine persönliche Assistentin.

Aber nicht nur das. Auch außerhalb des Büros schienen Phillip und sie unzertrennlich zu sein.

Wie jetzt.

Wieder fluchte Brant leise. Hätte er sie zuerst gesehen, dann hätten sie bereits eine heiße Affäre. Das war ihm klar, spätestens seit dem Augenblick, als er ihr in die leuchtend hellblauen Augen geschaut hatte.

Warum?

Weil sie genau wusste, wie sie auf ihn wirkte. Dass er von ihr sehr angetan war und sie unbedingt besitzen wollte. Sie brauchte ihm nur einen kurzen Blick zuzuwerfen, und schon spürte er dieses heiße Verlangen. Auch jetzt reagierte sein Körper sehr eindeutig. Brant wollte sie an sich reißen, in ihr sein, sich langsam in ihr bewegen, sie stöhnen und seinen Namen seufzen hören, bis sie mit einem lauten Schrei kam …

„Sie hat auch einen neuen Wagen“, flüsterte jemand neben ihm und unterbrach ihn in seinen sexuellen Fantasien. „Einen Porsche. Tolles Auto.“

„Nicht schlecht“, sagte einer der Männer. „Hat Phil den gekauft?“

Simon warf Brant schnell einen schuldbewussten Blick zu, als wisse er, dass man dieses Thema möglichst nicht im Beisein des Chefs diskutieren sollte. „Ich weiß … nicht genau“, sagte der andere Mann zögernd.

„Andererseits wäre es ja verständlich“, meinte Simons Frau. „Denn sicher möchte er nicht, dass ihr ein so schlimmer Unfall passiert wie ihm.“

Brant tat so, als höre er nicht zu, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und trank einen Schluck Whiskey. Auf dem Heimweg nach einem Abend mit Kia hatte Phils Wagen eine Panne. Und als er ausstieg, um sich den Schaden zu besehen, erfasste ihn ein vorbeirasender Wagen am Bein. Das Knie war zerschmettert, das Fußgelenk gebrochen. Ob er nun sein Leben lang würde hinken müssen, war noch nicht abzusehen.

Und Kia … das gute Kind …, dachte Brant und lächelte ironisch, hatte die Situation genutzt und sich Phil unentbehrlich gemacht. Sie war ständig zwischen Krankenhaus und Büro hin- und hergependelt und hatte Phil geholfen, die Arbeit vom Krankenbett aus zu erledigen. Wahrscheinlich hatte sie ihn auf diese Art und Weise auch dazu gebracht, ihr den Porsche zu kaufen. Verdammt! Sein Geschäftspartner, der außerdem auch sein bester Freund war, verdiente ganz sicher eine andere Frau als Kia, die nur auf sein Bankkonto scharf war.

Sollte er Phil die Augen über die Frau öffnen, mit der er sich eingelassen hatte? Sicher war es ziemlich einfach, Kia ins Bett zu kriegen, wenn er es wirklich darauf anlegte. Aber das brachte er nun doch nicht fertig. Nicht wegen Kia, sondern um den Freund nicht zu verletzen. Er wusste nur zu genau, was für ein bitteres Gefühl es war, wenn jemand, dem man vertraute, einem die Frau wegnahm.

Außerdem musste er auch an ihr gemeinsames Unternehmen denken. Seit Phillip und er vor drei Jahren angefangen hatten, Firmen aufzukaufen, hatte der Freund zwar einige Entscheidungen getroffen, die Brant hatte korrigieren müssen. Doch jetzt lief das Unternehmen hervorragend, und das wollte er auf keinen Fall aufs Spiel setzen.

Dennoch, eine Frau, die darauf aus ist, den Freund auszunehmen, stellt durchaus eine Gefahr dar, dachte Brant, als er sah, wie das Paar auf ihn zukam. Kia schob den Rollstuhl, blieb aber immer wieder stehen und unterhielt sich mit den anderen Gästen. Das machte sie sehr gut. Sie wusste genau, wie sie Menschen für sich einnehmen konnte.

Dass eine so strahlende Schönheit ein so kaltes Herz besitzen konnte! Plötzlich ertrug Brant es nicht länger. Er stand auf und ging zum Ausgang. Die Frau, mit der er gekommen war, hatte sich seit ihrem Verschwinden auf die Toilette sowieso nicht mehr blicken lassen, also würde sie auch nicht so schnell nach ihm suchen.

Er musste unbedingt an die frische Luft, ein paar Mal tief durchatmen und sich von der kühlen Meeresluft umwehen lassen, um den üblen Geruch nach Betrug und Lüge loszuwerden. Vielleicht würde dann endlich auch dieses peinigende Verlangen nach einer Frau nachlassen, die im Grunde nur seine Verachtung verdiente.

Nachdem sie endlich an ihren Tisch zurückgekehrt waren, setzte Kia sich mit einem Glas Champagner in der Hand und versuchte, sich zu entspannen. Brant schien kurz verschwunden zu sein, aber er würde sicher zurückkommen. Auf irgendeine verrückte Art und Weise machte er sie nervös, auch wenn sie versuchte, in seiner Gegenwart distanziert zu bleiben.

Heute zum Beispiel hatte sie sofort dieses unheilvolle Kribbeln gespürt, kaum dass sie den Ballsaal betreten hatte. Sie spürte, dass er sie ansah, sie von oben bis unten musterte, sie mit seinen Blicken förmlich auszog. Aber nicht erst heute hatte sie genau gefühlt, dass er sie begehrte. Schon seit sie ihm das erste Mal begegnet war, wusste sie, dass er mit ihr schlafen wollte, wann und wo auch immer.

Sosehr sie sich dagegen wehrte, auch sie wollte ihn. Dass sie sich das bewusst gemacht hatte, verschlimmerte nur die Situation. Wenn sie ihn sah, begann ihr Herz schneller zu schlagen, und sie hatte Mühe, sich nichts anmerken zu lassen.

„Alles in Ordnung, Kia?“

Lächelnd wandte sie sich zu Phillip um, wobei ihr klar war, dass alle sie beobachteten. „Ja, alles bestens.“

Er blickte ihr auf das Dekolleté und lächelte kurz. „Schön, dass dir mein Geschenk gefällt.“

Automatisch griff sie nach dem Diamantencollier, das sie auf seinen Wunsch heute umgelegt hatte. Er hatte sogar gemeint, sie solle es behalten, aber sie hatte es abgelehnt. Allerdings hatte sie zugestimmt, es heute Abend zu tragen. „Es ist wunderschön.“

„Ein wunderschönes Geschenk für eine wunderschöne Frau.“

Das Kompliment machte sie verlegen. Warum musste er immer so dick auftragen? Auch wenn er den Eindruck erwecken wollte, sie seien ein verliebtes Paar, brauchte er doch nicht so melodramatisch zu werden wie in den Filmen aus den Dreißigerjahren. Sie fühlte sich unbehaglich dabei.

Plötzlich sträubten sich ihr die Nackenhaare. Hinten auf der Tanzfläche tanzte Brant mit einer Frau. Ihr stockte der Atem, so stark überkam sie das Verlangen. Er war es allerdings auch wert, dass man ihn anschaute. Er sah nicht nur gut aus, sondern unverschämt sexy in dem schwarzen maßgeschneiderten Anzug, der seinen schlanken Körper betonte, dazu das schwarze glänzende Haar, das ihm in den Nacken fiel. Außerdem umgab ihn eine Aura des Reichtums, was ihn alles in allem unwiderstehlich machte.

„Wer ist denn die Frau, mit der Brant tanzt?“, fragte jemand am Nebentisch und kam damit Kia zuvor.

„Das ist doch sicher die Frau, mit der er gekommen ist“, antwortete ein anderer.

Überrascht sah Kia genauer hin. Normalerweise gab sich Brant doch nur mit blonden Frauen ab, bildschönen Blondinen mit tollen Figuren, die außerdem noch Stil hatten, wenn man den Zeitungen Glauben schenken sollte. Auch die Frauen, die ihn häufig im Büro besuchten, waren blond und hübsch. Und laut Evelyn, Brants Assistentin, traf das auch auf die Frauen zu, die ihn ständig anriefen.

Diese Brünette war ganz eindeutig nicht sein Typ. Sie sah nicht besonders gut aus, wenn sie auch nicht eigentlich unattraktiv war. Aber sie wirkte verklemmt, ganz im Gegensatz zu seinen strahlenden Blondinen, die vor Selbstbewusstsein strotzten. Und das geblümte Kleid stand ihr im Grunde auch nicht. Brants Gegenwart schien sie einzuschüchtern.

Kein Wunder, dachte Kia. Sie kannte dieses Gefühl. Jetzt lächelte die Frau ihn scheu an, und als er ihr Lächeln erwiderte, stolperte sie vor lauter Aufregung. Das war nur zu verständlich, denn Brant Matthews hatte ein neues Opfer gefunden, Herzensbrecher, der er war. Vielleicht sollte er diesen „Zweitberuf“ noch auf seine Visitenkarte drucken lassen.

Jetzt erst fiel ihr auf, dass Phillip etwas gesagt hatte. Schnell wandte sie sich zu ihm um. „Entschuldige, was hast du gemeint?“

„Ich sagte, das ist meine neue Physiotherapeutin.“

Ah, das also war Serena. Mit ihr hatte Kia bereits telefoniert. Aber warum hatte ausgerechnet Brant sich mit ihr eingelassen? Die beiden passten überhaupt nicht zusammen.

Doch dann begriff sie.

„Aber, Phillip, das hättest du nicht tun sollen!“, flüsterte sie.

„Was?“

„Die beiden verkuppeln.“

„Warum denn nicht? Außerdem, so ernst ist es doch nicht. Ich dachte nur, dass es Serena guttun würde, mal mit so jemandem wie Brant auszugehen. Er hatte nichts dagegen.“

Das arme Mädchen. Warum waren Männer nur manchmal so fürchterlich unsensibel?

„Genau deshalb hättest du es nicht tun sollen.“

Er runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“

„Sie wird wissen, dass jeder sich fragt, was Brant denn an ihr findet. Und das verunsichert sie noch mehr.“

„Ich habe es doch nur gut gemeint.“

Kia legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. „Ich weiß. Ich habe nur den Eindruck …“ Wie sollte sie ihm verständlich machen, was in einer schüchternen jungen Frau vor sich ging? Ihr selbst fiel es schwer, sich in die eigene Vergangenheit zu versetzen und nachzuempfinden, wie sie damals unter ihren Unzulänglichkeiten gelitten hatte.

„Fröhliche Weihnachten, Kia.“

Ohne dass sie es gemerkt hatte, war Brant neben sie getreten und streifte kurz ihre Wange mit den Lippen. Diese Geste bedeutete nichts und gleichzeitig alles. Kias Puls raste, als sie Brants warme Hand auf ihrer nackten Schulter spürte und seinen männlichen Duft wahrnahm.

Dann richtete er sich wieder auf und zog einen Stuhl für seine Begleiterin heran. „Serena, das ist Kia, Phillips Assistentin.“

„Wir haben schon miteinander telefoniert.“ Kia nickte Serena lächelnd zu, die ihr gegenüber Platz nahm.

„Ja, ich erinnere mich.“ Serena erwiderte schüchtern das Lächeln.

Sie tat Kia leid, und sie überlegte, wie sie ihr die Situation erleichtern konnte. Dadurch wurde sie ein wenig von dem Schock über Brants zärtliche Begrüßung abgelenkt. „Serena ist ein sehr schöner Name.“

„Finden Sie?“ Die junge Frau blickte verlegen auf ihre Hände.

„Er passt sehr gut zu Ihnen“, warf Brant schnell ein, bevor Kia etwas sagen konnte.

Serena errötete, was ihr ausgesprochen gut stand. „Danke.“

Brant setzte sich und reichte ihr ein Glas Champagner. „Es gibt nicht viele Frauen, mit denen man sich einfach wohlfühlt, Serena.“

Dabei warf er Kia einen schnellen Blick zu. Wollte er damit sagen, dass er sich mit ihr unwohl fühlte? Was für eine Unverschämtheit. Sie konnte ja schließlich nichts dafür, dass er sie begehrte, aber nicht haben konnte.

„Es gibt durchaus auch Männer, mit denen man sich nicht wohlfühlt.“ Kia wollte auf keinen Fall, dass er das letzte Wort hatte.

Er lehnte sich langsam zurück und nahm einen Schluck, während er Kia amüsiert musterte. „Wollen Sie damit sagen, dass manche Männer Sie nervös machen, Kia?“

Es überlief sie siedend heiß. Wollte er damit etwa ausdrücken, dass seine Gegenwart sie nervös machte?

„Nur, wenn ich es zulassen würde. Ich habe nicht vor, mich jemals von einem Mann nervös machen zu lassen.“

„Tatsächlich?“ Er warf kurz einen Blick auf Phillip, dann wieder auf Kia. Dabei kniff er abschätzig, beinahe verächtlich die Augen zusammen, und Kia musste an ihre erste Begegnung denken. Sie hatte Phillip im Krankenhaus besucht, und Brant war gerade von seiner Europareise zurückgekehrt. Vom ersten Augenblick an hatte er sie als Feind betrachtet, und dieses Gefühl hatte sich im Laufe der Zeit noch verstärkt. Zwar verbarg er seine Empfindungen ziemlich gut, aber sie waren doch spürbar. Ob er sie für den Autounfall verantwortlich machte, weil Phillip sie an dem Abend nach Hause bringen wollte?

Das war sehr ungerecht, aber sie würde sich mit ihm darüber nicht auseinandersetzen. Denn dann ging er bestimmt ihrem Verhältnis zu Phillip auf den Grund und fand möglicherweise die Wahrheit heraus. Dass alles begonnen hatte, als Phillip sie bat, ihn zu einem Geschäftsessen mit Kunden zu begleiten, die auch Lynette, seine ehemalige Freundin, kannten. Danach waren sehr schnell die Fotoreporter der Skandalblätter aufgetaucht, und das Ganze war nicht mehr aufzuhalten. Und ehe sie sich’s versahen, galten Phillip und sie als Paar.

Brants Kiefermuskeln zuckten kurz, dann wandte er den Blick von Kia ab, als habe er genug von ihr, und richtete das Wort an seine Tischnachbarn.

Irgendwie ärgerte sie das. Ging er so mit den Frauen um, die ihn anfingen zu langweilen? Benutzte er sie lediglich, um seinen Spaß zu haben, und ließ sie dann fallen wie eine heiße Kartoffel, wenn er ihrer überdrüssig war? Ganz sicher lief das so bei ihm. Darüber sollte sie sich nicht wundern. Hatte sie vielleicht geglaubt, sie sei etwas Besonderes, weil auch sie von ihm körperlich so angezogen war?

Betont gelassen nahm sie einen Schluck Champagner, lehnte sich dann zurück und betrachtete die Paare auf der Tanzfläche. Phillip sprach über seine Pläne, Weihnachten in Queensland zu verbringen, um mit seiner Familie zusammen zu sein. Sie wollte nach Adelaide fliegen, um mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater Weihnachten zu feiern. Endlich würde sie ausspannen können, und sie freute sich sehr darauf. Vor allem musste sie dringend mal alles hinter sich lassen, vor allem das Büro – und ihre Chefs.

Plötzlich und vollkommen unerwartet beugte Phillip sich über den Tisch und fragte Brant: „Willst du nicht vielleicht an meiner Stelle mal mit Kia tanzen?“

„Was?“, entfuhr es Kia, bevor sie es verhindern konnte. Sie wollte nicht mit ihm tanzen, auf keinen Fall in seinen Armen liegen, ihn berühren.

Brant warf ihr einen schnellen Blick zu, als taxiere er kurz seine Beute. „Vielleicht möchte Kia nicht tanzen“, entgegnete er langsam, und sie wusste, er war begierig danach, sie in den Armen zu halten.

Sie lachte kurz und etwas gezwungen auf. „Sei nicht albern, Phillip, ich brauche nicht zu tanzen.“

„Aber ich habe doch gesehen, wie du im Rhythmus der Musik mit dem Fuß gewippt hast“, meinte er lächelnd.

So? Das hatte sie gar nicht gemerkt. Sie wollte wieder und diesmal sehr nachdrücklich ablehnen, als sie sah, dass die Blicke der Umsitzenden auf sie gerichtet waren. Wenn sie sich weiter wehrte, würden die anderen sich nur wundern, warum. Und dann bestand die Gefahr, dass ihre und Phillips Komödie sehr schnell aufflog.

„Okay, Phillip, wenn du es gern möchtest“, sagte sie mit eindeutiger Betonung, damit Brant nicht etwa glaubte, sie tue es für ihn.

Brant stand auf und reichte ihr die Hand. Sie versuchte zu lächeln, aber seine Nähe machte sie nervös. Als er sie auf die Tanzfläche führte, kribbelte ihr die Haut. Sofort nahm er sie in die Arme und wollte sie an sich ziehen, aber sie machte sich steif und stieß ihn leicht zurück. Auf keinen Fall durfte sie ihrem Verlangen nachgeben, sich an ihn zu schmiegen.

„Aber wir tanzen doch nur“, zog er sie auf. Dabei wusste er genau, welche Wirkung er auf sie hatte.

Auf Frauen ganz allgemein.

„Mr. Matthews …“

„Ich habe Ihnen doch schon mal gesagt, Sie können mich Brant nennen.“

„Aber Sie sind mein Chef, da ist mir eine gewisse Förmlichkeit lieber.“

„Warum denn?“

„Ich bin so erzogen worden. Man sollte den Älteren immer Respekt entgegenbringen.“

Er lachte leise und seine weißen Zähne blitzten. Damit ich dich besser fressen kann, dachte sie unwillkürlich.

Er legte ihr die Hand auf den Rücken. „Jetzt haben Sie es mir aber gegeben!“

„Zumindest habe ich mich bemüht.“ Für ihren Geschmack war sein Griff viel zu fest. Sie versuchte, ihn zu lockern.

„Ich weiß.“ Er neigte den Kopf und sah ihr in die Augen. „Ich frage mich nur, warum.“

Sie wandte den Blick ab. „Weil Sie mein Chef sind.“

Die Hand auf ihrem Rücken rutschte etwas tiefer, und Kia stockte der Atem. „Wenn ich Ihr Boss bin, dann sollten Sie auch tun, was ich will“, sagte er leise, und seine Stimme klang gefährlich.

Sie hatte sich wieder gefangen und blickte ihm direkt in die Augen. So leicht ließ sie sich nun doch nicht manipulieren. Sie war doch keine Marionette. „Ich war nie besonders gut darin, Befehle auszuführen.“

„Wie schade.“ Sein Blick wurde kälter. „Aber ich bin davon überzeugt, Sie erreichen immer das, was Sie sich vorgenommen haben.“

„Tut das nicht jeder?“, gab sie etwas scharf zurück. Was bezweckte er mit dieser Bemerkung?

„Jede Frau, meinen Sie wohl.“

Aha, also hatte der Schürzenjäger eine schlechte Meinung von Frauen generell. „Nein, ich meinte eigentlich jeder Mensch. Mann, Frau, Kind. Selbst Tiere …“

„Ich habe gehört, Sie haben ein neues Auto“, unterbrach er sie ziemlich rüde. „Einen Porsche.“

Tausend Gedanken schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf. Was meinte er damit? Warum fing er damit an? Und dann in einem derart anklagenden Ton. Dabei war sie sich keiner Schuld bewusst. „Ja, ich habe einen neuen Wagen.“

Er lächelte leicht ironisch. „Offenbar zahlen wir Ihnen ein sehr gutes Gehalt.“

Zorn stieg in ihr auf. „Ich bin mein Geld durchaus wert!“

„Davon bin ich überzeugt.“ Er beugte sich zu ihr hinüber, sodass er mit den Lippen fast ihr Ohr berührte. „Besonders Phil wird mir da zustimmen.“

Sie wich ihm aus. „Was soll das nun wieder heißen?“

Sein Lächeln wurde sanfter, aber die Augen blickten kalt. „Lediglich, dass Sie sicher eine ganz besonders gewissenhafte … Assistentin sind. Phil hält sich bestimmt für einen Glückspilz, dass er Sie hat.“

„Das hört sich nach einem sehr zweifelhaften Kompliment an.“

„Tatsächlich?“ Er zog sie etwas dichter an sich heran, damit sie die Hitze seines Körpers spüren konnte.

Okay, wenn er heiß war, würde sie ihn Kälte spüren lassen. Er sollte glauben, dass ihr seine kleinen Spielchen vollkommen gleichgültig waren. Sie lächelte ihn kühl an. „Serena macht einen sehr netten Eindruck.“

Ihr Themenwechsel schien ihn zu amüsieren. „Ja, ich bin gern mit ihr zusammen.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Die arme Serena. Vor einem Frauenhelden wie Brant war keine sicher.

Er runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“

„Was glauben Sie denn?“

„Warum beantworten Sie meine Fragen immer mit einer Gegenfrage?“ Er wirkte verärgert.

„Wieso? Tu ich das?“

Er presste kurz die Lippen zusammen. „Sie haben wohl gedacht, dass ich Serena links liegen lassen würde, was?“

Der Gedanke war ihr tatsächlich kurz gekommen. Aber dann war ihr klar geworden, dass Männer wie er alle Frauen für sich gewinnen wollten, egal ob sie alt oder jung, hübsch oder nichtssagend waren. Im Grunde richtete sich ihr Ärger auch mehr gegen Phillip.

„Ich weiß, dass Phillip es nur gut gemeint hat, aber ich wünschte, er hätte Serena nicht in diese Situation gebracht. Glauben Sie mir, ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man immer das hässliche Entlein ist.“

Er riss die Augen auf. „Sie? Das glaube ich nicht.“

„Aber es stimmt. Ich sah immer vollkommen unbedeutend aus.“

„Jetzt machen Sie aber Witze!“

„Nein. Fragen Sie meinen Vater. Er hat mir immer wieder gesagt, wie unattraktiv ich sei.“ Bei der Erinnerung überkam sie erneut das Gefühl der Demütigung. Wie oft hatte sie in den Spiegel geschaut und sich gewünscht, hübsch zu sein. „Natürlich war er geradezu erleichtert, als ich mich dann doch zu so etwas wie einer passablen Frau entwickelte.“

Brant schüttelte verwundert den Kopf. „Und ich dachte immer, die Liebe eines Vaters sei vorbehaltlos.“

„Nicht die meines Vaters.“ Wieso erzählte sie ihm das eigentlich? „Er wollte sich nur mit schönen Frauen umgeben.“

„Frauen?“

„Meine Eltern sind geschieden. Glücklicherweise hat meine Mutter einen Mann gefunden, der sie wirklich liebt. Dad ist das dritte Mal verheiratet, diesmal mit einem Model, das halb so alt ist wie er.“

„Und wie denken Sie darüber?“

„Ich bin sehr froh, dass meine Mutter ihr Glück gefunden hat.“

„Und Ihr Vater?“

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie ihm schon viel zu viel über sich erzählt hatte. „Eigentlich haben wir uns ja über Serena unterhalten.“

Er merkte, dass ihr ihre Offenheit leidtat, und wollte nicht weiter drängen. „Serena ist ein nettes Mädchen.“

„Dass Sie sie als Mädchen bezeichnen, würde ihr sicher nicht gefallen. Sie ist doch kaum jünger als ich.“

„Aber Sie sind ganz anders. Viel …“

„Zynischer?“

„Reifer, wollte ich sagen.“

Unwillkürlich lächelte sie ihn an.

„Sie sollten häufiger lächeln, Kia.“

„Aber wenn ich Sie anlächele, kommen Sie vielleicht auf die Idee, dass Sie mir sympathisch sind“, sagte sie mit einem zuckersüßen Lächeln.

„Um Himmels willen, das darf auf keinen Fall passieren“, sagte er mit gespieltem Entsetzen.

Glücklicherweise war der Tanz zu Ende, sodass Kia darauf nicht mehr zu reagieren brauchte. Sie löste sich von Brant. „Danke für den Tanz, Brant.“

Zu ihrer Überraschung hielt er sie am Arm fest. „Sagen Sie das noch einmal, Kia.“

„Was?“

„Sagen Sie noch einmal meinen Namen“, schmeichelte er.

Da war er wieder, der alte Herzensbrecher. Beinahe war es ihr lieber so. „Brant Matthews.“

Zufrieden ließ er ihren Arm los. Wahrscheinlich würde er auch sie so einfach fallen lassen, wenn sie es wagen sollte, sich ihm hinzugeben.

Das allerdings würde nie geschehen, sagte sie sich immer wieder, als sie zu ihrem Tisch zurückging. Mit einiger Mühe gelang es ihr, eine gleichgültige Miene aufzusetzen, weil Phillip sie fragend ansah. Ahnte er etwas von ihren Gefühlen?

In der nächsten Stunde hörte sie verschiedenen Reden zu, sprach mit den Leuten an ihrem Tisch und begrüßte die Mitarbeiter, die kamen, um ihren Chefs ein gutes Weihnachtsfest zu wünschen.

„Hallo, Phillip!“

Kia blickte hoch. Eine schlanke hochgewachsene Frau stand vor ihnen, und Kia wusste sofort, wer es war. Sie hatte das Foto der Frau in Phillips Schreibtischschublade gefunden. Dies war Lynette Kelly, Phillips ehemalige Freundin.

Phillip lächelte kühl. „Lynette. Was für eine Überraschung. Was machst du hier?“

„Ich bin mit Matthew Wright hier.“ Sie sah wunderschön aus in dem schwarzen langen Seidenkleid. Das dunkle Haar fiel ihr weich auf die Schultern, das ovale Gesicht mit den hohen Wangenknochen und der kleinen Nase war von klassischer Schönheit.

„Dann hast du also endlich den Mann deines Lebens gefunden?“, fragte Phillip in einem nicht sehr freundlichen Ton. Kia schaute ihn bestürzt an. Schließlich hatten Lynette und er sich einmal sehr geliebt. Doch Lynettes lange Abwesenheiten als Flugbegleiterin hatten ihrer Liebe nicht gutgetan.

Lynette reckte leicht das Kinn. „Ja, Phillip. Ich glaube, das habe ich.“

Kia hörte, wie Phillip der Atem stockte, aber außer ihr und Brant hatte das wohl keiner bemerkt.

Dann holte Phillip tief Luft und setzte ein falsches Lächeln auf. „Das ist aber ein Zufall!“, meinte er und griff nach Kias Hand. „Auch ich habe diesmal die Richtige gefunden. Kia hat gerade zugestimmt, mich zu heiraten.“

2. KAPITEL

„Heiraten?“, stieß Lynette überrascht hervor, mitten in eine Gesprächspause hinein. Dann redete alles durcheinander.

„Heiraten?“

„Wer will heiraten?“

„Kia und du, ihr wollt heiraten?“

„Ich wusste doch, dass da irgendetwas war zwischen dir und Kia.“

Kia saß da wie erstarrt. Normalerweise war sie nie um eine Antwort verlegen, aber diesmal war sie so schockiert, dass sie kein Wort herausbrachte. Hatte sie richtig gehört? Hatte Phillip gesagt, sie wolle ihn heiraten? Und das hier vor allen Leuten?

Er blickte Kia an, dann zog er ihre Hand an die Lippen und küsste sie. „Ich weiß, wir wollten eigentlich bis nach Weihnachten warten, Darling. Aber warum sollten wir es nicht jetzt schon bekannt geben?“ Er lächelte, aber sein Blick bat sie inständig, keine Szene zu machen. „Verzeih mir, dass ich jetzt schon unser kleines Geheimnis verraten habe.“

Am liebsten hätte sie ihn erwürgt. Sie hatte nichts dagegen, ihrem Chef einen Gefallen zu tun, aber das hier ging zu weit. Doch was sollte sie tun? Ihr waren die Hände gebunden. Sie konnte ihn doch nicht vor Lynette blamieren. Schließlich war Lynette der Grund für diese absurde Behauptung. Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt und war kurz davor, in Panik zu geraten. „Ich …“

„Einzelheiten, bitte!“, unterbrach sie eine Stimme. Darüber war sie im Grunde froh, denn sie hatte keine Ahnung, was sie eigentlich hätte sagen sollen.

„Ja, erzähl uns Genaueres! Wir wollen alles wissen.“

„Zum Beispiel, wo ist der Verlobungsring?“

Phillip lachte. „Haben wir noch nicht. Und Einzelheiten kann ich euch auch nicht verraten. Ich habe ihr doch erst heute Abend den Antrag gemacht.“ Er lächelte Kia zärtlich an. „Nach Weihnachten suchen wir den Ring aus, nicht wahr, Darling?“

Kia stand noch unter Schock und brachte nur „Äh …“ heraus.

Eine der Frauen seufzte. „Wie romantisch!“

„Das kann man wohl sagen“, mischte Brant sich ein und warf Kia einen scharfen Blick zu. Sie hatte den Eindruck, als durchschaue er das Ganze und missbilligte es.

Und das, obgleich Phillip doch darauf bestanden hatte, dass keiner außer Kia und ihm selbst wusste, dass ihr Interesse aneinander nur vorgetäuscht war. Auch Brant sollte es nicht erfahren, auf keinen Fall. Phillip hatte Angst, sein Geschäftspartner halte ihn für unverantwortlich. Denn Brant hatte ihm offenbar den Fehler noch nicht verziehen, der ihm mit einem Kunden unterlaufen war. Der Fehler selbst war nicht schwerwiegend gewesen, das zumindest hatte Phillip behauptet. Aber seitdem belauerte Brant ihn wie ein Luchs.

Kia selbst war es nur recht gewesen, dass keiner von dieser Absprache erfahren sollte, besonders nicht Brant. Denn dadurch fühlte sie sich vor ihm geschützt, vor seinem Verlangen, seiner Leidenschaft. Ständig war er in ihrer Nähe, strich um sie herum, beobachtete sie, als warte er nur auf die Gelegenheit, dass Phillip ihnen den Rücken kehrte.

„Sie müssen sehr glücklich sein, Kia“, sagte Lynette plötzlich leise. Sie war blass geworden, und ihre Stimme klang brüchig. „Aber ich sollte wieder an meinen Tisch zurückgehen.“ Sie sah Phillip lange an. „Herzlichen Glückwunsch“, sagte sie dann. „Adieu.“

Auch Phillip konnte den Blick nur schwer von ihr lösen. Doch dann riss er sich zusammen. „Auf Wiedersehen, Lynette.“

Lynette ging, und Kia bemerkte, dass sie ihre ganze Kraft zusammennehmen musste, um einen würdigen Abgang hinzulegen. Ihr wurde ganz elend, jetzt, da sie die junge Frau gesehen hatte. Hätte sie sich doch nur nie darauf eingelassen. Alles hatte spielerisch, so harmlos angefangen. Keiner hatte darunter leiden sollen.

Aber Lynette litt, das war nicht zu übersehen. Und auch Phillip war ganz durcheinander. Natürlich hatte er nicht wissen können, dass sie heute hier war, und sich deshalb auch nicht auf eine Begegnung vorbereitet.

Oder?

Hatte er vielleicht genau gewusst, dass sie kommen würde? Hatte er Kia deshalb gebeten, das Diamantencollier zu tragen? Und Brant aufgefordert, mit ihr zu tanzen, damit Lynette sie auch sehen konnte?

Hatte er das alles inszeniert, um Lynette zu kränken?

Dieser Gedanke versetzte Kia einen schmerzhaften Stich. Sie hatte noch nie in ihrem Leben jemandem absichtlich wehgetan, und es ärgerte sie, dass sie missbraucht worden war, genau das zu tun. Wenn Phillip sie nach Hause fuhr, würde sie ihm sehr eindeutig klarmachen, was sie von seinem Verhalten hielt, und ihm das Versprechen abnehmen, alles wieder in Ordnung zu bringen.

Der Discjockey verkündete, dass das Dinner serviert werde und er derweil eine Pause mache. Alles strömte wieder zurück an die Tische. Plötzlich bemerkte Kia, dass Brant sie sehr intensiv musterte. Auf keinen Fall durfte er jetzt die Wahrheit herausfinden. Er war schließlich der Seniorpartner, also der eigentliche Boss, und die Sache könnte böse für Phillip ausgehen.

Das Essen war eine Qual, denn Brant ließ sie nicht aus den Augen. Als schließlich der Nachtisch serviert wurde, hatte sie den Eindruck, dass Brant alles über ihre Beziehung zu ihrem „Verlobten“ wusste.

Plötzlich schob Phillip den Rollstuhl zurück und lächelte die anderen Gäste entschuldigend an. „Bitte, haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich jetzt verabschiede. Mein Bein schmerzt ziemlich stark.“ Er sah Kia an. „Bleib nur hier, Liebling, und amüsier dich gut.“

Sie hatte sich so sehr auf Brant konzentriert, dass sie von Phillips Absicht ziemlich überrascht war. Allerdings ging es ihm wohl wirklich nicht gut. Er hatte kaum etwas gegessen und war sehr still gewesen.

Wahrscheinlich hat er ein schlechtes Gewissen, dachte sie wütend. Das könnte ihm wohl so passen, sie einfach hier zu lassen und den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen! Besser gesagt, einem ganz bestimmten Wolf …

„Ich komme mit dir“, sagte sie und griff nach ihrer Handtasche.

Er lächelte sie erschöpft an. „Das brauchst du wirklich nicht zu tun. Ich gehe sofort ins Bett.“

Auf keinen Fall würde sie ihm das durchgehen lassen. Sie musste mit ihm sprechen. Noch heute Nacht. Entschlossen schob sie den Stuhl zurück. „Okay. Aber ich werde auch nach Hause fahren.“

Phillip hob die Hand, um Kia zurückzuhalten. „Bitte, bleib, Liebling. Ich möchte dir nicht den Abend verderben.“

Was war daran zu verderben? Es war nicht gerade ein Vergnügen, Brants lauernden Blicken ausgeliefert zu sein. Und wenn Phillip noch einmal „Liebling“ zu ihr sagte, würde sie anfangen zu schreien. Und irgendjemandes „Darling“ war sie schon gar nicht, wo ihr ziemlich unerträglicher Vater sie doch immer sein „Darling Girl“ genannt hatte.

Sie wandte sich zu Phillip um, um darauf zu bestehen, mit ihm zu kommen. Doch als sie seinen verzweifelten Blick sah, wurde sie weich. Wahrscheinlich hatte die Begegnung mit Lynette ihm doch viel ausgemacht. „Gut, wenn du darauf bestehst“, sagte sie mit sanfter Stimme. „Ruh dich aus, damit wir uns morgen die neue Ausstellung ansehen können.“ Dabei schaute sie ihm bedeutungsvoll in die Augen, sodass er erkennen musste, morgen würde ein entscheidendes Gespräch stattfinden.

Er wich ihrem Blick aus. „Ich rufe dich dann morgen an.“

„Und ich achte darauf, dass Kia heil nach Hause kommt“, erklärte Brant plötzlich.

Kia sah ihn erschreckt an. Mit Brant in einem Auto? Sie hielt es ja kaum mit ihm in einem Ballsaal aus. Zu deutlich spürte sie, was er von ihr wollte.

„Das ist nicht nötig“, entgegnete sie schnell. „Ich nehme ein Taxi.“

„Kommt überhaupt nicht infrage. Nicht in diesem Aufzug.“ Brant musterte ihren Busen sehr eindeutig. „Haben Sie das nicht gelesen? Eine Frau ist in der letzten Woche überfallen worden, gerade, als sie das Hotel verlassen wollte.“

„Doch, das habe ich gelesen. Auch, dass sie den Kerl geschnappt haben. Es war ein ehemaliger Freund.“ Sie wandte sich wieder an Phillip. „Keine Sorge, ich komme gut allein zurecht.“

Doch Phillip war davon nicht überzeugt. „Brant hat recht. Du bist einfach zu hübsch, als dass du allein in der Nacht unterwegs sein kannst.“

„Sei nicht albern. Ich bin eine erwachsene Frau. Ich kann auf mich aufpassen.“

Phillip wollte etwas sagen, doch Brant kam ihm zuvor. „Ich finde es überhaupt nicht lächerlich, dass Ihr …“, er stockte, „Verlobter sich Gedanken um Ihre Sicherheit macht.“

Dazu fiel ihr nichts mehr ein. „Gut, dann fahren Sie mich eben nach Hause.“

Himmel, hilf!

Phillip nickte zufrieden und lehnte es glücklicherweise ab, die Verlobung über Mikrofon bekannt zu geben. Kia war bei dem Vorschlag zusammengezuckt. Die ganze Sache würde sowieso schneller bekannt sein, als ihr lieb war. Und dieser grässliche Reporter, der geschrieben hatte, dass sie sich nur einen reichen Mann angeln wollte, würde triumphieren.

Rick, Phillips Krankenpfleger, wohnte in dem Hotel und wartete bereits an der Tür, als Kia Phillip aus dem Ballsaal schob. Sie hatte versucht, mit Philipp zu reden, aber er hatte nur gesagt, es täte ihm leid, und sie würden später darüber sprechen. Dann schob Rick Phillip zum Ausgang.

Kia sah den beiden hinterher, dann straffte sie die Schultern und ging mit hoch erhobenem Kopf an ihren Tisch zurück. Keiner sollte merken, wie schwer ihr das fiel. Sie musste Brant wieder ertragen mit seiner Arroganz und seiner unterschwelligen Feindseligkeit. Wenn er auch nur ein unpassendes Wort sagte, würde sie ihm seinen Drink ins Gesicht schütten, das nahm sie sich fest vor.

Bei dem Gedanken musste sie lächeln. Doch sobald sie in seine Sichtweite kam, verging ihr das Lächeln. Denn er blickte sie mit seinen kalten Augen so durchdringend an, dass sie es auf die Entfernung körperlich spüren konnte. Sie konnte nichts dagegen tun, sie musste ihn auch ansehen, und ihr wurden die Knie weich. Obgleich er sich mit Simon zu unterhalten, ihm zumindest zuzuhören schien, fühlte sie sich wie gefangen von seiner sexuellen Anziehungskraft.

Ihr weiblicher Instinkt sagte ihr, dass er nur darauf wartete, sie in die Arme zu ziehen und sich in ihrem Körper zu verlieren. Ihrem Körper, das musste sie sich immer wieder sagen. Denn das war alles, was er wollte.

„He, Babe, wollen wir tanzen?“

Sie wandte sich um und blickte in das Gesicht von Danny Tripp, dem Sohn eines der Geschäftsführer, der als Volontär in der Buchhaltung arbeitete und immer knallrot wurde, wenn sie in den Raum kam. Normalerweise brachte er nicht mehr als zwei Worte heraus.

Nicht so heute Abend. Da hatte der lange schlaksige Danny mit dem ordentlichen Haarschnitt sich Mut angetrunken und war mit einem dümmlichen Grinsen auf sie zugesteuert, angefeuert von seinen Kumpels.

Na, wunderbar, jetzt waren schon zwei Männer hinter ihr her. Allerdings, der eine war wohl mehr ein Junge in dem Körper eines Mannes. Aber der andere, Brant Matthews, der war sehr Mann. Und noch viel mehr.

Sie warf ihm einen Blick zu und sah, dass er sie scharf beobachtete. Wahrscheinlich passte es ihm nicht, dass ein anderes männliches Wesen in sein Territorium eindrang. Sein Territorium, wie kam sie denn auf diese Formulierung? Aber genau so kam es ihr vor.

Gewaltsam löste sie den Blick und lächelte Danny dann freundlich an, sodass er sich vor seinen Freunden nicht schämen musste. „Ja, ich tanze gern mit dir.“

„Tatsächlich?“ Er sah sie verblüfft an, dann ergriff er ihre Hand und zog sie auf die Tanzfläche.

Sie fiel ihm geradezu in die Arme, als er sie schnell an sich zog. Und ehe sie etwas dagegen tun konnte, legte er ihr die Hände auf die Hüften, hielt sie fest an sich gepresst und küsste sie aufs Haar. Da war nichts von der Raffinesse zu spüren, die Brant bewiesen hatte, als er mit ihr tanzte. Dies war das Verhalten eines jungen unreifen Mannes, der sich nach Sex sehnte, vor allem mit einer Frau, die er verehrte.

Das ging zu weit. Als Kia bemerkte, dass seine Freunde anerkennend pfiffen, schob sie ihn leicht von sich. „Danny, ich …“

„Sag nichts, Babe.“ Er versuchte, sie wieder an sich zu ziehen.

Doch sie hielt Abstand. „Danny!“ Diesmal schien er bemerkt zu haben, dass sie es ernst meinte, denn sein Griff lockerte sich. Kia stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus und blickte zu ihm hoch. Plötzlich wirkte er durchaus nüchtern.

Er lächelte nun schuldbewusst. „Entschuldigen Sie, Kia. Ich wusste wohl nicht mehr, was ich tat, als ich Sie in den Armen hielt.“

„Wahrscheinlich hat der Alkohol damit mehr zu tun als ich.“

„Kann sein. Ich bin Rum pur nicht gewohnt.“

Wahrscheinlich war er Alkohol im Allgemeinen nicht gewohnt. Sie lächelte verständnisvoll. „Ich habe mich mal mit Brandy fürchterlich betrunken und war danach eine Woche krank.“

„Was? Sie waren mal betrunken?“

„Auch ich war mal jung.“ Sie lachte über sein verdutztes Gesicht, auch wenn ihr gleichzeitig schmerzlich bewusst wurde, warum sie getrunken hatte. An dem Tag hatte ihr Vater seine zweite Frau geheiratet. Er wollte nicht, dass seine unscheinbar aussehende Tochter an der Hochzeit teilnahm, zumindest hatte er das ihrer Mutter am Telefon gesagt. Leider war Kia zufällig Zeuge des Gesprächs am Hörer des Nebenanschlusses geworden, als sie eine Freundin anrufen wollte.

Seine Ablehnung war vernichtend für sie gewesen, obgleich sie mit fünfzehn an seine Taktlosigkeit hätte gewöhnt sein sollen. Als ihre Mutter ihr später möglichst schonend von der zweiten Eheschließung des Vaters erzählte, hatte sie so getan, als wisse sie von nichts. Sie war dann auf eine Party gegangen und hatte bis zur Bewusstlosigkeit getrunken. Auf diese bittere Art und Weise hatte sie lernen müssen, dass Alkohol keine Probleme löste.

„Das behältst du doch hoffentlich für dich?“ Sie lächelte Danny an und verdrängte die quälenden Erinnerungen.

„Äh …“ Er blickte auf die Freunde, die an einem Tisch nahe der Tanzfläche saßen. „Entschuldigung. Was haben Sie gesagt?“

„Ich sagte nur, ich hoffe, du erzählst niemandem, dass ich mal betrunken war. Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren.“

Wieder blickte er auf die Freunde, dann zog er Kia fest an sich und flüsterte ihr ins Ohr: „Okay, Babe. Natürlich werde ich das niemandem erzählen.“ Er lächelte und zwinkerte seinen Freunden zu.

Offenbar war er mehr um den eigenen als um ihren Ruf besorgt. Sie musste lächeln, als sie daran dachte, welchen Eindruck er wohl auf seine Freunde machte, und konnte ihm nicht böse sein. Er war eben nur ein Junge, der zu viel getrunken hatte.

Sollte sie jetzt mitten im Tanz aufhören und an ihren Tisch zurückkehren? Oder sollte sie bleiben? Bei all den Leuten hier auf der Tanzfläche würde Danny sich bestimmt nichts mehr herausnehmen. Doch dann fing er an, sie auf den Nacken zu küssen, und sie stieß ihn heftig von sich. Das musste ja nun nicht sein. „Danny, was denkst du …“

„Lass die Dame in Frieden!“, drohte plötzlich eine tiefe Stimme dicht neben ihnen, und beide fuhren zusammen.

Danny ließ Kia los und drehte sich mit empörter Miene um. Doch als er sah, zu wem die Stimme gehörte, wurde er knallrot. „Oh, entschuldigen Sie, Mr. Matthews“, sagte er schnell. „Aber ich habe nichts Schlimmes getan.“

„Ich weiß genau, was und warum du es getan hast, Daniel“, meinte Brant und wies mit dem Kopf auf den Tisch hinter ihm. Die Freunde starrten gebannt auf die Szene, die sich direkt vor ihren Augen abspielte. „Du solltest lieber an deinen Tisch zurückgehen. Sonst muss ich Mr. Reid erzählen, wie du dich seiner Assistentin gegenüber benommen hast.“

Danny sah ihn aus großen Augen erschreckt an. „Ich habe doch nur Spaß gemacht, Mr. Matthews, wirklich.“ Dann drehte er sich schnell um und setzte sich zu seinen Freunden an den Tisch.

Kia tat der junge Mann leid. Brant konnte sehr eindrucksvoll und auch Furcht erregend wirken. Aber warum musste er gerade diesem Jüngling gegenüber so sein?

Doch diese Frage konnte sie sich selbst beantworten. Er wollte nicht, dass Danny ihr zu nahe kam. Warum, war klar. Noch bevor sie diesen Gedanken weiterspinnen konnte, hatte Brant sie in die Arme gezogen und tanzte mit ihr. Wieder hielt er den korrekten Abstand ein. Warum empfand sie dann trotzdem seine sexuelle Macht über sie?

Da sie wütend über die eigene Reaktion war, warf sie Brant einen strengen Blick zu, der weniger selbstbewusste Männer eingeschüchtert hätte. „So brauchten Sie mit Danny nun wirklich nicht umzuspringen!“, stieß sie verärgert hervor.

„Oh, doch.“

Mit der Antwort hätte sie rechnen sollen. Denn sein Verhalten passte genau zu seinem gefährlichen Charakter. Er würde seine Beute nie ohne Kampf freigeben. Hinter seinem kultivierten Auftreten lauerte ein Raubtier. War sie die Einzige, der das auffiel? Die es mit allen Sinnen spürte? Es musste wohl so sein.

Sie hob das Kinn. „Sie hatten nicht das Recht, sich einzumischen.“

Sein Griff wurde fester. „Ich hatte jedes Recht dazu. Phillip erwartet von mir, dass ich seine Verlobte verteidige.“

Sie reagierte nicht auf die spöttische Betonung. „Danny ist doch noch ein Junge. Er wollte sich ein bisschen amüsieren, das ist alles.“

Er lächelte ironisch. „Er ist ein junger Mann, der drauf und dran war, Sie hier auf der Tanzfläche …“ Er hielt inne und zuckte dann mit den Schultern. „Aber gut, wenn Sie so etwas erregt, dann könnten wir vielleicht …“

„Hören Sie auf, Brant!“

Er hob den Kopf und sah sie überrascht an. Dann hellte sich sein Gesicht auf, und die blauen Augen strahlten. „Hurra! Sie hat mich beim Namen genannt!“

Unwillkürlich musste Kia lächeln. Den kleinen Sieg sollte sie ihm gönnen. Schließlich hatte er sie aus einer möglicherweise peinlichen Situation gerettet.

„Wenn Sie sich dadurch besser fühlen, verspreche ich Ihnen, am Montag mit Danny zu reden“, sagte er. „Übers Wochenende kann er ruhig ein bisschen ins Schwitzen kommen. Vielleicht begreift er dann, dass die Frau des Chefs für ihn tabu ist.“

Welcher Chef, hätte sie beinahe gefragt, und bei dem Gedanken, er bezeichne sie als seine Frau, durchlief sie ein heißer Schauer. Na ja, eine seiner Frauen. „Danke.“

Sie schwiegen, dann fing er wieder an. „Also darf man wohl gratulieren.“ Seine Stimme klang grimmig.

Sie nickte nur.

„Mich überrascht, dass Sie damit nicht früher herausgeplatzt sind. Die meisten Frauen könnten so etwas nicht für sich behalten.“

„Ich bin nicht wie andere Frauen.“

„Stimmt.“ Das klang nicht gerade wie ein Kompliment. Er betrachtete nachdenklich das Collier. Ihr brannte die Haut unter seinem Blick. „Diamanten stehen Ihnen gut.“ Auch diese Bemerkung klang eher bösartig. „Noch ein teures Geschenk von Phillip?“

„Wieso noch eins?“

„Der Porsche.“

Du lieber Himmel! Dachte er etwa, Phillip habe ihr den Wagen gekauft? Die Röte stieg ihr in die Wangen. „Den Wagen habe ich nicht von Phillip.“

„Tatsächlich nicht? Aber das Collier, oder? Er kann großzügig bis zur Verschwendung sein.“

Phillips Großzügigkeit war also an sie verschwendet? Was für eine Unverschämtheit! Wie kam er dazu, sie so zu behandeln? Was hatte sie ihm denn getan, außer, dass sie nicht mit ihm ins Bett gehen wollte?

Aber konnte sie ihm sagen, dass sie Phillip das Collier zurückgeben würde? Dann würde er sicher fragen, warum. Vielleicht sollte er lieber denken, was er wollte. Zumal er das sowieso tat.

Offenbar merkte er, dass sie sich innerlich von ihm distanzierte, denn auch er schwieg und schien sich auf die Musik zu konzentrieren. Kia hatte Schwierigkeiten, die Wut auf Brant am Kochen zu halten, denn der langsame Rhythmus brachte ihre Körper näher zusammen, sodass sie bei jedem Schritt gegen seinen festen Oberschenkel stieß.

Die rechte Hand hatte er auf ihre Hüfte gelegt, und bei jeder Bewegung glitt sie auf und ab. Kia wurde es abwechselnd heiß und kalt, und ihre Fantasie ging mit ihr durch.

„Was ist mit Ihnen?“

Kia fuhr zusammen und hob den Blick. Sie sah Brant direkt in die Augen und erkannte, dass er genau wusste, was in ihr vorgegangen war. Ihr Herz schlug wie verrückt. Seine männliche Ausstrahlung hatte eine solche Wirkung auf sie, dass sie sich nicht gewundert hätte, wenn er sie gleich hier auf der Tanzfläche nehmen würde. Das wäre reiner animalischer Sex, würdelos und wahnsinnig erregend. Auch Brant war das bewusst. Denn er empfand in diesem Augenblick genau das Gleiche wie sie. Das sah sie in seinen Augen. Das spürte sie bei jedem Schlag seines Herzens.

„Nichts. Es ist nur …“, sie befeuchtete sich die Lippen, „… ein bisschen heiß hier.“ Sie blickte um sich, als wolle sie die Paare auf der Tanzfläche für die Hitze verantwortlich machen, nicht aber ihn. „Zu viele Leute wollen hier mal so richtig aus sich herauskommen.“

„Und Sie? Lassen Sie sich auch manchmal gehen?“ Er blickte ihr auf den Mund und kniff kurz die Augen zusammen. „Ihr Haar zum Beispiel. Tragen Sie das immer so streng nach hinten? Oder lassen Sie es manchmal auch offen auf die Schultern fallen?“

Was steckte wirklich hinter dieser Frage? Ob sie mit ihm schlafen wollte? Irgendwie musste sie sich seinem verführerischen Einfluss entziehen. Wenn Phillip hier wäre …

Dann sicherlich!

Sie lächelte kühl. „Phillip ist der Einzige, der mich mit offenem Haar kennt.“

Er verspannte sich kurz und presste sekundenlang die Lippen aufeinander. Dann lächelte auch er. „Phillip schien heute gar nicht gut drauf zu sein.“

Kia wusste, worauf er anspielte. Dass Lynettes Anwesenheit ihn verärgert hatte. „Er hat in dieser Woche zu viel gearbeitet.“

„Das war alles?“

Kia erinnerte sich, wie scharf Brant sie und Phillip gemustert hatte, nachdem Lynette gegangen war. „Vielleicht konnte er auch nicht gut ertragen, so im Mittelpunkt zu stehen.“

„Vielleicht.“

Seit dem Unfall war alles anders. Und da man Phillip gesagt hatte, dass er möglicherweise sein Leben lang das Bein nachziehen würde, konnte die Menge der Neugierigen tatsächlich an seiner Nervosität schuld sein. Zumindest wäre das für Brant eine plausible Erklärung. Und Kia konnte hoffen, dass er mit seiner Fragerei aufhörte.

Zu Kias Erleichterung hörte die Musik endlich auf. Bereitwillig ließ Brant sie los und begleitete sie an ihren Tisch zurück. Glücklicherweise berührte er sie nicht, und dennoch war Kia heiß. Sollte sie noch einmal mit ihm tanzen, würde sie sich wahrscheinlich in Rauch auflösen.

„Amüsieren Sie sich gut?“, fragte Serena freundlich.

Kia nickte und hoffte, dass Serena nicht merkte, wie ihr Puls raste. Was für eine Frage! Wie konnte sie sich amüsieren, wenn jeder Blick, den Serenas Begleiter ihr zuwarf, deutlich machte, dass er sie, und nicht Serena leidenschaftlich begehrte.

„Ja, es ist eine gelungene Party“, sagte sie. „Ich wünschte nur, Phillip hätte sich nicht so früh verabschiedet.“ Das zumindest war keine Lüge.

Serenas Lächeln war voller Mitgefühl. „Er braucht einfach Zeit, um sich mit seinem Schicksal abzufinden.“

Wieder bedauerte Kia zutiefst, dass sie sich auf diese Farce eingelassen hatte. Wenn die nette Serena wüsste … „Ja, ich weiß“, war alles, was sie herausbrachte.

Die allgemeine Unterhaltung wandte sich jetzt anderen Themen zu, und Kia hatte Zeit, sich zu beruhigen. Sie hörte den anderen einfach zu. Was für nette und herzliche Leute.

Dann warf sie Brant einen Blick zu, der sich gerade zu Serena beugte, die ihm irgendetwas erzählte. Na ja, fast alle waren nett und herzlich. Aber Brant Matthews konnte man eigentlich nicht als nett bezeichnen.

Das passte nicht zu einem Mann mit einem bohrenden Blick, mit einem Körper, der vor Sinnlichkeit glühte, einem Mann, der eine Feindseligkeit spüren ließ, wie man sie eigentlich nur einem Erzfeind gegenüber empfand.

Glücklicherweise setzte die Musik wieder ein, und zwar mit einem Rock ’n’ Roll. „Wollen wir tanzen?“, fragte Simon. Kia folgte ihm bereitwillig auf die Tanzfläche und sah, dass Brant mit Serena hinter ihnen ging. Obgleich in mittleren Jahren, war Simon ein sehr guter Tänzer. Wahrscheinlich war er mit Rock ’n’ Roll aufgewachsen.

„Das wird er morgen sicher spüren“, sagte seine Frau lächelnd, als die beiden nach nur einem Tanz wieder an den Tisch zurückkamen.

„Kann sein“, gab Kia zurück, wurde aber bereits von Bill Stewart hochgezogen, der unbedingt mit ihr tanzen wollte. Sicher wollten alle um sie herum dafür sorgen, dass sie sich gut amüsierte, auch wenn ihr Verlobter nicht da war.

Als sie endlich wieder saß, sah sie, dass Simon schon wieder auf sie zukam. Lachend hob sie die Hände. „Ich kann nicht mehr.“ Sie griff nach dem Krug mit Eiswasser. „Ich brauche unbedingt eine Pause.“

„Aber …“, begann Simon.

„Schluss“, sagte Brant bestimmt und sah mit einem Blick um sich, der allen klarmachte, dass er hier der Chef war. „Kia sieht müde aus.“

Sie war nicht müde, sie hatte nur keine Lust mehr zum Tanzen. Aber sie wollte sich nicht mit Brant streiten. So lächelte sie Simon nur entschuldigend an. „Stimmt. Ich bin ein bisschen müde.“

Simon wirkte beinahe erleichtert. „Macht nichts. Ich weiß sowieso nicht, ob ich noch einen Tanz durchgehalten hätte.“

Dann wurde die Musik immer lauter, sodass man sich nicht mehr unterhalten konnte.

„Wie ist es, wollen die Damen nach Hause?“, fragte Brant und sah Serena und Kia an. „Es ist schon fast Mitternacht.“

Am liebsten hätte Kia die ganze Nacht hier verbracht, um dem drohenden Schicksal zu entgehen, von Brant nach Hause gebracht zu werden. „Das hängt von euch beiden ab.“

„Wenn Sie möchten, ich bin bereit“, meinte Serena und musste dann so herzhaft gähnen, dass alle loslachten. „Entschuldigung. Ja, vielleicht ist es doch besser, wir fahren. Ich habe morgen schon früh einen Termin.“

„Dann können Sie sich ja keine lange Nacht leisten“, meinte Kia.

Brant stürzte schnell den Rest seines Drinks herunter und stand auf. „Also, dann los.“

Was für ein Ton, dachte Kia wieder, aber sie stand auf. Serena folgte ihr zum Ausgang. Sie hatte offenbar nichts von Brants schlechter Laune bemerkt, denn sie redete unbefangen auf Kia ein, die allerdings kaum etwas mitbekam. Zu sehr war sie in Gedanken mit Brant beschäftigt.

Warum machte er nur so ein finsteres Gesicht? Hätte sie das mit der langen Nacht nicht sagen sollen? Dachte er gleich wieder ans Bett? An Sex? Für den Serena keine Zeit hatte? Und wozu sie, Kia, nicht bereit war?

Andererseits hatte er sicher jede Menge Freundinnen, die nur zu glücklich über seinen Anruf wären. Er bräuchte nur zum Hörer zu greifen.

Während sie vor dem Hotel auf Brants Wagen warteten, überlegten sie, wer wo wohnte und in welcher Reihenfolge Brant sie absetzen sollte. Es stellte sich heraus, dass Serena nur ein paar Blocks entfernt wohnte.

„Dann liefern wir Sie als Erste zu Hause ab, wenn es Ihnen recht ist“, erklärte Brant und öffnete ihr die hintere Tür des grauen Mercedes.

Serena lächelte scheu. „Aber selbstverständlich ist mir das recht.“ Sie setzte sich nach hinten.

Kia hätte sich am liebsten neben sie gesetzt, aber sie hatte keine Chance. Brant packte sie am Ellbogen, schob sie nach vorn und öffnete die Beifahrertür für sie.

Bei der Berührung überlief sie ein Frösteln, und das trotz der lauen Nacht. Schon bald war sie mit dem Mann allein, der sie nicht einmal berühren musste, damit sie bereit war, sich ihm auszuliefern. Brant brauchte kein langes Vorspiel, er brauchte sie nur anzusehen. Das war Verführung genug.

3. KAPITEL

Kia versuchte sich damit zu trösten, dass ihre Anwesenheit Brant immerhin davon abhalten musste, die harmlose und vertrauensselige Serena zu verführen. Andererseits war sie ziemlich sicher, dass er es auch nicht vorhatte. Denn er hatte sich Serena gegenüber eigentlich eher wie ein Bruder verhalten.

Doch dann musste sie an ihren Vater denken und an all die Frauen, die er in seinem Leben unglücklich gemacht hatte. Manche Männer konnten einfach nicht anders.

Fünf Minuten später hielten sie bereits vor Serenas Haus. Brant brachte sie zur Tür, lächelte, küsste sie kurz auf die Wange und kam zurück. Kia atmete erleichtert auf.

„War das keusch genug?“, fragte Brant, während er den Motor wieder anließ.

Keusch? Ein Kuss dieses Mannes, wenn auch nur auf die Wange, konnte nie keusch sein, zumindest nicht in Kias Augen.

Sie lächelte kühl. „Keusch? Ich dachte, dieses Wort kommt in Ihrem Wortschatz gar nicht vor.“

„Das Gleiche könnte ich auch von Ihnen sagen.“

„Von mir?“

Er warf ihr einen schnellen Blick von der Seite her zu. „Ja, von Ihnen. Sie sind so sexy, dass jeder Mann sofort von Ihnen angetörnt ist. Warum, meinen Sie, wäre Danny sonst so ausgeflippt?“ Er schüttelte lächelnd den Kopf, als er ihre Überraschung bemerkte. „Sagen Sie bloß, Phillip hat Ihnen das nie gesagt.“

Dass sie sexy sei? Nein, das hatte Phillip nie erwähnt.

„Oh, doch, natürlich“, log sie.

„Das klingt nicht gerade überzeugend.“

„Selbstverständlich hat er das betont. Ich meine nur …“ Was sollte sie bloß sagen? „Also, seit dem Unfall … da haben wir eigentlich mehr über ihn als über mich gesprochen.“

Das klang glaubhaft. „Ja“, meinte Brant nachdenklich, „er macht eine schwierige Zeit durch.“ Wieder warf er Kia einen prüfenden Blick zu. „Aber wenn irgendeine Frau ihm das Gefühl geben kann, wieder ein richtiger Mann zu sein, dann sind Sie es.“

Diese Einschätzung gefiel ihr nicht. „Sie haben Ihren Beruf verfehlt. Sie hätten Talkmaster werden sollen.“

Er lachte, und ihr war, als dringe der volle, dunkle Klang direkt in sie ein. Kein Wunder, dass er eine solche Wirkung auf Frauen hatte, wenn schon sie ihn begehrte, obgleich er ihr noch nicht einmal sympathisch war.

Glücklicherweise kamen sie jetzt an eine Baustelle, sodass Brant sich ganz auf die Straße konzentrieren musste. Kia gab ihm hin und wieder Anweisungen, wie er fahren sollte. Sonst schwiegen sie.

Endlich hatten sie ihre Straße erreicht. „Es ist das letzte Haus in dieser Sackgasse.“

Wenig später fuhr er in die Einfahrt und stellte den Motor ab. „Wohnen Sie hier ganz allein?“ Er wies auf das einstöckige Haus, das von einem dicht bewachsenen Garten umgeben war.

„Ja, ich wohne allein, allerdings nur in der einen Hälfte des Hauses. Die Besitzerin hat zwei Apartments einbauen lassen. Eins bewohnt sie, eins ich.“

Da June kein Auto hatte, konnte Kia die Garage am Ende der Einfahrt benutzen. Warum war sie bloß heute Abend nicht mit ihrem eigenen Auto gefahren? Wenn sie gewusst hätte, dass Phillip früher gehen und sie auf Brant angewiesen sein würde, hätte sie auf alle Fälle ihren Porsche genommen.

Glaubte Brant wirklich, dass Phillip ihr den Wagen geschenkt hatte?

Ich bringe Sie zur Tür.“

Das hatte sie erwartet. Und da ihre Eingangstür auf der Rückseite des Hauses lag, würde sie ihn auch nicht so schnell loswerden. Denn wenn er sah, dass sie um das Haus herumgehen musste, würde er ihr auf alle Fälle folgen.

„Der Eingang ist hinten.“ Sie wollte aussteigen, hatte aber Schwierigkeiten mit ihrem langen Kleid. Und schon war er an ihrer Seite und hielt ihr die Hand hin. Sie zögerte kurz. Ihr Puls ging sowieso schon schnell. Wenn sie jetzt Brant auch noch berührte?

Aber sie hatte keine Wahl, wenn sie nicht als kindisch dastehen wollte. Also legte sie die Hand in die seine, und sofort überlief es sie heiß. Dabei hatte er die Finger nicht über ihrer Hand geschlossen, sondern überließ es ihr, ihn fest anzufassen.

Ob es beim Sex genauso war? Ob er sich auch da nach den Bedürfnissen der Frau richtete?

Bei dem Gedanken kribbelte ihr die Haut. Sie griff nach der Hand und zog sich mit Schwung daran hoch, sodass sie fast gegen ihn geprallt wäre. Doch bevor sich ihre Körper berühren konnten, trat Brant einen Schritt zurück. Wie rücksichtsvoll.

„Hier entlang“, sagte sie leise und ging vor. Der Weg, der um das Haus herumführte, war kaum erleuchtet, und als Kia um die Ecke bog, sah sie, dass die Haustür offen stand.

Sekundenlang begriff sie nicht, was das bedeutete, dann schrie sie auf.

„Bei mir ist eingebrochen worden!“

„Bleiben Sie hier!“, befahl Brant und ging mit langen Schritten vor. Er fluchte leise, als er auf Glas trat, fand dann den Lichtschalter rechts neben der Tür und knipste das Licht an.

Sie standen in der Küche und blickten sich fassungslos um. Zuerst sah es so aus, als sei nichts passiert, aber das Glas war der Beweis, dass jemand die Tür eingeschlagen hatte.

„Vorsicht!“ Brant reichte Kia die Hand, während sie mit der anderen Hand das Kleid anhob und vorsichtig über das Glas stieg.

Sie stand unter Schock, ihr Herz klopfte wie verrückt. Automatisch verfiel sie ins Du. „Meinst du, dass er noch da ist?“, fragte sie flüsternd.

Brant blickte den dunklen Flur entlang, während er sein Handy aus der Tasche holte. „Wenn, dann wird er das sehr schnell bereuen.“

Kia zitterte am ganzen Körper, während Brant die Polizei anrief und den Vorfall kurz schilderte. Der Einbrecher tat ihr beinahe leid. Sie wollte nicht in seiner Haut stecken, falls er noch hier war und Brant ihn erwischte.

Brant fluchte leise, als er das Handy wieder einsteckte. „Heute Nacht war allerhand los. Es wird wohl eine Weile dauern, bis sie kommen.“

Kia mochte nicht daran denken, was gewesen wäre, wenn Brant sie nicht nach Hause gebracht hätte. Zum ersten Mal war sie froh, dass er da war. „Was nun?“

Er zog ein Messer aus dem Messerblock. „Dann will ich mal ein bisschen den Helden spielen“, sagte er mit einem schiefen Lächeln und ging in Richtung Flur. Doch als er ihr entsetztes Gesicht sah, blieb er stehen. „Was ist denn los?“

„Das wirst du doch hoffentlich nicht benutzen?“ Sie war kreideweiß geworden.

Er lächelte. „Ach was, das ist nur zu meinem Schutz. Komm doch mit.“

Darum brauchte er Kia nicht lange zu bitten. Sie klebte geradezu an ihm, als sie von Zimmer zu Zimmer gingen, überall das Licht anschalteten und überprüften, ob etwas fehlte.

Im Wohnzimmer hatte der Dieb Kias Laptop mitgenommen, ebenso ihren DVD-Player und die kleine antike Uhr. Das Schlafzimmer schien unberührt zu sein. Gott sei Dank. Die Vorstellung, dass jemand in ihren privaten Sachen, ihrer Wäsche, ihrer Kleidung herumwühlte, war einfach unerträglich.

Sie zitterte, und Brant legte ihr kurz den Arm um die Schultern. „Alles so weit in Ordnung?“

„Ja“, flüsterte sie, obgleich nichts in Ordnung war und sie nicht aufhören konnte zu zittern.

„Beruhige dich“, sagte er und drückte sie tröstend an sich. Am liebsten hätte sie sich an ihn gelehnt und sich in seine Arme geschmiegt. Sie hob den Kopf, sah ihn an – und blickte ihm direkt in die dunkelblauen Augen.

„Kia …“ Das klang wie eine leise Warnung, und dennoch öffnete sie leicht die Lippen. Er würde sie küssen, endlich. Wie sehr sehnte sie sich danach, besonders jetzt, in dieser Situation.

Doch dann hörten sie das Knirschen von Glas und fuhren auseinander. „Hier ist die Polizei! Alles in Ordnung da drinnen?“

Brant trat einen Schritt zurück. „Das wurde aber auch Zeit!“, stieß er leise hervor. Dann lauter: „Ja, alles in Ordnung! Wir sind hier im Schlafzimmer und schauen nach, ob etwas fehlt.“ Er ging der Polizei entgegen.

Kia blieb benommen stehen und versuchte, ihre Enttäuschung zu überwinden. Brant hatte sich offensichtlich sehr schnell gefangen. Warum auch nicht? Wahrscheinlich empfand er nicht das Gleiche wie sie. Und wenn doch, hatte er es sehr gut verborgen.

So würde es wohl auch sein, wenn sie ihrem Verlangen nachgab und mit ihm ins Bett ging. Er würde mit ihr schlafen, und danach konnte er sie sozusagen auf seiner Liste abhaken.

Kia richtete sich auf und atmete tief durch. Sie war außer Gefahr, sie hatte ihm widerstanden und würde es auch in Zukunft tun. Diesen Moment der Schwäche konnte sie auf den Schock schieben. So etwas würde nicht wieder passieren.

In den nächsten zehn Minuten saß sie am Küchentisch und beantwortete die Fragen der beiden netten Polizisten. Brant stand gegen die Arbeitsplatte gelehnt, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete alles so aufmerksam wie ein Richter die Vorgänge im Gerichtssaal. Der Jüngere der beiden Polizisten wurde ganz nervös, der Ältere jedoch blieb ruhig.

„Wahrscheinlich ein Junkie“, meinte er und hob seufzend die Schultern. „Die sind ja immer auf der Suche nach Geld. Wie gut, dass Sie das Collier getragen haben, Miss Benton, und es nicht zu Hause ließen.“

Unwillkürlich fasste Kia sich an den Hals, das Collier war noch da! Doch dann bemerkte sie, dass Brant die Stirn runzelte. Was war denn jetzt schon wieder? War er immer noch wütend, dass Phillip ihr den Schmuck geschenkt hatte?

Der Polizist unterbrach sie in ihren Gedanken: „Ich würde vorschlagen, Miss Benton, dass Sie in Zukunft Ihre Wohnung besser sichern. Vielleicht sollten Sie die Haustür ganz austauschen und mit einem Extrariegel versehen. Der beste Schutz ist allerdings immer noch ein Hund.“

„Aber wir haben einen Hund. Ich meine, nicht ich, aber meine Vermieterin in der Nebenwohnung.“ Sie hielt inne und riss dann die Augen auf. „Oh, nein! Wenn nun auch bei June eingebrochen wurde! Können Sie da vielleicht auch noch nachsehen? Mir fällt gerade ein, dass sie dieses Wochenende verreist ist. Sie wollte zu ihrer Schwester und Ralphie mitnehmen.“

„Soll ich mal einen Blick in die Wohnung werfen, Sergeant?“, fragte der jüngere Polizist. Und als der andere nickte, stand er auf, warf allerdings beim Gehen noch einen scheuen Blick auf Brant. Offenbar war er froh, den Raum verlassen zu können. Brant schien ihn einzuschüchtern.

„Kennen Sie jemanden, der heute Nacht hier bei Ihnen bleiben kann, Miss Benton?“, fragte der Sergeant. „Nach so einer Sache sollte man nicht allein bleiben.“

Ich bleibe hier“, erklärte Brant sofort.

Sie sprang auf. Das kam überhaupt nicht infrage. „Das ist nicht nötig, ich kann auf mich selbst aufpassen. Ich …“

„Und wenn er nun zurückkommt?“, unterbrach Brant sie grob.

Sie zwang sich zu einem kurzen Lachen. „Ach was. Er kommt nicht zurück. Er hat das genommen, was er wollte.“

„Bist du sicher?“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, um ihr Zittern zu verbergen. „Hör auf! Du machst mir Angst.“

„Das ist auch meine Absicht.“ Er stieß sich von dem Tresen ab und kam auf sie zu. „Du solltest dich nicht zu sicher fühlen. Du kannst die Tür nicht mehr schließen, und die nächsten Nachbarn sind weit. Sie können dich nicht hören, auch wenn du schreist.“ Er blickte sie entschlossen an. „Ich bleibe.“

Irgendwie war Kia sehr erleichtert, auch wenn sie eigentlich mehr Angst vor Brant und ihrer Reaktion auf ihn haben sollte als vor dem Einbrecher. Es sei denn, der Einbrecher wollte das zweite Mal nicht nur etwas stehlen, sondern sie auch noch …

„Das ist eine sehr gute Idee, wenn Sie mich fragen“, mischte sich der Polizist wieder ein. „Sie sollten jetzt nicht allein sein.“

„Nein, wahrscheinlich nicht“, gab sie zögernd zu.

Der junge Polizist kam wieder zurück. „In der anderen Wohnung ist alles in Ordnung“, sagte er. Er warf einen ängstlichen Blick auf Brant, dann wandte er sich an seinen Kollegen. „Die Meldung, auf die wir warten, ist gerade durchgekommen.“

„Hast recht, wir sollten los.“ Der Sergeant stand auf und steckte sein Notizbuch ein. „Wir bleiben in Verbindung“, meinte er zu Kia, dann verließen beide Männer das Haus.

Brant und Kia sahen sich an, die Spannung war spürbar. Doch dann wandte sie sich ab, fest entschlossen, die Situation so sachlich anzugehen wie nur möglich. „Ich mache dir die Couch zurecht.“

Er schmunzelte. „Ich fürchte, auf dem Zweisitzer werde ich kein Auge zukriegen.“

Sie starrte ihn entgeistert an. Wollte er damit sagen, dass er in ihrem Bett schlafen wollte? Nur über ihre Leiche!

Sie ging zum Kühlschrank und nahm sich eine kalte Flasche Wasser heraus. „Aber das ist doch der Sinn der Sache. Du sollst mich beschützen, also brauchst du auch nicht zu schlafen.“ Sie presste sich die eiskalte Wasserflasche an die glühende Wange. „Außerdem ist das eine Ausziehcouch. Die sollte auch für dich groß genug sein.“

Er begann seine Krawatte abzubinden. „Sehr schön. Ich habe gern viel Platz im Bett.“

„Das passiert wahrscheinlich nicht sehr oft“, entfuhr es ihr.

„Du tust gerade so, als hätte ich jede Nacht eine Frau bei mir.“ Er lachte leise.

„Hast du nicht? Wie enttäuschend!“

„Aber, Schätzchen, ich bin doch nicht verheiratet. Ich gehe nur mit einer Frau ins Bett, wenn ich mich nach etwas, sagen wir mal … Nähe sehne.“

„Das genau meine ich. Passiert das bei dir nicht jeden Tag?“ Ohne seine Antwort abzuwarten, stellte sie die Flasche ab und ging in Richtung Flur. „Ich hol dir eine Decke.“ Sie hielt es nicht länger aus, mit ihm in einem Raum zu sein. Diese männliche Überheblichkeit! Am liebsten hätte sie ihn erwürgt!

Als das Telefon direkt neben ihm klingelte, fuhr Brant hoch. Er hatte das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein. Die ganze Nacht hatte er sich hin und her gewälzt. Zuerst versuchte er sich einzureden, die Couch sei zu unbequem, aber ihm war schnell klar, dass er sich nur etwas vormachte. Das Wissen, dass diese aufregende Frau nur wenige Meter von ihm entfernt halb nackt im Bett lag, nur durch eine dünne Wand getrennt, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.

Und kaum war er eingeschlafen, da klingelte das Telefon. Es war wie verhext. Er nahm ab. „Hallo?“, brummte er.

Stille. Dann die fassungslose Frage: „Brant! Was machst du denn da?“

Brant war auf einmal hellwach. „Phil?“

„Allerdings! Wo ist denn Kia?“

„Also, Phil, es ist nicht so, wie du denkst.“ Brant setzte sich auf und lehnte sich gegen die Rückenlehne der Couch. „Bei Kia wurde gestern Nacht eingebrochen. Die Polizei meinte, es sei besser, Kia nicht allein zu lassen. Deshalb habe ich hier auf der Couch übernachtet.“

„Und was ist mit Kia? Alles okay?“

„Sie hatte gestern Abend einen Schock, aber heute wird es ihr sicher besser gehen.“ Er hörte ein leises Geräusch und blickte hoch. Kia stand in der Tür und hielt den blauen Morgenmantel vorn zusammen. Sie war noch ganz verschlafen, das blonde Haar war ungekämmt, das Gesicht ungeschminkt. Sie sah so verdammt sexy aus, dass er am liebsten den Telefonhörer auf die Gabel geworfen und sie in die Arme gerissen hätte.

„Ich bin froh, dass du da warst, um ihr zu helfen“, sagte Phillip leise. Er klang frustriert und traurig.

„Aber, Phil, ich bin ganz sicher, dass sie viel lieber dich hier an ihrer Seite gehabt hätte.“

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