Berauscht von so viel Glück

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Der Anwalt Mac Gibbons weiß, dass sich seine Tante nichts sehnlicher wünscht als seine Heirat. Doch bisher konnte er jedem Versuch, ihn zu verkuppeln, entkommen. Das ändert sich schlagartig, denn seit die Ärztin Samantha Collins mit ihrem Baby in sein Nachbarhaus gezogen ist, forciert Tante Florence ihre Bemühungen vehement. Mac muss zugeben, dass er es sogar genießt, zusammen mit Samantha eingeladen zu werden. Sie flirtet so gekonnt mit ihm, dass ihm in ihrer Nähe heiß und kalt wird. Ehe er sich versieht, hat er sein Herz an sie verloren, doch ihre Gefühle für ihn bleiben ihm ein Rätsel. Mal glaubt er sich am Ziel seiner Träume, dann wieder ist sie unsagbar kühl ...


  • Erscheinungstag 02.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754303
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

„Eine neue Lady kommt in die Stadt“, verkündete Ruth Langford ihren Freundinnen.

„Ist sie Single? Jung?“, fragte Florence Gibbons.

„Dreißig“, erwiderte Ruth und setzte sich zu den anderen.

„Das ist nicht zu alt“, sagte Florence. „Wer ist sie?“

„Die neue Ärztin.“

Die drei Ladys starrten Ruth an.

„Welche neue Ärztin?“, wollte Mabel Baxter wissen.

„Ist George krank? Will er die Praxis abgeben?“, fragte Florence besorgt. George Greenfield war ein guter Freund und der einzige Arzt der Stadt.

Ruth nahm die Karten vom Tisch und begann zu mischen. „Alex hat mir erzählt, dass George eine Kollegin in die Praxis aufnehmen will. Die Neue kommt aus Dallas. Sie hat ein Baby und will aus der Großstadt weg.“

„Schade“, sagte Florence enttäuscht.

Vor fast acht Monaten hatte sie ihren Freundinnen eine Wette vorgeschlagen. Siegerin sollte die sein, die als Erste ein Enkelkind bekam. Die anderen drei hatten ihre Söhne bereits unter die Haube gebracht und freuten sich jetzt mit ihnen auf Nachwuchs.

Florence brauchte dringend eine Frau für ihren Neffen Mac, den sie wie einen Sohn großgezogen hatte. Die Wette hatte sie zwar verloren, aber sie konnte noch immer Großmutter werden. Leider hatte die neue Ärztin schon ein Kind, also gab es vermutlich schon einen Ehemann.

„Warum sagst du das, Florence ? Sie ist …“

„Verheiratet und hat ein Kind“, beendete Florence den Satz betrübt.

„Sie ist nicht verheiratet!“

„Du hast gerade gesagt, dass sie ein Baby hat“, erwiderte Florence.

„Aber keinen Ehemann.“

„Und wenn schon. Ich schaffe es ja nicht einmal, Mac für eine Frau ohne Kind zu interessieren. Was glaubt ihr, wie er auf eine Mutter reagiert?“

„Hm“, knurrte Mabel. „Du hast recht, Florence. Vielleicht sollten wir uns mal in Lubbock nach einer Frau für Mac umsehen.“

„Mach dir keine Sorgen, Florence“, tröstete Edith ihre Freundin. „Uns fällt schon etwas ein. So schnell geben wir nicht auf.“

„Stimmt“, sagten die beiden anderen.

Florence setzte ein tapferes Lächeln auf. Ihre Freundinnen hatten recht. Sie dachte nicht daran aufzugeben. Mac würde sich noch wundern!

1. KAPITEL

Schon wieder ein Samstagabend.

Mac Collins musterte seine Freunde und überlegte, ob er nach Hause fahren sollte. Nein, dachte er. Schließlich waren Tuck, Spence und Cal seine besten Freunde, seit er vor zweiundzwanzig Jahren hergezogen war.

Was machte es schon, dass sie alle heirateten? Dass sie alle um den 1. August herum ein Baby erwarteten? Sie und ihre Frauen waren immer noch seine Freunde. Alex, Tucks Frau, war sogar Partnerin in seiner Anwaltskanzlei geworden.

Trotzdem fühlte er sich wie das fünfte Rad am Wagen.

Für das Problem gab es nur zwei Lösungen. Entweder er suchte sich andere Freunde oder machte es ihnen nach und fand eine Frau zum Heiraten.

Aber ein gebranntes Kind scheute das Feuer.

„Noch etwas Tee?“, fragte Nita und beugte sich lächelnd über den Tisch. Ihre Lieblingskellnerin war heute Abend besonders aufmerksam. Nun ja, Jessica, Cals Frau, gehörte das Restaurant, aber so freundlich wie heute war Nita noch nie gewesen.

Als sie weiterging, sah Mac Jessica an. „Was ist denn mit Nita los?“

Jessica lachte. „Kannst du dir das nicht denken?“

„Wovon redest du?“, fragte Cal und legte den Arm um seine Frau.

Die beiden anderen Frauen, Alex und Melanie, Spences Frau, schmunzelten.

„Und?“, drängte er, als niemand etwas sagte.

„Mac, du bist der Einzige, der übrig ist“, erwiderte Alex.

„Ich verstehe nicht …“ Doch dann begriff Mac. „Ihr meint doch nicht etwa diese dumme Wette? Aber die ist doch gelaufen. Einer von euch dreien wird gewinnen. Selbst Tante Florence sieht das ein.“

„Bist du sicher?“, fragte Melanie.

„Natürlich. Ich kann bis neun zählen, Mel. So lange dauert es nämlich, ein Baby zu bekommen.“

„Nita hat schon zwei“, erwiderte Melanie ruhig und nippte an ihrem Tee.

Vor Schreck klappte Mac der Unterkiefer nach unten, und er runzelte die Stirn.

Jessica lachte wieder. „Du bist ein attraktiver Mann, Mac, aber mit offenem Mund könnte man dich für den Dorftrottel halten. Reg dich ab.“

Spence kratzte sich am Kinn. „Du meinst, das Baby muss nicht von Mac sein? Hauptsache, Mac heiratet die Mutter?“

„Nein!“, protestierte Mac heiser. „Verdammt, jetzt wird bald jede allein stehende Mutter an meine Tür klopfen! Das lasse ich nicht zu!“

Alex zuckte mit den Schultern. „Ich sehe nicht, wie du das verhindern willst. Oh, ich glaube nicht, dass sie an deine Tür klopfen werden, aber …“

Sie verstummte, aber Mac wusste auch so, was sie meinte. Seit einigen Wochen brauchte er nur sein Haus oder die Kanzlei zu verlassen, um in das strahlende Gesicht einer Frau zu blicken. Und jetzt wurde ihm klar, dass jede von ihnen mindestens ein Kind hatte.

Aber keinen Ehemann.

„Du meine Güte, ich werde aus Cactus wegziehen müssen“, stöhnte er.

Die drei anderen Männer protestierten vehement. Ihre Frauen lächelten nur.

„Du könntest einfach heiraten“, schlug Jessica sanft vor.

„Keine schlechte Idee“, pflichtete Cal seiner Frau zu. „Wir sechs sind alle glücklich. Du hast beim ersten Mal nur die falsche Frau erwischt, Mac. Ich wette, diesmal hast du mehr Glück.“

Mac versuchte, die grimmigen Gefühle zu verbergen, die in ihm aufstiegen. „Ich glaube nicht. Außerdem muss ich jetzt los. Ich will zu Hause noch arbeiten.“ Er stand auf.

Seine Freunde glaubten ihm nicht, das sah er ihnen an. Aber Mac war fest entschlossen, nie wieder zu heiraten. Schon gar nicht eine Frau, die wie er schon eine gescheiterte Ehe hinter sich hatte.

Zwei Tage später, an einem warmen Montagnachmittag, fuhr Mac auf dem Highway 84. Er hatte in Lubbock etwas zu erledigen gehabt und war auf dem Rückweg nach Cactus, um für heute Feierabend zu machen.

Er wollte sich in seinem Haus verstecken, bevor die allein stehenden Mütter sich wieder an seine Fersen hefteten. Gestern beim Gottesdienst war es wieder schlimm gewesen. Wäre die Kirche ein Boot gewesen, wäre sie gekentert. Tante Florence und er saßen immer auf der linken Seite, hinter der Gemeinde. Aber gestern waren sämtliche Plätze um sie herum besetzt gewesen, und wohin er auch geschaut hatte, überall waren die allein stehenden Mütter der Stadt gewesen. Und alle hatten ihn angelächelt.

Mac war es schrecklich unangenehm gewesen.

Jetzt war er so vertieft in seine Probleme, dass er fast an dem Wagen am Straßenrand vorbeigefahren wäre.

Im westlichen Texas lagen die Orte weit auseinander, und man half sich gegenseitig. Also bremste er scharf ab und fuhr zurück, bis er den BMW-Kombi erreichte.

Er stieg aus und eilte zur Fahrertür. Die Scheiben waren getönt. Er legte die Hand auf den Griff, doch die Tür ging auf, bevor er sie öffnen konnte.

„Danke, dass Sie angehalten haben“, sagte eine Frauenstimme.

Eine sexy Frauenstimme. Als das Gesicht der Fahrerin vor ihm auftauchte, wurde Mac klar, wie sehr die Frau zu der Stimme passte. Sie war eine kleine, blauäugige Blondine. Und verdammt sexy.

Er schloss kurz die Augen und hoffte, dass ihr Anblick sich verändert haben würde, wenn er sie wieder aufschlug.

Vergebens. Sie sah noch hinreißender aus. Und sie ähnelte seiner Ex-Frau.

Als ein Baby zu weinen begann, wusste er, dass diesmal wieder nicht sein Tag war. Er hatte genau das gefunden, was er am wenigsten brauchte – eine allein stehende Mutter.

Samantha Collins musterte den Mann. Er starrte sie an, als hätte er noch nie eine Frau gesehen. Warum musste der erste Fahrer, der hielt, ausgerechnet ein Verrückter sein?

Sie saß seit etwa fünfzehn Minuten hier fest, und es war ein warmer Tag. Im Wagen würde es bald zu heiß für Cassie und sie werden.

Als das Baby weinte, hob sie es vom Beifahrersitz. „Es ist heiß, und …“

„Warum haben Sie die Fenster nicht geöffnet?“, unterbrach er sie.

„Weil ich Angst hatte“, gestand sie.

„Aber als ich anhielt, haben Sie sofort die Tür aufgemacht.“

„Sie … wirkten ganz vertrauenswürdig … in Ihrem Anzug und …“

„Und Verrückte tragen keine Anzüge?“, fragte er aufgebracht. „Lady, Sie haben den Verstand verloren!“

„Einer von uns beiden bestimmt“, murmelte sie, während sie langsam zur Fahrertür zurückwich. Sie fragte sich, ob sie schnell genug einsteigen konnte, bevor er es merkte.

Er legte die Hand auf die Tür. „Versuchen Sie es gar nicht erst.“

„Hören Sie, ich habe etwas Geld. Ich gebe Ihnen alles. Bitte, tun Sie uns nichts“, bat sie hastig.

„Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich werde Ihnen nichts tun“, versicherte er.

Sie wirkte nicht überzeugt.

„Kommen Sie, wir müssen Sie aus der Hitze schaffen. Brauchen Sie etwas aus Ihrem Wagen?“

„Können Sie ihn nicht reparieren?“

„Wissen Sie, was damit los ist?“

„Natürlich nicht!“, rief sie frustriert. „Ein Kieslaster hat uns überholt, und ein großer Brocken fiel herab. Ich glaube, er hat meinen Motor getroffen. Kurz drauf fing er an zu qualmen.“

„Hört sich nach einem kaputten Kühler an. Ihr Wagen muss abgeschleppt werden.“

„Nach Lubbock?“ Sie war vor fünfundvierzig Minuten durch Lubbock gefahren und hatte seitdem nicht viel mehr als Kakteen gesehen.

„Wohin wollen Sie denn?“

Sollte sie es ihm sagen? Vielleicht würde er sie verfolgen. Vorausgesetzt, sie entkam ihm. „Cactus“, murmelte sie schließlich.

„Warum?“

„Das geht Sie nichts an!“

„Da haben Sie recht“, sagte er überraschend. „Kennen Sie Florence Gibbons?“

Gibbons? O nein. Nein, nein, nein. Nicht er. Das konnte nicht sein! „Nein, die kenne ich nicht.“ Cassie nagte an ihrem Händchen. Sie musste bald gefüttert werden. „Könnten Sie mir einen Abschleppwagen rufen?“

Er holte ein Handy aus der Tasche und bat jemanden namens Ted, den Abschleppwagen herzuschicken. Danach steckte er das Handy wieder weg, nahm ihren Arm und wollte sie zu seinem Wagen führen.

„Ich warte hier!“, protestierte sie.

„Ted meinte, es wird ein oder zwei Stunden dauern.“

„Cactus ist doch nicht so weit entfernt. Es kann höchstens eine halbe Stunde dauern“, sagte sie. Sie hatte auf der Karte nachgesehen.

„Stimmt. Aber der Abschleppwagen ist draußen auf Herk Jones’ Farm, um den Traktor aus einem Schlammloch zu ziehen.“

„Kann denn nicht … jemand anders … Ich meine, ich kenne Sie nicht!“

Er ließ sie los. „Sie haben erwartet, dass jemand kommt, den Sie kennen?“

Nein, das war unwahrscheinlich, denn sie kannte nur einen Menschen in Cactus. „Ich … ich habe Angst, in Ihren Wagen zu steigen.“

Bevor er sie auslachen konnte, tauchte auf dem Highway ein Sattelschlepper auf. Samantha seufzte erleichtert, als der riesige Lastzug vor dem Wagen des Fremden hielt.

Die Tür ging auf, und ein kräftiger Mann stieg aus. „Brauchen Sie Hilfe?“

„Nein, danke“, rief der Fremde.

Samantha wusste nicht, was sie sagen sollte. Wenn der Fremde wirklich Mac Gibbons war, war sie bei ihm sicherer als bei dem Trucker.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte der Lastwagenfahrer.

„Sagen Sie ihm, dass alles okay ist“, drängte der Fremde leise. „Wir wollen keinen Streit.“

„Warum sollte es Streit geben?“, flüsterte sie.

„Weil ich nicht zulasse, dass Sie bei ihm einsteigen. Ich kenne ihn nicht.“

„Alles in Ordnung“, rief sie zurück.

„Ich kann Sie mitnehmen.“ Je näher der Trucker kam, desto misstrauischer wurde Samantha.

„Danke, aber mein Freund hier hilft mir“, erwiderte sie und versuchte, unbeschwert zu klingen.

Der Mann blieb stehen. „Na ja, wenn Sie meinen …“ Er musterte den Lexus-Fahrer. Dann drehte er sich um und eilte zu seiner Zugmaschine zurück.

Sekunden später fuhr er weiter.

„Danke für Ihr Vertrauen“, sagte der Fremde. „Brauchen Sie etwas aus Ihrem Wagen, bevor wir losfahren?“

„Wohin fahren wir?“

„Nach Cactus natürlich. Dort wohne ich. Ihr Wagen wird dorthin abgeschleppt, und dorthin wollen Sie doch, oder?“

Cassie begann wieder zu weinen, und Samantha schluckte.

„Was hat sie?“, fragte der Mann.

„Sie kennen sich mit Babys nicht aus, was?“

„Nein.“

Seine knappe Antwort schien sie zu verunsichern. Er holte das Handy heraus, wählte eine Nummer und hielt es ihr hin. „Verlangen Sie den Sheriff.“

„Büro des Sheriffs“, meldete sich eine Frauenstimme.

„Ich möchte den Sheriff sprechen“, sagte Samantha.

„Mit wem spreche ich?“

„Ich bin auf dem Highway liegen geblieben. Ein Fremder hat mir angeboten, mich mitzunehmen, und …“

„Augenblick, Honey.“

Sie hörte ein gedämpftes Gemurmel, dann kam ein Mann an den Apparat. „Hier Sheriff Baxter. Kann ich Ihnen helfen?“

Samantha wollte ihm die Situation erklären, doch Mac nahm ihr das Handy ab. „Cal? Hier ist Mac. Sag der Lady, dass es ungefährlich ist, bei mir mitzufahren, okay?“ Er gab es ihr zurück.

„Hallo?“, fragte sie zaghaft.

„Ma’am, Mac ist ein alter Freund und angesehener Anwalt. Er bringt Sie direkt in mein Büro, dann helfen wir Ihnen weiter.“

„Okay, Sheriff. Danke.“

Sie reichte ihm das Handy. „Der Sheriff hat gesagt, dass Sie ungefährlich sind.“

„Das beruhigt mich. Können wir jetzt fahren?“

„Ich brauche mein Gepäck, die Babysachen und den Sitz aus meinem Wagen.“

Er streckte die Hand aus. Glaubte er etwa, sie würde ihm ihr Kind anvertrauen?

„Die Schlüssel“, sagte er gereizt.

„Oh.“ Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie fest sie sie gepackt hielt.

„Steigen Sie in meinen Wagen. Der Motor läuft, und die Klimaanlage ist an.“

Erleichtert ließ sie sich mit Cassie auf den Ledersitz sinken und beobachtete im Außenspiegel, wie er ihr Gepäck einlud. Dann öffnete er die Tür hinter ihr und schnallte den Babysitz an. „Soll ich das Baby hineinsetzen?“

„Nein! Das tue ich selbst.“ Sie drehte sich nach hinten und setzte Cassie in den Sitz.

Er setzte sich ans Steuer und reichte ihr ihre Schlüssel.

„Ich habe ihn abgeschlossen. Bis Ted kommt, dürfte er sicher sein.“

„Aber wird er die Schlüssel nicht brauchen? Ich meine …“

Er nickte und steckte die Schlüssel ein. „Stimmt. Ich bringe sie ihm vorbei, sobald ich Sie beim Sheriff abgesetzt habe.“

Er fuhr los.

„Tut mir leid, dass ich so viel von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen muss.“

„Kein Problem.“ Er holte tief Luft. „Wollen Sie in Cactus jemanden besuchen?“

„Nein.“

Er warf ihr einen fragenden Blick zu.

„Der Sheriff sagte, Ihr Name sei Mac.“

„Richtig. Mac Gibbons.“

Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen. Er war es.

2. KAPITEL

Mac versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren. Aber die Frau auf dem Beifahrersitz machte es ihm nicht leicht. Nicht, dass sie etwas sagte. Sie sah einfach nur seiner Ex-Frau so ähnlich, dass er es kaum glauben konnte.

„Wollen Sie mir sagen, wie Sie heißen?“, brach er schließlich das Schweigen.

„Oh. Natürlich. Ich bin Samantha Collins. Und meine Tochter heißt Cassandra, aber ich nenne sie Cassie.“

„Sie ist nicht sehr alt.“

„Nein.“

Er runzelte die Stirn. „Ich kenne in Cactus niemanden namens Collins.“

Sie starrte nach vorn. „Gibt es in Cactus eine Vorschrift, dass man nur dorthin ziehen darf, wenn man in der Stadt schon Angehörige hat?“

„Sie ziehen nach Cactus?“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu und fragte sich, ob seine Tante hinter der Ankunft dieser rätselhaften Fremden steckte. Sie wollte ihn unbedingt verheiraten, und ihr war alles zuzutrauen.

„Haben Sie etwas dagegen?“

„Keineswegs“, erwiderte er rasch. „Aber es kommt nicht oft vor, dass jemand nach Cactus zieht. Es gibt kaum neue Jobs bei uns. Haben Sie schon einen?“

„Ja.“

Wieder so eine knappe Antwort. Die Frau war ziemlich verschlossen. „Werden Sie für Melanie Hauk arbeiten?“

„Nein. Ich kenne sie nicht.“

„Jessica Baxter?“

„Nein. Hieß der Sheriff nicht auch Baxter?“ Diesmal sah sie ihn an. Der Blick aus den blauen Augen wirkte unschuldig, aber er fiel nicht darauf herein.

„Ja. Jessica ist seine Frau. Ihr gehört The Last Roundup, das beste Restaurant der Stadt.“

Verblüfft starrte sie ihn an. „Sie halten mich für eine Kellnerin?“

„Sagen Sie mir doch einfach, was für ein Job auf Sie wartet. Dann muss ich nicht raten und kann Sie nicht kränken“, erwiderte er verärgert.

Sie schwieg.

„Was ist los mit Ihnen?“, fragte er ungeduldig. „Sie benehmen sich, als wären Sie eine Undercover-Agentin beim FBI. Das sind Sie doch nicht, oder?“

„Nein. Ich bin die neue Partnerin von …“

Sie verstummte, als er vor Cals Büro hielt.

Mac drehte sich zu ihr. „Von wem?“

„Dr. George Greenfield“, antwortete sie und öffnete die Beifahrertür.

Mac konnte es kaum fassen. Ärzte waren für ihn intelligente, selbstsichere, manchmal sogar arrogante Menschen. Die Lady, die er am Highway eingesammelt hatte, passte nicht in dieses Bild. „Sie scherzen, stimmt‛s? Sie sind keine Ärztin.“

„Doch, bin ich. Und ich finde Ihre Reaktion äußerst unpassend.“

Jetzt klang sie wie eine Ärztin.

„Tut mir leid. Sind Sie zum Bewerbungsgespräch hier?“ Er hatte nichts davon gehört, dass der Doc seine Praxis ausbauen wollte.

„Nein.“ Sie hörte sich ein wenig verunsichert an. „Ich habe mit Dr. Greenfield telefoniert, und wir haben viel über das Internet besprochen. Mit einem Baby ist das Reisen schwierig.“

„Er weiß von dem Baby?“

„Natürlich“, erwiderte sie scharf.

„Ich wollte nicht …“

„Alles okay?“, rief Cal, während er sich hinabbeugte, um in den Wagen zu sehen.

Mac ließ die Scheibe nach unten gleiten. „Ja, alles in Ordnung, aber ich habe gerade erfahren, dass diese Lady Docs neue Partnerin wird.“

„O ja. Ich habe gehört, dass Sie kommen. Dr. Collins, richtig?“ Der Sheriff lächelte.

Mac starrte seinen Freund an. „Du hast mir nichts davon gesagt.“

Cal zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht daran gedacht. Aber Dr. Collins wird die Babys auf die Welt holen und wird daher auch für uns zuständig sein.“

„Ihre Frau erwartet ein Kind?“, fragte Dr. Collins und beugte sich über Mac hinweg zum Sheriff.

Mac atmete ihren blumigen Duft ein und stellte erstaunt fest, wie gern er das Gesicht in ihrem seidig blonden Haar vergraben hätte. Hastig zuckte er zurück.

Ihre babyblauen Augen weiteten sich.

Auch Cal starrte ihn an. „Ja, wir bekommen ein Kind. Zusammen mit zwei anderen Paaren, Freunde von uns. Stimmt‛s, Mac?“

Mac nickte nur.

„Ich freue mich, dass ich Kundschaft bekomme“, sagte sie und erwiderte Cals Lächeln. Mac fiel auf, dass sie ihn selbst noch nie so angelächelt hatte.

„Was wird aus Ihrem Wagen?“, fragte Cal.

„Mr. Gibbons …“

„Ted schleppt ihn ab“, fiel Mac ihr ins Wort.

„Gut“, sagte Cal. „Nennen Sie ihn ruhig Mac. Wir sind hier nicht so förmlich. Ich bin Cal, und meine Frau heißt Jessica.“

„Danke, Cal. Können Sie mir sagen, wo ich die Pension Sunrise finde? Dr. Greenfield hat mir ein Zimmer reserviert.“

Bevor Cal antworten konnte, drehte Mac sich zu ihr. „Warum haben Sie mir das nicht gesagt? Ich hätte …“

Cal legte ihm eine Hand auf den Arm. „Gleich dort drüben, an der Ecke“, sagte er. „Wir helfen Ihnen mit dem Gepäck.“

„Danke.“ Sie stieg aus und nahm das Baby vom Rücksitz.

Mac folgte ihr. Er hatte sie gefunden. Und er konnte sie auch in der Pension abliefern. Irgendwie gefiel es ihm nicht, dass Cal, sein bester Freund, ihr half.

Cal schaute in den Kofferraum. „Ist das Ihr ganzes Gepäck?“

„Der Umzugswagen kommt am Mittwoch.“ Wieder lächelte sie Cal zu, und Mac fragte sich, warum sie bei ihm so schwierig gewesen war.

„Jetzt bringen wir Sie erst einmal in der Pension unter. Sie haben bestimmt einen langen Tag hinter sich.“ Cal nahm die beiden Taschen aus dem Kofferraum.

Mac trat vor. „Ich kann dir helfen.“

„Ist schon okay, Mac. Du solltest Ted die Schlüssel bringen“, schlug Cal vor.

Mac nickte stirnrunzelnd.

Die Ärztin streckte ihm den rechten Arm entgegen. „Danke, Mr. Gibbons.“

Er nahm ihre kleine schmale Hand in seine. „Gern geschehen.“

„Ich freue mich darauf, Ihre Frau kennen zu lernen“, fuhr sie fort. „Ist sie auch schwanger?“

Cal lachte, und Mac warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ich bin nicht verheiratet. Und ich habe auch nicht vor, zu heiraten oder Vater zu werden.“

„Aber … Sie erwähnten eine Florence“, erwiderte sie und wirkte wieder so unsicher und verlegen wie bei ihrer ersten Begegnung.

„Florence ist meine Tante.“

„Oh. Na ja, vielen Dank.“

„Wie alt ist Ihr Baby?“, fragte Cal auf dem Weg zur Pension.

„Cassie ist vier Monate alt.“ Samantha ging nicht aus dem Kopf, was Mac Gibbons gesagt hatte. Dass er nie heiraten oder Vater werden wollte.

„Sie ist hübsch.“

Sie lächelte. „Danke.“

„Ihr Haar ist ziemlich dunkel. Wird sie keine Blondine wie ihre Mutter?“

Wieder atmete sie tief durch. „Nein, ich glaube nicht.“

„Ihr Vater hat dunkles Haar, was?“

„Ja.“ Das war die Wahrheit.

Sie hatten die Pension fast erreicht, aber Cal wollte noch etwas wissen.

„Wo ist Ihr Mann?“

Sie zögerte. „Ich bin nicht verheiratet.“

Cal begann mit einer Entschuldigung, aber sie unterbrach ihn. „Ich war nie verheiratet. Ich bin durch eine künstliche Befruchtung schwanger geworden.“

Der Sheriff musterte sie. „Es muss schwer sein, ein Kind allein aufzuziehen.“

Samantha konnte ein wehmütiges Lächeln nicht unterdrücken. „Leider war mir das nicht klar, als ich auf die Idee kam.“

„Also suchen Sie einen Ehemann?“

„Nein!“ Auch das war etwas, das sie klarstellen musste. „Nein, ich suche keinen Ehemann. Ich suche nach einem stressfreieren Leben. In Dallas habe ich dauernd Überstunden gemacht. Dr. Greenfield will weniger arbeiten, daher werde ich genügend Patienten haben, um uns beide zu ernähren, aber auch mehr Zeit für Cassie.“

Cal nickte. „Das klingt vernünftig.“

„Das finde ich auch.“

„Aber ein Ehemann wäre auch nicht schlecht.“

In diesem Punkt waren der Sheriff und sie unterschiedlicher Meinung.

Mac brachte Ted die Wagenschlüssel. Als er wieder einstieg, sah er, dass sich der Babysitz noch auf dem Rücksitz befand. Er überlegte, ob er ihn Ted geben sollte, entschied sich jedoch dagegen.

Er würde in ihr selbst bringen.

Nicht, dass er die Lady wieder sehen wollte. Absolut nicht. Aber sie sollte wissen, dass er mit dem, was ihr gehörte, sorgsam umging.

Als er heimkam, war seine Tante nicht da. Der Anrufbeantworter blinkte, und er spielte ihn ab. George Greenfields Stimme erklang, und er musste sofort an Docs neue Partnerin denken. Aber George bat ihn nur um einen Rückruf.

War etwas mit Tante Florence? Mac rief sofort in der Praxis an.

„Doc? Ist etwas mit Tante Florence?“

„Wie kommen Sie darauf?“, fragte Doc Greenfield besorgt.

„Weil Sie angerufen haben.“

„Verdammt, mein Junge, Sie haben mir fast einen Herzinfarkt verpasst. Deshalb habe ich nicht angerufen.“ Der Doktor zögerte. „Ist sie nicht zu Hause?“

„Nein. Ich bin früher als sonst hier und weiß nicht, wo sie ist. Bestimmt kommt sie bald. Sie isst gern um sechs.“ Mac sah auf die Uhr. Fast fünf.

„Könnten Sie kurz in meine Praxis kommen?“, fragte Doc Greenfield.

Mac zog die Brauen zusammen. Der Mann hörte sich nervös an. „Sie haben mit Dr. Collins gesprochen.“

„Ja, das habe ich, aber …“

„Was immer sie behauptet, ich war nicht unhöflich zu ihr“, versicherte Mac.

„Sie hat mir nur erzählt, dass Sie sie nach Cactus mitgenommen haben. Ich wollte mich gleich bei Ihnen bedanken, bin aber noch nicht dazu gekommen.“

„Haben Sie mich deshalb angerufen?“, fragte Mac.

„Nein, aber ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen. Kommen Sie her, okay?“

Mac legte auf und starrte den Hörer an. Was war los? Er fuhr sich durchs Haar und eilte zum Wagen.

Fünf Minuten später führte Marybelle, Docs Krankenschwester, ihn ins Sprechzimmer.

Autor

Judy Christenberry

Judy Christenberry war nicht immer eine Autorin, aber schon immer eine Träumerin. Sogar als Kind hat sie sich selbst Geschichten erzählt, in denen sie stets die Heldin war. Aber erst mit 38 Jahren, ein Jahr nach dem völlig unerwarteten Tod ihres Vaters, schrieb sie ihre erste Romance. Denn damals wurde...

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