Der gefährliche Plan des griechischen Milliardärs

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Der charismatische griechische Milliardär Alexios weckt unbändige Leidenschaft in Athena. Nach einer Nacht der Sinnlichkeit in seinem Luxusanwesen auf Santorin muss sie jedoch eine schockierende Entdeckung machen: Ihr Traummann hat sie nicht aus Liebe verführt, sondern aus Rache!


  • Erscheinungstag 30.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716752
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Unternehmer Stavros Nikolides plötzlich und unerwartet verstorben.

Beim Lesen dieser Online-Meldung ballte Alexios Kyriakos unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Sein Vater hatte zu diesem Mann aufgeschaut, ihm blind vertraut, und Stavros hatte dieses Vertrauen schamlos ausgenutzt. Er hatte Alexios’ Vater hintergangen und sein Leben zerstört.

Nun hatte der Mann also das Zeitliche gesegnet. Während einer feuchtfröhlichen Champagnerparty mit seiner leicht bekleideten Geliebten an Bord seiner Luxusjacht hatte er einen tödlichen Herzinfarkt erlitten.

Alexios stand auf, ging zur Fensterfront seines Büros und ließ geistesabwesend den Blick über die Akropolis mit dem Parthenon schweifen.

Endlich hatten die Götter sich gerächt. Der Mann war tot. Damit sollte das Kapitel abgeschlossen sein.

Aber das war es nicht.

Alexios fühlte sich um die Gelegenheit betrogen, selbst Rache zu nehmen. Dabei war er fast am Ziel gewesen. Oh, es war so verdammt ungerecht! Wie sehr hatte er sich darauf gefreut, Vergeltung zu üben für das, was Stavros Nikolides seinem Vater angetan hatte. Auf dem Totenbett hatte er seinem alten Herrn versprochen, dem verhassten Widersacher das Handwerk zu legen. Zehn Jahre lang hatte er unermüdlich darauf hingearbeitet. Nun hatten die Götter ihn um die Früchte seiner harten Arbeit gebracht.

Frustriert betrachtete er das Panorama der Stadt. Trotz der fast unerträglichen Hitze in Athen waren viele Touristen unterwegs, um die historischen Sehenswürdigkeiten mit eigenen Augen anzuschauen – die Akropolis, den Parthenon, den Tempel der Athena Nike …

Athena. Alexios stutzte. Da war doch etwas …

Wie elektrisiert kehrte er zum Schreibtisch zurück und scrollte den Artikel hinunter bis zu den Fotos. Eins war extrem unscharf und zeigte sie in einem winzigen Bikini auf einer vor der Amalfiküste ankernden Jacht. Offensichtlich war die Aufnahme mit einem Teleobjektiv geschossen worden. Das andere Bild zeigte sie beim Verlassen des Leichenschauhauses. Dorthin hatte man den Leichnam ihres Vaters gebracht. Sie trug eine Sonnenbrille und wirkte sehr mitgenommen, als sie sich einen Weg zwischen den Reportern hindurchbahnte, die sie bedrängten, um ein Statement zu erhalten.

Athena Nikolides, siebenundzwanzig Jahre alt und das Produkt von Stavros Nikolides’ kurzer Ehe mit einem australischen Model, das es zur Schauspielerin gebracht hatte. Zweifellos war Athena nun die Alleinerbin eines stattlichen Vermögens, das ihr Vater durch unrechtmäßige Machenschaften zusammengerafft hatte.

Athena Nikolides.

Bildschön wie ihre Mutter, reich wie ihr Vater.

Da hatte er seine Rache …

1. KAPITEL

Wie in Trance saß Athena in einem Café in Thera. Nur am Rande nahm sie wahr, dass ihr der bestellte Kaffee gerade serviert worden war. Sie hatte auch keinen Blick für die Caldera von Santorin oder das in der strahlenden Septembersonne glitzernde Meer weit unter ihr.

Nein, sie hatte nur Augen für die Beiboote der drei Kreuzfahrtschiffe. Das ständige Hin und Her der kleinen Boote, auf denen die Passagiere nach einem abwechslungsreichen Tagesausflug zurück zu den Schiffen befördert wurden, wirkte hypnotisierend auf Athena.

Auf Eseln waren die Touristen die steilen Hänge hochgeritten und hatten danach die kleinen, an die Felsen geschmiegten pittoresken Orte mit den engen Kopfsteinpflastergassen besucht.

Tief atmete Athena die salzige Meeresbrise ein und kam langsam zur Ruhe. Die Kopfschmerzen, die sie seit dem Termin in der durchgestylten Kanzlei der Anwälte ihres Vaters in Athen geplagt hatten, ließen allmählich nach.

Noch immer stand sie unter Schock. Daher war es ihr besonders schwergefallen, den in schnellem Griechisch vorgetragenen rechtlichen Ausführungen der Anwälte zu folgen. Zwar beherrschte sie die Muttersprache ihres Vaters in Wort und Schrift, hatte sogar ihren Universitätsabschluss auf Griechisch gemacht und konnte sich fließend unterhalten, aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich auch mit der juristischen Terminologie auskannte.

Ihr schwirrte der Kopf, und sie befürchtete, die Anwälte gründlich missverstanden zu haben. Schließlich hob sie die Hand, um den Redeschwall aufzuhalten und zu erklären, dass sie nicht verstanden hatte, worauf die Rechtsanwälte hinauswollten.

Endlich erbarmte sich einer der Herren und wechselte ins Englische.

„Es ist ganz einfach, Athena. Ihr Vater hat alles Ihnen hinterlassen. Sein gesamtes Vermögen. Jeden einzelnen Euro. Sie sind seine Alleinerbin.“

Auch auf Englisch ergab das für sie keinen Sinn. Als sie die Kanzlei nach einer Stunde wieder verlassen hatte, konnte Athena noch immer nicht begreifen, dass ihr Vater sie zu einer der reichsten Frauen Griechenlands gemacht hatte. Wieso? Er hatte sie doch enterbt, als sie noch ein Teenager gewesen war. Und plötzlich gehörte ihr sein gesamtes Vermögen: ein Haus in Athen, eine Luxusjacht mit Hubschrauberlandeplatz und – zur Krönung des Ganzen – eine Insel namens Argos in der Ägäis.

Noch immer völlig überwältigt griff Athena nach der Kaffeetasse und leerte sie in einem Zug.

Ein alter Mann führte gerade einige Esel am Café vorbei. Die Tiere wirkten erschöpft. Kein Wunder, hatten sie doch den ganzen Tag lang die Passagiere der vor Anker liegenden Kreuzfahrtschiffe den steilen gepflasterten Weg zum Vulkankegel hinauf- und wieder hinuntergetragen. Die armen Kreaturen, dachte Athena mitleidig.

Aber die wunderschöne Kykladeninsel Santorin mit ihrer durch mehrere Vulkanausbrüche entstandenen Kesselform, dem unglaublich blauen, endlos tief erscheinenden Meer, das den Krater füllte, mit den von Vulkanasche dunkel gefärbten Klippen, den um den Krater herum erbauten strahlend weißen Häusern und den spektakulären Sonnenuntergängen zog Touristen nun einmal geradezu magisch an.

Auch Athena liebte diese Insel, nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen ihrer historischen Bedeutung und der Wetterphänomene. Manchmal war der Wind so stark, dass man Angst hatte, in den Krater geweht zu werden.

Genau dieses Gefühl empfand Athena gerade. Herausgerissen aus ihrem alten Leben und herumgewirbelt in einem mächtigen Sturm.

Es war die richtige Entscheidung gewesen, nach Santorin zu kommen. Umgeben von den Naturgewalten kehrte sie langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Wohin hätte sie auch sonst reisen sollen? Zurück nach Melbourne? Dort war sie nach der Scheidung ihrer Eltern aufgewachsen, dort hatte sie noch alte Schulfreunde. Oder zu dem kleinen Dorf, aus dem ihr Vater stammte? Sie hatte es nur ein einziges Mal besucht – als Kind. Freunde und Verwandte hätten sie herzlich begrüßt, sich um sie gesorgt. Das wäre sicher sehr schön gewesen, hätte sie jedoch zu sehr abgelenkt. Zunächst musste sie erst einmal in Ruhe über alles nachdenken. Auf dieser magischen Insel inmitten der Ägäis konnte sie das ungestört tun.

„Darf ich?“

Der Klang der angenehm tiefen Männerstimme weckte Athenas Interesse. Normalerweise hätte sie nur mit einer einladenden Handbewegung auf die Frage reagiert.

Die Stimme passt zu ihm, stellte sie einen Moment später fest. Der Mann sah fantastisch aus: groß, südländischer Teint, markantes Kinn, dichte dunkle Locken. Und dann diese Augen – dunkel, umrahmt von langen schwarzen Wimpern. Sein intensiver Blick ging ihr durch und durch.

Als der Mann sie anlächelte, wurde ihr bewusst, dass sie seine Frage, ob er sich zu ihr setzen dürfte, noch nicht beantwortet hatte.

„Ja, natürlich.“

Sofort nahm er neben ihr Platz. Dabei streifte er ihren Oberschenkel mit seinem, und die Berührung entfachte ein Feuer in Athena. Schnell rückte sie von ihm ab und atmete tief durch.

„Sie mögen Ihren Kaffee anscheinend stark“, stellte er fest.

„Ja.“ Sie verstärkte den Griff um die kleine Tasse. „Das hilft beim Denken.“

„Denken ist gut“, meinte er, nippte an dem Kaffee, den die Kellnerin ihm gerade serviert hatte, und fügte dann hinzu: „Jetzt brauchen Sie nur noch etwas, das ein Lächeln auf Ihr trauriges Gesicht zaubert.“

Verblüfft schaute sie ihn an. „Entschuldigung, kennen wir uns?“

„Auch ohne Sie zu kennen, sehe ich, dass eine große Last auf Ihren Schultern ruht.“

Wie konnte ein Wildfremder so mit ihr reden? Athena war völlig entgeistert.

„Nein“, sagte er schließlich, wandte den Blick ab und drehte die Kaffeetasse in seinen schönen, gepflegten Händen. „Hätten wir uns schon kennengelernt, würde ich mich garantiert daran erinnern.“

Sein Blick, seine Worte umschmeichelten sie wie eine liebkosende Berührung. Es war eine halbe Ewigkeit her, seit sie sich zuletzt zu einem Mann hingezogen gefühlt hatte. Deshalb sah sie ihm den Kommentar bezüglich ihres Seelenzustands fast nach. Statt aufzustehen und ihrer Wege zu gehen, blieb sie sitzen, vielleicht um die ungewohnten Gefühle noch etwas länger auszukosten.

„Ich heiße Alexios“, sagte er und lehnte sich entspannt zurück, als hätte er alle Zeit der Welt.

„Athena.“

„Aha, die Göttin der Weisheit, der Kunst und des Handwerks.“

„Nicht zu vergessen der Strategie und des Kampfes“, gab sie lächelnd zu bedenken.

Er nickte zustimmend. „Ja, aber sie zeichnet sich durch Gelassenheit aus und kämpft nur für die Gerechtigkeit.“

„Offensichtlich kennen Sie sich sehr gut in der griechischen Mythologie aus“, antwortete Athena beeindruckt.

„Ich bin Grieche. Es wäre eine Schande, wenn ich mein kulturelles Erbe nicht pflegen würde.“

Obwohl sie sich auf Englisch unterhielten, hatte sie bereits vermutet, dass er Grieche war.

Nachdenklich betrachtete sie ihn. „Alexios … Sie setzen sich zum Wohle der Menschheit ein, stimmt’s?“

Sein charmantes Lächeln machte ihn schier unwiderstehlich. Geistesabwesend ließ sie den Blick weiter nach unten gleiten, bis er am Kragen des blütenweißen Oberhemdes hängen blieb, wo der oberste Knopf gelöst war. Fasziniert betrachtete Athena die nackte Haut.

„Gemeinsam könnten wir die Welt retten“, schlug er leise und mit samtweicher Stimme vor.

Ihr wurde bewusst, dass sie ihn anstarrte. Schnell wandte sie den Blick ab. Er flirtet mit mir, dachte sie. Und auch wenn sie nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte, gefiel es ihr. Sie hatte noch nie geflirtet. Außerdem war es eine gefühlte Ewigkeit her, seit sie sich für einen Mann interessiert hatte. „Ach, ich weiß nicht“, sagte sie schließlich.

In diesem Moment drängte sich ein amerikanisches Paar an ihrem Tisch vorbei. Angeregt unterhielten die beiden sich über den faszinierenden Ausblick. Vermutlich waren sie auf einem der Kreuzfahrtschiffe angereist.

Athena ergriff die Gelegenheit, mit ihrem Stuhl wegzurücken und selbst wieder hinaus auf die Caldera zu schauen, wo die Motorboote noch immer unermüdlich zwischen den großen Schiffen und der Insel unterwegs waren. Eindringlich ermahnte sie sich, dass ihr Tischnachbar nur eine kurze Abwechslung gesucht hatte und sich verabschieden würde, sowie seine Tasse ausgetrunken war.

„Ich habe da ein Problem, bei dem mir die Göttin der Weisheit eventuell helfen könnte“, sagte er jedoch und widerlegte damit ihre Theorie.

Misstrauisch musterte sie ihn. „Ich wüsste nicht, wie.“

„Bald wird die Sonne hier am Horizont der romantischsten Insel der Welt im Meer versinken, und ich esse allein zu Abend.“

„Was hat das mit mir zu tun?“

„Sie würden mir sehr helfen, wenn Sie mit mir zum Dinner gehen.“

Enttäuscht wandte Athena sich ab und betrachtete das glitzernde Meer. Sich bei einer Tasse Kaffee unverbindlich mit einem Fremden zu unterhalten, in dessen Gesellschaft sie ein heißes Prickeln verspürte, war eine Sache, aber ein gemeinsames Abendessen? Man hörte ja immer wieder die altbekannten Geschichten von verhinderten Romeos, die sich an einsame Frauen heranmachten und ihnen das Paradies auf Erden versprachen, um sie dann eiskalt auszunehmen.

Nach dem völlig unerwarteten Ausgang des Gesprächs in der Kanzlei heute Morgen musste sie erst recht auf der Hut sein. Natürlich konnte Alexios nichts von der Erbschaft wissen, trotzdem konnte man gar nicht vorsichtig genug sein.

„Tut mir leid, ich bin nicht an einem Date mit einem Playboy interessiert. Vielleicht sollten Sie woanders nach einer Lösung für Ihr … Problem suchen.“

Alexios warf den Kopf zurück und lachte laut. Fasziniert betrachtete Athena die harten Muskeln, die sich unter dem dünnen Stoff seines Hemds abzeichneten, und bildete sich ein, das Testosteron förmlich zu riechen.

„Playboy?“, stieß er hervor. „Das hat noch keine Frau zu mir gesagt.“

Athena schaute ihm wieder in die Augen. Er war wirklich attraktiv und ausgesprochen sexy.

„Nein? Dann machen Sie sich normalerweise nicht an traurige, einsame Frauen auf Santorin ran?“

„Nur wenn sie bildhübsch sind“, antwortete er mit einem unwiderstehlich charmanten Lächeln.

Jetzt lachte auch Athena. Das Gespräch war absurd, der Mann unverschämt, gleichzeitig aber auch sehr erfrischend. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zuletzt so amüsiert hatte.

„Da haben Sie’s! Wenn Sie lachen, sind Sie noch schöner.“

Das traf auch auf ihn zu. Die Lachfältchen nahmen ihm das Strenge. Wie er sie anschaute … fast liebevoll, als würden sie sich schon ewig kennen. Irgendwie beunruhigend.

Dabei kannte niemand auf dieser Insel Athena. Keiner wusste, dass sie sich auf Santorin aufhielt. Von der Anwaltskanzlei war sie direkt in ihre Wohnung zurückgekehrt, hatte schnell eine Reisetasche gepackt und im Taxi zum Flughafen den Flug gebucht.

„Also, wie sieht’s aus?“, fragte er. „Leisten Sie mir beim Abendessen Gesellschaft oder wollen Sie den Abend allein und schlecht gelaunt verbringen und Ihren Entschluss ein Leben lang bereuen?“

„Sie sind ja ganz schön selbstsicher.“

„Nein, aber ich möchte mit Ihnen zu Abend essen und Sie näher kennenlernen.“

„Warum?“

„Weil ich spüre, dass mir das sehr gefallen wird.“

Unglaublich, aber sie war gar nicht mehr so abgeneigt, auch wenn es völlig untypisch für sie war, sich mit einem Fremden zu verabreden. Das war viel zu gefährlich. Die Anwälte hatten sie eindringlich gebeten, ab sofort besonders vorsichtig zu sein.

Wäre es wirklich so schlimm, dem einladenden Blick dieser schokoladenbraunen Augen zu erliegen? Sie fand Alexios anziehend. Warum sollte sie nicht auch mal ein wenig Spaß haben? Niemand kannte sie. Möglicherweise hätte man sie früher mal erkannt, als sie noch öfter auf Zeitungsfotos aufgetaucht war. Aber diese Zeiten waren vorbei. Als Teenager war sie eine Zeitlang über die Stränge geschlagen. Inzwischen war Athena klüger, verantwortungsbewusster und entschlossen, nicht wieder für Schlagzeilen zu sorgen. Sie wollte kein Risiko eingehen.

„Ich kann nicht“, sagte sie schließlich. Der Verstand hatte die Oberhand gewonnen. „Vielen Dank für das Gespräch. Es war …“

„… verführerisch?“

„Interessant.“ Sie korrigierte ihn, obwohl seine Beschreibung eher zutraf. Jemand drängte sich hinter ihren Stuhl. Vermutlich ein Kellner, der schnell den Nebentisch abräumen wollte. Daher wartete Athena einen Moment, bevor sie den Stuhl zurückschob und aufstand.

„Es war wirklich nett, mit Ihnen zu plaudern. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“ Sie wollte nach ihrer Tasche greifen, fasste jedoch ins Leere. Suchend sah sie auf dem Boden nach. Nichts.

„Was ist los?“, erkundigte sich Alexios.

„Meine Handtasche ist weg.“ Im nächsten Moment beobachtete Athena, wie ein Mann Richtung Ausgang eilte – mit ihrer Handtasche unter dem Arm!

„Haltet den Dieb!“ Aufgeregt zeigte sie auf den flüchtenden Mann. „Er hat meine Handtasche gestohlen.“

„Sie warten hier!“ Blitzschnell schaltete Alexios und nahm die Verfolgung auf.

Ein Kellner eilte heran. „Ich bin untröstlich. Hoffentlich wird der Dieb schnell dingfest gemacht. Darf ich Ihnen noch eine Tasse Kaffee bringen? Das geht natürlich aufs Haus“, versicherte er ihr.

Einen weiteren Kaffee konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Ihr Herz klopfte sowieso schon viel zu heftig. In der Handtasche befanden sich Pass und Brieftasche. Alexios musste den Dieb zur Strecke bringen, sonst war sie verloren. Der Typ hatte einen Vorsprung und kannte sich in den Gassen von Thera sicher gut aus.

„Danke, ich hätte lieber ein Wasser.“

Im Handumdrehen kehrte der Kellner mit einer Flasche Mineralwasser und einem kleinen Glas Ouzo zurück. „Der beruhigt die Nerven.“ Aufmunternd lächelte der Mann ihr zu. Eine amerikanische Touristin am Nebentisch schimpfte laut über die Unverfrorenheit des Diebs, fügte aber beruhigend hinzu: „Ihr Mann hat schnell reagiert und wird ihn sicher fangen.“

Abwesend nickte Athena. Gerade war ihr ein schrecklicher Verdacht gekommen: Vielleicht steckten Alexios und der Dieb unter einer Decke. Einer lenkte das Opfer mit Komplimenten ab, der andere schlug zu, wenn die Gelegenheit günstig war.

Ausgerechnet ihr musste das passieren! Statt hier tatenlos herumzusitzen, sollte sie zur nächsten Polizeistation gehen. Athena versprach dem Kellner, später zu bezahlen, doch der winkte nur ab. In diesem Moment erklang lauter Jubel, die Gäste applaudierten, denn Alexios betrat das Café – außer Atem, aber … mit ihrer Handtasche!

Erleichtert schloss Athena kurz die Augen. Dann war Alexios auch schon bei ihr und reichte ihr triumphierend die Tasche.

„Vielen, vielen Dank.“ Schnell überprüfte sie, ob auch nichts fehlte, und sah dann auf. „Ich wollte gerade zur Polizei gehen. Sollten wir den Dieb nicht anzeigen, damit er nicht noch mehr Leute bestiehlt?“

„Das wird nicht nötig sein. Ich habe ihm gründlich die Leviten gelesen. Glauben Sie mir, der schlägt so schnell nicht wieder zu.“

„Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll“, sagte Athena leise.

Seine schönen Augen funkelten vergnügt. „Ich wüsste da schon etwas. Essen Sie zusammen mit mir zu Abend.“

Konnte sie jetzt noch Nein sagen? Sie hatte ihn für einen Komplizen des Diebes gehalten, doch Alexios hatte sich als vertrauenswürdig erwiesen. Schuldbewusst blickte Athena zu Boden. Dann fasste sie einen Entschluss und sah strahlend auf. „Ich würde mich sehr freuen, Sie heute Abend zu begleiten.“

2. KAPITEL

Er hatte sie am Haken! Alexios’ Plan war aufgegangen. Nicht, dass er je daran gezweifelt hätte. Alles war wie am Schnürchen gelaufen. In Gedanken rieb Alexios sich die Hände, während er Athena durch die labyrinthartig schmalen, sich windenden Gassen zu dem Tisch führte, den er für zwei Personen hatte decken lassen. Der Ausblick auf den Sonnenuntergang war von hier aus atemberaubend.

„Santorin ist meine Lieblingsinsel. Genau genommen ist Santorin sogar mein Lieblingsort auf diesem Planeten“, erzählte er schließlich, um das Schweigen zu brechen.

„Meiner auch.“

„Tatsächlich? Dann haben wir ja schon was gemeinsam. Ein guter Start, oder?“

Sie lächelte amüsiert. „Das haben wir wohl mit vielen Menschen auf dieser Welt gemeinsam.“

„Stimmt.“ Nachdenklich ging Alexios weiter. Ihm war bewusst, dass er Athena noch lange nicht da hatte, wo er sie haben wollte. Sie war noch immer sehr misstrauisch. Aber sie war auch eine wahre Schönheit. Wenn sie lachte, funkelten ihre tiefblauen Augen, und bezaubernde Grübchen bildeten sich neben ihren aufregend sinnlichen Lippen. Außerdem bewegte sie sich sehr graziös in ihrem verführerischen Kleid im Stil der Fünfziger. Er konnte es kaum erwarten, es ihr auszuziehen …

Mit ihr ins Bett zu gehen wäre sicher ein Vergnügen. Wenn sie dann nach lustvollen Stunden im siebten Himmel schwebte, konnte er sie um ihr Vermögen bringen, ohne dass sie es merkte.

Falls sie ihm dann doch auf die Schliche käme, hätte er seine Rache.

Es war perfekt.

Sie unterhielten sich angeregt, während sie immer wieder müden Eseln auswichen, die ihnen mit Touristen auf dem Rücken entgegenkamen, und standen schließlich hoch oben auf dem Berg vor einem verschlossenen Tor. Alexios gab einen Code ein, stieß das Tor auf und überließ Athena höflich den Vortritt.

Die staunte nicht schlecht, als sie sich weit über der Caldera auf dem Vorplatz eines im venezianischen Stil erbauten Palastes wiederfand. Ein Zeugnis der Besatzung Santorins durch die Venezianer Jahrhunderte zuvor.

„Ich dachte, Sie führen mich in ein Restaurant aus“, sagte sie verblüfft.

„Es ist ein sehr privates Restaurant“, behauptete er. „Mit dem besten Ausblick von ganz Thera. Ich bin hier abgestiegen.“

„Sie sind Gast hier?“

„Kommen Sie, wir gehen auf die Terrasse.“

Athena stand am Tor und rührte sich nicht von der Stelle. „Wer sind Sie?“, fragte sie misstrauisch.

„Alexios. Alexios Kyriakos.“ Mit Blick auf das noch offen stehende Tor erklärte er: „Von innen kann man es ohne Code öffnen. Aber ich kann es auch offen lassen. Falls Sie meinen, flüchten zu müssen.“ Er legte eine Kunstpause ein. „Falls Sie mir immer noch nicht über den Weg trauen.“

Las er da etwa Schuldbewusstsein in ihrem Blick? Nein, er musste sich getäuscht haben. Sie vertraute ihm jetzt.

Zerknirscht schüttelte sie den Kopf und schob sich eine widerspenstige Haarsträhne hinter das Ohr. „Entschuldigung, aber ich bin heute etwas nervös. Insbesondere nach dem Vorfall im Café. Sie können das Tor ruhig schließen.“ Athena trat einen Schritt vor, damit Alexios das imposante Tor zuziehen konnte.

Dann ging er mit ihr ums Haus herum, wo die riesige Terrasse mit dem spektakulären Ausblick auf die kleinen Inseln jenseits der Caldera lag. Durch heftige Vulkanausbrüche vor Tausenden von Jahren war diese zauberhafte Landschaft entstanden. Direkt unter ihnen befand sich die Ausbuchtung einer nackten, aus Vulkangestein geformten Felswand, sodass der Eindruck entstand, sie würden über dem Kraterrand schweben.

Zwischen den Inseln des Archipels ging langsam die Sonne unter.

Athena stützte sich mit den Händen auf die Balustrade und genoss das faszinierende Schauspiel. Der Wind hatte etwas aufgefrischt und trug eine salzige Meeresbrise zu ihnen herüber. „Einfach fantastisch“, sagte sie andächtig.

„Ja, nicht wahr?“ Alexios stand etwas abseits und ließ ihr alle Zeit der Welt, sich an dem Naturschauspiel zu erfreuen. Sie sollte sich sicher und geborgen fühlen. Außerdem bereitete es ihm Freude, Athena einfach nur zu beobachten, bis der richtige Moment gekommen war.

Verzückt wandte Athena sich kurz um. Im Licht des roten Sonnenuntergangs glänzten ihre blauen Augen wie Edelsteine.

Autor

Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb.
Nach...
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