Der Kuss des Millionärs

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Ein geschäftlicher Deal macht Isabella zu Jeremy Harpers Geliebten. Was der reiche Unternehmer nicht ahnt: sie hat schon immer für ihren Mentor geschwärmt. Doch als sie nach einer leidenschaftlichen Romanze auf einen Heiratsantrag hofft, wird Bella bitter enttäuscht!


  • Erscheinungstag 10.05.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725570
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Jeremy Harper möchte dich sehen.“

„Schick ihn bitte herein, Shelley“, bat Isabella McNamara ihre Assistentin, obwohl Jeremys Name nicht auf ihrem Terminkalender eingetragen war. Sie legte den Hörer auf, lehnte sich in ihrem bequemen Ledersessel zurück und holte tief Luft. Es würde ein ganz normales Meeting werden. Sie arbeitete ständig mit erfolgreichen Geschäftsmännern zusammen. Mit Jeremy würde es nicht anders sein als mit allen anderen.

Ja, sicher, rede dir das ruhig ein.

Bella trocknete sich die vor Aufregung feuchten Handflächen an ihrem Seidenrock und bereute es sofort. Sie wollte den Charme und das Selbstbewusstsein einer Angelina Jolie ausstrahlen. Also atmete sie erneut tief ein und wiederholte die Worte in Gedanken – ruhig, cool, clever.

Mit Jeremy war es eben immer anders. Sie hatte ihn genau zwölf Mal gesehen in den vergangenen drei Jahren, und nach jedem Treffen waren ihr Verlangen und ihre Sehnsucht nach diesem Mann größer geworden. Da sie im Grunde ihren Körper schon so gut wie an ihn überschrieben hatte, musste sie jedes Mal daran denken, wie es sein mochte, seine nackte Haut an ihrer zu spüren.

Lieber Himmel, auf was für Ideen brachte er sie? Bella wusste, dass hier nicht wirklich Sex im Mittelpunkt stand. In erster Linie ging es um das Geld, das sie so dringend gebraucht hatte. Und trotzdem, sobald sie in Jeremys Nähe war, konnte sie einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Bella wusste natürlich, warum er hier war. Vor genau drei Jahren hatte sie sich auf das Geschäft mit ihm eingelassen. Jetzt war die Frist abgelaufen. Jeremy war hier, um die Schulden einzutreiben.

Die Tür zu ihrem Büro wurde geöffnet, und Bella stand auf, um ihn zu begrüßen. Er trug seinen Anzug von Dolce & Gabbana mit der gleichen Lässigkeit wie ein Teenager Jeans und T-Shirt. Wie selbstverständlich kam er hereingeschlendert, als wäre er hier zu Hause.

Bella hielt den Atem an und wünschte insgeheim, sie würde ihn nicht so attraktiv finden. Sie versuchte angestrengt, den würzigen Duft seines Aftershaves zu ignorieren – und die Art, wie er sie aus den auffallend blauen Augen ansah.

Er war eine Art Teufel für sie, der Mann, dem sie ihre Seele verkauft hatte. Und jetzt war er gekommen, um sie zu holen. Beunruhigt verschränkte Bella die Arme vor der Brust und redete sich verzweifelt ein, dass sie keine Angst zu haben brauchte vor diesem knapp eins neunzig großen Mann. Es gelang ihr nicht.

„Hallo, Bella.“

Es klang tief und leise. Bella hatte unzählige Male am Telefon mit ihm gesprochen. Trotzdem erschauerte sie jedes Mal, wenn sie seine aufregende Stimme hörte.

„Jeremy“, sagte sie und erinnerte sich unwillkürlich an einen Rat, den ihre Mutter ihr gegeben hatte. Zeig ihnen nie, dass du nervös bist. Zwar hatte ihre Mutter sich auf den Jetset von Palm Beach bezogen, zu dem sie einmal gehört hatten. Aber der Rat galt sicher auch, wenn man es mit aufregenden Milliardären zu tun hatte. „Setz dich doch.“

Er nahm in einem ihrer Besuchersessel Platz, worauf Bella sich ebenfalls wieder setzte. Sie zog eine Schreibtischschublade auf und strich über den mit Juwelen besetzten Montblanc-Füllfederhalter, den Glücksbringer, der einst ihrer Mutter gehört hatte. Sie schloss kurz die Finger darum, bevor sie ihn herausnahm und auf den Schreibtisch legte.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte sie. Vielleicht war er ja aus einem ganz anderen Grund gekommen. Vielleicht wollte er nur, dass sie die Verpflegung für eine Firmenparty lieferte oder für das jährliche Familienfest am vierten Juli.

„Ich glaube, das weißt du.“

Bella schluckte. Keine Familienfeier. „Die Zeit ist also um“, murmelte sie.

Er lachte. Der sonore Klang seiner Stimme erfüllte den ganzen Raum. Einen Moment lang vergaß Bella ihre Nervosität und die Tatsache, dass Jeremy alle Trümpfe in der Hand hielt.

„Ich hatte gehofft, die Zeit nimmt dir die Angst.“

„Ich habe keine Angst vor dir“, log sie.

Dabei war es ihr eigentlich egal, ob Jeremy wusste, wie ihr zumute war. Fast ihr ganzes Leben lang musste sie mit Menschen zurechtkommen, von denen sie sich bedroht fühlte. Vor allem seit dem Tod ihres Vaters und seit sie erfahren hatten, dass das Vermögen weg war. Bella hatte gelernt, den Spott derer, die einmal ihre Freunde gewesen waren, nicht mehr zu fürchten.

Der Zukunftsangst hatte sie sich nochmals gestellt, als ihre Mutter vier Jahre später gestorben war und Bella plötzlich die Verantwortung für ihren vierzehnjährigen Bruder Dare übernehmen musste. Sie hatte erfahren, was es hieß, ums Überleben kämpfen zu müssen, und sie hatte es überstanden.

Jeremy zog eine Augenbraue hoch. Die arrogante Geste passte zu ihm, fand Bella.

Sie zwang sich zu einem Lächeln und versuchte, das Thema zu wechseln. „Es gibt Neuigkeiten von Dare.“

„Lass mich raten. Er hat Ende des Sommers den College-Abschluss gemacht, und jetzt erwartet ihn ein Job bei ‚Fidelity‘, den er schon im Herbst antreten kann.“

Überrascht sah sie ihn an. „Woher weißt du das?“ Dare hatte sie erst am Nachmittag angerufen und ihr von dem Job erzählt. Sie hatte sich fest vorgenommen, es Jeremy zu sagen. Und ihm zu erklären, dass sie bereit war, ihren Teil der Abmachung zu erfüllen.

„Ich habe dir doch versprochen, dass ich mich um die Zukunft deines Bruders kümmern werde.“

„Ich dachte, du meintest sein Stipendium.“ Aber sie hatte bereits vermutet, dass er noch mehr getan hatte als das. Dare erwähnte hin und wieder, dass Jeremy ihn an der Universität besuchte. Fast sah es so aus, als läge ihm das Wohl ihres Bruders wirklich am Herzen.

Jeremy schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht gekommen, um über Dare zu reden.“

Nein, natürlich nicht. Er war gekommen, um mit ihr über den Vertrag zu sprechen, den sie vor drei Jahren unterschrieben hatte. Jeremy hatte sie unterstützt und viel Geld geliehen. Im Gegenzug hatte sie sich verpflichtet, sechs Monate lang seine Geliebte zu sein, nachdem ihr Bruder sein Studium erfolgreich abgeschlossen hatte.

„Es fängt also heute Abend an?“, fragte sie schließlich. Drei Jahre lang hatte Bella ihn alle drei Monate getroffen, um ihm zu versichern, dass die Abmachung noch galt. Drei Jahre lang hatte sie im Stillen von seinen leidenschaftlichen Umarmungen geträumt. Sie hatte gehofft, er würde mehr wollen und nicht nur eine Geliebte. Sie wünschte sich nichts mehr, als wirklich zu Jeremy zu gehören und von ihm geliebt zu werden.

„Ich glaube, du hast heute keine Termine mehr“, sagte er.

Das stimmte. Der neue Mitarbeiter, den Bella eingestellt hatte, konnte die Aufträge auch allein abwickeln. Heute war also einer ihrer seltenen freien Abende. Aber woher wusste Jeremy das? „Hat Dare dir das erzählt?“

„Das brauchte er nicht. Ich habe deine Assistentin gefragt.“

„Du bist ein sehr gründlicher Mann.“ Sie musste mit Shelley darüber sprechen, an wen sie persönliche Informationen weitergeben durfte und an wen nicht.

Bella zitterten die Hände. Sie ballte sie zu Fäusten, damit Jeremy es nicht merkte. Er war schließlich nur ein Geschäftspartner. Aber aus irgendwelchen Gründen war er für sie immer sehr viel mehr gewesen.

„Wenn ich etwas sehe, das ich will …“, sagte er.

„Und du willst mich?“

„Daran kannst du nicht ernsthaft zweifeln.“

Das tat sie nicht. Wenn sie an seine leidenschaftlichen Küsse dachte, wurde ihr heute noch heiß. Andererseits hatte sie immer gedacht, sich seine intensiven Blicke nur einzubilden.

Er stand auf, kam um den Schreibtisch herum und blieb vor ihrem Sessel stehen. „Hast du deine Meinung geändert?“

Sie konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht deuten. Woher sollte sie wissen, ob es ihm nicht eigentlich herzlich egal war, wie ihre Antwort ausfiel? Und genau davor hatte sie Angst.

Als sie die Abmachung damals getroffen hatte, war Bella verzweifelt gewesen. In der Zeit hatte sie sich schrecklich einsam gefühlt. Sie war von so vielen Menschen verlassen worden. Aus irgendeinem Grund hatte sie gehofft, Jeremy dazu bringen zu können, bei ihr zu bleiben – wenn sie nur die Chance dazu bekam. Wenn Bella ehrlich war, hoffte sie das auch heute noch. Was, wenn er es sich jetzt anders überlegte?

Jeremy hatte sehr viel mehr getan, als er ursprünglich versprochen hatte. Er hatte Bella diversen Geschäftspartnern vorgestellt und ihren Partydienst empfohlen, als sie noch keine Referenzen vorweisen konnte. Seine Hilfe war unschätzbar gewesen für den Erfolg ihres Geschäfts.

Und sie begehrte ihn. Obwohl sie befürchtete, sich zu große Hoffnungen zu machen, fühlte sie sich zu ihm hingezogen wie zu keinem anderen Mann. Sie wollte ihn, seit sie ihn mit sechzehn Jahren das erste Mal gesehen hatte.

Sie hatte im Jachtclub in Palm Beach als Kellnerin gearbeitet, wo er eines Tages mit Freunden vom College zu Abend gegessen hatte. Jeremy war perfekt, schon damals: sonnengebräunt, sportlich und unglaublich gut aussehend. Und sehr nett. Noch niemand war so freundlich zu ihr gewesen.

Als er einige Jahre später unerwartet zu Besuch gekommen war, hatte sie zuerst begeistert reagiert. Bis ihr klar geworden war, was für eine Art Geschäft er ihr vorschlug. Und trotz allem bereute sie keinen Augenblick lang, dass sie damals zugestimmt hatte.

„Nein, ich habe meine Meinung nicht geändert, Jeremy. Ich habe dir mein Wort gegeben.“ Sie hatte kein richtig schlechtes Gewissen wegen dieser Abmachung. So viele Frauen heirateten des Geldes wegen, ließen sich dann scheiden und heirateten wieder. Im Grunde war das, was sie tat, nichts Ungewöhnliches.

„Und mein Wort war alles, was ich damals hatte“, sagte sie leise, mehr zu sich als zu ihm. Sie dachte nicht gern an jene Tage zurück, an die Verzweiflung und das Gefühl, ausgeliefert zu sein.

„Du hattest vor allem deinen Stolz“, erwiderte er sanft und strich ihr mit einem Finger zärtlich über die Wange. Dann hob er ihr Kinn leicht an, und sein Blick konzentrierte sich auf ihren Mund.

Bella hielt unwillkürlich den Atem an. „Den habe ich immer noch.“

„Gut.“

Sie wich vor ihm zurück. „Ich würde mich etwas wohler fühlen, wenn nicht alles, was du sagst, so arrogant klingen würde.“

Wieder zog er die Augenbraue hoch. „Tut mir leid, dass du das so siehst. Gegen meine Natur kann ich nichts tun.“

„Doch, aber du willst offenbar nicht.“

„Bella, ich bin vierunddreißig Jahren alt und kann mich nicht mehr ändern.“

„Und es hat sich noch niemand beschwert?“

„Jedenfalls nicht bei mir.“

Nervös biss sie sich auf die Lippe. „Erwarte nicht, dass ich mich genauso zurückhalte, wie es deine feinen Freunde tun.“

„Das möchte ich auch nicht. Ich verlange nicht von dir, dass du mir etwas vorspielst. Sei einfach, wie du bist.“

Und doch tat er genau das. Er wollte, dass sie seine Geliebte spielte. Bella war nun sechsundzwanzig Jahre alt. Ob sie nur so tun konnte, als hätten sie eine echte Beziehung? Sie wusste es nicht. Diese Beziehung hatte sozusagen ein Verfallsdatum. Jeremy würde irgendwann wieder gehen, ohne einen einzigen Gedanken an sie zu verschwenden.

Jeremy sah in Bellas braune Augen und fühlte sich, als hätte jemand ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Eine Ewigkeit hatte er auf diesen Tag gewartet. Sicher, es lag genau drei Jahre zurück. Trotzdem, ihm kam es viel länger vor – zu lange jedenfalls. Er fühlte sich sehr unwohl. Und wenn Bella nicht bald aufhörte, ihn so nervös anzusehen, wusste er nicht weiter.

Sie gehörte ihm. Seit drei Tagen ließ ihn dieser Gedanke nicht mehr los. Sein Leben lief weiter wie gewohnt. Im Hinterkopf behielt er immer, dass Bella McNamara ihm gehörte. Und endlich konnte er seinen Anspruch auf sie geltend machen.

Er hatte einen Vertrag mit ihrer Unterschrift, der besagte, dass sie sechs Monate lang seine Geliebte sein würde. Andererseits war er kein Mistkerl. Niemals würde er sie dazu zwingen, mit ihm ins Bett zu gehen, wenn sie es nicht wollte. Dachte sie das etwa von ihm? Er war sich nicht sicher.

Weniger Skrupel würde er haben, sie dazu zu verführen. Er würde die Leidenschaft ins Spiel bringen, die zwischen ihnen aufloderte, immer wieder. Mit der Taktik würde er Bella genau da hinbekommen, wo er sie haben wollte.

„Und … wie soll es funktionieren? Gehen wir gleich zu dir?“, fragte sie. Ihre Stimme klang unsicher. Geistesabwesend schob sie eine Haarsträhne, die sich aus ihrer Spange gelöst hatte, hinter das Ohr.

Weil Bella sich nervös die Lippen befeuchtete, wurde Jeremy bewusst, was für einen schönen, sinnlichen Mund sie hatte. Vor allem dieser vollkommene Mund war ihm damals an ihr aufgefallen. Jeremy erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, sie zu küssen. Er zwang sich, nicht sehnsüchtig aufzustöhnen. Diese Frau weckte Gefühle in ihm, die er sich nicht erklären konnte.

„Nein, jetzt nicht. Heute Abend erwartet man uns auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten der Krebsforschung des Tristan-Andrew-Instituts. Unsere Vereinbarung bleibt natürlich unter uns. Alle anderen werden uns für ein ganz normales Paar halten.“

„Danke“, sagte sie.

„Warum bedankst du dich?“

„Weil du unsere Abmachung geheim hältst. Ich möchte nicht, dass alle es wissen.“

Jeremy hatte sich den Abend eigentlich anders vorgestellt – ein romantisches Dinner auf seiner Jacht und danach: tanzen unter dem Sternenhimmel. Wenigstens konnte er auf der Veranstaltung mit Bella tanzen.

Die letzten drei Jahre waren ihm wie die längsten seines Lebens erschienen. Er lebte zwar nicht wie ein Mönch, aber wann immer er mit einer Frau geschlafen hatte, dachte er an Bella. Jedes Mal hatte er sich vorgestellt, Bella in den Armen zu halten. Sie war die einzige Frau, die er wirklich wollte. Wenn er morgens aufwachte, stellte er sich vor, dass sie neben ihm lag. Es war fast zu einer Besessenheit geworden. Und ein erfolgreicher Geschäftsmann konnte sich nicht leisten, von etwas anderem als seiner Arbeit besessen zu sein.

Bella fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Jeremy hielt den Atem an. Es war viel zu lange her, dass er sie geküsst hatte. Dieses Mal konnte er ein leises Stöhnen nicht unterdrücken.

„Was ist?“

„Nichts, alles in Ordnung.“ Er hatte wirklich keine große Lust, zu der Veranstaltung zu gehen. Seine Mutter hatte ihn angerufen, um ihn daran zu erinnern, dass sehr viele unverheiratete Damen eingeladen waren – die alle sehr gern die zukünftige Mrs. Jeremy Harper III. werden wollten.

Vielleicht bot sich heute ja die perfekte Gelegenheit. Wenn er sich auf dem Ball mit Bella zeigte, ließ seine Mutter ihn womöglich endlich in Ruhe.

Er musste sich zwingen, nicht die Hand auszustrecken und Bella die Haarsträhne zurückzustreichen, die ihr schon wieder ins Gesicht fiel. „Hast du von der Veranstaltung gehört?“

„Wir haben den Catering-Auftrag dafür leider nicht bekommen.“ Hastig ordnete sie ein paar Papiere auf ihrem Schreibtisch. Erst jetzt fiel Jeremy auf, dass ihre Hände zitterten.

„Vergiss dein Geschäft einen Abend lang, Bella“, sagte er. Beim Gedanken, mit ihr allein zu sein, pochte sein Herz schneller.

„Das ist keine besonders gute Idee.“

„Warum nicht?“, fragte er.

„Wir haben doch auch nur eine geschäftliche Beziehung.“ Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu.

Er wusste, dass ihm hier irgendetwas entging, nur nicht, was. Die Logik stimmte nicht. Wenn ihre Beziehung wirklich rein geschäftlich war und es nur um die vertragliche Verpflichtung ging – dann würde er Bella mit Sicherheit nicht so einfach bekommen. Das spürte er instinktiv. Sie war keine Frau, die sich zu etwas zwingen ließ.

„Unsere Geschäftsbeziehung, wie du sie nennst, ist sehr persönlich“, sagte er langsam und spielte dabei mit ihrer widerspenstigen Haarsträhne.

Als Bella den Mund öffnete, um etwas zu entgegnen, legte er sanft den Finger auf ihre Lippen. Aus großen braunen Augen sah sie ihn fragend an.

Er lächelte. Dass er sich so stark zu ihr hingezogen fühlte, war merkwürdig. Er hätte fast alles dafür getan, Bella an sich zu binden. Bei keiner anderen Frau ging es ihm auch nur ansatzweise ähnlich.

„Lass uns gehen und schauen, wie die Nacht weitergeht.“

„Und der Vertrag? Ich meine … wie genau wird diese Nacht weitergehen?“, fragte sie mit sichtlichem Unbehagen.

Jeremy überlegte, wie er ihr die Unsicherheit nehmen konnte. Seit er Bella vor drei Jahren gebeten hatte, seine Geliebte zu werden, hatte er sich offenbar nicht mehr perfekt im Griff. Sie war noch so jung gewesen, erst dreiundzwanzig, und so zerbrechlich. Tat er wirklich das Richtige?

„Wir könnten nach der Party essen gehen und reden“, schlug er vor. Er war nicht bereit, sie aus der Verpflichtung zu entlassen – falls es das war, was sie wollte. Sicher, ein Gentleman hätte den Vertrag jetzt wahrscheinlich vor ihren Augen zerrissen. Aber dieses Papier war nun einmal das Einzige, was ihm Macht über Bella verlieh. Und er begehrte sie zu stark, um einen Rückzieher zu machen.

„Okay. Ich kann meine Sekretärin bitten, einen Tisch für uns zu reservieren“, sagte Bella mit fester Stimme. Allem Anschein nach wollte sie die Situation lenken.

Jeremy unterdrückte ein Lächeln. Er bewunderte zwar ihren Versuch, die Kontrolle zu übernehmen. Das würde er jedoch auf keinen Fall zulassen. „Ich werde mich darum kümmern. Nimm einfach deine Handtasche und lass uns gehen.“

„Wie, jetzt sofort?“ Sie wurde rot. Endlich hatte er das Gefühl, die echte Bella zu sehen. Die Frau, zu der er sich damals sofort hingezogen gefühlt hatte – eine leidenschaftliche und stolze Frau, die gleichzeitig sanft und empfindsam war.

„Ja. Mein Fahrer wartet vor dem Gebäude.“

Verwirrt sah sie ihn an. „Danke für das Angebot, aber ich muss zuerst nach Hause und mich umziehen.“

„Ich habe dir ein Kleid mitgebracht.“

„Das ist nett, aber ich möchte lieber meine eigenen Sachen tragen.“

„Und ich wünsche mir, dass du das Kleid trägst, das ich für dich ausgesucht habe.“

Ihre Augen funkelten herausfordernd. „Dann sind wir wohl in einer Sackgasse gelandet.“

„Nein.“

„Nein?“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich weiß, du glaubst, dass ich alles tun werde, was du von mir verlangst …“

„Ich glaube es nicht nur, Bella, ich weiß es.“

„Ach? Und warum?“

„Weil du als meine Geliebte zuallererst meine Wünsche erfüllen wirst.“

2. KAPITEL

Bella faltete die Hände in ihrem Schoß und versuchte, sich zu beruhigen. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte … Sie spürte, dass es einfacher war, ihren Stolz zu vergessen. Als seine Geliebte würde ihr auch kaum etwas anderes übrig bleiben.

Plötzlich beunruhigte sie nicht mehr die Tatsache, dass sie mit Jeremy schlafen würde. Stattdessen machte Bella sich Sorgen, weil sie so tun musste, als wäre das alles überhaupt kein Problem. Sie versuchte, zu lächeln, konnte sich allerdings nicht dazu zwingen. Wenn sie ihm doch einfach nur Geld schulden würde, dann könnte sie zur Bank gehen und um ein Darlehen bitten. Aber Jeremy hatte ihr sehr viel mehr als Geld gegeben. Er hatte für sie die richtigen Kontakte hergestellt, Ratschläge zur Geschäftsführung gegeben, und er hatte Dare das Studium ermöglicht. Solche Schulden konnte man nicht mit Geld begleichen.

„Jeremy, es kann nicht klappen. Tut mir leid, dass mir das nicht früher klar geworden ist, aber ich gehöre nicht zu den Frauen, die …“

Wieder legte er ihr einen Finger auf die Lippen. Für einen kurzen Moment berührte er dabei ihre Zunge. Schnell schloss Bella den Mund und sah Jeremy in die Augen. Ihr Pulsschlag erhöhte sich. Sie spürte, wie ihre Entschlossenheit schwächer wurde, und das hatte nichts mit ihrem Vertrag zu tun. Es lag an seinem Blick.

Die Augen geschlossen, atmete sie tief ein. Dachte er etwa, dass ein bisschen Zärtlichkeit genügte, um sie willenlos zu machen? Plötzlich hatte sie den intensiven Wunsch, ihm einen Dämpfer zu verpassen.

Sie wusste einfach nicht, wie sie sich Jeremy gegenüber verhalten sollte. Er bedrängte sie, und das wollte sie sich nicht gefallen lassen. Aber abgesehen davon, dass seine Berührung eine Welle der aufregendsten Empfindungen in ihr auslöste, war da noch etwas anderes. Sie wollte etwas von ihm. Sie wollte die Anerkennung jener Leute, die sie vor Jahren zurückgewiesen hatten. Es gab nur einen Weg, das zu erreichen: Bella musste einen der Ihren für sich gewinnen.

Wenn sie dafür also ihren Stolz und ihre Wut hinunterschlucken musste, dann würde sie es tun. Es sollte doch nicht allzu schwer sein, die Geliebte dieses Mannes zu spielen. Sie brauchte schließlich nicht mehr zu tun, als seine Nähe zu genießen und ihm dafür ein Lächeln zu schenken. Er musste nur das Gefühl bekommen, der aufregendste, klügste und tollste Mann im Raum zu sein.

Sie seufzte stumm. Nachher würde sie mit ihm zusammen den Saal betreten – mit dem begehrtesten Junggesellen der Stadt, den jede ledige Frau aus der High Society wollte. Außerdem hoffte Bella, dass sie ihn erobern konnte und er in ihr irgendwann mehr sehen würde als nur seine Geliebte.

Dieser Gedanken gab den Ausschlag. Bella kam zu einem Entschluss. Sie schenkte Jeremy ein strahlendes Lächeln und stand auf. „In Ordnung. Ich trage dein Kleid.“

Sichtlich überrascht schaute er sie an. „Gut, dann lass uns gehen.“

„Ich brauche noch ein paar Minuten, um mich fertig zu machen. Wir treffen uns unten.“

Er nickte und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Büro. Erschöpft ließ sie sich auf den Sessel fallen, kaum dass Jeremy die Tür hinter sich geschlossen hatte.

Wenige Augenblicke später klopfte es. Wieder schwang die Tür auf. „Bella?“

„Ja, Shelley?“

„Er hat mich gebeten, dir das zu geben.“

Shelley reichte ihr einen kleinen, mit Goldpapier eingeschlagenen Karton. „Ich wusste gar nicht, dass du mit ihm ausgehst.“

„Wir kennen uns schon seit Jahren.“

„Das weiß ich. Willst du die Schachtel nicht öffnen?“

Bella wollte damit eigentlich warten, bis sie allein war. Shelley machte allerdings keine Anstalten, wieder zu gehen. Außerdem war sie einer der wenigen Menschen, die ihr nahestanden. Fast konnte man ihre Assistentin eine gute Freundin nennen.

„Okay, ich mache ihn auf.“

In diesem Moment wurde Bella bewusst, dass ganze zehn Jahre vergangen waren, seit sie das letzte Mal ein richtiges Geschenk bekommen hatte. Dare schenkte ihr zwar oft etwas, aber meistens überreichte er es ihr unverpackt. Ihr Bruder hielt ihr dann meistens einfach eine Tüte hin, auf der der Name der Boutique prangte.

Jetzt zog Bella die Schleife auf, die um den kleinen Karton gewickelt war, und legte sie zur Seite.

Shelley wurde ungeduldig. „Mann, ich kann es nicht erwarten, zu sehen, was drin ist. Wie schaffst du es nur, so langsam zu sein?“

„Ich bekomme nicht oft solche Geschenke.“

„Ich auch nicht. Und nicht von solchen Männern“, sagte Shelley mit einem Lächeln.

Unter dem Geschenkpapier kam die charakteristische blaue Farbe von „Tiffany’s“ zum Vorschein, und Bella erschrak. Jeremy hatte ihr Schmuck gekauft!

Shelley setzte sich auf den Rand des Schreibtischs. Den Atem angehalten, öffnete Bella den Deckel. Auf dunklem Samt lag ein mit Diamanten besetztes Platinhalsband.

Shelley schnappte nach Luft und berührte das Schmuckstück ehrfürchtig. „Es ist hinreißend.“

„Ja, das stimmt“, sagte Bella leise. Sie schloss die Schachtel und steckte sie in ihre Tasche. Ihr Magen zog sich zusammen vor Nervosität, aber Bella zwang sich, es zu ignorieren. „Erinnere Randall bitte daran, mich nachher noch mal anzurufen. Ich möchte wissen, wie es hier ohne mich läuft.“

„Bist du wirklich sicher?“

„Ja, natürlich. Warum?“

„Wenn ich mit einem Mann wie Jeremy Harper ausgehen würde, würde ich jedem verbieten, dass er mich anruft. Wenn plötzlich das Telefon klingelt, kann das …“

„Shelley …“

„Schon gut, es geht mich nichts an. Du bist der Boss. Hab viel Spaß heute Abend, ja?“

Bella war nicht sicher, ob sie Spaß haben würde. Sie war viel aufgeregter und nervöser, als sie erwartet hatte. Und das lag nicht nur an Jeremy. Es lag auch an der Tatsache, dass sie nach Palm Beach zurückkehrte. Zehn lange Jahre hatten verstreichen müssen, damit es endlich so weit war.

Jeremy hatte es gerade geschafft, der Frau seines Geschäftspartners Daniel zu entkommen. Lucinda schien es darauf anzulegen, eine Ehefrau für ihn zu finden. Und von ihrem Plan ließe sie sich nicht abbringen. Offenbar sollte Jeremy mit Lucindas Freundin Marianne verkuppelt werden. Dass er Bella ihn heute Abend begleitete, ignorierte die Frau schlichtweg.

Autor

Katherine Garbera

Katherine kann sich nichts Schöneres vorstellen, als zu schreiben. Jedes Buch gibt ihr die Gelegenheit, die unterschiedlichen Verhaltensmuster der Menschen hervorzuheben. Leidenschaftliche Liebesromane zu verfassen, bedeutet für sie die Verwirklichung eines Traumes.

Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann, den sie in "Fantasyland" kennenlernte, und den beiden gemeinsamen Kindern in Florida.

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