Der Playboy und die Eisprinzessin

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Heimlich nennt man Lisa die Eisprinzessin. Affären kommen für sie nicht in Frage - bis sie Jack Cassidy trifft. Ausgerechnet der bekannte Playboy weckt in Lisa flammende Leidenschaft ...


  • Erscheinungstag 10.07.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507752
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Lisa zog eine Grimasse, als das Paar auf dem Fernsehbildschirm begann, sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu reißen.

„Als wenn sich Menschen im echten Leben jemals so verhalten würden“, murmelte sie genervt und griff nach der Fernbedienung.

Wenn es etwas gab, das Lisa auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann waren es übertriebene Liebesszenen in Filmen. Auch wenn sie vielleicht nicht zu den typischen Durchschnittszuschauerinnen gehörte, so hegte sie dennoch keinerlei Zweifel daran, dass Sex niemals so war, wie er in Hollywood dargestellt wurde. Sie hatte sich solch alberne Szenen schon viel zu oft ansehen müssen. Jetzt stellte sie den Fernseher ab und entschied, noch einmal nach ihrem Sohn zu schauen. Hoffentlich schlief er, denn es war bereits nach neun, und morgen früh musste er in die Schule.

Lisa hatte schon beinahe das obere Ende der Treppe erreicht, als das Telefon klingelte.

Verdammt, dachte sie und beeilte sich, kurz bei Cory hineinzuschauen, um dann weiter in ihr Schlafzimmer zu hasten.

Atemlos griff sie nach dem schnurlosen Telefon.

„Hallo“, sagte sie in voller Erwartung, dass es zu dieser Uhrzeit nur ihre Mutter sein konnte. All ihre Freundinnen waren verheiratet und hatten Kinder. Abends waren sie viel zu beschäftigt, um mit Lisa zu telefonieren.

„Ich bin’s, Gail“, erklang die Stimme einer Frau am anderen Ende der Leitung. „Gail Robinson.“

Lisa setzte sich aufs Bett. Wenn eine ihrer Angestellten sie abends auf ihrer Privatleitung anrief, dann bedeutete das in der Regel, dass es ein Problem gab.

„Hallo, Gail. Was gibt’s?“

„Ich habe mir den Knöchel verstaucht“, entgegnete Gail frustriert. „Bin auf unserer verdammten Treppe ausgerutscht. Ich kühle den Fuß schon seit Ewigkeiten mit Eis, aber ich habe immer noch eine riesengroße Beule am Knöchel. Morgen früh kann ich unmöglich Jack Cassidys Haus putzen.“

Lisa runzelte die Stirn. Jack Cassidy war einer ihrer neuen Kunden. Sandra, ihre Assistentin und Buchhalterin, hatte ihn aufgenommen, als Lisa sich in den vergangenen Schulferien mit Cory auf einer einwöchigen Kreuzfahrt durch den Südpazifik befand. Mr. Cassidy war Junggeselle und besaß ein Penthouse in Terrigal, in dem es offensichtlich unzählige Fliesen und Kacheln zu reinigen gab. Außerdem bestand er darauf, dass Bettwäsche und Handtücher wöchentlich gewechselt und gewaschen wurden. Das war ein Service, den ihre Firma normalerweise nicht anbot, doch offensichtlich war es ihm gelungen, Sandra dazu zu überreden, dass jemand diese Extraaufgaben erledigte.

Gail brauchte fünf Stunden, um mit allem fertig zu werden. Dafür wurden Clean-in-a-Day hundertfünfzig Dollar gezahlt, von denen wiederum Gail hundertzwanzig erhielt. Ihre Preise waren äußerst moderat.

„Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen so kurzfristig absage“, erklärte Gail bedauernd.

„Das ist schon in Ordnung. Ich werde jemand anders den Auftrag übergeben.“

„An einem Freitag?“

Lisa wusste nur zu gut, warum Gail so skeptisch klang. Freitag war für sie der hektischste Tag. Alle wollten, dass ihre Häuser am Wochenende vor Sauberkeit glänzten.

„Machen Sie sich keine Gedanken“, erklärte sie brüsk. „Ich fahre selbst hin. Und Gail …“

„Ja?“

„Keine Sorge wegen des Geldes. Ich werde Sie trotzdem bezahlen.“

„Ist das Ihr Ernst?“

„Ich weiß ganz genau, dass Sie das Geld im Moment sehr gut gebrauchen können.“

Gails Ehemann hatte vor einigen Wochen seinen Job verloren. Sie waren auf Gails Einkommen angewiesen.

„Das ist wirklich nett von Ihnen“, brachte sie gerührt hervor.

Lisa seufzte innerlich. Bitte lass sie jetzt bloß nicht anfangen zu weinen, dachte sie.

„Sind Sie morgen Nachmittag an der Schule und holen die Kinder ab?“, fragte sie rasch.

„Ja.“

„Dann gebe ich Ihnen das Geld dort.“

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“

„Sagen Sie gar nichts. Vor allem nicht zu den anderen Mädels. Ich kann es mir nicht erlauben, meinen Ruf zu verlieren. Dann denken sie noch, dass ich weich geworden bin und sie mich ausnützen können.“

Gail lachte. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie wirken ganz schön autoritär, wissen Sie.“

„Ja, das habe ich schon mal gehört.“

„Außerdem sehen Sie immer so perfekt aus. Das ist ziemlich einschüchternd.“

„So bin ich nun einmal“, verteidigte sie sich.

Lisa hatte diese Art von Kritik bereits häufiger gehört. Von Freundinnen. Von ihrer Mutter. Sogar von ihrem Ehemann. Als er noch lebte …

Greg hatte sich mehr als einmal darüber beschwert, dass sie wie besessen davon war, dass alles immer perfekt aussah. Das Haus. Der Garten. Sie selbst. Das Baby. Er.

„Ich habe übrigens keine Schlüssel zu Mr. Cassidys Haus“, erklärte Gail. „Er ist freitags immer da. Ich klingele, und er lässt mich ein.“

Lisa verdrehte die Augen. Sie hasste es, wenn ein Kunde anwesend war, während sie putzte.

„Er ist so eine Art Schriftsteller“, fügte Gail hinzu. „Arbeitet von zu Hause aus.“

„Ich verstehe.“

„Machen Sie sich keine Gedanken. Er wird Sie nicht stören. Die meiste Zeit bleibt er in seinem Arbeitszimmer. Er kommt höchstens mal raus, um sich einen Kaffee zu kochen. Oh, das erinnert mich an etwas. Versuchen Sie nicht, sein Arbeitszimmer zu reinigen. Oder überhaupt nur hineinzugehen. Das hat er mir am ersten Tag sehr deutlich gemacht. Sein Arbeitszimmer ist tabu.“

„Kein Problem. Ein Raum weniger, den ich putzen muss.“

„Das habe ich auch gedacht.“

„Wo genau wohnt er?“, fragte Lisa.

Terrigal war eine der begehrtesten Wohngegenden an der Central Coast. Nur anderthalb Stunden nördlich von Sydney gelegen, zog es außerdem viele Touristen an, weil es einen wunderschönen Strand hatte, großartige Geschäfte, nette Cafés und ein Fünf-Sterne-Hotel direkt am Meer.

„Sein Penthouse liegt mitten im Zentrum, den Hügel halb herab. Direkt hinter dem Crowne Plaza.“

„Das werde ich finden. Also, Gail, ich muss noch einiges erledigen, wenn ich morgen den ganzen Tag unterwegs bin.“

Und das würde sie sein. Terrigal Beach war eine gute Viertelstunde von ihrem Haus in Tumbi Umbi entfernt. Wenn sie Cory um neun an der Schule absetzte, könnte sie um halb zehn mit dem Putzen anfangen, es um halb drei beenden und Cory dann um drei wieder abholen.

„Wir sehen uns dann an der Schule. Bis dahin.“

Lisa legte auf und eilte wieder nach unten. Während sie die Spülmaschine einräumte, drifteten ihre Gedanken ab.

Ein Penthouse in Terrigal war ganz schön teuer. Sein Besitzer war vermutlich äußerst wohlhabend.

Ein Schriftsteller, hatte Gail gesagt. Offensichtlich sehr erfolgreich.

Nein, nicht notwendigerweise. Jack Cassidy konnte ein reicher Playboy sein, der sein Geld geerbt hatte und die Schriftstellerei nur als Hobby betrieb.

Als Lisa zu überlegen begann, ob er wohl gut aussah, rief sie sich scharf zur Ordnung. Welche Rolle spielte es, ob er attraktiv war oder nicht?

Sie hegte nicht die Absicht, mit einem Mann auszugehen oder jemals wieder zu heiraten. Dazu bestand keinerlei Anlass. Nein, es war sogar viel besser, wenn sie das nie wieder in Erwägung zog.

Denn wenn man einen Mann in sein Leben ließ, dann wollte er früher oder später auch Sex.

Dummerweise mochte Lisa keinen Sex. Hatte ihn nie gemocht und würde ihn auch nie mögen. Kein Grund so zu tun, als wäre es anders.

Sie fand Sex unangenehm. Nicht gerade abstoßend, aber nahe dran.

Während ihrer Ehe hatte sie sich nur äußerst widerwillig darauf eingelassen. Zum Glück schien auch Greg im Laufe der Zeit das Interesse daran verloren zu haben. Spätestens nach Corys Geburt. Kein Wunder, dass sie danach nie wieder schwanger geworden war.

Der tragische Tod ihres Mannes hatte Lisa erschüttert. Sie selbst war gerade mal fünfundzwanzig gewesen und der arme Greg nur achtundzwanzig. Auf ihre Art hatte sie ihn geliebt. Aber sie wollte nie mehr heiraten. Wollte sich nicht noch einmal schuldig fühlen wegen etwas, worüber sie keine Gewalt hatte.

Lisa wusste, dass es keinen Zweck hatte, sich zu körperlicher Intimität zu zwingen. Also lag die einzig vernünftige Lösung darin, Single zu bleiben, auch wenn das bedeutete, dass sie sich manchmal ein wenig einsam fühlte.

Besonders abends, nachdem sie Cory ins Bett gebracht hatte, war es am schlimmsten. Sie vermisste einen Menschen, mit dem sie reden konnte oder der ihr Gesellschaft leistete, wenn sie fernsah.

Zumindest fand sie Ablenkung im Lesen. Sie liebte Bücher, besonders Thriller. Die gaben ihr die Möglichkeit, ihren eigenen eher grauen Alltag zu vergessen und in eine Welt voller Abenteuer und Spannung abzutauchen. Ihre derzeitigen Lieblingsbücher waren eine Krimiserie von einem australischen Autor namens Nick Freeman.

Lisa hatte noch nie etwas Vergleichbares gelesen. Wenn man diese Romane einmal anfing, konnte man sie nicht mehr aus der Hand legen. In den vergangenen Monaten hatte sie alle fünf Bücher der Reihe verschlungen.

Unglücklicherweise hatte sie den letzten Roman vor ein paar Tagen beendet und an ihre Mutter weitergegeben.

Im Vergleich dazu kam das neue Buch eines anderen Autors, das sie gerade las, äußerst zahm daher. Und langweilig. Weshalb sie sich ganz und gar nicht darauf freute, an diesem Abend zu Bett zu gehen. Schließlich würde sie nicht wieder in die harte, aber faszinierende Welt von Hal Hunter entführt.

Ihr kam der Gedanke, dass es vielleicht besser war, wenn sie Jack Cassidy anrief und ihm erklärte, dass sie am morgigen Tag die Reinigung seines Hauses übernehmen würde. Es könnte unangenehm sein, vollkommen unvermittelt vor seiner Tür zu stehen.

Lisa schaltete die Spülmaschine ein und ging wieder nach oben. Das Büro, das sie hier kurz nach der Firmengründung eingerichtet hatte, war nicht groß, bot aber immerhin ausreichend Platz, um ihren Computer zu beherbergen.

Sie brauchte nur wenige Sekunden, um die Akte Cassidy zu finden, in der sich auch Adresse und Telefonnummer des Mannes befanden.

Lisa griff nach dem Hörer, wählte die Nummer und lehnte sich dann im Stuhl zurück, während sie darauf wartete, dass der Kunde sich meldete.

Es klingelte mehrere Male, ehe eine tiefe, grimmige Stimme erklang. „Ja?“

„Mr. Cassidy?“, fragte sie professionell. „Mr. Jack Cassidy?“

„Ja, am Apparat. Und wer sind Sie?“

„Mein Name ist Lisa, Mr. Cassidy. Lisa Chapman. Ich bin von …“

„Augenblick, Sweetheart. Ich weiß, dass Sie vermutlich nur Ihren Job machen, aber bei mir rufen ständig irgendwelche Telefonverkäufer an – Tag und Nacht. Das hier ist meine Privatnummer, und so soll es auch bleiben. Wenn ich etwas kaufen möchte, gehe ich in ein Geschäft. Ich bestelle nicht mal übers Internet. Und ich beteilige mich auch nicht an blödsinnigen Umfragen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“

Mehr als das, dachte Lisa in einer Mischung aus Überraschung und Frustration. Sie öffnete gerade den Mund, um das Missverständnis aufzuklären, als sie hörte, wie die Leitung unterbrochen wurde.

Verdutzt starrte sie den Hörer an. Der Kerl hatte einfach aufgelegt! Was für eine Unverschämtheit!

Sie saß eine ganze Minute da, umklammerte die Stuhllehnen und biss die Zähne zusammen. Noch nie in ihrem Leben hatte jemand es bei dir gewagt, einfach den Hörer aufzuknallen. Niemals!

Nimm es nicht persönlich, sagte sie sich.

Doch das war nicht so einfach. Von Männern erwartete man, dass sie sich Frauen gegenüber höflich verhielten – in jeder Situation. Und er war unhöflich gewesen. Äußerst unhöflich.

Was sollte sie tun? Es hatte keinen Zweck, ihn noch einmal anzurufen. Wahrscheinlich würde er auflegen, ehe sie auch nur zwei Worte herausbekam. Und wenn das geschah, würde sie vor Wut an die Decke gehen.

Nein. Morgen würde sie vor seiner Tür stehen und seine Verlegenheit genießen, wenn sie ihm erklärte, wer sie war.

Lisas Magen verkrampfte sich, als sie über die Terrigal Bridge fuhr und dann an der Kreuzung nach links abbog.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Jack Cassidy am Abend zuvor nicht noch einmal angerufen zu haben. An diesem Morgen wirkte die Aussicht, den Mann in Verlegenheit zu bringen, gar nicht mehr so verlockend. Nein, sie befürchtete viel eher, dass sie diejenige sein würde, die in Verlegenheit geriet.

Sie holte tief Luft und versuchte, sich wieder zu Ruhe und Gelassenheit zu zwingen. Es gab nichts, weshalb sie nervös sein musste. Sie verhielt sich vollkommen albern. Hier ging es doch schließlich nur um einen Job. Noch dazu einen, den sie Gott sei Dank nur ein einziges Mal übernehmen musste!

Während sie den Hügel zum Terrigal Beach hinunterfuhr, erkannte Lisa, warum so viele wohlhabende Leute aus Sydney hier ein Strandhaus besaßen. Und Penthouse-Apartments. Ganz besonders wenn sie über einen Balkon gen Norden verfügten, denn dann konnte man einen uneingeschränkten Blick auf das funkelnd blaue Wasser und die lange Küstenlinie genießen.

Jack Cassidys Haus bot das ganz bestimmt, registrierte Lisa, als sie in die Einfahrt zu dem modernen Apartmentblock einbog. Obwohl das Gebäude nur drei Stockwerke maß, war die Lage einzigartig.

Mit einem Schlag kehrte die nervöse Anspannung zurück, während sie zum Haupteingang ging und den Knopf „Penthouse“ betätigte.

„Kommen Sie rauf, Gail“, ertönte Jack Cassidys tiefe männliche Stimme durch die Gegensprechanlage.

Lisa öffnete den Mund, um wieder mal zu erklären, wer sie war, doch da schaltete sich bereits die Gegensprechanlage aus, und ein Summen erklang.

Sie stöhnte frustriert, drückte die Tür auf, die direkt hinter ihr wieder ins Schloss fiel, und trat ein. Augenblicklich fand sie sich in einem großzügigen Foyer wieder, das von hellen Marmorfliesen und zahlreichen Fenstern dominiert wurde. Trotz des vielen Glases um sich herum hörte man weder den Verkehr noch das Rauschen des Meeres. Offensichtlich hat man keine Kosten und Mühen gescheut und das gesamte Gebäude doppelt verglast, dachte Lisa, als sie den Aufzug am hinteren Ende des Foyers links liegen ließ und stattdessen die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg.

Oben angekommen sah sie sich einem großen Spiegel und einer Tür gegenüber, die in diesem Moment von einem sehr großen, stark gebräunten und äußerst athletisch wirkenden Mann in Bluejeans und weißem T-Shirt geöffnet wurde.

Jack Cassidy, nahm Lisa an und legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

Er war nicht gut aussehend. Zumindest nicht in der Art und Weise, wie Greg es gewesen war. Aber er war attraktiv, trotz des drei Tage alten Bartschattens auf seinem Kinn und den beinahe kalten grauen Augen, die sie von Kopf bis Fuß musterten.

„Sie sind nicht Gail“, sagte er sofort in seiner bereits bekannt unhöflichen Art.

Lisa spürte, wie sie innerlich zu kochen begann, doch sie bemühte sich nichtsdestotrotz um einen professionellen Ton.

„Damit haben Sie absolut recht“, versetzte sie brüsk. „Ich bin Lisa Chapman von Clean-in-a-Day. Gail hat sich den Knöchel verstaucht und kann heute nicht kommen. Ich habe gestern Abend am Telefon versucht, Ihnen das zu erklären, aber Sie haben einfach aufgelegt.“

Er wirkte kein bisschen peinlich berührt. Stattdessen zuckte er nur die Achseln und entgegnete: „Tut mir leid. Sie hätten direkt sagen sollen, wer Sie sind.“

Wenn Entschuldigungen eine olympische Disziplin gewesen wären, hätte er damit nicht einmal die Vorrunde überstanden.

„Dazu haben Sie mir keine Gelegenheit gegeben“, erwiderte sie mit einem angespannten kleinen Lächeln. „Aber lassen wir das. Ich bin heute hier und werde Ihr Apartment reinigen.“

„Sie machen Witze.“

Lisa biss die Zähne zusammen. „Ganz und gar nicht.“

Erneut wanderte sein Blick über sie, dieses Mal äußerst skeptisch. „Sie wollen in diesem Outfit putzen?“

„Ich wüsste nicht, was dagegen spricht“, versetzte sie schnippisch.

Noch nie hatte sie verstanden, warum eine Putzfrau nach landläufiger Meinung wie ein Schornsteinfeger aussehen musste. An diesem Tag trug sie eine weiße Caprihose, weiße Turnschuhe und ein schokoladenbraunes Top, das ihre leicht gebräunten Arme zur Geltung brachte. Das platinblonde Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und dazu ein dezentes Make-up aufgelegt. In ihrer großen Umhängetasche trug sie eine Schürze, zwei Paar Gummihandschuhe, ein kalorienarmes Lunchpaket und eine Flasche gekühltes Mineralwasser.

„Ich versichere Ihnen zum einen, dass Ihr Apartment lupenrein sein wird, wenn ich gehe, und zum anderen, dass sich auf meiner Kleidung nicht ein einziger Fleck befinden wird“, teilte sie ihm hochmütig mit.

„Wissen Sie was, Sweetheart? Das glaube ich Ihnen sogar.“

Erneut biss Lisa die Zähne zusammen. Sie stand kurz davor ihm zu sagen, dass sie nicht sein Sweetheart war, sondern die Besitzerin von Clean-in-a-Day, doch in diesem Moment trat er zurück und winkte sie herein.

Als sie das Apartment betrat, war aller Ärger vergessen. Es war einfach überwältigend! Genau die Art Wohnung, von der sie immer geträumt hatte. Die riesigen Panoramafenster entlockten ihr beinahe einen Seufzer, genauso wie der cremefarbene Marmorboden und die geschmackvollen Möbel. Nichts Übertriebenes. Alles klassisch und teuer. Kühles Leder in hellem Beige und gedecktem Gold. Die Wohnzimmer- und Seitentische waren aus Pinienholz, und die Teppiche fügten sich farblich harmonisch in das Gesamtbild ein.

„Ich weiß, dass es sehr viele Fliesen zu putzen gibt“, bemerkte Jack Cassidy abrupt hinter ihr. „Aber Gail hatte damit bisher nie ein Problem.“

Lisa drehte sich zu ihm um. „Für mich ist das auch kein Problem. Ich putze schon seit Jahren Häuser.“

„Sie überraschen mich schon wieder. Ich hätte eher vermutet, dass Sie sich noch nie in Ihrem Leben die Hände schmutzig gemacht haben.“

„Der äußere Schein trügt sehr oft, Mr. Cassidy.“

„Um Himmels willen, nennen Sie mich Jack. Also gut, noch ein paar Instruktionen, bevor ich wieder an die Arbeit muss. Wissen Sie, welche Extraleistungen ich erwarte?“

„Sie wünschen, dass Ihre Bettwäsche und Handtücher gewechselt, gewaschen, getrocknet und zusammengelegt werden.“

Er hob die Augenbrauen, ganz so als enttäusche es ihn, dass er sie nicht aufs Glatteis führen konnte.

„Sie finden alles Nötige in der Waschküche“, erklärte er. „Hat Gail Ihnen gesagt, dass ich bei der Arbeit nicht gestört werden möchte?“

„Ja, sie hat es erwähnt. Sie sagte, Sie seien eine Art Schriftsteller.“

Lisa hätte ihn beinahe gefragt, welche Bücher er schrieb, doch sie konnte sich noch gerade rechtzeitig davon abhalten. Ihren Angestellten trichterte sie immer ein, dass sie bei männlichen Kunden nie zu persönlich werden sollten, zumal bei denen nicht, die anwesend waren, während sie putzten.

Um seine Mundwinkel zuckte es ein wenig amüsiert. „Ja. Eine Art Schriftsteller – das trifft es ziemlich gut, was ich im Moment tue.“

Das Klingeln eines Telefons irgendwo im Haus ließ ihn verärgert die Stirn runzeln. „Verdammt! Ich hätte den Anrufbeantworter einschalten sollen“, murmelte er, ehe er sich umdrehte. „Wahrscheinlich werden Sie mich nachher nicht mehr sehen“, rief er noch über die Schulter zurück. „Ich muss meinen Abgabetermin schaffen. Ihr Geld liegt auf dem Küchentisch. Wenn ich nicht mehr auftauche, dann gehen Sie einfach, wenn Sie fertig sind.“

Als er in seinem Arbeitszimmer verschwand und die Tür schloss, blickte Lisa ihm mit einem merkwürdigen Gefühl der Enttäuschung hinterher.

Dass sie die Unterhaltung mit ihm tatsächlich genossen hatte, schockierte sie. Was gab es daran zu genießen? Oder an ihm?

Absolut nichts, entschied sie vehement und wirbelte auf dem Absatz herum, um die Waschküche zu suchen.

2. KAPITEL

Jack setzte sich vor seinen Computer, ehe er den Hörer des Telefons auf seinem Schreibtisch abnahm.

„Jack Cassidy“, meldete er sich und lehnte sich in seinem bequemen Bürosessel zurück.

„Jack, hier ist Helen.“

„Ich hatte mir schon gedacht, dass du es sein würdest“, versetzte er trocken. Helen hatte es nicht zu einer der wenigen Top-Literaturagentinnen Australiens gebracht, indem sie einem ihrer Autoren die Zügel zu locker ließ. Das war ihr vierter Anruf in dieser Woche.

„Ist das Buch fertig?“

„Ich bin beim letzten Kapitel.“

„Dein Londoner Verleger hat mich schon wieder unter Druck gesetzt. Er sagt, wenn er den Roman nicht Ende dieser Woche vorliegen hat, dann schafft er es vielleicht nicht, ihn rechtzeitig zum britischen und nordamerikanischen Sommer rauszubringen. Und du weißt, was das heißt: geringere Verkaufszahlen.“

„Er wird ihn haben, Helen. Heute Abend.“

„Versprochen?“

„Hey, hab ich dich jemals zuvor im Stich gelassen?“

„Nein. Aber das liegt daran, dass ich dir jedes Mal die Hölle heiß mache. Was mich zum zweiten Grund meines Anrufs bringt. Das diesjährige Literaturpreis-Dinner findet morgen Abend statt. Du bist der heißeste Anwärter auf den Golden Gun Award. Du wirst doch wohl kommen, oder?“

„Rein gar nichts könnte mich davon abhalten, Helen.“

Auch wenn er Literaturpreisverleihungen nicht besonders mochte, freute sich Jack darauf, am nächsten Abend auszugehen. Es war schon Wochen her, seit er das letzte Mal unter Leuten gewesen war. Wochen auch, seit er das letzte Mal mit einer Frau geschlafen hatte, was ihm brennend heiß zu Bewusstsein gekommen war, als er die Tür geöffnet und eine umwerfende Blondine vor sich stehen gesehen hatte, anstatt der rundlichen, biederen Gail.

Trotz ihrer hochmütigen Art war es Miss Unberührbar gelungen, ihn daran zu erinnern, dass es mehr im Leben gab als Arbeit.

Dummerweise war sie verheiratet. Jacks Adlerauge hatte den Ehering an ihrer Hand sofort bemerkt.

„Jack! Bist du noch da?“

„Ja, ja, ich bin da, Helen. Ich war nur gerade in Gedanken versunken.“

„Hoffentlich hast du an das letzte Kapitel gedacht.“

„Woran sonst?“

Autor

Miranda Lee
Miranda Lee und ihre drei älteren Geschwister wuchsen in Port Macquarie auf, einem beliebten Badeort in New South Wales, Australien. Ihr Vater war Dorfschullehrer und ihre Mutter eine sehr talentierte Schneiderin. Als Miranda zehn war, zog die Familie nach Gosford, in die Nähe von Sydney.

Miranda ging auf eine Klosterschule. Später...
Mehr erfahren
Miranda Lee
Miranda Lee und ihre drei älteren Geschwister wuchsen in Port Macquarie auf, einem beliebten Badeort in New South Wales, Australien. Ihr Vater war Dorfschullehrer und ihre Mutter eine sehr talentierte Schneiderin. Als Miranda zehn war, zog die Familie nach Gosford, in die Nähe von Sydney.

Miranda ging auf eine Klosterschule. Später...
Mehr erfahren