Die Sex-Formel

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Vom ersten Augenblick an ist Chad von Kaylas erotischer Ausstrahlung gefesselt. Hals über Kopf stürzt er sich in eine wilde Sex-Affäre ... Aber so sehr sie sich ihm in Nächten der Lust auch öffnet, ahnt er doch, dass sie ein Geheimnis vor ihm hat …


  • Erscheinungstag 10.02.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733729998
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Ich soll was tun?“

Kayla starrte ihren Chef entgeistert an. Noch vor dreißig Sekunden hatte sie Nelson für einen ganz vernünftigen Menschen gehalten. Aber nun zeigte es sich, dass er offenbar vollkommen verrückt war.

„Du sollst nach Peru fliegen und Chad Thornton ausspionieren.“

Chad Thornton. Wie war es möglich, eine derartige Abneigung gegen einen Mann zu empfinden, den sie nicht einmal persönlich kannte? In den letzten vier Monaten war er buchstäblich zu einem Fluch für sie geworden. Kayla hatte gelernt, mit allem Möglichen umzugehen, von den Massenmedien über schwierige Vorgesetzte bis zu exzentrischen Models. Wer hätte da gedacht, dass ein unbekannter Wissenschaftler sich als derartiges Problem erweisen könnte?

„Ich bin kein Fan von Spionagefilmen“, sagte sie mit einem vorsichtigen Lachen. „Und darum bin ich wohl auch nicht die Richtige für diesen Job.“

„Als Direktorin unserer PR-Abteilung bist du genau die Richtige“, entgegnete Nelson in jenem unnachgiebigen Ton, der Kayla nach zehn Jahren Arbeit für ihn nur zu gut bekannt war. Er bedeutete, dass Nelson einen Entschluss gefasst hatte und sich durch nichts mehr umstimmen lassen würde. „Dieses revolutionäre Produkt, das Thornton angeblich entwickelt hat, und das neben seiner verjüngenden Wirkung auch noch die Eigenschaft eines Aphrodisiakums besitzt, ist exakt das, was wir brauchen.“

„Leider denken das aber auch alle anderen Kosmetikfirmen.“

„Eben. Und deshalb will ich sichergehen, dass La Fleur von Anfang an dabei ist. Vor zwei Jahren wurden wir durch diese neue Selbstbräunungscreme vom Markt verdrängt. Das wird uns nicht noch mal passieren.“

„Aber Thornton spricht seit vier Monaten von dieser neuen Formel und hat bisher noch überhaupt nichts vorgezeigt.“

„Was nicht heißt, dass er es nicht tun wird.“

„Pah! Meiner Ansicht nach liebt er bloß die Aufmerksamkeit, mit der sämtliche Kosmetikfirmen ihn überschütten. Er sonnt sich in ihrem Interesse, lässt sich umwerben und nimmt sie aus, so gut er kann, und wenn er irgendwann sein neues Wundermittel auf den Markt werfen soll, hat er wahrscheinlich überhaupt nichts zu bieten.“

„Das wäre möglich“, räumte Nelson ein. „Aber vielleicht ist er ja auch nur vorsichtig, was ich ihm nicht verdenken kann. Denn wenn seine Behauptungen sich als wahr erweisen, wird das Präparat nicht nur die Hautpflege, sondern auch den Sex revolutionieren. Und wer könnte einem derartigen Mittel widerstehen? Du weißt so gut wie ich, dass Sex sich gut verkauft. Und La Fleur wird das Patent dafür haben.“

Er brauchte kein „denn sonst …“ hinzufügen – das verstand sich von allein. Und sollten Thorntons Behauptungen sich als wahr herausstellen, lag es natürlich auch in Kaylas Interesse, dass La Fleur die Rechte an diesem angeblich Wunder wirkenden Produkt erwarb. Nach Monaten ohne konkrete Ergebnisse bezweifelte sie allerdings, dass Thorntons Behauptungen begründet waren.

Außerdem konnte sie den Mann nicht ausstehen. Zwar war ihr bisher ein persönlicher Kontakt mit ihm erspart geblieben, aber ihre Mitarbeiter hatten nicht das gleiche Glück gehabt und hatten sich darüber beklagt, dass er Interviews verweigerte und auch keine Telefonanrufe beantwortete. Und nach ihrer eigenen Fast-Begegnung mit ihm vor zwei Monaten war Kayla beinahe sicher, dass Thornton auch keine anderen positiven Eigenschaften besaß, um seine schlechten Seiten auszugleichen.

Schließlich hatte sie wochenlang eine traumhafte Party zu seinen Ehren vorbereitet, um ihn der Belegschaft vorzustellen. Sie hatte dafür gesorgt, dass alles, was in New York City Rang und Namen hatte, eine Einladung dazu erhielt, und hatte außerdem noch alle möglichen Prominenten und sämtliche Models von La Fleur zu dieser Party eingeladen. Und was hatte Chad Thornton getan? Er hatte die Unverschämtheit – und Rücksichtslosigkeit! – besessen, sich still und heimlich davonzumachen, noch bevor die Party richtig begonnen hatte.

1. KAPITEL

Chad Thornton saß an einem der Tische der zahlreichen Straßencafés von Cusco und betrachtete beinahe ehrfürchtig seine Umgebung. Es war kaum zu glauben, dass er vor ein paar Stunden noch im hektischen Manhattan gewesen war und nun dort saß, wo vor Jahrhunderten die mächtigen Inkas gelebt hatten.

Sein Blick glitt über die eindrucksvolle Plaza de Armas, dem Mittelpunkt dieser malerischen Stadt, die als Hauptstadt des einstigen Inkareiches galt. Auf dem von der spätnachmittäglichen Sonne erhellten Platz, der noch immer durchdrungen schien vom Geist der Menschen, die diese Straßen einst bevölkert hatten, wimmelte es von Touristen und Straßenhändlern. Mit seinen farbenfrohen Arkaden und den mit aufwendigen Schnitzereien verzierten Holzbalkonen versehenen Häusern, deren Fundamente schon vor über fünfhundert Jahren von den Inkas gelegt worden waren, bot der Platz einen wirklich beeindruckenden Anblick.

Chad trank einen Schluck von dem Mineralwasser, das Touristen empfohlen wurde, um sich an die Höhenlage zu gewöhnen, und spürte, wie etwas von der Anspannung von ihm abfiel, die ihn schon seit Monaten beherrschte. Wenn er geahnt hätte, wie chaotisch sein Leben nach der Veröffentlichung seiner Erkenntnisse zu der von ihm entwickelten Anti-Aging-Formel werden würde, hätte er bessere Vorkehrungen getroffen, um seine Privatsphäre zu schützen. Denn obwohl er damit gerechnet hatte, dass er mit seinem revolutionären Produkt Aufmerksamkeit erregen würde, hatte ihn der Rummel, den man plötzlich um ihn machte, völlig unvorbereitet getroffen.

Und nicht nur seitens der Kosmetikfirmen. Bekannte, von denen er seit Jahren nichts gehört hatte, wollten ihre Freundschaft plötzlich wieder erneuern. Leute, die entfernte Verwandte zu sein behaupteten, bombardierten ihn mit Anrufen und Briefen. Hinzu kam noch die Flut von Anwälten und Finanzberatern, die alle seine Interessen vertreten wollten, und die wohltätigen Organisationen, die um Spenden baten. Er hatte schon zweimal seine Nummer ändern lassen und sein Telefon im Labor ganz abgestellt, aber sie hatten ihn natürlich trotzdem irgendwie aufgespürt. Außerdem erhielt er jeden Tag unzählige E-Mails, sodass sein elektronisches Postfach überquoll.

Mittlerweile wusste er, wie sich Leute fühlen mussten, die im Lotto gewonnen hatten. Überwältigt und geradezu erdrückt von all den Leuten, die plötzlich auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollten.

Durch puren Zufall war er in seinem privaten Labor auf die Formel für das neue Mittel gestoßen, und nach drei Jahren des Experimentierens war er inzwischen überzeugt, dass es nun auf den Markt gebracht werden konnte. Es hatte nur eines Artikels in einem wissenschaftlichen Journal bedurft, und schon hatte die Nachricht sich überall verbreitet. Seitdem war sein Leben nicht mehr das gleiche wie vorher.

Das Gute war, dass er für den Rest seines Lebens finanziell versorgt sein würde, falls die Formel sich als erfolgreich herausstellte und er den richtigen Käufer für sie fand. Was natürlich ein Riesenansporn war für einen Mann, der in einem bescheidenen Apartment in einem nicht sehr vornehmen Teil Manhattans lebte und noch weitere zehn Jahre sein Studiendarlehen abzuzahlen hatte. Und natürlich wäre es auch schön, die Hypothek seiner Eltern ablösen zu können und ihnen einen wohlverdienten Urlaub zu ermöglichen.

Die Kehrseite der Medaille war, dass Chad sich nicht mehr sicher war, wem er vertrauen konnte. An Angeboten fehlte es ihm nicht. Aber da er Wissenschaftler und kein Geschäftsmann war, verstand er so gut wie nichts von Verhandlungen, Vertragsabschlüssen und all den anderen Dingen, die er plötzlich wissen musste. Er benötigte fachmännischen Rat und hatte daher in den letzten Monaten viel darüber nachgedacht, wen er ins Boot holen wollte. Was er jedoch vor allem in dieser Zeit gelernt hatte, war, dass es unendlich viele oberflächliche und habgierige Menschen gab. Und leider schienen die meisten von ihnen seine Telefonnummer zu kennen.

Am überraschendsten und schmerzlichsten jedoch war die Erkenntnis, dass auch Lynda in diese Kategorie fiel. Wieso hatte er in dem einen Jahr, in dem sie zusammen gewesen waren, ihren wahren Charakter nicht erkannt? Er hatte geglaubt, sie passten zueinander, und dass sie als Wissenschaftler auf der gleichen Wellenlänge waren. Und auch wenn die Chemie zwischen ihnen nicht die allerbeste war, hatte er ihre gemeinsame Leidenschaft für die Wissenschaft doch immerhin als hinreichend befriedigend empfunden.

Wie sehr er sich geirrt hatte, war ihm erst vor zwei Monaten bei einer Businessparty, die La Fleur Cosmetics für ihn gegeben hatte, klar geworden. Denn dort hatte er Lynda in flagranti mit einem männlichen Model erwischt – was ihn dazu gebracht hatte, die Party augenblicklich zu verlassen. Er war ohnedies nicht besonders angetan gewesen von der aggressiven Kampagne dieser Firma, um ihn zur Zusammenarbeit zu bewegen, und dass er seine Freundin mit einem ihrer Models erwischt hatte, hatte ihm La Fleur Cosmetics nicht sympathischer gemacht.

Chad verzog das Gesicht, als er sein Wasser trank, und sehnte sich nach einem Bier. Wenn er doch nur ein Mittel erfinden könnte, um dieses Bild aus seiner Erinnerung zu löschen! Nicht, dass es ihm das Herz gebrochen hätte. Er war eigentlich mehr schockiert gewesen. Und furchtbar wütend. Auf Lynda, weil sie ihn betrogen hatte, und auf sich selbst, weil er nicht vorausgesehen hatte, dass sie es tun würde. Und dann auch noch mit so einem Modeltypen, genau der Art von Mann, von der er nie geglaubt hätte, dass er der ach so seriösen Dr. Lynda Maxwell je gefallen könnte.

Doch das hatte der Kerl. Und wie. Durch seine gescheiterte Beziehung mit Lynda hatte Chad auf die harte Tour gelernt, dass es ein Fehler war, sich mit einer Kollegin einzulassen. In ihrem Labor bei Scientific Industries wurde gemunkelt, dass sie und das männliche Model zusammen in die Karibik geflogen waren. Lyndas eigener Aussage nach hatte sie sich nach einem einzigen Blick auf diesen Mann „wie an einen Atomreaktor angeschlossen“ gefühlt. Was nicht nur völlig unwissenschaftlich, sondern auch ganz und gar absurd war.

Die Enttäuschung durch Lynda und der Druck von allen Seiten, weil alle sich die Formel sichern wollten, hatten ihm irgendwann gereicht. Er hatte genug von den Firmen, die ihn umwarben. Er brauchte Ruhe und Frieden. Er wollte nur noch weg von allem, was ihn so durcheinanderbrachte, dass er sich nicht mal mehr auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Er wollte an einen Ort, wo ihn niemand kannte. In eine Umgebung, die ihn körperlich und seelisch reinigen und von dem Wahnsinn heilen würde, der plötzlich jeden Bereich seines Lebens erfasst hatte und ihn förmlich zu ersticken drohte. Er brauchte einen Ort, wo er sich auf das Wesentliche konzentrieren und seinen inneren Frieden wiederfinden konnte.

Er hatte sofort gewusst, wohin er wollte. Schon seit seiner Highschoolzeit hatte er immer nach Cusco fliegen und von dort aus eine Wanderung zur alten Inkastadt Machu Picchu unternehmen wollen. Die Kultur der Inkas hatte ihn schon damals ungeheuer fasziniert. Und obwohl er diesen Traum nie aufgegeben hatte, hatte er diese Reise bisher leider nie machen können.

Chad leerte die Flasche Wasser und wollte gerade eine weitere bestellen, als er eine Frau sah, die über die Plaza ging. Eine große dunkle Sonnenbrille und ein breitrandiger Strohhut verdeckten beinahe vollständig ihr Gesicht. Aber was sein Interesse weckte, war nicht ihr Gesicht, sondern die geradezu unglaubliche Geschmeidigkeit, mit der sie sich bewegte, und die Tatsache, dass ihr dünner langer Rock durch die helle Sonne hinter ihr fast durchsichtig wirkte.

Was für ein Anblick, dachte Chad.

Beeindruckt von ihren wohlgerundeten Hüften und den langen wohlgeformten Beinen, die sich unter dem dünnen Stoff abzeichneten, setzte Chad sich noch aufrechter hin und begann sich unwillkürlich vorzustellen, was sie unter ihrem Rock anhatte. Oder ob sie überhaupt etwas darunter trug. Und mit jedem ihrer Schritte schien seine Körpertemperatur noch um ein paar Grade anzusteigen. Sein Blick glitt zu ihrem türkisfarbenen Top, das braun gebrannte Arme und den Ansatz ihrer Brüste erkennen ließ.

Frauen waren wirklich das Letzte, woran Chad gedacht hatte, als er diese Reise angetreten hatte, aber ein einziger Blick auf die aufregende Fremde in dem beinahe durchsichtigen Rock bewirkte, dass sie augenblicklich alle anderen Dinge in den Hintergrund drängte. Wann war er das letzte Mal vom bloßen Anblick einer Frau so fasziniert gewesen? Noch nie zuvor, soweit er sich erinnern konnte.

Eine Wolke, die sich über die Sonne schob, beendete die unverhoffte schöne Aussicht. „Verdammt“, murmelte Chad und griff in seine Tasche, um ein paar Centavos für das Wasser auf den Tisch zu werfen und der schönen Fremden nachzugehen. Aber dann sah er, dass sie auf das Café zukam, in dem er saß. Also setzte er sich wieder hin und beobachtete, wie sie sich an einen Tisch nicht weit entfernt von seinem setzte. Bevor er allerdings ein Gespräch beginnen konnte, nahm sie eine Zeitschrift aus ihrer großen Leinentasche und begann darin zu blättern.

Es war die „U.S. Weekly Review“, sein Lieblingsmagazin und die einzige Zeitschrift, die er außer wissenschaftlichen Veröffentlichungen regelmäßig las. Die Ausgabe, die sie in der Hand hielt, enthielt einen sehr guten Artikel über Stressbewältigung, der mit „Kein Fortschritt ohne Veränderung“ betitelt war und sie dazu inspiriert hatte, endlich diese Reise nach Peru zu unternehmen.

Da kam auch schon der Kellner, und sie ließ die Zeitschrift sinken. Wegen der dunklen Sonnenbrille und des breitrandigen Strohhuts, die ihr Gesicht verdeckten, konnte Chad nur sehen, dass sie ein charmantes Lächeln hatte, das auch den Kellner überwältigte. Und als sie eine Flasche Wasser bestellte, hörte er, dass sie offenbar Amerikanerin war.

Als der Kellner wieder ging, richtete sie ihren Blick auf Chad und schenkte ihm ein Lächeln. Für den Fall, dass sie nicht allein hier war, warf Chad rasch einen Blick über die Schulter. Da er jedoch niemanden hinter sich entdeckte, galt ihr Lächeln offensichtlich ihm, was ihn gleichzeitig freute und überraschte. Denn obwohl er seinen Teil an Freundinnen und Gespielinnen gehabt hatte, hätte er sich nicht als Frauentyp bezeichnet. Seiner Erfahrung nach fanden nicht alle Frauen seinen Alltagslook, der aus Schutzbrille und schmuddeligen Laborkitteln bestand, sexy. Mit Ausnahme der Models vielleicht, die sich ihm auf den zahlreichen Partys der Kosmetikfirmen, die um seine Aufmerksamkeit konkurrierten, an den Hals geworfen hatten.

Aber diese Frau hier wusste nichts von seinem Kosmetikum, und deshalb galt ihr Lächeln ausschließlich ihm als Mann.

Als er zurücklächelte, fragte sie ihn, ob er Englisch sprach.

Ihre Stimme war weich und ein wenig heiser, als wäre sie gerade erst aufgestanden. Der Gedanke beschwor ein Bild ihrer langen Beine zwischen zerwühlten Bettlaken in ihm herauf, und eine versengende Hitze, die nichts mit der Sonne zu tun hatte, begann ihn zu durchfluten.

„Nur wenn ich verstanden werden möchte“, antwortete er.

Sie lachte so sexy, dass es ihm durch und durch ging. „Ich dachte mir schon, dass Sie Amerikaner sind.“

„Wieso?“

„Ihr Hemd.“

Er blickte an dem Hawaiihemd herab, das er offen über seinem T-Shirt trug. „Sie meinen, mein schreiend buntes Hemd verrät den amerikanischen Touristen?“

„Laut und deutlich. Nicht, dass das etwas Schlimmes wäre. Ihrem Akzent nach würde ich raten, dass Sie aus dem Nordosten der USA kommen.“

„Aus New York.“

Ihr Lächeln vertiefte sich, und sie stützte ihre Ellbogen auf den kleinen runden Tisch. „Wirklich? Ich auch. Ich lebe in Manhattan.“

Er stieß verblüfft den Atem aus. „Ich auch. In der Lower West Side.“

„Und ich in der Upper East Side.“

Das überraschte ihn nicht. Er konnte zwar nicht viel von ihr sehen, aber das, was er sah – ihr selbstsicheres Lächeln, ihre leicht gebräunten Arme und Schultern, die Sonnenbrille, der Hut und die Sandalen, die zweifelsohne Designerlogos trugen und supermodisch waren, verrieten ihm, dass sie genau die Art von Frau war, die all das verkörperte, was er zu vermeiden suchte.

„Und was bringt Sie nach Cusco?“, fragte er.

Sie lachte ein bisschen verlegen. „Sie werden mich für verrückt halten, aber ich bin wegen eines Artikels hier, den ich in diesem Magazin gelesen habe.“ Sie hielt die U.S. Weekly Review hoch. „Es handelt davon, wie man sein Leben wieder ins Gleichgewicht bringen kann.“

Chad zog die Brauen hoch. „‘Kein Fortschritt ohne Veränderung‘?“

Sie wirkte überrascht. „Genau! Haben Sie den Artikel auch gelesen?“

Na schön, er mochte zwar nicht auf der Suche nach weiblicher Gesellschaft sein, aber wie konnte er eine Frau ignorieren, die nicht nur überaus attraktiv war, sondern zudem auch noch eine verwandte Seele? „Würden Sie mir glauben, dass er zum Teil der Grund war, dass ich hier bin?“

Wieder lachte sie. „Da er sogar jemanden, der seine Bequemlichkeit so liebt wie ich, dazu veranlasste, zu einer Wanderung nach Machu Picchu herzukommen, glaube ich Ihnen das sogar.“

Bevor Chad etwas erwidern konnte, brachte der Kellner ihr Wasser. Dann kam der junge Mann zu Chad hinüber. „Noch ein Wasser, Señor?“, fragte er mit einem Blick auf die leere Flasche.

„Ja, bitte.“ Als der Kellner wieder fort war, betrachtete Chad die Frau ein paar Sekunden und musste sich eingestehen, dass ihm gefiel, was er sah. Sehr sogar. Dass sie offenbar der Oberschicht angehörte, machte sie zwar auf lange Sicht gesehen zur falschen Frau für ihn, aber ihr unbestreitbarer Sex-Appeal machte sie zu genau der richtigen Frau für jetzt. Und dass sie sich in Bezug auf Stressbewältigung auf derselben Wellenlänge befanden, bestärkte ihn in seinem Entschluss.

„Möchten Sie sich nicht zu mir setzen?“, forderte er sie auf.

Sie zögerte kurz, aber dann nickte sie. „Klar. Es wäre ja auch albern, über die Tische hinweg zu reden.“

Nachdem sie ihre Sachen aufgehoben hatte, kam sie mit der gleichen katzenhaften Geschmeidigkeit, mit der sie die Plaza überquert hatte, zu ihm hinüber. Da auch Chads Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen waren, ließ er seinen Blick über ihre ausgesprochen feminine Figur gleiten, von ihrem Top bis zu den flachen, mit glitzernden Blumen verzierten Sandalen, in denen ihre Füße steckten, und wurde sich ihrer Nähe beinahe schmerzhaft stark bewusst. Sie erregte ihn, ohne es darauf anzulegen.

„Danke für die Einladung“, sagte sie lächelnd und lenkte seinen Blick auf ihre vollen glänzenden Lippen, die aus der Nähe sogar noch hübscher waren. Sie streckte ihm die Hand hin. „Ich bin Kayla Watson. Eine gestresste, aus dem Gleichgewicht geratene New Yorkerin, die sich hier wieder zu erholen hofft.“

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Kayla“, sagte er und hielt ihre Hand ein wenig länger als nötig, bevor er sie wieder losließ. „Chad Thornton. Ein weiterer gestresster, aus dem Gleichgewicht geratener New Yorker.“ Als er tief einatmete, wehte ihr angenehmer Duft zu ihm hinüber und schien ihn förmlich zu berauschen.

„Ihr Duft“, murmelte er. „Sie riechen nach Kokosnuss und einem Hauch Limone.“ Wieder atmete er tief ein. „Und irgendeiner Blume.“

Trotz ihrer großen Sonnenbrille entging ihm nicht, wie überrascht sie war. „Der Blumenduft ist Gardenie. Was machen Sie beruflich? Testen Sie Parfüms?“

„Nein. Ich habe nur einen sehr guten Geruchssinn.“ Er lächelte. „Besonders bei Frauen, die ein bezauberndes Lächeln haben und wie ein köstliches tropisches Getränk mit Blüten darin duften“, sagte er und wünschte, sie würde ihre Brille und ihren Hut abnehmen, damit er sehen konnte, ob ihr Gesicht genauso faszinierend war wie ihr Lächeln.

„Danke, aber ich glaube, die meisten Männer würden ein tropisches Getränk mit Blüten darin wohl eher als feminin bezeichnen statt als köstlich. Und was sind Sie denn nun von Beruf?“

Chad begann sich angenehm entspannt zu fühlen. Es tat gut, mit jemandem zusammen zu sein, der nichts über ihn wusste und nichts von ihm wollte. „Raten Sie mal“, erwiderte er schmunzelnd und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

Der Kellner brachte sein Wasser, und als er wieder gegangen war, fragte sie: „Ein Auftragskiller?“

„Sehe ich aus wie einer?“

„Nein. Ich halte es nur für wichtig, Betätigungen wie diese auszuschließen, wenn wir uns schon einen Tisch teilen.“

„Ich bin kein Killer“, versicherte er ihr. „Aber ich würde es natürlich auch nicht zugeben, wenn ich einer wäre.“

„Sie haben wohlgeformte, kräftige Hände. Sind Sie Künstler?“

Der bloße Gedanke, ihr zu zeigen, was seine Hände alles sein konnten, ließ seinen Puls schneller schlagen. „Ich kann nur Strichmännchen zeichnen.“

„Sind Sie Weinprüfer?“

„Nein, aber das klingt wie ein großartiger Job. Wo kann ich mich bewerben?“

Sie lachte. „Oder Barkeeper?“

„Weil die einen guten Geruchssinn brauchen?“

„Nein, weil man gut mit ihnen reden kann.“

„Danke, aber da ich hier der Einzige bin, mit dem Sie reden können, weiß ich nicht, ob das ein Kompliment ist.“

„So war es aber gemeint.“

„Ich wette, das sagen Sie zu allen aus dem Gleichgewicht geratenen New Yorkern, die Sie hier in Cusco treffen.“

Sie lächelte. „Sie haben mich erwischt.“

Er lachte. „Geben Sie auf?“

„Noch nicht.“ Wieder glitt ihr Blick über ihn. „Ihre offensichtliche Vorliebe für Hawaiihemden dürfte eine Beschäftigung in der Modebranche ausschließen.“

„He, das Hemd habe ich auf der Madison Avenue gekauft!“

„Ich habe nichts gegen Ihr Hemd. Ich meinte nur, dass es den Leuten in den großen Modefirmen nicht gefallen würde. Aber lassen Sie mich weiterraten. Sie scheinen gut in Form zu sein … Sind Sie Schreiner?“

„Nein.“

„Förster?“

„Leider nein.“

„Banker? Anwalt? Immobilienmakler? Mechaniker?“

Ihre schnell aufeinanderfolgenden Fragen brachten Chad zum Lachen. „Nein.“

„Na schön, ich gebe auf.“

„Dass Sie das so schnell tun, hätte ich nicht gedacht.“

Sie schob das Kinn vor. „Es gibt einen Unterschied zwischen aufgeben und wissen, wann man das Handtuch werfen sollte.“

„Verstehe. Es ist eine Frage des Timings.“

„Genau.“

„Na schön, dann werde ich Sie nicht länger auf die Folter spannen. Ich bin Wissenschaftler. Und meinen guten Geruchssinn brauche ich, um chemische Verbindungen voneinander zu unterscheiden, die normalerweise weder Kokos noch Limone enthalten.“

„Einen Wissenschaftler habe ich noch nie gekannt.“

„Das liegt wohl daran, dass sie uns nicht allzu oft aus dem Labor herauslassen.“

„Und womit genau beschäftigt sich ein Wissenschaftler?“

„Hauptsächlich mit Forschung. Aber ich unterrichte auch ein bisschen.“

„Ich muss zugeben, dass ich das nie erraten hätte. Ich dachte immer, Wissenschaftler hätten wirres Haar und einen irren Glanz in ihren Augen.“

„Das sind nur die verrückten Wissenschaftler, die all die guten Filmrollen bekommen“, stellte er mit einem übertriebenen Seufzer fest. „Die relativ normalen wie ich werden von diesen Hollywoodtypen immer übergangen.“

„Hm. Aber wer weiß, ob sich hinter Ihrer Sonnenbrille nicht vielleicht doch ein irrer Glanz verbirgt.“

Chad war sich sogar ziemlich sicher, dass seine Augen glänzten. Aber nicht, weil er irre war, sondern weil sich in ihm gewisse Gefühle regten. Er wusste nicht, ob es die berauschende Empfindung war, New York entkommen zu sein, oder die Magie dieser uralten Stadt, der Duft und das Lächeln der Frau, die ihm gegenübersaß und deren durchsichtiger Rock ihn sofort auf erotische Gedanken gebracht hatte, oder vielleicht auch nur die große Höhenlage, aber zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich frei. Entspannt. Und ungeheuer interessiert an einer Frau, deren Gesicht noch immer halb vor ihm verborgen war.

„Es gibt nur einen Weg, herauszufinden, was sich hinter meiner Sonnenbrille verbirgt“, erwiderte er leise, während er sich lächelnd zu ihr vorbeugte. „Nehmen Sie sie mir ab, und überzeugen Sie sich selbst.“

Kayla zögerte aus Gründen, die sie sich selbst nicht ganz erklären konnte. Sie wusste nur, dass seine Aufforderung sie überraschte. So wie der ganze Mann sie überraschte, weil er völlig anders war, als sie ihn sich vorgestellt hatte.

Aufgrund der Fotos, die sie bisher von ihm gesehen hatte, hatte sie einen hageren, zerstreuten und leicht schrulligen Wissenschaftler zu sehen erwartet. Doch anscheinend war Thornton einfach nur nicht fotogen, denn auch wenn er nicht in der gleichen Liga spielte wie die männlichen Models, mit denen sie beruflich in Kontakt kam, so war er doch ein ziemlich attraktiver Mann.

Mit einem wirklich netten Lächeln. Und einem hübschen, sehr markanten Kinn. Unter seinem kurzärmeligen Hawaiihemd und seinem T-Shirt schien sich ein beeindruckender Oberkörper zu verbergen. Er hatte kräftige Arme und breite Schultern, und sein dunkles, etwas zerzaustes Haar verlockte sie geradezu dazu, mit ihren Fingern hindurchzufahren …

Sie hatte ihn anfangs sogar für den falschen Mann gehalten, als sie sich in das Café gesetzt hatte. Erst als er sich ihr vorstellte, war sie überzeugt gewesen, dass er der Gesuchte war.

Und nun, da er ihr angeboten hatte, ihm die Sonnenbrille abzunehmen, verspürte sie eine merkwürdige Mischung aus Neugierde und unerklärlicher Nervosität. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass dieser Mann, den sie ausspionieren sollte, in irgendeiner Weise sympathisch oder sogar attraktiv sein könnte.

Nach einem tiefen Atemzug nahm sie ihm langsam seine dunkle Brille ab … und blickte in die schönsten braunen Augen, die sie je gesehen hatte.

Der Blick seiner wundervollen Augen schien sie selbst durch ihre Brille hindurch zu versengen. Sein Blick war derart faszinierend, dass sie das Gefühl hatte, in Treibsand zu versinken. Ja, dieser Mann war wirklich überhaupt nicht das, was sie zu sehen erwartet hatte.

Intelligenz und Humor funkelten in seinen braunen Augen, die goldene Sprenkel hatten. Und auch ein unverkennbares männliches Interesse, das sie heiß erschauern ließ. Für einige Sekunden starrte sie ihn nur an und ließ ihren Blick über sein Gesicht gleiten, betrachtete seine makellose Haut und seine sinnlichen gut geschnittenen Lippen, die ungemein verführerisch aussahen. War es möglich, dass ein weltfremder Wissenschaftler, der den größten Teil seiner Zeit in einem Labor vor einem Mikroskop verbrachte, ein so guter Küsser sein konnte, wie seine Lippen es vermuten ließen?

„Nun?“, fragte er leise.

Dieses eine Wort riss Kayla abrupt aus ihren völlig unangebrachten Gedanken. Sie durfte nicht vergessen, dass sie diesen Mann nicht mochte. Und dass sie einen Auftrag zu erfüllen hatte, der nicht darin bestand, sich zu fragen, wie Chad Thornton wohl küsste.

Aber da sie leider den Faden verloren hatte, sah sie sich gezwungen, ihn zu fragen: „Nun … was?“

„Sehen Sie irgendwelche Anzeichen eines irren Glanzes?“

„Eines Glanzes vielleicht schon. Aber eines irren? Ganz gewiss nicht.“

Autor

Jacquie D´Alessandro
Jacquie D'Alessandro wuchs in Long Island auf und verliebte sich schon in jungen Jahren in Liebesromane. Sie träumte immer davon, von einem schneidigen Schurken auf einem lebhaften Hengst entführt zu werden. Als jedoch Joe, ihr zukünftiger Ehemann, zum erste Mal auftauchte, hatte sein Erscheinungsbild nur wenig mit ihren Träumen zu...
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