Die wahre Braut des Scheichs

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die Designerin Sapphy fühlt sich wie in einem Traum aus 1001 Nacht! Der geheimnisvolle Scheich Khaled will sie in seinem prunkvollen Palast verführen. Aber wird er nicht bald die Frau heiraten, für die sie das Brautkleid entworfen hat? Einen Traum in Weiß, genau in ihrer Größe …


  • Erscheinungstag 04.07.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733747817
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sie wusste es, ohne sich umdrehen zu müssen.

Die Hitze, die sich so plötzlich über ihre Wangen gelegt hatte, und das beunruhigende Kribbeln, das ihr über den Rücken lief, zeigten Sapphy Clemenger, dass die Person, die soeben den Mailänder Modesalon Bacelli betreten hatte, kein gewöhnlicher Kunde war.

Sapphys Muskeln verspannten sich, und ihre Sinne befanden sich in äußerster Alarmbereitschaft, sodass ihr selbst das Klicken der sich schließenden Tür als bedeutungsvoll erschien.

Sie schloss die Augen und versuchte, die Müdigkeit zu vertreiben, die sie schon seit Tagen begleitete. Die ganze Woche über war sie jeden Morgen um drei Uhr aufgestanden, um die Modeschau vorzubereiten, die am heutigen Tag im Rahmen der Mailänder Modewoche stattgefunden hatte. Ein freundliches Lächeln auf den Lippen, wandte Sapphy sich schließlich um.

Das Erste, was ihr auffiel, war die Autorität, die von ihm ausging.

Wie ein Stromstoß erfasste seine machtvolle Ausstrahlung ihren ganzen Körper. Ein schwarzer Rollkragenpullover und schwarze Jeans, dazu handgearbeitete schwarze Stiefel. Selbst seine Haare glänzten im Licht der Deckenstrahler blau-schwarz.

Aber es waren seine Augen, die sie in ihren Bann zogen. Dunkel und unergründlich, funkelten sie auf eine Weise, die Sapphy an das Leuchten einer Sternschnuppe an einem nächtlichen Himmel erinnerte.

Er sagte nichts, während er auf sie zukam. Seine Augen waren dabei die ganze Zeit auf sie gerichtet, und sein Auftreten ließ keinen Zweifel daran, dass er sich nicht zufällig in diesen Modesalon verirrt hatte.

Er war ihretwegen gekommen.

Sie erschauerte und bedauerte es, dass sie Carla, die einzige Angestellte des Salons, früher nach Hause geschickt hatte. Irgendetwas warnte sie, dass es jetzt nicht gut war, alleine zu sein. Aber sie rührte sich nicht von der Stelle. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie dazu in der Lage gewesen wäre.

„Buona sera.“ Seine Stimme war voll und tief, und es lagen so viele verschiedene Einflüsse darin, dass es ihr nicht gelang, seinen Akzent einzuordnen. „Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich Englisch spreche?“

Er wusste also, dass sie keine Italienerin war. Was wusste er sonst noch über sie? Und woher?

„Englisch ist gut, danke.“ Ihre Stimme klang ruhiger, als ihr zumute war. Da kam ihr das Angebot, in ihrer Muttersprache zu sprechen, sehr gelegen. Nachdem sie vor vier Jahren aus ihrer Heimat Australien hierher gezogen war, sprach sie zwar fließend Italienisch, aber in der Gegenwart dieses Fremden fürchtete sie dennoch, über ihre eigene Zunge zu stolpern. „Womit kann ich Ihnen helfen?“

„Sie sind Sapphire Clemenger, nehme ich an? Die Designerin?“

Immer noch war es ihr unmöglich, seinen Akzent zu bestimmen. Es waren Spuren von britischem und amerikanischem Englisch darin sowie einige andere Färbungen. Auf jeden Fall war er kein Italiener, auch wenn er mit seiner dunklen Hautfarbe glatt als Südländer durchgegangen wäre. Nur war er zu groß und zu breitschultrig.

Sapphy konnte die Hitze spüren, die von dem Mann ausging, so nahe stand er jetzt vor ihr. Da es ihr unter diesen Umständen nicht gelang, auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen, nickte sie lediglich.

„Das hatte ich mir schon gedacht“, fuhr er fort. „Man hatte mir gesagt, dass Sie sehr schön seien. Bis jetzt hatte ich allerdings keine Ahnung, wie schön.“

Sie blinzelte, während sich ein merkwürdiges Gefühl in ihr ausbreitete. Wie war es möglich, dass seine Worte eine solche Wirkung auf sie ausüben konnten? Sapphy war es gewohnt, dass sie überall, wo sie hinging, Aufmerksamkeit erregte. Die italienischen Männer waren ihrem allseits bekannten Ruf gerecht geworden. Doch ihre Komplimente waren weniger ernst gemeint als vielmehr spielerisch.

Die Worte des Fremden dagegen hatten einen vollkommen anderen Unterton. Vielleicht hing das mit dem abschätzenden Blick zusammen, mit dem er immer noch ihr Gesicht und ihren Körper begutachtete.

Und sie wusste nicht einmal, mit wem sie es zu tun hatte.

Sapphy richtete sich gerade auf und bemühte sich, die in ihr aufsteigende Hitze zu ignorieren. Sie hatte nicht vor, sich weiterhin von ihrem Besucher einschüchtern zu lassen. „Sie sind mir gegenüber im Vorteil, Signor …“

„Nennen Sie mich Khaled“, gab er zurück.

Sie ergriff die ihr dargebotene Hand und wünschte sich sogleich, sie hätte es nicht getan. Denn als seine langen, schlanken Finger sich um die ihren schlossen, hatte sie das Gefühl, als habe er mit dieser Berührung Besitz von ihr ergriffen.

Und das war verrückt.

Sie gehörte niemandem, am wenigsten diesem dunkelhäutigen Fremden. Nicht einmal Paolo, mit dem sie seit zwei Jahren eine lockere Beziehung führte, hatte ihr jemals das Gefühl gegeben, dass sie sein Eigentum sei.

Sapphy zog ihre Hand zurück, die der Fremde länger gehalten hatte, als ihr lieb war. Dann kehrte sie ihm den Rücken zu und deutete auf eine Sitzgruppe. „Nehmen Sie doch Platz. Und dann sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.“

Er beobachtete ihren ängstlichen Rückzug mit heimlichem Vergnügen. Es war richtig gewesen, bis jetzt zu warten. Es war schon spät und unwahrscheinlich, dass noch jemand den Laden betreten würde. Niemand, der ihr zu Hilfe kommen könnte.

Sie drehte sich um und sah ihn an. In ihren großen blauen Augen lag ein fragender Blick. Er konnte sehen, wie verletzlich sie war und wie sehr sie dagegen ankämpfte. Er konnte ihr Misstrauen und ihre Neugier erkennen.

Und ihre Angst.

Sie war viel interessanter, als er angenommen hatte. Und viel schöner. Selbst der müde Ausdruck, der um ihre Augen lag, konnte nicht von dem Leuchten ablenken, das von ihnen ausging. Ihr Gesicht war von perfektem Ebenmaß. Das dunkelblonde Haar zu einem Zopf gebunden, der ihren schlanken Hals freigab.

Das Gesicht eines Fotomodells und der Körper einer Göttin. Paolo hätte keine bessere Wahl treffen können.

„Was kann ich denn für Sie tun, Signor Khaled?“, fragte sie, als sie sich auf zwei gegenüberliegenden Sesseln niederließen. „Ich nehme doch an, Sie suchen ein Kleidungsstück für eine ganz besondere Frau?“

Er lächelte. „Ganz recht. Ihre Entwürfe sind das Tagesgespräch in Mailand. Die Modeschau war ein grandioser Erfolg. Es ist Ihnen in kürzester Zeit gelungen, sich auf einem so hart umkämpften Markt einen Namen zu machen.“

„Ich habe großes Glück gehabt.“

„Sie sind sehr talentiert. Sonst hätten Sie es niemals so weit gebracht.“

„Danke“, sagte sie leise. Wieder spürte sie, wie ihre Wangen erröteten, so als sei sie nicht daran gewöhnt, dass man sie für ihre Arbeit lobte. „Gab es ein spezielles Stück in der Kollektion, für das Sie sich interessieren?“

„Mir hat jedes einzelne Stück sehr gut gefallen. Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich möchte, dass Sie ein Kleid für mich entwerfen.“

Interesse flammte in ihren Augen auf. „Selbstverständlich. Ich habe schon für zahlreiche Kunden Auftragsarbeiten erledigt.“

Er konnte ihrer Haltung ansehen, dass sie sich endlich entspannte. Nun, da sie sich auf vertrautem Gebiet befand, waren ihre Schultern weniger steif, und dem gleichmäßigen Heben und Senken ihrer Brust zufolge schien sie auch ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu haben. Sie nahm an, dass er ein ganz normaler Kunde war. Besser konnte es gar nicht laufen.

„Es handelt sich um kein gewöhnliches Kleid“, erklärte er. „Ich werde in vier Wochen heiraten. Ich möchte, dass Sie ein Hochzeitskleid für meine zukünftige Braut entwerfen und anfertigen.“

Ein Hochzeitskleid. Sapphy liebte jeden Aspekt ihrer Arbeit, aber die größte Freude und die größte Herausforderung bereitete ihr immer das Entwerfen eines Brautkleides. Das wichtigste Kleidungsstück einer Frau für den wichtigsten Tag ihres Lebens. Ein Gewand, das prachtvoll genug sein musste, um jede Braut in eine Prinzessin zu verwandeln, und dennoch schlicht genug, um nicht von der Trägerin abzulenken. Es gab nichts Schöneres, als diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Aber das Ganze war ein bisschen kurzfristig.

„Ein Hochzeitskleid in nur vier Wochen? Üblicherweise empfehlen wir für einen so wichtigen Auftrag einen Vorlauf von mindestens drei Monaten.“

„Bei Ihrem Talent gehe ich schon davon aus, dass das kein Problem sein wird.“

Während ihr Herz sich schon freudig auf die neue Aufgabe einlassen wollte, haderte ihr Verstand immer noch mit den Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben konnten. Auf keinen Fall wollte sie etwas versprechen, was sie womöglich nicht halten konnte. „Ihr Angebot ist sehr freundlich und auch sehr schmeichelhaft. Dennoch muss ich zunächst prüfen, ob meine übrigen Verpflichtungen es zulassen, dass ich Ihren Auftrag annehme.“

Ihr geheimnisvoller Besucher erhob sich. „Aber Sie haben soeben Ihre neue Kollektion vorgestellt. Da müssten Sie doch jetzt erst einmal Zeit haben.“

„Es stimmt zwar, dass ich meine eigene Kollektion innerhalb des Hauses Bacelli habe, aber ich bin nicht selbstständig. Ich muss mit meinen Vorgesetzten klären …“

Er unterbrach sie: „Ich habe bereits mit Gianfranco Bacelli gesprochen. Er stellt Sie für die nächsten vier Wochen frei.“

„Ich verstehe.“ In Wirklichkeit verstand sie überhaupt nichts mehr. Dies war kein gewöhnlicher Auftrag. Nicht wenn der Kopf des Hauses Bacelli höchstpersönlich seine Einwilligung gegeben hatte. Wer auch immer dieser Khaled war, er verfügte offenbar über Beziehungen. Aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich seinen Plänen fügen musste.

Er trat einen Schritt auf sie zu. „Sie werden für Ihre Mühen großzügig entlohnt werden.“

Sapphy erhob sich ebenfalls, um sich zu ihrer vollen Größe aufzurichten. Sie würde diesem Mann zeigen, dass sie nicht einfach so über sich bestimmen ließ. Auch wenn ihr noch ein paar Zentimeter fehlten, um auf gleicher Augenhöhe mit ihm zu sprechen. „Nichtsdestotrotz ist Ihr Auftrag sehr kurzfristig. Ich stelle die höchsten Ansprüche an meine Arbeit und muss daher sicherstellen, dass die Zeit ausreicht, um den Anforderungen gerecht zu werden.“

„Nennen Sie mir Ihren Preis.“

Pikiert trat sie einen Schritt zurück. „Sie missverstehen mich. Ich versuche nicht, einen höheren Preis für meine Arbeit auszuhandeln. Ich wollte Sie lediglich darauf hinweisen, dass vier Wochen knapp sind, um ein Kleid zu entwerfen, das den Wünschen der Braut entspricht. Ganz davon abgesehen, dass es anschließend noch genäht werden muss.“

Mit einer beinahe gelangweilten Geste wischte er ihre Bedenken beiseite. „Sie sind die Designerin. Sie entwerfen das Kleid.“

„Aber die Braut wird sich doch wohl einbringen wollen? Üblicherweise kommt die Kundin hier in den Laden, und wir besprechen gemeinsam ihre Vorstellungen, ich skizziere ein paar Ideen …“

„Das wird nicht möglich sein.“ Er blickte sie durchdringend an, dann trat er ans Fenster und sah hinaus. „Die Braut ist mit Ihrer Arbeit bestens vertraut. Sie würde nicht wollen, dass irgendjemand anders ihr Kleid entwirft. Sie haben also vollkommene Freiheit.“

Sapphy schüttelte den Kopf. „Das ist unmöglich. Ich muss zumindest den Geschmack und den Stil der Braut kennen. Ich muss wissen, welche Farben ihr stehen und welche Schnitte ihrer Figur schmeicheln.“

„Sie können Sie nicht treffen. Zumindest jetzt noch nicht.“

„Aber warum? Welche Braut würde nicht an der Planung ihres Hochzeitskleids beteiligt sein wollen?“

Seine dunklen Augen verengten sich zu Schlitzen. „Sie ist … unpässlich. Die Hochzeit selbst wird schon aufregend genug für sie werden. Daher möchte ich jeglichen Stress im Vorfeld von ihr fernhalten.“

„Ich verstehe.“ Sapphy ging im Geist alle möglichen Erklärungen durch. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum eine Frau der Planung ihres Brautkleids fernbleiben könnte. Es sei denn, sie war krank, zu krank, um ihre eigene Hochzeit vorzubereiten. Das würde auch die Eile erklären …

Auf einmal empfand sie tiefes Mitgefühl. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Seine Partnerin war krank, vielleicht unheilbar krank, und sie wollten heiraten, solange sie noch die Möglichkeit dazu hatten. Kein Wunder, dass ihm so sehr daran gelegen war, dass Sapphy den Auftrag annahm.

„Ich kann Ihnen alle notwendigen Informationen geben“, sagte er. „Also: Werden Sie das Kleid entwerfen?“

Sie schluckte. Wenn ihre Vermutungen stimmten, was die Umstände der Hochzeit betraf, konnte sie den Auftrag unmöglich ablehnen. Sie konnte unmöglich eine Braut in einer so verzweifelten Lage im Stich lassen. Auf der anderen Seite wollte sie auch, dass die Braut mit dem Kleid zufrieden war. Aber wie sollte das möglich sein, ohne dass Sapphy sie nach ihren Vorstellungen fragen konnte?

„Das ist eine große Verantwortung. Ich möchte auf keinen Fall, dass die Braut nicht glücklich ist mit dem Kleid.“

„Ich garantiere Ihnen, dass sie es lieben wird.“ Er wandte sich ihr wieder zu. „Alles, worum sie bittet …“

„Ja?“, fragte Sapphy interessiert. Jede noch so kleine Information über die Vorlieben der Braut würde ihr eine große Hilfe sein.

Er lächelte, wobei seine weißen Zähne einen deutlichen Kontrast zu seiner gebräunten Hautfarbe bildeten. „Alles, worum sie bittet, ist, dass Sie sich vorstellen, dass es sich um Ihre eigene Hochzeit handelt und um das Kleid Ihrer Träume.“

Sapphy schlug die Augen nieder. Ein solcher Auftrag, bei dem sie die volle Entscheidungsfreiheit hatte, war in jeder Hinsicht ein großes Kompliment und eine einmalige Gelegenheit, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Und dennoch war ihr nicht ganz wohl zumute.

Dieses Gefühl hing teilweise mit dem Wunsch der Braut zusammen, Sapphy solle sich vorstellen, dass es sich um ihre eigene Hochzeit handelte. Ein beunruhigendes Bild schoss ihr durch den Kopf. Sie schritt den Mittelgang einer Kirche entlang, dem Mann entgegen, dem sie ewige Treue schwören wollte. Doch irgendetwas stimmte nicht an der Szene. Es war der Mann, der nicht stimmte.

Es war nicht Paolo, der dort auf sie wartete.

Es war Signor Khaled.

Sie erschauerte und zwang sich, die Augen zu öffnen und aus dem Fenster zu sehen, in der Hoffnung, der dichte Verkehr auf der Via Monte Napoleone möge die ungebetenen Bilder aus ihrem Kopf vertreiben.

Der Mann bedeutete ihr nichts. Er war nichts als ein Kunde, der bald eine andere Frau heiraten würde – noch dazu eine kranke Frau, wenn Sapphys Vermutungen zutrafen. Woher also kam diese Vorstellung, sie selbst könne den Mann heiraten? Und warum war das Bild so schwer abzuschütteln?

Sie musste sich auf die Braut und ihr Kleid konzentrieren. Dies würde ihr großer Tag werden, und Sapphy wollte alles dafür tun, damit es das schönste Erlebnis ihres Lebens wurde. „Ich muss sie dennoch irgendwann treffen“, sagte sie und wandte sich vom Fenster ab. „Eine Anprobe ist einfach unverzichtbar.“

„Darum werden wir uns kümmern, sobald wir in Jebbai sind. Ich habe dort ein Atelier für Sie einrichten lassen.“

„In Jebbai?“ In ihrem Kopf ertönten laute Alarmglocken. „Ist das nicht irgendwo in der Wüste?“

„Jebbai ist ein unabhängiger Staat. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden dort in Sicherheit sein. Dafür werde ich sorgen.“

„Aber warum sollte ich die Arbeit nicht hier machen? Ich muss mich um meine anderen Kunden kümmern, und außerdem habe ich hier die besten Stofflieferanten …“

„Gianfranco Bacelli hat sich um alles gekümmert.“ Er lächelte, oder hatte er einfach nur leicht den Kopf geneigt? „Und Sie wollen doch die Braut kennenlernen, oder?“

Sapphy zögerte. „Ich habe Ihnen noch keine Zusage gemacht.“

„Nein?“, fragte er in einem Tonfall, der nahe legte, dass sie ohnehin keine Wahl hatte. „Dann haben Sie noch bis Sonntag Zeit, um sich zu entscheiden. Wir fliegen am Montag.“

2. KAPITEL

Als Sapphy ihre Wohnung betrat, fühlte sie sich zugleich müde und beschwingt. Das Angebot von Signor Khaled war zwar vollkommen unerwartet gekommen, aber angesichts der Tatsache, dass sie ihre aktuelle Kollektion gerade abgeschlossen hatte, hätte der Zeitpunkt gar nicht besser sein können. Und dennoch würde es knapp werden, das Kleid in nur vier Wochen fertigzustellen.

Wenn sie den Auftrag annahm.

Jebbai.

Allein der Name beschwor exotische Bilder herauf von endlosen Sanddünen und Palmen. Aber was wusste sie schon über den Wüstenstaat, abgesehen von der Tatsache, dass es sich um einen unabhängigen arabischen Staat handelte, dessen Reichtum auf nahezu unerschöpflichen Ölreserven beruhte?

Nachdenklich öffnete Sapphy die Glastür in ihrem Wohnzimmer und trat auf den kleinen Balkon hinaus, legte ihre Arme auf die Brüstung und beobachtete die Menschen unter ihr, die den erstaunlich warmen Februarabend nutzten, um spazieren zu gehen oder eines der Restaurants zu besuchen, die den Platz von allen Seiten umgaben.

Das Angebot war verlockend, das Reiseziel faszinierend, aber irgendetwas an dem Auftraggeber machte sie nervös. Es war nicht sein fremdländisches Aussehen, zumal sie dieses jetzt einordnen konnte. Es war vielmehr der düstere Ausdruck in seinem Gesicht und sein gesamtes Auftreten, aus dem beinahe so etwas wie Verachtung gesprochen hatte.

Aber warum sollte er etwas gegen sie haben? Es sei denn, er war schon von verschiedenen Designern abgewiesen worden und ihr Zögern, sich sogleich auf den Auftrag einzulassen, hatte ihn verärgert. Aber nein, erinnerte sie sich, er hatte schon zornig gewirkt, als er den Laden betrat. Zornig und herausfordernd.

Wollte sie wirklich mit diesem Mann in einen fernen Wüstenstaat fliegen?

Nachdenklich ging sie wieder zurück in die Wohnung. Während sie die Tür hinter sich schloss, bemerkte sie ein blinkendes Licht auf ihrem Anrufbeantworter. Vielleicht hatte Paolo angerufen …

Sie drückte auf den Knopf, um die aufgezeichnete Nachricht abzuspielen, doch es war nur Gianfranco, dessen Stimme erklang. „Du wirst Besuch von einem neuen Kunden bekommen. Sein Angebot ist nicht nur gut für dein Ansehen, sondern auch für den Ruf des Hauses Bacelli. Ich erwarte daher, dass du den Auftrag annimmst.“

Ein Piepen beendete die Nachricht. Die Entscheidung war also bereits getroffen. Gianfrancos Wortwahl ließ keinen Zweifel daran.

Signor Khaled war offensichtlich ein äußerst wohlhabender Kunde, wenn es ihm gelang, eine Designerin für einen ganzen Monat von einem der führenden Modehäuser Mailands freizustellen zu lassen. Und er hatte ihr eigens ein Atelier eingerichtet, in dem sie arbeiten konnte.

Unter diesen Umständen war es durchaus machbar, den Auftrag innerhalb von vier Wochen abzuschließen.

Und hatte sie sich nicht insgeheim schon auf den Besuch in dem Wüstenstaat gefreut? Vielleicht war ein Besuch in Jebbai genau das Richtige, um sie auf neue Ideen zu bringen?

Schon jetzt konnte sie sich das Licht und die flirrende Hitze vorstellen. Die Sonne schien dort wahrscheinlich noch heller als in ihrer Heimat Australien. Dadurch würden die Farben kräftiger wirken. Sapphy stellte sich prächtige Gewänder aus feinster Seide vor, mit aufwändigen Verzierungen.

Es würde dort eine Fülle neuer Eindrücke für sie geben, unbekannte Gerüche, faszinierende Stoffe und Muster. Sie wäre verrückt, sich eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen.

Sapphy sah sich in ihrem bescheidenen Apartment um. Hier gab es nichts, was sie vermissen würde. Selbst Paolo würde vermutlich noch monatelang in den USA sein, wo er an einem internationalen Gerichtsverfahren mitwirkte.

Während seiner Abwesenheit hatte sie die Möglichkeit, einen ihr vollkommen unbekannten Flecken Erde zu erkunden. Im besten Fall würde ihr Aufenthalt dort so etwas wie ein Urlaub werden. Und den konnte sie nach der harten Arbeit der letzten Wochen auf jeden Fall gebrauchen.

Ein Klingeln an der Wohnungstür riss sie aus ihren Gedanken.

Signor Khaled!

Aber das war nicht möglich. Er wusste doch gar nicht, wo sie wohnte. Oder hatte er ihre Adresse etwa auch schon herausgefunden?

Klopfenden Herzens ging Sapphy zur Tür und öffnete. Unvermittelt wurde sie von dem Mann, der vor ihr stand, in die Arme gerissen.

„Sapphy, bella!“

„Paolo?“ Schnell verwandelte sich ihr anfänglicher Schrecken in Verwunderung, während sie von ihrem Gegenüber an sich gedrückt und auf die Stirn geküsst wurde. „Was machst du denn hier?“

Er lockerte seinen Griff und musterte sie skeptisch. „Was ist los? Freust du dich denn nicht, mich zu sehen?“

Nun lachte sie erleichtert und drückte den gut aussehenden Italiener ihrerseits. „Natürlich freue ich mich. Ich war einfach nur überrascht. Komm rein.“

Er folgte ihr in die Wohnung, während sie ihn mit einer Reihe von Fragen überhäufte: „Wann bist du angekommen? Wie lange kannst du bleiben? Ist der Fall abgeschlossen?“

„Eins nach dem anderen“, antwortete er lachend. „Der Fall ist unterbrochen worden, während die Verteidigung einige neue Beweismittel sammelt. Ich kann nicht lange bleiben, aber es war einfach eine zu gute Gelegenheit, um nicht vorbeizukommen. Immerhin habe ich es schon nicht geschafft, bei deiner Show dabei zu sein. Ich habe gehört, dass sie ein großer Erfolg war.“

Sapphy schluckte die Enttäuschung hinunter, die er mit seinen Worten wieder geweckt hatte. Der bisher wichtigste Tag ihrer Karriere – aber Paolo war nicht bei ihr gewesen. Und obwohl ein Teil von ihr gewusst hatte, dass er es wahrscheinlich nicht schaffen würde, hatte der andere Teil gedacht, dass er zu Beginn ihrer Beziehung Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um an ihrer Seite zu sein.

„Ich freue mich, dass du jetzt da bist“, sagte sie und goss zwei Gläser Wein ein, von denen sie eines Paolo reichte. Dann ließ sie sich neben ihm auf dem Sofa nieder und kuschelte sich an ihn. „Wir haben uns schließlich seit sechs Wochen nicht mehr gesehen.“

Sie nippte an ihrem Glas. In ihrem jetzigen Zustand musste sie bald etwas essen, um die Wirkung des Alkohols zu hemmen, ansonsten würde sie innerhalb von fünf Minuten einschlafen. „Bist du hungrig? Sollen wir irgendwo etwas essen gehen?“

„Nein“, sagte er hastig. Dann drückte er ihre Schultern. „Ich bin müde, und morgen muss ich früh aufstehen, um meine Familie noch zu sehen, bevor ich zurückfliege. Warum essen wir nicht einfach hier einen Happen und machen uns einen ruhigen Abend? Was hältst du davon?“

Sapphy nickte und lächelte. Sie freute sich so, ihn zu sehen, dass es ihr ganz egal war, wo sie aßen.

Außerdem hatte sie schon geahnt, dass er so reagieren würde. In den Wochen, die seiner Reise nach New York vorausgegangen waren, waren sie überall, wo sie hingegangen waren, von einer Horde Paparazzi empfangen worden, die in der Beziehung zwischen dem bekannten Anwalt und der aufstrebenden Modedesignerin ein gefundenes Fressen sahen. In unzähligen Artikeln war Sapphy als die „zukünftige Signora Mancini“ bezeichnet worden.

Autor

Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb.
Nach...
Mehr erfahren