Duett der Liebe

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Im Kerzenschein beim romantischen Dinner nach ihrem Konzertbesuch treffen sich ihre Blicke. Und Tyler Beckinridge spürt: Er teilt die stürmische Zuneigung, die ihm Brooke entgegenbringt. Aber sein Geheimnis kann er dieser wundervollen Frau wohl trotzdem nie anvertrauen …


  • Erscheinungstag 28.02.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733773663
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Autsch!“

Brooke Carmichael biss sich auf die Unterlippe, um weitere Schmerzenslaute zu unterdrücken. Hastig nahm sie den großen Becher in die andere Hand und pustete auf ihre Fingerspitzen, die sie sich mit dem überschwappenden heißen Kaffee verbrüht hatte.

Vorsichtiger, aber immer noch in Eile ging sie weiter. Sie wollte ihren Buchladen Tell Me a Story nicht zu lange unbeaufsichtigt lassen, und sie hatte schon wertvolle Zeit in dem Stehbistro verloren, wo sie sich jeden Morgen ihren extrastarken Caffé Latte holte. Normalerweise dauerte das nur ein paar Minuten, doch diesmal war sie von einer Aushilfskraft bedient worden, die sich im Schneckentempo bewegte. Und ausgerechnet heute hatte zudem ihre Schwester Heather, die ihr sonst im Buchladen half, verschlafen und würde erst später kommen.

Ohne ihre gewohnte Dosis Koffein war es für Brooke allerdings völlig unmöglich, den Morgen zu überstehen, und so hatte sie den Laden kurz verlassen. Nächstes Mal bringe ich eine Thermosflasche mit, nahm sie sich vor.

„Tiffany, wo bist du?“, hörte sie eine männliche Stimme rufen.

Da sie den Kaffeebecher scharf im Auge behielt, um sich nicht noch einmal die Finger zu verbrühen, sah sie den großen, besorgt dreinblickenden Mann erst, als es schon fast zu spät war. Sie bremste scharf und vermied es gerade noch, ihm den Kaffee im hohen Bogen über das Hemd zu schütten. Die Finger ihrer linken Hand brannten nun allerdings ebenso unangenehm wie die ihrer rechten.

Froh, dass sie wenigstens ihn nicht erwischt hatte, trat Brooke einen Schritt zurück und wich zur Seite aus. Dabei fiel ihr auf, dass der Mann nicht allein war, sondern auf jeder Seite ein kleines Mädchen neben sich hatte. Die beiden waren nicht älter als fünf oder sechs und offenbar Zwillinge. Der Mann hielt sie fest an der Hand und schien Brooke gar nicht zu bemerken.

„Entschuldigen Sie vielmals“, sagte sie hastig, als der Schmerz in ihren Fingern etwas nachgelassen hatte.

Der Mann würdigte sie kaum eines Blickes, sondern schien völlig damit beschäftigt zu sein, diese gewisse Tiffany zu finden. Erst nach einem Moment nickte er ihr zerstreut zu und setzte sich dann wieder in Bewegung, die beiden Mädchen im Schlepptau.

„Tiffany!“, rief er wieder.

„Scheint ja nichts passiert zu sein“, murmelte Brooke und ging ebenfalls weiter.

Der Mann sucht offenbar seine Frau, überlegte sie. Er wirkte jedenfalls wie ein gestresster Vater beim Einkaufsbummel. Schnell drehte sie sich um und nahm seine Hand ins Visier. Tatsächlich, ein Ehering.

Tiffany musste also seine Frau sein. Warum nur waren die gut aussehenden Männer immer schon vergeben?

Eine rein rhetorische Frage, natürlich, gab Brooke zu, als sie ihren Laden betrat. Sie hatte keinerlei Interesse an Männern, verheiratet oder nicht. Im Moment lief ihr Leben wunderbar. Sie war damit beschäftigt, ihr Geschäft aufzubauen und sich einen Platz in der Welt zu erobern, wofür sie mit siebenundzwanzig genau das richtige Alter hatte. Ihre Erfahrung mit dem Eheleben hatte sie bereits hinter sich, und gebracht hatte es ihr lediglich einen schalen Nachgeschmack und eine gehörige Portion Zynismus.

Brooke nahm einen großen Schluck Kaffee und verbat sich jeden weiteren Gedanken an ihren Exmann. Die Scheidung war bereits zwei Jahre her, nun musste sie selbst dafür sorgen, dass sie dieses traurige Kapitel ihres Lebens vergaß.

Die Vormittage in dem großen Einkaufszentrum verliefen meist ruhig, und oft sah sie die ersten Kunden in ihrem Laden erst am Nachmittag. Das war Brooke gerade recht. Zum einen gab es ihr Gelegenheit, sich um den Organisationskram zu kümmern, und zum anderen machte es ihr nichts aus, allein zu sein. Schon immer war sie damit ausgezeichnet zurechtgekommen.

Nachdenklich blickte sie auf den halb leeren Kaffeebecher in ihrer Hand. Vielleicht sollte sie auch anfangen, Kaffee anzubieten, wie es viele große Buchläden taten? Allerdings war das angesichts ihrer minderjährigen Kundschaft wohl nicht die beste Idee. Wenn sie dagegen begann, Fruchtsaft und Limonade auszuschenken, würden nur die Bücher darunter zu leiden haben.

Sie dachte an den gestressten Vater, mit dem sie beinahe zusammengestoßen war. Vielleicht Vitamindrinks für erschöpfte Eltern?

Der Mann mit den Zwillingen hatte einen ziemlich gehetzten Eindruck gemacht. Hoffentlich war seine Frau mittlerweile wieder aufgetaucht.

Dank des Kaffees voller Energie, warf Brooke den geleerten Becher in den Abfallkorb hinter dem Tresen und straffte die Schultern. Im Lagerraum wartete eine Bücherlieferung darauf, dass sie sie auspackte und in die Regale sortierte.

Als sie auf die Tür zuging, hinter der ihr Büro lag, hielt sie überrascht den Atem an. Sie hätte schwören können, dass sie allein im Laden war. Doch auf dem Fußboden vor einem der Regale, das vom Tresen aus nicht zu sehen war, saß ein kleines Mädchen. Eins der beiden Mädchen, die noch vor ein paar Minuten fest an der Hand ihres Vaters gehangen hatten. Offenbar war es diesem Zwilling gelungen zu entwischen.

„Hallo“, sagte Brooke.

Die Kleine blickte aus großen blauen, von dunklen Wimpern umrahmten Augen zu ihr auf, wandte sich dann aber gleich wieder den Büchern vor ihr im Regal zu. „Hallo.“

Brooke hockte sich neben sie. Ihre junge Kundin schien die Titel auf den Buchrücken zu studieren. Konnte sie schon lesen oder tat sie nur so?

Jedenfalls wusste Brooke aus Erfahrung, dass es Kinder hassten, wenn man sie von oben herab behandelte. Also sprach sie mit dem Mädchen, wie sie auch einen erwachsenen Kunden behandelt hätte. „Kann ich dir helfen, etwas Bestimmtes zu finden?“

Die Kleine schien zu wissen, was sie wollte und zeigte keinerlei Schüchternheit. Sie nickte ernst, bevor sie antwortete: „Ja. Hast du etwas über Mütter?“

„Kommt darauf an. Welche Art von Buch suchst du denn?“

Das Mädchen zögerte einen Moment, um sich die passende Antwort zu überlegen. „Eins darüber, wie man eine findet.“

Wie süß. Sie versuchte, ihrem Vater zu helfen, indem sie in einem Buch nachschlug. „Du suchst also deine Mutter?“

Die blauen Augen leuchteten auf, als die Kleine zu ihr aufschaute. „Ja. Wir alle.“

Also ihr Vater und ihre Schwester, schloss Brooke. Normalerweise hätte sie dem Kind mehrere Bücher zeigen können, die mit dem Thema „Mütter“ zu tun hatten. Eins handelte von einem verloren gegangenen Bärenkind und gehörte zu ihren Lieblingsgeschichten.

Doch im Moment war es wohl wichtiger, das Kind wieder mit seiner Familie zusammenzuführen. „Ich glaube, dein Vater ist ganz durcheinander, weil er euch beide nicht finden kann.“

Das Kind runzelte die Stirn, als ob es diese Aussage nicht ganz verstand. „Du kennst meinen Daddy?“

„Nicht direkt“, gab Brooke zu. Kinder erwarteten und respektierten Ehrlichkeit. „Aber ich weiß, wie er aussieht.“ Brooke beugte sich näher zu dem Kind hinunter, als verrate sie ihm ein Geheimnis. „Besorgt.“

Diesmal nickte die Kleine aufgeregt. „Ja, ich weiß. So sieht er jetzt immer aus.“ Sie blickte zu Brooke auf und fragte traurig. „Hast du ein Buch, das ihm helfen kann?“

„Nein, aber ich glaube, dass es ihm gleich viel besser geht, wenn ich dich zu ihm bringe.“ Brooke stand auf und griff nach der Hand des Kindes, um ihm aufzuhelfen. „Meinst du nicht, wir sollten nach ihm Ausschau halten?“

Es war nichts Ungewöhnliches, dass Kinder allein in ihren Laden kamen. Sie hatte sich schließlich viel Mühe gegeben, ihn so einladend wie möglich zu gestalten. Die Wände waren mit bunten Szenen aus Märchen und Comics bemalt, an denen sie wochenlang gearbeitet hatte.

Normalerweise kamen die Eltern aber kurz darauf nach, froh, dass ihr Kind für ein paar Minuten beschäftigt war und sie sich ausruhen konnten.

Brooke blickte zum Eingang hinüber, doch der gut aussehende Vater war nirgendwo zu sehen. Hoffentlich war er mittlerweile nicht ganz am anderen Ende des Einkaufszentrums angekommen.

Das kleine Mädchen schien sich ebenfalls nicht sicher zu sein, ob sie Brooke folgen sollte. Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum.

„Na gut“, meinte sie schließlich. „Daddy sagt immer, dass wir nicht mit Fremden reden sollen, aber bei dir ist es wohl okay.“

Geschmeichelt antwortete Brooke: „Danke, Süße, aber dein Vater hat schon recht. Du solltest wirklich nicht mit Fremden sprechen.“

Sie verließ mit der Kleinen den Laden und hielt in der Tür inne, um einen Knopf zu drücken. Ein dekoratives schmiedeeisernes Gitter rasselte langsam herunter, und Brooke drückte das Schnappschloss zu. Es konnte eine Weile dauern, bis sie den Vater der Kleinen gefunden hatte, und es war wohl besser, wenn sich nicht noch mehr Kunden in den Laden verirrten, während sie weg war.

Das Mädchen dachte noch immer angestrengt über Brookes Worte nach und blickte schließlich verwirrt zu ihr auf. „Dann sollte ich also nicht mit dir reden?“

Brooke blickte sich nach dem Vater um und wandte sich dann wieder dem Kind zu. „Da sitzen wir nun offenbar in der Zwickmühle.“

Die Kleine riss die Augen auf. „Wo? Was ist eine Zwack… Zwick…?“

„Zwickmühle“, erwiderte Brooke grinsend. „Das ist eine Redensart und beschreibt eine unlösbare Situation, wie die, die wir gerade haben. Du sollst nicht mit Fremden reden, und ich bin eine Fremde, aber wenn du dir nicht von irgendjemandem helfen lässt, kann dein Vater dich nicht finden, und das würde ihn sehr traurig machen.“

„Er ist sowieso schon traurig“, vertraute ihr das Kind an. „Sehr lange schon.“ Sie nagte wieder an ihrer Unterlippe, bis ihre Augen schließlich aufleuchteten. „Wenn du mir deinen Namen sagst, bist du keine Fremde mehr.“

Die Unschuld des Mädchens rührte Brooke. In der Welt, in der sie leben, waren die Dinge schon lange nicht mehr so einfach. Andererseits würde sie das Mädchen mit weiteren Diskussionen nur noch mehr verwirren.

„Ich heiße Brooke“, sagte sie daher schlicht.

Die Kleine legte den Kopf schrägt. „Das ist ein ulkiger Name.“

Brooke lachte. „Hauptsache, du weißt ihn jetzt, denn dann können wir losgehen und deinen Vater suchen.“

Mit einem strahlenden Lächeln blickte das Kind zu ihr auf. „Okay.“

Es fiel ihm schwer, nicht in Panik zu geraten. Natürlich wusste er, dass es nichts half, wenn er sich die schlimmsten Szenarien ausmalte, aber das war nur eine Reaktion auf Ginas Tod vor neun Monaten. Davor hätte er niemals geglaubt, dass seine Frau vor seinen Augen sterben könnte. So was kam nur in den schlechten Filmen vor, die er sich nie ansah.

Genau wie Kindesentführungen.

Allein der Gedanke ließ ihn frösteln, aber welche Erklärung gab es sonst? Seine Tochter stahl sich nicht einfach davon.

Er hatte sie nur für eine Sekunde aus den Augen gelassen, aber das reichte für eine Katastrophe. Mühsam versuchte er, seine Gedanken im Zaum zu halten. Wenn das so weiterging, würde er sich noch völlig verrückt machen, und dann waren seine Mädchen ganz allein.

„Wir finden sie bestimmt, Daddy“, sagte Bethany. Sie klang ruhig und zuversichtlich, fast so, als wäre sie die Erwachsene und er das Kind.

Die Ironie blieb ihm nicht verborgen. „Das sollte ich doch zu dir sagen“, lächelte er.

„Oh. Tschuldigung.“

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, erwiderte er. „Deine Schwester allerdings schon, wenn wir sie gefunden haben. Bist du sicher, dass sie nicht gesagt hat, wo sie hingeht?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf, sodass die dunklen Locken flogen. „Sie war einfach plötzlich weg.“

Weg. Das Wort hallte düster in ihm nach. Doch diesen Gedanken durfte er nicht nachgeben. Sie würden sie wiederfinden, das war das Einzige, was zählte.

„Schau, Daddy, da drüben!“ Aufgeregt zeigte Bethany in Richtung des großen Brunnens und begann gleichzeitig, ihren Vater am Arm zu ziehen. „Sie steht dort mit einer fremden Frau.“

Eiskalte Furcht überfiel ihn, und er folgte Bethany, noch bevor er selbst seine Tochter entdeckt hatte. Beinahe rannte er einen Sicherheitsbeamten um, der ihn aufmerksam musterte.

Gut, halten Sie die Augen offen, vielleicht brauchen wir Sie noch, dachte er.

Doch als er sie schließlich sah, wusste er sofort, dass er völlig überreagiert hatte. Seine Tochter befand sich nicht in Gefahr. Diesmal nicht.

Zum zweiten Mal an diesem Tag blieb Brooke unvermittelt vor dem gut aussehenden Mann stehen. Diesmal allerdings lag es nicht daran, dass sie einen Zusammenstoß vermeiden wollte. Sie war lediglich völlig überrascht. Die beiden Mädchen, mit dem sie ihn früher gesehen hatte, waren immer noch an seiner Seite.

Verwirrt blickte Brooke auf das Kind hinunter, dessen Hand sie in ihrer hielt. Es glich den anderen beiden aufs Haar.

„Es sind Drillinge“, antwortete der Mann, der ihren erstaunten Gesichtsausdruck richtig deutete.

„Ja, das sehe ich“, gab sie zurück. Sie sprach über seinen Kopf hinweg, denn er hatte sich auf die Knie fallen lassen und umarmte seine dritte Tochter stürmisch. „Tiffany, wo warst du bloß?“

Tiffany? Das hier war Tiffany? Etwas verlegen blickte Brooke auf Vater und Tochter hinunter. Sie hätte wissen müssen, dass ein erwachsener Mann sich wegen seiner Frau nicht so aufregte.

„In ihrem Laden“, erklärte Tiffany beiläufig und zeigte auf Brooke. „Sie hat die besten Bücher, Daddy. Das musst du dir anschauen.“

„Vielleicht später“, erwiderte er.

Mit wiedergewonnener Fassung stand er auf und betrachtete die Frau neben seiner Tochter prüfend. Sie wirkte harmlos, eine Erinnerung daran, dass nicht jeder Böses im Sinn hatte.

„Ich hoffe, sie hat Ihnen keine Schwierigkeiten gemacht“, sagte er.

Seinem Ton nach zu schließen hielten die Drillinge ihn kräftig auf Trab. „Ganz im Gegenteil. Sie war ein wahrer Engel.“

Wenn die kleinen Unterschiede in der Kleidung nicht gewesen wären, hätte Brooke die drei Mädchen absolut nicht auseinanderhalten können. Sie hatte mit den Eltern vollstes Mitgefühl. „Haben Sie noch mehr von der Sorte zu Hause?“, fragte sie.

„Nein, drei sind mehr als genug.“ Er lachte leise. „Wie Sie sehen, wachsen sie mir jetzt schon manchmal über den Kopf. Man sollte automatisch mit einer dritten Hand ausgestattet werden, wenn man Drillinge bekommt.“ Seine Worte täuschten nicht über die tiefe Zuneigung in seiner Stimme hinweg, und es gelang ihm auch nicht, die gewünschte Strenge in seinen Gesichtsausdruck zu legen, als er auf seine verlorene Tochter hinabblickte. „Tiffany, was habe ich übers Weglaufen gesagt?“

Tiffany holte tief Luft, bevor sie antwortete: „Dass wir das nie machen dürfen.“

Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Frau, die seine Tochter zurückgebracht hatte, lächelnd den Kopf schüttelte. „Warum lachen Sie?“

„Schon gut.“ Doch sie wollte nicht, dass er dachte, sie lache über ihn, deshalb fügte sie hinzu: „Es ist nur, dass ich dachte, Sie würden Ihre Frau suchen, als ich Sie vor ein paar Minuten nach Tiffany rufen hörte.“

„Nein“, erwiderte er schlicht.

Oje, jetzt bin ich wohl zu weit gegangen, schalt sich Brooke. Vielleicht lag es daran, dass sie die Eigenschaft von Kindern angenommen hatte, immer zu sagen, was sie gerade dachte.

Falls er gedachte, seiner einsilbigen Antwort noch etwas hinzuzufügen, wurde er von seinen zwei anderen Töchtern daran gehindert, die beschlossen, dass sie zu lange nicht beachtet worden waren.

„Ich bin Bethany“, sagte die eine.

„Und ich Stephany“, fügte die andere hinzu.

Brooke schüttelte beiden ernst die Hand. „Freut mich, euch kennenzulernen. Ich bin Brooke.“

„Und er ist Daddy“, erklärte Bethany, auf ihren Vater deutend.

Brooke blickte zu ihm auf und konnte sich nicht verkneifen zu fragen: „Hat Daddy auch einen Namen?“

Bildete sie es sich ein, dass er einen Moment zögerte, bevor er ihr die Hand reichte? „Tyler Breckinridge“, sagte er schließlich.

Es klang so förmlich, dass sie sich fragte, ob sie den Namen kennen sollte. Hier im südlichen Kalifornien war es nicht ungewöhnlich, Prominenten über den Weg zu laufen. Sie hatte einmal einen Tisch entfernt von einem Filmstar zu Mittag gegessen, der allerdings ohne Make-up kaum wiederzuerkennen war.

„Brooke Carmichael“, sagte sie und schüttelte ihm fest die Hand.

Leicht überrascht hob er die Augenbrauen. Wahrscheinlich war er daran gewöhnt, dass Frauen einen Händedruck kaum erwiderten. Doch ihr Vater hatte seinen beiden Töchtern beigebracht, dass ein fester Händedruck ein Zeichen für Charakterstärke war, und davon hatte sie reichlich.

Brooke deutete mit dem Kopf in Richtung ihres Buchladens. „Ich bin die Besitzerin von Tell me a Story. Tiffany hat sich die Bücher angesehen.“ Sie lächelte dem Kind zu. „Kommen Sie doch mit den Mädchen mal vorbei. Tiffany kann Ihnen den Weg zeigen.“

Die Kleine nickte bekräftigend. „Jetzt gleich, Daddy?“

Sofort fielen die anderen beiden ein. „Oh ja, bitte, bitte?“

Triumphierend blickte Tiffany zu ihrem Vater auf. „Drei gegen einen, Daddy.“

„Ich hab dir doch schon erklärt, dass das hier keine Demokratie ist.“ Er blickte von einer zur anderen. „Es ist eine Diktatur.“

Falls das ein Nein sein sollte, hatte er verloren, denn Tiffany zog ihn bereits in Richtung des Ladens. „Komm, Daddy, bitte, bitte!“

Der Mann hat überhaupt keine Chance, dachte Brooke. Ganz offensichtlich hatten ihn die drei Mädchen um den kleinen Finger gewickelt. Ganz so, wie sie und Heather ihren eigenen Vater im Griff gehabt hatten.

Ob er wohl der Mutter der Drillinge gegenüber ebenso nachgiebig ist? überlegte sie, bevor sie sich heftig ermahnte, dass sie das ja wohl überhaupt nichts anging.

2. KAPITEL

„Entschuldigen Sie das Gitter.“

Brooke steckte ihren Schlüssel in das Schnappschloss, und das schmiedeeiserne Tor glitt rasselnd wieder in die Öffnung über dem Eingang.

„Ich bin heute Morgen alleine im Laden, und obwohl ich grundsätzlich an das Gute im Menschen glaube, halte ich mich doch eher an die weise Mahnung … und führe mich nicht in Versuchung.

Sie blieb im Eingang stehen und steckte den Schlüssel wieder ein, während die drei Mädchen aufgeregt an ihr vorbei in den Laden stürmten. Wie auf Absprache wandten sie sich in drei verschiedene Richtungen, geleitet von den Bildern an den Wänden. Bethany stürmte in die Ecke mit den Lernbüchern, Stephany wandte sich der Märchenecke zu, und Tiffany ging zielstrebig zu den Regalen mit den Comics.

Brooke blickte ihnen lächelnd nach. „Offenbar haben sie trotz allem ganz unterschiedliche Persönlichkeiten“, sagte sie. „Wie alt sind sie jetzt, fünf?“

„Sechs“, verbesserte er. „Sie sind klein für ihr Alter. Und was ihre Charaktere angeht …“ Er lachte leise. „Verschiedener könnten sie nicht sein. Nur, wenn sie versuchen, mich zum Narren zu halten, benehmen sie sich alle gleich.“

Selbst dann allerdings gelang es ihm meist, ihnen auf die Schliche zu kommen. Es waren nur Kleinigkeiten, doch er hatte gelernt, sie schnell herauszufinden. „Ich glaube, sie waren schon drei verschiedene Persönlichkeiten, als sie zum ersten Mal im Entbindungsraum die Augen öffneten.“

Eine Weile stand er nur da und genoss es, sie so in die Bücher vertieft zu sehen. Diese Leidenschaft hatten sie von ihm, eins der Dinge, die er ihnen über seine bedingungslose Liebe hinaus mitgeben konnte.

Schließlich wandte er sich der Frau zu, die noch immer neben ihm stand. Er hatte ihr eine Menge zu verdanken. „Ich möchte Ihnen nochmals danken, dass Sie Tiffany für mich gefunden haben.“

Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme berührte sie. „Gern geschehen, aber ehrlich gesagt hat sie eher mich gefunden.“

Sie hielt inne. Sollte sie ihm mehr erzählen? Schließlich entschied sie, dass er wissen sollte, was in seiner Tochter vorging. „Tiffany suchte ein Buch, das erklärt, wie man eine Mutter findet.“

„Oh.“

Daraus ging nicht hervor, ob er überrascht, belustigt oder sonst wie bewegt war, und es war offensichtlich, dass er nicht vorhatte, weitere Erklärungen abzugeben. Tyler Breckinridge gehörte nicht gerade zur mitteilsamen Sorte.

Aber daran war nichts auszusetzen, fand sie. Marc war überschwänglich und gesellig gewesen, und sie hatte ja gesehen, wohin das führte.

Da ihr nichts mehr einfiel, was sie sagen konnte, blickte Brooke sich im Laden um. Sie konnte natürlich die Buchlieferung auspacken, während die Drillinge ihre Auswahl trafen, aber andererseits gefiel es ihr, neben dem großen, dunkelhaarigen Fremden zu stehen.

„Sind Sie aus der Gegend?“, versuchte sie es schließlich noch mal. Er blickte sie so missbilligend an, dass sie beinahe aufgab. Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Fassung wiedergewann. „Ich frage nur, weil ich den Laden jetzt schon seit zwei Jahren habe. Es wäre mir aufgefallen, wenn Ihre Mädchen schon mal hier gewesen wären.“

„Nein, wir sind nicht aus der Gegend“, antwortete er leise. „Wir sind erst vor Kurzem nach Bedford gezogen.“

Und noch immer fühlte er sich inmitten seiner neuen Lebensumstände, die ein hoch bezahlter, ausgebildeter Bürokrat für ihn gewählt hatte, unwohl. Wenigstens die Drillinge hatten ihren Spaß dabei, in ein neues Leben einzutauchen. Erstaunlich, wie schnell Kinder sich anpassten.

Brooke nickte. „Ja, Bedford hat wirklich die beste Statistik in Sachen Schulen, Wetter und Sicherheit“, sagte sie. Sie blickte ihn prüfend an. Wer war er, abgesehen von fremd, attraktiv, mit gebräunten Gesichtszügen und tiefgrünen Augen? „Von woher stammen Sie denn?“

Wieder runzelte er die Stirn. „Ach, wir sind viel rumgekommen. Wieso?“

„Nur so.“ Sie hob eine Schulter. „Ich dachte, dass ich einen New Yorker Akzent höre.“

Tyler steckte die Hände in die Taschen und blickte zu den Mädchen hinüber. „Nein, ich war nie in New York.“

Kam es ihr nur so vor, oder sprach er absichtlich leise? Aber warum? Außer ihm und den Drillingen war niemand im Laden.

Liebe Güte, hör dir doch nur mal zu, schalt sie sich selbst. Seit wann bist du so misstrauisch? Das ist gar nicht deine Art. Wann würde sie endlich diese lästige Paranoia wieder loswerden, die sich ständig ungebeten in ihre Gedanken schlich?

„Wie steht’s mit Ihnen? Waren Sie schon mal dort?“, fragte Tyler, als sie ihn prüfend anblickte.

O ja, und wie. Dennoch unternahm sie keinen Versuch, ihr zynisches Lächeln zu erklären. „Für eine Weile“, erwiderte sie vage. Lang genug, um mir das Herz brechen zu lassen.

Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt antworten sollte. Schließlich war er der Erste, der Privatsphäre und Diskretion zu schätzen wusste. Doch ein gewisser Ausdruck in ihren Augen veranlasste ihn doch zu einer Bemerkung. „Offenbar war es keine angenehme Erfahrung.“

Die Untertreibung des Jahrhunderts, dachte sie. Laut sagte sie nur: „Es fing gut an, aber es blieb leider nicht so.“

Beinahe hätte er gesagt „mir ging’s genauso“, aber damit hätte er zugegeben, dass er in New York gewesen war, nachdem er gerade das Gegenteil behauptet hatte. Er musste seine Lügen besser im Gedächtnis behalten, sonst würden sie ihn irgendwann verraten.

Er wandte Brooke den Rücken zu und klatschte laut in die Hände, um die Aufmerksamkeit seiner Töchter zu erregen. „Habt ihr euch schon entschieden?“

Keine der drei konnte sich losreißen. „Noch eine Weile, Daddy, ja?“, bettelte Bethany.

Stephany kam mit einem Stapel Bücher zu ihnen hinüber. „Ich möchte diese hier.“

Mit großen Augen zog Tiffany wahllos eine Handvoll Bücher aus den Regalen, nur um Stephany in nichts nachzustehen. Auf dem Weg glitt ihr der Stapel aus den Händen und fiel zu Boden. Ohne mit der Wimper zu zucken, fragte sie dennoch: „Wenn sie so viele haben kann, dann ich auch, oder Daddy?“

Brooke ging zu ihr, um die Bücher aufzusammeln und zwinkerte Tiffany zu. „Ah, meine Lieblingskunden.“

Tyler kam heran und half ihr, die restlichen Bücher aufzuheben, wobei er versuchte, streng zu wirken. „Darüber haben wir doch gesprochen, Mädchen.“

Bethany runzelte die Stirn. „Wir reden über viele Dinge, Daddy.“

Dank zweijähriger Erfahrung erkannte Brooke den aufziehenden Sturm sofort und warf sich in die Bresche.

„Wisst ihr, was das Beste an meinem Laden ist, Mädchen?“ Sie richtete sich auf und legte Tiffanys Bücherstapel auf einen kleinen Lesetisch. „Er ist fast immer offen.“

Drei Augenpaare blickten sie gespannt an, und sie fuhr fort: „Deshalb könnt ihr euch heute jeweils ein Buch aussuchen und dann mit eurem Vater ein anderes Mal wiederkommen und ein weiteres kaufen. Und danach wieder eins.“ Sie lächelte die drei herzlich an. „Was bedeutet, dass ihr euch auf etwas freuen könnt. Und ich mich auch, weil ich euch dann nämlich öfter zu sehen bekomme. Das wäre doch toll, oder?“

Sie hatte bereits gemerkt, dass Bethany der nachdenkliche und ernsthafte Drilling war. Jetzt nickte die Kleine wichtig. „Klingt gut“, stimmte sie zu. „Okay.“

Die anderen beiden schlossen sich dem Urteil ihrer Schwester schnell an. Tiffany war die Letzte, und sie konnte es sich nicht verkneifen, zu ihrem Bücherstapel zurückzukehren und ihn durchzugehen. „Ich will dieses hier heute, und das hier nächstes Mal, und dann dies hier …“

Tyler war versucht, sie von den Büchern wegzuführen. Tiffany war diejenige, die oftmals Situationen unnötig ausdehnte. Er hatte in einer Stunde einen Termin und war bereits jetzt spät dran.

Doch stattdessen trat er einen Schritt zurück. „Entscheidet euch, Mädchen“, sagte er. „Stellt den Rest zurück und kommt dann zur Kasse.“

Er warf Brooke einen dankbaren Blick zu. „Das haben Sie sehr schön hingekriegt.“

Diesmal war sie nicht überrascht, dass er die Stimme senkte, und sie sonnte sich ein wenig in seinem Lob. „Na ja, ich habe lange Übung.“

Beiläufig warf er einen Blick auf ihre Hand. Kein Ring. Aber das hatte heutzutage kaum etwas zu bedeuten. Er trug noch immer seinen Ring, weil er sich ohne ihn unvollständig fühlte. Himmel, wie sehr ihm Gina fehlte.

„Mit Ihren eigenen Kindern?“, fragte er.

Autor

Marie Ferrarella

Marie Ferrarella zählt zu produktivsten US-amerikanischen Schriftstellerinnen, ihren ersten Roman veröffentlichte sie im Jahr 1981. Bisher hat sie bereits 300 Liebesromane verfasst, viele davon wurden in sieben Sprachen übersetzt. Auch unter den Pseudonymen Marie Nicole, Marie Charles sowie Marie Michael erschienen Werke von Marie Ferrarella. Zu den zahlreichen Preisen, die...

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