Ein aufregender Ehetest

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Champagner, Paté und Kaviar - das ist alles, was Sean zum Urlaub auf eine einsame Insel mitbringt? Andrea ist fassungslos. Doch was soll sie machen? In stürmischen Nächten schmiegt sie sich an ihren Noch-Ehemann. Sicher, er ist chaotisch - aber auch aufregend sexy …


  • Erscheinungstag 08.03.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733788179
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Sankt Moritz, Schweiz

Sean ließ seine Hände über Andreas Körper gleiten und streichelte ihre feuchte, warme Haut. Sie schloss die Augen und gab sich seinen Liebkosungen hin. Genüsslich ausgestreckt fühlte sie seine Hände überall – an ihrem Ohrläppchen, in der sanften Vertiefung zwischen ihren Brüsten, an der empfindlichen Innenseite ihrer Oberschenkel … prickelnde Schauer durchströmten sie, und sie lächelte.

Sie schob ihm eine widerspenstige Locke aus der Stirn und küsste ihn, schmeckte das Salz auf seiner Haut. „Liebe am Nachmittag“, sagte sie. „Vor dem offenen Kamin. Danach ein üppiges Dinner im Bett. Ist das normalerweise nicht umgekehrt?“

„Hm?“, fragte er träge.

„Nun, eigentlich kommt erst das Dinner vor dem Kamin, und dann die Liebe im Bett.“

„Ist mir auch recht“, erwiderte er.

Ihre Kleider lagen über den Fußboden verstreut, benutztes Geschirr stapelte sich auf dem Servierwagen.

Sie seufzte tief. „Manchmal glaube ich zu träumen.“

„Nichts ist realer als das hier, Babe“, murmelte er, nahm sie in die Arme, und gleich darauf liebten sie sich heiß und ohne Tabus, während das flackernde Kaminfeuer langsam zu Asche herunterbrannte.

Stunden später lagen Andrea und Sean zwischen Daunendecken in ihrem riesigen Hotelbett und gönnten sich Champagner.

„Ist die Wirklichkeit nicht wundervoll?“, sagte sie lächelnd.

Er stellte das Champagnerglas auf den Nachttisch und lehnte sich, eine Hand hinter den Kopf geschoben, in die Kissen. Seine breite Brust mit dem goldenen Flaum schimmerte im sanften Licht der Nachttischlampe. Sie fragte sich, ob er wohl wusste, wie gut diese Haltung die Muskeln seiner Arme und Schultern zur Geltung brachte. Oder wie perfekt Licht und Schatten sein männlich schönes Gesicht und den festen, sinnlichen Mund betonten.

Sean Fleming war es gewöhnt, im Rampenlicht zu stehen. Meistens stand er souverän vor der Kamera, doch auch in den verschiedensten Schlafzimmern benahm er sich völlig ungezwungen. Seine unerschütterliche Selbstsicherheit war einfach faszinierend. Doch es gab eigentlich nichts an Sean, was sie nicht faszinierte und erregte.

Er war die Nummer eins der Auslandskorrespondenten, die für „World Wide Network“ arbeiteten. Trotz seiner zweiunddreißig Jahre wirkte er vollkommen ungezähmt und wie ein wahrer Abenteurer. Vielleicht lag das neben seiner Größe und seinem durchtrainierten Körper auch an seinem dichten, strohblonden Haar, das er immer etwas zu lang trug, und seinen wissenden grauen Augen.

Das eigentlich Wunderbare war jedoch, dass er genauso verrückt nach ihr zu sein schien, wie sie es nach ihm war.

Am ersten Abend ihres Urlaubs hatte sie ihn in der Après-Ski-Bar des Hotels gesehen, umringt von einer Herde „Euro-Ski-Häschen“, wie sie es nannte. Unglaublich attraktive Frauen mit perfekten Figuren und aufregend sexy gekleidet. Er hatte so intensiv zu ihr hinübergeblickt, als drehten sie einen Liebesfilm, und sie hatten sich angelächelt. Dann war er zu ihr gekommen.

Natürlich hatte sie gewusst, wer er war. Jeder kannte Sean Fleming, den preisgekrönten Journalisten. Schließlich war er fast jeden Abend im Fernsehen zu sehen, meistens befand er sich in einem Krisengebiet, von wo er kühl berichtete, was geschehen war, während um ihn herum Einschläge von Bomben zu hören waren. Welche Frau wäre nicht hingerissen gewesen, wenn sie ihm dann persönlich begegnete?

In jener ersten Nacht hatten sie Cocktails getrunken, dann zusammen gegessen und getanzt. Danach waren sie auf ihr Zimmer gegangen. Ohne Zögern, ohne Nachdenken. Das war es, worauf sie schon immer gewartet hatte. Und sie wusste, dass dies eine Chance war, die nie wiederkehren würde.

Ihre erste Liebesnacht war wie eine vulkanische Eruption gewesen, und danach hatten sie zwei Wochen lang fast jede Stunde zusammen verbracht.

Sean rollte sich im Bett auf die Seite und zog Andi näher zu sich. Was für ein Urlaub! dachte er. Gerade, als er begonnen hatte, sich tödlich zu langweilen, hatte er Andrea Kent getroffen. Seit diesem Abend füllte sie eine Leere in seinem Leben aus, von der er nicht einmal geahnt hatte, dass es sie gab.

„Noch etwas Champagner, Babe?“ Er griff nach der halb leeren Flasche.

„Nein. Mir ist schon schwummerig genug. Die letzten Stunden mit dir möchte ich in halbwegs aufnahmefähigem Zustand verbringen. Jede Minute mit dir ist mir wichtig.“

Sein Herz machte einen Sprung. Andi war die ehrlichste Frau, die er je kennengelernt hatte. Sie spielte keine Spielchen und machte ihm nichts vor. Sie war klug, warmherzig und spontan, und mit ihren braunen Augen blickte sie ohne Illusionen in die Welt.

Er mochte alles an ihr, besonders ihr natürlicher Sex-Appeal zog ihn unwiderstehlich an. Allein an sie zu denken erregte ihn und entfachte von Neuem seine Leidenschaft. Noch nie war ihm eine Frau so begehrenswert erschienen.

Nein, er würde sie nicht gehen lassen.

„Ich liebe dich, Andi.“ Wozu es noch länger zurückhalten? dachte er. Ich liebe sie, und ich muss es ihr sagen.

„Und ich liebe dich, Sean“, antwortete sie mit bebender Stimme. „Ich habe so etwas wie mit dir noch nie erlebt.“

Er nahm sie in die Arme und erschauerte vor Verlangen. Er wollte sie lieben, sofort. Die Intensität dieses Gefühls war so stark, dass ihm schwindlig wurde.

Das Blut schoss heiß durch seine Adern, und er hörte sich sagen: „Du darfst nicht gehen, Andi.“

„Sean, ich …“

„Nein“, flüsterte er an ihren Lippen. „Sag jetzt nichts mehr.“ Er küsste sie wie ein Verdurstender und hatte nur noch den einen Wunsch, sie für immer zu lieben. „Wir werden zusammenbleiben. Wir heiraten.“

Andi wachte auf, zog sich ihren Morgenmantel über und ging zum Fenster. Vor ihr lagen die schneebedeckten Alpen. In einem der wenigen Momente ihres Lebens, in denen sie sich urplötzlich für etwas entschieden hatte, war sie hierher in Urlaub gefahren. Normalerweise überlegte sie sich immer genau, was sie tat. Nun hatte ihre spontane Reise dazu geführt, dass sie heiratete. Sean Fleming.

Doch sie fühlte, dass sie das Richtige tat. Jede Frau träumte davon, etwas so Romantisches zu erleben. Und sie würde das Glück mit beiden Händen packen und festhalten.

Sean und sie waren übereingekommen, so bald wie möglich zu heiraten. Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch, als sie daran dachte. Nun mussten Sean und sie sich nie wieder trennen. Sean konnte es sich aussuchen, wo er arbeiten wollte. In New York oder Washington, D. C. oder Los Angeles. An jedem dieser Orte würde sie sich wohlfühlen.

Sie nahm nicht an, dass ihr der Sinn nach einem Haus im Grünen stand, mit weißem Zaun und ordentlich gekiester Einfahrt. Wenn sie erst einmal verheiratet waren, würde sich ihr Leben natürlich ändern. Selbstverständlich würden sie Kompromisse eingehen – sowohl er als auch sie. Aber dann würden sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen.

Sie waren schlichtweg das perfekte Paar!

Sean öffnete die Augen und sah Andi am Fenster stehen. Das Mondlicht warf einen Strahl ins Zimmer und beschien ihre schöne Gestalt. Meine zukünftige Frau, dachte er und war erstaunt, wie wenig ihn diese Vorstellung ängstigte. Im Gegenteil. Seit sie Ja gesagt hatte, empfand er eine tiefe Ruhe.

Sie war die perfekte Frau für ihn. Spontan, doch realistisch. Hart arbeitend. Unabhängig. Schön. Und teuflisch sexy. Es würde ihr leichtfallen, für sich selbst zu sorgen, wenn er wegen einer Reportage unterwegs war.

Kehrte er dann von seinen Reisen um den Globus zurück, würde sie ihn mit offenen Armen empfangen. Seine Zwischenstopps würden erfüllt sein von leidenschaftlichen Liebesspielen. Bei diesem Gedanken sprang er mit einem Satz aus dem Bett.

Nackt stellte er sich hinter Andi ans Fenster und legte zufrieden die Arme um sie. „Komm wieder ins Bett, Andi. Ich möchte unsere letzte sündige Nacht feiern …“

Sie presste sich an seinen warmen Körper. „Folgen dann die sündelosen Jahre als altes Ehepaar?“

„Ehepaar, bald; alt, irgendwann. Sündig – immer.“ Sean grinste Andi an und trug sie ins Bett zurück.

Diese Ehe wurde im Himmel geschlossen …

1. KAPITEL

Clarion, Maine

Achtzehn Monate später

Andrea Kent Fleming kletterte aus dem Bett und angelte nach ihrem Morgenrock, den sie hinter sich herschleifte, als sie schlaftrunken aus dem Zimmer und auf die Galerie im ersten Stock ihres Elternhauses trat.

„Wer, zum Teufel, klingelt um …“, sie schob sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte auf die große Standuhr am Fuß der Treppe, „… fünf Uhr morgens?“

Als sie schließlich im Erdgeschoss angelangt war, hatte sie es immerhin geschafft, in einen Ärmel des Morgenmantels zu schlüpfen und ihn bis zur Schulter hochzuziehen. Vor der Haustür blieb sie stehen und spähte durch den Spion. Sofort war sie hellwach. Der Morgenrock fiel zu Boden, als sie die Tür aufriss.

„Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“

„Das ist aber kein netter Empfang“, erwiderte ihr Mann.

„Wesentlich netter als das, was ich zuerst sagen wollte.“

Er stellte die schwere Reisetasche auf den Holzfußboden. „Und das wäre gewesen?“

Andi wurde sich bewusst, dass sie nur ein durchsichtiges kurzes Nachthemd trug, und bemühte sich, Ruhe zu bewahren. „Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du kommst?“

„Ich möchte erst die rüde Bemerkung hören, die du mir zugedacht hattest.“

„Na gut. Wie wäre es mit: Was hast du hier eigentlich verloren?“

Er lachte. „Hört sich schon besser an. Ich wollte dich überraschen.“

„Ist doch gar nicht wahr. Du wolltest mich aus der Fassung bringen, und das ist dir auch gelungen. Du hättest erst anrufen sollen, Sean.“

„Dann hättest du mir befohlen, mich zum Teufel zu scheren. Ich wollte mit dir aber von Angesicht zu Angesicht reden.“

„Das Telefon hätte gereicht, um unsere Angelegenheiten zu regeln.“

„Gereicht? Ich fliege um den halben Globus, lande in New York, und was ich auf meinem Schreibtisch vorfinde, sind Scheidungsunterlagen. Und da glaubst du, das ließe sich am Telefon regeln?“

„Immerhin war dies in den letzten sechs Monaten unser Kommunikationsmittel. Seit ich aus Europa zurück bin. Seit mein Vater starb. Du weißt genau, wie mir zumute war. Wir haben geredet und geredet. Vorher hatte ich dir, als ich Casablanca verließ, laut und deutlich gesagt, dass …“

„Es war in Tanger.“

„Verzeihung“, erwiderte sie sarkastisch, „aber nach einer Weile sieht eine Großstadt wie die andere aus. Und jedes verdammte Hotelzimmer ist wie das vorherige.“

Sean wollte eigentlich darauf eingehen, entschied sich dann aber anders und sagte: „Sollen wir ewig im Flur herumstehen, oder wirst du mir wenigstens einen Drink anbieten?“

„Um fünf Uhr morgens?“

„Ich schere mich nicht um die Uhrzeit, wenn ich einen Drink brauche.“

„Dann geh ins Wohnzimmer. Dort findest du eine Flasche Brandy im Bücherregal. Ich ziehe mich an.“

Sean lächelte provozierend, ein Lächeln, dem sie nie hatte widerstehen können. Bis heute.

„Du gefällst mir, so wie du bist.“ Er ließ seinen Blick anerkennend über ihre Figur gleiten, die sich unter dem dünnen Stoff deutlich abzeichnete.

„Deshalb ziehe ich mich ja um.“ Sie schlüpfte hastig in ihren Morgenrock und floh die Stufen hinauf.

„Ohne Kleider mag ich dich am liebsten“, rief er ihr neckend hinterher.

Als sie ihr Schlafzimmer erreichte, warf sie die Tür hinter sich zu und fluchte leise. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er hier auftauchte, nachdem sie ihm telefonisch mitgeteilt hatte, dass Reden ihre Ehe nicht retten würde.

Um genau zu sein, sie wollte ihre Ehe gar nicht retten. Sie wollte raus. Keinen Unterhalt, keine Verteilung der Habe – abgesehen davon, dass es nichts zu verteilen gab. Sie hatten aus Koffern gelebt und waren von einem Hotel zum anderen gezogen. Alles, was sie verlangte, war eine einfache, anständige Scheidung ohne Emotionen. Wir hätten niemals heiraten dürfen, dachte sie.

Doch ihm dies alles am Telefon sagen und ihm leibhaftig gegenüberstehen waren zwei verschiedene Dinge. Ihn zu sehen, brachte all ihre guten Vorsätze ins Wanken. Ihre Hände zitterten, und sie atmete rasch. Schon immer hatte Sean heftige Gefühlsreaktionen in ihr ausgelöst, und das schien sich nicht zu ändern, gleichgültig, ob es Liebe war oder wie jetzt, Wut. Sie klammerte sich an diese Wut, um die Leidenschaft im Zaum zu halten, die sie in seine Arme zu treiben drohte.

Als sie ihm die Tür geöffnet hatte und ihn zum ersten Mal seit Monaten wiedersah, war der Wunsch, sich in seine Arme zu werfen, fast überwältigend stark gewesen. Selbst um fünf Uhr morgens sah er fabelhaft aus, das Haar zerzaust, ein Anflug von Bartstoppeln am Kinn und graue Augen, die etwas verschlafen blickten, was ihn nur noch sexyer machte.

Er ist ja so maskulin, so aufregend, charismatisch und herausfordernd, war ihr erster Gedanke gewesen, als sie dort unten vor ihm gestanden hatte. Aber sie würde es nicht mehr geschehen lassen. Er hatte sie in einem schwachen Moment erwischt, doch jetzt war sie gewappnet.

„Sei stark und auf alles vorbereitet“, sagte sie laut zu sich selbst. „Dann lässt du dich auch nicht wieder mit ihm ein.“

Sie streifte ihr Nachthemd ab und zog T-Shirt und Jeans an. Schön und gut, dachte sie. Zu wissen, was man zu tun hat, ist eine Sache, es auch durchzuführen, eine andere.

„Pass auf, sonst gerätst du in Schwierigkeiten.“

Sie hakte ihre Jeans zu. Im Spiegel sah sie, dass sie sich kämmen musste. Doch Make-up würde sie nicht auflegen. Sie wollte nichts tun, was Sean dazu animierte, sie ein zweites Mal anzusehen. Um ganz sicherzugehen, zog sie das T-Shirt wieder aus und eine weite Bluse an, die alles verhüllte.

Sean füllte ein Glas mit Brandy. Was interessierte es ihn, dass es nicht die übliche Zeit für Drinks war? Er litt immer noch unter der Zeitumstellung und den acht Stunden Autofahrt von New York hierher. Er nahm einen tiefen Schluck. Der Brandy war gut. Zum Teufel mit der Moral. Irgendwo auf der Welt war jetzt sicher Cocktailstunde.

Mit dem Glas in der Hand setzte er sich in einen der großen, abgenutzten Ledersessel und sah sich in dem Raum um, aus dem ihn Andi so gern verbannt hätte. Ein großer offener Kamin wurde von zwei üppigen Polstersofas flankiert. An den Wänden standen Regale, vollgestellt mit offensichtlich viel gelesenen Büchern. Weitere Bücher lagen auf einem Ecktisch. Die Farben des Orientteppichs waren verblasst. Das Zimmer war behaglich und vermittelte das Gefühl, zu Hause zu sein.

Nach einer Weile stand er auf und ging zum Kamin, um das Familienfoto besser betrachten zu können, das auf dem Sims stand. Das Foto hatte Andi und ihn auf allen Reisen in jenen sechs gemeinsamen Monaten begleitet. Es zeigte Andi, ihre Schwester Pam, ihre Mutter, die vor Jahren gestorben war, und ihren Vater. Als er vor Kurzem starb, war Andi nach Hause zurückgekehrt.

Nun bestand ihre Familie nur noch aus ihren Schwestern. Andi schaute gelassen in die Kamera und hatte ihren Arm schützend um Pam gelegt. Vorsichtig stellte er das Foto wieder auf den Sims.

Es würde ein harter Kampf werden, bis er seine Frau zurückerobert hatte. Denn sie war entschlossen zu gewinnen. Doch er hatte einen Plan. „Ich werde es dir nicht einfach machen, Babe“, sagte er leise.

Etwas atemlos kam sie nun endlich ins Wohnzimmer hinunter. Ihr lockiges braunes Haar hatte sie aus dem Gesicht gekämmt, und ihre Wangen glühten. Er sah sofort, dass sie sich nicht geschminkt hatte, und war begeistert. Er liebte die Frische ihres schönen Gesichts. Es erinnerte ihn an jene Tage, da er sich in sie verliebt hatte. Nur dass sie ihn damals mit offenen Armen empfangen hatte. Jetzt war sie abweisend und behandelte ihn wie einen Fremden.

„Du hast den Brandy anscheinend gefunden.“

„Er ist sehr gut“, antwortete er und trank noch einen Schluck.

„Er stammt noch von meinem Vater. Er war ein Genießer.“

Ihr Blick wurde traurig bei der Erinnerung. Vorsichtig berührte er sie an der Schulter. „Hör zu, Schatz, es tut mir leid, dass ich nicht zur Beerdigung kommen konnte, aber ich musste vom Wirtschaftsgipfel berichten. Ich konnte da nicht einfach wegbleiben.“

Sie ließ ihn stehen und setzte sich in einen Ledersessel. „Natürlich nicht“, sagte sie spöttisch. „Ein Wirtschaftsgipfel ist ja auch viel wichtiger als die Beerdigung meines Vaters.“

„Andi, ich …“

„Und was war am Anfang seiner Krankheit? Warum bist du da nicht gekommen?“

„Ich war … in Zaire, glaube ich. Oder vielleicht auch …“ Er erinnerte sich nicht mehr genau.

„Wo auch immer“, gab sie kühl zurück. „Ich bin sicher, es war eine Superstory, die du wegen etwas so Trivialem wie der Krankheit meines Vaters nie hättest sausen lassen können.“

„Bitte, Andi. Das habe ich niemals gedacht. Ich wollte ja bei dir sein …“

„Aber die Pflicht rief dich.“

Nun erinnerte er sich. „Ja, es war Zaire. Als du gingst, war ich auf dem Weg dorthin.“

„Ich flog hierher und pflegte monatelang meinen Vater …“

„Ich wusste doch, dass deine Schwester bei dir war.“

„Von wegen. Pam war völlig verzweifelt, außerdem war sie gerade schwanger geworden und ihr wurde morgens immer übel. Sie war keine große Hilfe.“

Er ließ sich auf ein Sofa fallen. „Du hast das alles auch allein perfekt gemeistert. Wenn wir telefonierten, musste ich diesen Eindruck gewinnen. Du hast mir nie gesagt, dass …“

„Muss ich es meinem Mann erst mitteilen, wann ich ihn brauche?“, fuhr Andi auf. „Das Mindeste, was ich erwarten konnte, war, dass du von dir aus zu mir kommst.“ Sie schluchzte leise.

Sean schwieg, und Andi beruhigte sich. Sie wirkte wieder unnahbar und entschlossen. Was sie für ihn umso begehrenswerter machte.

„Lässt du dich deswegen scheiden?“, fragte er. „Weil ich nicht zur Beerdigung gekommen bin?“

Sie sah ihn abfällig an. „Diese Bemerkung zeigt, wie wenig du mich kennst.“

„Was ist dann der Grund?“

„Diese Scheidung hat mit unserer Ehe zu tun, Sean. Oder der Ehe, die nicht stattfand.“

Er hielt die Hand mit seinem Ehering hoch. „Ich war dir treu, Andi. Diesen Ring trage ich, weil ich verheiratet bin und dazu stehe. Wir haben uns versprochen, miteinander zu leben.“

„Gerade das haben wir aber nicht getan!“, rief Andi und sprang auf. „Wir trafen rund um den Globus immer mal für ein oder zwei Nächte aufeinander. Ich war in Rom, während du in Bosnien warst. Du nahmst den Flieger am Wochenende, und wir liebten uns, tranken Wein, dann warst du schon wieder weg. Danach war ich in Barcelona und du in Syrien …“

„Manche Leute würden dies für eine perfekte Ehe halten.“

„Ich nicht. Glaubst du, es macht Spaß, wochenlang in einem Hotelzimmer zu sitzen? So stelle ich mir meine Ehe nicht vor, noch nicht einmal eine Beziehung.“

„Aber du warst doch nicht einfach in einem Hotelzimmer abgestellt. Du hast Gelegenheit gehabt, dir die schönsten Städte der Welt zu erobern. Du warst unabhängig, du bist intelligent … Was gibt es Schöneres, als Städte wie Istanbul, Madrid oder Stockholm zu besuchen?“

„Nach einer Weile wird es todlangweilig, glaub mir. Ohne Freunde, ohne Job, ohne Sprachkenntnisse. Das Network hat sich nicht dazu herabgelassen, mir einen Dolmetscher mitzugeben und mich mit Reiseleitern zu versorgen“, fügte sie spitz hinzu. „Irgendwann blieb mir nur noch übrig, auf meinen Ehemann zu warten. Das war nicht das, was ich erwartet hatte.“

„Was denn dann?“

„Ein gemeinsames Leben, ein Haus, das uns gehört, einen Job für mich – vielleicht sogar einen, den ich interessant und erfüllend finde. Ich habe mir nie gewünscht, alle Hotelzimmer Europas abzuklappern. Ich habe ein Zuhause vermisst.“

Sean blickte sich erneut um. „So etwas wie das hier? Stabilität, Wärme, altes Leder und Familienfotos? Du wusstest doch von Anfang an, dass ich keiner von diesen traditionell lebenden Menschen bin.“

„Bis ich anfing, wie eine Zigeunerin zu leben, dachte ich das von mir ja auch“, antwortete sie. Sie sah ihm offen ins Gesicht. „Sean, ich kann nicht mehr.“

„Eine Ehe besteht aus Kompromissen“, entgegnete er.

Sie seufzte. „Wer hat denn dauernd Kompromisse geschlossen? Ich. Ich war tausend Meilen entfernt von meinem Zuhause, meiner Familie, meinen Freunden. Ich habe meinen Job aufgegeben und meine Wohnung. In deinem Leben hat sich nichts verändert. Oh, ich habe etwas vergessen … Nachdem du mich geheiratet hast, konntest du sicher sein, dass dich immer ein Betthäschen erwartet.“

„Nun halt aber die Luft an, Andi.“ Sie sah aus, als wollte sie ihm an die Kehle springen. „Wir können über all das reden, aber erst, wenn du dich beruhigt hast.“

„Ich will mich aber nicht beruhigen. Und ich will nicht reden. Ich will einfach nur, dass du gehst.“

Sean rührte sich nicht von der Stelle. Er stellte sein Glas ab und sagte ruhig: „Ich werde nicht gehen. Daher ist es das Beste, wenn du dich damit abfindest, dass ich hier bin, Babe. Denn ich habe vor, meine Ehe zu retten. Ich habe Verständnis für alles, was du gesagt hast. Vielleicht habe ich bisher wenig Kompromisse gemacht, aber ich fange jetzt damit an.“

„Womit, zum Beispiel?“

„Das Network hat mir einen neuen Job angeboten. Chefredakteur im Londoner Büro.“ Er wartete auf ihre Reaktion, doch Andi antwortete nicht. „London! Stell dir das vor, Andi. Wir werden in dieser großartigen Stadt leben, in der jedermann Englisch spricht, wir können ein Haus mit Garten haben, die Nachmittage im Park verbringen, und abends ins Theater oder ins Konzert gehen. Alles, was du willst.“ Er grinste. „Ein ganz normales Leben, Babe.“

„Du weißt ja gar nicht, was das normale Leben ist. Viel Spaß in London. Ich habe meine eigenen Pläne.“

Andi ließ sich im Sessel zurücksinken und legte die Füße aufs Sofa. Sie genoss es, den erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht zu sehen und dann die Enttäuschung. Offensichtlich hatte er angenommen, dass sie auf sein Angebot sofort begeistert eingehen würde. Vielleicht hätte sie das sogar getan, wenn sie es nicht besser wüsste. Doch nach einem Monat in London wäre sein Anflug von Sesshaftigkeit verflogen, und er hätte angefangen, sich zu langweilen. Bald wäre er wieder unterwegs gewesen, während sie ihre Einpersonenehe weitergeführt hätte.

„Welche Pläne?“, wollte er wissen.

„Persönlich und beruflich“, antwortete sie geheimnisvoll und bemerkte zufrieden, dass sie seine Neugier geweckt hatte.

„Okay, dann muss ich eben genauer fragen. Was beinhalten deine Pläne?“

Sie begann die einzelnen Punkte aufzuzählen. „Erstens: Pam ist einverstanden, Kent Unlimited zu verkaufen. Zweitens: Wenn der Laden verkauft ist, werden sie und Kevin hier in dieses Haus ziehen. Drittens: Ich werde frei sein und anfangen, für TSS in New York zu arbeiten.“

„Und was ist TSS?“

„Television Shopping Service“, klärte sie ihn triumphierend auf.

Sean lachte lauthals. „Du machst Witze! Ist das nicht der Konzern, der via Bildschirm lauter Waren unter die Leute bringt, die diese nicht brauchen? Zuschauer rufen an und kaufen besinnungslos Dinge, die von wohlproportionierten Frauen angepriesen werden. Sag bloß nicht, du willst wirklich Modeschmuck und so einen Kram im Fernsehen verkaufen.“

„Musst du unbedingt unter die Gürtellinie zielen?“

„Tut mir leid, Andi.“

„Deine Entschuldigung wird nicht akzeptiert. Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufspielst. Nur weil du ein berühmter Fernsehreporter bist, glaubst du, niemand außer dir könne es zu was bringen. Deshalb sage ich dir, Sean Fleming, dass Fernsehshopping ein Milliardengeschäft ist. Michael hat mir einen sehr guten Job in der Marketingabteilung angeboten.“

„Michael?“

„Michael Rossi. Er ist Vorstandsvorsitzender von TSS. Ich habe ihn durch Kent Unlimited kennengelernt.“ Sie hob trotzig das Kinn.

Eine Weile schwieg Sean. Dann fragte er: „Hat dieser Michael irgendetwas mit deinen Scheidungsplänen zu tun?“

„Sieht dir ähnlich, so zu denken. Doch ich muss dich leider enttäuschen: Ich habe zurzeit nicht das geringste Interesse an Männern. Wenn du nicht so eitel wärst, hättest du das gemerkt. Michael ist ein guter Freund, der sehr hilfsbereit war.“

„Im Gegensatz zu deinem Mann.“

„Genau.“ Sie stand auf. „Für mich fängt jetzt ein neuer Lebensabschnitt an. Die Leiden meines Vaters sind vorüber, und Pam ist nicht mehr am Boden zerstört. Sie konzentriert sich auf das Baby, das sie bekommt, und auf ihren Mann. Der Laden wird verkauft, und ich bin unabhängig. Das heißt, ich kann mich um meine eigenen Bedürfnisse kümmern: meine Wünsche, meine Karriere, mein Leben.“

Er sah ihr zu, während sie erregt auf und ab ging. „Das war eine tolle Rede, Andi. Jetzt bin ich dran.“

„Ich mache Kaffee“, sagte sie und ignorierte seine Worte. „Damit du nicht einschläfst, wenn du zurück nach New York fährst.“

Andi ging zur Tür. Fast geschafft, dachte sie. Sie wollte ihm nicht zuhören, seine Argumente nicht zulassen. Stattdessen würde sie dafür sorgen, dass er bald verschwand. Dann würde sie alle Erinnerungen an ihn tilgen. Die Sehnsucht nach seinen Umarmungen, die Trauer über die verlorene Chance.

Gerade als sie an der Tür angelangt war, sprang er auf und war mit ein paar wenigen Schritten bei ihr. „Ich habe gesagt, jetzt bin ich dran.“ Er fasste sie am Arm.

„Tut mir leid. Das ist nicht vorgesehen“, gab sie zurück und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Doch er hielt sie eisern fest.

„Ich gebe nicht auf. Das müsstest du eigentlich wissen. Ich will eine zweite Chance, und ich werde sie bekommen.“

„Bitte, Sean, mach keine Szene.“

„Mach’ ich auch nicht. Aber du wirst mir zuhören.“

„Ich habe bereits alles erfahren, was ich wissen muss.“ Abwehrend hämmerte sie gegen seine Brust, um von ihm loszukommen, denn seine Nähe war eine zu große Versuchung. Doch die Erinnerung an zärtlichere Umarmungen hatte sie bereits eingeholt. An Berührungen seiner Hände, die sie erregten. An seinen Mund auf ihren Lippen, an seine Zunge … Wie groß war die Lust gewesen, die sie sich bereitet hatten, wie ausgelassen hatten sie gelacht, und was für leidenschaftliche Nächte und Tage hatten sie miteinander verbracht.

Mit äußerster Anstrengung drängte sie diese herrlichen Erinnerungen zurück und entwand sich seinem harten Griff. „Ich werde mich jetzt um den Kaffee kümmern“, erklärte sie fest.

Sean folgte ihr mit klopfendem Herzen. Er war sicher, dass sie genauso empfand wie er und vor Verlangen bebte. Ihre Bindung war zu stark, um sie einfach zu ignorieren. Das fühlte er tief im Innern. Nein, er würde Andi nicht kampflos aufgeben.

Autor

Madeline Harper
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