Ein Ölbaron und Herzensbrecher

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Über Nacht von der reichen Tochter zur Arbeitslosen - doch Pepper gibt nicht auf! Sie nimmt einen Job bei Ölbaron Robert Macintyre an, fest entschlossen, in die Upper Class zurückzukehren. Doch der attraktive Robert und sein süßer Sohn machen ihr einen Strich durch die Rechnung …


  • Erscheinungstag 18.02.2019
  • Bandnummer 3
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745691
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Als Pepper Merriweather den Laden betrat, blies ihr plötzlich eine heftige Böe den Dezemberwind ins Gesicht. Das mit rotem Weihnachtsschmuck verzierte Schild über der Ladentür schaukelte heftig hin und her.

„Maya’s Chocolaterie“ stand darauf. Der Wind ließ auch die Glocken über der Tür tanzen. Pepper verstärkte ihren Griff um die Klinke, damit die Glastür nicht gegen die Steinfassade schlug.

Der abrupte Kraftakt fühlte sich an, als ob sie mit Mutter Natur Armdrücken spielte. Als der beißende Wind sich endlich etwas legte, tat es gut, durchgehalten zu haben. Als ob das Schicksal ihr endlich einmal zugeneigt wäre.

Wie albern, dachte sie, als sie hineinging und die Tür behutsam hinter sich schloss. Denn Aufmerksamkeit war zurzeit das Letzte, was sie wollte. Verlegen sah sie sich im Laden um. Zu ihrer Erleichterung war der Verkaufsraum aber genau so leer wie das Kopfsteinpflaster der Straße hinter ihr.

Obwohl das Fürstentum mit dem Weihnachtsschmuck überall wie aus einem mittelalterlichen Märchen entsprungen wirkte, war Dezember in St. Michel keine Saison.

Während der kalten Monate war in dem malerischen kleinen Ort nicht viel los. Darum war er auch so ein hervorragender Zufluchtsort für Pepper. Das war vermutlich auch der Grund, warum sie niemanden hinter dem Tresen oder im Verkaufsraum erblickte.

„Bonjour?“, rief sie leise. Wie als Antwort heulte draußen der Wind.

„Bonjour!“, antwortete ihr nun eine gedämpfte Stimme aus dem Hinterzimmer. „Ich bin gleich bei Ihnen.“

Pepper betrachtete in der Zeit die Bäckerregale, die klobigen Holztische und die Regale aus Glas und Eisen, in denen sich in rotes und grünes Zellophan gewickelte Schachteln mit Mayas handgemachten Köstlichkeiten befanden. Die Weihnachtspackungen waren ein Zusatzangebot neben den Pralinen im Glastresen. Bei ihnen konnten sich Schokoladenliebhaber ihre eigene magische Mischung aus gefüllten Pralinen, Trüffeln oder reiner, gehaltvoller Schokolade zusammenstellen. Und genau deswegen war Pepper hier: um Souvenirs aus Schokolade zu kaufen, bevor sie wieder nach Texas heimkehrte.

Als sie vor einem Turm aus weihnachtlichem Karamell stehen blieb, überkamen Pepper plötzlich Zweifel – war sie wirklich schon so weit, wieder nach Texas zurückzukehren?

Peppers Mutter hatte mit ihrer Tochter in St. Michel Zuflucht gesucht und hatte vor, für immer in Europa zu bleiben – oder wenigstens so lange, bis sich die ganze Aufregung über den Skandal wieder gelegt hatte. Aber Pepper hatte die Ruhelosigkeit gepackt. Es war an der Zeit, heimzukehren. Und ihr Leben zurückzuerobern. Oder wenigstens hatte sie sich das an diesem Morgen eingeredet, als sie aufgebrochen war.

Die Produzenten der Realityshow „Catering to Dallas“, bei der sie mitspielte, hatten ihr freundlicherweise einen kurzen Urlaub gewährt. In dieser Zeit hatte sie versucht, die Ereignisse zu verarbeiten, die ihren Vater ins Gefängnis gebracht und ihre Mutter in dieses Versteck getrieben hatten. Die Presse war natürlich auch hinter Pepper her. Zunächst war ihr St. Michel wie der perfekte Zufluchtsort erschienen, aber während ihr Vater im Gefängnis saß – wegen erhöhter Fluchtgefahr hatte der Richter eine Kaution abgelehnt –, hatte es nicht lange gedauert, bis die Medien Pepper und ihre Mutter aufgespürt hatten.

Der Wendepunkt für Pepper war jedoch die Nachricht vom Anwalt ihres Vaters gewesen. Je länger sie sich versteckte, umso schlimmer würde dies den Zusammenbruch des Texas-Star – Imperiums aussehen lassen. Mit anderen Worten, die ganze Familie wirkte schuldig, wenn sie sich verkroch. Natürlich war das lächerlich. Schließlich hatten weder sie noch ihre Mutter irgendetwas mit den Machenschaften von Texas Star Energy zu tun. Aber die Medien und die Massen kamen nun einmal nicht an Peppers Vater, Harris Merriweather, heran. Seine Familienangehörigen zu steinigen war eben die nächstbeste Lösung.

Sein Anwalt, Ethan Webster, hatte ihr das Geld für ein Flugticket nach Hause zugeschickt. Sie würde also nach Texas zurückkehren. Ihre Mutter, Marjory, würde allerdings in St. Michel bleiben. Aber ihr Vater hatte recht, es gab schließlich überhaupt keinen Grund, sich weiterhin zu verstecken.

Pepper fiel inzwischen, ehrlich gesagt, die Decke auf den Kopf. Sie hatte sogar schon damit angefangen, das Haus zu den unmöglichsten Zeiten zu verlassen, um den Paparazzi zu entgehen. Manchmal funktionierte es sogar. Oft jedoch leider nicht. Das hieß, sie könnte sich auch genauso gut zu Hause verkriechen und versuchen, einen Weg zu finden, wie sie bei „Catering to Dallas“ weitermachen könnte. Falls das überhaupt möglich war. Und wenn nicht …

Die Ungewissheit ihrer Zukunft wirkte auf sie schier überwältigend. Aber an diesem Morgen fühlte sie sich in der gemütlichen Atmosphäre von Mayas Schoko-Lädchen … sicher. Trotz allem.

Aber sie konnte sich nicht für immer verstecken. Je schneller sie wieder nach Hause kam und ihr normales Leben weiterführte, umso schneller würde auch dieser Albtraum ein Ende finden, da war sie sich sicher. Die Anwälte ihres Vaters würden ihm helfen, seine Unschuld zu beweisen und es würde wieder Normalität in das Leben der Familie Merriweather einkehren … na ja, zumindest so viel Normalität, wie es in ihrer Familie überhaupt je gegeben hatte.

Weil ihre Mutter darauf bestand, in St. Michel zu bleiben, war es also nun Peppers Aufgabe, die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Und der erste Schritt dazu war es, nach Hause zurückzukehren.

Als Erstes würde sie ihren Vater besuchen und mit ihm zusammen eine Strategie entwickeln. Sie hatte seinen Anwalt, Ethan Webster, bereits gebeten, einen Besuch mit ihm zu arrangieren. Sie musste schließlich wissen, wie sie ihrem Vater am besten helfen könnte.

Obwohl sie sich genau in der Mitte einer Familienkrise befanden, konnte Pepper eine gewisse Hoffnung nicht unterdrücken – vielleicht war das ja ihre Chance, endlich eine richtige Beziehung zu ihrem Vater aufzubauen.

Im Alter von dreiunddreißig Jahren hatte sie jetzt vielleicht endlich die Gelegenheit, die letzten siebenundzwanzig Jahre wieder ins Lot zu bringen.

Pepper holte tief Luft und atmete den süßen Geruch von Kakao, Zimt und irgendwas … Blumigem ein. War das ein Hauch von Rosenduft, den sie da roch? Aber bevor sie das mit Sicherheit sagen konnte, vereinten sich die köstlichen Duftnoten zu einer göttlichen Mischung, bei der Pepper augenblicklich das Wasser im Mund zusammenlief … und bei der ihr eine eigenartige und unbekannte Sehnsucht einen Stich ins Herz versetzte. Sie hob die Hand an ihre Brust.

Was stimmte bloß nicht mit ihr? Das hatte doch nichts mit ihrer Abreise aus St. Michel und ihrer Heimkehr zu tun. Oder etwa doch?

Lieber Gott, bitte mach, dass das nicht wieder eine Panikattacke ist.

Nein. Es ging ihr gut … Sie atmete tief ein und aus. Der Geruch von Schokolade wirkte irgendwie besser als jedes Beruhigungsmittel.

Als Maya nun durch die dunkelroten Brokatvorhänge trat, die den hinteren Teil des Ladens vom vorderen abtrennten, wischte sie sich die Fingerspitzen an einem weißen Geschirrtuch aus Leinen ab.

„Ah! Bonjour, Pepper! Ich habe mir schon gedacht, dass du es vielleicht bist.“ Sie legte das Geschirrtuch auf den Tresen und rieb sich energisch die Hände. Ihr Lächeln strahlte so hell wie die Sommersonne.

„Guten Morgen!“ Pepper strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, da der Wind ihre Haare zerzaust hatte.

„Was führt dich denn an diesem kalten, windigen Tag hierher, mon amie?“ Maya kam nun hinter dem Tresen hervor und begrüßte ihre Freundin mit Küssen auf beide Wangen. „Ist ja eigentlich auch egal. Ich freue mich so, dich zu sehen. Du brauchst schließlich keinen Grund, um mich zu besuchen. Ich hol dir schnell eine heiße Schokolade. Die hilft dir beim Aufwärmen, oui?

Bevor Pepper antworten konnte, hatte ihre rothaarige Freundin sich auch schon umgedreht und war auf dem Weg zu der kleinen Herdplatte hinter der Vitrine, wo sie die warmen, kräftigen Getränke zubereitete.

„Maya, was ist das heute Morgen denn für ein blumiger Duft hier?“

Maya wandte sich erstaunt zu ihr um und lächelte. „Das kannst du riechen?“

Pepper nickte. „Ja. Es duftet irgendwie nach … Rosen.“

Maya stellte den Stieltopf aus Kupfer ab, den sie in der Hand hielt. „Einen Augenblick, ich bin gleich wieder da.“

Sie verschwand kurz hinter dem Vorhang, nur um gleich wieder mit einer rechteckigen, in Rosa und Schwarz gehaltenen Schachtel mit einer passenden schwarzen Schleife – diese Verpackung war das Markenzeichen ihres Ladens – aufzutauchen.

Mayas Augen funkelten, als sie Pepper die Packung überreichte. „Die sind für dich, meine Liebe.“

Jetzt war Pepper an der Reihe, Maya neugierig zu mustern. „Oh, danke. Eigentlich bin ich hergekommen, um Schokolade zu kaufen. Aber nicht für mich, sondern für Freunde. Für zu Hause.“ Pepper holte tief Luft, während sie die hübsche Pralinenschachtel anstarrte. Schließlich straffte sie die Schultern. „Maya, ich reise ab. Um genau zu sein, bin ich nur hier, um Auf Wiedersehen zu sagen.“

Maya nickte. „Mon amie, auch wenn ich dich natürlich gerne für immer hier in St. Michel bei mir hätte, habe ich dir doch schon die ganze Zeit gesagt, dass es nichts gibt, wofür du dich schämen müsstest oder wovor du Angst haben musst. Lass dich nicht von engstirnigen Leuten für ein Verbrechen verurteilen, das du gar nicht begangen hast.“

Pepper nickte und unterdrückte den Beschützerinstinkt, der sich automatisch in ihr regte und wegen dem sie ihren Vater verteidigen wollte. Die Gerichtsverhandlung hatte noch nicht stattgefunden, und deshalb würde Pepper weiterhin darauf beharren, dass er unschuldig war, bis das Gegenteil bewiesen war.

Stattdessen sagte sie: „Darum ist es auch an der Zeit für mich, abzureisen. Aber erst einmal brauche ich Schokolade, Maya. Ganz egal, wie pleite ich auch bin, man sollte sich immer die beste Schokolade der Welt gönnen.“

Mayas Lächeln kehrte prompt zurück. „Natürlich, meine Liebe. Aber bevor wir uns dieser Aufgabe widmen, möchte ich zuerst, dass du einen kurzen Blick in die Schachtel wirfst, die ich dir gerade gegeben habe.“

Vorsichtig knotete Pepper das schwarze Band aus Organza auf, das die Verpackung schmückte. Als sie den Deckel hochhob, enthüllte sie ein Dutzend weißer Trüffel, die mit getrockneten Blütenblättern und Gold bestäubt waren. Der unverkennbare Duft von Rosen, den sie vorhin schon wahrgenommen hatte, stieg aus der Schachtel auf. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen und ihr Herz schlug sofort schneller.

„Maya, die sind ja wunderschön. Vielen Dank.“

„Gern geschehen. Ich habe sie nur für dich gemacht. Als Abschiedsgeschenk.“

Pepper lächelte. „Aber du hast doch bis gerade eben noch gar nicht gewusst, dass ich abreise.“

Das spezielle Funkeln leuchtete wieder in Mayas Augen auf. Einen Sekundenbruchteil lang fragte sich Pepper, ob ihre Freundin wirklich schon davon gewusst hatte, bevor sie es ihr erzählt hatte. Aber das war doch unmöglich, oder nicht?

„Ja das stimmt. Aber ich habe gewusst, dass du uns irgendwann wieder verlassen wirst, meine Liebe. Pepper, du hast so viel zu geben. Dich vor der Welt zu verstecken wäre ein Verbrechen. Die Schokolade hier soll ein Symbol für alles Süße, Gute und Leidenschaftliche sein, das du in deinem Leben verdient hast. Wenn du den ersten Bissen von dieser Schokolade nimmst, dann möchte ich, dass du dir dabei vorstellst, wie dein größter Herzenswunsch in Erfüllung geht. Und dann geh hin und sorg dafür, dass er tatsächlich Wirklichkeit wird.“

Draußen heulte erneut ahnungsvoll der Wind und das Ladenschild tanzte wild. Von ihrem Blickwinkel neben dem Fenster aus konnte Pepper die goldenen Buchstaben auf dem mitternachtsblauen Schild in Reißlack-Optik gut erkennen: „Maya’s Chocolaterie ~ Das Happy End fängt hier an“.

Ein merkwürdiges Gefühl überkam sie plötzlich und sie warf einen Blick auf die Packung mit Mayas wundervollen, handgefertigten Köstlichkeiten, die sie in der Hand hielt.

Warum eigentlich nicht?

Maya nickte. „Versuch doch einen.“

Pepper nahm daraufhin einen Trüffel in die Hand und wün­schte sich ihr ganz spezielles Happy End.

2. KAPITEL

Der Flug von Paris kam gerade noch so rechtzeitig an, dass Pepper den Zoll passieren, ihr Gepäck wieder aufgeben und ihren Anschlussflug erreichen konnte. Verzögerungen beim Abflug hatten dafür gesorgt, dass sie den Nachtflug nach Hause beinahe verpasst hätte. Aber sie hatte Glück. Als einer der letzten Passagiere bestieg sie das Flugzeug nach Dallas.

An Bord mühte sie sich ab, ihr Handgepäck im Stauraum über den Sitzen unterzubringen. Gott sei Dank hatte Ethan ihr ein Ticket für die Businessclass gekauft, wo man nicht wie Sardinen in einer Dose zusammengepfercht war.

Der Mann, der auf dem Sitz genau unter dem Gepäckfach saß, warf seinen schwarzen Cowboyhut auf den Sitz neben sich, dann stand er gebückt auf, um sich nicht den Kopf an der Deckenkonsole zu stoßen, und richtete sich schließlich vor ihr zu seiner vollen Größe auf.

„Bitte, lassen Sie mich Ihnen doch helfen, Ma’am.“

„Danke“, sagte sie. Als sie aufblickte, schaute sie in braune Augen, die so dunkel und intensiv wirkten wie Mayas Schokolade. Sie bildeten einen scharfen Kontrast zu seinem in Spitzen abstehenden, strohblonden Haar. Ein wirklich gut aussehender Kerl. Und höflich noch dazu, dachte sie.

Und er war groß, sehr groß. Wahrscheinlich über eins neunzig. Typ starker, männlicher Cowboy. Er besaß lange schlanke Beine, die in Jeans steckten. Die Muskeln seiner breiten Schultern spielten unter dem blauen Oxfordhemd, als er ihre Tasche mit einer einzigen, fließenden Bewegung hochhob und verstaute.

Pepper zwang sich, den Blick von dieser aufreizenden Demonstration männlicher Muskelkraft abzuwenden. Sie schob sich an ihm vorbei und hob seinen Cowboyhut auf, bevor sie sich auf dem Fenstersitz niederließ. Als sie es sich bequem gemacht hatte, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie hatte nicht nur ihren Anschlussflug erreicht, sondern befand sich auch bereits wieder auf amerikanischem Boden. In New York auf dem Flughafen hatte ihr sogar niemand zugesetzt. Andererseits hatte sie sich bei ihrem Sprint vom Zoll zu ihrem Flug nach Dallas auch nicht lange genug dort aufgehalten, dass irgendjemand sie hätte erkennen können. Nicht, dass das in New York zu erwarten gewesen war. Aber es war sehr wahrscheinlich, dass jemand in diesem Flugzeug sie als die Tochter von Harris Merriweather identifizieren und sich dann mit ihr anlegen würde.

So weit, so gut. Sie drehte ihr Gesicht zum Fenster und seufzte noch mal leise.

Aber es tat gut, zu Hause zu sein. Oder jedenfalls fast.

„Es tut mir leid. Ich nehme Ihnen den mal gleich ab.“

Als Pepper hochschaute, deutete ihr Sitznachbar auf den Hut.

„Ach ja, bitte sehr“, sagte sie. „Und noch mal vielen Dank für die Hilfe mit meinem Handgepäck.“

Als er ihr den Hut abnahm, leuchteten seine Augen plötzlich wissend auf. Er hatte sie also erkannt. „Kein Problem.“

Er runzelte die Stirn und musterte sie nachdenklich.

Oh, nein. Jetzt kommt’s. Innerlich wappnete sie sich bereits.

„Ich bin Rob Macintyre. Kennen wir uns vielleicht?“

Okay, das war jetzt nicht so schlimm wie befürchtet. Aber sie musste das Ganze sofort im Keim ersticken. „Nein, ich glaube nicht. Aber es freut mich, Sie jetzt kennenzulernen.“

Ihre Gedanken rasten, als sie versuchte, sich irgendetwas einfallen zu lassen, um ihn abzulenken und unauffällig das Thema zu wechseln, ohne dabei unhöflich oder – noch schlimmer – feindselig zu erscheinen.

Der Flug von New York nach Dallas dauerte nur drei Stunden, aber das konnte dennoch eine Ewigkeit sein, wenn die Dinge erst einmal außer Kontrolle gerieten.

Zum Glück fingen die Flugbegleiter gerade mit den Sicherheitsinstruktionen an. Rob … Was hatte er noch mal gesagt, war sein Nachname? Richtig, Macintyre.

Rob Macintyre … das kam ihr tatsächlich irgendwie bekannt vor … Hmmm …

Egal. Rob Macintyre wandte seine Aufmerksamkeit nun den Sicherheitshinweisen zu. Pepper passte ihren Sitzgurt an und lehnte sich zurück.

Dann fiel es ihr plötzlich ein – Robert Macintyre!

Natürlich. Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, um sicherzugehen, dass sie auch richtig lag mit ihrer Vermutung. Dank seines kantigen Kiefers und den markanten Wangenknochen war sein Profil genauso attraktiv wie sein ganzes Gesicht. Er war nicht nur der jüngste Ölbaron von ganz Texas, sondern auch ein Mysterium für die bessere Gesellschaft von Dallas, denn sein Name stand ganz oben auf allen Einladungslisten, doch er lehnte grundsätzlich ab.

Niemand konnte sich bislang einen Reim darauf machen, warum dieser Mann so ungesellig war. Und das machte ihn offenbar nur noch begehrenswerter. Warum auch nicht? Er war schließlich jung, reich, Single und gut aussehend.

Er bemerkte, dass sie ihn anstarrte, deshalb schaute sie schnell wieder weg. Nur um ihm einen Moment später doch noch einen Blick zuzuwerfen und erneut dabei ertappt zu werden.

Pepper spürte plötzlich, wie ihr heiß wurde und die Hitze ihr vom Ausschnitt über den Hals in die Wangen stieg. Sie hoffte, er würde es nicht bemerken. Deshalb bückte sie sich hastig, um ihre Handtasche aufzuheben. Und um sich nebenbei noch daran zu hindern, ihn noch einmal anzusehen, kramte sie darin herum.

Als ihr die Pralinenschachtel mit Mayas Abschiedsgeschenk in die Hände fiel, holte sie die Packung heraus und bot Rob kurzerhand einen Trüffel an. „Als Dankeschön dafür, dass Sie mir mit meiner Tasche geholfen haben.“

Er betrachtete zuerst die Schachtel, dann sah er sie an. Urplötzlich war sie sich nicht mehr sicher, warum sie ihre schokoladigen Kostbarkeiten mit ihm teilen wollte – so wenige, wie sie davon hatte. Natürlich musste sie die zwölf Trüffel ja nicht allein aufessen, aber sie hatte eigentlich auch nicht vorgehabt, sie zu verschenken. Zumindest, bis sie die Pralinen ihrem Sitznachbarn angeboten hatte. Tja, jetzt war es zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen. Vor allem, nachdem er sagte: „Danke, die sehen köstlich aus.“

Als er in eine der Pralinen biss, dachte sie, dass er so zumindest nicht sagen konnte, sie wäre nicht nett. Nur, falls er doch wüsste, wer sie war – so wie ihr plötzlich eingefallen war, wer er war.

Doch zu ihrer großen Erleichterung schafften sie und Robert es, eine entspannte und friedliche Unterhaltung zu führen. Den ganzen Flug über, von New York bis nach Dallas, redeten sie über alles und nichts, nur nicht über Persönliches.

Nachdem das Flugzeug gelandet war, holte Robert wie selbstverständlich Peppers Handgepäck wieder aus dem Stauraum und stellte den Koffer so hin, dass sie ihn nur noch aus dem Flugzeug ziehen musste.

„Es war wirklich sehr nett, sich mit Ihnen zu unterhalten“, sagte er.

„Das war es“, stimmte sie ihm zu. „Hat mir wirklich Spaß gemacht.“ Sie verstummte in der Hoffnung, dass er sie vielleicht um ihre Telefonnummer bitten würde. Auch wenn ein neuer Mann in ihrem Leben im Augenblick so ungefähr das Letzte war, was sie brauchte. Aber als sie zu ihm aufsah, wie er da so lässig im Gang stand, beschloss sie, dass sie für Robert Macintyre ruhig eine Ausnahme machen konnte.

Doch er bat sie nicht um ihre Nummer, stattdessen deutete er mit seinem Hut auf sie und sagte: „Machen Sie’s gut.“

Einen Augenblick lang überkam sie ein Gefühl der Enttäuschung, doch dann riss sie sich zusammen und rief sich wieder ins Gedächtnis, wie beschäftigt sie in nächster Zeit sein würde.

So war es am besten.

Aber er sah so verdammt gut aus.

Egal.

Sie verließ das Flugzeug und betrat nun den Terminal. Jetzt musste sie nur noch ihr Gepäck holen. Anschließend würde ein Taxi sie nach Hause bringen, wo sie zum ersten Mal seit zwei Wochen in ihrem eigenen Bett schlafen konnte.

Wenn ein Date mit Robert Macintyre nicht drin war, hörte sich das wenigstens wie die nächstbeste, himmlische Alternative an.

„Hey, ich kenne Sie doch!“, ertönte auf einmal eine ihr unbekannte, wütende Stimme hinter ihr.

Pepper versteifte sich, lief aber weiter, ohne sich auch nur einmal umzusehen. Vielleicht meinte der Kerl ja auch gar nicht sie.

Einfach weitergehen.

Doch da packte eine Hand plötzlich ihren Arm. „Hey, ich rede mit Ihnen.“

Pepper drehte sich um. Der Mann mit der Knollennase und dem hochroten Gesicht wog mindestens hundertfünfzig Kilo. Sein Atem bildete förmlich eine Wolke aus Alkohol. Seine Augen waren glasig und blutunterlaufen. Sie entzog sich seinem Griff mit einem Schritt zur Seite und rollte dann ihren Koffer quasi als Schutzschild zwischen sie. Als ob das was helfen würde.

Sie sah sich nervös im Terminal um, aber so spät waren hier anscheinend nur noch die Putzkolonnen und die anderen Passagiere von ihrem Flug unterwegs. Und diese schienen den Zwischenfall gar nicht zu bemerken, oder es war ihnen schlichtweg egal.

„Du bist doch die Tochter von diesem Bastard Merriweather, oder etwa nicht?“

„Sir, es ist schon spät. Es tut mir leid, aber ich muss jetzt los. Ich werde abgeholt.“

Der Taxifahrer konnte natürlich die ganze Nacht warten, aber das musste dieser betrunkene Mistkerl ja nicht wissen. Pepper drehte sich um und wollte weggehen.

„Ich bin aber noch lange nicht fertig mit dir“, brüllte der Mann ihr nun hinterher. „Dein Daddy hat mein gesamtes Geld gestohlen, du kleine Göre. Jeden Cent, den ich gespart habe und den ich für meine Rente zurückgelegt habe.“

Pepper war wie gelähmt. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie stand da, wie angewurzelt. Sie wollte sagen: Nein, Sie täuschen sich. Das ist alles nur ein Riesenmissverständnis. Bei der Gerichtsverhandlung wird sich das alles aufklären. Aber kein Wort wollte ihr über die Lippen kommen.

„Wie schläft es sich denn nachts, wenn man wie die Made im Speck lebt, während ich demnächst vielleicht nicht einmal mehr meine Familie ernähren kann?“

Der Mann schubste Pepper auf einmal grob. Sie fiel gegen etwas Starkes und Warmes. Mit einer Bewegung schob Robert Macintyre Pepper hinter sich und starrte dann kalt auf den Mann hinab.

Autor

Nancy Robards Thompson
<p>Nancy Robards Thompson, die bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, lebt in Florida. Aber ihre Fantasie lässt sie Reisen in alle Welt unternehmen – z. B. nach Frankreich, wo einige ihrer Romane spielen. Bevor sie anfing zu schreiben, hatte sie verschiedene Jobs beim Fernsehen, in der Modebranche und in der...
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