Ein Prinz zum Fest der Liebe

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"Du bist ein Prinz?" Reese muss laut lachen. Sie glaubt Alex kein Wort! Aber am nächsten Tag entdeckt sie ihn geschockt in den Schlagzeilen: Sie hat den kalten Winterabend in New York wirklich mit einem Prinzen verbracht - der sie jetzt bittet, seine Freundin zu spielen!


  • Erscheinungstag 19.12.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733729226
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Endlich hatte er sie abgehängt.

Prinz Alexandro Castanavo von den Mirraccino-Inseln blickte aus dem Heckfenster des Taxis. Er war noch nie in New York City Taxi gefahren, und seine Unruhe wuchs, als das Fahrzeug in Richtung Straßenböschung schlingerte. Während der restliche Verkehr zum Stillstand gekommen war, konnte er seinen Weg fortsetzen.

Als das Taxi urplötzlich nach links ruckte, prallte Alexandro mit der Schulter gegen die Tür. Er krallte die Finger in die Armlehne. Womit hatte er das verdient? Warum musste er an einen Taxifahrer geraten, der sich für einen Rennfahrer hielt?

Alex wurde nach vorn geschleudert, als das Taxi vor einer roten Ampel stoppte. Immerhin beachtete der Kerl die eine oder andere Verkehrsregel. Ein weiterer Blick aus dem Heckfenster entlockte Alex einen Seufzer der Erleichterung. Niemand folgte ihm. Aber wie auch? Vermutlich fuhren nicht viele Leute so unberechenbar wie dieser Chauffeur.

„Können Sie mich hier aussteigen lassen?“

„Nein. Ich bringe Sie rasch ans Ziel.“

Alex lehnte sich still in den Sitz zurück, während der Taxifahrer durch die Straßen von Manhattan raste. Es hatte angefangen, in feinen Flocken zu schneien. Girlanden und festliche Kränze schmückten die Häuserfronten, die Schaufenster waren dekoriert mit Christbäumen und Glitzerkram. Weihnachten lag in der Luft, obwohl es bis dahin noch ein paar Wochen dauerte.

Bald wurden die Geschäfte weniger, der Verkehr dünnte aus, und Wohnhäuser säumten zu beiden Seiten die Straße. Ein letzter Blick aus dem Heckfenster zeigte weit und breit keinen Verfolger. Endlich ließen die Verspannungen in Alex’ Nacken nach.

Die Wohnhäuser in Willow Heights standen in einiger Entfernung von der Straße, ältere Villen, gut gepflegt und immer noch atemberaubend schön. Man fühlte sich wie in frühere Zeiten zurückversetzt. Ein schmiedeeiserner Wegweiser tauchte auf. Er stand vor einer Steinmauer, und die Aufschrift lautete: The Willows.

Alex blickte an der Villa mit ihrem altertümlichen Charme hinauf. Er wusste nicht recht, was er erwarten sollte. Als sich im Palast das Problem auftat, war ihm keine Zeit zur detaillierten Planung geblieben. Er war direkt zur Tat geschritten. Seine Mission bestand darin, sein Katz-und-Maus-Spiel mit der Presse auszuweiten – ohne zu wissen, wie viel Zeit benötigt wurde, um das jüngste Fiasko seines Bruders aus der Welt zu schaffen.

Der Taxifahrer bog in die Zufahrt ein. „Was für ein piekfeines Haus. Sind Sie irgendein stinkreiches hohes Tier?“

Alex wusste nicht recht, was er unter einem hohen Tier verstehen sollte, doch es hörte sich nicht gut an. „Nein.“

„Bleiben Sie lange?“

Wenn er das wüsste. „Ich weiß es noch nicht.“

„Wenn Sie ein Taxi brauchen, rufen Sie mich. Freddy fährt Sie überall hin.“

Nein, das würde Alex ganz sicher nicht tun.

Die gepflasterte Zufahrt führte zu einem weitläufigen zweistöckigen Herrenhaus. Es musste vor ein-, zweihundert Jahren erbaut worden sein.

Das Taxi hielt, und der Fahrer bedachte Alex mit einem breiten Grinsen. Alex bezahlte ihn in bar; es war angeraten, seine wahre Identität zunächst einmal zu verbergen.

Kaum stand Alex mitsamt seinem Gepäck auf dem Gehsteig, raste das Taxi von dannen. Alex unterdrückte ein Gähnen. Nie war er so froh gewesen, festen Boden unter den Füßen zu spüren. Jetzt wollte er nur noch sein Zimmer aufsuchen und eine Mütze voll Schlaf nehmen, bevor er vor Erschöpfung umfiel.

„Willkommen“, rief eine liebliche Stimme.

Er drehte sich um und sah eine junge Frau um die Hausecke biegen. Sie schleppte einen großen Pappkarton. Ihr rotbrauner Pferdeschwanz schwang von einer Seite zur anderen, als sie auf ihn zukam. Ihre Schönheit faszinierte ihn, von ihren rosigen Wangen bis zu den vollen roséfarbenen Lippen.

Ihr Atem bilde weiße Wölkchen in der eisigen Luft. Sie furchte vor Anstrengung die Stirn; der Pappkarton war viel zu groß für sie.

Alex wurde sofort aktiv. „Ich nehme Ihnen das ab.“

Sie zögerte zunächst, gab dann aber nach. „Der Karton soll auf die Eingangsveranda.“

„Ihr Wunsch ist mir Befehl.“

Seite an Seite schritten sie den Weg entlang. Sie warf einen neugierigen Blick in seine Richtung. „Geht’s Ihnen gut? Sie wirkten ein bisschen wacklig auf den Beinen, als Sie aus dem Taxi stiegen.“

„Sie können sich die Fahrt hierher auch kaum vorstellen.“ Am Fuß der Treppe blieb er stehen. „Ich glaube, der Taxifahrer fuhr öfter neben als auf der Straße.“

„Das Abenteuer hat Ihnen anscheinend nicht zugesagt?“

„Ganz und gar nicht. Ich bin heilfroh, dass ich unversehrt hier angekommen bin. Erinnern Sie mich daran, dass ich es mir gut überlege, ob ich diese Taxigesellschaft noch einmal in Anspruch nehmen will.“

Die junge Dame lächelte, und er lächelte zurück. Das war nicht gut. Er durfte Frauen nicht ermutigen. Alles wurde nur noch komplizierter, wenn sie dann mehr wollten, als er zu geben bereit war.

Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und ging zur Veranda. Dort ließ er den Karton mit lautem Rumpeln einfach fallen. Er drehte sich um, und die junge Frau stand direkt hinter ihm.

Bewundernd betrachtete er sie in ihrer weißen Winterjacke mit dem „The Willows“-Logo in Blau auf der Brust, registrierte ihre engen Jeans und die weizengelben Stiefel an ihren Füßen. Er löste den Blick von ihren schönen Rundungen, die sich unter dem Outfit abzeichneten. Schließlich sah er in ihre Augen – in ihre großen braunen Augen. Ob sie wohl wusste, wie schön sie war? Die Kerle mussten verrückt nach ihr sein.

„Danke für die Hilfe.“ Ihr Blick wanderte zu seinem Gepäck und dann zurück zu ihm. „Kann ich Ihnen helfen? Gehören Sie zu der Hochzeitsgesellschaft?“

„Nein.“ Seine Stimme klang tiefer als gewöhnlich. „Ich möchte einchecken.“

„Sie hätten vorher ein Zimmer reservieren lassen müssen.“

Diese junge Frau musste sich irren. „Ich habe reserviert. Und jetzt würde ich gern den Geschäftsführer sprechen.“

Die junge Frau zog den rechten Handschuh aus und streckte Alex die Hand entgegen. „Sie sprechen mit der Geschäftsführerin. Ich bin Reese Harding. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“

Er trat näher heran und nahm ihre warme Hand in seine kalte. Ihre Haut war glatt und weich. Er wehrte sich gegen den Drang, mit dem Daumen ihren Handrücken zu streicheln. Als er ihren Blick einfing, bemerkte er goldene Pünktchen in ihren Augen.

„Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Ich bin P-“ Er fing sich noch rechtzeitig, bevor er mit seinem offiziellen Titel herausplatzte. Einen Moment lang musste er überlegen, welches Alias er bei der Anmeldung benutzt hatte. Er hatte sich den Mädchennamen seiner Mutter ausgeborgt. „Alex DeLuca.“

Erst jetzt fiel ihm auf, dass er ihre Hand länger als notwendig hielt, und er ließ sie los. Er hatte sich noch nie in diesem Ausmaß von einer Frau beeindrucken lassen. Vierundzwanzig Stunden ohne Schlaf zeigten jetzt eindeutig ihre Wirkung. Während eines Flugs schlafen zu können, hätte er durchaus als hilfreich empfunden.

„Ihnen gehört dieses Hotel?“, fragte er, um sich zu vergewissern, dass er sie richtig verstanden hatte.

„Ja.“

Er zog die Brauen zusammen und musterte Reese. Sie erschien ihm wirklich noch sehr jung für eine Person mit eigenem Unternehmen. „Darf ich fragen, wie alt Sie sind?“

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich älter bin, als ich aussehe.“

Tja, nun war seine Neugier erst recht geweckt. „Und zwar …“

„Fünfundzwanzig.“ Sie hob das Kinn mit dem Grübchen darin. „Wollen Sie etwa auch noch meinen Ausweis sehen?“

„Hm … nein.“ Er wandte den Blick ab. Er ließ sich ablenken. Es musste wohl am Jetlag liegen, denn er war nicht hier, um mit Frauen anzubändeln – nicht einmal mit einer so bezaubernden wie die, die vor ihm stand. „Was das Zimmer betrifft …“

„Bis Montag sind wir ausgebucht.“

„Bis Montag?“ Das war unmöglich. Seine Nacken- und Schultermuskeln verkrampften sich. „Ich habe ab heute reserviert.“

„Falls Sie für einen anderen Zeitraum reservieren möchten, sehe ich gern im Terminkalender nach.“ Sie drehte sich um und trat ins Haus.

Er folgte ihr und schloss die Tür hinter sich. „Ich versichere Ihnen, ich habe reserviert.“

Sie seufzte unüberhörbar, blieb im Foyer stehen und drehte sich um. „Hören Sie. Ich habe keine Reservierung von Ihnen. Ich habe noch nie mit Ihnen gesprochen. Diesen Akzent hätte ich nicht vergessen.“

Er hätte ihre süße Stimme ebenso wenig vergessen. Sie war genauso attraktiv wie frustrierend. „Dann muss jemand anderer meine Reservierung aufgenommen haben. Sie sind doch sicher nicht die Einzige, die hier arbeitet.“ Andererseits aber war das Hotel kleiner, als er erwartet hatte. „Oder?“

Sie runzelte die Stirn. „Nein. Doch jeder andere, mit dem Sie gesprochen haben könnten, hätte im Online-System nachgesehen und festgestellt, dass wir restlos ausgebucht sind.“

Er war nicht bereit aufzugeben und rief sich die telefonische Reservierung in Erinnerung. „Ich habe mit einer Frau gesprochen. Der Stimme nach war sie ein wenig älter als Sie. Sie hat meine Angaben aufgenommen.“

Reese runzelte die Stirn. „Vielleicht haben Sie doch eine Reservierung. Möglicherweise wurde sie nicht im Computer erfasst.“ Sie senkte den Kopf. „Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ich kein Zimmer mehr frei habe. Wir haben an diesem Wochenende eine Hochzeitsgesellschaft.“

Er hatte an diesem Tag drei verschiedene Flugzeuge bestiegen, um die Paparazzi abzuschütteln. Und am Flughafen von Atlanta hatte er einen langen Aufenthalt über sich ergehen lassen müssen. Jetzt wollte er nur noch eine warme Mahlzeit und ein Bett. Er unterdrückte ein Gähnen. Vielleicht doch lieber zuerst ein weiches Bett und dann die warme Mahlzeit. Alles andere war inakzeptabel.

Er straffte sich und stemmte die Hände in die Hüften, schluckte seinen Frust herunter und bemühte sich um einen professionellen Tonfall. „Was ist mit meiner Anzahlung?“

Sie öffnete halb die vollen Lippen und wurde blass. „Sie haben eine Anzahlung geleistet?“

„Ja. Sehen Sie in Ihrem Computer nach.“

Sie riss die Augen auf. „Mr DeLuca, natürlich wird Ihnen die Anzahlung in voller Höhe erstattet. Ich bitte um Verzeihung für diese Unannehmlichkeiten.“

Er schaute sich in dem historischen Herrenhaus um, erfasste die geschwungene Treppe und die Bleiglasfenster auf dem Treppenabsatz. Irgendwo hier musste doch noch ein Zimmer zu haben sein!

Ohne ein weiteres Wort schritt die hitzköpfige Schöne die hübsch gerundeten Hüften schwingend davon. Alex blickte ihr nach, bis sie in einem Flur verschwand.

Reese Harding marschierte in den rückwärtigen Teil des Hauses. Sie wollte nicht zulassen, dass der Fremde ihr unter die Haut ging. Die ganze Zeit über ignorierte sie das Prickeln in ihrem Nacken. Sollte er sie doch anstarren. Sie würde sich nicht erweichen lassen, nur weil er so verdammt gut aussah und seine bloße Berührung ein Kribbeln in ihren Fingern hervorrief.

Reese stapfte in das Büro direkt neben der Küche. Sie vermutete, dass ihre Mutter die Reservierung angenommen hatte. Wenn das der Fall war, stand Reese womöglich vor einem echten Problem.

„Hey, Schatz.“ Ihre Mutter spähte aus der Küche zu ihr herein. „Was machst du da? Du hast gerade eine Schneespur auf meinen sauberen Böden hinterlassen.“

„Tut mir leid.“ Reese kramte weiter in den Stapeln von Rechnungen und Korrespondenz auf dem großen Eichenschreibtisch. „Ich suche etwas.“

„Kann ich helfen?“ Die Miene ihrer Mutter hellte sich auf.

„Im Foyer wartet ein Mann, der behauptet, für heute Nacht ein Zimmer reserviert zu haben. Erinnerst du dich an den Anruf von einem Alex soundso mit einem fremdländischen Akzent?“

Ms Harding legte die Stirn in Falten. „Wann soll er angerufen haben?“

„Letzte Woche.“ Reese nahm sich den nächsten Stapel vor und suchte nach irgendetwas, was die Worte des Mannes bestätigen konnte.

„Doch, ich erinnere mich an jemanden mit einem fremdländischen Akzent. Ich weiß es noch, weil die Verbindung ziemlich schlecht war.“

„Tatsächlich? Du erinnerst dich?“

„Wenn ich die Reservierung angenommen habe, ist die Anzahlung im Computer verzeichnet.“

Ihre Mutter hatte recht. In diesen Mengen von Papieren zu suchen, war reine Zeitverschwendung. Sie fuhr den Computer hoch.

Reese rief das Finanzkonto des Hotels auf. Da fand sich tatsächlich eine Anzahlung – eine gewaltige Anzahlung. Reeses Herzschlag beschleunigte sich vor Aufregung. Mit dem vorhandenen Geld hätte man die gesamte Villa für einen Monat mieten können. Dann schaute sie unter den Online-Reservierungen nach. Mr DeLucas Name tauchte dort nicht auf. Wie war das möglich?

Doch dieser Geldzustrom war genau das, was sie brauchten, um den bevorstehenden Steuerforderungen nachzukommen, ganz zu schweigen von ihrem Bankkredit. Ganz ruhig. Keine vorschnellen Überlegungen.

Sie konnte sein Geld ja nicht annehmen. Sie hatte kein Zimmer für ihn. Sie konnte dem Herrn mit dem sexy Akzent lediglich die volle Erstattung seiner Anzahlung anbieten und hoffen, dass er dann ohne großes Geschrei verschwand.

Aber der Mann machte keineswegs den Eindruck, als würde er ohne Weiteres auf das, was er wollte, verzichten.

Bewaffnet mit dem Scheck kehrte sie ins Foyer zurück. Als sie ihre Mutter und Mr DeLuca in gedämpfter Unterhaltung vorfand, blieb sie bei der Treppe stehen. Beide schienen sie nicht bemerkt zu haben. Was um alles in der Welt erzählte ihre Mutter ihm, das ihn so fesselte? Der Mann wiegte sich auf den Absätzen und lachte. Es war ein tiefes, voll tönendes Lachen.

Als ihre Mutter und Mr DeLuca Schritte auf dem Holzfußboden hörten, wandten sie sich zu ihr um. Reese hielt den großzügigen Scheck noch fester in der Hand. Am besten brachte sie die Sache rasch hinter sich.

„Ah, da kommt meine Tochter.“ Ihre Mutter neigte sich Mr DeLuca zu, als wären sie alte Freunde. „Sie hat sicher alles für Sie geregelt. Es war nett, Sie kennenzulernen. Ich würde mich gern noch einmal mit Ihnen unterhalten.“ Die Augen ihrer Mutter blitzten, und ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Lippen.

Als sie allein waren, straffte Reese die Schultern. „Mr DeLuca, ich habe Ihre Reservierung überprüft und muss Sie um Verzeihung für die Unannehmlichkeiten bitten, die Ihnen durch uns entstanden sind. Meiner Mutter ist bei der Aufnahme Ihrer Reservierung ein Fehler unterlaufen. Sie hat übersehen, dass wir bereits Verbindlichkeiten eingegangen waren.“

Der Mann schwieg, zeigte nicht das geringste Interesse, ihr aus der peinlichen Situation herauszuhelfen. Sie streckte ihm den gesalzenen Scheck entgegen, doch er machte keinerlei Anstalten, ihn entgegenzunehmen.

„Es ist Ihre komplette Anzahlungssumme. Ich habe es überprüft.“ Als er sich immer noch nicht rührte, fügte sie hinzu: „Wir erstatten Ihnen die Vorauszahlung bis auf den letzten Cent.“

„Das will ich nicht.“

„Aber …“

„Kein ‚Aber‘ mehr. Ich bleibe.“ Er gab ihr den Scheck zurück. „Und erzählen Sie mir nicht noch einmal, Sie hätten kein Zimmer frei. Ihre Mutter sieht das anders.“

„Wie bitte?“

Er bedachte sie mit einem wissenden Lächeln. „Sie sagt, es steht noch ein Zimmer zur Verfügung. Es befindet sich in einem privaten Apartment, und ich könne es nutzen, bis eines der Gastzimmer frei wird.“

Was um alles in der Welt war in ihre Mutter gefahren? Sicher, vor der Katastrophe mit Reeses Vater war sie sehr spontan gewesen, doch seitdem hatte sie so reserviert, so still gewirkt. Jetzt wurde sie wieder in der Gastronomie aktiv, was erfreulich war, aber warum zum Kuckuck überließ sie diesem völlig Fremden das Schlafzimmer ihrer Tochter?

Reese schüttelte den Kopf in dem Versuch, die Vorstellung von diesem großen, dunklen, glattzüngigen Fremden in ihrem Bett zu vertreiben. „Das hätte sie nicht tun dürfen, nicht, ohne mich vorher zu fragen.“

Seine Stimme wurde sanfter. „Sie war anscheinend sicher, dass Sie nichts dagegen einzuwenden hätten. Schließlich ist es ja nur eine Übergangslösung bis zur Abreise der anderen Gäste.“

„Aber bis dahin vergehen noch Tage. Sie reisen erst am Montag ab.“ Und die Wohnung war so klein, dass sie sich ständig über den Weg laufen würden, Tag und … Nacht.

Sie schluckte krampfhaft. „Ich muss Sie warnen: Das Zimmer ist nichts Besonderes. Es ist eigentlich ziemlich schlicht.“

„Ist es sauber?“

Sie nickte. Erst am Morgen war die Bettwäsche gewechselt worden. „Aber es entspricht ganz bestimmt nicht Ihren gewohnten Ansprüchen, ja, nicht einmal dem üblichen Standard von The Willows. Und … und …“

„Und was?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nichts Wichtiges.“

Sie brachte das Eingeständnis, dass es sie störte, ihn in ihrer Wohnung zu haben, nicht über die Lippen. Denn so sehr sie sich auch sagte, dass es eine rein geschäftliche Angelegenheit war, empfand sie es doch als sehr persönlich, dass er zwischen ihre Laken schlüpfen und den Kopf auf ihr Kissen betten würde.

Er blickte sie neugierig an. „Wenn Sie sonst noch etwas bedrückt, sagen Sie es lieber gleich.“

„Tja, Mr DeLuca, dann haben Sie jetzt offenbar die ganze Villa für sich allein gebucht.“

Das gebräunte Gesicht des Mannes entspannte sich, und der Hauch eines Lächelns umspielte seine vollen Lippen. „Da wir jetzt Hausgenossen sind, darfst du mich Alex nennen.“

Sie war nicht so sicher, ob diese persönliche Nähe gut für ihre ausufernden Gedanken war, wollte seine Freundlichkeit jedoch nicht abweisen. „Und du kannst Reese zu mir sagen.“

2. KAPITEL

Am nächsten Morgen erwachte Alex in seiner Straßenkleidung. Er hatte doch nur ein kurzes Nickerchen machen wollen. Sein Magen knurrte. Das Abendbrot hatte er verpasst. Jetzt kamen ihm die Ereignisse des Vorabends wieder in den Sinn.

Nach einer heißen Dusche und einer dringend notwendigen Rasur packte er seinen Koffer aus. Er ging zur Kommode und öffnete eine Schublade. Er zuckte zurück, als er einen BH aus hellrosa Seide entdeckte. Was zum Kuckuck …?

Rechts daneben fand er dazu passende Slips, nicht mehr als Stofffetzen mit ein paar rosa Bändchen. Auf der Stelle erschien Reese vor seinem inneren Auge. Dieses Zimmer gehörte offenbar ihr. Und diese Wäsche ebenfalls. Er schloss die Schublade, aber es war zu spät. Seine Fantasie ging mit ihm durch.

Er war am Vorabend nicht nur unfreundlich zu ihr gewesen, er hatte sie auch noch ihres Bettes beraubt. Er stöhnte auf. Eine Entschuldigung würde vermutlich nicht ausreichen, um wieder Gnade vor ihren Augen zu finden.

Er entnahm seinem Koffer eine Jeans und einen Pullover – die Kleidungsstücke, die er sich von seinem Bruder geborgt hatte. Sie waren lässiger als seine gewohnte Garderobe, doch diese Reise verlangte nun mal ein sehr zwangloses Auftreten von ihm. Er und sein Zwilling, der Kronprinz Demetrius Castanavo, trugen nach wie vor die gleiche Größe. Das Fehlen der Kleidungsstücke würde Demetrius nicht einmal auffallen, und es wäre ihm ohnehin gleichgültig. Im Augenblick hatte er entschieden Wichtigeres im Kopf.

Als Nächstes frisierte Alex sein vorübergehend dunkel gefärbtes Haar. Man sollte ihn nicht zu bald erkennen. Sollten die Paparazzi ihre Jagd doch fortsetzen. Der eigentliche Spaß bestand ja im Aufspüren. Und sie würden eine ganze Weile brauchen, um ihn in diesem abgelegenen Hotel zu finden.

Während er das Styling Gel ins Haar knetete, dachte er über die Situation seines Bruders nach. Er hatte Verständnis für Demetrius. Die Vorstellung, die Verantwortung nicht nur für die königliche Familie, sondern für eine gesamte Nation zu tragen, war, gelinde gesagt, schon ein wenig erdrückend. Er konnte nur hoffen, dass Demetrius sich mit seiner ererbten Stellung abfand und keine weiteren Zwischenfälle verursachte – wie den potenziellen Skandal, den zu vertuschen sich alle so sehr bemühten.

Als Nächstes gab Alex Tropfen in seine Augen, um die Farbe der Kontaktlinsen aufzufrischen. Er blinzelte ein paar Mal, dann überprüfte er sein Gesicht im Spiegel. Ein Lächeln huschte über seine Lippen. Heute war er nicht mehr Prinz Alexandro. Er war schlicht und einfach Alex. Doch zunächst hatte er noch ein paar königliche Dinge zu erledigen.

Er ging ins Wohnzimmer und hörte ein Klopfen an der Tür. Ein Mann reichte ihm ein gut bestücktes Tablett, und Alex lief das Wasser im Mund zusammen. So hungrig war er schon lange nicht mehr gewesen. Er bedankte sich, ließ sich auf dem Sofa nieder und langte kräftig zu.

Er arbeitete bis in den Nachmittag hinein. Nachdem er die letzte Mail abgeschickt hatte, begab er sich nach unten. Er hatte gerade den Weg in die Küche gefunden, als Reese ihm mit einem Tritthocker entgegenkam. Eingemummelt in ihren Mantel, mit Ohrschützern aus Plüsch, blieb sie vor ihm stehen.

„Guten Tag.“ Ihre Stimme klang kühl; ihr Mund zeigte nicht die Spur eines Lächelns.

Alles wäre so viel einfacher gewesen, wenn er nicht auf ihre feinen Dessous gestoßen wäre. In diesem Moment überlegte er bereits, ob sie wohl eine entsprechende Garnitur in Blau anhatte. Ober vielleicht gefiel ihr Violett besser. Oder Gepunktet.

„Würdest du bitte zur Seite treten? Ich bin auf dem Weg nach draußen.“

Als sie zur Eingangstür ging, überkam ihn ein Gefühl des Unbehagens. Der Tritthocker hatte anscheinend schon bessere Tage gesehen. Das in Verbindung mit Glatteis und Schnee konnte problematisch werden. Vielleicht ergab sich hier eine Möglichkeit, bei Reese zu punkten. Aber mehr noch als das; irgendetwas verriet ihm, dass Reese Hilfe brauchen konnte, auch wenn sie zu starrsinnig war, es zuzugeben.

In Gedanken versunken öffnete Alex die Haustür. Daneben entdeckte er Reese. Die Tür stieß gegen den Tritthocker, auf dem sie stand, und dieser schwankte zur Seite. Reese konnte gerade noch rechtzeitig abspringen.

„Alles in Ordnung?“ Alex hastete zu ihr.

„Nichts passiert.“ Doch anscheinend freute sie sich nicht, ihn zu sehen, was er ihr nicht einmal verübeln konnte.

„Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand direkt vor der Tür steht.“

„Meine eigene Schuld, ich hätte ein bisschen weiter zur Seite rücken müssen, aber ich hatte Probleme mit der Lichterkette über der Tür.“

Er warf einen Blick auf die Kette. „Das sieht doch gut aus.“

„Schau es dir von hier aus an.“ Sie ging voran in den Garten, ohne sich am hohen Schnee zu stören.

Alex folgte ihr. Als er sich umdrehte, erkannte er, dass Reese die Eingangsveranda in eine wunderschöne Winterlandschaft verwandelt hatte. Kleine künstliche Tannenbäumchen, mit Lichtern geschmückt, standen wie Wachtposten zu beiden Seiten der Eingangstür. Eine Girlande mit blinkenden Lichtern fasste die gesamte Veranda ein und ließ sie sanft erstrahlen.

Reese legte die Stirn in Falten. „Stimmt etwas nicht?“

„Nicht, dass ich wüsste.“

Autor

Jennifer Faye
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