Bianca Weekend Band 40

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VIELLEICHT IM NÄCHSTEN JAHR von DEBBIE MACOMBER

Funken sprühen, als James die schöne Fremde in der Silvesternacht auf dem berühmten Las Vegas Boulevard entdeckt! Und ehe er es sich versieht, bahnt er sich einen Weg durch die Menge und spricht sie an. Nur ein Neujahrsflirt – oder der Beginn eines Liebestraums?

DIE GELIEBTE DES PRINZEN von JENNIE LUCAS

Grace stockt der Atem: Vor ihr steht Prinz Maxim! Warum umwirbt der adlige Milliardär sie so heiß? Warum feiert er mit ihr, einer schüchternen Sekretärin, so sinnlich Silvester, als sei sie seine Prinzessin? Zu spät erkennt Grace, was Maxim wirklich von ihr will …

EIN KUSS WIE EIN FEUERWERK von ALLISON LEIGH

Eigentlich hatte Drew die Vernunftehe mit seiner hübschen Assistentin Deanna perfekt geplant. Ein Jahr, nur dann wird ihm die Leitung der Familienfirma anvertraut! Doch als Drew zu Silvester Deanna küsst, gerät alles außer Kontrolle: Zwischen ihnen entbrennt ein Feuerwerk …


  • Erscheinungstag 20.12.2025
  • Bandnummer 40
  • ISBN / Artikelnummer 9783751531474
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Debbie Macomber, Jennie Lucas, Allison Leigh

BIANCA WEEKEND BAND 40

Debbie Macomber

PROLOG

Silvester – Las Vegas, Nevada

Man hatte James gewarnt. Ryan Kilpatrick, langjähriger Freund und Anwaltskollege, hatte ihm geraten, an diesem Abend die Innenstadt zu meiden. An die zwanzigtausend Menschen hatten sich zwischen der Fremont Street und dem Las Vegas Boulevard versammelt.

Aber James hatte nicht widerstehen können. Obgleich er vom Hotelfenster aus einen guten Blick auf die Festivitäten hatte, reizte es ihn plötzlich, sich ins Getümmel zu stürzen.

Der Lärmpegel auf der Straße war ohrenbetäubend. Alle schienen gleichzeitig zu rufen. Das Feuerwerk sollte erst in einer halben Stunde beginnen, aber James konnte sich nicht vorstellen, wo hier noch Platz für eine einzige weitere Person sein sollte.

Polizisten durchstreiften das Gebiet. Viele Zuschauer trugen fantasievolle Kopfbedeckungen und bliesen auf Papiertröten, die sich bei jedem Pfiff ausrollten.

James blieb am Rand der Menge, aber er genoss das Ganze irgendwie, trotz des Krachs und des Durcheinanders. Wäre er jünger gewesen, hätte er vielleicht aktiv mitgemacht.

Mit achtunddreißig war er noch nicht alt, aber wenn man zu einer angesehenen Anwaltskanzlei gehörte, trug man keine Narrenkappen und blies auf Tröten. Für so einen Unsinn war James zu seriös. Aber Silvester im Hotelzimmer zu verbringen war nicht gerade reizvoll.

In ungeduldiger Erwartung des Feuerwerks begannen die Zuschauer zu singen. Und schon schoss eine Leuchtrakete vom Dach des Plaza Hotels in die Luft, und der nächtliche Himmel wurde von einem explodierenden Sternenregen erleuchtet. Die Menge johlte begeistert.

Trotz seines Bemühens, am Rande zu bleiben, wurde James immer mehr in die Mitte gedrängt. Zum Glück war er nicht klaustrophobisch veranlagt, denn die Menge drückte von allen Seiten. Woanders hätte er sich gewehrt, hier aber erstickte die Festfreude jeden Unmut.

In dem Moment sah er sie.

Sie versuchte vergeblich, aus der Menge hinauszukommen. James wusste nicht, was an ihr seine Aufmerksamkeit weckte, jedenfalls blieb sein Blick an ihr haften. Überall waren fröhliche Rufe und Gelächter zu hören. Aber die junge Frau teilte die Stimmung nicht. Sie schien überall sonst sein zu wollen als ausgerechnet hier.

Sie war zierlich und kämpfte vergeblich gegen den Strom an. Wie ein Lachs, der versucht, flussaufwärts zu schwimmen. Aber alle Anstrengung schien vergeblich.

Ohne es zu wollen, wurde James in ihre Richtung geschoben, und wenig später wurde sie gegen ihn gedrängt.

„Entschuldigen Sie bitte“, sagte er höflich.

Sie lächelte zaghaft. „Das war wohl eher meine Schuld.“

Ihre Schönheit fesselte ihn. Ihr leicht gewelltes, weiches braunes Haar reichte bis zu den Schultern, und nie hatte er dunklere, seelenvollere Augen gesehen. Allerdings schien darin ein Hauch von Schmerz zu liegen.

„Alles in Ordnung?“, fragte er höflich.

Sie nickte, sah aber so blass aus, dass er dachte, sie würde gleich in Ohnmacht fallen.

„Lassen Sie mich Ihnen helfen.“ Er spielte sonst eigentlich nicht den Ritter in schimmernder Rüstung, der junge Damen aus der Not befreite. Aber diesmal konnte er nicht anders. Sie nickte nur kurz.

„Wir sollten versuchen, hier herauszukommen.“

„Genau das versuche ich seit zwanzig Minuten“, sagte sie gequält.

James wusste nicht, ob er es besser könnte, aber er wollte es versuchen. Er nahm sie bei der Hand, umrundete ein sich leidenschaftlich küssendes Paar, zog sie an Teenagern mit quäkenden Tröten vorbei und stieß immer wieder gegen im Weg stehende Leute.

Vielleicht war es seine autoritäre Art, jedenfalls schaffte James es, aus der Menge herauszukommen. Sobald sie die Fremont Street hinter sich hatten, konnten sie wieder durchatmen.

James führte die junge Frau zu einem kleinen Park, wo sie zitternd auf eine Bank sank. Über ihnen sprühte das Feuerwerk.

„Ich danke Ihnen“, flüsterte sie.

„Möchten Sie darüber sprechen?“, fragte er.

„Nein, lieber nicht.“ Plötzlich brach sie in Tränen aus, bedeckte das Gesicht mit den Händen und bewegte sich schaukelnd vor und zurück.

James war zutiefst berührt und wusste nicht recht, was er tun sollte. So legte er nur den Arm um sie und drückte sie sanft an sich. Sie fühlte sich weich und warm an.

„Ich komme mir so albern vor“, brachte sie zwischen Schluchzern heraus. „Wie konnte ich nur so dumm sein?“

„Wir sind dem gegenüber, was wir nicht sehen wollen, oft blind“, sagte er mitfühlend.

„Ja … aber ich hätte es wissen müssen. Ich hätte ahnen müssen, dass da jemand anders war. Jetzt ergibt alles Sinn … Ich war so naiv.“

„So ist das manchmal“, murmelte er.

Sie richtete sich auf, und James reichte ihr ein Taschentuch, mit dem sie sich die Tränen abwischte.

„Tut mir leid“, flüsterte sie erstickt.

„Darüber zu sprechen hilft vielleicht.“

Sie zögerte kurz. „Ich habe ihn mit einer anderen Frau gesehen“, sagte sie gepresst. „Ich sollte mit ihm nach Weihnachten nach Las Vegas kommen, konnte aber keinen Urlaub bekommen. Also schlug ich ihm vor, allein zu fahren und sich zu amüsieren. Und dann … dann konnte ich doch schon heute Nachmittag weg und wollte ihn zu Silvester überraschen. So kam ich her. Und überraschte ihn tatsächlich.“

Und bekam den Schock ihres Lebens, dachte James.

„Ich habe sie im Bett überrascht.“ Ihre Worte waren kaum hörbar. „Ich rannte davon, er lief mir nach und versuchte zu erklären. Er trifft sich mit ihr seit einiger Zeit … und hatte nicht vor, sich in sie zu verlieben. Jedenfalls behauptet er das.“ Sie lachte bitter auf und hatte gleichzeitig Schluckauf.

„Waren Sie mit ihm verlobt?“ Er hatte den Diamantring an ihrer Linken entdeckt.

Sie nickte und folgte seinem Blick. Als sähe sie den Ring zum ersten Mal, riss sie ihn vom Finger und stopfte ihn in die Handtasche. „Jason wirkte in den letzten Monaten distanzierter, aber wir waren beide sehr beschäftigt. Ich hatte den Eindruck, als wäre er nicht gerade böse, dass ich keinen Urlaub bekam. Nun weiß ich, warum.“

Vermutlich war es besser, vor der Ehe festzustellen, dass dieser Jason gern die Blicke schweifen ließ, aber James wollte keine Plattheit von sich geben.

„Es ist nur so … ich liebe ihn.“ Sie zitterte unkontrolliert. „Ich möchte ihm die Augen auskratzen, weiß aber, dass ich ihn immer lieben werde.“

„Hoffen Sie darauf, die Sache wieder ins Lot zu bringen?“

Sie fuhr hoch. „Oh, nein! Es ist vorbei. Das habe ich ihm gesagt und meine es auch. Ich könnte ihm nie wieder vertrauen. Und wissen Sie was? Ich glaube, er war froh, als ich die Verlobung löste. Er will mich gar nicht mehr, er will sie!“ Sie zog die Schultern zusammen.

„Jetzt tut es sehr weh, aber mit der Zeit wird es besser werden.“ James drückte ihre Hand.

„Nein, das wird es nicht“, flüsterte sie. „Niemals.“

Einerseits gab James ihr Recht. Ein Teil seines Herzens würde immer Christy Manning gehören. Christy Franklin, wie sie jetzt hieß.

„Es wird etwa ein Jahr dauern“, sagte James, um sie zu trösten.

„Ich werde niemals über Jason hinwegkommen.“

„Das denken Sie jetzt, weil der Schmerz so heftig ist, aber er wird vergehen. Glauben Sie mir.“

Sie sah ihn an. „Sie haben damit Erfahrung?“

Er nickte. „Vor fünf Jahren brach die Frau, die ich liebte, unsere Verlobung.“ Er lachte gequält. „Da war dieses kleine Problem … Sie verliebte sich in einen anderen und heiratete den.“

„Das ist ja schrecklich“, sagte sie empört.

„Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Ihre Eltern waren gute Freunde von meinen, und mir ist jetzt klar, dass sie Christy zu einer Verlobung mit mir gedrängt hatten. Christy mochte mich und stimmte ihren Eltern zuliebe zu. Offenbar ahnte sie nicht, wie sehr ich sie liebte.“

„Lieben Sie sie noch immer?“

James mochte nicht lügen. „Ja, aber auf eine andere Weise.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, Jason nicht mehr zu lieben.“ Sie wischte sich die Tränen von den Wangen, die im Mondlicht leicht glitzerten. „Übrigens sollte ich mich wohl vorstellen, nachdem ich an Ihrer Schulter geweint habe. Ich heiße Summer Lawton.“

„Mein Name ist James Wilkens.“

Summer senkte den Blick. „Ich wollte, ich könnte Ihnen glauben, dass ich in einem Jahr über Jason hinweg sein werde. Wissen Sie, wir sind seit fünf Jahren zusammen und waren die letzten sechs Monate verlobt. Mein ganzes Leben ist um ihn herum aufgebaut.“

Genauso war es James mit Christy gegangen.

„Wir waren kaum eine Woche getrennt“, fuhr Summer fort, „und ich fühlte mich schon so einsam, dass ich alle Anstrengungen unternahm, um nach Las Vegas zu kommen, damit wir heute Abend zusammen sein könnten.“

„Die ersten drei Monate sind die schlimmsten“, erklärte er und dachte an die Wochen nach seiner Trennung von Christy. „Beschäftigen Sie sich. Das Schlimmste ist, zu Hause zu bleiben und Trübsinn zu blasen, obgleich das genau das ist, was Sie am liebsten täten.“

„Sie verstehen mich nicht, ich liebe Jason wirklich.“

„Ich liebte Christy ebenfalls.“

„Für einen Mann ist das anders.“

„Tatsächlich? Ein Jahr“, wiederholte er. „Es wird ein Jahr dauern, dann haben Sie den Schmerz verarbeitet.“

Sie sah ihn zweifelnd an.

„Sie glauben mir nicht?“

„Nein, bei mir ist das anders. Sehen Sie, ich bin nicht der Typ, der sich leicht verliebt. Ich gab Jason alles, was ich zu geben habe. Und nun ist nichts mehr übrig, wofür es sich zu leben lohnt.“

„Wollen wir meine These überprüfen?“

„Und wie?“

„Wir treffen uns hier nächstes Jahr wieder, genau zu Silvester.“

„Hier? In diesem Park?“

„Richtig. Genau hier.“

„Zur selben Zeit, am selben Ort, im nächsten Jahr?“

„Zur selben Zeit, am selben Ort, im nächsten Jahr“, wiederholte er.

1. KAPITEL

Auf dem Weg zu ihrer Wohnung blätterte Summer eilig die Post durch. Der Brief von James war da, so wie er seit elf Monaten immer um den Ersten herum kam.

Er hatte keine Ahnung, wie sehr sie sich immer schon darauf freute. Der erste Brief kam kurz nachdem sie sich an diesem fatalen Silvesterabend kennen gelernt hatten und enthielt eigentlich nur eine höfliche Frage nach ihrem Befinden. Summer hatte nicht geantwortet, weil es ihr peinlich war, wie sie ihr Herz vor diesem Fremden geöffnet hatte.

Der zweite Brief war Anfang Februar gekommen. James hatte beschrieben, wie der erste Monat nach seiner Trennung von Christy gewesen war, wie der Schmerz sich noch verstärkt hatte, als er bereits dachte, er lasse nach. Seine Ehrlichkeit hatte Summer sehr berührt. Und wie sehr seine eigenen Ängste ihre widerspiegelten, war ihr fast unheimlich. Danach schrieb sie kurz zurück.

So hatte alles angefangen. James schrieb Anfang jeden Monats, und sie antwortete. Allmählich wurden die Briefe ausführlicher.

Seit sie James kennen gelernt hatte, war das Bedürfnis, ihn anzurufen, nur einmal aufgetaucht … am Tag, als Jason heiratete. Nicht die Frau, mit er damals in Las Vegas gewesen war, sondern eine, die er erst vor Kurzem getroffen hatte. Summer hatte sich schrecklich gefühlt und sich mit Videofilmen und einer Riesenportion Eiscreme in ihrer Wohnung verkrochen.

Sie riss James’ Brief auf und begann noch auf der Treppe zu lesen.

„Der Brief ist von deinem Juristenfreund, nicht?“, fragte Julie, ihre Mitbewohnerin, die in Shorts und Trägertop, barfuß und an einer Karotte kauend durch die Wohnung schlenderte.

Summer nickte und setzte sich in den Schaukelstuhl. „Er erinnert mich an unsere Abmachung“, erklärte sie und freute sich, dass er das nicht vergessen hatte.

„Eure Abmachung?“

„Ja … ihn zu Silvester in Las Vegas zu treffen.“

„Fliegst du hin?“

Das hatte Summer bislang nie in Frage gestellt. Vielleicht hätte sie das tun sollen? Schließlich war James eigentlich ein Fremder. Aber sie mochte ihn und fand ihn so sympathisch wie einen Lieblingsonkel.

„Wie ist er denn so?“, fragte Julie, die sich ihr gegenüber setzte. Die beiden kannten sich bereits von der Highschool, und Summer war für die unerschütterliche Freundschaft im vergangenen Jahr besonders dankbar gewesen.

„Er ist schon älter“, sagte Summer, „mindestens vierzig. Und ziemlich konservativ. Recht groß und durchtrainiert.“

„Sieht er gut aus?“

„Ehrlich gesagt, ich erinnere mich nicht.“

„Was?“, staunte Julie. „Ich weiß, dass du aufgeregt und all das warst, aber so etwas bemerkt man doch.“

„Er hat braune Haare – an den Schläfen leicht grau – und braune Augen. Ich glaube, er sieht eher vornehm als gut aus.“

„So wie du seine Briefe verschlingst, muss da doch etwas Romantisches laufen.“

Summer mochte James, aber nicht im romantischen Sinn. Er hatte ihr geholfen, die schlimmste Nacht ihres Lebens zu überstehen, und sie getröstet. „Wir haben eine Menge gemeinsam“, erklärte sie.

„Ich glaube, da ist mehr“, sagte Julie nachdenklich. „Du scheinst dich in ihn verliebt zu haben.“

Liebe? Nein, die hatte sie am letzten Silvester für alle Zeiten abgehakt. Vielleicht war es lächerlich, das zu glauben, aber ihre Gefühle hatten sich in den letzten Monaten nicht geändert.

James hatte es nie ausgesprochen, aber sie war sicher, dass es ihm nach Christy genauso ging. Bei ihm war es sechs Jahre her, und soweit Summer wusste, gab es seitdem niemand Bedeutenden in seinem Leben. Genauso wenig wie in ihrem.

Das hieß nicht, dass sie sich nie wieder mit einem Mann treffen wollte. Sie hatte sich sogar gleich danach wieder in die Szene gewagt – schon um James davon berichten zu können. Er hatte ihr Bemühen gelobt und von seinen eigenen Erfahrungen erzählt. Und das auf eine Art, die sie zum ersten Mal seit Monaten zum Lachen gebracht hatte.

„Wenn du James Silvester wieder triffst, wird sich alles ändern“, prophezeite Julie mit einem wissenden Lächeln.

„Wieso?“

„Du wirst ihn nicht mehr als den vornehmen älteren Mann mit dem warmen Herzen sehen“, antwortete Julie. „Vielleicht entdeckst du sogar, dass er weit mehr ist, als du erwartet hast.“

„Ich sagte dir doch, er muss an die Vierzig sein.“

„Na und?“

„Na ja … ich weiß nicht. Ich sehe ihn vor mir, wie er am Kaminfeuer sitzt, Pfeife raucht und sein treuer Hund ihm zu Füßen liegt.“

„Ein irischer Setter.“

„Bestimmt!“ Summer lachte. James war wunderbar, aber sie konnte sich nicht vorstellen, sich in ihn zu verlieben. Und als distinguierter Anwalt würde er nicht an einer Musical-Darstellerin interessiert sein. Im Showbusiness zu sein war nicht leicht, aber Summer liebte gerade die Anforderungen und das Aufregende daran.

„Vielleicht erlebst du ja eine Überraschung“, sagte Julie.

Summer musste zugeben, dass sie vor dem Treffen mit James nervös war. Sie erreichte den kleinen Park in Las Vegas eine Viertelstunde zu früh und wunderte sich, dass James bereits da war. Er saß auf derselben Bank, auf der sie vor einem Jahr gesessen hatten. Nun sah sie ihn mit neuen Augen.

Das Erste, was ihr auffiel, war, dass Julie recht hatte. Er war ganz anders, als sie ihn in Erinnerung hatte. Vornehm und gepflegt, das ja, aber gleichzeitig umwerfend gut aussehend. Nicht im herkömmlichen Sinn, sondern attraktiv auf eine Art, die Summer besonders ansprach.

Als er sie erblickte, erhob er sich. „Summer?“ Er schien ebenfalls überrascht zu sein.

„Hallo, James. Ich bin zu früh.“ Ihr war es peinlich, dass sie ihn so angestarrt hatte. „Ich bin immer zu früh. Ein Familienmerkmal.“

„Ich auch“, gestand er.

Summer hatte sich seit Wochen auf diesen Abend gefreut. Es gab so viel zu erzählen! Doch im Augenblick fiel ihr nichts Gescheites ein. „Auf den Straßen ist die Hölle los, und ich wollte nicht riskieren, zu spät zu kommen“, sagte sie, nur um irgendetwas zu sagen.

„Mir ging das genauso. Ich hoffe, es ist dir recht, dass ich einen Tisch in einem Restaurant reserviert habe.“ Sie hatten sich in ihren Briefen darauf geeinigt, sich zu duzen.

„Das ist mir recht.“ Sie setzte sich neben ihn.

„Nun …“ Auch er schien nicht recht zu wissen, wie er anfangen sollte. „Und wie geht es dir?“

Summer lachte. „Viel besser als im vergangenen Jahr um diese Zeit. Ich habe dir ja erzählt, dass Jason geheiratet hat, nicht wahr?“

„Ja, das hast du geschrieben.“

Summer war ein bisschen verlegen. Sie schuldete James mehr, als sie zurückgeben konnte. „Deine Briefe waren wie ein Geschenk vom Himmel“, sagte sie. „Besonders in den ersten Monaten. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.“

„Du hättest es genauso gut geschafft“, erwiderte er, als zweifelte er keinen Moment daran, dass sie sich von Jasons Verrat so oder so erholt hätte.

„Ich schulde dir so viel“, sagte sie. „An jedem Ersten des Monats bin ich zum Briefkasten gerast, weil ich wusste, dass dann Post von dir da war. Deine Briefe haben mir mehr geholfen, als du dir vielleicht vorstellen kannst.“

„Deine haben mir auch gefallen.“ Das beginnende Feuerwerk unterbrach ihr Gespräch für eine kurze Weile. „Möchtest du es dir nicht anschauen?“

Summer schüttelte den Kopf. „Liegt dir daran?“

Er lächelte. „Ehrlich gesagt, nein. Diese Menschenmassen im letzten Jahr waren ein bisschen viel.“

„Ich bin froh, dass du damals da warst. Du warst wie ein Schutzengel, den der Himmel mir zu Hilfe schickte.“

„Du hast mir auch geholfen.“

„Ich? Wieso?“

„Als ich deinen frischen Schmerz wahrnahm, wurde mir bewusst, wie weit ich Christys Verlust bereits überwunden hatte.“

„War es nicht schrecklich für dich zu erfahren, dass sie jemand anderen geheiratet hatte?“ Von der bevorstehenden Hochzeit von Jason zu hören war für sie am schlimmsten gewesen. Unter dem Vorwand, nett zu sein, hatten Menschen, die sie für ihre Freunde gehalten hatte, ihr mit Wonne alle Details der Hochzeit unterbreitet und alles, was sie über die Braut wussten. Und jede Kleinigkeit war wie ein Dolchstoß gewesen.

„Doch.“

James redet nicht um den Brei herum, dachte Summer. „Du warst sicher außer dir vor Zorn, nicht wahr?“ Wie jemand einen so netten Mann wie James derart behandeln konnte, war ihr unverständlich.

„Zuerst noch nicht, das kam erst später. Ich begann, Squash zu spielen, das half, die Aggressionen abzubauen. Aber für dich war es sicher auch schlimm, zu erfahren, dass Jason heiratete, nicht?“

Summer nickte. „Es kam mir so unfair vor, dass er glücklich war, während ich mich so verletzt fühlte. Wenn ich ihn hätte hassen können, wäre das der Moment gewesen.“

„Und jetzt?“

„Jetzt?“ Sie überlegte. „Ich hasse Jason nicht, aber ich liebe ihn auch nicht mehr so wie vor einem Jahr. Er war ein wichtiger Teil meines Lebens, und es kam mir leer vor ohne ihn.“

„Kommt es dir noch immer leer vor?“

„Kein bisschen! Ich bin zufrieden, James. Das hätte ich mir damals nicht vorstellen können.“

„Ich hatte also recht, es hat ein Jahr gedauert.“

Sie lachte. „Ja. Ich habe Jason überwunden und freue mich, dass wir heute Abend zusammen sind.“

„Für mich gibt es niemanden, mit dem ich Silvester lieber verbringen würde als mit dir.“ Er schaute auf die Uhr und stand auf. „Ich hoffe, du hast noch nichts gegessen.“

„Nein. Ich bin erst vor einer guten Stunde angekommen und sterbe vor Hunger.“ Sie war viel zu nervös gewesen, um Appetit zu haben.

James führte sie ins Four Queens Hotel und bahnte ihr einen Weg durch die Gäste, die um die Spieltische und die Slotmachines versammelt waren. Er hatte sie bei der Hand genommen, und Summer empfand die Berührung als sehr angenehm.

In Hugo’s Cellar, dem Restaurant im Kellergewölbe, wurden sie nach kurzem Warten an ihren Tisch geführt. Und es dauerte nicht lange, dass man ihnen die Speisekarte vorlegte. Warmes Kerzenlicht ließ den Raum festlich wirken. Der Lärm von draußen war hier nur gedämpft vernehmbar.

Sie aßen genussvoll, teilten sich eine Flasche Weißwein und ein kalorienreiches Dessert. Es wunderte Summer, dass sie sich so viel zu erzählen hatten. James fragte sie nach ihrem Job in Disneyland und schien sehr an ihrem Versuch, eine Schauspielkarriere aufzubauen, interessiert zu sein.

Als sie erfuhr, dass er erst vor Kurzem zum Richter für das oberste Gericht des Staates Washington gewählt worden war, bestand sie darauf, Champagner zum Feiern zu bestellen. „Das hättest du mir früher erzählen sollen“, rügte sie ihn.

„Das Amt ist nur für eine gewisse Zeit“, erklärte er. Es schien ihm unangenehm, Mittelpunkt des Gesprächs zu sein. „Ich bin gewählt worden, um Richter Killmars vertragliche Amtszeit zu durchlaufen, der aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand ging.“

Summer vermutete, dass James ihr das nicht erzählt hätte, wenn sie nicht nach seinen Träumen und Hoffnungen gefragt hätte.

„Hast du vor, dich später für diese Position zu bewerben?“

„Ja“, gab er zögernd zu. „Aber die Vorwahlen sind erst im September und die Endwahl im November. Da gibt es keine Garantie.“

„Du wirst gewinnen“, sagte Summer überzeugt. „Sieh mich nicht so an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer gegen dich stimmt.“

„Du tust meinem Selbstbewusstsein gut.“ Und mit leiser Stimme fügte er hinzu: „Fast zu gut.“

Kurz vor Mitternacht waren sie mit dem Essen fertig. Das neue Jahr stand kurz bevor. Es schien Summer fast unmöglich, dass der Abend mit James bereits zu Ende war. Sie bedauerte es.

Nachdem das Feuerwerk vorüber war, hatten sich die Straßen beträchtlich geleert. James und Summer standen gerade auf dem Fußweg unmittelbar vor dem Golden Nugget, als aus dem Kasino ein Jubelschrei ertönte.

„Es muss Mitternacht sein“, bemerkte James. „Frohes neues Jahr, Summer.“

„Frohes neues Jahr, James.“

Sie standen voreinander, und dann, als hätten sie den ganzen Abend darauf gewartet, näherten sie sich einander. Summer bemerkte, wie James’ Augen ganz dunkel wurden, ehe sie ihre Augen schloss. Sie wollte dies. Brauchte es.

Sie seufzte, als seine Lippen ihren Mund umschlossen.

2. KAPITEL

So unerfahren war Summer nicht, aber nach James’ Kuss war sie atemlos und musste sich an ihm festhalten. Das hatte sie nicht erwartet! Sie hatte eher an einen festen, aber kurzen Kuss gedacht und dass sie beide freundlich lachen und sich dann alles Gute wünschen würden.

Aber so war es ganz und gar nicht.

In dem Moment, als seine Lippen ihren Mund berührten, wurde ihr ganz flau zumute, und das erotische Spiel ihrer Zungen brachte Summer zum Zittern.

Der Schock über ihre Reaktion machte sie einen Moment bewegungslos. Sie hielt auch weiterhin an James fest, und im Wunsch, er möge sie wieder und wieder küssen, schmiegte sie sich sehnsüchtig an ihn.

Aber James ließ sie vorsichtig los. Summer ließ die Arme hängen und schaute ihn mit vor Verlegenheit gerötetem Gesicht an. Normalerweise reagierte sie nicht so auf einen Mann …

„Glückliches neues Jahr“, wiederholte James.

„Glückliches neues Jahr“, flüsterte sie.

James nahm ihre Hand, dann gingen sie los, ohne an ein Ziel zu denken. Summer war ganz durcheinander. Ob er wohl so ähnlich fühlte? Er wirkte ganz in sich gekehrt.

„Ich glaube, ich möchte es für heute genug sein lassen“, sagte er plötzlich und schaute auf die Uhr. Vermutlich war es ein Jahr her, seit er das letzte Mal bis nach Mitternacht aufgeblieben war. Er war so seriös und ordentlich! Dabei hatte der Abend ihm offensichtlich gefallen. Sie hatten geplaudert und gelacht … sie zumindest. Und James hatte gelächelt, was er nicht oft zu tun schien. Summer hatte sich dann jedes Mal wie beschenkt gefühlt …

Nun hatte sie alles ruiniert. Was James von ihr denken mochte! Worte der Entschuldigung kamen ihr in den Sinn, aber sie brachte sie nicht über die Lippen, ganz einfach, weil sie den Kuss nicht bereute. Sie hatte ihn genossen und hoffte, dass es James genauso gegangen war.

„Ich glaube, für mich auch“, sagte Summer. Sie wartete, hoffte vergeblich, er würde ein Treffen für den nächsten Tag vorschlagen. Und als sie das Four Queens erreichten, war sie ganz unglücklich.

„James“, sagte sie, als sie die Lobby durchquerten, sie musste sich jetzt entschuldigen, sonst würde sie es ewig bereuen. „Es tut mir leid. Ich … ich weiß nicht, was über mich kam. So verhalte ich mich sonst nicht … Ich kann mir vorstellen, was du über mich denkst, und …“

„Du?“ Er blieb vor dem Fahrstuhl stehen. „Ich fragte mich schon, was du über mich denkst, und kann nur auf Nachsicht hoffen.“

Auch im Fahrstuhl bat James sie nicht um ein erneutes Treffen. Summer wurde das Herz immer schwerer. Offenbar wollte er sie nicht wieder sehen. Sie verstand das. Ein hochgestellter Richter würde sich nicht mit einer Schauspielerin einlassen.

„Gute Nacht“, sagte sie fröhlich, als sie angekommen waren.

„Gute Nacht, Summer“, sagte er weich.

Würde er sie jetzt fragen? Nein. Entmutigt ging Summer in ihr Zimmer, setzte sich sogleich auf die Bettkante, um ihre Gedanken zu ordnen.

Als sie vor ein paar Tagen um eine Woche Urlaub bat, hatte sie nicht im Sinn gehabt, jede Minute mit James zu verbringen. Und auch er hatte es vermutlich genauso wenig vorgehabt. Sie schlüpfte aus den Schuhen. Wäre es nicht so spät, hätte sie Julie angerufen und ihr erzählt, dass sie recht gehabt habe. Ein Abend mit James hatte genügt, um ihn in einem völlig anderen Licht zu sehen. Der Kuss hatte sie davon überzeugt, dass er mehr als nur ein Freund war. Von James hing nun ab, was aus ihrer Beziehung werden würde.

Als das Telefon klingelte, hob sie sofort ab.

„Tut mir leid, dich zu stören.“

Sie seufzte erleichtert auf. „Hallo, James.“

„Ich habe einen Mietwagen. Hättest du Lust, morgen Früh mit mir zum Hoover Damm zu fahren?“

„Hör mal, ich habe zwar ein paar Tage Urlaub, erwarte aber nicht, dass du mir die ganze Zeit Gesellschaft leistest. Darum musst du dir keine Gedanken machen. Ich kann mich gut allein beschäftigen.“

„Ich verstehe.“

„Aber wenn du meine Gesellschaft willst, gut. Wenn nicht, kann ich das auch akzeptieren.“

Am anderen Ende der Leitung war es still.

„James, bist du noch da?“

„Ja. Bist du immer so direkt?“, fragte er nach einer Weile.

„Nein. Aber ich möchte, dass es keinerlei Missverständnisse zwischen uns gibt. Ich schätze deine Freundschaft und möchte nicht, dass sie durch Kleinigkeiten zerstört wird.“

„Das möchte ich auch nicht.“ Eine kleine Pause. „Verzeih mir, dass ich so schwer von Begriff bin, aber kommst du nun mit zum Hoover Damm oder nicht?“

Obgleich sie sich sehr über diese Einladung freute, fragte Summer doch noch vorsichtshalber: „Möchtest du wirklich, dass ich mitkomme?“

„Anwälte tun das dauernd.“ Er lachte.

„Was?“

„Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten. Ja, Summer, ich würde mich sehr freuen, wenn du mitkämest.“

„Gut. Wann geht es los?“

Sie verabredeten sich für den nächsten Tag in der Lobby.

James fand sich mit achtunddreißig nicht besonders alt, zumal er damit der jüngste Richter des Superior Court war. Aber in Summers Gegenwart fühlte er sich geradezu uralt.

Ihr Name, der übersetzt „Sommer“ hieß, passte wunderbar zu ihr. Mit ihr zusammen zu sein war, als schlenderte man mitten im August, wenn die Luft nach Sommerblüten duftete, an einem herrlichen See entlang. Zeit mit ihr zu verbringen war, als könnte man einen Mondstrahl einfangen und wie durch Zauber in der Hand festhalten.

James konnte sich kaum erinnern, jemals öfter gelacht zu haben als bei ihrem gemeinsamen Abendessen. Die Begeisterung, die sie beim Erzählen von ihrer Arbeit verströmt hatte, wirkte wie die Bläschen in einem Champagnerglas. Er hätte ihr ewig zuhören mögen.

Zu seiner Überraschung hatte auch er ihr einiges von seiner Arbeit am Gericht erzählt und von der bevorstehenden Wahl, die für seine Karriere maßgeblich war.

Sein Leben war völlig anders als ihres. Summer arbeitete in der fröhlichen Welt der Fantasie, er dagegen kämpfte mit der oft grausamen, ungerechten Wirklichkeit.

Natürlich sprach er nicht über die Fälle, die er bearbeitete, aber schon über seine neue Stellung zu reden hatte seine Stimmung gehoben. Es tat gut, die Gedanken mit ihr zu teilen, und sie gab ihm das Gefühl, dass das, was er ihr erzählte, für sie wertvoll und wichtig war.

Und dann der Kuss. Was für ein erotisches Erlebnis! James hätte nicht erklären können, was da mit ihm passierte, als sie in seinen Armen landete. Sobald es begonnen hatte, war an ein Zurück nicht mehr zu denken gewesen.

Er hatte befürchtet, dass seine Reaktion Summer schockiert habe, aber das war offenbar nicht der Fall gewesen. Sie hatte sich dafür bei ihm entschuldigt, was James geradezu sprachlos machte. Sie hatte wohl angenommen, sie habe etwas Falsches getan. Die Wahrheit war, dass er sein eigenes Verhalten für fragwürdig gehalten hatte.

Er wartete in der Lobby auf Summer, musste unbedingt mit ihr reden. Natürlich erwartete er nicht, dass sie die ganze Zeit mit ihm verbringen würde. Sie war jung und hübsch und wollte sicher nicht die wenigen Urlaubstage mit einem Spießer wie ihm verbringen.

Nachdem er sich von ihr verabschiedet hatte, war er mit sich zufrieden gewesen, dass er die Fahrt zum Hoover Damm nicht erwähnt hatte. Zehn Minuten später hatte er sie angerufen und gefragt, ob sie nicht mitkommen wolle.

Er musste lächeln. Die Vorstellung, zu ihren Freunden zu gehören, gefiel ihm. Küssen würde er sie nicht noch einmal, das stand fest. Damit riskierte er nur, die neu geknüpften Bande wieder zu zerstören.

Als Summer aus dem Fahrstuhl trat, richteten sich alle Blicke auf sie. Sie sah umwerfend aus. Nicht wegen der honigfarbenen Hose und dem dazu passenden Pullover, sondern vor allem, weil sie so strahlte.

Als sie ihn entdeckte, kam James sich vor wie ein Ritter, dem die Ehre seiner Königin zuteilwurde.

„Hast du schon gefrühstückt?“, fragte er.

„Ja, vor Stunden.“

„Gut, dann können wir ja losfahren.“ Er durfte sie nur nicht weiter so anstarren wie den Hope-Diamanten, den er vor Jahren einmal in Smithsonian Institute in Washington zu Gesicht bekommen hatte. Summer erschien ihm wie ein rares Juwel. Er würde sich Mühe geben müssen, sich in ihrer Gegenwart nicht lächerlich zu machen.

Der Hotelpage kam mit dem Mietwagen. Er öffnete ihnen die Tür und half Summer beim Einsteigen.

James studierte sorgsam die Landkarte, um den richtigen Freeway zu finden. Dann fuhren sie aus Las Vegas hinaus.

„Denkst du noch gelegentlich an sie?“, fragte Summer.

James hatte keine Ahnung, von wem sie sprach. „An wen?“

Sie lachte weich. „Die Antwort genügt. An Christy. So hieß sie doch wohl.“

„Ah, ja, Christy.“ James dachte nach. „Doch, gelegentlich. Wenn ich mich einmal einsam fühle oder ein hübsches Mädchen mit Pferdeschwanz sehe. Oder wenn ich an Zeiten denke, in denen ich mich gefragt habe, wie unsere gemeinsamen Kinder wohl ausgesehen hätten.“

„Wie lange ist das nun her?“

„Sechs Jahre.“

„Sechs Jahre“, wiederholte sie und sah aus dem Seitenfenster.

„Und du? Denkst du noch an Jason?“

Summer zuckte mit den Schultern. „Manchmal. Aber bei mir ist es anders.“

„Wieso?“

„Du hast mir von Christy erzählt, dass sie nach Montana ging, um ihrer Schwester zu helfen, und dort dann jemanden kennen lernte.“

„Sie hätte die Verlobung gleich gelöst, aber über das Telefon kam ihr das herzlos vor.“

Selbst jetzt verteidigte er sie noch. Das gefiel Summer irgendwie.

„Als sie zurückkam, hatte ihre Mutter eine riesige Verlobungsparty arrangiert, und ich war mit einem schwierigen Fall beschäftigt. Ich habe es Christy nicht übel genommen, dass sie mir nicht gleich von Cody erzählte. Dafür gab es Gründe.“

„Ich finde das ziemlich gemein von ihr.“

„Du bist noch böse auf Jason, stimmt’s?“ Darum ging es wohl, dachte James. Irgendetwas musste vor Kurzem geschehen sein, das ihr erneut zugesetzt hatte.

„Kurz bevor ich wegfuhr“, antwortete sie mit dünner Stimme, „rief mich eine Freundin an, um mir zu erzählen, dass Jason und seine Frau ein Baby erwarten.“

„Eine Freundin?“, hakte James nach. Schöne Freundin, dachte er, die sich daran ergötzt, schlimme Nachrichten zu melden.

„Im nächsten Monat werde ich achtundzwanzig“, gestand Summer.

„So wie du das sagst, muss man wohl schließen, dass du demnächst in Rente gehst.“

Summer lächelte. „Ich klinge wohl albern.“

„Nein, verletzt. Und das ist nur natürlich. Aber auch dieser Schmerz wird nach einiger Zeit verblassen. Besonders wenn du jemand anderen kennen lernst und eine neue Beziehung eingehst.“

„Du hast das doch auch nicht getan.“

James widersprach nicht. „Das liegt nicht daran, weil ich etwa geschworen hätte, Christy für den Rest meines Lebens treu zu bleiben. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wieso ich mich nie wieder gebunden habe. Es sprach nichts dagegen.“

„Hast du Verabredungen?“

„Gelegentlich.“ Vor Kurzem hatten zwei Frauen ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie gegen eine Beziehung mit ihm nichts einzuwenden hätten. Es schmeichelte ihm, und gelegentlich ging er gern aus. Aber für keine der Frauen hatte er wirkliche Begeisterung aufbringen können.

„Und was ist mit dir?“ Wie dumm, das zu fragen. Die Antwort lag auf der Hand. Bei Summer standen die Männer Schlange.

„Ich treffe mich selten mit jemandem“, antwortete Summer überraschenderweise. „Kurz nach der Trennung bin ich jeden Abend mit einem anderen ausgegangen. Aber nach einem Monat hatte ich genug davon, allen vorzumachen, wie gut es mir ginge und wie sehr ich mich angeblich amüsierte.“

„Und jetzt?“

„Ich war den ganzen Monat über brav zu Hause. Im Dezember hat man genug mit Weihnachten und Familienverpflichtungen zu tun. Im November … Ach ja, da war ich bei einer Dinnerparty mit Steve, einem von unserer Truppe. Aber es war nur ein freundschaftliches Treffen, mehr um ihm einen Gefallen zu tun.“

Albern wie es sein mochte, aber James war sehr irritiert, dass sie ihr gemeinsames Essen vom Vorabend nicht als Rendezvous einstufte. Für ihn war das der absolute Höhepunkt des vergangenen Jahres gewesen.

„Meine Eltern wollen, dass ich endlich heirate“, murmelte Summer. „Sie haben es zu Weihnachten mehrfach angedeutet.“

Das war auch James vertraut. „Mein Vater drängt mich seit Jahren zu heiraten. Ihm geht es vor allem um Enkelkinder.“

„Ich werde niemals heiraten.“

„So denke ich auch.“

Sie schauten sich kurz an und dann gleich wieder weg, als hätten sie etwas gesagt, das den anderen in Verlegenheit bringen könnte. Beide schwiegen.

Als sie den Randbezirk von Boulder City erreichten, erzählte James, dass das die einzige Stadt in Nevada sei, in der Glücksspiel verboten war. „Die Stadt wurde für die Dammarbeiter gegründet. Und vermutlich hatte man Angst, dass die Arbeiter ihr schwer verdientes Geld an den Spieltischen verplempern würden und ihre Familien nichts davon zu sehen bekämen.“

Die nächsten zwei Stunden vergingen damit, dass sie erst zum und dann über den Hoover Damm fuhren. Sie hielten nicht an. Da es windig war, fürchtete James, dass es Summer in ihrem luftigen Pullover zu kalt werden würde.

Auf dem Rückweg hielten sie aber kurz an, um Fotos zu machen. James fotografierte Summer weit öfter als den Damm. Sie war ganz natürlich vor der Kamera, und er freute sich darüber, dass er eine sichtbare Erinnerung an die Stunden mit ihr haben würde.

James bat einen Touristen, sie beide zusammen zu fotografieren. Dabei legte er den Arm um Summers Schultern und lächelte in die Kamera.

„Bekomme ich auch einen Abzug?“, fragte sie zu seiner Überraschung. Sie rieb sich die Hände, um wieder warm zu werden.

„Natürlich.“

Im Wagen stellte er die Heizung an. Er bemerkte, dass Summer die Augen zufielen, und beim sanften Klang eines klassischen Radiokonzertes schlief sie tatsächlich ein.

Sie wachte auf, als sie den Freeway nach Las Vegas erreichten. Erschrocken blickte sie sich um. „Ich bin ja eine anregende Gesellschaft“, murmelte sie verlegen.

„Ich bin an Stille gewöhnt. Mach dir keine Gedanken.“

„James“, sagte sie, „was hältst du eigentlich von Frauen, die Männer um ein Rendezvous bitten?“

„Keine Ahnung. Das ist mir noch nie passiert.“

„Wirken sie auf dich aufdringlich?“

„Nicht unbedingt. Soviel ich weiß, ist das heute durchaus üblich. Die Zeiten haben sich geändert.“

Summers Augen funkelten. „Ich freue mich, dass du das sagst, denn ich habe heute Morgen zwei Karten für eine Zaubershow gekauft. Es wäre schön, wenn du mit mir dahin gingest.“

„Eine Zaubershow“, wiederholte er. In Wahrheit war er mehr als erfreut, denn er hatte bereits nach einem Vorwand gesucht, um Summer wieder zu sehen.

„Es ist die Spätvorstellung um dreiundzwanzig Uhr. Du kommst doch mit, oder?“

„Ich bin hocherfreut.“

Obgleich sie den ganzen Tag miteinander verbracht hatten, zählte Summer bereits die Stunden bis zur Show. Sie zog sich gerade an, als das Telefon klingelte.

„Hallo“, sagte sie erfreut in dem Glauben, es könne nur James sein.

„Ich bin’s, Julie.“

„Ach, du.“ Summer hatte schon mehrfach geplant, ihre Freundin anzurufen, aber immer war etwas dazwischengekommen.

„Du klingst überrascht, von mir zu hören.“

„Bin ich auch.“

„Erzähl, wie läuft es mit dir und dem vornehmen Anwalt?“

Summer setzte sich auf die Bettkante. „Sehr gut. Stell dir vor, er arbeitet für den Superior Court.“

„Das ist ja toll. Und? Versteht ihr euch?“, hakte Julie nach. „Siehst du ihn immer noch als konservativen Spießer?“

„Kein bisschen. Der Schein trügt.“

„Also, erzähl doch, wie es so ist.“

Summer wusste nicht, wo sie anfangen sollte, und platzte dann gleich mit dem Wichtigsten heraus: „Er hat mich geküsst, und Julie, es war unglaublich. In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so etwas Sinnliches gefühlt.“

„Es knistert also zwischen euch beiden?“

„Das ist milde ausgedrückt!“

„Ist ja toll!“

„Heute Morgen sind wir zum Hoover Damm gefahren, und heute Abend gehen wir in eine Zaubershow.“

„Hört sich viel versprechend an.“

„Ja, und James hat mich eingeladen, morgen mit ihm zum Red Rock Canyon zu fahren und die Wildesel zu füttern.“

„Und? Fährst du mit?“

„Na klar.“ Nie wäre ihr eingefallen, abzusagen. „Julie …“

„Ja?“

„Würdest du mich auslachen, wenn ich dir sagte, dass ich dabei bin, mich in diesen Mann zu verlieben?“

„Nein. Das habe ich kommen sehen. Du hast seine Briefe verschlungen, als wären sie im Heiligen Land geschrieben, und dauernd von James gesprochen. Er muss etwas Besonderes sein.“

Summer wurde ganz flau im Magen, als sie das überdachte. „Er ist ein hoch angesehener Richter, Julie, und ich bin Schauspielerin. Wir sind zu verschieden. Hier in Vegas läuft es gut, aber sobald wir uns trennen, wird alles so sein wie vorher.“

„Und das bedauerst du.“

„Ja“, gab Summer nach einigem Zögern zu.

„Dann musst du dich genau fragen, was du eigentlich willst“, erwiderte Julie.

Die Worte ihrer Freundin gingen Summer während der ganzen Show nicht aus dem Kopf. Sie saß neben James und war sich seiner stärker bewusst als des Künstlers auf der Bühne. Magie lag in der Luft. Es funkelte und sirrte und vibrierte. Aber das hatte nichts mit dem zu tun, was auf der Bühne geschah.

Nach der Show ging James mit ihr zu seinem Mietwagen auf dem Parkplatz des Casinos und half ihr beim Einsteigen.

„Du warst die ganze Zeit ziemlich still“, bemerkte er, nachdem auch er eingestiegen war.

„Ich habe heute Abend mit meiner Mitbewohnerin gesprochen“, gab sie als Erklärung.

„Hat es etwas mit Jason zu tun?“

„Nein.“ Als James den Motor starten wollte, legte sie ihm die Hand auf den Arm, um ihn daran zu hindern. „James, ich weiß, das ist eine ungewöhnliche Bitte, aber … würdest du mich noch einmal küssen?“

Er schluckte sichtbar. „Ich glaube, das ist keine gute Idee.“

„Wieso nicht?“

„In Anbetracht dessen, was beim ersten Mal passiert ist, scheint mir das ein ziemliches Risiko zu sein.“

„Ich verstehe“, flüsterte sie enttäuscht.

„Summer, hör zu, du bist sehr schön, und ich habe dich wirklich gern, aber wir beide passen nicht zusammen.“

„Wenn du nach einer Entschuldigung suchst, James Wilkens, musst du dir etwas Besseres einfallen lassen.“ Sie verstand seine Zurückhaltung nicht ganz. „Vergiss, dass ich dich gebeten habe. Es war dumm.“

„Das meine ich auch.“ Er stellte den Motor an.

„Wahrscheinlich behauptest du auch gleich noch, dass du nichts empfunden hast. Aber wir wissen beide, dass das eine glatte Lüge wäre.“

James atmete hörbar aus. „Das habe ich nicht behauptet.“

„Dann hast du also Angst?“

James’ Hände krampften sich so um das Lenkrad, dass die Knöchel weiß hervortraten. „Ich bin vorsichtig.“

„Natürlich.“

Es überraschte Summer, wie sehr seine Ablehnung sie schmerzte. James hielt sie offenbar für unreif und naiv. Und für aufdringlich. Sie war vermutlich die erste Frau, die ihn um ein Treffen gebeten hatte, und zweifellos die erste, die ihn um einen Kuss bat. Ihr wurde ganz heiß vor Scham. Je schneller sie wieder im Hotel waren, desto besser.

Der Motor lief, aber sie fuhren nicht. James hatte am Straßenrand angehalten.

„Ich sollte das klarstellen“, murmelte James und stellte den Motor ab. „Es fällt mir sehr schwer, die Hände von dir zu lassen. Und dass du mich um einen Kuss gebeten hast, hilft nicht gerade.“

Nachdem er das gesagt hatte, zog er Summer in die Arme. Seine Lippen waren hart und hungrig, sein Kuss lang und tief. James brach ihn abrupt ab, sein Atem ging schwer.

„Nun? Zufrieden?“

„Nein“, wisperte sie und näherte ihre Lippen seinem Mund.

Diesmal war der Kuss sanft und süß. Sie knabberte an seinen Lippen, was ihr ausnehmend gut gefiel, wie sie erstaunt feststellte.

„Summer“, flüsterte er, „wir müssen aufhören.“

„Warum?“, fragte sie und zog mit der Zungenspitze die Konturen seiner Lippen nach.

James stöhnte, und Summer empfand ein Gefühl von Macht.

„Wenn es um dich geht, kann ich mich kaum kontrollieren“, gestand er mit rauer Stimme.

„Das ist doch schön.“

„Ich wollte, du hättest das nicht gesagt.“ Er küsste sie wieder, lang und heftig, drang mit der Zunge in ihren Mund, um das Innere zu erforschen. Und ihre kam ihm sehnsuchtsvoll entgegen.

Als dieser Kuss endete, hielt Summer James umklammert, ohne sich um irgendetwas zu scheren, außer was zwischen ihnen beiden geschah.

Er ließ seine Hand über ihren Bauch, hinauf zu ihrer Brust gleiten. Die Knospen verhärteten sich sogleich unter seiner Berührung, und Summer seufzte wohlig auf.

„Summer … um alles in der Welt, wir befinden uns in einem Auto.“

„Ich weiß.“

James legte seine Stirn gegen ihre, nach Atem ringend. Dann zog er Summer eng an sich. Und hielt sie einfach fest.

Es war ein himmlisches Gefühl, in seinem Arm zu liegen. Summer fühlte sich geliebt und beschützt.

„Ich habe befürchtet, dass so etwas passieren würde“, murmelte er.

„Wieso?“

Er stöhnte. „Summer, denk drüber nach, ja?“

„Das tue ich, und wenn du ‚passieren‘ meinst, dass du meine Brüste berührt hast … nun ich bin froh, dass du es getan hast. Ich mag es, wenn du mich küsst und zärtlich zu mir bist. Und ich glaube, es gefiel dir auch.“

„Das stimmt. Genau das ist das Problem.“

„Wenn du wieder behaupten willst, du seist zu alt für mich, darfst du mich nicht dafür verantwortlich machen, was ich sagen oder tun werde.“

Er lachte. „Also gut, ich bin nicht den Jahren nach zu alt für dich, aber meinem Lebensstil nach.“

„Nun, das ist leicht zu ändern. Damit beginnen wir gleich morgen Früh.“

„Womit?“, fragte er verwirrt.

Sie fuhr spielerisch mit den Lippen über seine. „Das wirst du sehen.“

3. KAPITEL

Früh am nächsten Morgen wartete James in der Hotelhalle auf Summer. Sie schaute ihn ungläubig an, sobald sie ihn entdeckte. Die Hände in die Hüften gestützt, wanderte sie einmal um ihn herum.

„Was ist?“, fragte er besorgt. Hing ihm etwa das Hemd aus der Hose?

„Wohin wollten wir noch mal fahren?“

Sie weiß es doch, dachte er leicht irritiert. „Zum Red Rock Canyon.“

„Bist du immer in Schlips und Kragen, wenn du Wildesel füttern willst?“

So war er immer gekleidet. „Ja.“

„Das habe ich mir gedacht. Dann sollten wir zuerst im Shopping Center anhalten.“

„Wozu?“

Sie schaute ihn an, als zweifelte sie an seinem gesunden Menschenverstand. „Wir gehen einkaufen. Wenn du Einwände hast, sag es jetzt.“

„Hm, einkaufen.“ Das mochte er gar nicht. Um Einkaufszentren pflegte er einen Bogen zu machen. „Was einkaufen?“

„Etwas anzuziehen.“ Und damit ja kein Zweifel aufkam, fügte sie hinzu: „Für dich.“

Summer sah ihm an, wie wenig begeistert er war.

„Wir müssen es ja nicht. Du siehst großartig in Anzug und Schlips aus, aber Jeans und ein kurzärmeliges Hemd wären viel bequemer.“

Das meinte sie also damit, seinen Lebensstil ändern zu wollen. Er hatte nicht geahnt, dass es bedeuten würde, durch Dutzende von Läden zu ziehen.

„James?“ Sie blickte zu ihm auf mit Augen, die jedes Herz zum Schmelzen bringen würde. „Also, was ist?“

Es lag ihm auf der Zunge, ihr zu sagen, dass das, was er trug, durchaus bequem sei, aber in diesem Moment senkte sie kurz die langen seidigen Wimpern. Diese Frau brauchte keine große Anstrengung, ihn um den kleinen Finger zu wickeln. James wusste schon jetzt, dass er nicht fähig sein würde, ihr Widerstand zu leisten.

„Wie lange wird es dauern?“, fragte er und warf einen Blick auf die Uhr. Er hoffte, dass er den Eindruck machte, als wären die Esel nur zu bestimmten Zeiten zu sehen.

„Nicht länger als ein oder zwei Stunden“, versprach sie.

Das war vermutlich untertrieben. Nur mit Glück würden sie es anschließend noch vor Sonnenuntergang bis zum Canyon schaffen.

„Also gut.“ James entschied, dass er wohl einen guten Ratgeber brauchte. Jemand, der ihm erklären würde, wie ein erwachsener vernünftiger Mann dazu kam, sich von einer Frau, die er kaum kannte, die Garderobe vorschreiben zu lassen.

Er hatte keine Ahnung, was mit ihm geschah. Summer war etliche Jahre jünger als er. Dazu lebte sie in LA und er in Seattle. Bei solchen Entfernungen hatte eine Beziehung wohl kaum eine Chance.

Von der Schauspielerei wusste er wenig, aber Summer schien ihre Karriere sehr ernst zu nehmen, und dafür war Kalifornien sicher der geeignete Ort. Deshalb würde sie dort bleiben müssen.

„Du wirst es nicht bereuen“, sagte sie und strahlte ihn an.

Das stimmte nicht. James bereute es bereits jetzt.

Denn beim Einkaufen hatte er wenig Geduld. Sie fuhren zu einem großen Shopping Center in der Nähe der Casinos, wo er einparkte. Als er den Motor abstellte, küsste Summer ihn.

„Wofür war das?“, fragte er, obwohl ihm sehr wohl bewusst war, dass er lieber die Segnungen genießen als nach deren Grund forschen sollte.

„Um dir dafür zu danken, dass du kein Spielverderber bist.“

Zu seiner Überraschung genügten wirklich zwei Stunden, bis Summer alles gefunden hatte, was sie suchte. James folgte ihr geduldig und erkannte erstaunt, dass ihm das Ganze sogar Spaß machte. Meistens überließ er ihr das Aussuchen. Und Summer machte ihre Sache gut. Sie wählte fast immer etwas, was auch seinem Geschmack entsprach.

„Es kommt mir vor, als knistere ich beim Gehen, so neu ist alles“, sagte er auf dem Weg zurück zum Parkplatz.

„Du siehst zehn Jahre jünger aus.“ Summer lachte, legte ihm den Arm um die Taille und drückte ihn. James genoss ihre Nähe. Er überlegte immer noch, wie er es schaffen sollte, seine Hände von ihr zu lassen. Aber wenn sie so nahe war, half das nicht gerade. Sie hatte keine Ahnung, was sie ihm damit antat.

„Manchmal kommt es mir vor, als würde ich dich schon ewig kennen“, sagte sie.

„Das geht mir genauso.“ Ihm war, als gehörte Summer bereits seit Langem zu seinem Leben. „Ich fürchte, auf mich kommt eine dicke Telefonrechnung für Ferngespräche zu, sobald ich wieder in Seattle bin.“

Sie schloss die Augen und seufzte tief.

„Wem galt denn das?“ Er legte die Taschen in den Kofferraum.

„Ich bin so dankbar.“

„Dankbar?“, fragte James, half Summer beim Einsteigen und glitt dann hinter das Steuer.

Sie schwieg einen Moment, als brauchte sie Zeit, ihre Gedanken zu ordnen. „Auf andere Männer reagiere ich nicht so wie auf dich“, erwiderte sie dann. „Und dafür gibt es keine logische Erklärung. Seitdem wir uns schreiben, fühle ich mich dir nahe. Mir ist, als wüsstest du bereits alles über mich. Meine Geheimnisse, meine Fehler, alles.“

„Dieser Abend, an dem wir uns vor einem Jahr kennen lernten, war vermutlich der schlimmste, den ich je erlebt habe“, fuhr sie fort. „Ich frage mich, was ich ohne dich getan hätte. Normalerweise halte ich das für Unfug, aber ich glaube, es war Schicksal, dass wir uns getroffen haben.“

James hatte ähnliche Gedanken gehabt, sie aber nie ausgesprochen. Es war schon seltsam, dass ausgerechnet sie beide sich in dieser Menschenmasse getroffen hatten. Das musste doch etwas bedeuten. Er zweifelte nicht daran, dass das Schicksal sie zusammengebracht hatte.

„Ich habe noch nie so etwas gespürt wie das, wenn du mich küsst.“

Auch darin erging es ihm ähnlich. Er fuhr los und fädelte sich in den dichten Verkehr ein. Sich auf das Fahren zu konzentrieren hielt ihn davon ab, ständig Summer anzuschauen.

Wenn sie noch länger auf dem Parkplatz geblieben wären, hätte sich wohl das Gleiche wie am Vorabend ereignet.

Ihre Brüste zu berühren war ein großer Fehler gewesen, denn nun verfolgte ihn der Gedanke an die aufgerichteten Spitzen geradezu … Er hatte die halbe Nacht gegen die Vorstellung angekämpft, mit ihr im Bett zu liegen … ihre Beine um seine Taille geschlungen. Wenn er noch öfter kalt duschte, würde das Hotel sich wegen des hohen Wasserverbrauchs beschweren!

Summer zögerte. „Ich war sicher, dass du mich nach dem gestrigen Abend nicht mehr wieder sehen wolltest.“

James kam beinahe von der Fahrbahn ab. „Das ist Unsinn. Wie kommst du denn darauf?“

Sie schaute auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte. „Nun ja, schon allein deswegen, weil ich mich irgendwie schamlos benommen habe.“

„Du … schamlos?“ Sie hatte ja keine Ahnung, wie nahe er daran gewesen war, die Beherrschung zu verlieren. Und so etwas tat ein seriöser Richter einfach nicht! James konnte sich nicht daran erinnern, wann ihm das das letzte Mal passiert war. Wenn man jemandem vorwerfen konnte, sich unmöglich benommen zu haben, dann war er es!

„Es tut mir gut, von dir zu hören, dass es mir nicht allein so ging.“

„Glaube mir, ich empfinde in vielem ähnlich wie du.“ Und das kam ihm wie die Untertreibung des Jahrhunderts vor.

„Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. In wenigen Tagen gehen...

Autor

Jennie Lucas
<p>Jennie Lucas wuchs umringt von Büchern auf! Ihre Eltern betrieben einen kleinen Buchladen und so war es nicht weiter verwunderlich, dass auch Jennie bald deren Leidenschaft zum Lesen teilte. Am liebsten studierte sie Reiseführer und träumte davon, ferne Länder zu erkunden: Mit 17 buchte sie ihre erste Europarundreise, beendete die...
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Allison Leigh
<p>Allison Leigh war schon immer eine begeisterte Leserin und wollte bereits als kleines Mädchen Autorin werden. Sie verfasste ein Halloween-Stück, das ihre Abschlussklasse aufführte. Seitdem hat sich zwar ihr Geschmack etwas verändert, aber die Leidenschaft zum Schreiben verlor sie nie. Als ihr erster Roman von Silhouette Books veröffentlicht wurde, wurde...
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