Erobert von dem griechischen Tycoon

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

"Heirate mich!” Der griechische Millionär Nicodemus Stathis hat längst aufgehört zu zählen, wie oft er Mattie Whitaker einen Antrag gemacht hat. Und wie oft die Antwort des verwöhnten Glamour-Girls ein kühles Nein war. Und das, obwohl es zwischen ihnen heiß knistert. Aber jetzt hat er sie in der Hand! Denn nur er kann den Ruin ihrer Familie verhindern. Es ist der Moment des süßen Triumphs, als Nic ihr auf seiner Privatinsel den Ring ansteckt. Aber dass Mattie vor dem Gesetz seine Ehefrau ist, reicht ihm noch lange nicht. Noch fehlt ihre lustvolle Kapitulation im Ehebett …


  • Erscheinungstag 27.10.2015
  • Bandnummer 2202
  • ISBN / Artikelnummer 9783733702137
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wenn sie sich ganz still verhielt, sich nicht rührte, weder atmete noch blinzelte … Mattie Whitaker war sicher, dass sie dann die Worte ihres älteren Bruders ungeschehen machen konnte. Einfach zurückspulen und löschen.

Draußen an den Fenstern der riesigen alten Villa am Hudson River, knapp zwei Stunden Fahrt nördlich von Manhattan, lief der Regen in Sturzbächen herab. Der kalte Oktoberwind zerrte die Blätter von den alten Bäumen des Anwesens und scheuchte sie wirbelnd durch den Park von Greenleigh. Hinter Mattie an dem Schreibtisch, der für sie immer der Schreibtisch ihres Vaters bleiben würde, ganz gleich, wie lange er tot war, saß Chase und schwieg.

Nein, zurückspulen und löschen würde nicht möglich sein. Es gab keinen Ausweg. Wenn sie ehrlich war … sie hatte immer gewusst, dass dieser Tag früher oder später kommen würde.

„Ich habe dich nicht richtig verstanden“, sagte sie dennoch.

„Du hast mich genau gehört, das wissen wir beide.“

Es hätte es ihr erleichtern sollen, dass Chase sich so bedrückt anhörte, wie sie sich fühlte, statt des höflichen Gleichmuts, den er ihr üblicherweise entgegenbrachte. Viel leichter. Tat es aber nicht.

„Wiederhole es trotzdem.“ Sie legte die Finger an die Glasscheibe und ließ die Kälte in ihre Hand kriechen. Über verschüttete Milch zu weinen ist unsinnig, hätte ihr Vater mit tonloser Sachlichkeit gesagt. Ein Spruch, den er nach dem Tod seiner Frau häufig genutzt hatte.

Spare dir deine Energie für Dinge auf, die du ändern kannst, Mattie.

Hinter sich hörte sie Chase seufzen. Sie wusste, wenn sie sich jetzt umdrehte, würde sie nur einen Schatten des begehrten Junggesellen mit dem sonnigen Gemüt, der die Titelseiten der britischen Regenbogenpresse geschmückt hatte, vor sich sehen. Jahrelang hatte er in England gelebt, ein Tribut an ihre früh verstorbene englische Mutter. Und jetzt … Es waren harte vier Monate gewesen, seit ihr Vater völlig unerwartet gestorben war. Härter für Chase, vermutete Mattie, da er sich jetzt am Unternehmergeist des Vaters messen lassen musste. Aber im Moment war ihr nicht danach, nachsichtig zu sein.

Noch immer drehte sie sich nicht um. Denn wenn sie sich umdrehte, dann würde es wahr werden.

Den Kopf in den Sand zu stecken hat noch nie etwas eingebracht, flüsterte ihr eine kleine Stimme in ihrem Kopf zu. Diese Stimme rief ihr ständig all das in Erinnerung, was sie vergessen wollte – den Geruch der Ledersitze in dem todbringenden Wagen, das schrille Kreischen der Bremsen, die eigene gellende Stimme … und der falsche Gesang, immer wieder der Gesang …

Mattie ließ die Schotten zuschlagen. Nicht schnell genug. Ihre Hände zitterten.

„Du hast zugesagt, dass wir das zusammen durchstehen“, sagte Chase, statt sich zu wiederholen. Und er hatte recht. Genau diese Worte hatte sie auf der Beerdigung des Vaters genutzt. Ohnmächtig vor Trauer, ohne an die Konsequenzen zu denken. „Jetzt sind nur noch wir beide übrig, Mats.“

So hatte er sie schon lange nicht mehr genannt. Seit sie zusammen in dem Auto gefangen gewesen waren. Sie nahm es ihm übel, dass er den Spitznamen jetzt nutzte, und sie stählte sich dagegen. Gegen ihn.

„Du und ich und der neue Ehemann, an den du mich verkaufst wie eine Zuchtstute, meintest du wohl“, korrigierte sie ihn. Die Stimme hielt sie absichtlich kühl. Kälte war wirkungsvoller als Verbitterung. Oder Panik. Oder Hysterie. „Mir war nicht bewusst, dass wir noch immer im Mittelalter leben.“

„Dad war extrem clever. Sorgfältig ausgewählte Heiraten gehören auch heute noch zu den üblichen Geschäftspraktiken“, erwiderte er mokant. Oder war es doch bitter? Mit vor der Brust verschränkten Armen sah er zu seiner Schwester, die sich nun umdrehte. „Ich sitze im selben Boot, Mattie. Amos Elliott hat mir zu verstehen gegeben, dass, wenn ich ihm eine seiner Töchter abnehme, es bei den Aufsichtsratsversammlungen sehr viel glatter für mich ablaufen wird. Willkommen im Mittelalter, Mattie.“

Sie lachte hohl. „Soll ich mich jetzt besser fühlen? Das heißt doch nur, dass das Elend größer ist als gedacht.“

„Wir brauchen dringend eine Geldspritze, und zwar eine ernsthafte, sonst verlieren wir die Firma“, sagte Chase tonlos. Er hörte sich überhaupt nicht wie er selbst an. „Die Aktionäre murren, der Aufsichtsrat überlegt, wie sie mich zu Fall bringen können. Die Firma ist unser Erbe, und wir sind dabei, es zu verlieren.“

Und damit alles, was von ihnen geblieben war. Er sagte es nicht, aber das war auch nicht nötig. Die Worte hallten in Matties Ohren, als hätte er sie durch ein Megafon geschrien. Sie hörte auch den Rest, den Teil, in dem er sie daran erinnerte, wer die Schuld am Tod der Mutter trug. Dabei tat er das nie. In ihrem Leben dagegen gab es kaum einen Moment, in dem sie nicht daran dachte.

„Trotzdem ist es viel verlangt, um es milde auszudrücken.“ Das war es, was das gedankenlose und selbstverliebte Wesen sagen würde, als das die Medien sie porträtierten. „Vielleicht nehme ich das ja als Gelegenheit, um alles hinter mir zu lassen und ein neues Leben anzufangen. Ohne mich um elterliche Missbilligung oder die des verstaubten Aufsichtsrats von Whitaker Industries kümmern zu müssen.“ Sie musterte die harte Miene ihres Bruders. Er betrachtete sie, als wäre sie eine Fremde. „Das könntest du auch tun.“

„Ich weiß“, stimmte er kühl zu. „Aber dann wären wir beide tatsächlich die nutzlosen Kreaturen, für die Dad uns immer hielt. Ich kann damit nicht leben, und ich glaube, du auch nicht. Du wusstest, bevor du heute herkamst, dass es keine andere Option gibt.“

„Du meinst, bevor du mich herbeordert hast?“ Mattie ballte die Fäuste an den Seiten. Besser als Tränen. Denn Chase hatte recht. Sie konnte nicht mit dem leben, was vor zwanzig Jahren passiert war, und sie würde nicht damit leben können, wenn alles, was von ihrer Familie übrig war, zusammenfallen sollte. Letztendlich war es ihre Schuld, sie musste ihren Teil leisten, um es zu retten. „Wann bist du aus London zurückgekommen?“

Er wandte das Gesicht ab. „Vor einer Woche.“

„Und da hast du mich erst angerufen, als es nötig wurde, mich zu verkaufen. Nett.“

„Schön, mach mich zum Feind.“ Chase fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Das ändert dennoch nichts.“

„Stimmt“, sie schämte sich, dass sie es an ihm ausließ, konnte sich aber nicht zurückhalten, „ich wusste es vorher. Das heißt nicht, dass ich Freudensprünge mache, wenn ich mich mit Nicodemus Stathis einlassen soll.“

Chases Mundwinkel verzogen sich. Zu besseren Zeiten hätte man es wohl als Lächeln bezeichnen können. Aber keiner von ihnen beiden hatte eine große Wahl. „Sag ihm das selbst. Wahrscheinlich wird ihn das amüsieren.“

„Nicodemus hat mich immer enorm amüsant gefunden.“ Wenn sie schon log, so reckte sie doch die Schultern, und es war auch besser, wenn sie diese Lüge mit klarer Stimme vortrug. Sie strich sich das schwarze Kleid glatt. „Ich bin sicher, dass er das als Hauptgrund anführt, weshalb er mich heiraten will. Und natürlich den Zusammenschluss unserer beiden Unternehmen, damit übernimmt er dann die Rolle des obersten Machhabers mit dem größten und dicksten …“ Zu spät fiel ihr ein, dass sie hier mit ihrem älteren Bruder redete. Sie standen sich vielleicht nicht so nahe, wie sie sich wünschte, aber er war dennoch ihr Bruder. „… Aktienpaket, meinte ich“, endete sie lahm.

„Natürlich meintest du das“, erwiderte Chase trocken. Und doch hörte Mattie so etwas wie Bedauern in seiner Stimme, eine Entschuldigung unter dem leisen Lachen.

Denn ihm waren die Hände gebunden. Big Bart Whitaker war so etwas wie eine Institution gewesen. Niemand hatte damit gerechnet, dass der Mann einfach tot umfallen würde, am wenigsten er selbst. Für eine Übergabe war keine Zeit mehr geblieben. Keine Zeit für Chase, um sich als Vizepräsident eines Londoner Unternehmens auf die neue Rolle als Präsident und CEO von Whitaker Industries vorzubereiten, auch wenn das immer Barts Absicht gewesen war. Keine Zeit, um die Ängste von Vorstand und Aktionären zu zerstreuen, die Chase nur aus den Artikeln kannten, die in den britischen Klatschblättern zu lesen gewesen waren. Keine Zeit für Trauer, wenn zu viel auf dem Spiel stand, wenn die Risiken zu groß waren, wenn es zu viele Feinde gab.

Ihr Vater hatte die Firma vom Großvater übernommen, welcher sie allein mit Sturheit und Durchhaltevermögen aus dem Nichts aufgebaut hatte, mit dem Ehrgeiz, Andrew Carnegie nachzueifern. Bart hatte die Firma geliebt, und Mattie hatte nie daran gezweifelt, dass Chase und sie Bart liebten, beide auf ihre eigene komplizierte Art. Bart war alles gewesen, was ihnen nach dem Tod der Mutter geblieben war.

Und das bedeutete, dass sie beide tun würden, was nötig war. Das war immer so sicher gewesen wie die Tatsache, dass der harsche New Yorker Winter jedes Jahr unweigerlich kam.

Mattie würde das Beste daraus machen. Diese Stelle tief in ihr, die so sehr schmerzte, würde sie einfach ignorieren. Die Stelle, wo die Angst wohnte. Angst vor den Gefühlen, die Nicodemus Stathis in ihr erweckte. Es wäre so einfach, sich in ihm zu verlieren, bis nichts mehr von ihr übrig war.

Aber du schuldest ihnen etwas, dachte sie. Ihnen allen.

„Er ist bereits hier, oder?“, fragte sie nach einem Moment. Es war unsinnig, das Unvermeidliche noch länger aufzuschieben, das würde das Grausen in ihr nur anwachsen lassen.

Chase sah ihr direkt ins Gesicht. „Er wartet in der Bibliothek.“

Sie senkte den Blick auf den Schreibtisch aus poliertem Kirschholz. Eine Welle der Trauer überrollte sie, sie vermisste ihren Vater so sehr, dass ihr schwindelte. Sie hätte alles gegeben, um sein zerfurchtes Gesicht noch einmal zu sehen, seine tiefe Stimme noch einmal zu hören. Selbst wenn er ihr nur befohlen hätte, in die Bibliothek zu gehen. In den letzten zehn Jahren hatte er ihr oft genug angedroht, sie zu verheiraten.

Aber Bart lebte nicht mehr, sie waren als die einzigen beiden Whitakers übrig geblieben. Chase und Mattie gegen den Rest der Welt, selbst wenn Bruder und Schwester seit dem Tod der aristokratischen Mutter nicht viel Zeit miteinander verbracht hatten. Verschiedene Internate in England, Universitäten in verschiedenen Ländern, jetzt als Erwachsene das Leben auf gegenüberliegenden Seiten des Atlantiks. Aber auch daran war Mattie schuld, wie sie wusste.

Und deshalb würde sie ihre Strafe akzeptieren, wenn auch sicher nicht mit der würdevollen Haltung, die angebracht wäre.

„Tja“, sagte sie auf dem Weg zur Tür gespielt munter, „ich hoffe doch, dass wir uns dann auf der Hochzeit sehen. Solltest du mich nicht erkennen … ich bin diejenige, die in Ketten zum Altar geschleift wird. Die Jungfrau, die dem Drachen geopfert wird. Ich werde versuchen, nicht zu laut zu schreien, wenn ich bei lebendigem Leibe verbrannt werde.“

Chase seufzte schwer. „Könnte ich es verhindern, würde ich es. Das weißt du.“

Sie hob den Kopf. Sie konnte mit Nicodemus Stathis fertig werden. Schon seit Jahren wurde sie mit ihm fertig. Sie würde ihre Pflicht tun. Mit stocksteifem Rücken ging sie ihrem Schicksal entgegen.

Das Schlimmste an Nicodemus Stathis war, dass er so sündhaft gut aussah. So lange Mattie ihn kannte, erweckte er eine Mischung aus unerwünschter Sehnsucht und purer Panik in ihr.

Es war einfach nicht fair.

Er stand bei der Terrassentür und starrte hinaus in das Grau. Und er stand absolut reglos, aber das konnte die Tatsache nicht kaschieren, dass er der skrupelloseste und unnachgiebigste Mann war, den sie je getroffen hatte. Das dichte schwarze Haar, die breiten Schultern und seine beeindruckende Größe ließen seine Härte erahnen. Er drehte sich nicht um, als sie den Raum betrat, aber natürlich wusste er, dass sie hier war.

„Ich kann nur hoffen, dass du nicht zu sehr triumphierst, Nicodemus.“

„Die Grube, die du dir selbst gegraben hast, ist schon jetzt so groß wie ein Swimmingpool, aber grabe nur weiter“, konterte er mit dieser gefährlich tiefen Stimme, die ihr schon immer durch und durch gegangen war. Noch immer konnte man seine griechische Abstammung daran erkennen.

„Hier bin ich also, wie befohlen“, sagte sie übertrieben heiter. „Das Opferlamm. Es muss doch ein guter Tag für dich sein.“

Jetzt erst drehte er sich zu ihr um, unendlich langsam. Dennoch raubte es ihr den Atem, als Mattie ihm nun von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.

Die Muskeln, die er schon mit zwanzig gehabt hatte, waren durch körperliche Arbeit auf dem Bau zur Perfektion gestählt. Eine Arbeit, die er bis zum Alter von sechsundzwanzig irgendwie in ein Multi-Millionen-Dollar-Unternehmen umgewandelt hatte. Sein Gesicht wirkte wie von einem Künstler gemeißelt, seine Züge waren fast elegant. Das zweifelsohne extrem teure schwarze T-Shirt verbarg seine muskulösen Arme nicht, im Gegenteil. Die Kälte schien ihm nichts auszumachen, aber dafür war er auch zu elementar. Und wie immer richteten sich bei seinem Anblick nicht nur ihre Nackenhärchen auf, sondern ihre Brüste begannen auch schmerzhaft zu spannen. Heute war es nicht anders als sonst.

Heute war es sogar noch schlimmer, denn er lächelte.

Ich bin schon jetzt verloren, dachte sie. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, sah ihm in die glühenden dunklen Augen. „Du triumphierst. Aber das sollte mich wohl nicht wundern.“

„Ich weiß nicht, ob ‚triumphieren‘ der Ausdruck ist, den ich wählen würde. Wie alt warst du, als ich dir den ersten Heiratsantrag gemacht habe? Zwanzig?“ Fast klang er, als würde er sich gern an ihre lange, qualvolle gemeinsame Geschichte erinnern.

„Achtzehn.“ Mattie rührte sich nicht, als er auf sie zukam, obwohl sie am liebsten nach oben in ihr Kinderzimmer gerannt wäre und sich darin eingeschlossen hätte. Stattdessen hielt sie den Blick fest auf ihn gerichtet. „Damit hast du mir meinen Debütantinnenball ruiniert.“

Nicodemus’ Lächeln wurde breiter, und Mattie kämpfte gegen die hilflose Reaktion an, die er jedes Mal in ihr hervorrief. Noch immer erinnerte sie sich an den einen Walzer mit ihm, zu dem ihr Vater sie gezwungen hatte. So eng an seinen muskulösen Körper gepresst, seinem intensiven Blick ausgesetzt und diesen schönen Mund direkt vor sich … sie war schrecklich nervös gewesen. Und voller Sehnsucht.

Er übte noch immer diese Wirkung auf sie aus. Verflucht sollte er sein!

„Heirate mich“, hatte er statt eines Grußes gesagt, und er hatte es ausgestoßen wie einen Fluch.

„Tut mir leid“, hatte sie erwidert und dem intensiven Blick standgehalten, der sich bis in ihr Innerstes bohrte. Damals war sie ein keckes Ding gewesen, hatte so unbedingt die Aufmerksamkeit des Vaters erregen wollen. Trotzdem hatte ihre Stimme eher kleinlaut geklungen. Dieser Mann hatte ihr Angst eingejagt. Oder vielleicht war dieses überwältigende Gefühl gar keine Angst gewesen, ihr war vielleicht einfach nur keine andere Beschreibung eingefallen. „Ich will weder Sie noch irgendeinen anderen heiraten. Niemals“, hatte sie noch nachgesetzt. Schließlich war sie achtzehn gewesen. Aber Nicodemus war keiner von den halbwüchsigen jungen Männern, mit denen sie damals ausgegangen war. Er war erwachsen … und sehr männlich.

Er hatte nur amüsiert gelacht, so als wäre er sich ihrer völlig sicher, und sie hatte sein Lachen in ihrer Kehle gespürt, in ihrer Brust, ihrem Bauch … und auch noch tiefer. „Du wirst mich heiraten, Prinzessin, ganz sicher.“

Noch heute schien er sich darüber zu amüsieren.

„Haben wir eigentlich je den Grund bestimmt, wieso du unbedingt einen Teenager heiraten wolltest?“, fragte sie ihn herausfordernd. „Konntest du keine Frau im passenden Alter finden?“

Er stand jetzt vor ihr. Ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, fasste er in ihr langes dunkles Haar und wickelte sich eine Strähne um die Hand, zog, nicht sacht, sondern mit einem Ruck, den sie wie dunkle Lust bis in ihren Unterleib spürte. Sofort beschloss sie, sich eine Kurzhaarfrisur zuzulegen.

Sie wollte seine Hand wegschlagen, doch seine funkelnden Augen warnten sie, und sie gönnte ihm die Genugtuung nicht, zu sehen, dass geheime Sehnsüchte in ihr erwacht waren.

„Aua. Das tut weh.“ Sie war entsetzt, wie belegt ihre Stimme klang. „Mir ist klar, dass ich wie Inventar verhökert werden soll“, stieß sie aus, „aber das ist noch immer mein Haar, und ich merke es, wenn jemand daran zieht.“

Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Du lügst, sobald du den Mund aufmachst, Mattie“, murmelte er. „Und du brichst dein Wort, wie andere Frauen sich einen Fingernagel brechen.“

„Oh, die brechen mir auch ab.“ Sie schien sich nicht zurückhalten zu können. „Wenn du die perfekte Vorzeigefrau suchst, werde ich dich wohl bitter enttäuschen.“ Sein Lachen war keineswegs beruhigend. „Ich habe dir schon vor langer Zeit versichert, dass der Tag kommen wird.“

„Und ich habe dir immer wieder gesagt, dass ich meine Meinung nicht ändern werde.“ Er stand so nahe vor ihr, alles in ihr zog sich zusammen. Trotzdem hob sie das Kinn an. „Und das habe ich auch nicht. Bilde dir nicht ein, es wäre meine freie Entscheidung. Das ist eine groteske Form der Erpressung wie im Mittelalter.“

„Was stört es mich, wie ich dich bekomme, Mattie?“ Seine tiefe Stimme ließ ihre Knie weich werden. „Du verwechselt mich mit einem netten Mann. Ich bin lediglich ein entschlossener Mann.“

Mattie erinnerte sich wieder an das endlose formelle Dinner im Museum of Natural History in Manhattan, irgendeine Wohltätigkeitsveranstaltung. Ihr Vater hatte ihr befohlen, sich neben Nicodemus zu setzen, der, wie er behauptete, wie ein Sohn für ihn sei – einer, der sich wesentlich besser zu benehmen wisse als seine leiblichen Kinder, hatte er noch hinzugefügt. Damals war Mattie zweiundzwanzig gewesen – und maßlos zornig.

„Ich versuche gar nicht, deine Meinung zu ändern, Prinzessin“, hatte Nicodemus ihr damals ins Ohr geflüstert. Mit seinem dunklen Blick hatte er sie auf ihrem Stuhl gefesselt. „Wir wissen doch beide, wie es ausgehen wird. Dein Vater wird dir nachgeben und dir freie Hand lassen, doch irgendwann setzt die Realität ein. Je länger du mich warten lässt, desto härter werde ich dir deinen süßen rebellischen Hintern versohlen müssen, wenn du dann erst da bist, wo du hingehörst – in mein Bett, unter meinem …“ Seine schwarzen Augen hatten zu glühen begonnen, und Mattie hatte es gefühlt, als wäre er mit den Lippen über ihre Haut gefahren. „… Dach.“

Nein, Dach hatte er nicht sagen wollen, das war ihr klar gewesen. „Eine anregende Fantasie. Ich weiß nicht, wieso ich nicht freudig auf das nette Angebot eingehe.“

Er hatte nur mit den Schultern gezuckt. „Wie du willst.“ Diese Aura von Macht und Kraft, die ihn umgab, hatte sich wie eine Hand um ihre Kehle gelegt. Schlimmer noch … sie war sich bewusst gewesen, dass ein Teil von ihr sich tatsächlich nach ihm sehnte und mehr von ihm haben wollte. „Ich vergesse nie, Mattie“, fuhr er lässig fort, „und wenn es darum geht, mir Strafen auszudenken, bin ich sehr einfallsreich.“

„Uh, ich habe schon jetzt Angst“, hatte sie schnippisch gekontert und dann ihr Bestes getan, um ihn zu ignorieren.

Es hatte damals nicht funktioniert … und heute auch nicht.

„Werden wir den ganzen Tag in Erinnerungen schwelgen?“, fragte sie mit geheuchelter Langeweile, von der sie wünschte, sie würde sie auch verspüren. „Da ich mich mit Erpressung nicht auskenne, wirst du mir deinen Plan genauer darlegen müssen.“

„Dir steht es frei, mich erneut abzuweisen.“

„Und dabei die Firma meines Vaters in den Ruin zu stürzen.“

„Entscheidungen haben immer Konsequenzen, Prinzessin.“ Er zuckte die Schultern. „Ich bin sicher, dein Vater hat dir das bereits erklärt.“

Dass er recht hatte, machte sie nur noch wütender. „Mein Vater war der irrigen Ansicht, dich für so etwas wie einen Sohn zu halten.“ Es gelang ihr nicht, die Emotionen zu kontrollieren. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, heiße Tränen wollten aufsteigen. Doch diese Art von Emotion konnte er ruhig sehen, die würde sie nicht zerstören. „Manchmal schien es, als hätte er eine höhere Meinung von dir als von seinem eigenen Sohn.“ Sie holte Luft, sammelte sich. „Und sieh nur, wie du es ihm dankst.“

Sie hatte erwartet, ihn damit zu treffen, doch er lachte nur und löste seine Hand aus ihrem Haar. Mattie musste an sich halten, um sich nicht über den Kopf zu reiben. Das Schlimmste war, sie wusste nicht, ob sie das Gefühl seiner Berührung wegwischen oder länger dort erhalten wollte.

„Dein Vater war der Meinung, ich hätte dich schon vor Jahren bei den Haaren mitschleifen sollen.“ So lässig und sicher, wie er es sagte, wurde ihr unangenehm bewusst, dass er und ihr Vater tatsächlich so über sie gesprochen hatten. „Vor allem in der Zeit, die er immer nur deine ‚beklagenswerte Phase‘ nannte.“

Sie lief rot an, hasste, wie weh es tat. Ja, sie konnte sich ohne Probleme vorstellen, wie ihr Vater sich bei Nicodemus über ihr Benehmen in der mutter- und ziellosen Zeit beklagte, als sie um die zwanzig gewesen war. Es fühlte sich wie Verrat an.

„Ich habe eben mein Bestes gegeben“, stieß sie aus und verstummte, denn es kam der unangenehmen Wahrheit, an die sie nicht denken wollte, viel zu nahe. Sie machte einen Schritt zurück, wäre noch weiter zurückgewichen, doch Nicodemus packte sie beim Oberarm, verhinderte so ihren Rückzug.

Sie weigerte sich, an die Kraft dieser Hände zu denken, verbot sich, die Hitze zu bemerken, die sich von seiner Haut durch das elegante Kleid aus Kaschmir brannte. Nein, sie würde sich keine Reaktion erlauben.

„Du weißt genau, dass das, was du dir da geleistet hast, falsch war.“ Seine Stimme klang sachlich, ruhig, nur die leiseste Andeutung des Temperaments von damals, der harschen Worte. „Du hattest es darauf angelegt, deinen Vater in Verlegenheit zu bringen. Ich würde sagen, du hast den Namen deiner Familie beschmutzt, aber wir wissen beide, dass das deinem Bruder vorbehalten war. Mir wird es immer ein Rätsel bleiben, weshalb ein so großartiger Mann wie dein Vater mit solch undankbaren, egoistischen Kindern gestraft worden ist.“

„Die meisten Zwanzigjährigen sind undankbar und egoistisch.“ Sie musste sich zwingen, seinem verächtlichen Blick standzuhalten und nicht zu versuchen, sich von ihm loszureißen. Höchstwahrscheinlich würde es ihr so oder so nicht gelingen.

„Manche von uns hatten keine Zeit, sich so zu benehmen. Sie waren zu beschäftigt damit, ums nackte Überleben zu kämpfen.“

Immer hundertprozentig und völlig von sich eingenommen. Aber das war auf jeden Fall besser, als wenn er die Wahrheit über sie herausfinden würde. Nur so hatte sie überhaupt die Chance, das hier durchzustehen.

„Ja, ich weiß, Nic“, flötete sie übertrieben freundlich, „du bist ein Selfmademan. Das betonst du ja auch bei jeder Gelegenheit. Aber leider können wir nicht alle so perfekt sein wie du.“

Seine Finger packten härter zu, schickten damit einen Flammenspeer direkt in ihren Unterleib. Mattie hasste ihren verräterischen Körper dafür, dass er entgegen aller Vernunft so auf diesen gefährlichen Mann reagierte.

Als sie vierundzwanzig gewesen war, hatte Nicodemus ihr den nächsten Antrag gemacht.

Mattie hatte in einem Londoner Club die Nacht durchgetanzt, in einem Kleid, das wenig verhüllte, dafür der Fantasie genügend Anreiz lieferte. Als sie den Hinterausgang nutzte, um eine Zigarette zu rauchen, hatte er dort gewartet, lässig angelehnt an einen schnittigen Sportwagen, die Arme vor der Brust verschränkt.

Der glühend-grimmige Blick, mit dem er sie musterte, verhieß nichts Gutes, doch Mattie war kein Teenager mehr. Sie hatte sich die Zigarette angesteckt und ihn ignoriert.

„Warum überhaupt noch Zeit mit Anziehen verschwenden? Warum gehst du nicht gleich nackt?“

Seine Stimme hatte rau in der Nacht geklungen, hatte alles in ihr vibrieren lassen.

„Süß, dass du dir Gedanken um meine Garderobe machst. Als würde dich das etwas angehen“, hatte sie gelangweilt erwidert. Und sich gewünscht, er würde sie tatsächlich nur langweilen.

Sein durchdringender Blick ließ sie sich berauscht und schwindlig fühlen, machte sie trunken und raubte ihr die Kontrolle, ähnlich dem Zustand, wie sie sich in diesen vergeudeten Jahren nach dem College fühlte.

„Oh, aber es geht mich etwas an, Mattie“, behauptete er gefährlich leise. „All diese Männer, von denen du dich anfassen lässt, all die Nächte, in denen du der Welt deinen Körper präsentierst. Dann das Tattoo, vor dem ich dich ausdrücklich gewarnt hatte, deine Haut damit zeichnen zu lassen. Und diese Zigaretten, mit denen du dir selbst Schaden zufügst.“

Während seiner Rede hatte er sich von dem sündhaft schicken Auto aufgerichtet, war auf sie zugekommen, um direkt vor ihr stehen zu bleiben. Trotz ihrer Größe und der hohen Absätze, die sie trug, überragte er sie noch immer. Sie redete sich ein, dass sie es hasste, was er in ihr erweckte … dieses lodernde Feuer, das er in ihr entfachte, sobald seine dunklen Augen auf ihr lagen.

Er könnte alles von ihr haben, könnte sie nehmen, bis nichts mehr von ihr übrig war. Doch was würde passieren, wenn er erfuhr, was sie so mühsam verheimlichte? Wenn das Feuer ausgebrannt war und es nichts mehr zwischen ihnen gab als die schreckliche Wahrheit darüber, was sie getan hatte?

„Wenn du wirklich so clever wärst, wie du immer vorgibst, dann müsste dir inzwischen aufgefallen sein, dass mir völlig egal ist, was du denkst.“ Ihr Herz hatte einen Schlag ausgesetzt, um jetzt umso heftiger zu pochen. „Du solltest dir jemanden suchen, dem es nicht egal ist. Es gibt doch sicher genügend gehorsame kleine Mädchen, die im Internet einen großen bösen Milliardär suchen. Ich wette, in spätestens einer Woche könnest du Herr und Meister im eigenen Schloss spielen.“

Es zuckte um seine Lippen. Bei jedem anderen hätte sie das für ein Lächeln gehalten, doch das hier war Nicodemus. Sein dunkler Blick raubte ihr immer wieder den Atem.

„Heirate mich, Mattie. Mach es nicht noch schwerer für dich, als es schon ist.“

„Warum?“, fragte sie hilflos.

Autor

Caitlin Crews
Caitlin Crews wuchs in der Nähe von New York auf. Seit sie mit 12 Jahren ihren ersten Liebesroman las, ist sie dem Genre mit Haut und Haaren verfallen und von den Helden absolut hingerissen. Ihren Lieblingsfilm „Stolz und Vorurteil“ mit Keira Knightly hat sie sich mindestens achtmal im Kino angeschaut....
Mehr erfahren