Geheimrezept für die Liebe?

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Ein unbeschwerter Sommer in der Toskana, bei der Weinernte helfen – so hat die fröhliche Frankie sich das vorgestellt. Nicht gerechnet hingegen hat sie damit, dass der umwerfend gut aussehende, aber äußerst zurückhaltende Weinbergbesitzer Dante Alberici auf sie aufmerksam wird. Tatsächlich bittet er sie, vorübergehend in seinem neu eröffneten Restaurant zu kochen. Zusammen mit ihm! Trotz ihres heftigen Herzklopfens in seiner Nähe lässt Frankie sich darauf ein. Ob sie ihm zwischen Antipasti und Tiramisu ein Lächeln entlocken kann – oder gar mehr?


  • Erscheinungstag 30.04.2024
  • Bandnummer 092024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524704
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Frankie blickte Audrey über den Tisch hinweg an. Außer ihnen beiden war Nonnas Restaurant menschenleer, die Tür fest verschlossen, die Jalousien waren heruntergelassen.

Ihre Cousine sah so traurig aus, wie Frankie sich fühlte. Frankie hätte nicht gedacht, dass sie noch Tränen hatte, aber ihre Sicht verschwamm. Sofort legte Audrey ihre Hand auf Frankies.

Frankie schaffte es, ihrer Cousine schwach zuzulächeln. „Ich vermisse sie so sehr.“

Nach der heutigen Testamentsverlesung war die Tatsache, dass sie ihre geliebte Großmutter nie wiedersehen würden, allzu real geworden.

Audreys Kinn zitterte. Wenn Audrey anfing zu weinen, würde auch sie, Frankie, weinen und …

„Wir haben ihr versprochen, stark zu sein“, brachte sie mit erstickter Stimme heraus.

Beide Frauen richteten sich auf, dann deutete Audrey durch das Restaurant. „Ich gehe davon aus, dass sie verkaufen werden.“

Frankie versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten. „Das ist bestimmt das Vernünftigste.“

Das Testament hatte keine Überraschungen bereitgehalten. Nonnas Kinder – Audreys Vater und Frankies Mutter – hatten den Besitz zu gleichen Teilen geerbt, und Audrey und Frankie …

Frankie warf einen Blick auf die DIN-A-4-Umschläge auf dem Tisch. Einer von ihnen gehörte Audrey, der andere ihr. In diesen Umschlägen steckte, was auch immer Nonna ihnen hinterlassen hatte.

Weder sie noch Audrey hatten es eilig, sie zu öffnen. „Sobald ich ihn öffne … ist es so … endgültig“, murmelte Audrey.

Ihre Cousine hatte das gütigste Herz auf dem Planeten. Und das weichste. Frankie musste für sie beide stark sein.

„Sie hat uns beide so sehr geliebt.“ Sie ergriff Audreys Hände. „Und sie wird für immer in unseren Herzen weiterleben. Eines Tages, wenn wir Kinder haben, werden wir ihnen Geschichten über Nonna und ihr Restaurant erzählen, und sie werden sie auch lieben lernen.“

Audreys Mund verzog sich zu dem Lächeln, das Frankies Herz immer wieder erhellte. „Das werden wir.“ Sie holte tief Luft und nickte. „Es ist Zeit.“

Noch einmal drückten sie ihre Hände, dann ließen sie sich los und nahmen ihre Umschläge.

Frankie zog einen Brief heraus. Mit zitternden Fingern entfaltete sie das Blatt.

Meine liebe Frankie,

Du weißt, wie sehr ich dich liebe. Was du vielleicht nicht weißt, ist, dass ich mir große Sorgen um dich mache.

Frankie blinzelte.

Es ist nicht deine Pflicht, die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen. Wenn ich einen Wunsch für dich hätte, mein Liebling, dann dass du die Möglichkeit hast, deinen eigenen Weg zu gehen – einen Weg, der dir Glück und Zufriedenheit bringt. Das Leben ist so viel mehr als Arbeit. Vergiss nicht, zu leben und zu lieben und Freude in deinem Leben zu finden. Frankie, du brauchst Urlaub. Du brauchst die Zeit, um dir zu überlegen, was du aus deinem Leben machen möchtest und alle Möglichkeiten abzuwägen.

Sie hatte keine Zeit für einen Urlaub! Auf keinen Fall …

Würdest du deiner Nonna bitte einen letzten Gefallen tun und meinen Wunsch für dich wahr werden lassen? Ich bitte dich, diesen Sommer in der Toskana zu verbringen. Als Teenager hast du immer davon gesprochen, nachdem du erfahren hattest, dass deine Familie von dort stammt – deine Augen leuchteten, wenn du mir bis ins kleinste Detail deine Pläne erzählt hast. Du wolltest dort arbeiten und die Gegend erkunden, die Sehenswürdigkeiten anschauen … und die Freiheit genießen.

Die plötzliche Erinnerung an diese alten Träume tat weh. Früher einmal hatten diese Träume sie vor Erwartung und vor Aufregung zittern lassen.

Frankies Herz begann schneller zu pochen. Vielleicht hatte Nonna recht. Vielleicht war es an der Zeit, den Kopf aus dem Sand zu ziehen und sich einigen Tatsachen zu stellen, einige schwere Entscheidungen zu treffen. Sie schluckte. Entscheidungen, die ihr Leben dauerhaft beeinflussen würden.

Nach dem Tod deines Vaters hast du aufgehört, darüber zu reden. Frankie, mein liebstes Mädchen, du musst wieder anfangen zu träumen. Bitte, wirst du diese eine Sache für mich tun?

Tränen verschleierten ihre Sicht. Nach einem weiteren heftigen Blinzeln nahm sie noch einmal den Umschlag in die Hand und entdeckte ein Flugticket nach Rom, einen bescheidenen Scheck zur Deckung der Reisekosten und eine kleine Samtschatulle. Als sie den Deckel anhob, sah sie eine zarte Kette mit einem silbernen Anhänger in der Form eines fliegenden Vogels – ein Symbol der Freiheit. Sie legte die Kette sofort an.

Als sie zu Audrey hinüberblickte, sah sie, dass ihre Cousine auf ein eigenes Flugticket starrte. Frankie räusperte sich. „Ich fahre in die Toskana. Und du?“

„Comer See.“ Mit großen Augen schaute Audrey sie an. „Wann willst du fliegen?“

„In zwei Wochen.“

Audrey schluckte. „Mach eine Woche daraus, dann können wir zusammen nach Rom fliegen.“

Frankie ließ sich keine Zeit zum Nachdenken. „Abgemacht.“

1. KAPITEL

Frankie lenkte ihren himmelblauen VW-Bus Bertha auf den Seitenstreifen und betrachtete das riesige Holzschild über einem imposanten Tor. Es war eine geschmackvolle Kombination aus Stein und Holz und vermittelte den Eindruck von Beständigkeit und Wohlstand. Von Reichtum.

Das Tor erfüllte seine Pflicht.

Ganz im Gegenteil zu dir.

Sie rümpfte verächtlich die Nase über die tadelnde Stimme in ihrem Kopf.

Du solltest dich auf dein medizinisches Fachgebiet festlegen, statt dich in der Gegend herumzutreiben.

„Ich treibe mich nicht herum!“

Drei Monate, mehr wollte sie nicht. Drei Monate.

Wie aufs Stichwort klingelte ihr Telefon. Als sie den Namen auf dem Display las, hätte sie den Anruf am liebsten ignoriert. Schuldgefühle überwältigten sie, aber im letzten Moment presste sie das Handy ans Ohr. „Mum.“

„Frankie, du weißt, welche Sorgen ich mir um dich mache und …“

„Hallo, mir geht es super! Wie geht es dir?“

Am anderen Ende entstand eine Pause.

„Tut mir leid, Mum, schlechtes Timing. Ich rufe dich zurück.“

Sie ließ das Telefon auf den Sitz neben sich fallen und blinzelte. Warum konnte ihre Mutter sich nicht einfach für sie freuen? Warum konnte sie ihr nicht schöne Ferien wünschen? Warum …

Frankie war, als würde eine Faust die Luft aus ihren Lungen pressen. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihre Atmung.

Vor dir liegt ein ganzer Sommer in der Toskana.

Sie musste sich noch nicht für ein medizinisches Fachgebiet entscheiden. Sie musste noch nicht wissen, ob die Medizin ihre Zukunft war. Sie musste gar nichts wissen.

Sie öffnete die Augen und richtete sich auf. Sie hatte Zeit. Dafür hatte Nonna gesorgt. Und sie würde das Geschenk ihrer Großmutter nicht verschwenden. Sie würde sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

Und das Hier und Jetzt waren dieses Tor und dieses Schild über dem Eingang.

Der Aufdruck auf dem Schild lautete Vigna di Riposo, Weinberg der Ruhe. Geschnitzte Weinranken rahmten die Worte ein. Auf Messingplatten an den Toren waren dicke Weintrauben geätzt. Es sah schick und edel aus.

„Richtig.“ Sie klatschte in die Hände. „Hier werde ich die Ruhe genießen und mich entspannen.“ Worte, die ihr völlig fremd waren, aber sie hatte vor, das im Laufe des Sommers zu ändern.

Sie war in der wunderschönen Toskana, ihr Traum war wahr geworden. Sorglos und unbeschwert zu sein, das war jetzt ihr Motto.

Tief in ihrem Inneren stieg Vorfreude auf. Für die nächsten sechs Wochen würde sie hier auf diesem wunderschönen Weingut bleiben. Sie war einige Wochen vor der Traubenernte eingetroffen, aber der Verwalter Signor Silva hatte ihr versichert, dass er auch schon vor der Ernte Jobs für sie finden würde – Gelegenheitsarbeiten wie zum Beispiel die Vorbereitung der Personalunterkünfte für die Saisonkräfte. Alles hörte sich wunderbar einfach an.

Drei Monate ohne Verpflichtungen. Sie musste nicht in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen, die Konsequenzen für Leben und Tod anderer Menschen haben konnten. Keine Verantwortung. Perfekt!

Sie steuerte den Bus durch das Tor und dann die geschotterte Auffahrt hinauf. Was sie dann sah, raubte ihr den Atem.

In der Senke vor ihr stand ein flaches Gebäude aus honigfarbenem Stein, das mit dem gleichen dunklen Holz wie die Tore akzentuiert war. Sie wusste, dass dies das Gebäude war, in dem der Wein verkauft wurde und Verkostungen stattfanden. In der blendenden Sommersonne versprach das schattige Innere Ruhe und Behaglichkeit.

Weiter links von ihr erstreckten sich Nebengebäude, aber es war die umliegende Landschaft, die sie in den Bann zog. Durch das ganze Tal und den dahinter liegenden Hang hinauf breiteten sich vor ihr üppig bewachsene Weinstöcke aus, sattgrüne Weinreben unter einem perfekten blauen Himmel – Grün und Gold.

Es war eine klassische toskanische Landschaft – wunderschön und heiter. Bei dem Anblick war ihr, als würde sich die Anspannung in ihrem Inneren lösen.

Als sie den Bus auf dem Besucherparkplatz abgestellt hatte, schaute sie sich ausgiebig um, stellte aber den Motor nicht ab. Dieser Parkplatz war nur für Gäste, nicht für die Angestellten.

Signor Silva hatte ihr gesagt, sie sollte der Straße folgen. Dort würde sie den Personalparkplatz und die Unterkünfte für die Saisonarbeiter finden, wo sie ihr Lager aufschlagen konnte.

Sie machte ein Foto, um es Audrey zu schicken, dann legte sie den Rückwärtsgang ein. Im selben Moment tauchte ein Mann aus dem schattigen Inneren des Gebäudes auf und lief direkt auf sie zu.

Die Präzision seiner Bewegungen und die alarmierende Schnelligkeit, mit der diese langen Beine auf sie zukamen, ließen sie blinzeln. Aber jede spontane Beunruhigung, weil sie vielleicht zu lange auf dem Besucherparkplatz gestanden hatte, verschwand bei dem Anblick des Mannes.

Sie schluckte schwer, ihr Mund wurde seltsam trocken. Sie und Audrey hatten Witze über das gute Aussehen der italienischen Männer gemacht, aber Frankie hatte nicht erwartet, am ersten Tag ihres neuen Jobs mit dem schönsten Mann konfrontiert zu werden, den sie je gesehen hatte.

Teilzeitjob.

Der Gedanke an die endlose Freizeit, die vor ihr lag, ließ sie ihr Gesicht zur Sonne heben und die duftende Sommerluft einatmen, während sie darauf wartete, dass der Mann sie erreichte.

Rabenschwarzes Haar glänzte satt in der frühen Nachmittagssonne, und dunkle Augen, die aus dieser Entfernung schwarz aussahen, schauten sie an. Als sich ihre Blicke trafen, spürte sie ein Knistern in der Luft. Der Mann kam ihr seltsam bekannt vor. War er ein Filmstar?

Er musste mehr als zwei Meter groß sein, und an diesem schlanken, muskulösen Körper gab es kein Gramm Fett. Breite Schultern, die sich zu schlanken Hüften und langen, muskulösen Oberschenkeln verjüngten. Vielleicht war er Sportler? Oder Tänzer?

Er bewegte sich mit einer angeborenen Anmut, die sie unwillkürlich seufzen ließ.

Mach den Mund zu, Frankie.

Kurz bevor er ihren VW-Bus erreichte, schaffte sie es.

„Wir haben Sie erwartet.“

Er sprach perfektes Englisch mit einem starken – und göttlichen – italienischen Akzent, und …

Ein Blick auf sein Gesicht sagte ihr, dass er über etwas nicht erfreut war. Sie richtete sich auf. „Signor Silva? Ich freue mich sehr, hier zu sein. Ich hoffe, es ist kein Problem, dass ich hier stehengeblieben bin und alles bewundert habe. Es ist wunderschön. Ich fahre jetzt zum Personalparkplatz.“

„Ich zeige Ihnen den Weg.“

Er ging um den Bus herum und kletterte auf den Beifahrersitz. Sein Duft – Zitrone, Salbei und Sonnenschein – erfüllte den Innenraum. Er deutete in die Richtung, in die sie fahren sollte. Unfähig, eine einzige vernünftige Silbe hervorzubringen, schluckte Frankie und folgte seiner Anweisung. Wenn sie versuchen würde, zu sprechen, würde sie wahrscheinlich nur ein unverständliches Gestammel herausbringen.

Das war nicht der Eindruck, den sie machen wollte.

Aber darüber machen wir uns im Moment keine Gedanken, oder?

Ganz genau! Außerdem wollte sie diesen Mann nicht beeindrucken. Sein gutes Aussehen hatte sie überrascht, das war alles.

„Ich bin nicht Signor Silva“, sagte er jetzt in diesem schönen Akzent.

Signor Silva war der Verwalter des Weinbergs. Er hatte gesagt, er würde sie bei der Ankunft treffen. Sie warf dem Mann einen Blick zu, befeuchtete ihre Lippen und schluckte vorsichtig, um sicherzustellen, dass ihre Stimme funktionierte. „Wer sind Sie dann?“

„Mein Name ist Dante Alberici.“

Dante …? In Gedanken ging sie durch, was sie über das Weingut gelesen hatte. Alberici …?

„Oh mein Gott!“ Sie drehte sich zu ihm um. „Sie sind der Besitzer von Vigna di Riposo.“ Und auch von diversen anderen Immobilien in der Toskana – unter anderem in erstklassigen Lagen in Florenz. Die Alberici Corporation war weltberühmt und Dante Alberici der Besitzer persönlich. „Sie sind der große Boss!“

„Bitte fahren Sie nicht mit Ihrem Bus in das Weinfass.“

Sie richtete ihren Blick wieder nach vorne und fuhr auf einen Parkplatz, der auf beiden Seiten mit Weinfässern abgegrenzt war.

„Sie dienen zwar nur der Dekoration, aber ich möchte, dass sie in einem Stück bleiben, ja? Und Ihr Wagen auch.“

„Ja, absolut. Das wollen wir auf keinen Fall. Keine kleinen Blechschäden oder so was in der Art. Ganz bestimmt nicht.“ Halt die Klappe, Frankie.

Sie konzentrierte sich darauf, ordentlich und sicher zu parken. Sie und Bertha gewöhnten sich immer noch aneinander, und sie hatte nicht vor, sich vor diesem unglaublich perfekten Mann zu blamieren.

„Sie sind überrascht, mich zu sehen.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Aber wahrscheinlich erwartete er trotzdem eine Antwort.

„Ich dachte, Sie überlassen den Empfang neuer Arbeiter Ihrem Verwalter.“

„Normalerweise schon, aber dieses Projekt liegt mir sehr am Herzen.“

Okay. Die Ernte bedeutete ihm also viel. Sie stellte Berthas Motor ab. War er gerade dabei, einen neuen Wein zu entwickeln oder …?

Darüber brauchte sie sich keine Gedanken zu machen …

Das war richtig! Sorglos und unbeschwert, das war sie. Sie schenkte ihm ihr breitestes Lächeln. „Sehr bewundernswert.“

Er erwiderte ihr Lächeln nicht. „Kommen Sie mit.“

Ohne ihr Zeit für eine Antwort zu lassen, stieg er aus und ging auf einen Seiteneingang des Hauptgebäudes zu. Sie musste rennen, um ihn einzuholen.

„Sie haben nicht viel Zeit, um die Ausrüstung durchzugehen und uns eine Liste mit allem zu geben, was Sie möglicherweise noch benötigen.“

Ausrüstung? Für die Ernte? Bestimmt brauchte sie nur einen Eimer und Handschuhe. Und wahrscheinlich eine Gartenschere oder so. Und Insektenspray. Und Sonnencreme. Und da sie die letzten beiden mitgebracht hatte …

Sie sah ihn an. Seine Lippen waren zusammengepresst, die Anspannung in seinem Kinn und seinen Schultern war nicht zu übersehen. Er war ärgerlich. Auf sie. Und versuchte, es nicht zu zeigen. Was um alles in der Welt hatte sie getan, um ihn zu verärgern?

Sie hob das Kinn und entspannte ihre Hände, die sie unwillkürlich zu Fäusten geballt hatte. Sie würde sich nicht von ihm ärgern lassen. Sie war ganz im Gleichgewicht. Ganz in ihrer inneren Mitte.

Aber nicht genug in ihrer inneren Mitte, um ein Keuchen zu unterdrücken, als er sie um eine Ecke führte und sie sich in einem erstaunlichen Restaurant wiederfand.

Sie blieb stehen. „Diese Aussicht!“

Hinter raumhohen Fenstern breitete sich das hügelige Tal aus üppigem Goldgrün vor ihr aus. Die ordentlichen Reihen von Weinreben waren üppig bewachsen und irgendwie beruhigend. In der Mitte funkelte silbrig ein Fluss, und eine Reihe von Zypressen ragte hoch und stolz in den tiefblauen Himmel – ein tiefes, echtes Blau verziert mit einigen hübschen flauschigen Wolken.

Sie ging zu den Fenstern, bis ihre Nase fast das Glas berührte. Bald würde sie auf einem dieser Hügel stehen und Trauben pflücken … selbst Teil dieser Landschaft sein. Oh, Nonna, was für ein Abenteuer.

„Es findet Ihre Zustimmung, ja?“

„Zustimmung? Signor Alberici, es ist großartig.“

„Nennen Sie mich Dante.“

Auch er blickte auf die Aussicht, und für einen kurzen Moment löste sich die Anspannung in diesen breiten Schultern. „Ja, eine Augenweide. Ich denke, unsere Gäste werden sehr zufrieden sein.“

„Die Terrasse wird der angesagteste Platz in der ganzen Region sein.“

Auf honigfarbenen Pflastersteinen standen einige Tische, darüber wand sich eine üppig grüne Weinranke um eine hölzerne Pergola.

Dante verschränkte die Arme und lächelte. Ihr Herz machte einen komischen kleinen Hüpfer in ihrer Brust. Wo er gerade von einer Augenweide sprach! Er sollte mehr lächeln – viel mehr.

„Musik in meinen Ohren.“ Er klatschte in die Hände und machte eine abrupte Kehrtwendung. „Kommen Sie, schauen wir uns Ihren Arbeitsplatz an.“

Sie deutete zurück auf die Weinreben. War ihr Arbeitsplatz nicht draußen im Weinberg? Aber er schritt bereits davon, und sie musste laufen, um ihn einzuholen. Vielleicht ging es ja um einen der Gelegenheitsjobs, die sie hier bis zur Erne übernehmen sollte.

Er ging voraus durch eine Reihe von Schwingtüren in eine große Küche und deutete mit einer schwungvollen Geste um sich. „Es wurden keine Kosten gescheut. Ich hoffe, Sie werden hier viel Schönes zaubern und meinem Restaurant einen Ruf geben, auf den es stolz sein kann.“

Für wen genau hielt er sie? „Äh … Dante …“ Sie bezweifelte, dass er einer bescheidenen Erntehelferin anbieten würde, ihn beim Vornamen zu nennen. „Signor Alberici, ich glaube, da ist ein Fehler passiert. Ich …“

Unter dem funkelnden Blick seiner dunklen Augen lösten sich alle Sorglosigkeit und Unbeschwertheit auf. „Wir haben diese Küche nach Ihren Wünschen gebaut! Was ist daran falsch?“

Sie hob die Hände – versöhnlich und besänftigend. Bei verzweifelten Patienten im Krankenhaus funktionierte das manchmal. „Die Küche ist absolut perfekt. Die Sache ist die …“

„Wir haben ein Problem, Dante!“ Die Küchentüren flogen auf, und ein Mann mit amerikanischem Akzent stürmte herein. „Eleanora Toussaint ist abgesprungen. Sie hat gerade eine Stelle in einem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant in Tokio angenommen.“

„Nein, sie ist hier! Sie …“

Er wandte sich wieder Frankie zu, die eine Grimasse zog und entschuldigend mit den Schultern zuckte. Er drehte er sich wieder zu dem anderen Mann um. „Rufen Sie sie an und sagen Sie ihr, dass ich sie verklagen werde, wenn sie nicht wie vereinbart hier erscheint.“

„Das könnte ich natürlich tun.“

Als der andere Mann näher kam, konnte Frankie sehen, dass er etwa zehn Jahre älter war als Dante.

„Aber sie hat den Vertrag nie unterschrieben, darum befürchte ich, dass es nur eine leere Drohung wäre.“

„Warum hast du nicht dafür gesorgt, dass er unterschrieben ist?“

„Weil du mir gesagt hast, dass du dich selbst darum kümmern willst.“

Ein Schwall italienischer Worte verließ Dantes perfekte Lippen wie ein Feuerwerk. Er stampfte um die Kücheninsel herum und wedelte mit den Armen über seinem Kopf.

Die Augen des älteren Mannes weiteten sich, und Frankie schluckte. Sie hatte hier wirklich nichts zu suchen. Zeit, Signor Silva zu finden, ihre Arbeitsanweisungen zu holen und dann wieder ihre sorglose und fröhliche Stimmung aufleben zu lassen. Hoffentlich konnten alle einfach so tun, als wäre dieses Missverständnis nie passiert und …

Sie schob sich zur Tür, erstarrte aber, als dunkle Augen sie fixierten. „Wer zum Teufel sind Sie?“

Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande und streckte eine Hand aus. „Hallo, ich bin Frankie Weaver. Ich bin hier, um Trauben zu pflücken.“

Dante schüttelte flüchtig ihre Hand, als wäre ihm Höflichkeit angeboren. Aber die Tatsache, dass es ihm widerstrebte, war so klar wie sein Englisch. „Warum haben Sie nichts gesagt?“

Bei seiner unausgesprochenen Anklage richtete sie sich auf. „Weil ich zuerst nicht wusste, dass ein Irrtum vorliegt. Ich habe es erst gemerkt, als Sie mir die Küche gezeigt haben. Als ich versucht habe, es Ihnen zu sagen, ist Mr. …“, sie deutete auf den anderen Mann, „mit der Nachricht hereingekommen, dass Sie im Stich gelassen wurden.“

Es folgte ein weiterer Schwall italienischer Flüche, einige so kreativ, dass sie unter normalen Umständen gelacht hätte. Aber das wagte sie nicht.

Warum nicht? Sie hatte nichts falsch gemacht. Als er eine Atempause einlegte, sagte sie in perfektem Italienisch: „Sie hört sich tatsächlich wie eine Verräterin an.“

Er versteifte sich. „Wollen Sie mich verspotten, Miss Weaver?“

Hoppla. Okay, vielleicht hatte sie nicht ganz den richtigen Ton getroffen.

„Nein, absolut nicht.“

„Sie sprechen Italienisch?“, fuhr er sie an.

Si.“

„Ich entschuldige mich, wenn irgendetwas von dem, was ich gerade gesagt habe, beleidigend klang.“

Er fuhr mit der Hand durch kurzes, dichtes Haar. Es war die Art von Haar, das aussah, als würde es nie wagen, fehl am Platz zu liegen. Es sah auch lächerlich weich aus und …

„Ich bin Michael Alcott, Dantes persönlicher Assistent“, unterbrach der andere Mann gnädigerweise ihre Gedanken.

Sie schüttelte die ausgestreckte Hand. „Schön, Sie kennenzulernen.“

Michael wandte sich wieder Dante zu. „Donna und Alessio suchen schon nach Ersatz, aber bis Samstag schaffen wir es auf keinen Fall, einen großen Namen zu engagieren. Vielleicht müssen wir die Eröffnung verschieben.“

Dante richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich weigere mich, mir von dieser Person meine Pläne ruinieren zu lassen.“

„In diesem Fall, Dante, musst du deine Entscheidung noch einmal überdenken und selbst die Rolle des Kochs übernehmen. Du hast die Fähigkeiten und die Ausbildung.“

„Aber ich muss draußen sein und mich um die Kellner und Gäste kümmern!“ Aufgebracht drehte Dante sich zu Frankie um. „Sagen Sie mir, dass Sie Köchin sind.“

„Das würde ich … äh … gerne – aber ich habe Glück, wenn ich keinen Toast verbrenne.“ Sie zuckte mit den Schultern – vorsichtig, sie wollte nicht, dass er sie wieder falsch interpretierte und dachte, sie würde sich über ihn lustig machen. „Aber wenn Sie kochen können, können Sie bis Samstag einen halbwegs anständigen Oberkellner anlernen.“

Halbwegs anständig …

Dante öffnete den Mund und schloss ihn wieder, er ballte die Hände zu Fäusten. Halbwegs anständig war nicht annähernd gut genug. Für Lorenzo’s musste es immer das Beste sein.

Seine Kehle schnürte sich zu.

Zu seinem großen Bedauern hatte er in den letzten drei oder vier Sommern nicht so viel Zeit auf dem Weingut verbracht, wie er es hätte tun sollen. Oh, er wusste, dass Lorenzo stolz auf ihn gewesen war, stolz auf alles, was er erreicht hatte, aber er hatte Dante auch immer gesagt, er müsse innehalten und an den Rosen riechen.

In den letzten Jahren hätte er mehr Zeit mit seinem Großvater verbringen sollen. Jetzt war es zu spät und …

Er holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Alles, was er jetzt noch tun konnte, war, ein Restaurant zu gründen, das dem Mann, der sein Leben so verändert hatte, würdig war. Dazu hatte er sich einen Sommer lang von der Leitung seines Geschäftsimperiums freigenommen. Das war sein Versuch, einen letzten Sommer mit seinem Großvater zu verbringen.

Er würde das Restaurant erschaffen, von dem Lorenzo immer geträumt hatte. Er würde alles in seiner Macht Stehende tun, damit das Restaurant zu einem führenden Namen in kulinarischen Kreisen wurde. Der Name seines Großvaters würde im ganzen Land gefeiert werden.

Halbwegs anständig? Nein. Halbwegs anständig war nicht annähernd gut genug.

„Schauen Sie, es ist ein Kinderspiel“, behauptete die Frau – wie war noch mal ihr Name? Frankie? Sie ging hinaus in den Speisesaal und nahm zwei Speisekarten auf. In schönem Italienisch – vollkommen verständlich, aber mit einem Akzent, den er nicht einordnen konnte – sagte sie: „Signor und Signora Conti, wie schön, Sie zu sehen. Willkommen bei Lorenzo.“

Ihr Begrüßungslächeln ließ ihn blinzeln. In diesem Moment konnte er sehen, warum er sie mit Eleanora Toussaint verwechselt hatte. Unter ihrem warmen und freundlichen Auftreten besaß Frankie eine selbstverständliche und mühelose Autorität.

Er biss die Zähne so fest zusammen, dass sie knirschten. Verdammte Eleanora Toussaint! Sie hatte vielleicht keinen Vertrag unterschrieben, aber sie hatte ihrer Vereinbarung mündlich zugestimmt. Er könnte sie immer noch verklagen. Vielleicht würde er nicht gewinnen, aber er hatte genug Geld, um ihren Ruf anzukratzen.

Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Aber diese Art von Werbung wollte er nicht für Lorenzo’s. Außerdem war er kein rachsüchtiger Mann.

Er hatte sich sowieso schon zu sehr von Gefühlen beeinflussen lassen. Normalerweise machte er bei seiner Arbeit keine Fehler. Doch er war so begeistert gewesen, dass eine so gefeierte Köchin an dem Job interessiert war, dass er unvorsichtig geworden war. Er hatte gemerkt, dass sie die Vertragsunterzeichnung hinausgezögert hatte, aber die Tatsache ignoriert.

Man sollte sich nie von seinen Gefühlen leiten lassen. Diese Lektion hatte er auf die harte Tour gelernt. Wenn man zuließ, von Emotionen beherrscht zu werden, riskierte man, alles zu verlieren. So wie seine Mutter alles verloren hatte, als sein Vater sie verlassen hatte.

Er würde nicht zulassen, dass ihm so etwas passierte – nicht ihm, nicht seiner Mutter, nicht seinen Schwestern.

„Ich führe Sie zu Ihrem Tisch.“

Frankies Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah zu, wie sie ihre imaginären Gäste zu einem Tisch am Fenster führte. Ihr Lächeln war herzlich, während ihre Art Gelassenheit und Selbstvertrauen ausstrahlte. Da war noch etwas anderes, aber er konnte es nicht benennen.

Autor

Michelle Douglas

Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden.

Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der...

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