Heiße Winternächte in Paris

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Ein schottischer Landsitz im Schnee und knisterndes Kaminfeuer. Für die Sängerin Aiesha der ideale Ort, um sich zu erholen – bis James Challender auftaucht! Unnahbar und kühl, hat der begehrte Junggeselle sie schon immer abgelehnt. Doch jetzt will er plötzlich mit ihr nach Paris …


  • Erscheinungstag 19.02.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751513784
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Aiesha war jetzt schon eine Woche auf Lochbannon, ohne dass sich im Blätterwald das leiseste Rascheln erhoben hätte. Aber wer käme auch schon auf die Idee, sie ausgerechnet im Haus jener Frau zu suchen, deren Ehe sie vor zehn Jahren so gründlich zerstört hatte?

Es war das perfekte Versteck. Hinzu kam, dass Louise Challender ins Ausland gereist war, um eine kranke Freundin zu besuchen. Was bedeutete, dass Aiesha das Haus in den Highlands seit zwei Tagen für sich allein hatte.

Herrlich.

Sie legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und sog die eisige Luft tief in die Lungen. Es hatte wieder angefangen zu schneien. Jede einzelne Schneeflocke auf ihrer Haut fühlte sich wie eine Liebkosung an. Nach der Hektik von Las Vegas wirkte die frische Luft der Highlands auf ihre überreizten Nerven wie ein Lebenselixier.

Hier oben in den Bergen konnte sie das Kostüm des Vegas-Showgirls abstreifen, das von ihr abfiel wie eine schwere Last. Es wurde auch höchste Zeit. Jetzt hatte sie endlich Gelegenheit, sich zu entspannen. Neu zu sortieren. Die heilende Kraft der Natur zu genießen.

Zu ihren Träumen zurückzukehren.

Nur der Hund störte.

Mit Katzen kam Aiesha bestens zurecht, Katzen waren unproblematisch. Man brauchte ihnen nur regelmäßig Futter hinzustellen und das Katzenklo sauber zu machen, falls sie nicht sowieso alles draußen erledigten. Katzen waren selbstständig und zurückhaltend. Sie hielten meist Abstand, was Aiesha nur recht war.

Hunde waren da anders. Sie suchten die Nähe zum Menschen, wollten spielen, gestreichelt und genauso rückhaltlos geliebt werden, wie sie selbst liebten.

Als sie dem Golden Retriever, der geduldig wartend zu ihren Füßen im Schnee saß, in die feuchten braunen Augen blickte, verspürte sie einen heftigen Stich. Weil ihr zwei andere vertrauensvolle braune Augen in den Sinn kamen, Augen, die sie nach so langer Zeit immer noch verfolgten. Sie schob den Ärmel ihres warmen Wintermantels zurück und betrachtete das blaurote Tattoo auf der Unterseite ihres Handgelenks. Es war eine ständige Mahnung daran, dass sie es nicht geschafft hatte, ihren einzigen Freund zu beschützen.

Aiesha schluckte schwer und schaute stirnrunzelnd auf den Hund. „Warum kannst du eigentlich nicht allein rausgehen? Dabei kennst du den Weg doch viel besser als ich, oder?“ Sie versuchte, ihn mit der Hand wegzuscheuchen. „Jetzt mach schon, zisch ab. Jag ein Kaninchen oder ein Hermelin oder sonst was.“

Doch der Hund schaute sie unablässig an und winselte leise. Aiesha kapitulierte und begann seufzend durch den tiefen Schnee in Richtung Wald zu stapfen. „Na, dann komm, du dumme Töle. Aber nur bis zum Fluss, hörst du? Es sieht nämlich ganz so aus, dass wir heute Nacht einschneien.“

Es dunkelte bereits, als James Challender durch das mit vereistem Schnee bedeckte schmiedeeiserne Tor von Lochbannon fuhr. Das einsam gelegene, im gotischen Stil erbaute Landgut mit seinen spitzen Türmen und Giebeln war zu jeder Jahreszeit spektakulär, im Winter jedoch wirkte es wie aus einem Märchen. Das Wasser im Springbrunnen vor dem Haus war gefroren, sodass es an eine Eisskulptur aus der Renaissance erinnerte. Der dichte Wald war ebenso mit einer dicken, jungfräulich weißen Schneedecke überzogen wie die Felder. Die klare Luft war beißend kalt.

Im Haus brannte Licht. Ein Hinweis darauf, dass Mrs McBain, die Haushälterin, ihren Jahresurlaub verschoben hatte, um während der Abwesenheit seiner Mutter Bonnie zu versorgen. James hatte seine Hilfe angeboten, aber seine Mutter hatte ihm kurz vor ihrem Abflug versichert, dass alles bestens geregelt sei.

James liebte es, hin und wieder eine Woche in den Highlands, fernab vom Londoner Großstadtgetöse, zu verbringen. Er konnte nirgends so gut arbeiten wie auf Lochbannon, das er seiner Mutter nach der Scheidung von seinem Vater gekauft hatte. Hier schaffte er in einer Woche so viel wie in seinem Londoner Architekturbüro in einem ganzen Monat. Hier fand er Muße, die Gedanken schweifen zu lassen. Pläne zu schmieden, wie sich das einst so angesehene Architekturbüro, das sein Vater mit seinen Eskapaden fast komplett ruiniert hatte, wieder auf Vordermann bringen ließ.

Lochbannon war auch einer der wenigen Orte, wo er dem Medienrummel entkommen konnte. Der Boulevard hielt ständig Ausschau nach einem Skandal, um die Gültigkeit des Sprichworts, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, zu beweisen.

Noch bevor er den Motor ausstellte, hörte er Bonnies freudiges Bellen. Lächelnd ging er zum Vordereingang. Es war nett, beim Heimkommen von einem Hund begrüßt zu werden.

Noch bevor er seinen Schlüssel ins Schloss geschoben hatte, wurde die Tür von innen geöffnet. Zwei große graue Augen starrten ihn schockiert an. „Was zum Teufel willst du denn hier?“

James’ Hand mit dem Schlüssel sank nach unten. Er erstarrte. Aiesha Adams. Die berühmt-berüchtigte, atemberaubend aufregende, abscheulich wilde Aiesha Adams. „Das frage ich dich“, sagte er, nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte.

Auf den ersten Blick hatte sie nichts Außergewöhnliches an sich. In dem weiten Pullover, der Yogahose und ungeschminkt wirkte sie wie das Mädchen von nebenan. Ihr mittellanges kastanienbraunes Haar war weder glatt noch lockig, sondern irgendetwas dazwischen. Ihre Haut war makellos, bis auf zwei winzige Narben – vielleicht von den Windpocken – links über der Stirn und unterhalb des rechten Wangenknochens. Sie war mittelgroß und sehr schlank, was sie allerdings wohl eher der Freundlichkeit der Natur zu verdanken hatte als eigenen Anstrengungen.

Einen kurzen Moment sah sie wieder wie fünfzehn aus.

Bei genauerem Hinsehen schlug einen die ungewöhnliche Farbe ihrer Augen in Bann. Atemberaubend. Wie ein Strudel aus Sturmwolken, Schatten und Rauch, der einen in die Tiefe zog.

Ihr Mund hatte das Zeug dazu, einen Mann sprachlos zu machen. Er war schlicht sündhaft in seiner Üppigkeit und jugendlichen Frische. Und so schön gezeichnet, dass man ihn kaum ansehen konnte, ohne ihn zu berühren.

Was machte sie hier? Hatte sie das Haustürschloss geknackt?

Was, wenn herauskam, dass sie sich hier aufhielt … mit ihm? Sein Herz machte einen erschrockenen Satz. Was, wenn die Presse Wind bekam? Was, wenn Phoebe davon erfuhr?

Aiesha reckte das Kinn auf diese typische Leg-dich-bloß-nicht-mit-mir-an-Art, die James noch so gut von früher kannte. Innerhalb eines Sekundenbruchteils verwandelte sich das Schulmädchen in ein trotziges Flittchen. „Deine Mutter hat mich eingeladen.“

Seine Mutter? James runzelte die Stirn. Was ging hier vor? In ihrer eiligen SMS hatte seine Mutter Aiesha nicht erwähnt. Mit keinem Wort. Warum sollte sie auch das Mädchen einladen, das so viel Schmerz und Unglück über sie und ihre Familie gebracht hatte? Es ergab keinen Sinn.

„Ziemlich großzügig unter den gegebenen Umständen, stimmt’s?“, sagte er. „Ich hoffe, sie hat ihren Schmuck und das Tafelsilber weggeschlossen.“

Ihre Augen schleuderten stahlgraue Blitze. „Bist du allein?“

„Willst du das Fragen nicht lieber mir überlassen?“ James betrat das Haus, schloss die Tür. Die plötzliche Stille bekam etwas viel zu Intimes.

Das Wort „intim“ in Verbindung mit Aiesha Adams war gefährlich. Er durfte es nicht einmal denken. Ihr strömte Sex-Appeal aus jeder Pore. Sie war darin eingehüllt wie in einen aufreizenden Mantel, den sie, je nach Lust und Laune, an- oder auszog. Jede Bewegung die pure Verführung. Wie viele Männer mochten diesem geschmeidigen Körper, diesem Lolita-Mund schon verfallen sein? Sogar jetzt, mit diesem finsteren Blick und dem trotzig gereckten Kinn schaffte sie es, raubtierhaft sexy auszusehen. Er spürte das dumpfe Pochen des Blutes in seinen Adern, den plötzlichen Rausch sexueller Bewusstheit, der für ihn ebenso schockierend wie unerwünscht war.

Um sich abzulenken, beugte er sich nach unten und kraulte Bonnie die Ohren. Die Hündin bedankte sich, indem sie leise winselte und ihm hingebungsvoll die Hand leckte. Zumindest sie freute sich, ihn zu sehen.

„Ist dir jemand gefolgt?“, fragte Aiesha. „Die Presse? Journalisten? Irgendwer?“

James richtete sich auf und bedachte sie mit einem sardonischen Blick. „Nehmen wir wieder einmal vor einem Skandal Reißaus, ja?“

Sie presste die Lippen zusammen, ihre Augen brannten vor Abscheu. „Tu nicht so, du weißt genau, was los ist. Es steht in jeder Zeitung und überall im Netz.“

Gab es irgendwen, der es nicht wusste? Die Nachricht von ihrer Affäre mit einem verheirateten Politiker in den USA hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. James hatte sie bewusst ignoriert oder es zumindest versucht. Doch dann hatte ein ganz besonders findiger Reporter die Geschichte mit seinem Vater ausgegraben, die Rolle, die Aiesha bei der Trennung seiner Eltern gespielt hatte. Da war bei ihm wieder alles präsent gewesen. Vor allem die Scham.

Aber was hatte er erwartet? Aiesha war schon immer ein wildes Mädchen gewesen, das die Skandale anzog, eine jugendliche Ausreißerin, die seine Mutter von der Straße geholt hatte. Sie entfachte nur zum Zeitvertreib Dramen, ohne sich darum zu scheren, dass sie damit sogar Menschen ins Unglück stürzte, die ihr wohlgesinnt waren. So wie seine Mutter. Deshalb war er jetzt mehr als erstaunt, dass Louise Aiesha in ihr Haus eingeladen hatte. Und das auch noch in ihrer Abwesenheit. Wie naiv konnte man sein?

James zog den Mantel aus, hängte ihn in den Garderobenschrank im Flur. „Verheiratete Männer sind deine Spezialität, was?“

Er spürte, wie sich ihm ihr Blick zwischen die Schulterblätter bohrte. Sein Puls beschleunigte sich. Dennoch war es ein Triumph zu sehen, dass er sie aus dem Konzept gebracht hatte. Sie war wie ein Chamäleon, das je nach Bedarf die Farbe wechselte. Und es machte ihr auch noch einen Heidenspaß.

Aber er war immun gegen sie. Er hatte sie von Anfang an durchschaut. Auch wenn sie inzwischen ihren East-End-Akzent und die billigen Klamotten abgelegt hatte, war sie dieselbe geblieben. Ein durchtriebenes Stück, nur darauf bedacht, sich nach oben zu schlafen. Ihr letztes Opfer war ein amerikanischer Senator, dessen Ehe und Karriere infolge ihrer Ruchlosigkeit gerade in Windeseile den Bach runtergingen.

„Niemand darf erfahren, dass ich hier bin“, sagte sie in beschwörendem Ton. „Hörst du? Niemand.“

James, der damit beschäftigt war, die Ärmel seines Mantels glatt zu streichen, drehte sich zu ihr um. Obwohl sie ihn immer noch hasserfüllt ansah, entdeckte er plötzlich etwas in ihren Augen, das er sich nicht erklären konnte. War das Verunsicherung – oder gar Angst? Aber sie reckte schon wieder trotzig das Kinn und presste diese verführerischen Lippen zusammen. Ihr Mund hatte ihn von jeher fasziniert. Üppig und weich und voll, wie geschaffen für Sex und Sünde, Verführung pur. Dieser Mund hatte nichts Unschuldiges, genauso wenig wie ihr Körper. Sie war ein K.-o.-Paket aus katzenhaft geschmeidigen Kurven, die sich um einen Mann wickeln konnten, bis er an seinem Verlangen erstickte.

Und sie wusste es.

James ging an ihr vorbei in das warme Wohnzimmer. An ihren Mund zu denken war unklug. Er konnte es regelrecht spüren, wie sich diese vollen Lippen seiner Lippen bemächtigten, wie sie saugten, bis er ganz weiche Knie bekam. Er ignorierte einen Schauer verräterischen Begehrens. Er würde nicht an diesen Mund denken. Er würde nicht an diesen Körper denken. Er würde nicht an die Lust denken, die in ihm brannte.

„Hier findet dich niemand, weil du nicht bleibst.“

Sie folgte ihm ins Wohnzimmer, lief geschmeidig wie eine Raubkatze auf nackten Sohlen über den Perserteppich. „Du kannst mich nicht rauswerfen. Das Haus gehört deiner Mutter, nicht dir.“ Sie stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und schaute ihn genauso wie vor einem Jahrzehnt an. Immer noch der schmollende, beleidigte Teenager, obwohl sie inzwischen fünfundzwanzig Jahre alt war.

Er bedachte sie mit einem abfälligen Blick. „Pack dein Zeug und verschwinde.“

Ihre Augen wurden schmal. „Keine Chance.“

James spürte, wie ihm das Blut in den Adern stockte und gleich darauf doppelt so schnell durchrauschte. Und sich in seinen Lenden verdickte, wobei ein Feuer angefacht wurde, das nie ganz erloschen war. Er hasste sich selbst dafür.

Aber er war nicht wie sein Vater. Er hatte seinen Sexualtrieb im Griff. Schon vor zehn Jahren hatte Aiesha ihr Glück bei ihm versucht, ohne Erfolg.

Und daran würde sich auch nichts ändern.

„Ich erwarte Besuch“, sagte er.

„Ach ja? Wer kommt?“

„Meine zukünftige Frau. Wir wollen hier das Wochenende verbringen, und du störst.“

Sie lachte laut auf. „Heißt das, dass du diese eingebildete Gans, die nichts anderes zu tun hat, als Daddys Geld zum Fenster rauszuwerfen, wirklich heiraten willst?“

James knirschte mit den Zähnen. „Phoebe ist die Schirmherrin mehrerer sehr angesehener Wohltätigkeitsorganisationen.“

Aieshas freches Kichern bewirkte, dass er sich noch mehr anspannte. Was fiel ihr ein, sich über die schwerwiegendste Entscheidung seines Lebens lustig zu machen?

Sie warf ihm einen aufreizenden Blick zu. „Was wird deine Phoebe sagen, wenn sie erfährt, dass du mit mir hier bist?“

Er presste die Kinnladen noch fester aufeinander. „Sie wird es nicht erfahren, weil du morgen früh von hier verschwindest.“

Sie schob neckisch eine Hüfte vor, wobei immer noch ein leises Lächeln um ihre Mundwinkel spielte. „Dann verlangst du wenigstens nicht von mir, dass ich meinen Hintern noch heute Abend hier rausschwinge?“

Er wünschte sich, er könnte sie mindestens zehn Fuß tief im Schnee verbuddeln. Je weniger er an ihren süßen kleinen Hintern dachte, desto besser. Wie sollte er sie loswerden? Bei diesem Wetter konnte er sie unmöglich um diese Uhrzeit noch vor die Tür setzen. Er war ja eben selbst auf der Hauptstraße kaum durchgekommen. Und im Nachbarort gab es zwar ein Bed & Breakfast, aber das war im Winter geschlossen. Das nächste Hotel lag eine halbe Autostunde entfernt, bei den momentanen Straßenverhältnissen mindestens eine Stunde. „Hast du Schneeketten?“, fragte er.

„Ich bin nicht mit dem Auto da. Deine Mutter hat mich in Edinburgh vom Flughafen abgeholt.“

Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten? Das wurde ja immer verrückter. Ihm war neu, dass seine Mutter in all den Jahren mit Aiesha in Verbindung geblieben war. Was hatte sie sich dabei gedacht, die Tochter des Teufels wieder in ihr Leben zu holen?

War das eine Falle? Oder erlaubte sich da jemand einen Spaß mit ihm?

Bestimmt nicht. Was um alles in der Welt war da los? Seine Mutter hatte ihm mitgeteilt, dass der Hund versorgt sei. Bestimmt, weil sie wusste, wie gefährlich es war, wenn er und Aiesha sich in ein und demselben Haus aufhielten. Aiesha war eine tickende Zeitbombe. Sie brachte Probleme. Sie erwartete von jedem männlichen Wesen Aufmerksamkeit. Sie war rücksichtslos und schamlos und sexy wie die Sünde. Verdammt. „Gut, dann fahre ich dich eben gleich morgen früh zum Flughafen“, sagte er. „Dein Blitzeinsatz als Hunde- und Haussitter ist beendet.“

Sie kam zu ihm herüber getänzelt. Strich spielerisch mit den Fingerspitzen über seine Knöchel, die ganz weiß geworden waren, so fest hatte er seine Hand zur Faust geballt. „Mach dich locker, James. Du bist viel zu angespannt. Aber falls du ein Ventil brauchst …“ Sie klimperte mit ihren sagenhaft langen Wimpern. „Sag mir einfach Bescheid, okay?“

James zwang sich, den Stromstoß, den er bei ihrer Berührung verspürte, zu ignorieren. Und er zwang sich auch, nicht auf ihren Mund zu schauen, wo ihre Zungenspitze eine feucht glänzende Spur hinterlassen hatte. Um zu verhindern, dass er sie gegen die nächstbeste Wand presste, in dem verzweifelten Versuch, das Feuer seiner Leidenschaft zu löschen. Jede Zelle seines Körpers pulsierte vor Verlangen, und am schlimmsten war, dass sie es wusste. „Lass mich in Ruhe, verdammt.“

Ihre Augen glitzerten boshaft. „Ich mag es, wenn ein Mann schmutzige Sachen zu mir sagt.“ Sie erschauerte theatralisch, wobei ihre Brüste unter ihrem Pullover schaukelten, weil sie keinen BH trug. „Ich komme dann meistens sofort.“

James ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass sich seine Fingernägel schmerzhaft in die Handflächen gruben. „Sieh zu, dass du um sieben fertig bist. Hast du verstanden?“

Sie warf ihm wieder ein schwüles Lächeln zu, wobei in seinen Lenden erneut ein Feuer aufflammte. „So leicht wirst du mich nicht los. Hast du den Wetterbericht nicht gehört?“

Panik stieg in ihm auf. Vorhin im Auto hatte er die Aussicht, für ein paar Tage eingeschneit zu werden, durchaus begrüßt. Weil er gehofft hatte, so dem Angebot für das Sherwood-Projekt noch vor Phoebes Ankunft den letzten Schliff geben zu können.

Er starrte Aiesha zutiefst angewidert an. „Das hast du dir gut ausgedacht, was?“

Mit einem Auflachen, das ihm durch und durch ging, warf sie sich das glänzende kastanienbraune Haar über die Schultern. „Das glaubst du, ja? Dass ich mir das Wetter aussuchen kann? Du schmeichelst mir, James.“

Er schnappte nach Luft, als sie mit einem aufreizenden Hüftschwung die Treppe hinaufging. Animalische Lust durchschoss ihn, aber er war entschlossen, ihr nicht nachzugeben. Er würde ihrer Verführungskraft nicht erliegen, selbst wenn sie einen vollen Monat hier eingeschneit waren.

2. KAPITEL

Aiesha atmete, gegen die Tür ihres Schlafzimmers gelehnt, tief und zitternd aus. Ihr Herz hämmerte wie ein Pressluftbohrer. Das durfte nicht wahr sein. Es war zu erwarten, dass es hier innerhalb kürzester Zeit vor Reportern mit ihren Kameras nur so wimmelte. Also genau die Situation, die sie vermeiden wollte.

Aber jetzt war es so, egal ob ihr das passte oder nicht. Weil James Challender nicht nur der Sohn seines skandalumwitterten Vaters war, sondern zudem einer der begehrtesten Junggesellen Londons. Der Traum praktisch jeder Frau. Freundlich, sanft, kultiviert, kein Weiberheld wie sein Vater, sondern verantwortungsbewusst und noch dazu ausgesprochen sexy.

Und sie selbst würde man zur Strecke bringen. Bloßstellen. Zum Gespött machen. Beschämen.

Der Skandal, vor dem sie davonzulaufen versucht hatte, holte sie ein. Sie stand nicht zum ersten Mal im Zentrum einer unappetitlichen Affäre. Im Gegenteil. Sie hatte den größeren Teil ihres Lebens damit verbracht, für Skandale zu sorgen, weil sie ihr eine Aufmerksamkeit bescherten, die sie als Kind nie bekommen hatte.

Aber das war Vergangenheit.

Sie wollte diesen Teil ihres Lebens hinter sich lassen, den Blick nach vorn richten. Das Meeting mit Antony Smithson – alias Antony Gregovitch – hätte ihr zum Durchbruch verhelfen sollen. Sie hatte darin ihre Chance gesehen, der Clubszene den Rücken zu kehren und einen Plattenvertrag abzuschließen. Den Plattenvertrag, von dem sie bereits als kleines Mädchen geträumt hatte, als sie in einer Sozialwohnung vor einem fast blinden Spiegel in ihre Haarbürste gesungen hatte. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass Antony gar kein Musikproduzent war. Er hatte sie von Anfang an belogen. Er war allabendlich im Club aufgetaucht, hatte ihr in den Pausen Drinks spendiert und ihr geschmeichelt, wie wundervoll ihre Stimme sei. Wie talentiert sie war. Und sie hatte sich in seinem Lob gesonnt.

Dass sie ihn nicht durchschaut hatte, wurmte sie am meisten. Wie hatte sie bloß so naiv sein können? Er war nicht der Retter gewesen, der ihr Talent erkannt hatte und ihr eine Chance geben wollte. In Wahrheit war er ein verheirateter Familienvater auf Abwegen gewesen. Ganz banal.

Jetzt war sie als herzlose Familienzerstörerin gebrandmarkt, und ihre vermeintliche Chance hatte sich als grausame Illusion entpuppt. Sie hatte keinen Plattenvertrag und inzwischen auch keinen Job mehr. Dafür hatte Antonys Frau gesorgt.

Und jetzt musste sie sich auch noch mit diesem eingebildeten James Challender auseinandersetzen.

Zum Glück wusste sie genau, welche Knöpfe sie bei ihm drücken musste. Das hatte sie schon mit fünfzehn geübt. Obwohl er sich etwas besser im Griff hatte als sein Vater, verabscheute sie ihn deshalb nicht weniger. Andererseits verabscheute sie alle Männer, besonders jedoch die reichen. Weil die sich einbildeten, jeder Mensch wäre käuflich.

Auch wenn James Challender sich einbildete, ihr etwas vorschreiben zu können, war sie doch nicht bereit, Lochbannon zu verlassen, nur weil er es wollte. Seine Mutter hatte sie eingeladen, zu bleiben, so lange sie wollte. Sie dachte gar nicht daran, sich von ihm herumschubsen zu lassen. Er war ein kleinkarierter Workaholic, der schon nervös wurde, wenn die Kissen auf dem Sofa nicht in Reih und Glied standen.

Und was seine angebliche Verlobte betraf, das war doch ein schlechter Witz! Das einzige, was diese verwöhnte Phoebe Dingsbums konnte, war, hohl in die Kameras zu lächeln und mit Geld um sich zu schmeißen. Während ihre genauso verwöhnten Eltern fleißig ihren Trust-Fund aufstockten.

Bitch.

Aiesha tippte sich nachdenklich mit den Fingerspitzen an die Lippen. Vielleicht gab es ja doch einen Weg, dieses unglückliche Zusammentreffen für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Mit einem listigen Lächeln streckte sie die Hand nach ihrem Telefon aus. Hallo, Twitter, ich komme!

Da es James nicht gelungen war, seine Mutter telefonisch zu erreichen, hatte er ihr eine Nachricht auf der Maibox hinterlassen. Um ihr vor Augen zu führen, was passieren konnte, wenn man einem schlagzeilenträchtigen Flittchen Unterschlupf gewährte.

Er massierte sich den verspannten Nacken, während er aus dem Fenster der Bibliothek in das wilde Schneegestöber schaute. Diesmal war die Vorhersage korrekt gewesen. In so einen Schneesturm jagte man keinen Hund hinaus, geschweige denn einen Menschen, weder im Moment noch morgen früh. Es war schlicht unzumutbar.

Tief ausatmend ließ er seine rechte Hand seitlich herunterfallen. Zum Glück wusste niemand, dass er mit Aiesha hier war. Noch nicht. In den sozialen Netzwerken sorgte immer noch der Vegas-Skandal für Aufregung. Obwohl James fand, dass manche Kommentatoren übertrieben, denn immerhin hatte der betreffende Mann auch eine Verantwortung, oder?

Doch dann erinnerte er sich an ihre miesen Verführungstricks, denen zu widerstehen wahrscheinlich der frömmste Klosterbruder Mühe hätte. In seinem Körper vibrierten jetzt noch Schockwellen ungezügelter Lust. Sie liebte es, Männern den Kopf zu verdrehen. Es war ein Spiel für sie, ein Kräftemessen. Vor einem Jahrzehnt war er aus diesem Kampf als Sieger hervorgegangen, aber da war sie fast noch ein Kind gewesen. Jetzt war sie erwachsen und doppelt gefährlich. Sie hatte jahrelang Zeit gehabt, ihre Verführungskünste zu perfektionieren.

James ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder. Seine Haut brannte immer noch von ihrer Berührung. Normalerweise machte er sich nicht viel aus Sex, besonders die Vorstellung, er könnte seinen Trieben ungezügelt nachgeben, war ihm nicht geheuer.

Er wollte beweisen, dass er anders als sein Vater war, dessen Oberflächlichkeit er aus tiefstem Herzen ablehnte. Diese war für ihn ein Quell nie versiegender Peinlichkeit. Und Scham. Er hasste es, mit seinem Vater in einen Topf geworfen zu werden, nur weil sie beide sich ähnlich sahen.

Er war nicht wie sein Vater, der schon immer nur sein Vergnügen im Sinn gehabt hatte. James lag das Wohl der Firma am Herzen, das Wohl der Menschen, die in der Firma arbeiteten.

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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