Hollywood Hills - Kameras aus und Action! (5-teilige Serie)

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Wenn die Kameras nicht mehr laufen, beginnt die Action! Fünf leidenschaftliche Geschichte aus der Traumfabrik Hollywood.

DER MILLIARDÄR, DER MICH VERFÜHRTE

Hüte dich vor ihm - Bronson ist ein echter Playboy! Als Mia ihren Job in der Traumfabrik Hollywood antritt, schlägt sie alle Warnungen in den Wind. Sie glaubt sich in einem Liebesfilm: Bronson Dane, berühmter Produzent und Sohn ihrer Chefin, ist umwerfend. Ein Inferno der Lust jagt durch ihren Körper, als er sie das erste Mal küsst. Einen solchen Mann hat sie ihr Leben lang gesucht! Doch sie darf nicht den Fehler begehen, von einer Zukunft in den Armen des Millionärs zu träumen. Denn Mia kennt ein düsteres Geheimnis, das Bronsons Leben mit einem Streich zerstören könnte …

ERFÜLLE MEINEN TRAUM VON LIEBE

Zerzauste Haare, unordentliches Hemd und verzweifelter Blick: So hat Charlotte ihren Ehemann noch nie gesehen! In seinen Armen hält er ein Baby und fleht sie an, ihm zu helfen. Dabei hatte sie ihn verlassen, weil er ihre Träume von einer Familie nicht geteilt hat. Anthony war die Karriere wichtiger als ihr Glück! Nun soll sie drei Monate zu ihm nach Hause kommen, bis er die Vormundschaft für die Tochter seiner verstorbenen Schwester bekommt. Zögernd stimmt Charlotte zu - aber nur wegen des süßen Kindes! Dann macht sie eine Entdeckung, die ihre ganze Zukunft in Frage stellt …

MÄRCHENHOCHZEIT AM MITTELMEER

Jedes Mädchen träumt davon, einmal Prinzessin zu sein. Doch als Victoria ihren besten Freund Prinz Stefan in seinem Palast am Mittelmeer heiratet, ist ihr schwer ums Herz. Denn während sie ihn heimlich liebt, braucht er nur eine Ehefrau, um an die Krone zu kommen …

ROTE LIPPEN MUSS MAN KÜSSEN

Dieser Mund ist zum Küssen da - und dieser Körper … Schluss jetzt! ruft sich Noah Foster zur Ordnung. Er muss aufhören, daran zu denken, wie Callie ihre vollen Lippen auf seine presst, ihren nackten Körper an seinen drängt. Schließlich hat er geschworen, sich nie wieder mit einer Frau einzulassen. Außerdem arbeitet Callie für ihn - Grund genug, auf Distanz zu bleiben! Doch dann wird Callie bei einem Autounfall verletzt, und Noah ist der Einzige, der ihr helfen kann. Aber dafür muss er ihr nahekommen. Zu nah, um noch länger zu leugnen, wie sinnlich es zwischen ihnen knistert …

ICH KANN DICH EINFACH NICHT VERGESSEN

Raine, seine Raine, mit einem Baby? Max kann es nicht fassen. Seit sie ihm vor Jahren den Laufpass gegeben hat, hat er doch alles versucht, um sie zu vergessen. Warum bringt ihn also der Gedanke, dass sie sich einem anderen Mann hingegeben hat, so auf die Palme?


  • Erscheinungstag 14.02.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739331
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Jules Bennett

Hollywood Hills - Kameras aus und Action! (5-teilige Serie)

Jules Bennett

Der Milliardär, der mich verführte

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
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Fax: 040/60 09 09-469
E-Mail: info@cora.de

© 2012 by Jules Bennett
Originaltitel: „Caught In The Spotlight“
erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA
Band 1753 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Charlotte Gatow

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format im 02/2013 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-95446-432-6

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY, STURM DER LIEBE

 

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1. KAPITEL

Als die persönliche Assistentin seiner Mutter tropfnass seinen Namen rief, versuchte Bronson Dane gar nicht erst wegzusehen.

Diese Frau wusste offenbar genau, wie man die Aufmerksamkeit eines Mannes erregte: Sie trug nichts als ein weißes Handtuch.

„Mr Dane“, wiederholte sie, während sie das Tuch mit beiden Händen über ihren Brüsten zusammenhielt. Sie kam aus dem Bad, hielt jedoch inne, als sie ihn am Schreibtisch seiner Mutter stehen sah.

„Formalitäten sind wahrscheinlich überflüssig, solange Sie nur Wassertropfen und ein Handtuch tragen. Nennen Sie mich Bronson.“ Er steckte die Hände in die Hosentaschen und dankte Gott, dass er kein Jackett übergezogen hatte. Die Temperatur im Zimmer war gerade um mindestens zehn Grad gestiegen. „Wo ist meine Mutter, und warum duschen Sie in ihrem Badezimmer?“

Ihre Augen, die fast ebenso schwarz waren wie ihr Haar, funkelten. „Olivia ist nicht da. Ich gehe oft ins Fitnessstudio, und sie hat mir erlaubt, ihr Badezimmer zu benutzen. So spare ich mir den Weg ins Gästehaus, wenn ich hier zu tun habe.“

Bronson murmelte irgendetwas über die Naivität seiner Mutter. Schlimm genug, dass sie Mia Spinelli auf dem Grundstück der Danes wohnen ließ. Jetzt hatte sie ihrer Assistentin, die seit einem halben Jahr für sie arbeitete, auch noch erlaubt, im Haus ein und aus zu gehen. Hatte seine Mutter denn nichts gelernt? Wann würde sie endlich begreifen, dass sie nicht jedem trauen konnte, nur weil er unschuldig aussah?

Das hier war Hollywood! Lügen und Intrigen waren hier ebenso normal wie Brustimplantate und Botox-Injektionen.

„Es tut mir leid, Mr Dane. Ich wusste nicht, dass jemand hier sein würde“, fuhr Mia fort. Sie verhielt sich, als wäre es völlig normal, nur ein Handtuch zu tragen. „Wollten Sie nicht bis Ende nächster Woche in Australien drehen?“

„Nennen Sie mich Bronson“, erinnerte er sie. „Der Film ist eine Woche früher fertig geworden. Ich bin hier, um mit meiner Mutter über das Festival nächste Woche zu reden. Hat sie gesagt, wann sie zurück ist?“

„Sie kommt heute Nachmittag. Sie hat eine Verabredung mit ihrem Anwalt, weil sie über den Vertrag für ihr neues Buch reden wollen. Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden. Ich habe meine Waschsachen auf dem Schreibtischstuhl abgelegt.“

Bevor sie an ihm vorbeigehen konnte, stellte er sich ihr in den Weg und griff nach der schlichten schwarzen Tasche auf dem lederbezogenen Stuhl. Sie wollte sie ihm abnehmen, doch er hielt die Tasche so, dass sie sie nicht erreichen konnte.

Er traute ihr nicht. Immerhin hatte sie früher einmal für Anthony Price gearbeitet, den Mann, den Bronson von allen Leuten in der Filmindustrie am meisten verachtete. Über die Gründe dafür wollte er jetzt nicht nachdenken.

Seine Mutter hatte ihm versichert, dass Mia vertrauenswürdig war. Seine Schwester Victoria, eine Modedesignerin, glaubte das ebenfalls. Als Bronson und Victoria vor Kurzem miteinander telefoniert hatten, hatte Victoria sogar erzählt, dass sie regelmäßig mit Mia twitterte.

Gut, Mia war mittlerweile seit sechs Monaten da. Aber das war noch lange kein Grund, ein Fan von ihr zu sein.

Bronson war nicht blind. Es schien immer unwahrscheinlicher, dass Anthony seine Assistentin geschickt hatte, damit diese ein bisschen herumschnüffelte.

Allerdings beschränkten sich die Gerüchte über Mia und Anthony nicht nur auf das Geschäftliche. Das ärgerte Bronson ebenfalls. Dass seine Mutter Mia eingestellt hatte, während er in Australien gewesen war, gefiel ihm auch nicht. Natürlich konnte seine Mutter sich jede Assistentin auswählen, die ihr passte, aber musste es ausgerechnet Mia sein?

Die Gerüchte, die in Hollywood kursierten, besagten, dass Mia das Hauptproblem für Anthonys kriselnde Ehe sei. Mit wem Mia schlief, ging ihn nichts an. Falls sie allerdings die Familiengeheimnisse der Danes während ihrer Nächte mit Anthony ausplauderte, dann war das etwas anderes.

Bronson und seine Mutter arbeiteten an einem Film, was vorerst geheim bleiben sollte. Die Medien würden sich überschlagen, wenn sie davon Wind bekämen. Er und Olivia trieben das Projekt schon lange voran, und Bronson zweifelte keine Sekunde daran, dass Anthony Price, einer der einflussreichsten Produzenten in Hollywood, das Geheimnis nur allzu gern lüften würde.

Anders als seine Mutter würde er deshalb wachsam bleiben.

Bronson beabsichtigte, herauszufinden, was Mia wollte, bevor sie das Drehbuch fand und damit zu Anthony ging.

Er warf die Tasche in ihre Richtung. Es war besser, wenn sie sich rasch anzog. Ob er ihr vertraute oder nicht, spielte gerade überhaupt keine Rolle: Sie roch nach irgendwas, was blumig und sexy war und es für ihn geradezu unmöglich machte, sich zu konzentrieren.

„Ziehen Sie sich an. Wir müssen reden.“

Mia nickte, drehte sich um, betrat das Bad und schloss die Tür hinter sich. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um an Sex zu denken, ermahnte sich Bronson im Stillen. Er musste dafür sorgen, dass seine Mutter und seine Schwester keinem weiteren Skandal ausgesetzt wurden.

Die letzte Assistentin seiner Mutter war mit einer halben Million Dollar durchgebrannt, und die Medien wären sicherlich begeistert, den Namen „Dane“ erneut auf die Titelseiten zu bringen. Seine Mutter sollte daher gründlicher darüber nachdenken, wen sie in ihr Leben ließ – vor allem wenn das Drehbuch weiterhin geheim bleiben sollte.

War es also ein Wunder, dass Bronsons Blutdruck in die Höhe geschossen war, als er das Büro seiner Mutter betreten hatte? Olivia Dane war eine Ikone. Die Medien würden ausgesprochen gern etwas Dreck nach ihr werfen. Irgendwie bekamen sie es immer hin, sogar Unschuldslämmer wie Verbrecher aussehen zu lassen.

Olivia Dane war der Liebling von Hollywood gewesen. Sie hatte in mehr Filmen die Hauptrolle gehabt als irgendeine andere Schauspielerin zuvor und war die „Grand Dane“ des Filmbiz. Die Medien beobachteten sie genau.

Die Badezimmertür öffnete sich erneut, und Mia, die weiße Caprihosen und ein ärmelloses schwarzes T-Shirt trug, kam heraus. Sie hatte ihre langen dunklen Haare im Nacken zu einem Knoten zusammengefasst und war barfuß. Ihr einziger Schmuck bestand aus einer Kette mit einem goldenen Medaillon.

Alles an dieser Frau strahlte Unschuld aus. Warum also, zum Teufel, arbeitete sie ausgerechnet für die glamouröseste Frau in ganz Hollywood?

Olivia hatte ihm erzählt, dass Mias Zeugnisse ebenso tadellos waren wie die Gründe, ihren Job bei Anthony zu kündigen. Sie wollte nicht mehr Anlass für irgendwelche Gerüchte sein und als diejenige gelten, die Anthonys Ehe zerstörte.

Seine Mutter hatte ihm außerdem versichert, dass ausgiebige Recherchen ihren Eindruck bestätigt hatten: Mias Ruf war tadellos und die junge Frau perfekt für den Job.

Allerdings war Papier geduldig, wie Bronson sehr wohl wusste. Er wollte mehr über die zarte, geheimnisvolle Miss Spinelli wissen. Über diese Frau, die wahrscheinlich immer noch mit dem Feind schlief und möglicherweise für ihn herumspionierte.

Das Schicksal hatte ihm gerade die perfekte Möglichkeit dafür geliefert. Gab es etwas Besseres, als ein paar Abende zu zweit zu verbringen? Wie könnte Mia der Gelegenheit widerstehen, ihn auf das aufregende Festival in Cannes in der kommenden Woche zu begleiten?

„Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen“, sagte er. „Sie fliegen kommende Woche mit meiner Mutter nach Cannes. Richtig?“

Mia nickte.

„Es wird dort jeden Abend Veranstaltungen mit anschließenden Partys geben. Ich möchte gerne, dass Sie mich begleiten.“

„Sie begleiten?“, antwortete sie mit großen Augen. „Aber ich fliege dorthin, um mit Olivia zu arbeiten. Ich wollte nicht ausgehen.“

Der Himmel wusste, dass Bronson jede Frau haben konnte, aber er hatte keine Lust, irgendeine Diva mitzuschleifen, die unterhalten und bedient werden wollte. Diese Frau hier war die ideale Begleitung. Er konnte sich keine bessere Möglichkeit vorstellen, Mia näher kennenzulernen, als fünf Abende hintereinander mit ihr auszugehen.

„Ich finde nicht, dass das eine gute Idee ist“, sagte Mia, setzte sich an den Schreibtisch seiner Mutter und ließ den Computer hochfahren. „Olivia und ich haben in Cannes viel zu tun. Sie will ihr Buch im Sommer fertig haben.“

Bronson betrachtete Mias schöne Hände, die über die Tastatur flogen. „Ich versichere, meine Mutter wird nichts dagegen haben, dass Sie mich begleiten. Sie müssen nur rechtzeitig in Cannes sein und nicht allzu viel einpacken. Ich werde Victoria bitten, Ihnen ein paar Kleider zu schicken.“

Sie schaute ihn an und befeuchtete sich die ungeschminkten Lippen. „Warum ich?“

„Warum nicht?“, entgegnete er. Seine Idee gefiel ihm zusehends besser.

„Ich bin nur eine Assistentin.“

Bronson zuckte die Schultern. „Umso besser. Außer Sie wollen wegen des Skandals um Ihren letzten Arbeitgeber nicht mit mir gesehen werden.“ Er beugte sich vor und flüsterte: „Oder wenn Sie einen eifersüchtigen Liebhaber haben.“

Mias Augen weiteten sich. „Ich kann nicht glauben, dass Sie ausgerechnet mich mitnehmen wollen.“

„Ich möchte nicht lügen.“ Lässig stützte er sich auf dem Mahagonischreibtisch ab. „Ich möchte meine Mutter schützen. Cannes bietet mir eine Gelegenheit, Sie besser kennenzulernen.“

Ein wundervolles Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Das verstehe ich gut. In diesem Fall komme ich gerne mit, wenn Olivia mich entbehren kann.“

Bronson richtete sich auf und lächelte ebenfalls. „Das wird sie. Vertrauen Sie mir.“

Vertrauen Sie mir.

Vier Tage zuvor hatte Bronson sein sexy Lächeln aufgesetzt und ihre gemeinsame Reise in ein wahres Ereignis verwandelt.

Sie, Mia, hätte ihm seine Bitte abschlagen sollen. Er hätte sie nicht darum gebeten, ihn zu begleiten und ihm zu vertrauen, wenn er ihr Geheimnis kennen würde. Ein Geheimnis, das seine Familie bedrohte.

Mia versuchte, ihre Schuldgefühle zu ignorieren und sich auf ihren Auftrag zu konzentrieren: Sie war in Cannes und würde mit dem attraktivsten Junggesellen von ganz Hollywood ausgehen. Sie musste sensationell aussehen.

Aber das sollte kein Problem sein. An ihrem Schrank hingen fünf hinreißende, von Victoria Dane entworfene Kleider. Mia trat einen Schritt zurück und schnappte nach Luft. Aschenputtel hatte nicht annähernd so schöne Kleider wie diese hier getragen.

Mia ermahnte sich, jetzt bloß nicht überzuschnappen. In diesem Moment fühlte sie sich selbst wie ein Star, obwohl sie „nur“ die Assistentin einer echten Hollywoodlegende war.

Geschah das alles hier wirklich? War sie gerade in Cannes, arbeitete tagsüber für Olivia Dane und mischte sich am Abend unter die berühmtesten Leute des Filmgeschäfts, noch dazu in Gesellschaft des Produzenten Bronson Dane und in einem Victoria-Dane-Kleid? Hatte sie das große Los gezogen?

Auf dem Flug nach Südfrankreich hatten Mia und Olivia einige Stunden gearbeitet. Für den Rest des Tages hatte Olivia Mia freigegeben. Mia nahm an, dass ihre Chefin jetzt einen Einkaufsbummel durch Cannes machte.

Als sie sich an den verblüfften Ausdruck auf Olivias Gesicht erinnerte, nachdem sie ihr erzählt hatte, dass sie Bronson zu den Partys und Preisverleihungen begleiten würde, musste Mia insgeheim lächeln. Die Grand Dane hatte gelächelt, ihre juwelengeschmückten Finger ineinander verschränkt und „wunderbar“ gesagt.

Alles an ihrer Arbeit für die Grand Dane war unbeschreiblich. Mia war zuerst ängstlich gewesen, als sie Anthony verlassen hatte, aber jetzt wusste sie, dass es so am besten war. Sie mochte Anthony – allerdings nicht so, wie es die Boulevardpresse dargestellt hatte. Sie hoffte, dass er seine Ehe wieder kitten konnte.

Anthony tat ihr leid. Sie hatten nie miteinander geschlafen, obwohl sie viel Zeit miteinander verbracht hatten. Ihre Beziehung war immer nur rein geschäftlicher Natur gewesen.

Mia wusste, dass Olivia ihr glaubte, aber was war mit Bronson? Nahm er das Schlimmste von ihr an? Zwischen den beiden größten Filmemachern Hollywoods herrschte Eiszeit. Das bedeutete wohl, dass Bronson den Gerüchten glaubte, was er sogar angedeutet hatte.

Sie hoffte, dass sie seine Bedenken zerstreuen konnte. Er hatte schlechte Erfahrungen mit den Medien gemacht und würde daher sicher nicht alles glauben, was er hörte oder las.

Als Mia angefangen hatte, für Olivia zu arbeiten, hatte sie nichts erwartet. Mit Anthony war sie zu Drehorten gereist, aber nie zu einem Filmfestival. Und nun war sie in Cannes. Die Reise selbst war schon aufregend genug gewesen, aber durch die vielen Extras war der Aufenthalt geradezu sensationell.

Sie hatte ein einfaches Hotelzimmer erwartet und keine Suite. Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hatte sie sich vorgestellt, dass man sie wie eine Prinzessin behandeln würde. Sie würde nicht nach den Gründen dafür fragen.

Gedankenverloren schaute sie sich die Abendroben an und versuchte sich vorzustellen, wie sie darin tanzen würde. Obwohl Olivia Dane sie sehr gut bezahlte, würde sie sich nicht einmal eins dieser Kleider leisten können, geschweige denn fünf davon.

Anders als die meisten Frauen in Hollywood gab Mia nicht besonders viel Geld für Kleidung aus. Aber sie würde sich natürlich nicht weigern, diese klassischen, eleganten Entwürfe zu tragen.

Würde sie die ganze Nacht lang mit Bronson tanzen? Würde er seinen Körper an ihren schmiegen und die Arme um sie legen? Sie würde sich selbst belügen, wenn sie sich solche Gedanken nicht eingestand.

Was hatte seine Einladung zu bedeuten? Immerhin hatte er sogar seine Schwester eingespannt. Wollte er sie, Mia, wirklich nur besser kennenlernen, wie er behauptet hatte? Er fand sie wohl auch attraktiv. Sonst hätte er sie kaum gebeten, ihn zu begleiten.

Die Erinnerung an seinen Blick, als sie fast nackt aus dem Bad gekommen war, ließ sie erschauern. Sie war nicht eingebildet, aber auch nicht dumm. Bronson war gegen ihren Anblick keineswegs immun gewesen.

Moment mal!

Daran zu glauben, dass Bronson Dane sie attraktiv fand, klang irgendwie absurd. Er arbeitete mit Filmschauspielerinnen und verabredete sich mit Models. Außerdem war er mit einer atemberaubenden Visagistin verlobt gewesen. Dennoch hatten sich seine Augen bei ihrem Anblick geweitet. Ihr wurde wieder warm, als sie sich den Moment ins Gedächtnis rief, als er ihren Waschbeutel in Händen gehalten hatte. Sie hatten sehr nah beieinandergestanden. Er hatte männlich gerochen … und ausgesprochen sexy.

Mia zog das kurze schwarze Chiffonkleid vom Bügel, hielt es sich an und trat vor den großen Spiegel. Diese Traumrobe würde sie auf der ersten Party tragen. Alle Kleider waren hinreißend, aber dieses hier würde am meisten Eindruck machen. Sie wollte, dass sich Bronson an ihren ersten Auftritt in Cannes erinnerte.

Das schlichte schwarze Kleid und ihr dunkles Haar würden perfekt miteinander harmonieren. Sie wollte Bronson auf keinen Fall blamieren. Er sollte mehr in ihr sehen als die Assistentin seiner Mutter.

Ihr entschlüpfte ein Lachen, als sie das Kleid zurückhängte. Schließlich war sie nicht in Cannes, um aus Bronson einen Freund oder sogar ihren Liebhaber zu machen. Trotzdem wollte sie, dass Hollywoods begehrtester Junggeselle sie bemerkte. Gab es überhaupt eine Frau auf der Welt, die nicht von diesem starken, mächtigen Mann träumte?

Während Mia ein weiteres Kleid vom Bügel zog, meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Wie konnte sie das alles von dieser Familie annehmen, wenn sie etwas wusste, das deren Glück bedrohte?

Unglücklicherweise war es nicht an ihr, das Geheimnis aufzudecken. Sie fühlte sich zwischen der Loyalität gegenüber ihrem alten Arbeitgeber und ihrer neuen Arbeitgeberin hin- und hergerissen.

Plötzlich klingelte ihr Handy und riss sie aus ihren Grübeleien.

„Hallo?“

„Ich nehme an, dass Ihnen eines der Kleider gefällt.“

Mia ließ den Blick zur Schranktür hinüberwandern. „Ja, Bronson, sie sind alle wunderschön. Ich kann Ihnen und Victoria niemals genug dafür danken.“

„Mögen Sie auch den Schmuck?“, fragte er. „Wenn nicht, kann ich noch mal mit dem Juwelier telefonieren und etwas anderes bringen lassen.“

Mia schaute zur Kommode, auf der sich samtbezogene Schachteln stapelten. Sie hatte bisher keine davon geöffnet, glaubte aber, dass ihr Inhalt alles übertraf, was sie bisher gesehen hatte.

Sie berührte das einfache Medaillon, das sie an einer Kette um den Hals trug. „Alles ist wunderbar.“

„Die Filmvorführungen starten um halb acht“, fuhr er fort. „Wir werden gegen Viertel vor sieben auf dem roten Teppich erwartet. Ich erwarte Sie um halb sieben in der Lobby bei den Fahrstühlen.“

Ohne ein weiteres Wort legte er auf. Mia wusste nicht genau, wie sie sein Verhalten einordnen sollte. Auf dem Flug nach Cannes hatte er Small Talk mit ihr gemacht. Hin und wieder hatte sie sich beobachtet gefühlt. Wenn sie aufsah, hatte sie in Bronsons kristallblaue Augen geblickt. Wenn sie seinen Blick erwiderte, tat er so, als habe er sie nicht beobachtet. Konnte es sein, dass dieser Playboy in Wirklichkeit schüchtern und zurückhaltend war? Er konnte jede Frau haben. Jede Frau würde diesen blauen Augen bis ans Ende der Welt folgen. Genauso wie sie.

Mia seufzte, als sie zum Badezimmer ging. Ein Schaumbad würde ihr helfen, sich zu entspannen.

Zumindest soweit es dieses Geheimnis zuließ. Erst nachdem sie den Vertrag bei Olivia unterschrieben hatte, hatte sie davon erfahren. Wenn sie zwei Wochen früher bei Anthony gekündigt hätte, würde sie dieses Wissen jetzt nicht belasten.

In den vergangenen sechs Monaten hatte sie sich oft gewünscht, sie hätte nie etwas darüber gehört. Möglicherweise würde die Wahrheit irgendwann ans Licht kommen und die beliebteste Familie Hollywoods zerstören.

All das erinnerte sie an ein Ereignis in ihrer Kindheit, bei dem ebenfalls ein Geheimnis eine Rolle gespielt hatte.

Ihre Mutter hatte Mia darum gebeten, etwas für sich zu behalten. Aber Mia war erst fünf Jahre alt gewesen und hatte nicht gedacht, dass diese Bitte auch gegenüber ihrem Vater galt. Unterm Strich hatte die Wahrheit ihre Familie zerstört, ihre Eltern das Leben gekostet und Mia ein Leben bei diversen Pflegefamilien beschert. Selbst zwanzig Jahre später wurde sie immer noch von Schuldgefühlen geplagt.

Eine solche Katastrophe wollte sie gewiss kein zweites Mal auslösen. Aber sie sah sie jetzt bereits kommen. Doch aus Loyalität gegenüber einem Freund und aus Respekt vor Olivia würde sie den Mund halten.

Mia goss eine großzügige Menge Schaumbad ins Wasser und glitt in die runde, in den Boden eingelassene Wanne. Durch das Fenster sah sie in einen verschwenderisch angelegten Garten. Sie machte es sich im heißen Wasser gemütlich, seufzte und genoss den Ausblick.

Was würde Bronson an diesem Abend sagen, wenn er sie sah? Würde er enttäuscht sein oder angetan? Anthony hatte angedeutet, dass Bronson ein Playboy sei, und sie vor ihm gewarnt.

Drei Jahre lang hatte sie für Anthony gearbeitet. Dennoch hatte sie ihn und Bronson niemals im selben Raum gesehen. Sie hatte Berichte in der Boulevardpresse über den Streit zwischen ihnen gelesen, aber Anthony hatte immer nur gelacht, wenn sie ihn darauf angesprochen hatte. Er nahm nur wenige Dinge wirklich ernst.

Aber die Spekulationen über eine Affäre zwischen Anthony und ihr waren nicht zum Lachen gewesen. Weder sie noch Anthony hatten die Zeitungsartikel unterhaltsam gefunden. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie erfahren müssen, was ein Foto und eine fette Überschrift anrichten konnten.

Umso dankbarer war sie Olivia, dass sie ihr eine Chance gegeben und ihr einen Job angeboten hatte. Olivia glaubte offenbar nicht, was die Presse schrieb: dass Mia eine Lügnerin war.

Und nun war sie in Cannes und machte sich für eines der wichtigsten Filmfestivals der Welt fertig.

Beim Gedanken daran spürte Mia ihre Nervosität. Hoffentlich hatten Anthony und Bronson keine Gelegenheit, sich zu streiten. Es musste einen Weg geben, die Abneigung der beiden zu überbrücken. Vielleicht könnte sie etwas dafür tun. Aber wenn Bronson erfuhr, dass Anthony Olivias Sohn war, den sie vierzig Jahre zuvor zur Adoption freigegeben hatte, würde er ihn noch mehr hassen.

Sie hatte zwar ihre eigene Familie nicht retten können, aber vielleicht konnte sie etwas tun, damit diese Familie wieder zueinanderfand.

2. KAPITEL

Bronson hielt den Atem an. Er wusste, dass ihm der Mund offen stand, aber er konnte den Blick einfach nicht von dem abwenden, was da gerade auf ihn zukam.

Er hätte es nicht für möglich gehalten, aber Mia sah in einem Victoria-Dane-Kleid noch begehrenswerter aus als nur mit einem Handtuch bekleidet.

Er hatte sich ein bisschen schuldig gefühlt, weil er sie nicht in ihrer Suite abgeholt hatte. Aber nun wusste er, dass er sich richtig entschieden hatte. Von der Tür bis zum Bett waren es dort nur wenige Schritte.

„Ich muss sagen, dass ich selten sprachlos bin, aber jetzt fehlen mir die Worte …“ Bronson hob Mias schlanke Hand an die Lippen. „Ich freue mich über Ihre Begleitung heute Abend.“

Mia lächelte. „Nun, dann sind wir schon zwei.“

Wenn sie nicht die Assistentin seiner Mutter gewesen wäre, hätte Bronson sie innerhalb weniger Augenblicke dazu überredet, mit ihm ins Bett zu gehen. Wer weiß, vielleicht tat er es noch. Sie würden fast eine Woche lang in Cannes sein; das hier war der erste Abend. Nach allem, was er annahm, brauchte er ein bisschen Zeit mit ihr allein, oder?

Verdammt noch mal, an diesem Abend würden sich alle nach ihr umdrehen! Er verspürte einen Stich der Eifersucht. Wieso, zum Teufel, interessierten ihn plötzlich die Blicke anderer Männer? Solange diese Typen Mia nicht anfassten, war doch alles okay. Jetzt gehörte sie ihm. Mias Verbindung zu Anthony machte die Vorstellung, sie zu verführen, noch interessanter.

„Können wir?“, fragte er und legte dabei ihren Arm auf seinen.

Sie harmonierten perfekt, während sie durch die Lobby zu den sonnendurchströmten Glastüren gingen. Mias Absätze klackerten auf dem Marmorboden, der Jasminduft, den er mit ihr verband, hüllte ihn ein. Alles an ihr machte ihn verrückt. Er begehrte sie, traute ihr aber nicht. Seine Gefühle verwirrten ihn; er hasste es, die Kontrolle zu verlieren. Das allein schon sollte genügen, sie nicht zu mögen, aber sie besaß so viel Sexappeal, dass er sie vor Ablauf der Woche haben musste.

Als sie die Tür erreichten, legte er ihr eine Hand auf den Rücken, um sie hinauszugeleiten, und fühlte nackte Haut. Wenn er geglaubt hatte, dass sie mit diesem unglaublichen Dekolleté nur von vorn sexy aussah, dann hatte er sich gründlich getäuscht. Der Rückenausschnitt war so tief, dass es gerade noch schicklich war. Noch ein bisschen tiefer, und man hätte sie verhaftet.

Ein aufregender Rücken machte ihn immer an. Na toll! Eine verrückt spielende Libido war genau das, was er brauchte, um ein klares Urteil über diese Frau zu fällen. Als hätte er nicht schon genug Probleme deswegen. Die Tatsache, dass sie mit seinem Feind geschlafen hatte, sollte reichen, um Abstand zu schaffen. Aber wenn er etwas sah, das er haben wollte, konnte er einfach nicht die Finger davon lassen.

Er sollte die Sache seiner Schwester übergeben. Als sie dieses Kleid für Mia ausgesucht hatte, hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Das Kleid brachte Mias Größe, ihre Kurven, ihre gesamte Figur sehr vorteilhaft zur Geltung.

„Victoria weiß, wie man Frauen das Gefühl vermittelt, schön zu sein“, sagte Mia, die offensichtlich seine Gedanken las, während sie auf dem Uferweg entlanggingen, der zum roten Teppich führte. „Ich muss gestehen, dass ich alle Kleider anprobiert habe. Und jedes davon ist mein Lieblingskleid.“

Bronson hatte seine Hand nicht von ihrem Rücken genommen und beabsichtigte auch nicht, es zu tun. Sie fühlte sich einfach so zart, so weiblich, so wunderbar an.

Anthonys perfekter Spion.

„Victoria weiß, wie man schöne Frauen noch atemberaubender aussehen lässt.“

Mia schaute ihn an. „Danke.“

Er ging ein Stück vor ihr, bevor sie den Bereich mit den Paparazzi und deren Kameras sowie den roten Teppich erreichten. „Ich sollte Ihnen danken“, sagte er und beugte sich zu ihr, um ihr ins Ohr zu flüstern: „Ihretwegen platzen heute Abend alle Männer vor Neid.“

Sie lächelte unsicher. „Ich bezweifle das, aber danke.“

Offenbar meinte sie es ernst. Die meisten Frauen in Hollywood zeigten ihren Körper gern. Aber als er in Mias dunkle, temperamentvolle Augen blickte, sah er, dass sie einer Minderheit angehörte. Sie hatte ihm wirklich nicht geglaubt.

Das war okay, weil er ihr ebenfalls misstraute. Er würde die wahre Mia noch früh genug kennenlernen. Für den Fall, dass er ihr dafür dieses Kleid ausziehen musste, war das auch kein Problem.

Blitzlichter, das Geräusch der Kameras und Stimmen, die „Bronson“ riefen, begleiteten sie auf ihrem Weg über den roten Teppich zum Palais des Festivals.

Mia konnte nicht glauben, dass sie in einem Victoria-Danes-Kleid in Cannes über den roten Teppich schritt und Bronsons starke Hand dabei ihren nackten Rücken berührte. Sie versuchte, jedes Bild und jeden Eindruck festzuhalten, denn sie wusste, dass dies alles eine ferne Erinnerung sein würde, wenn sie erst einmal wieder in ihr Leben als Assistentin in die Staaten zurückgekehrt wäre.

Sie wusste, dass die Gefühle, die Bronsons Berührung auslösten, noch weit in die Nacht hinein in ihr nachklingen würden. Irgendwie gefiel ihr dieser Gedanke. Dieser Mann war wirklich etwas Besonderes.

Sie gestattete ihm, sie von Kamera zu Kamera zu führen. Er gab ihr einen sanften Schubs, wenn er wollte, dass sie zur nächsten Kamera ging. Wurden Stars es jemals müde, im Rampenlicht zu stehen? Mochten sie es, bei jeder Umdrehung und jeder Bewegung fotografiert zu werden? Wahrscheinlich nicht, aber für Mia war das alles neu, und sie genoss jede Minute davon.

Allerdings arbeitete sie lange genug in der Filmindustrie, um zu wissen, dass die Kameras alles einfingen. Würden die Betrachter der Fotos die Aufregung in ihrem Gesicht sehen? Würden sie aus ihrem Lachen herauslesen, dass sie gerade die großartigste Zeit ihres Lebens hatte? Sie hoffte sehr, dass die Fernsehbilder nicht ihre zittrigen Knie und Hände einfingen.

„Sie fragen sich, warum wir zusammen hier sind“, flüsterte Bronson ihr zu, als sie sich zu einer weiteren Kamera herumdrehten. „Entspannen Sie sich einfach.“

„Das sagt sich so leicht“, flüsterte sie zurück.

Mit dem Daumen strich er ihr über den Rücken. „Ich habe Sie nur mit einem Frotteetuch bekleidet gesehen, natürlich können Sie sich vor ein paar Kameras entspannen.“

Musste er sie ausgerechnet jetzt an diesen peinlichen Zwischenfall erinnern? Vielleicht tat er das nur, weil sie ihn beeindruckte.

„Sie werden Sie immerhin nicht beschuldigen, eine Affäre mit Ihrem Chef zu haben.“

Er lachte und zeigte den Kameras sein charmantestes Lächeln. „Das macht Sie noch anziehender für die Presse. Sie wissen nicht genau, was sie erwarten sollen.“

Sie gingen weiter den roten Teppich entlang, während noch mehr Stars eintrafen. Mia konnte nicht glauben, dass sie diesen Berühmtheiten so nahe war. Alle lächelten, winkten in die Kameras und gaben kurze Interviews.

In Wahrheit war ihr das Scheinwerferlicht zuwider. Aber die jüngsten Gerüchte hatten ihr keine Wahl gelassen. Die Medien weideten sich an jedem Skandal. Und obwohl Mia nichts daran lag, ihr Leben in den bunten Blättern ausgebreitet zu sehen, würde sie frohen Herzens ihr Privatleben opfern, wenn es Anthony zu einer glücklichen Ehe verhelfen würde. Die Medien würden darüber spekulieren, ob sie eine war, die von Bett zu Bett hüpfte, aber sie kannte die Wahrheit.

„Lassen Sie sie spekulieren“, murmelte sie. „Ich muss mich für nichts schämen.“

„Wir wollen hineingehen.“ Er hielt ihren Arm und winkte, als ein weiteres Blitzlicht aufleuchtete. „Ich bin sicher, meine Mutter wundert sich bereits, warum wir unsere Plätze noch nicht eingenommen haben. Sie ist immer zu früh da, um sich unter die Leute zu mischen.“

Mia hielt sich an Bronsons Arm fest, als sie die mit rotem Teppich ausgelegten Stufen hinaufgingen. „Und Sie mögen es nicht, sich unter die Leute zu mischen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich treffe genug davon auf den Partys.“

Mia lachte. „Sie sind ein wortkarger Mensch, oder?“

„Ich rede, wenn es was zu reden gibt. Wenn es Zeit ist zu arbeiten, arbeite ich.“ Er sah auf sie herab. Seine stahlblauen Augen erforschten ihre Lippen. „Und wenn es Zeit für Spiele ist, dann spiele ich.“

Sie erschauerte. Na super! Ein einziger Schlafzimmerblick genügte, und ihr ganzer Körper begann zu prickeln. Sie fand diesen Playboy von Minute zu Minute attraktiver.

„Weitere Fragen?“, flüsterte er ihr ins Ohr, während sein warmer Atem ihre Wange streifte.

Er mochte ein stiller Mensch sein, aber möglicherweise hatte er deshalb diesen Ruf als Meister der Verführung. Die zarte Berührung seines Daumens auf ihrem nackten Rücken, das Flüstern und diese blauen Augen – dieser Mann war unglaublich charmant.

Schnell drehte Mia sich um, sodass ihre Münder sich beinah berührten. „Ich nehme einen Gutschein.“

Bronson lachte. „Und ich bin sicher, Sie werden ihn bald einlösen.“

Sie lächelte, als sie das Foyer betraten. „Darauf können Sie sich verlassen.“

„Vous êtes trop gentil.“

Abrupt wandte Bronson den Kopf, als er das fließende Französisch hörte, in dem Mia mit einem bekannten französischen Produzenten redete. Sie lachte, tätschelte den fleischigen Arm des älteren Mannes und drehte sich zu Bronson um.

„Entschuldigen Sie“, sagte Mia, immer noch mit einem wunderschönen Lächeln auf den Lippen. „Auf dem Weg vom Schokoladenbrunnen hat mich Monsieur du Muir angesprochen. Wir haben ein bisschen geplaudert.“

Geplaudert? Auf Französisch? Zuerst tauchte sie wie die Sünde auf Stilettos in der Hotellobby auf und machte ihn mit ihrer Hochsteckfrisur und ihrem nackten Rücken, der regelrecht darum bettelte, von seinen Händen erforscht zu werden, verrückt. Und dann unterhielt sie sich in einem Französisch, das so klang, als habe sie ihr ganzes Leben in Frankreich verbracht?

„Ich hatte vergessen, dass Sie Französisch sprechen“, bemerkte er und griff sich ein Champagnerglas von einem Tablett, das ein Kellner vorbeitrug. Er reichte ihr das Glas und eine Serviette. „Meine Mutter hat mir erzählt, dass Sie eine Begabung für Sprachen haben.“ Von all den anderen begeisterten Hintergrundberichten über Mia ganz zu schweigen.

„Ich spreche Französisch, Spanisch und Italienisch.“ Sie nahm einen Schluck Champagner. Ihre feuchten, rosa geschminkten Lippen sahen einladend aus.

„Sie haben sogar Ihre sexy Sprechweise unterdrückt. Sind Sie sicher, dass Sie keine Schauspielerin sind?“ Das war nur halb als Witz gemeint.

Weder im Palais des Festivals noch auf der Icon Picture Party hatte Mia eingeschüchtert gewirkt. Sie hatte den roten Teppich mit ihrem Lächeln und ihren temperamentvollen Blicken regelrecht erleuchtet. Bronson zweifelte nicht daran, dass er seine Augen von den Fotos dieser italienischen Schönheit in der Boulevardpresse regelrecht würde losreißen müssen. Kein Mann auf der Welt würde ihm verübeln, dass er derart vernarrt in sie war.

Wie oft hatte sie wohl Anthony in den vergangenen Jahren zu solchen Veranstaltungen begleitet? Er hatte sie nie gesehen, aber er hatte auch nicht darauf geachtet, mit wem Anthony unterwegs war. Bisher jedenfalls nicht.

„Keine Schauspielerin“, versicherte sie ihm. „Ich finde es einfach romantisch und geheimnisvoll, andere Sprachen zu sprechen.“

„Romantisch und geheimnisvoll?“ Bronson lehnte sich vor. „Die perfekte Beschreibung für meine Begleiterin heute Abend. Würden Sie das nicht auch sagen? Ich würde gerne mehr über Sie erfahren.“

Bronson war gespannt, wie sie reagieren würde. Aber Mia betrachtete irgendetwas hinter ihm. Er drehte sich um, um zu sehen, was es war – und die Gelegenheit war vorüber.

„Da ist Ihre Mutter!“ Mia winkte.

„Meine Liebe!“ Olivia kam heran und küsste Mia auf die Wange. „Es tut mir leid. Ich bin seit der Eröffnung ununterbrochen beschäftigt. Ich habe viele alte Freunde getroffen. Es gibt eine Menge Aufregung wegen der Schönheit, die mit meinem Sohn unterwegs ist. Alle Männer schauen nur Sie an, Mia.“

Mia lachte. „Oh, nicht doch! Alle Frauen hier sehen fabelhaft aus.“

Aber nicht so fabelhaft wie du. Fast hätte Bronson diese Worte laut ausgesprochen. Es gab keine Frau in Cannes, die mit Mia konkurrieren konnte.

Konzentriere dich! Er war nicht hier, um sich von dieser Frau beeindrucken zu lassen. Er war hier, um herauszufinden, was sie von seiner Familie wollte. Er zweifelte nicht daran, dass Anthony irgendetwas im Schilde führte und den Arbeitsplatzwechsel von Mia dafür benutzte. Aber er musste sich keine Sorgen machen, dass seine Mutter Mia etwas über das Drehbuch erzählen würde, an dem sie arbeiteten. Ihr war es ebenso wichtig wie ihm, dass keiner davon wusste, bis es vollendet war.

Wenn sich herausstellte, dass Mia ebenso sauber und unschuldig war, wie die Recherchen über sie nahelegten, würde er nichts unternehmen. Aber wenn er herausfand, dass sie für Anthony arbeitete, dann würden sowohl Anthony als auch Mia den Tag bereuen, an dem sie den Weg der Danes gekreuzt hatten.

Bronson küsste seine Mutter. „Schade, dass Victoria nicht dabei sein kann.“

Olivia lächelte. „Die Arbeit ist ihr wichtiger als wir. Das Mädchen wird sich noch zu Tode schuften.“

Bronson lachte. „Das sagt die Richtige.“

Olivia legte zärtlich den Arm um Bronsons. „Ich bin stolz darauf, dass meine Kinder so hart arbeiten.“

Bronson wollte etwas darauf antworten, vergaß aber, was, als er Mia ansah. Etwas wie Schmerz blitzte in ihren Augen auf.

„Dass Sie einander haben, ist wirklich ein großes Glück.“ Mia trank einen Schluck Champagner. „Kommt Victoria normalerweise mit?“

„Fast immer“, sagte Olivia.

„Es ist spät geworden.“ Olivia hob ihr Gesicht und küsste Bronson auf die Wange. „Wir sehen uns morgen, Mia.“

Mia lächelte und nickte. „Ich bin Punkt acht in Ihrer Suite.“

Während seine Mutter in der Menge verschwand, drehte sich Bronson zu Mia um, die ihr leeres Glas auf dem Tablett eines vorbeikommenden Kellners abstellte.

Mia unterdrückte ein Gähnen. „Ich habe immer noch einen Jetlag.“

Er wollte nicht, dass der Abend bereits jetzt endete. Aber es war spät, und er hatte am folgenden Morgen schon sehr früh einen Termin. „Dann bringe ich Sie nach Hause.“

Mia lächelte und legte ihm die Hand auf den Arm. „Sie müssen nicht gehen, nur weil ich müde bin, Bronson. Ich bin sicher, dass hier viele Bekannte von Ihnen sind, mit denen Sie noch plaudern wollen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Es ist nach Mitternacht. Sie sind nicht die Einzige, die morgen früh ausgeruht sein muss.“

Er nahm ihre Hand und leitete sie zwischen den übrigen Partygästen hindurch. Dabei entging ihm nicht, dass die Männer Mia auffällig lange anschauten.

Mia selbst schien die Blicke nicht zu registrieren.

„Dabei dachte ich, dass in Cannes keiner der heißen Feger schläft.“ Sie schaute zu ihm auf und lächelte.

Diese Augen, die dunkel wie eine sternenlose Nacht waren, konnten einen Mann alles vergessen lassen. Wenn diese Frau ihn schon am ersten Abend so anmachte, wie sollte er den Rest der Reise überleben?

Mist! Er hasste es, verwundbar zu sein, und Mia begann, seine Gedanken zu beherrschen.

„Auch wir müssen schlafen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet“, entgegnete er.

Als sie in die warme Nacht hinaustraten, konnte Bronson die salzige Seeluft schmecken. Er fragte sich, ob Mia ähnlich schmeckte.

Die Jachten im Hafen wiegten sich sacht auf den Wellen des Mittelmeeres. Funkelnde Lichter spiegelten sich im Wasser und schufen eine romantische Atmosphäre, wie man sie sonst nur in Filmen sah.

„Es ist wunderschön hier“, sagte Mia und schmiegte sich an ihn, während sie das Meer betrachtete. „Wenn ich hier wohnen würde, würde ich mein ganzes Leben damit verbringen, den Wellen zuzusehen.“

„Wir haben bei uns auch eine Küste.“

Sie schaute ihn an und senkte den Kopf. „Schon. Aber Cannes ist so romantisch und aufregend. Ich mag Hollywood, aber dort ist alles irgendwie falsch.“

Bronson lachte. „Falsch? Haben Sie noch nie geschwindelt?“

„Nein“, entgegnete sie, ohne zu zögern. „An mir ist alles echt.“

Er musterte sie. „Das Äußere mag perfekt sein, aber haben Sie noch nie gelogen?“

Mia schaute wieder auf die See. „Wir alle werden irgendwann zum Lügen gezwungen, Bronson. Es gehört zur menschlichen Natur, die Wahrheit zu verbergen, wenn es uns in den Kram passt.“

Bronson stellte sich vor sie, ohne die Hand von ihrem Arm zu nehmen. Als sie ihn ansah, spiegelte sich das Mondlicht in ihren tiefen schokoladenbraunen Augen. Wenn er sich nicht vorsah, dann würde er sich in diesen Augen verlieren.

„Was verbergen Sie jetzt, Mia?“, flüsterte er.

Eine leichte Brise hob eine Strähne ihres Haares an und spielte mit ihr. Er schob ihr die Strähne hinter das Ohr und fuhr mit seinen Fingern über ihr Gesicht und ihren Nacken, bis sie den Atem anhielt.

„Ich habe es bereits gesagt.“ Mit der Zunge fuhr sie sich über die Lippen und machte Bronson damit ganz verrückt. Er wollte selbst das Salz von ihren Lippen lecken. „An mir ist alles echt.“

Bronson ließ die Hand hinter ihren Arm entlanggleiten, umfasste ihren Nacken und küsste sie.

Perfekt. Absolut perfekt.

Ihre Lippen fühlten sich unglaublich an. Weich, hingebungsvoll. Es mochte sein, dass Mia ein Geheimnis hütete, aber falls es etwas mit ihrer Sexualität zu tun haben sollte, dann hatte er es gerade entdeckt. In dieser Frau brodelte die Leidenschaft.

Sie schlang die Finger um seinen Arm. Er wusste nicht, ob sie ihn wegstoßen oder festhalten wollte. Also erkundete er weiter ihren Mund. Er würde nicht aufhören, sie zu küssen, solange sie ihn nicht darum bat. Sie schmeckte einfach zu gut. Langsam ließ er die Hände über ihren nackten Rücken gleiten. Dieses verfluchte Kleid. Er wollte, dass sie es auszog. Sofort.

Durch nichts voneinander getrennt als durch den Stoff ihrer Kleidung, konnte er die Wirkung spüren, die er auf sie hatte.

Ein Blitzlicht ließ ihn zusammenzucken. Er sah einen Paparazzo die Straße hinunterlaufen.

Verflucht.

„Oh Gott, hat er …?“

„Ja.“ Bronson knirschte mit den Zähnen. „Er hat ein Foto von uns gemacht, und nun ist er wahrscheinlich zu dem Blättchen unterwegs, für das er arbeitet.“

Mia hielt sich die Hand vor den Mund und schaute ihn mit großen Augen an. „Oh Bronson, es tut mir leid.“

„Dass wir uns geküsst haben oder dass man uns dabei erwischt hat?“

Sie strich die widerspenstige Haarsträhne zurück. „Versuchen Sie gerade herauszufinden, was ich über das denke, was gerade geschehen ist? Es tut mir nicht leid, dass wir uns geküsst haben. Ich bin nur überrascht. Außerdem bedauere ich, dass das nun in der Presse breitgetreten werden wird und Ihre Familie in die Schlagzeilen bringt – vor allem vor dem Hintergrund des letzten Skandals um mich.“

Das klang echt, aber auch ihr französischer Akzent vorhin hatte echt geklungen.

Achselzuckend entgegnete Bronson: „Mein Körper hat Ihr Gesicht verdeckt. Für die Medien sind Sie eine namenlose Frau.“

3. KAPITEL

Eine namenlose Frau.

Mia wünschte sich, dass die Bedeutung dieser Worte, die Bronson zwei Nächte zuvor benutzt hatte, zu schmerzen aufhörte. Nahm Bronson sie so wahr? War sie für ihn nur ein flüchtiges Abenteuer? Wie viele Frauen mit zitternden Knien und blutendem Herzen säumten den Weg dieses Hollywood-Playboys?

Wenn sie an ihren Kuss dachte, klopfte ihr Herz noch immer schneller. Würde sie nach dieser Woche nur eine Zahl in Bronsons Liebesstatistik sein?

Mia tupfte sich Gloss auf die Lippen, die nach Bronsons Berührung lechzten, und betrachtete sich im Spiegel des Waschraums, der fast so groß wie ein Ballsaal war. In dem kurzen pflaumenfarbenen Kleid, das eine Schulter unbedeckt ließ, fühlte sie sich genau so weiblich und sexy wie in allen Kleidern, die sie an den vergangenen Abenden getragen hatte.

Die dritte Nacht des Festivals war wie alle anderen, allerdings mit einer Ausnahme: Mehr denn je sehnte sich Mia nach Bronson, obwohl sie wusste, dass das idiotisch war.

Tief durchatmend legte sie sich eine Hand auf den Magen, um die Nerven darin zu beruhigen. In ein paar Tagen würden sie wieder in Hollywood sein, und Bronson wäre mit einem neuen Filmprojekt beschäftigt.

Mia verließ den Waschraum. Am Ende der Halle hätte sie fast Anthony Price umgerannt.

„Mia.“ Er umarmte sie freundschaftlich. „Ich dachte neulich schon, ich hätte dich gesehen. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass du in Cannes bist.“

Sie schrak zurück. „Das darfst du nicht tun. Wenn jemand ein Foto von uns macht!“ Was, wenn Bronson sie beobachtet hätte!

Anthony sah sich um. „Paparazzi dürfen hier nicht rein. Aber es tut mir leid. Ich war nur erfreut, dich zu sehen. Bist du mit Olivia hier?“

Mia lächelte ihren ehemaligen Arbeitgeber an. „Und mit Bronson.“

Anthonys Lächeln erstarb. „Wirklich. Wissen sie …“

„Ich habe kein Wort gesagt, Anthony.“ Ihr war klar, dass ihn die Vorstellung, ein vierzig Jahre altes Geheimnis zu lüften und möglicherweise Leben zu zerstören, nervös machte. „Ich habe dir versprochen, dass ich schweigen werde, und ich halte meine Versprechen.“

„Ich weiß.“ Er seufzte. „Ich hab noch immer keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Nach all diesen Jahren. Ihr Leben wird sich für immer verändern. Und nicht nur das. Die Situation zu Hause …“

Mia schaute sich um und lächelte ihn dann an. „Ja. Ich weiß. Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst. Dass ich nicht mehr für dich arbeite, bedeutet nicht, dass ich keine Zeit mehr für ein Gespräch habe.“

„Das freut mich, Mia“, erwiderte Anthony lächelnd. „Keine Ahnung, warum ich dich überhaupt habe gehen lassen.“

„Weil deine Ehe wichtiger ist als deine Assistentin“, erinnerte sie ihn. „Alles kommt wieder in Ordnung, Anthony. Ihr beide braucht nur ein bisschen Zeit. Aber ich sollte wieder auf die Party gehen, bevor Bronson mich sucht oder jemand uns zusammen sieht.“

„Du hast recht. Ich kann es mir nicht leisten, Charlotte zu verlieren. Aber es hat gutgetan, dich zu sehen.“

„Perfektes Timing.“

Mia schrak zusammen, als sie Bronsons tiefe Stimme hörte. „Bronson.“

„Lassen Sie sich nicht stören“, sagte er zu ihr, während seine Augen Anthony fixierten. „Ich hab mich gefragt, ob es Ihnen gut geht. Nun sehe ich, dass alles okay ist.“

Warum hatte sie das Gefühl, ertappt worden zu sein? Konnte sie sich nicht mit einem Freund unterhalten, ohne dass jemand dachte, dass etwas dahintersteckte?

Beide Männer starrten einander mit unverhohlener Abneigung an. Die Luft knisterte geradezu vor Spannung.

Sie sahen sich wirklich ähnlich.

Seltsam, dass Halbbrüder, die in verschiedenen Familien aufgewachsen waren, beide zu Filmgrößen aufgestiegen waren und einander verachteten.

„Ich wusste nicht, dass Sie mit Mia verabredet waren.“ Anthonys Stimme klang schneidend, als er sich an Bronson wandte. „Sie sind ein glücklicher Mann.“

„Ja“, gab Bronson eisig zurück und betrachtete sein Gegenüber mit zusammengekniffenen Augen.

Für Mia war die Situation unerträglich. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie Anthony sich jetzt fühlen musste, da er die Wahrheit schon seit sechs Monaten kannte.

Als Anthony beschlossen hatte, sich Olivia anzuvertrauen, hatte er Mia gesagt, dass er jeden Skandal vermeiden wollte. Obwohl er und Bronson einander nicht mochten, hatte Anthony immer respektvoll und bewundernd von der Grand Dane gesprochen. Er würde sie nie absichtlich kränken. Allerdings würde er sie mit der Wahrheit konfrontieren, und er hatte eine Menge Fragen.

Mia wollte nicht, dass die beiden Männer länger zusammen waren. Wenn sie einen Streit vom Zaun brachen, würde es am folgenden Tag in allen Zeitungen stehen, einschließlich der dazugehörigen Fotos.

Sie ging zu Bronson, legte die Hand auf seinen Arm und sagte: „Sind Sie fertig? Ich könnte jetzt ein Glas Champagner vertragen.“

„Es war schön, dich zu sehen“, wandte sie sich an Anthony.

Anthony küsste Mia auf die Wange. „Ich bin sicher, dass wir uns noch vor dem Ende des Festivals über den Weg laufen.“

Mia war erleichtert, als sie sich endlich voneinander verabschiedet hatten. Erneut tauchten Bronson und sie ins Partygetümmel ein. Stars unterhielten sich, tranken Drinks und lachten. Aber Mia dachte daran, dass sie zwischen Bronson und Anthony stand.

Solange sie sich um ihren Job kümmerte und alles andere Anthony überließ, musste sie sich keine Sorgen machen. Sie wollte zwar dabei helfen, die Geschwister zusammenzubringen, aber eigentlich war das nicht ihre Aufgabe, auch weil sie wusste, was lang gehütete Geheimnisse anrichten konnten.

Mia blieb an einem der Champagnerbrunnen stehen und drehte sich zu Bronson um. „Entspannen Sie sich.“

Durchdringend sah er sie an. „Ich bin entspannt.“

„Das waren Sie, bevor Sie Anthony getroffen haben. Jetzt könnten Ihre Blicke töten.“

„Jeder weiß, dass wir nicht miteinander klarkommen“, erwiderte Bronson. Er nahm sich ein Glas und füllte es mit Champagner. „Ich habe gedacht, dass Sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ist es Ihnen egal, dass Sie zusammen gesehen werden?“

„Ich habe für ihn gearbeitet. Wir sind miteinander befreundet. Nicht mehr und nicht weniger.“ Mia nahm das Glas, das Bronson ihr anbot.

„Sie wirkten sehr vertraut miteinander.“ Bronson hob eine Augenbraue. „Und die Presse sieht es auch so.“

Mia hatte nicht vor, etwas abzustreiten. Sie kniff die Augen zusammen. „Sie sollten wissen, dass man nicht alles glauben darf, was die Boulevardpresse schreibt. Warum interessiert Sie das überhaupt?“

Bronson ließ den Blick über die Menge schweifen. „Ob Sie und Ihr ehemaliger Arbeitgeber etwas miteinander hatten, geht mich nichts an, solange es nicht die Interessen meiner Familie berührt.“

Mia hätte sich fast verschluckt. Das kam der Wahrheit bedenklich nahe. Sie riss sich zusammen, als er sie erneut ansah.

„Das hat nichts mit meinem Job zu tun“, versicherte sie ihm. „Ich arbeite sehr gerne für Ihre Mutter.“

Sein Schweigen beunruhigte sie.

„Irgendetwas ist los, nicht wahr?“, fragte sie. Bronson war offensichtlich ärgerlich. „Sie schauen, als ob …“

„Lassen Sie’s gut sein, Mia.“

Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht glücklich über ihre Frage war. Irgendetwas war nicht in Ordnung, aber Bronson wollte es Mia nicht erzählen. Es ging sie zwar nichts an, dennoch war sie neugierig.

„Warum ärgert es Sie, dass ich mit Anthony gesprochen habe?“

„Es hat nichts mit Ihnen zu tun.“ Bronson schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er Mia an. „Es hat mich nur an etwas erinnert. An etwas, das lange zurückliegt.“

Eine andere Frau. Die Worte hingen in der Luft, als hätte er sie ausgesprochen. Eifersucht hatte sie am wenigsten bei Bronson Dane erwartet, aber sie hatte das Gefühl, dass die Vergangenheit die Gegenwart gerade einholte.

„Es ist spät geworden“, erklärte er. „Ich bringe Sie zurück.“

„Natürlich.“

Irgendetwas war zwischen den beiden Männern passiert, und ziemlich sicher wusste außer den beiden niemand davon. Sie hatte während ihrer Zeit bei Anthony nichts gehört.

Wenn Bronson deswegen schon so verärgert war, wie wütend würde er wohl sein, wenn er erfuhr, dass Anthony sein Bruder war?

Bronson wusste nicht genau, was ihn mehr wurmte: dass Anthony und Mia ein Geheimnis hatten oder dass sie einander offenbar sehr nahestanden.

Doch was auch immer zwischen Anthony und Mia gewesen war, war jetzt unwichtig. Wichtig war nur, dass Bronson Mia wollte. Jetzt. Nackt. In seinem Bett. Er verbot es sich, über seine letzte Beziehung zu einer Frau nachzudenken. Er hatte ihr vertraut – so sehr, dass er sein Leben mit ihr und ihrem gemeinsamen Kind hatte verbringen wollen.

Ihr gemeinsames Kind. Das war auch eine ihrer Lügen gewesen.

Bronson versuchte, nicht an diese schmerzvolle Zeit zu denken und sich auf das zu konzentrieren, wovon er etwas verstand. Lust. Gute, altmodische Lust. Er begehrte diese attraktive, temperamentvolle italienische Frau, die ihn mit ihrer Schönheit, ihrem Duft und der Macht, die sie ihn über ihn hatte, schier zur Verzweiflung brachte.

Als sie den Aufzug verließen, schlang Bronson den Arm um Mias Taille und führte sie zu ihren Zimmern am Ende der großen Halle.

Sie hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seit sie die Party verlassen hatten, obwohl beide die sexuelle Spannung zwischen ihnen deutlich spürten.

Mia zog die Chipkarte aus ihrer silberfarbenen Clutch und öffnete die Tür.

„Möchten Sie hereinkommen?“

Das war die Einladung, die er gebraucht hatte.

„Ja“, sagte er, schloss die Hände um ihr Gesicht und zog sie an sich.

Davon hatte er geträumt, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Danach verlangt, seit sie nach Cannes gekommen und in diesem rückenfreien Kleid in die Lobby gestöckelt war. Nun, von diesem Kleid, diesem Ein-Schulter-Irgendwas, konnte er sie leicht befreien.

Aber jetzt konzentrierte er sich erst einmal auf ihren Mund. Ihre vollkommenen Lippen, die seinen Kuss erwiderten. Die Lippen, nach denen er sich gesehnt hatte, seit er sie zwei Nächte zuvor hatte kosten dürfen.

Aufstöhnend schob er Mia in die Suite. Die Clutch glitt ihr aus der Hand, als die Tür hinter ihnen zufiel. Ihre Hände umschlossen seine Arme, während sie leise seufzte.

Bronson ließ einen Moment von ihr ab. „Ich will dich seit Tagen. Sag mir, dass du nicht mehr mit Anthony zusammen bist.“

„Wir waren nie zusammen“, versicherte sie ihm, bevor sie ihn erneut küsste.

Mia war genauso heißblütig und leidenschaftlich, wie er es sich vorgestellt hatte. Sie war noch hingebungsvoller als an ihrem ersten Abend. Vielleicht weil sie sich jetzt hinter verschlossenen Türen küssten. Keine Paparazzi, keine Medien.

Bronson dauerte das alles viel zu lange. Er wollte sie. Jetzt. Sofort.

Entschlossen schob er sie weiter in den Raum hinein, bis sie gegen einen Tisch stieß. Jegliche Kontrolle schien sich in Luft aufzulösen. Mit den Lippen zeichnete er eine heiße Spur kleiner Küsse auf ihr Gesicht, den Nacken und weiter hinunter zu ihrer bloßen Schulter.

Mia stemmte die Hände auf den Tisch und drängte sich ihm entgegen. Sie bot sich ihm an, als habe sie diese Gelegenheit ebenso herbeigesehnt wie er.

Schnell zog er ihr das Kleid über die Schulter nach unten. Ein Bedauern, das er schon ewig nicht mehr gespürt hatte, breitete sich in ihm aus.

„Ich habe kein Kondom dabei“, bekannte er und schalt sich, dass er nicht vorbereitet war.

„Ich hab etwas in der Kosmetiktasche auf dem Tisch hinter dir.“

Gott segne die Frauen, die vorbereitet waren! Er kramte in der Tasche, fand das Präservativ und legte es auf den Tisch neben Mias Hüfte.

Sie hatte sich das Kleid bis zur Hüfte hochgeschoben, sodass er freie Sicht auf das hatte, was sie darunter trug.

„Wirklich süß“, flüsterte er angesichts des kleinen Stückes purpurfarbener Spitze in derselben Schattierung ihres Kleides. Langsam zog er ihr den Slip über die gebräunten Beine und die Stilettos. Die Schuhe mussten bleiben, wo sie waren.

„Du glaubst nicht, wie verrückt du mich gemacht hast.“ Bronson schlüpfte aus seiner Hose, während Mia an seinem Kinn knabberte.

„Dann küss mich! Ich kann nämlich nicht mehr länger warten.“

Sie rutschte an den Rand des Tisches, während er sich das Kondom überstreifte, und schlang ihm die langen Beine um die Taille. Er verlor keine Zeit, in sie einzutauchen.

Ihre Körper bewegten sich im Einklang miteinander; Bronson musste sich zusammenreißen, um nicht zu schnell und zu fest zuzustoßen. Das berauschende Gefühl sollte so lange wie möglich anhalten.

Die letzten beiden Tage waren nur ein Vorspiel für diesen Moment gewesen. Die zarten Berührungen, der Flirt, all das waren nur kleine Schritte auf dem Weg zum Ziel gewesen. Nun hatte er Mia endlich dort, wo er sie haben wollte.

Bronson fand den perfekten Rhythmus. Der Seufzer, der ihren vollen, feuchten Lippen entschlüpfte, gefiel ihm.

Diese Lippen hatten ihn kirre gemacht. Er fühlte sich wahrhaftig wie ein Sechzehnjähriger, mit dem die Hormone durchgingen. Aber diese Lippen hatten ihn regelrecht verspottet, wenn sie lachten, wenn sie sprachen, wenn sie stöhnten.

Bronson bewegte sich schneller. Nichts konnte ihn jetzt noch aufhalten.

Schweißperlen bedeckten seine Stirn, und er küsste Mia wie ein Verdurstender.

Es interessierte ihn nicht, dass sie die Assistentin seiner Mutter war oder ob sie eine Beziehung zu Anthony hatte. Bronson wusste nur, dass er diese Frau wollte und dass er gerade dabei war, sich zu nehmen, was er wollte. Und Mia, diese rassige, dunkeläugige Schönheit, hatte sich ihm seit ihrem ersten Kuss unterworfen.

Plötzlich begann sie zu zittern und sich zu verspannen, und nun hielt auch er sich nicht länger zurück. Als sie gemeinsam kamen, wusste Bronson, dass es nicht bei einem Mal bleiben würde.

Nachdem sie langsam wieder zu Atem gekommen war, öffnete Mia die Augen und lächelte. „Ich muss sagen, ich mag es, wie du mich zu meinem Hotelzimmer begleitest.“

Bronson knabberte an ihren feuchten, geschwollenen Lippen. „Ich sollte dich warnen. Ich habe vor, das zu wiederholen, sobald ich mich erholt habe.“

Zitternde Finger spielten mit den Knöpfen seines Hemdes. „Vielleicht könnten wir uns vorm nächsten Mal ausziehen.“

Bronson lächelte. „Definitiv.“

Nein. Bronson interessierte sich nicht dafür, dass Mia die Assistentin seiner Mutter war, und auch nicht dafür, dass er ihr nicht traute. Und er war sich absolut sicher, dass er sich überhaupt nicht dafür interessierte, ob sie irgendwann mal eine Beziehung zu Anthony gehabt hatte.

Er wollte einfach sein Herz an niemanden mehr hängen. Schon gar nicht nach seiner letzten Beziehung. Seine Exverlobte hatte ihn nach einer Fehlgeburt verlassen, und er hatte geglaubt, das Kind sei seines gewesen.

Irgendwann hatte er erfahren, dass seine Exverlobte Anthony an einem Filmset begegnet war, wo sie als Make-up-Artist gearbeitet hatte. Ironischerweise hatte Bronson sie auf dieselbe Art kennengelernt. Als Bronson und sie sich nach dem Tod des Ungeborenen zerstritten hatten und ihre Beziehung den Bach runterging, hatte sie ihre Affäre mit Anthony zugegeben, bevor sie ihn verließ.

Lust und Sex. Für mehr war in Bronsons Leben kein Platz, und die nackte Frau in seinen Armen würde sich äußerst gut darin machen.

4. KAPITEL

Sechs Wochen später.

Was hatte Mia gegessen? Sie stöhnte, schloss die Augen und ließ den Kopf auf die weichen Sofakissen fallen. In den sieben Monaten, in denen sie für Olivia arbeitete, hatte sie sich nie freigenommen. Aber an diesem Tag war es unmöglich, den Nachmittag durchzustehen, ohne ins Badezimmer zu sprinten, um sich zu übergeben.

Olivia hatte ihr Mitleid bekundet und Mia nach Hause geschickt. Vorher hatte sie ihr das Versprechen abgenommen, anzurufen, wenn es ihr schlechter ging oder sie irgendetwas brauche. Mia hätte jedem alles versprochen, nur um sich zurück nach Hause schleppen zu dürfen, sich auf dem Sofa auszustrecken und ganz still dazuliegen. Warum schien das Haus sich immer noch zu drehen?

Sie hatte den Laptop dabei und fühlte sich im Wohnzimmer am wohlsten. Oder besser: Würde sich wohlfühlen, wenn der Raum endlich aufhören würde, sich zu drehen, und ihr Magen Ruhe gab. Am Abend zuvor hatte sie nur ein Stück Backfisch und ein bisschen gekochtes Gemüse gegessen. Nichts von beidem konnte dafür verantwortlich sein, dass ihr so übel war. Sich auf die Fanbriefe per E-Mail zu konzentrieren, raubte ihr die letzte Kraft.

Mia seufzte, als sie die nächste Mail öffnete. Jemand wollte wissen, wann Bronson einen Film mit seiner Mutter in der Hauptrolle drehen würde. Die Öffentlichkeit liebte die Familie Dane. Die Tatsache, dass die Grand Dane und der beste Produzent Hollywoods noch nie zusammengearbeitet hatten, gab dem Interesse immer wieder neue Nahrung.

Warum schien alles immer irgendwie mit Bronson zu tun zu haben? Sie hatte in den vergangenen sechs Wochen nichts von ihm gehört. Nachdem er Cannes verlassen hatte, war er auf Geschäftsreise gegangen. Sie war einmal im Zimmer gewesen, als er angerufen hatte, um mit seiner Mutter zu schwatzen, aber näher war sie diesem Mann, mit dem sie die aufregendste Nacht ihres Lebens verbracht hatte, nicht mehr gekommen.

Offensichtlich lebte er sein altes Leben weiter; warum musste sie nur dauernd an seine Berührung und seine Küsse denken? Daran, wie er schmeckte? Sie lebte in Hollywood. Sexpartner kamen und gingen. Unglücklicherweise bedeutete Sex für Mia mehr als eine flüchtige Begegnung.

Sie erinnerte sich daran, dass er ihr versichert hatte, dass er keine dauerhafte Beziehung zu ihr wollte. Sie verstand das und hatte ihre moralischen Bedenken für eine leidenschaftliche Nacht mit dem heißesten Junggesellen Hollywoods aufgegeben.

Aber in ihrem Inneren war sie das kleine Mädchen, das sich wünschte, dass Märchen wahr werden würden. Sie träumte von einem Mann, der ihr die Welt zu Füßen legte, und einem Haus, in dem sie glücklich miteinander leben würden. Natürlich behielt sie diese Wünsche für sich, aber gegen ihre Fantasien konnte sie sich nicht wehren.

Unerfüllte Träume waren in Hollywood unglücklicherweise an der Tagesordnung. Aber sie scherte sich nicht darum, ob ihr Wunsch, dass sich ihre Träume erfüllen sollten, sie naiv erscheinen ließ. Sie war und blieb einfach eine unverbesserliche Romantikerin.

Lächelnd legte sie die Kette mit dem Medaillon um, das ein Bild ihrer Eltern enthielt. Sie hatte oft von ihren Eltern geträumt, als sie aus Italien in die USA gekommen war. Vielleicht war sie einfach von Natur aus eine Träumerin. Dann sollte sie härter daran arbeiten, dass sich ihre Träume erfüllten. Ein Teil von ihr wollte Bronson. Er war so aufmerksam gewesen und hatte ihr so viel gegeben. Abgesehen davon hatte er sich in der Woche, die sie miteinander verbracht hatten, als echter Gentleman gezeigt.

Mias Finger flogen über die Tastatur, als sie dem Fan von Olivia antwortete. Zurzeit gebe es keine derartigen Pläne, aber das bedeute nicht, dass Olivia und ihr Sohn nicht irgendwann einmal einen gemeinsamen Film machten. Mia wusste, dass die beiden gern zusammen drehen wollten, sie hatten bisher allerdings noch nicht das richtige Skript gefunden. Jedenfalls hatte man ihr das gesagt.

Diesen Teil ihrer Arbeit mochte sie am meisten. Sie hörte gern von Leuten, die sich an die Filme der Grand Dane erinnerten und sie auf der Kinoleinwand sehen wollten. Ohne Zweifel liebte das Publikum Olivia Dane. Ihre Schönheit und ihre Intelligenz waren unübertroffen.

Nachdem Mia weitere Fanbriefe gelesen hatte, die allesamt ihre Liebe für diese erfolgreiche Familie ausdrückten, fühlte sie sich schuldig.

Wann würde Anthony Olivia sagen, dass er die Wahrheit kannte? Einerseits wünschte sich Mia, dass die Last, die das Geheimnis für sie bedeutete, von ihr genommen werde. Auf der anderen Seite wusste sie nicht, welchen Preis die Wahrheit fordern würde. Würden die Danes ihr altes Leben wieder aufnehmen können? Sie waren zwar eine verschworene Gemeinschaft, die zusammenhielt und bereits einige Probleme überstanden hatte, aber ein Skandal von einem solchen Ausmaß konnte die Familie auseinanderbrechen lassen.

Dass Olivias makelloser Ruf ruiniert wäre, würde die ganze Sache nicht besser machen.

Mias Magen machte sich wieder bemerkbar. Sie wäre am liebsten ins Bett gegangen. Dummerweise war es erst zehn Uhr morgens. Weitere fünfzig Mails warteten darauf, beantwortet zu werden. Außerdem musste sie noch einige Anrufe wegen einer Fernseh-Talkshow erledigen, in der Olivia ihren neuen Film vorstellen wollte.

Als sie gerade eine weitere Mail öffnete, klingelte es an der Tür des Cottages. „Cottage“ war eigentlich eine unpassende Bezeichnung für ein fünftausend Quadratmeter großes Gästehaus mit Swimmingpool, Whirlpool und einem Filmvorführraum, dessen Leinwand vom Boden bis an die Decke reichte. Allerdings war dieses Gebäude – verglichen mit dem zweiundzwanzigtausend Quadratmeter umfassenden Haupthaus – wirklich ein Cottage.

Mia rappelte sich auf. Dann sah sie auf ihr wenig repräsentables Äußeres hinab und zuckte die Schultern. Nachdem Olivia sie nach Hause geschickt hatte, hatte sie sich etwas Bequemeres übergeworfen. Sie hatte nicht damit gerechnet, an diesem Tag noch jemandem zu begegnen.

Wenn es nicht Olivia war, hatte sie sicher einen ihrer Angestellten geschickt, um nach ihr zu sehen. Mia mochte es, dass sich Olivia um sie kümmerte. Mias eigene Mutter hatte vom Leben nicht die Chance erhalten, so fürsorglich zu sein. Insgeheim hoffte Mia allerdings, dass Olivia nicht den Koch mit Essen vorbeigeschickt hatte. Allein der Gedanke ließ ihren Magen revoltieren.

Die kühlen Fliesen fühlten sich erfrischend an. Während Mia durch den Flur ging, fühlte sie sich ein bisschen besser als auf der Couch. Vielleicht sollte sie einfach die Klimaanlage hochdrehen oder sich ein kaltes Tuch auf die Stirn legen.

Mia öffnete die Tür und erblickte Bronson. Er sah einfach vollkommen aus mit seiner kalifornischen Bräune, seinen leicht verstrubbelten Haaren, seinem grünen Polohemd und den dunklen Designerjeans. So ganz anders als sie. Halt mal, ihr Haar war auch unordentlich, wenn auch nicht so stylish wie seins! Ihr Haar – ein Knoten mit lauter gelösten Strähnen – sah mehr nach „Raus-aus-meinem-Gesicht-mir-wird-gleich-schlecht“ aus.

„Ich habe meine Mutter angerufen. Sie sagte mir, du seist krank“, sagte Bronson und lehnte sich gegen den Türpfosten. „Brauchst du etwas?“

Das durfte doch nicht wahr sein! Er tauchte einfach so auf, nachdem er wochenlang nichts von sich hatte hören lassen? Ein Anruf hätte genügt, dann hätte sie sich keine Sorgen um ihr Aussehen zu machen brauchen. Wenn er sie nicht bereits von seiner Liste möglicher Sexualpartner gestrichen hatte, dann würde ihr Anblick ihn sicher dazu bringen, das nächste Starlet anzumachen, das ihm über den Weg lief.

„Brauchst du irgendwas?“, fragte er noch einmal.

Was sie am dringendsten brauchte, war, dass er ging und erst dann wieder auftauchte, wenn sie ihre Haare in Ordnung gebracht hatte und ihr Atem nicht mehr nach dunklem Keller roch.

„Alles okay.“ Sie lächelte. „Bist du herübergekommen, um zu sehen, wie es mir geht?“

Bronson zuckte die Schultern. „Ich bin vor ein paar Tagen zurückgekommen und wollte ohnehin bei dir vorbeischauen.“

„Wirklich?“ Wenn sie an die sechs Wochen dachte, die seit ihrer letzten Begegnung vergangen waren, war sie ein wenig skeptisch. „Warum?“

„Willst du die Wahrheit wissen?“

Mia griff nach dem Türrahmen, um sich festzuhalten, und zog eine Braue hoch. Ja, sie würde gerne etwas Wahres von diesem Mann erfahren, mit dem sie geschlafen hatte und den sie nicht aus dem Kopf bekam.

Bronson zeigte ihr sein schönstes Zahnpastalächeln. „Ich wollte dich sehen und hatte gehofft, wir könnten bei mir zu Abend essen. Aber wir können es auch verschieben, wenn du dich nicht gut fühlst.“

Wenn sie die Energie gehabt hätte, vor Freude hin und her zu hüpfen, hätte sie es wahrscheinlich gemacht.

„Ich hab noch nicht mal gesagt, ob ich überhaupt mit dir essen will, und du machst schon Pläne, das Treffen zu verschieben?“, fragte sie. „Donnerwetter! Du bist ganz schön überzeugt von dir!“

Er griff in seine Hosentasche und zog eine zusammengefaltete, abgegriffene Boulevardzeitung hervor.

Mia nahm sie ihm ab, faltete sie auseinander und betrachtete das Cover. Es zeigte sie in inniger Umarmung. Es war ihr erster Kuss, bei dem ein Paparazzo sie erwischt und fotografiert hatte. Das Bild war nicht nur riesengroß aufgezogen, um das Hauptbild herum waren weitere, kleinere Fotos gruppiert: Schnappschüsse vom roten Teppich, ein Foto, das sie zeigte, als sie auf Olivia warteten, mit der sie zum Mittagessen verabredet waren – aber natürlich war Olivia nicht auf dem Foto zu sehen.

Die Schlagzeile lautete: DANES NEUE FLAMME? Mia hatte diese Bilder bereits im Internet gesehen und noch schlimmere Schlagzeilen, aber nach einigen Tagen waren sie wieder verschwunden. Andere Hollywooddramen waren interessanter gewesen.

Fragend sah Mia Bronson an. „Was macht dich so sicher, dass ich dich wiedersehen will? Bist du nicht derjenige gewesen, der das Ganze bei einer Nacht belassen wollte?“

Ungeniert musterte Bronson sie. Sie fühlte sich plötzlich erhitzt und sogar ein bisschen besser. „Ich mag es gerne einfach, aber nachdem ich diese Bilder gesehen habe, wusste ich, dass ich dich wiedersehen muss. Es liegt an der Art, wie du mich anschaust, wie wir aussehen, wenn wir uns küssen. Es ist schwer zu leugnen, dass zwischen dir und mir die Chemie stimmt. Die Kamera zeigt die Wahrheit.“

Mia erschauerte. Sie warf die Zeitschrift auf den Tisch neben der Tür. „Auf den meisten Fotos sehen wir uns an. Ich würde sagen, die Anziehung beruht auf Gegenseitigkeit.“

„Ich sagte ja, die Kamera zeigt die Wahrheit. Deshalb möchte ich dich wiedersehen.“

Und gerade jetzt fühlte sie sich so schlecht und sah auch alles andere als gut aus. War das die Stimme des Schicksals, die ihr sagte, sie solle sich nicht weiter mit diesem Mann einlassen? Sie kannte ein Geheimnis, das den festen Boden, auf dem seine Welt errichtet war, erbeben lassen würde. Andererseits wollte sie diesen charmanten, aufregenden Mann erneut treffen. Sie wollte wissen, was es mit der Chemie wirklich auf sich hatte.

„Ich rufe dich später an, um zu hören, wie es dir geht“, erklärte er. „Wenn du dich danach fühlst, dann habe ich ein großartiges Dinner für dich in Planung.“

Mia machte große Augen. „Du willst kochen?“

„Ich habe Kochverbot in meiner Küche, weil ich so schlecht am Herd bin. Aber ich versichere dir, mein Koch wird ein Essen zubereiten, das du nie vergisst.“ Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Meine Angestellten werden frei haben, wenn du kommst. Du kannst also meine ungeteilte Aufmerksamkeit genießen. Wenn du dich nicht gut fühlst, können wir es verschieben. Morgen?“

„Nein. Mir geht’s gut. Ich brauche nur ein bisschen Ruhe.“

Bronson trat über die Türschwelle und zwang sie, einen Schritt zurückzugehen. Zärtlich streichelte er ihr die Wange, so als wolle er sie daran erinnern, was seine Berührungen in ihr auszulösen vermochten. Seine Liebkosungen hatten sie in Cannes fast in den Wahnsinn getrieben. Sie wollte mehr davon. Hoffentlich fühlte sie sich nach einem Nickerchen besser.

„Du siehst blass aus.“ Besorgt runzelte er die Stirn. „Wir verschieben es auf morgen.“

Toll! Sie dachte an seine Hände auf ihrem Körper, und er machte Bemerkungen über ihr schlechtes Aussehen.

Vorsichtig legte er ihr die Hand auf die Stirn, als wolle er feststellen, ob sie Fieber habe. Mia schob seine Hand weg.

„Hör zu, Bronson! Ich bin nicht in der Stimmung, Arzt und Patient zu spielen. Morgen werde ich mich besser fühlen. Dann können wir bei dir zu Abend essen. Vielleicht bringe ich sogar mein Stethoskop mit.“

Er grinste. „Nichts wäre mir lieber, als deine Gewohnheiten im Bett besser kennenzulernen, aber wir warten erst mal, bis es dir besser geht. Okay?“

Sie stimmte zu. „Morgen. Ich werde da sein.“

„Ich hole dich um fünf Uhr ab“, sagte er.

Dann drehte er sich um und schlenderte zu seinem schwarzen Sportwagen. Sie blieb an der Tür stehen. Der Mann da war so fix in ihr Leben zurückgekehrt, wie er es verlassen hatte, und sie stand da und war wie schon beim ersten Mal hin und weg.

Es war ihr egal, wie sie aussah. Sie wollte nur wieder mit Bronson zusammen sein. Er hatte mehr Power in seinen Lippen und den Fingerspitzen als andere Männer in ihrem gesamten Körper.

Sie würde nicht zulassen, dass Anthonys Geheimnis oder dieser dumme Virus sie davon abhielten, ihn zu treffen. Sie wollte die Wiederholung ihrer Cannes-Erlebnisse auf keinen Fall verpassen. Wenn Bronson in der Zwischenzeit an sie gedacht hatte – und das hatte er offenbar, sonst würde er diese Zeitschrift nicht mit sich herumtragen –, dann begehrte er sie ebenso sehr, wie sie ihn begehrte.

Eine Esseneinladung bei ihm? Ungestört? Das schrie geradezu danach, die aufregendste Unterwäsche anzuziehen.

Bronson sprang kopfüber in seinen Swimmingpool, in dem man die Olympischen Spiele hätte austragen können. Einige Bahnen zu schwimmen half ihm, den Kopf frei zu bekommen. Der Pool war einer seiner Lieblingsplätze in seinem Haus in Beverly Hills. Er fand das Wasser sogar dann erfrischend, wenn die Sonne bereits untergegangen war und die Sterne funkelten. Hier konnte er über sein Leben nachdenken – in dem Mia Spinelli eine Rolle zu spielen begann.

Noch nie hatte ihn eine Frau von der Arbeit abgehalten. Seit Cannes aber hatte Mia genau das getan.

Die erste Boulevardzeitung, die er in die Finger bekommen hatte, hatte ihn zusammenzucken lassen. Aber das war nur die übliche reflexartige Reaktion auf die Sensationspresse gewesen. Nachdem er sich aber die Fotos näher angesehen hatte, war ihm etwas aufgefallen: Er hatte nicht gelogen, als er Mia gesagt hatte, dass Kameras die Wahrheit zeigten.

Bronson stieß sich vom Beckenrand ab und schwamm zurück. Der Paparazzo hatte ihren ersten Kuss im richtigen Moment und aus dem richtigen Winkel aufgenommen. Mias Gesicht sah darauf geheimnisvoll aus. Andere Fotos zeigten Mia von hinten. Ihm war aufgefallen, wie er sie auf diesen Bildern ansah.

Lüstern. Er konnte ihre Anziehungskraft nicht leugnen. Seit er mit Mia geschlafen hatte, konnte er an nichts anderes denken. Glücklicherweise hatte seine Geschäftsreise nicht so lange gedauert. Nun konnte er sich voll und ganz darauf konzentrieren, die verführerische Mia wieder in sein Bett zu bekommen.

Außerdem musste er sie sowieso im Auge behalten, denn er war nach wie vor nicht sicher, ob Mia kein doppeltes Spiel mit Anthony und Olivia spielte.

Als er sich auf den Beckenrand stützte, um sich auszuruhen, schwor sich Bronson, dass er herausfinden würde, ob Mia etwas verbarg oder nicht. In der Zwischenzeit schadete es nicht, sich ein wenig mit ihr zu amüsieren.

Am nächsten Morgen kehrte die Übelkeit zurück. Mia schaffte es gerade noch bis ins Badezimmer.

Sie hatte sich nachmittags und abends gut gefühlt. Warum war ihr nun schon den zweiten Morgen so übel?

Mia hielt inne, als sie die Spülung bedienen wollte. Oh nein! Das durfte nicht wahr sein! Das Leben konnte nicht so grausam sein, oder doch?

Während sie wieder auf die Füße kam, rasten ihre Gedanken. Sie rechnete.

Ihre Periode war immer unzuverlässig gewesen, aber so lange war sie noch nie ausgeblieben. Unwillkürlich glitt ihr Blick zu ihrem Bauch. Bestimmt wuchs kein Baby in ihr heran. Dummerweise sprachen die Fakten dafür, dass sie schwanger war.

Sie hatte keinen Test im Haus, weil sie im Traum nicht damit gerechnet hätte, jemals einen zu benötigen. Waren diese Tests überhaupt zuverlässig? Mia war verunsichert und wusste nicht, was sie tun sollte.

Sie musste zu einem Arzt gehen und die Wahrheit herausfinden.

Mit zitternden Beinen, den Kopf voller Gedanken, die um eine mögliche Schwangerschaft kreisten, wusch sich Mia das Gesicht, putzte die Zähne, zog sich ein trägerloses sonnengelbes Kleid über und Flipflops an.

Sie griff nach ihren Schlüsseln und ihrer Handtasche, rannte in die Garage und zog dabei ihr Handy hervor. Während sie in den Wagen stieg, teilte eine Arzthelferin ihr mit, sie könne ohne Termin vorbeikommen. Gott sei Dank. Mia hoffte, ihre Übelkeit werde sich so lange in Grenzen halten, bis sie das Resultat des Tests kannte.

Mia raste von Palmen gesäumte Straßen entlang. Niemals zuvor hatte sie sich so sehr davor gefürchtet, zum Arzt zu gehen. Sobald sie wusste, was mit ihr los war, konnte sie an das Essen mit Bronson denken und an das, was damit verbunden sein würde.

Aber dieser Abend würde völlig anders ablaufen, wenn der Schwangerschaftstest positiv ausfallen würde.

Das Letzte, was sie wollte, war ein neuer Skandal, der mit ihrem Namen verbunden war. Schließlich erholte sie sich noch immer davon, von den Medien als „die andere Frau“ in Anthonys Leben gehandelt zu werden.

Mia parkte und versuchte die Schritte zu verlangsamen, aber ihre Ungeduld trieb sie zur Eile. In dem klimatisierten Gebäude fuhr sie mit dem Aufzug in den dritten Stock, in dem der Arzt seine Praxis auch am Wochenende geöffnet hatte.

Sie betrat das mit Teppichen ausgelegte Wartezimmer und setzte sich. Als die Arzthelferin nach wenigen Minuten ihren Namen aufrief, war Mia erneut schwummerig. Sie musste sich zusammenreißen.

Eine halbe Stunde später taumelte Mia aus der Praxis und lehnte ihre Stirn gegen eine Wand. Sie versuchte sich vorzustellen, wie ihr künftiges Leben verlaufen würde.

In vierunddreißig Wochen würden Bronson und sie ein Baby haben und für einen neuen Skandal in Hollywood sorgen.

5. KAPITEL

Mia wollte die Verabredung mit Bronson am liebsten vergessen und sich in ihrem Haus verstecken, solange sie schwanger war.

Sie hatte nicht geglaubt, dass eine Schwangerschaft jemals eine Rolle in ihrem Leben spielen würde, insbesondere dann nicht, wenn sie weder verliebt noch verheiratet war oder ein Baby geplant hatte. Aber nun musste sie es hinnehmen und ehrlich zu Bronson sein. Sie musste es ihm sagen.

Egal wie Bronson reagierte, sie durfte das Kind weder als Fehler noch als Belastung empfinden. Das Baby konnte nichts dafür, dass es von zwei Menschen gezeugt worden war, die ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hatten.

Ihre Lage hatte sie nicht gerade in Hochstimmung versetzt, und daher hatte Mia zwar nicht gerade ihre älteste Unterwäsche angezogen, aber auf ihren schönsten BH und den aufreizenden Slip war ihr die Lust vergangen. Sie zweifelte daran, dass Bronson ihre neuesten Errungenschaften von Victoria’s Secret sehen wollte, nachdem die Bombe erst mal geplatzt war.

Mist, sie hatten doch ein Kondom benutzt!

Wenn sie gedacht hatte, sie sei nervös gewesen, bevor sie das Ergebnis erfahren hatte, dann war das noch gar nichts im Vergleich zu dem Unbehagen, das sie verspürte, wenn sie nur daran dachte, Bronson zu sagen, dass er Vater werden würde. Sie wusste, dass er verlobt gewesen war und dass seine Exverlobte eine Fehlgeburt gehabt hatte. Wie würde er auf ihre Schwangerschaft reagieren?

Sie überlegte sich immer wieder, wie sie es ihm sagen sollte. Aber wie konnte man jemandem beibringen, dass sein Leben in Zukunft komplett auf den Kopf gestellt würde? Sie war nicht seine Verlobte, nicht einmal seine Geliebte. Wie würden sie mit der Situation umgehen?

Die ganze Situation war äußerst kompliziert. Der Skandal würde die Medien zur Hochform auflaufen lassen. Zuerst hatten sie sie beschuldigt, Anthonys Ehe zu zerstören, jetzt trug sie Bronsons Baby aus.

Nicht auszudenken, was passierte, wenn herauskam, dass die beiden Männer Brüder waren! Die Telefondrähte würden glühen. Sie wollte nicht an die Schlagzeilen denken, die die Geburt des Kindes begleiten würden.

Als es an der Tür klingelte, sprang sie auf. Sie atmete kurz durch, sprach ein Stoßgebet, glättete ihr blaues Kleid und öffnete die Tür.

Lächelnd begrüßte sie Bronson, auch wenn es schmerzhaft war, ihn zu sehen. Das hatte sie nicht erwartet. Es war ihr wichtig, was er sagen und tun würde. Denn bald würde eine weitere Bombe zünden, die mindestens genauso viel Durcheinander anrichten würde wie ihre Schwangerschaft.

Er musterte sie. „Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass wir nicht ausgehen. Du siehst umwerfend aus.“

Mia schluckte und versuchte, ruhig zu bleiben. „Danke“, erwiderte sie, schloss die Tür hinter sich und ließ sich von ihm zu dem luxuriösen schwarzen Geländewagen führen. Als sie die Wagentür öffnen wollte, griff Bronson um sie herum und erledigte das für sie. Bevor sie einsteigen konnte, umfasste er ihre Schultern und zog sie an sich.

„Ich kann nicht länger warten.“

Bronsons Lippen fanden ihre. Mia hielt sich an seinen muskulösen Oberarmen fest und erwiderte seinen Kuss mit aller Leidenschaft, zu der sie fähig war. Baby hin oder her, das hier war der Mann, den sie begehrte.

Lächelnd trat Bronson einen Schritt zurück. „Wir könnten das Hauptgericht zuerst essen.“

Mia brauchte nicht zu fragen. Sie wusste genau, dass das Hauptgericht nicht von seinem Koch zubereitet worden war.

Seufzend kletterte sie in den Geländewagen. Sie könnte es Bronson verheimlichen. Millionen von Frauen hielten die Nachricht von ihrer Schwangerschaft zurück. Wenn das Geheimnis erst einmal gelüftet war, konnten sie weitermachen und die Konsequenzen tragen.

Bronson stieg ebenfalls ein und startete den Motor. Als sie den Freeway Richtung Beverly Hills erreicht hatten, nahm er ihre Hand. „Ist alles in Ordnung? Du bist so still.“

„Alles okay“, sagte sie. Ihre Nerven beruhigten sich von Minute zu Minute. „Ich bin bereit, mich zu entspannen.“

Als ob das möglich wäre!

„Du fühlst dich nicht mehr schlecht, oder? Geht es dir besser?“

Mia unterdrückte ein Stöhnen. „Es ist vorübergegangen.“ Aber es ist heute Morgen zurückgekehrt.

„Fein. Mein Koch hat nämlich eine fantastische Lasagne mit frischem Salat und einer Vinaigrette zubereitet. Außerdem gibt es italienisches Brot und als Nachtisch Tiramisu.“

Mia lächelte beeindruckt. „Wow! Du weißt, dass ich Italienerin bin. Allerdings bin ich auch sehr kritisch.“

Er drückte ihre Hand und lachte. „Ich bemühe mich immer darum, dass meine Gäste zufrieden sind. Ich bin mir sicher, dass du alles mögen wirst, was ich für dich habe.“

Die Mia, die tags zuvor noch zugestimmt hatte, den Abend mit ihm zu verbringen, würde bestimmt alles mögen, was er für sie hatte. Die schwangere und derzeit geschockte Mia war sich da nicht so sicher. Sie hatte eine Vorahnung, dass an diesem Abend noch harte Worte fallen und Gefühle verletzt werden würden.

Wann sollte sie Bronson die Neuigkeiten erzählen? Vor dem Essen, wenn sie erst wenige Worte gewechselt hatten, oder danach, wenn er sie verführen wollte?

Am besten zwischen dem Essen und der Verführung. Mia war klar, dass sie verloren war, wenn er sie nur einmal anfasste. Es wäre falsch, die Situation auszunutzen, wo sie doch wusste, dass sie Bronson Dinge zu erzählen hatte, die die Stimmung grundlegend verändern würden.

Würde er aufgeregt sein wegen des Babys, über diesen kleinen Dane, der die Dynastie vergrößern würde? Mia hatte damals, als Bronson verlobt gewesen war und ein Baby verloren hatte, die Schlagzeilen nicht besonders aufmerksam verfolgt. Schließlich hatte sie zu dieser Zeit für Anthony gearbeitet. Aber mittlerweile hatte sie Bronson ein wenig besser kennengelernt. Er war ein Familienmensch, und der Verlust eines Kindes hatte ihn sicher tief getroffen. Wie würde er die Nachricht, dass sie von ihm schwanger war, aufnehmen?

Als sie auf die Einfahrt seines Hauses einbogen, gab Bronson einen Code ein. Die schmiedeeisernen, mit Bronsons Initialen versehenen Tore öffneten sich.

Sie hatte keine Ahnung, welche Art Haus sie erwartete. Vielleicht war es im selben mediterranen Stil gehalten wie das von Olivia. Doch Bronsons dreistöckiges Haus war ganz anders. Mit seinen dunklen Ziegeln und den hohen Fenstern strahlte es eine gewisse Männlichkeit aus. Hohe Palmen umgaben das Gelände. Alles sah grün, frisch und gesund aus.

„Dein Haus ist wunderschön, Bronson.“

Er lenkte das Auto in die Garage, die Platz für drei weitere Wagen bot, bevor sich die Garagentür automatisch hinter ihnen schloss. „Ich kann leider nicht oft genug hier sein, aber ich mag es sehr.“

Wäre es zu gewagt, ihn zu fragen, ob er sich das Haus mit einer Frau und Kindern vorstellen konnte? Möglicherweise war es nicht der richtige Weg, sich dem Thema „Schwangerschaft“ zu nähern. Herrje, sie musste es nur aussprechen! Aber anscheinend hatte sie komplett der Mut verlassen.

Sie spielte mit dem Medaillon, das sie auch an diesem Tag wieder trug, als könnten ihr die beiden Menschen, deren Fotos es beherbergte, Kraft geben.

Sie stiegen aus dem Auto. Bronson führte sie ins Haus und durch eine Küche, für die jeder Koch sein Leben gegeben hätte: vier Herde, ein gemauerter Pizza-Ofen und drei Spülbecken sowie eine Arbeitsplatte aus poliertem Granit. Schränke aus Mahagoni gaben dem großen Raum einen maskulinen Touch.

„Hast du eine Ahnung, was ich dafür tun würde, eine solche Küche zu haben?“, fragte sie und strich mit den Fingern über die Arbeitsfläche. „Ich koche unglaublich gerne. Ich glaube, ich habe jede Kochzeitschrift, die es gibt, abonniert.“

Bronson warf seine Schlüssel auf den Küchentresen. „Komm vorbei, wann immer du willst, und lass deiner Vorstellung freien Lauf. Ich bin eine Katastrophe in der Küche.“

Sie bezweifelte, ob die Einladung noch galt, wenn sie ihm von dem Baby erzählt hatte. Interessant, wie schnell sie sich daran gewöhnt hatte, das Wort für sich auszusprechen, ohne hysterisch zu werden. Aber sie würden das Baby bekommen. Warum machte sie sich also Gedanken über etwas, das ohnehin nicht mehr zu ändern war?

„Alles riecht unglaublich lecker“, entgegnete sie. „Ob es genauso gut schmeckt?“

Bronson zeigte auf die Essecke. „Lass es uns herausfinden!“

Lächelnd nickte sie. „Ein Tisch für zwei Personen?“, fragte sie. „Hast du allen anderen freigegeben, oder ist dein Koch dafür verantwortlich?“

Bronson zog einen Stuhl für sie zurück, strich ihr Haar von der Schulter und küsste sie sanft hinter das Ohr. „Mag sein, dass ich nicht für die Zubereitung des Essens verantwortlich bin, aber der Rest geht auf meine Kappe. Wenn ich eine Frau beeindrucken will, brauche ich keine Hilfe.“

Sie erschauerte. „Ist es das, was du möchtest? Mich beeindrucken?“

„Und? Wie mache ich mich?“

Außerordentlich. Wunderbar. Perfekt.

Warum sollte dieser Abend nicht so enden, wie sie es sich wünschte? Warum konnte sie ihm nicht später von der Schwangerschaft erzählen? Eine weitere Nacht mit ihm würde jahrelang eine wunderbare Erinnerung bleiben. Sie wusste genau, dass sich alles ändern würde, wenn sie die Bombe platzen ließe.

„Bisher gut“, sagte sie und ließ sich auf dem Stuhl nieder.

Bronson brachte zwei übervolle Schalen mit Salat und Brot. Während sie aßen, bekam Mia von dem Geschmack kaum etwas mit. Sie war ganz und gar mit den Worten beschäftigt, die ihr regelrecht auf der Zunge lagen. Sie war eine Betrügerin, eine Lügnerin. Genau die Sorte Frau, die sie verachtete.

Schließlich legte sie das Stück Brot, das sie mit Butter bestrichen hatte, auf den Teller zurück. „Ich kann das nicht tun.“

Bronson, der gerade eine Gabel voller Salat zum Mund führte, erstarrte und schaute ihr in die Augen. „Wie bitte?“

Mia konnte nicht länger sitzen bleiben. Sie stand auf, stellte sich hinter ihren Stuhl und ergriff dessen Lehne. „Ich kann hier nicht mit dir sitzen und so tun, als wäre alles beim Alten, wenn das nicht stimmt.“

Erstaunt ließ Bronson die Gabel auf den Teller fallen. „Wovon sprichst du, Mia? Willst du nicht die Nacht mit mir verbringen? Hast du es dir anders überlegt?“

„Nein, ganz und gar nicht. Aber möglicherweise wirst du es dir anders überlegen, wenn du hörst, was ich dir zu sagen habe.“

Oh Gott, es war so viel schwerer, die Worte laut auszusprechen, als nur darüber nachzudenken.

Bronson stand ebenfalls auf, kam zu ihr herüber und nahm ihre Hände. „Komm mit ins Wohnzimmer. Du siehst aus, als würdest du gleich in Ohnmacht fallen.“

Fürsorglich geleitete Bronson sie zu einem der zwei riesigen Ledersofas. Sie setzte sich und betete, dass sie die richtigen Worte fand, betete, dass er sie nach der Eröffnung genauso wie vorher behandeln würde. Betete dafür, dass er das Baby annehmen würde.

Die Wahrheit war, dass sich alles auf diesen einen Punkt konzentrierte. Aufgrund ihrer eigenen Biografie lag ihr daran, dass Bronson dieses Kind annahm und liebte. Wenn er sie nicht liebte, war das in Ordnung, aber das Baby verdiente es nicht, beiseitegeschoben zu werden und seinen Vater und dessen Familie nicht zu kennen.

Besorgt setzte er sich neben sie, nahm eine ihrer Hände und küsste sie. „Ist etwas passiert? Gestern schien alles noch in Ordnung zu sein.“

„Gestern war auch noch alles in Ordnung.“ Abgesehen von der Morgenübelkeit. „Und mir geht es auch gut.“ Abgesehen von der Morgenübelkeit. „Es ist nur so, dass sich mein Leben dramatisch verändert hat, seit wir uns gesehen haben.“

Aufmerksam betrachtete er sie. „Was ist geschehen?“

„Ich bin schwanger.“

Die Worte waren heraus, und die Welt drehte sich weiter. Zumindest was sie betraf. Ob es Bronson ebenso ging, vermochte sie nicht zu sagen. Auf jeden Fall sah er blass aus.

„Schwanger?“, wiederholte er.

Mia nickte langsam und wartete ängstlich auf das, was er als Nächstes sagen oder tun würde.

„Jetzt verstehe ich, warum du gezögert hast hierherzukommen.“ Er stand auf, als habe er Angst, neben ihr zu sitzen oder weiterhin ihre Hand zu halten. „Hast du es schon dem Vater gesagt? Ich meine, ihr beide seid offensichtlich nicht mehr zusammen, sonst hättest du kaum eingewilligt, zu mir zu kommen. Richtig?“

Mia schlang die Arme um den Körper und versuchte, den Schmerz wegzuschieben. Bronson verstand nicht, was sie sagte. Diese Möglichkeit hatte sie gar nicht in Betracht gezogen.

„Du bist der Vater, Bronson.“

6. KAPITEL

Bronson hörte zwar die Worte, konnte aber nicht glauben, dass das Leben so grausam war. Eine andere Frau und ein anderes Kind erschienen vor seinem geistigen Auge und damit der Schmerz, den er tief in sich begraben hatte.

„Ich bin nicht der Vater, Mia.“

Mia zuckte zusammen und riss die Augen auf. „Wie bitte?“

Bronson schob die Hände in die Hosentaschen. „Ich glaube dir, dass du schwanger bist, aber ich bin nicht der Vater. Wir haben Kondome benutzt.“ Dann erinnerte er sich genauer, und das ungute Gefühl nahm zu. „Deine Kondome.“

In Sekundenschnelle stand sie vor ihm. „Willst du mir etwa unterstellen, dass ich absichtlich schwanger geworden bin? Kannst du dich an diese Nacht erinnern? Erinnerst du dich daran, dass ich ‚Gute Nacht‘ gesagt habe und du mich geküsst hast? Dass du es warst, der mich ins Zimmer geschoben hat?“

Bronson wusste nur zu gut, wovon sie sprach. Er erinnerte sich daran, wie er ihr die Kleider vom Leib gezerrt und nervös mit dem Kondom herumgefummelt hatte – und an das Vergnügen, das er dabei empfunden hatte.

Die Anschuldigungen, die Mia und Anthony betrafen, wirbelten ihm durch den Kopf. Dass Mia möglicherweise Anthonys Ehe zerstört hatte und dass ihre Affäre einige Jahre gedauert hatte.

„Ich weiß, was geschehen ist, Mia.“ Ihm wurde übel, aber er konnte nicht mehr zurück. „Wir haben uns geschützt, und nun bist du schwanger. Ist doch merkwürdig, findest du nicht?“

Verzweifelt streichelte sie ihm die Wange. Die Berührung versetzte ihm einen Stich. Schlimmer aber war der bohrende Schmerz. Er konnte den Gedanken an ein weiteres Kind, das nicht von ihm war, nicht ertragen. Ebenso wenig wollte er – für den Fall, dass er doch der Vater war – in eine Beziehung gezwungen werden.

„Du erwartest, dass ich dir vertraue?“, fragte er und rieb sich das Kinn.

War sie hinter Geld her oder scharf auf Publicity?

Beide Möglichkeiten waren gleichermaßen gruselig. Er wusste nicht, was sie damit bezweckte, und wollte es auch gar nicht wissen. Sein Anwalt würde sie in der Luft zerreißen, aber vielleicht schafften sie es wenigstens, die Sache aus den Medien herauszuhalten.

Warum war er nicht vorsichtiger gewesen? Er hatte Mia im Auge behalten wollen, weil er ihr nicht vertraute. Verdammt! Wie konnte das Ganze so nach hinten losgehen? Jetzt vertraute er ihr definitiv nicht mehr.

„Welche Ziele verfolgst du, Mia?“ Bronson verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie scharf an. „Hast du das die ganze Zeit im Sinn gehabt? Um mich einzufangen? Weiß Anthony schon, dass du mit meinem angeblichen Kind schwanger bist?“

Mia trat einen Schritt zurück. „Anthony? Warum sollte ich es ihm erzählen? Du bist der Erste, dem ich es sage.“

Er glaubte ihr nicht. „Ihr beide habt in Cannes sehr vertraut gewirkt. Woher soll ich wissen, dass das Kind nicht von ihm ist?“

„Wie kommst du darauf? Ich bin weder eine Lügnerin, noch will ich dich einfangen. Ich sage dir nur, wie es ist, damit wir darüber reden können, wie wir mit meiner Schwangerschaft umgehen sollen. Das Kind hat nicht danach gefragt, auf die Welt zu kommen.“ Mia begann zu weinen. Sie drehte sich weg, um ihre Tränen zu verbergen.

Donnerwetter! Vielleicht sollte er ihr eine Rolle in seinem nächsten Film anbieten. Sie wirkte sehr überzeugend, aber er würde nicht auf das Theater hereinfallen.

„Ich will so schnell wie möglich einen DNA-Test“, erklärte er. „Immerhin habe ich das schon einmal erlebt, Mia. Ich nehme an, du weißt von dem Kind, das ich verloren habe.“

Mia wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich weiß, dass deine ehemalige Verlobte eine Fehlgeburt hatte. Das tut mir leid. Aber ich liebe unser Baby schon jetzt und werde alles tun, damit es ihm gut geht.“

Ihr mitfühlender Ton berührte ihn. Einen Moment lang wollte er ihr glauben. Aber er hatte definitiv keine Lust, ständig an die Vergangenheit erinnert zu werden, an seine Exverlobte und ein Kind, das nicht von ihm gewesen war. Noch weniger hatte er vor, einen solchen Albtraum noch einmal zu durchleben.

„Ich möchte das nicht noch einmal erleben, Mia. Ich werde mit einer Frau, der ich nicht trauen kann, keine Familie gründen.“

Mia wurde blass. „Ich bin ebenso erschrocken wie du. Ich wollte nicht schwanger werden. Wenn du mit dem Baby nichts zu tun haben willst, dann ist das so. Ob du mir hilfst oder nicht, ich werde dieses Kind lieben und beschützen. Mein ganzes Leben lang bin ich allein gewesen. Ich kenne das.“

Ein Teil von Bronson wollte glauben, dass das Baby von ihm war. Er war zwar nicht in Mia verliebt, aber er hatte immer Kinder haben wollen – und eine Frau, die er liebte. Er wollte so glücklich sein wie seine Eltern, bevor sein Vater gestorben war.

Aber er musste realistisch sein. Mia wollte diese Chance nutzen, Geld aus ihm herauszuholen, auch wenn sie etwas anderes behauptete.

„Ich werde dir kein Geld geben, bevor ich nicht genau weiß, wer der Vater des Kindes ist“, stieß er barsch hervor. Es interessierte ihn nicht, dass Mia aussah, als wolle sie erneut in Tränen ausbrechen.

„Ich würde dich nie um etwas bitten“, gab sie zurück. „Ich fand, dass du es wissen solltest. Aber wenn du die Neuigkeiten so aufnimmst, dann möchte ich nicht einmal, dass du das Baby siehst. Wir verdienen etwas Besseres.“

Eine psychologischer Winkelzug, den Tausende von Frauen dazu nutzten, die Männer dazu zu bringen, doch noch ihre Meinung zu ändern. Bitte schön. Er jedenfalls würde nicht darauf hereinfallen. Vielmehr wollte er herausfinden, was sie eigentlich bezweckte.

„Ich versichere dir, Mia, wenn das Kind von mir ist, werde ich auch Teil seines Lebens sein.“ Er trat einen Schritt näher. „Darauf kannst du dich verlassen.“

Mia presste die Lippen aufeinander. „Ich möchte nichts mit dir zu tun haben. Jedenfalls nicht nach diesen Anschuldigungen. Ich würde niemals wegen etwas so Wichtigem wie einem Kind lügen. Seit über einem Jahr war ich nicht mehr mit einem Mann zusammen. Nein, es war nicht Anthony. Er war mein Chef und mein Freund. Mehr nicht.“

Jetzt klang sie wieder überzeugend – und sah auch so aus. Er wollte ihr glauben und nicht einmal daran denken, dass die Hände von Anthony Price ihren Körper berührt hatten oder dass das Kind, das in ihr heranwuchs, von einem anderen Mann sein könnte. Andererseits wollte er kein Kind von ihr. Welche Gemeinsamkeiten hatten sie schon, abgesehen von der sexuellen Anziehung?

Klar, bevor sie die Bombe hatte platzen lassen, hatte er schauen wollen, wohin diese Anziehung sie beide führte. Aber jetzt?

Verdammt. Warum? Warum nur?

Mia ging an ihm vorbei in die Küche, und er folgte ihr. „Wohin gehst du?“, erkundigte er sich.

„Ich rufe ein Taxi“, gab sie zurück und holte ihr Handy aus der Tasche. „Wir sollten uns erst mal beruhigen, bevor wir erneut über diese Angelegenheit reden.“

„Ich fahr dich nach Hause.“ Er nahm ihr das Handy aus der Hand. „Es gibt keinen Grund, ein Taxi zu rufen. Die Paparazzi würden Wind davon bekommen, dass du mein Haus weinend verlassen hast. Ich möchte nicht wissen, was sie daraus machen würden.“

Mia starrte ihn an. Ihr Gesicht war rot vom Weinen, ihr Make-up verschmiert. Aber dennoch sah sie wunderschön aus. War sie eine Lügnerin, die ihn einfangen wollte?

Die Zeit würde es zeigen.

Eine Woche nachdem sie mit Bronson gesprochen hatte, schmerzte es immer noch. Mia fühlte sich hilflos und verzweifelt.

Sie lag auf ihrem Bett und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Ein Kind zu erwarten sollte ein erfreuliches Ereignis im Leben einer Frau sein, aber für Mia war es alles andere als das.

Während sie mit den bronzefarbenen Perlen auf ihrem Bettüberwurf spielte, dachte Mia über das Leben nach, das in ihr heranwuchs. Die meisten Frauen sprachen in solch einer Lage mit ihrer Mutter, ihrer Schwester oder der besten Freundin. Aber an wen konnte Mia sich wenden? Für sie war die Arbeit immer das Wichtigste gewesen. Das half ihr zu vergessen, dass sie keinen vertrauten Menschen hatte. Ihre Eltern waren gestorben, als sie fünf Jahre alt gewesen war. Ihre wenigen Freunde hatten mit sich selbst genug zu tun. Keiner von ihnen stand ihr so nahe, dass sie ihm die Neuigkeit am Telefon mitteilen wollte. Eine breite Schulter, an der sie sich ausweinen konnte, gab es nicht.

Es hatte sie nie gestört, allein zu sein. Sie liebte ihre Unabhängigkeit. Aber jetzt, wo sich ihr Leben so dramatisch verändert hatte, wünschte sie sich, sie hätte jemanden, mit dem sie darüber sprechen konnte.

Zwar hatte sie nicht damit gerechnet, dass Bronson die Nachricht erfreut aufnehmen würde, aber auch nicht erwartet, dass er sie beschuldigen würde, das Kondom beschädigt zu haben. Das war absurd! Ob Bronson ihr glauben würde, wenn er sich beruhigt hatte und wieder vernünftig denken konnte? Würden sich Olivia und Victoria freuen, oder würden sie auch an Mias Aufrichtigkeit zweifeln?

Oh Gott, würde Olivia ihr vielleicht sogar kündigen? Mia brauchte Arbeit, vor allem jetzt, da sie ein Kind erwartete. Von Bronson würde sie kein Geld annehmen. An Geld hatte sie nicht gedacht, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte.

Nein, sie hatte es ihm aus Rücksicht gesagt und weil es sich so gehörte. Warum fühlte sie sich trotzdem so schuldig?

Ihr Blut kochte, wenn sie daran dachte, dass er das Schlimmste von ihr dachte. Aber wenn sie versuchte, die Situation aus seinem Blickwinkel zu sehen, konnte sie sogar verstehen, warum er ihr misstraute. Sie hatten eins ihrer Kondome benutzt, und Bronson kannte sie kaum.

Aber die Beschuldigungen, die er ihr an den Kopf geworfen hatte, schmerzten dennoch sehr. Sie war stolz auf ihre Aufrichtigkeit und darauf, stets die Wahrheit zu sagen. Jedenfalls bis zu dem Tag, als sie die Dokumente auf Anthonys Schreibtisch gefunden hatte.

Stöhnend rollte sich Mia auf den Rücken und starrte zur Decke. Ihr Medaillon rutschte zur Seite und kitzelte sie am Ohr.

Warum musste ihr Leben so kompliziert sein? Warum durfte sie sich nicht wie Millionen anderer Frauen auf das Baby freuen? Sie hatte sich oft ausgemalt, wie es sein würde, dem Mann ihrer Träume zu erzählen, dass sie schwanger war. Die Wirklichkeit war sehr viel ernüchternder gewesen.

Aber was hatte sie von einem Mann erwartet, den sie kaum kannte? Sie hatte nur mit Bronson schlafen wollen. Nun hatte sie sich mit Karacho mitten in sein Leben katapultiert, ob er das wollte oder nicht.

Mia schaute auf die Uhr und wusste, dass sie es nicht länger aufschieben konnte. Es war Montagmorgen. Sie musste sich fertig machen, zum Haupthaus gehen und den Tag mit Olivia verbringen, vor der sie nun schon zwei Geheimnisse verbarg.

Auf dem Weg zum Bad sprach sie sich Mut zu. Sie musste stark sein. Dies hier war ihr Leben. Sie würde ein Kind zur Welt bringen, und sie brauchte ein starkes Fundament, auf der ihre kleine Familie stehen konnte.

Nachdem Mia sich angezogen und sich innerlich auf die Begegnung mit Olivia vorbereitet hatte, ging sie zum Haupthaus hinüber.

Sollte sie ihre Schwangerschaft erwähnen?

Einerseits sollte sie es tun, schließlich war Olivia ihre Chefin. Andererseits war Olivia Bronsons Mutter. Mia konnte sich nicht entscheiden, wie sie sich verhalten sollte.

Es wäre wohl besser, wenn Bronson und sie sich vorher wie zwei Erwachsene über das Kind unterhalten würden – ohne Anschuldigungen und verletzende Worte.

Ihr wurde schwindelig, als sie dem von Palmen gesäumten Weg zu Olivias Büro folgte. Zum ersten Mal in ihrem Leben musste sich Mia auf etwas anderes als sich selbst konzentrieren. Der Gedanke war aufregend und beängstigend zugleich. Ihre Eltern waren kein gutes Vorbild in Sachen Kindererziehung gewesen, und sie selbst hatte kaum Erfahrung mit Babys. Aber sie wusste, dass ihr Kind nie daran zweifeln würde, ob sie es liebte oder nicht.

Liebe. Wollte nicht jeder um seiner selbst willen und bedingungslos geliebt werden?

Eines Tages, das schwor sich Mia, würde sie eine solche Liebe finden.

„Da ist ja meine hübsche Assistentin.“ Olivia goss sich ein Glas Saft ein. Ihr Koch bereitete jeden Morgen ein Tablett voller Früchte und frisch gepresster Säfte für sie vor. „Möchten Sie etwas?“

Mia schüttelte den Kopf. Sie hatte ein paar trockene Cracker gegessen. Auf keinen Fall würde sie jetzt etwas essen oder trinken.

„Nein, vielen Dank!“

Mia wollte gerade Olivias Büro verlassen, um in ihr eigenes zu gehen, als Bronsons Mutter sie fragte: „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“

Mia unterdrückte ihre Schuldgefühle und lächelte. „Ich habe vergangene Nacht nicht besonders gut geschlafen und bin noch ein wenig müde.“

Olivia lächelte. „Na, Hauptsache, es geht Ihnen besser. Hatten Sie einen 24-Stunden-Virus?“

Nein. Eher ein „Neun-Monate-Kind.“

Mia zuckte mit den Schultern und dachte über eine Antwort nach. Sie wollte nicht lügen, aber auch nicht die Wahrheit sagen. „Ich bin froh, dass ich heute hierherkommen konnte. Zu Hause zu arbeiten ist nicht dasselbe. In meinem Büro bin ich irgendwie motivierter. Ich habe Ihren Terminplan für die kommenden zwei Monate fertig. Wir können ihn durchgehen, sobald ich meinen Computer hochgefahren habe. Außerdem will ich noch die Bestätigung für ein Interview abwarten.“

Mia floh regelrecht in ihr geräumiges Büro mit Blick auf den riesigen Pool. Sie wollte das Zimmer keine Minute länger mit der Großmutter ihres Kindes teilen. Je mehr Zeit sie hier drinnen allein verbrachte, umso besser. Sobald Bronson und sie einen Plan hatten, würde sie sich in der Gegenwart von Olivia sicher weniger schlecht fühlen.

Mia setzte sich und startete den Computer. Dabei fiel ihr Blick auf das goldgerahmte Foto, das an der gegenüberliegenden Wand hing. Das Porträt war weltbekannt und seit Jahrzehnten auf diversen Postern zu sehen. Es zeigte die junge, lächelnde Olivia mit ihrem ersten Oskar. Sie trug ein figurbetontes goldenes Kleid und hatte das glänzende Haar hochgesteckt. Wie Mia inzwischen wusste, hatte Olivia zwei Jahre zuvor ihren Sohn Anthony zur Adoption freigegeben.

Mittlerweile sah Mia das Foto in einem anderen Licht. Unwillkürlich ließ sie die Hand zu ihrem Bauch gleiten. Sie ahnte, wie sehr sich Olivia damals gefürchtet haben musste und wie verwirrt sie gewesen war. Mia konnte sich zwar nicht vorstellen, ein Kind wegzugeben, sie nahm aber an, dass Olivia ihre Gründe dafür gehabt hatte. Was sich wohl in Olivias Leben in der Zeit zwischen Anthonys Adoption und Bronsons Geburt verändert hatte?

Mia wusste nur, dass der Vater von Bronson und Victoria der einzige Mann war, den Olivia je geheiratet hatte. Vielleicht hatte die Adoption von Anthony etwas mit Olivias Karriere zu tun.

Mia fragte sich, wie Olivia sich wohl gefühlt hatte, als sie zum zweiten Mal ein Kind erwartete. Bronson hatte Olivia sicher gemischte Gefühle beschert.

Erneut musste Mia an die gemeinsame Nacht in Cannes denken. Sie hätte ihm vielleicht erzählen sollen, was sie über Anthony wusste. Aber wie hätte sie das tun können, nachdem Bronson sie derart leidenschaftlich geküsst und geliebt hatte?

In den vergangenen Wochen hatte sie oft an diese Nacht gedacht. Sie hatten geliebt, miteinander gelacht und sich geküsst. Ja, seine Küsse hatten sie sprachlos gemacht.

Sie hatten eine fantastische Nacht miteinander verbracht, großartigen Sex gehabt und einander nichts versprochen. In den letzten Tagen des Festivals hatten sie zusammen für die Kameras posiert. Alles war einfach und unkompliziert gewesen.

Und jetzt war sie schwanger.

Sie wünschte sich, klarer denken zu können. Auch wenn Bronsons Äußerungen sie verletzt hatten, so fand sie ihn noch immer äußerst anziehend. Vielleicht würde es ihr besser gehen, wenn sie diese Nacht vergaß.

Aber die Ereignisse waren fest in ihrem Kopf verankert. Die Tage, die sie miteinander verbracht hatten, und diese eine Nacht. Bronson Dane mit seinen sanften Händen und seinem Charme.

„Mia, Liebes.“

Olivias freundliche Stimme riss Mia aus ihren Gedanken. Bronsons Mutter stand in ihrem Zimmer.

„Seit zwei Minuten starren Sie auf Ihren Bildschirm. Ich habe Sie schon zwei Mal gerufen.“ Olivia lächelte, verschränkte die Arme über ihrem elfenbeinfarbenen Hosenanzug und neigte leicht den Kopf zur Seite. „Möchten Sie über das sprechen, was Sie beschäftigt?“

Mia schloss die Augen und hoffte, dass die Gedanken an Bronson sie nicht weiter von der Arbeit abhalten würden. „Es tut mir leid, Olivia.“

Die Grand Dane nahm ihre diamantenverzierte Lesebrille ab und lächelte. „Es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssen. Wollen wir uns nicht darüber unterhalten? Was quält Sie?“

Mia seufzte. Sie wusste, dass diese Frau immer bekam, was sie wollte. Sie hatte drei sehr erfolgreiche Kinder in die Welt gesetzt. Zwei davon hatte sie großgezogen. Sie hätte sich nicht so lange an der Spitze halten können, wenn sie andere Menschen nicht durchschaute.

Mia wusste nicht, wo sie anfangen sollte.

„Denken Sie, dass ich es nicht sehe?“

Mia erstarrte. „Olivia.“

„Ich merke, wenn jemand in einen anderen vernarrt ist. Besonders wenn einer der beiden mein Sohn ist.“ Olivia lächelte.

Mia seufzte und stand auf. „Ich bin nicht in Bronson vernarrt. Ich bin nur …“ Schwanger.

„Mia, meine Liebe. Ich weiß, dass es in Ihrem Leben nur wenige Menschen gibt. Ich weiß auch, dass Sie eine sehr harte Kindheit hatten. Deshalb bin ich sehr stolz darauf, wie Sie sich entwickelt haben.“ Olivia stützte sich auf den glänzenden Mahagonischreibtisch. „Ich war auch einmal jung und kenne mich in Liebesdingen durchaus aus. Glauben Sie mir, ich weiß, was Sie gerade durchmachen.“

Das war nur allzu wahr.

Denn tatsächlich hatte Olivia dasselbe durchgemacht: Sie war am Anfang ihrer Karriere unverheiratet schwanger geworden. Mia wünschte, Olivia wäre nicht Bronsons Mutter! Sie hätte sich ihr so gern anvertraut und ihre Ratschläge gehört.

Langsam ging Mia zu einem der riesigen Fenster hinüber und schaute hinaus. „Und was mache ich gerade durch?“

„Diese Frage können Sie nur selbst beantworten“, erwiderte Olivia, ging zu Mia und stellte sich neben sie. „Sollte das schwierig sein, dann sprechen Sie mit Bronson, damit Sie sich wieder auf Ihre Arbeit konzentrieren können.“

Es war nicht leicht, sich das von einer Frau anzuhören, die nicht alles wusste. Aber sie hatte recht. Mia musste noch einmal mit Bronson reden. Ob er immer noch glaubte, das Baby sei nicht von ihm? Würde er sich wie ein Idiot fühlen, wenn er herausfand, dass sie die Wahrheit sagte?

Der Arm, der um ihre Schultern gelegt wurde, erinnerte Mia nur allzu deutlich daran, wie sehr sie eine Mutter vermisste. „Liebe Mia, ich weiß genau, wann eine Frau mit sich selbst hadert. Ich möchte, dass Sie Ihren inneren Frieden finden. Wenn Sie wollen, können Sie jederzeit zu mir kommen. Versuchen Sie mich als Freundin zu sehen, nicht als Ihre Arbeitgeberin oder Bronsons Mutter.“

Mias Augen füllten sich mit Tränen. Blöde Hormone! Sie hatte sich schon immer eine Familie gewünscht, und jetzt liebte sie die Familie Dane mehr, als gut für sie war. Alle hatten einen Platz in ihrem Herzen gefunden, und sie fürchtete – nein, sie wusste –, dass das Ganze unglücklich enden würde.

„Ich sehe Sie als Freundin, Olivia.“ Mia drehte sich herum und lächelte die Großmutter ihres Kindes an. „Ich habe nicht viele und freue mich wirklich, dass Sie sich die Zeit für mich nehmen.“

„Sehr gerne, Liebes.“ Olivia sah nun ernst aus. „Haben Sie schon mit Bronson über Ihre Gefühle gesprochen?“

Über ihre Gefühle würde sie jetzt bestimmt nicht reden. Außerdem kannte Mia sie gerade selbst nicht genau. Sie fühlte etwas für Bronson, aber was, wusste sie nicht. Außerdem spielten ihre wie auch immer gearteten Gefühle im Moment keine Rolle. Sie musste vor allem an das Kind denken.

Bevor sie antworten konnte, überkam sie eine Welle von Übelkeit. Mia schwankte und stützte sich am Fenster ab. Olivia ergriff ihre Hand.

„Mia?“

„Mir geht’s gut“, versicherte sie. „Mir ist nur ein bisschen schwindelig.“

Sie schloss die Augen. Tief einatmen. Tief ausatmen.

„Warum setzen Sie sich nicht hin?“ Olivia führte Mia zum lederbezogenen Schreibtischstuhl. „Sie sehen blass aus.“

Mia setzte sich und dankte dem Himmel, dass die Welt sich nicht mehr um sie herum drehte. „Mir geht es wirklich gut, Olivia.“

Jedenfalls so gut, wie es einem Menschen gehen konnte, der vom Vater seines Kindes für eine Lügnerin gehalten und von ihm beschuldigt wurde, eine Affäre mit seinem Bruder zu haben.

„Ich brauche sicher nur ein Glas Saft oder etwas anderes“, erklärte Mia zaghaft lächelnd. „Warum gehen wir nicht in Ihr Arbeitszimmer zurück und schauen nach, was Ihr Koch heute zusammengestellt hat?“

„Perfekt.“ Olivia trat einen Schritt zurück, damit Mia aufstehen konnte. „Sie essen etwas, und dann reden wir darüber, warum Sie Ihre Schwangerschaft vor mir verbergen.“

Mia schaute Olivia in die Augen. „Olivia, ich …“ Sie wollte lügen, aber sie konnte nicht. „Ich verberge sie nicht. Wirklich nicht. Ich weiß auch erst seit Kurzem davon.“

Olivia drückte Mias Hände. „Ich will mich nicht einmischen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Lage für Sie sein muss. Ich möchte nur, dass Sie wissen, dass Sie sich immer an mich wenden können.“

Mia konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Olivia, Sie ahnen nicht, wie gerne ich mit jemandem reden würde.“

Olivia breitete die Arme aus und drückte Mia an sich. Wie oft sich Mia nach der Umarmung einer liebenden Frau gesehnt hatte!

„Ich nehme an, dass Bronson der Vater des Kindes ist.“ Olivia trat zurück und schaute Mia an. „Ich habe bemerkt, wie Sie und er sich in Cannes angesehen haben. Es sind regelrecht Funken geflogen. Weiß er es schon?“

Mia nickte. „Ja. Wir haben allerdings noch keine Gelegenheit gefunden, vernünftig darüber zu reden. Wir müssen es beide erst einmal verarbeiten. Und wenn ich an die Gerüchte über Anthony und mich denke, weiß ich nicht, wo ich mit Bronson stehe.“

„Kommen Sie mit in mein Büro.“ Olivia schlang den Arm um Mias Schultern. „Es gibt offenbar eine Menge, was Sie sich von der Seele reden müssen.“

Keine Frage. Aber wenigstens war jetzt heraus, dass sie schwanger war. Schade, dass das vierundvierzig Jahre alte Babygeheimnis noch immer nicht gelüftet werden konnte. Mia fürchtete, dass Olivia sich in die Beziehung zwischen ihr und Bronson einmischen würde. Mia wollte keine Beziehung aus Pflichtgefühl oder Mitleid. Aus ihr und Bronson würde kein Paar werden, weil jemand das verlangte.

Vielleicht war sie naiv. Aber sie wartete auf die große Liebe. Eines Tages würde sie sie finden. Und dieser Mann würde nicht nur sie, Mia, lieben, sondern auch ihr Kind.

7. KAPITEL

Als Bronson nach dem Mittagessen mit seinem Anwalt nach Hause zurückkehrte – er hatte mit ihm durchgesprochen, was er tun konnte, falls er wirklich der Vater von Mias Baby wahr –, teilte ihm einer seiner Angestellten mit, dass Mia Spinelli angerufen und eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte. Mia Spinelli bat ihn, sich um sechs Uhr mit ihr zu treffen.

Seine Mutter hatte ebenfalls eine Nachricht hinterlassen. Auch sie wollte ihn an diesem Abend sehen. Wann hatte er diesen Frauen erlaubt, sein Leben zu bestimmen?

Offensichtlich war Mias Schwangerschaft nicht länger geheim. Er war noch nicht bereit, mit seiner Mutter darüber zu sprechen. Erst musste er alle Fakten kennen und wissen, wo er stand.

Bronson hatte kaum geklopft, als die Tür des Cottages sich öffnete. Vor ihm stand Mia, die wieder eines dieser schulterfreien Baumwollkleider trug. Sie sah einfach umwerfend aus, aber er war nicht in Stimmung dafür. Angesichts der herrschenden Umstände täte er besser daran, seine Hormone im Zaum zu halten.

„Meiner Mutter von dem Kind zu erzählen ist also deine neue Taktik?“ Wütend drängte er sich an ihr vorbei ins Haus.

Mia schlug die Tür hinter ihm zu. „Woher weißt du das?“

Also hatte sie es seiner Mutter tatsächlich gesagt. Verdammt, er war nicht darauf vorbereitet, dass irgendwer davon wusste, vor allem nicht nach der letzten Baby-Katastrophe.

„Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen. Sie hat eine Nachricht hinterlassen, dass sie mich heute Abend sehen will. Ich bin davon ausgegangen, dass sie von deiner Schwangerschaft weiß. Ich habe es ihr jedenfalls nicht gesagt.“

Bronson hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Er war bereit zu einem weiteren Kampf. Hier ging es um sein Leben und seinen Ruf. Er würde nicht klein beigeben. Und es galt, auch weiterhin ein Auge auf Mia zu haben. Er würde nicht zulassen, dass sie seine Familie zerstörte – oder was immer sie im Schilde führte.

„Ich habe dich nicht hierhergebeten, um mit dir zu streiten.“ Mia ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer. „Wir müssen wie erwachsene Menschen reden und besprechen, was wir tun wollen und welchen Anteil du am Leben des Kindes haben willst.“

Bronson blieb stehen, während Mia auf einem Stuhl Platz nahm. „Lass mich ein paar Dinge festhalten, Mia. Die letzte Assistentin meiner Mutter hat sie um etwa eine Million Dollar betrogen, bevor sie erwischt und ins Gefängnis gesteckt wurde. Vor zwei Jahren hat meine Exverlobte mein Vertrauen missbraucht. Deshalb irrst du dich gewaltig, wenn du meinst, dass ich dir glaube, das Baby sei von mir. Skandale sind nichts Besonderes in Hollywood. Denk also nicht, dass du mit der bekanntesten Methode, einem Mann eine Falle zu stellen, durchkommst.“

Mia schlug die langen gebräunten Beine übereinander. „Wenn du fertig bist, würde ich auch gern etwas sagen.“

Bronson schob seine Hände in die Hosentaschen und nickte. Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht auf ihre Beine zu starren. „Gut.“

„Meine Eltern sind gestorben, als ich fünf war. Nach einigen Jahren in verschiedenen Pflegefamilien war klar, dass ich selber eine Familie gründen musste, wenn ich eine haben wollte.“

Mia wandte sich ab. Dennoch sah er die Tränen in ihren Augen. Er wartete darauf, dass sie sich wieder zu ihm drehte, um ihm eine richtig gute Show zu bieten. Doch als sie ihn erneut anblickte, waren die Tränen zwar noch da, aber sie wirkte, als ob sie ihre gesamte Kraft aufbot, um sie zurückzudrängen. Verdammt, er hatte keine Lust darauf, ihre Stärke zu bewundern.

„Familie bedeutet mir alles, Bronson“, fuhr sie fort. Ihre Stimme war voller Gefühl. „Ich habe immer davon geträumt, den Richtigen zu finden. Ein hübsches Haus, mit vielen Kindern, die wir aus Liebe gezeugt haben. Miteinander alt zu werden. Du kannst mir glauben oder auch nicht. Ich möchte, dass dieses Kind seinen Vater kennenlernt, und ich würde es schade finde, wenn du das Leben deines Kindes verpasst, nur weil du Angst hast oder weil diese schreckliche Stadt einen Zyniker aus dir gemacht hat.“

Bronson drehte sich zum Fenster und wünschte, dass sie die Wahrheit sagte. Immerhin war sie nicht die Einzige, die von einer Familie träumte. Er selbst kam aus einer intakten Familie, einer der wenigen, die die Filmindustrie nicht zerstört hatte. Er würde es wunderbar finden, wenn eine Frau und ihre gemeinsamen Kinder eines Tages sein Haus füllen würden. Ja, Mia war nicht die einzige Träumerin.

Seine Arbeit war ihm immer wichtiger gewesen. Das hatte ihm auch seine Exverlobte vorgeworfen. Seitdem war er wirklich zynisch geworden. Erstaunlich, dass Mia das erwähnt hatte.

„Ich verstehe, warum du mir nicht glaubst“, fuhr sie fort, während er aus dem Fenster starrte. „Ich hoffe, dass mein Verhalten dich von der Wahrheit überzeugt. Ich will keinen Cent von dir, Bronson. Ich werde weiter für deine Mutter arbeiten und das Baby austragen. Das Baby ist mir wichtiger als deine Gefühle.“

Sie hatte recht. Egal ob das Kind von ihm war oder nicht. Das Kind konnte nichts dafür. Mias Baby war das Wichtigste.

Bevor das Ergebnis des Vaterschaftstests feststand, würde er davon ausgehen, dass das Kind von ihm war, und Mia weiter im Auge behalten. Wenn er der Vater war, würde er nicht zulassen, dass Mia das Kind allein großzog.

„Wie fühlst du dich?“, fragte er und war überrascht, dass ihn das interessierte, wo er sie doch nach wie vor für eine erstklassige Schmierenkomödiantin hielt.

Auf ihren Lippen erschien ein zaghaftes Lächeln. „Besser … seit dem Mittagessen. Ich habe ein bisschen im Internet recherchiert. Mein Zustand scheint ganz typisch zu sein. Das ist alles neu für mich. Ich hatte bisher wenig mit Babys zu tun. Ich muss mich erst mal informieren.“

Bronson schluckte. Er fühlte sich wie ein Idiot, wenn er hörte, wie aufgeregt sie war. Er musste auf der Hut sein. Einen weiteren Betrug konnte er genauso wenig ertragen wie ein zweites Kind, das aus seinem Leben verschwand.

„Das Baby ist jetzt so groß wie eine Erbse“, fügte sie hinzu. Mit der Hand berührte sie ihren flachen Bauch. „Seltsam, dass etwas so Kleines mein Leben total verändert.“

„Ich habe eine Ärztin gefunden, an die du dich wenden kannst. Sie ist nicht nur die Beste, sie ist auch verschwiegen, nur für den Fall, dass das Kind von mir ist. Ich möchte nicht, dass sich die Presse darauf stürzt.“

Mia erstarrte und kniff die Augen zusammen. „Ich möchte keinen anderen Arzt. Ich habe eine Ärztin. Ich mag sie. Niemand aus der Praxis wird auch nur ein Wort sagen. Ich habe den Namen des Vaters nicht angegeben und werde das auch in Zukunft nicht tun.“

Bronson setzte sich zu Mia. „Ich werde dich zu deinen Arztterminen begleiten, Mia. Solange ich nicht überzeugt davon bin, dass dieses Kind von mir ist, komme ich zu jedem Termin mit und werde auch bei der Geburt dabei sein.“

Eine Minute lang starrte Mia ihn nur an. Ihre natürliche Schönheit ließ seinen Atem stocken. Sie war makellos. Die Kamera würde sie lieben. Die Fotos aus Cannes bewiesen es.

„Du glaubst das Schlimmste von mir und denkst gleichzeitig, ich lasse zu, dass du mich während meiner Schwangerschaft kontrollierst? Da irrst du dich aber gewaltig“, sagte sie. „Du kannst dich entweder wie ein Vater verhalten oder gehen, Bronson.“

Oh, er konnte, und er würde. Aber das würde sie schon noch merken. Sie mussten jetzt nicht darüber streiten.

„Schön“, stimmte er zu. „Du bleibst bei deiner Ärztin. Aber ich werde mitkommen und Fragen stellen. Meine Assistentin wird sich darum kümmern, dass deine Arzttermine vertraulich bleiben. Wir sollten außerdem nicht gemeinsam im Wartezimmer gesehen werden.“

Mia verdrehte die Augen. „Es gibt dort private Warteräume, Bronson. Es ist nicht nötig, deine Wachhunde loszulassen. Aber du musst mit deiner Mutter und deiner Schwester sprechen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass die Medien von meiner Schwangerschaft erfahren.“

Verdammt, wie kam es, dass er etwas wollte, was er nie besessen hatte? Er hatte sich an den Gedanken gewöhnt, Vater zu werden, als seine Exverlobte schwanger gewesen war. Aber als sie das Baby verloren hatte und die Wahrheit ans Licht gekommen war, hatte Bronson seine Hoffnungen beerdigt und geschworen, sich nie wieder auf etwas einzulassen, das er nicht im Griff hatte.

Hier saß er nun also und bestand darauf, Mia zu ihren Arztterminen zu begleiten, obwohl er nicht einmal wusste, ob das Kind nicht von Anthony war, dem Mann, der wohl auch mit Bronsons Exverlobter geschlafen hatte.

„Ich gehe gleich zu meiner Mutter“, sagte er. „Ich habe Victoria gebeten, ebenfalls zu kommen. Hoffentlich hat sie Zeit. Willst du auch dabei sein?“

Aus großen Augen schaute sie ihn an und seufzte. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“

„Doch. Du begleitest mich. Wenn das Kind von mir ist, gehörst du für immer zu den Danes.“

„Ich habe keine Lust darauf, mich von dir kontrollieren zu lassen“, entgegnete Mia und stand auf. „Hör auf, so zu tun, als seist du nicht der Vater. Tief in deinem Inneren kennst du die Wahrheit, Bronson. Es verletzt mich, dass du deine Vaterschaft leugnest.“ Damit drehte sie sich um und ging in die Vorhalle. „Bringen wir das Familientreffen hinter uns!“

Lächelnd sah Bronson Mia nach. Wenn sein Leben nicht so in Aufruhr gewesen wäre, hätte er ihre Haltung und ihre Unabhängigkeit bewundert. Aber er musste sich zusammenreißen; seine Familie stand auf dem Spiel.

Mia betrat das Haupthaus mit einer Mischung aus Scheu, Aufregung und Angst.

Olivia empfing sie im Wohnzimmer. Sie stand vor einer Fotowand mit Bildern aus ihrer frühen Zeit als Schauspielerin und Kinderfotos von Bronson und Victoria. Die meisten Aufnahmen zeigten die private Filmfamilie: Schwimmstunden im Pool, Victoria als Ballerina, der kleine Bronson auf den Schultern seines Vaters.

Unwillkürlich musste Mia an das neue Leben denken, das in ihr heranwuchs. Vielleicht würde es in diesem Raum bald ein Foto geben, das ihr Baby zeigte. Mia hoffte es, da sie solche Familienbilder vermisste. Sie selbst besaß nur zwei Fotos, die sie gemeinsam mit ihren Eltern zeigten.

Trost suchend griff sie nach ihrem Medaillon, um sich zu vergewissern, dass sie nicht allein war.

Leises Lachen riss sie aus ihren Gedanken. Victoria saß in einem weißen Sessel und telefonierte auf Französisch mit jemandem, der Jaques hieß. Als Mia und Bronson den Raum betraten, lächelte Olivia herzlich. Victoria beendete ihr Telefonat.

„Ich nehme an, Mutter hat dir von dem Kind erzählt.“ Bronson schaute zu Victoria, die nickte. „Ich möchte offen darüber sprechen, damit alle wissen, wie ich dazu stehe.“

Mia wollte sich einmischen. Zweifellos würde Bronson jetzt dasselbe Lied anstimmen, das er bereits während der vergangenen beiden Tagen gesungen hatte: das „Wenn“-Lied. Egal wie hart seine Worte klangen, sie wusste, dass er ebenso erschrocken war wie sie.

„Ich werde fürs Erste davon ausgehen, dass das Kind von mir ist“, fuhr er fort. „Wir werden einen DNA-Test machen lassen, um herauszufinden, wer der Vater ist.“

„Ich habe dem nicht zugestimmt“, mischte sie sich ein. „Du hast gesagt, ich solle diesen Test machen lassen. Aber ich will ja kein Geld von dir. Deshalb ist es nicht so wichtig.“

Entschlossen drehte Bronson sich zu ihr um. „Du wirst den DNA-Test machen lassen, Mia. Vergiss deine eigenen Interessen mal für eine Minute. Wenn das Kind ein Dane ist, erwartet ihn ein beträchtliches Erbe.“

„Machst du dich über mich lustig?“

Mia schaute zu Victoria, die aufgestanden war. Die Hände hatte sie in die Hüften gestemmt. „Du verhältst dich, als hättest du es mit irgendetwas Geschäftlichem zu tun. Du sprichst über ein Kind. Dein Kind. Mag sein, dass du deinen gesunden Menschenverstand vor einiger Zeit verloren hast, aber ich glaube Mia. Sie würde nicht lügen, wenn es um den Vater ihres Kindes geht.“

Mia freute sich über Victorias Vertrauen. Sie glaubte offenbar nicht, dass sie, Mia, die Familie beschwindelte. Dabei kannte Mia sie erst seit sieben Monaten. Aber was meinte sie mit „vor einiger Zeit“?

„Du möchtest nur, dass das Kind von mir ist“, sagte Bronson. „Fang bloß nicht an, Designerstrampler zu nähen.“

„Du willst das Kind doch auch, Bronson“, mischte sich Olivia ein. „Und streit es nicht ab! Ich weiß, dass du Angst hast, noch mal ein Kind zu verlieren. Aber ich stimme Victoria zu: Mia lügt nicht. Sie ist ehrlich und vertrauenswürdig.“

Autor

Jules Bennett
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