In den Armen des sexy Ranchers

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Designerkleidung, Partys und ein Luxusleben in Houston – diesen Traum hat sich PR-Managerin Esme Perry erfüllt. Doch tief in ihrem Herzen weiß sie, wie schön es war, auf einer Ranch aufzuwachsen. Sie vermisst den Duft der Erde, die Stille und die Weite – und findet all das überraschend wieder: Als sie zu einem Geschäftsabschluss nach Royal fahren will, strandet sie in einem Gewitter bei dem sexy Rancher Jesse Stevens. So viel zärtliche Leidenschaft! Am liebsten würde sie bleiben. Aber kann ein City-Girl auf dem Land dauerhaft glücklich werden?


  • Erscheinungstag 11.05.2021
  • Bandnummer 2184
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503655
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Esme Perry hatte schon in Südfrankreich an privaten Stränden in der Sonne gebadet und in Kalifornien, Hawaii und Australien mit den besten Surfern der Welt die Wellen geritten. Doch weder Haie noch ein drohender Sonnenstich hatten ihr solche Sorgen bereitet wie die Sturzflut, die auf einer Landstraße in Texas auf ihren tiefergelegten Porsche zuraste.

Der Regen prasselte auf ihren Wagen, während Esme den Rückwärtsgang einlegte und sich um Ruhe bemühte. Tief durchatmen. Eine schnelle Dreipunktwendung sollte genügen, um der Gefahr zu entkommen. Es würde eng werden, die Straße war schmal, auf einer Seite von einem Graben und auf der anderen durch eine Reihe Platanen begrenzt. Und es war schon schwer genug, ein solches Wendemanöver tagsüber auszuführen, aber nach Sonnenuntergang? Inmitten eines Sturms?

Nicht, dass sie eine Wahl hätte. Sturzfluten waren hochgefährlich, gerade auf dem Land. Aber ihr V8-Motor konnte einfach alles hinter sich lassen. Der Porsche mochte für unbefestigte Straßen nicht die beste Wahl sein, aber sie hatte sich trotzdem über ihr frühzeitiges Weihnachtsgeschenk an sich selbst gefreut.

Nach dem zweiten Wendepunkt krachte eine Welle Regenwasser seitlich an Esmes Wagen. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie kämpfte darum, das Lenkrad gerade zu halten, während ihr Auto die schlammige Straße entlangrutschte. Das Heck des Porsches geriet ins Schleudern. Ihr Fuß rutschte von der Kupplung, und der hohe Absatz ihres Schuhs blieb unter dem Bremspedal stecken und brach ab. Doch sie hatte keine Zeit, um ihre Lieblingspumps mit Leopardenmuster zu betrauern. Der Wagen schlingerte und geriet außer Kontrolle, und Esme wurde das Lenkrad aus den Händen gerissen.

Panik ergriff sie, als sie gegen die Tür geschleudert wurde. Schlimmer noch, sie konnte nichts sehen, weil ihr schwindlig war und das Wasser über die knallrote Motorhaube ihres Wagens rauschte. Befand sie sich am Straßenrand? Wie tief war der Graben? Wo waren die Bäume? Und, oh Gott, waren das Scheinwerfer oder Straßenlaternen?

Sie wappnete sich, stützte sich ab und kämpfte gegen den Impuls an, die Augen zu schließen – und betete. Ihr Auto kam abrupt zum Stehen, doch es krachte zum Glück nicht. Esme zitterte am ganzen Leib; in ihren Ohren dröhnte es so laut, dass davon beinahe der auf das Dach prasselnde Regen und das Weihnachtslied aus dem Radio übertönt wurden. „Stille Nacht“? Wohl kaum.

Aber es ging ihr gut, und der Wagen schien auch unbeschädigt zu sein. Mit ein bisschen Glück würde sie ihr Ziel noch vor der Schlafenszeit erreichen. Sie wäre schon früher dort gewesen, doch ein Unfall auf der Interstate von Houston nach Royal hatte ihre Weiterfahrt verzögert. Immerhin befand sie sich mittlerweile nah genug am Ziel, um notfalls zu laufen. Laut ihrem Navigationsgerät war das Eingangstor zu Jesse Stevens’ Ranch weniger als eine Meile entfernt.

Sie trat auf die Kupplung, legte den ersten Gang ein und drückte auf den Zündknopf. Der Motor sprang an – und ging dann stotternd wieder aus. Sie versuchte es erneut und … nichts. Kein Mucks.

Sie hatte sich für das Modell mit Gangschaltung entschieden; wenn es um Sportwagen ging, war sie puristisch. Ihr gefiel die Kontrolle, die sie mit dem manuellen Schaltgetriebe hatte. Das Fahren hatte sie sich selbst beigebracht, in einem der älteren Trucks ihres Vaters auf ihrer Ranch in Houston. Sie war fest entschlossen gewesen, diese Fähigkeit zu perfektionieren, um seine Anerkennung zu gewinnen.

Was das anging, hatte sich nicht viel geändert: Sie war hier, um ihrem Dad zu gefallen, indem sie sein Image im Texas Cattleman’s Club hier in Royal aufpolierte. So könnte sie vielleicht seine Chancen auf die Präsidentschaft in der neuen Houstoner Niederlassung des Clubs verbessern. Der erste Schritt ihres PR-Plans sah einen Überraschungsbesuch bei Jesse Stevens vor; er war ein einflussreiches Mitglied des TCC in Royal. Doch dazu musste sie erst mal ankommen.

Sie unterdrückte einen Fluch und wägte ihre Optionen ab. Bei diesem Wetter würde ihr garantiert kein Abschleppwagen zur Hilfe eilen. Sollte sie abwarten, in der Hoffnung, dass der Wagen doch noch ansprang, und dabei riskieren, von einer zweiten Welle getroffen zu werden? Oder sollte sie sich zu Fuß auf den Weg machen? In ihren kaputten Schuhen. Durch den Regen. Und Schlamm. Seufzend reckte sie sich nach ihrem Regenschirm.

Vorsichtig öffnete sie die Tür, und Regen prasselte herein. Sie schob den Regenschirm durch den schmalen Spalt, auch wenn er ihr wohl kaum eine große Hilfe wäre. Selbst der Trenchcoat von Prada verlor den Kampf gegen die Fluten. Eisiges Wasser schwappte ihr über die Knöchel und durchtränkte ihr den Hosensaum, als sie sich zitternd in den Wind lehnte. Doch sie war fest entschlossen. Sie würde sich durch dieses Unwetter kämpfen, einen Schritt nach dem anderen.

Sie ertrug den Gedanken einfach nicht, ihren Vater zu enttäuschen, indem sie die Reise verschob. Er zählte auf sie. Und auch wenn die Anerkennung durch ihren Vaters einer Vierunddreißigjährigen nicht so wichtig sein sollte, konnte sie doch nicht leugnen, dass sie immer noch darum kämpfte. Sie wollte einfach mehr sein als das allzu oft vergessene mittlere Kind.

Im College hatte sie ihre Nische gefunden: Sie besaß ein Talent für PR-Arbeit. Das war ihre Chance zu glänzen. Als ihr Vater nach ihrem Abschluss darauf aufmerksam wurde, hatte er sie als PR-Managerin für die Familienfirma Perry Holdings engagiert.

Und wenn Sterling Perry je positive Reklame gebraucht hatte, dann jetzt, wo der neue TCC in Houston endlich kurz vor der Eröffnung stand. Neue Organisationen verabscheuten nichts mehr als Skandale. Und der gute Name ihres Vaters hatte in letzter Zeit sehr gelitten: Erst hatte man ihm vorgeworfen, ein Schneeballsystem zu betreiben, und ihn deswegen verhaftet, was beinahe den Zusammenbruch eines seiner Investmentfonds verursacht hätte. Und kaum waren diese Vorwürfe fallen gelassen worden, wurde er des Mordes an einem Assistenten von Perry Holdings verdächtigt. Als ob das nicht genug gewesen wäre, wurde erst letzte Woche ein Currin-Oil-Manager namens Willem Inwood verhaftet. Man verdächtigte ihn, die bösen Gerüchte über das Schneeballsystem initiiert zu haben. Bisher hatte Inwood noch nicht gestanden, aber es hatten bereits mehrere Leute gegen ihn ausgesagt.

Doch auch wenn seine Unschuld bewiesen worden war, musste Sterling Perry doch noch gewaltig sein Image aufpolieren, wenn er die Präsidentschaft des neuen Clubs erlangen wollte. Und Esme hatte vor, ihm diesen Neuanfang zu ermöglichen, und zwar mit der Hilfe von Jesse Stevens. Ihren Regenschirm umklammernd, kämpfte sie sich ein paar Schritte weiter voran.

Flackerte etwa Licht da vorn? In ihr rangen Hoffnung und Vorsicht miteinander. Ihr war so kalt, und sie war klitschnass. Aber das hier war auch nicht Houston; dort wohnte sie in einem Apartment in einem Hochhaus, rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht. Sie schob sich eine Hand unter den Mantel und griff nach der Dose Pfefferspray in ihrer Tasche.

Die Lichter kamen näher, wurden heller, bis schließlich zwei Scheinwerfer zu erkennen waren, hoch über dem Boden: ein Truck. Die Fahrertür wurde geöffnet, und ein großer Mann sprang aus dem Wagen und duckte sich im Regen, eine Hand auf dem Stetson auf seinem Kopf.

Sie umklammerte das Pfefferspray noch fester. Im College hatte sie ein paar Selbstverteidigungskurse belegt, aber sie war in diesen Schuhen eindeutig im Nachteil, der eine kaputt und der andere tief im Schlamm versunken.

„Ma’am, was treiben Sie hier draußen? Warten Sie auf einen Abschleppwagen?“

Diese Stimme. Das konnte doch nicht … Aber ihre Ohren täuschten sich nicht. Sie hatte zahllose Stunden damit verbracht, sich Interviews mit Jesse Stevens anzusehen; tatsächlich hatte sie sie beinahe auswendig gelernt, um sich die beste Taktik zurechtzulegen. Sie neigte den Kopf zur Seite, um einen Blick auf sein Gesicht unter dem Cowboyhut zu erhaschen – ihr stockte der Atem. Die Fotos wurden ihm eindeutig nicht gerecht. Obwohl der Stetson sein blondes Haar verbarg, wirkte er wie eine Mischung aus Cowboy und Wikinger. Das Bild ließ sich nur schwer wieder vertreiben, nachdem sie es einmal vor ihrem inneren Auge gesehen hatte.

Kopfschüttelnd steckte sie das Pfefferspray zurück in die Tasche. Sie hätte ahnen können, dass der Truck Jesse Stevens gehörte, schließlich befand sie sich ganz in der Nähe seiner Ranch. Trotzdem standen eigentlich die Chancen besser, auf einen seiner Angestellten zu treffen, gerade zu dieser Stunde, mitten im Regen.

Aber es bestand gar kein Zweifel, wer dieser Mann war, selbst im Dunkeln, mit den Scheinwerfern seines Trucks als einziger Beleuchtung. Sie hatte gründliche Nachforschungen über diesen Mann und sein Land betrieben, ehe sie hergekommen war, um ihn zu treffen, zu überreden.

Doch sie wollte ihm noch nicht sagen, wer sie war. Sie schluckte schwer. „Mein Wagen springt nicht an, und hier draußen, mitten im Nirgendwo, ist der Handyempfang wirklich grauenhaft.“

„Als Grundherr des Mitten im Nirgendwo kann ich Ihnen versichern, dass ich nie Probleme mit dem Empfang hatte.“ Regen tropfte ihm von der Hutkrempe. „Sie sollten da mal mit Ihrem Anbieter sprechen.“

Hörte sie da Ironie oder Verärgerung in seiner Stimme? Es wäre nicht gut, wenn sie ihn schon jetzt gegen sich aufgebracht hätte. Damit wäre das Spiel verloren, ehe sie auch nur angefangen hatten. „Ich werde meinen Anbieter kontaktieren, sobald ich ein paar trockene Kleider auftreiben kann. Wenn Sie mir einen Abschleppwagen rufen würden, hole ich in der Zwischenzeit meinen Koffer aus dem Auto, damit ich mich umziehen kann. Sonst erfriere ich noch.“

„Heute Nacht wird Ihr Wagen garantiert nicht mehr abgeschleppt, Ma’am. Und wir sollten es auch nicht riskieren, noch Ihr Gepäck zu holen. Der Boden kann jederzeit nachgeben.“

Prompt verlor sie fast das Gleichgewicht und sah schnell zu ihm auf. „Mein Schuh ist bloß kaputt.“

Dann rutschte ihr auch der andere Fuß weg. Sie fiel zur Seite, und ihr Regenschirm flog davon, während sie wild mit den Armen rudernd auf die Wassermassen neben der Landstraße zustürzte.

Starke Hände packten sie an der Taille und fingen sie auf. Ehe sie auch nur nach Luft schnappen konnte, hatte er sie auch schon an sich gezogen. Sein warmer Atem strich ihr über die Wange. „Alles in Ordnung?“

Wenn man mal die Gänsehaut außer Betracht ließ, die absolut nichts mit der Kälte, aber alles mit dem Wikingercowboy vor ihr zu tun hatte? „Mir geht’s gut.“ Ihre Stimme klang rau. „Danke.“

„Was machen Sie überhaupt hier draußen, zu so später Stunde und bei solch einem Wetter?“ Donner grollte in der Ferne.

Sie hielt sich an seinen breiten Schultern fest und sah Jesse Stevens direkt in die Augen – sie waren smaragdgrün. „Ich wollte zu Ihnen.“

Jesse Stevens drückte die vollkommen durchnässte Frau weiterhin an sich; ihr gertenschlanker Körper war sogar durch ihren nassen Regenmantel und seine eilig übergezogene Jacke hindurch verführerisch. Er hatte ein letztes Mal nach den Pferden sehen wollen – er fürchtete, der Donner könne sie in Aufruhr versetzen –, als er die Scheinwerfer sah. Das Licht hatte ihn überrascht; er erwartete eigentlich erst morgen Besuch. Nicht, dass er sich beschweren wollte.

Die Heiratsvermittlerin, die er angeheuert hatte, hatte mit dieser Kandidatin ganze Arbeit geleistet. Er fragte sich, welche der drei Anwärterinnen das hier war: die alleinerziehende Mutter, die Tierärztin oder die Zweitplatzierte des Miss-Texas-Schönheitswettbewerbs. Für Letztere hatte diese Frau eindeutig das richtige Aussehen – und das könnte auch die High Heels und das protzige Auto erklären. Ihre Größe stimmte jedenfalls mit den Daten ihres Profils überein, auch wenn die Dunkelheit jegliche weitere Details verschleierte. So oder so war er neugierig auf die Sirene mit der rauchigen Stimme. Ein Grund mehr, sie schnell wieder loszulassen, statt sie weiterhin festzuhalten – sosehr er das auch wollte.

Er trat zurück, eine Hand weiterhin unter ihrem Ellbogen. Natürlich nur, um sicherzugehen, dass sie nicht erneut das Gleichgewicht verlor. „Geht es Ihnen gut? Wurden Sie verletzt, als der Wagen außer Kontrolle geriet?“

Sie schüttelte den Kopf und zog erst den einen, dann den anderen Fuß aus dem Schlamm. „Mir geht’s gut, danke. Ich hatte echt nicht damit gerechnet, dass der Sturm so schnell so heftig wird.“

Dem Trenchcoat und Porsche nach zu urteilen, war diese Frau eine überzeugte Städterin und passte damit eigentlich nicht auf eine Ranch. Aber die Heiratsvermittlerin hatte ihr sicher von Jesse und seinem ländlichen Lebensstil erzählt. Schließlich hatte er eine Checkliste seiner Kriterien für die ideale Frau ausgefüllt.

„Ma’am, es besteht die Gefahr, dass die Straße noch weiter nachgibt. Wir müssen Sie in Sicherheit bringen. Mein Truck ist auch für alternative Routen geeignet, die der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stehen.“

„Na dann los.“ Sie wollte losgehen, die Handtasche unter den Arm geklemmt, doch ihre Füße sanken erneut tief in den Schlamm. Seufzend fluchte sie – und das wie ein Bierkutscher.

Überrascht warf Jesse ihr einen Blick zu. Hinter all dem Glamour verbarg sich also auch ein gewisser Schneid.

Sie sah zu ihm auf, ihre Wimpern vom Regen verklebt, ihr Zopf lag glatt und nass vorn auf ihrem Mantel. „Das sind definitiv nicht die richtigen Schuhe für dieses Wetter.“

„Dann trage ich Sie einfach.“ Woher diese Einladung auch kam, nun, da er sie ausgesprochen hatte, gefiel ihm die Idee. Und mit jeder Sekunde, die verging, gewann diese Lösung an Notwendigkeit.

„Moment mal.“ Sie hob eine manikürte Hand, der Nagellack auf zwei ihrer Nägel verkratzt und ein dritter Nagel eingerissen. „Das geht dann doch ein wenig zu weit.“

„Ma’am …“ Er lächelte. „Je länger wir miteinander diskutieren, desto gefährlicher wird es auf der Straße. Und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist kalt. Und ich trage im Gegensatz zu Ihnen passendes Schuhwerk.“

Sie zögerte. Doch dann zitterte sie und ließ die Hand sinken. Sie nickte schnell; ihr klapperten die Zähne.

Das reichte ihm als Einladung. Er hob sie hoch und drückte sie an sich, während er sich auf den Weg zurück zu seinem Truck machte. Sie quietschte überrascht auf und schlang ihm die Arme um den Hals. Ihr Parfum stieg ihm in die Nase, etwas Blumiges, Exotisches, und er konnte eine ihrer Brüste an seinem Oberkörper spüren.

So viel dazu, dass ihm kalt war. Hitze durchströmte seine Adern. Aber er musste mehr über sie erfahren. Er hatte sich bereits die Hörner abgestoßen. Nun war er bereit, sich häuslich niederzulassen, eine Familie zu gründen, und er würde sich nicht darauf verlassen, dass ihm das Glück die richtige Frau dazu in die Hände spielte.

Er hatte eine hochpreisige Heiratsvermittlerin engagiert, die ihm bei der Suche half. Seine Tage waren mit Arbeit auf der Ranch gefüllt. Sein Sozialleben bestand bloß aus gelegentlichen Events des Texas Cattleman’s Club, und er kannte bereits jedes einzelne Mitglied. Er wollte eine Frau, Kinder – Erben. Er glaubte nicht an Romantik oder Liebe, aber er glaubte durchaus an die Vorteile einer guten Partnerschaft. Ja, er wollte nicht bloß eine Frau. Er brauchte eine Frau, und er war dazu bereit, seiner Gattin im Gegenzug eine bedingungslose Partnerschaft anzubieten. Es wäre eine Win-win-Situation – wenn er denn erst mal die richtige Kandidatin fand.

Er setzte sie vorsichtig auf der Beifahrerseite seines Trucks ab und stellte sicher, dass der Boden nicht nachgab, ehe er sie losließ. Mittlerweile regnete es eimerweise. Er öffnete ihr die Tür und hielt ihr eine Hand hin, während sie auf das Trittbrett stieg. Ihre eleganten Schuhe waren vollkommen ruiniert. Sie war eindeutig nicht auf dieses Wetter vorbereitet gewesen. Der Griff ihrer kalten Finger machte nur umso deutlicher, wie katastrophal dieser stürmische Abend für sie hätte ausgehen können.

Und das könnte er immer noch, wenn Jesse sich nicht beeilte und mit ihr zurück zum Haus fuhr. Mit einer Hand auf die Motorhaube gestützt, umrundete er den Wagen. Als er endlich hinter dem Lenkrad saß, knallte er so schnell wie möglich die Fahrertür hinter sich zu, um den Regen auszusperren.

Zumindest lief die Heizung noch. Er hatte den Motor gar nicht erst abgestellt. Er nahm sich den Stetson ab und warf ihn auf den Rücksitz, neben die Pferdedecke und die Thermosflasche, die dort lagen.

„Ich bin so froh, dass Sie vorbeigekommen sind“, sagte die Unbekannte, immer noch zähneklappernd. Sie streifte sich die ruinierten Schuhe ab und hielt die nackten Zehen in den warmen Luftstrom der Heizung.

„Und ich bin froh, dass ich Sie hier draußen bemerkt habe.“ Er setzte dazu an, nach ihrem Namen zu fragen, doch der Regen trommelte immer eindringlicher aufs Dach. Das konnte warten. „Ich will gar nicht darüber nachdenken, was Ihnen hätte zustoßen können, wenn die Flutwasser Ihren Wagen fortgespült hätten.“

„Sie haben recht: Es war wirklich nicht sonderlich klug, mitten in diesen Sturm hineinzufahren. Ich konnte es einfach nicht abwarten herzukommen und habe mir deswegen eingeredet, ich könne den Sturm abhängen.“ Leise lachend, schüttelte sie den Kopf. Der rauchige Klang ihrer Stimme benebelte ihm die Sinne. Die Heiratsvermittlerin hatte wirklich ein glückliches Händchen.

Jesse räusperte sich. „Das Wetter könnte immer noch gewinnen, wenn wir uns nicht beeilen.“ Vorsichtig trat er aufs Gaspedal und beschleunigte langsam. Der Truck hatte ein Allradgetriebe, und die Reifen drehten nur kurz durch, ehe sie von der Stelle kamen. Sie fuhren auf die matt leuchtenden Lichterketten zu, die um den Zaun geschlungen waren. Der Sturm verwischte die Lichter zu einem grün-rot-weißen Schimmer.

„Es tut mir leid, Sie so spät noch zu stören“, sagte sie. „Ich dachte wirklich, ich wäre früher hier.“ Der Truck holperte über eine Furche in der Straße, und sie stützte sich an der Tür ab.

„Da hätten Sie mit einem SUV bessere Chancen gehabt als mit dem Sportwagen, den Sie da fahren.“

„Ja, sieht ganz so aus.“ Sie wrang sich den Zopf aus; im Licht des Armaturenbretts erkannte Jesse, dass ihr Haar blond war.

Aber das brachte ihn bezüglich ihrer Identität auch nicht weiter. Welche der Kandidatinnen, die die Heiratsvermittlerin für ihn ausgesucht hatte, war sie nun? „Ich bin Jesse Stevens. Aber das scheinen Sie ja bereits zu wissen. Wer sind Sie?“

„Esme Perry. Freut mich, Sie kennenzulernen, Jesse.“

Überrascht warf er ihr einen Seitenblick zu. Sie war keine der drei Frauen, die die Heiratsvermittlerin zu ihm hatte schicken wollen. Er hatte garantiert keine Kandidatin vergessen. Oder hatte er vielleicht eine E-Mail übersehen? Außer …

Moment … In seinem Hinterkopf schrillten die Alarmglocken. Es gab eine Menge Perrys in Texas. Aber ein Zweig der Familie war im Texas Cattleman’s Club in Royal allzu bekannt. „Perry, so wie …“

„Ja, mein Vater ist Sterling Perry. Wir freuen uns wirklich sehr, dass eine neue Niederlassung des Texas Cattleman’s Club in Houston eröffnet wird. Mein Vater hat mich hergeschickt, um mit Ihnen zu reden. Mich mit Ihnen auszutauschen“, sagte sie und lächelte keck.

Sie war nicht von der Heiratsvermittlerin geschickt worden. Enttäuscht konzentrierte er sich auf die Straße vor ihnen, eine höher gelegene private Zufahrtsstraße zu seinem Grundstück. „Dann sind Sie also eine Spionin“, sagte er trocken.

„Nein, so ruchlos ist es nicht.“ Sie zupfte am Gürtel ihres Trenchcoats. „Ich bin bloß hier, um mir anzusehen, wie die Dinge in Royal gehandhabt werden.“

„Oder um den Ruf Ihres Vaters zu verbessern.“

Sie richtete sich auf, eindeutig gereizt angesichts der Kritik an ihrem Vater. Aber es war ein offenes Geheimnis, dass Sterling Perry eine zweifelhafte Vergangenheit und einen Durst auf Macht hatte.

Und um diese Macht kämpfte er gerade mit Ryder Currin. Sie hatten es beide darauf abgesehen, die neue TCC-Niederlassung in Houston zu führen, die in einem historischen Gebäude eröffnet werden sollte, einem früheren Boutique-Hotel. Ryder Currin war ein Selfmademan. Esmes Familie hingegen gehörte zum alten Geldadel, geführt von dem charmanten überlebensgroßen Patriarchen Sterling Perry, der das Vermögen der Perrys mit Bank- und Immobiliengeschäften weiter vergrößerte.

Jesses Eindruck von ihm? Eine Menge Show, doch allzu wenig Gehalt. War diese Frau so wie ihr Vater? Es wirkte angesichts ihres Wagens und ihrer Kleider ganz so. Und sie hatte ihren Vater verteidigt.

Jesse fuhr vor seinem Haus vor. In den Bäumen entlang der Auffahrt funkelten noch mehr Lichter, und an der Tür seines zweistöckigen weißen Hauses hing ein Kranz. Er hatte ausladende Gebäude errichtet, in der Hoffnung, eines Tages eine eigene Familie zu haben. Seine Eltern waren tot. Er hatte nur eine Schwester, und auch wenn er sie über alles liebte, so führte sie doch ein eigenes Leben. Nun war er bereit, sich eine Zukunft aufzubauen.

Darauf bedacht, nicht erneut die Frau neben sich anzublicken, fuhr er von dem Pfad auf die Auffahrt und hinters Haus. Der Weg wurde von weiteren Lichterketten gesäumt. Er hatte draußen Dekorationen anbringen lassen, um seinem Haus ein einladendes Aussehen zu verleihen, war allerdings noch nicht dazu gekommen, auch drinnen zu dekorieren. Es fehlte definitiv eine Frau in seinem Leben.

Per Knopfdruck öffnete er die Garage, fuhr auf einen der sechs Stellplätze und schaltete den Motor aus, während sich das Tor automatisch wieder hinter ihnen schloss. „Sie können bis morgen früh hierbleiben … oder bis der Sturm vorübergezogen ist.“

„Das weiß ich wirklich zu schätzen. Mir bleibt ja kaum etwas anderes übrig.“ Sie deutete auf ihre nackten Füße und durchnässten Kleider.

„Betrachten Sie es als einen Gefallen unter Clubmitgliedern. Es wäre wirklich unverantwortlich von mir, Sie wieder in diesen Sturm hinauszuschicken.“ Er legte eine Hand aufs Lenkrad und gewährte sich einen weiteren Blick auf die Schönheit neben sich. „Aber ich bespreche Clubangelegenheiten nur innerhalb der Geschäftszeiten. Wir werden also weder Ihren Vater noch die Houstoner Niederlassung diskutieren.“

„Alles klar. Ich habe bloß eine Frage. Sie hat auch nichts mit dem Texas Cattleman’s Club zu tun.“ Sie neigte den Kopf zur Seite. „Was dachten Sie, wer ich bin?“

2. KAPITEL

Esme spielte am Sitzgurt herum und wartete auf Jesses Antwort. Sie hatte es nicht eilig, aus dem Truck zu steigen, und war zugegebenermaßen allzu neugierig, mit welch mysteriösen Frau er gerechnet hatte. Auch wenn Cowboys eigentlich nicht ihr Typ waren, konnte sie den Reiz dieser grünen Augen doch nicht abstreiten.

Er hob eine Augenbraue und griff nach seinem Stetson. „Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass Sie eine dieser berüchtigten Perrys sind.“

Sie erstarrte angesichts seines kritischen Tonfalls. „Berüchtigt?!“, fragte sie. Der Bann zwischen ihnen war gebrochen. Sie schnallte sich ab und legte eine Hand auf den Türgriff. „Das ist ein wenig hart, finden Sie nicht?“

„Ich wollte Sie nicht vor den Kopf stoßen“, sagte er und stieg aus dem Wagen. „Aber vor nicht allzu langer Zeit wurde noch wegen Betrugs und wegen Mordes an einem Angestellten bei Perry Holdings gegen Ihren Vater ermittelt.“

Vincent Hamm war zunächst bloß vermisst worden. Aufgrund einer Textnachricht an seinen Boss hatte man angenommen, dass der Assistent gekündigt hatte und auf die Britischen Jungferninseln ausgewandert war, um Surfer zu werden. Doch dann war sein Leichnam gefunden worden, eine Schusswunde in der Brust und sein Schädel zertrümmert, was die Identifizierung zunächst erheblich erschwert hatte. Anhand von DNA-Tests hatte man schließlich seine Identität beweisen können.

Esme knallte die Autotür zu; das Geräusch hallte in dem spärlich beleuchteten Raum wider. Sie geriet auf dem glatten Zementboden leicht ins Rutschen – ihre Füße waren immer noch feucht und schlammbedeckt –, als sie an einem Rennboot vorbeieilte, ihre Zehen eiskalt, ihre ruinierten Schuhe in der Hand. Ein SUV, ein Motorrad und ein paar Allradwagen füllten die restlichen Stellplätze. Offenbar hatte der Kerl eine Schwäche für Spielzeuge. Oder vielleicht war es jemand anders aus seiner Familie?

Sie warf einen Blick auf seine linke Hand, während er an der Tür zum Haus einen Sicherheitscode eingab. Kein Ring. Aber es gab ja immer noch die mysteriöse Frau.

Esme konzentrierte sich wieder auf den Grund ihrer Anwesenheit: Um den Ruf ihres Vaters unter den Mitgliedern des TCC in Royal zu verbessern. „Sowohl die Betrugs- als auch die Mordvorwürfe gegen meinen Vater wurden fallen gelassen.“ Es war die reinste Hölle los gewesen, als die Leiche auf der Baustelle des neuen Texas Cattleman’s Club gefunden worden war; das Bauunternehmen ihres Vaters war für die Renovierungen verantwortlich. Doch der Mörder war immer noch nicht ausfindig gemacht worden. „Und wenn ich mich recht erinnere, wurden auch Sie zwischendurch verdächtigt, weil Sie eine wütende Nachricht auf Hamms Mailbox hinterlassen hatten.“

„Das stimmt.“ Er winkte sie ins Haus. „Zum Glück habe ich ein wasserdichtes Alibi.“

Während er das Licht einschaltete, warf sie sich das feuchte Haar über die Schultern und öffnete die Knöpfe ihres Trenchcoats. „Sie wollen offenbar noch mehr sagen.“

Landschaftsgemälde mit texanischen Motiven säumten die Wände des Korridors, dessen eines Ende zu einem Waschraum führte, das andere ins Haus. Jesse beäugte Esme kurz, ehe er nickte. „Ihr Vater ist in der Geschäftswelt als ziemlicher Halsabschneider bekannt. Sterling Perry mag diesen Mord nicht begangen haben, aber sein Ruf machte es leicht zu glauben, dass er es sein könnte.“

Das konnte sie nicht abstreiten. Es stimmte. Aber es war immer noch ihr Vater, über den Jesse da sprach. „Sie haben offenbar ein Talent dafür, Freunde zu gewinnen und Leute zu beeinflussen.“

Autor

Catherine Mann
Bestsellerautorin Catherine Mann schreibt zeitgenössische Liebesromane, die im militärischen Milieu spielen. Ihr Mann, der bei der US Air Force arbeitet, versorgt sie mit allen nötigen Informationen, sodass sie keine Recherche betreiben muss.
In der Zeit vor ihren Romanveröffentlichungen machte sie ihren Bachelor in Bildender Kunst auf dem College von Charleston und...
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