Sündiges Spiel mit dem Ex

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Ist Paisley die uneheliche Tochter eines berüchtigten Milliardärs? Wenn das stimmt, wäre sie all ihre Geldsorgen los! Bloß wie soll sie das beweisen? Ausgerechnet ihr sexy Ex, der erfolgreiche Privatermittler Lucas Ford, ist der Einzige, an den sie sich in ihrer Not wenden kann. Doch Lucas ist nur unter einer Bedingung bereit, ihr zu helfen: Paisley soll ihn heiraten - sündigen Sex inklusive. Eine Ehe ohne Liebe ist das Letzte, was sie will! Trotzdem knistert es immer erregender zwischen ihnen …


  • Erscheinungstag 10.11.2020
  • Bandnummer 2158
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726430
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte.“

Paisley Morgan fühlte sich mit jedem Wort schlechter. Als hätte das Leben ihr nicht schon einen Schlag nach dem anderen versetzt, stand sie nun auch noch vor Lucas Fords Schreibtisch, während er sie anstarrte, als könnte er nicht glauben, dass sie es wagte, herzukommen. Nun, sie konnte es selbst kaum glauben. Vor Jahren hatte sie ihn verlassen und seitdem nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber das lag in der Vergangenheit. Oder?

Stumm lehnte er sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. Paisley fragte sich unbehaglich, ob – und wenn ja, wie sehr – sie ihn vor zwölf Jahren verletzt hatte. Aber hatte er das nicht längst vergessen? Hatte er nicht längst eine andere Frau gefunden, deren Verlangen er mit nur einem Blick aus seinen unglaublich blauen Augen wecken konnte? Hatte er überhaupt je an sie gedacht? Denn es war nicht ein Tag vergangen, an dem sie ihre Entscheidung, ihn gehen zu lassen, nicht infrage gestellt hatte.

Doch Paisley hatte größere Probleme als ihre Vergangenheit und Lucas’ Gefühle bezüglich ihres unangekündigten Besuchs. Zum Beispiel die Tatsache, dass Sterling Perry ihr leiblicher Vater sein könnte – der Mann, der von beinahe ganz Houston für seine üblen Machenschaften verachtet wurde. Ganz zu schweigen davon, dass er wegen Verschwörung zum Betrug verhaftet worden war.

„Wie kommst du darauf, dass Sterling dein Vater sein könnte? Und warum sollte ich dir helfen?“, fragte Lucas kühl.

Paisley umklammerte ihre Handtasche. In der anderen Hand hielt sie den Brief ihrer Mutter. „Ich habe einen Beweis für die Annahme, dass er mein Vater ist, und du musst die Sache für mich überprüfen und herausfinden, so viel du kannst.“

Lucas starrte sie eine Minute an, ehe er sich erhob. Er war immer noch genauso sexy wie früher. Doch seine Schultern waren breiter, die Fältchen in seinen Augenwinkeln tiefer, und sein kantiger Kiefer wirkte kräftiger. Schon als junge Frau hatte ihr bei Lucas Fords Anblick immer der Atem gestockt. Und das war auch jetzt nicht anders, obwohl Jahre vergangen waren, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte. Manche Erinnerungen waren einfach zu lebendig, als dass sie sich in die Vergangenheit verbannen ließen.

„Was ist das für ein Beweis?“, fragte er.

Paisley schluckte und sah auf den Brief in ihrer Hand hinunter. Sie machte sich nicht die Mühe, ihn zu entfalten, ehe sie ihn auf den Schreibtisch warf. Sie biss sich in die Wange, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Nun war wohl kaum der richtige Zeitpunkt, zusammenzubrechen. Sie musste vor Lucas stark bleiben, vor allem, weil er sie seit über zehn Jahren nicht gesehen hatte. Verletzlichkeit und Tränen würden sie nicht weiterbringen.

Lucas war ihre beste Chance darauf, die Wahrheit herauszufinden, da auf ihrer Geburtsurkunde das Feld „Name des Vaters“ leer war. Hätte es irgendeine andere Möglichkeit gegeben …

Er öffnete den Brief und schob eine Hand in die Hosentasche, während er las. Sie kannte jedes Wort in der makellosen zierlichen Handschrift ihrer Mutter auswendig. Es war der Inhalt, der Paisley so beunruhigte und sie dazu gebracht hatte, alles zu hinterfragen, was sie wusste, und darüber nachzudenken, wie ihre Zukunft wohl aussehen würde.

Lucas warf ihr einen Blick zu. „Glaubst du das hier etwa? Deine Mutter war nicht gerade …“

„Ich bin mir der Fehler meiner Mutter bewusst“, sagte sie abwehrend. „Das ist nicht der Grund, aus dem ich hier bin.“

Lucas fluchte leise. „So war das nicht gemeint. Es tat mir wirklich leid, das von deiner Mutter zu hören, egal, wie die Dinge zwischen uns ausgegangen sind.“

Paisley akzeptierte die Entschuldigung mit einem Nicken. Sie spürte einen Kloß im Hals, als eine weitere Welle der Gefühle sie zu überwältigen drohte. Irgendwie hatte sie sich durch die vergangenen Monate gekämpft. Die Sturmflut, die Houston verwüstet hatte, hatte ihre Mutter das Leben gekostet. Darüber hinaus war kurz nach der Flut eine Leiche auf der Baustelle von einem von Sterling Perrys Grundstücken gefunden worden – der Baustelle des exklusiven Texas Cattleman’s Club.

Auch Monate später war die Identität des Toten immer noch ein Rätsel. Es war kein Ausweis gefunden worden, und es gab keine hervorstechenden Merkmale. Die ganze Sache war eine Katastrophe. Und es war mittlerweile nur noch schlimmer geworden. Vincent Hamm, von dem es zuerst hieß, er sei das Opfer, hatte nämlich seinem Boss eine Textnachricht geschrieben, in der er kündigte und verlauten ließ, dass er auf die Virgin Islands ausgewandert war. Es konnte sich bei der Leiche auf Sterlings Baustelle also nicht um ihn handeln.

Sterling hatte mit den Intrigen, die er ausgeheckt hatte, schon genug Probleme verursacht. Durch seine Betrügereien war ein Großteil der örtlichen Banken in Aufruhr, und viele Familien hatten alles verloren, was sie besaßen – Paisleys Mutter eingeschlossen. Paisley hatte die Beerdigung aus ihren eigenen Ersparnissen finanzieren müssen, weil es keine Lebensversicherung gab. Und als wäre das nicht schon genug, musste sie nun auch noch um ihren Brautladen fürchten, da sie kein finanzielles Polster mehr hatte.

Doch Paisley glaubte fest daran, ihre Zukunft und ihre Finanzen noch retten zu können. Falls der einflussreiche Milliardär wirklich ihr Vater war, hätte sie vielleicht eine Chance.

„Ich muss wissen, ob Sterling mein Vater ist“, fuhr sie fort. „Ich weiß, dass Mom nicht allzu zuverlässig oder ehrlich war, aber ich wüsste auch nicht, warum sie diesbezüglich lügen oder diesen Brief schreiben sollte. Ich habe ihn in einem Buch gefunden, das sie zuletzt gelesen hat.“

Lucas schaute wieder hinunter auf den Briefbogen. „Sterling hat es nicht verdient, die Wahrheit zu erfahren, falls du seine Tochter bist.“

„Vielleicht weiß er gar nichts davon“, erwiderte Paisley und atmete tief ein. „Hör mal, ich weiß, dass ich die Letzte bin, die du in deinem Büro haben willst.“

„Tatsächlich ist Sterling Perry der Letzte, den ich hier haben will, aber da er im Gefängnis sitzt, ist das irrelevant.“

„Wie ich schon sagte …“ Sie stockte. Es war ihr zuwider, wie verletzlich sie sich fühlte, hier vor dem einzigen Mann, den sie je geliebt hatte. „Ich bin nicht gerade dein Lieblingsmensch. Das verstehe ich. Wenn du mich beschimpfen und erst über die Vergangenheit sprechen willst, dann machen wir das. Aber du bist der Beste auf diesem Gebiet, und ich brauche deine Hilfe.“

Er hob einen Mundwinkel. „Hast du dich auf dem Laufenden gehalten, was mich betrifft, Törtchen?“

Beim Klang des Spitznamens basierend auf ihrem Lieblingsnachtisch – Sauerkirschtörtchen – überlief sie ein Schauer. Lucas war der Einzige, der sie je so genannt hatte, doch das hatte sie nie vergessen. Und er offenbar auch nicht. Die Erinnerung an all das, was sie verbunden hatte, weckte in ihr einen Funken Hoffnung. Vielleicht würde er sie nicht einfach wieder hinauswerfen, ohne sich anzuhören, was sie zu sagen hatte. Vielleicht würde er ihr die Chance geben, sich zu verteidigen.

Stumm stand er vor ihr, seine Miene undurchschaubar. Ein Teil von ihr erkannte das Verlangen in seinen Augen, doch da war noch etwas anderes, das sie nicht einordnen konnte. Verachtung? Frust? Früher hatte Lucas sie immer auf diese ganz besondere Art angesehen, mit der er regelmäßig ein Feuer in ihr entfacht hatte. Danach waren sie in kürzester Zeit im Bett gelandet. Sie hatten sich nie gestritten, hatten eine gemeinsame Zukunft geplant … Bis sie eines Tages erkannt hatte, dass sie ihn gehen lassen musste.

„Hilfst du mir oder nicht?“, fragte sie herausfordernd. Nostalgische Gefühle würden sie nicht weiterbringen.

„Mein Assistent kann sich alle nötigen Informationen notieren und die Anzahlung für meine Dienste entgegennehmen.“ Lucas warf den Brief zurück auf den Schreibtisch. „Ich melde mich dann bei dir.“

In ihr stieg Wut auf. So leicht wurde er sie nicht los. Ja, ihre Trennung war plötzlich gekommen, doch das löschte wohl kaum alles aus, was sie zuvor verbunden hatte. Sie würde sich nicht einfach von ihm abwimmeln lassen. Das hier war alles, was ihr noch blieb.

„Erstens: Ich rede nicht mit deinem Assistenten, sondern mit dir.“ Sie würde ihm zeigen, wie sehr sie seine Hilfe brauchte. „Und zweitens bin ich gerade ein wenig knapp bei Kasse. Aber ich verspreche dir, du bekommst jeden Dollar, den ich dir schulde. Ich gehe erst, wenn du dich bereit erklärst, diesen Fall zu übernehmen.“

Lucas atmete tief ein und umrundete den Schreibtisch mit langsamen Schritten. Er trat vor sie, und der Geruch seines Aftershaves stieg ihr in die Nase, teuer und verdammt sexy. Teuer und sexy? Diese beiden Worte beschrieben Lucas Ford perfekt. Er war schon immer eine Nummer zu groß für sie gewesen, doch sie war so naiv gewesen zu denken, das wäre egal. Sie hatte falschgelegen, und am Ende hatte es sie beide zerstört.

„Du brauchst mich.“ Damit hatte er leider allzu recht. „Ohne meine Hilfe kommst du nicht weiter. Ist es das, was du sagen willst?“

Paisley biss die Zähne zusammen und nickte. Sie steckte in der Klemme, und er wusste das nur zu gut, doch sie hatte es ernst gemeint, als sie sagte, dass sie erst gehen würde, wenn er ihr seine Hilfe versprach. Sie hatte nichts mehr zu verlieren – und alles zu gewinnen.

Auf seinem gebräunten Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, und in diesen blauen Augen leuchtete eine Belustigung auf, die beinahe schon hinterhältig wirkte. „Es könnte da eine Gebühr geben, die du dir leisten kannst.“

Lucas wusste selbst nicht, was für ein Spiel er hier trieb, aber nachdem er angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Paisley war einfach in sein Büro marschiert, wirkte dabei verboten süß und unschuldig – doch er wusste, dass sie keins von beidem war. Das konnte sie nicht sein, nicht nachdem sie zwölf Jahre zuvor schriftlich mit ihm Schluss gemacht hatte. Das hatte ihr jegliche Süße genommen. Ihre Unschuld hatte er ihr höchstpersönlich gestohlen, in einer stürmischen Nacht im Gartenschuppen auf dem Anwesen seines Vaters. Es war für sie beide das erste Mal gewesen. Er weigerte sich zuzugeben, dass er so dumm gewesen war zu denken, sie würden heiraten und zusammen glücklich werden.

Nun kam sie also wieder zu ihm, hatte wieder einen Brief für ihn, doch in diesem war der verschleierte Hinweis versteckt, dass der Teufel selbst ihr leiblicher Vater war. Oh, ihre Mutter nannte keinen Namen, doch Worte und Phrasen wie „Milliardär“ und „in Houston äußerst bekannter Geschäftsmann“ sowie der alarmierende Satz „ein Mann, mit dem sich niemand anlegen will“ waren deutlich genug.

Sterling Perry hatte über die Jahre hinweg zahlreiche Leben zerstört. Tatsächlich war er der Grund dafür, dass Lucas Privatermittler geworden war.

Sterling hatte den Ruf von Lucas’ Vater ruiniert, indem er Gerüchte über gestohlenes Geld verbreitete und behauptete, er habe Beweise dafür. Am Ende hatte sich herausgestellt, dass alles gelogen war, doch da war es schon zu spät gewesen. Lucas’ Vater war ruiniert, und Lucas hatte sich geschworen, für ihn und für alle anderen um Gerechtigkeit zu kämpfen, die es selbst nicht konnten.

Zuletzt hatten Sterlings fragwürdige Investitionen die örtlichen Banken in Schwierigkeiten gebracht; sie kämpften alle darum, ihren Ruf und ihr Geschäft zu retten. Und auch kleinere Geschäfte wie Paisleys Brautladen litten unter Sterling. Doch nun war er wegen Verschwörung zum Betrug verhaftet worden, und Lucas hoffte, dass er nie wieder freikommen würde – auch wenn es schlimmerer Verbrechen bedurfte, damit Sterling so lange im Gefängnis saß, wie er es verdient hatte.

Lucas hatte Sterling nie gemocht, wollte nie auch nur seinen Namen erwähnen, und nun bat ihn Paisley ausgerechnet darum, Nachforschungen über diesen Mann anzustellen? Steckte in diesem kryptischen Brief auch nur ein Körnchen Wahrheit?

Sosehr Paisley ihn auch verletzt hatte, Lucas konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein solches Monster wie Sterling eine Frau wie sie hervorgebracht haben könnte. Er wollte sich wirklich nicht in ihre Leben einmischen, weder in Sterlings noch in Paisleys …

Doch was, wenn diese beiden Leben miteinander in Verbindung standen? Verdammt. Jeden Tag lehnte er Fälle ab, weil er sie aus dem einen oder anderen Grund nicht bearbeiten wollte. Er könnte sich sofort zur Ruhe setzen und müsste sich nie wieder darum sorgen, wie er seinen Lebensunterhalt finanzieren sollte. Geld war nie das Problem gewesen, und es war auch nicht der Grund, aus dem er jetzt zögerte.

Irgendetwas an diesem Fall ging ihm zu Herzen. Nein, nicht irgendetwas – irgendjemand. Paisley. Selbst nach all den Jahren hatte sie noch Einfluss auf sein Gewissen. Er wusste, wie hart sie für ihr Geschäft arbeitete und dass sie nun sowohl emotional als auch finanziell in der Klemme steckte. Darüber hinaus kannte er das leere Gefühl, das man nach dem Verlust eines Elternteils verspürte. Wie könnte er sie ignorieren, wenn sie so dringend Hilfe brauchte? Und zwar ausgerechnet von ihm? Doch er war kein Narr. Heutzutage war er ein erfahrener Geschäftsmann, und seine Großzügigkeit hatte ihren Preis.

„Hör mal“, sagte sie, ehe er ihr das Angebot unterbreiten konnte, das ihm spontan eingefallen war. „Ich weiß, dass ich dich damals verletzt habe …“

„Du hast mir einen verdammten Zettel hingelegt.“ Einen Zettel, den er viel zu lange aufbewahrt hatte, ehe er ihn schließlich in den Kamin geworfen hatte. Er hatte allzu viel von seinem Lieblingsbourbon getrunken, während er zusah, wie der Brief verbrannte. „Nach allem, was wir miteinander geteilt haben, hatte ich etwas Besseres verdient. Oder vielleicht war diese Beziehung auch nur einseitig.“

„Du weißt genau, dass sie das nicht war“, sagte Paisley und klang verletzt. „Ich musste dich gehen lassen, Lucas. Dein Vater …“

Neugierig und ein wenig wütend darüber, dass sie überhaupt hier war, verschränkte er die Arme vor der Brust. „Mein Vater was?“

Paisley leckte sich über die Lippen und schob sich das Haar hinter die Ohren, eine nervöse Angewohnheit, die sie offenbar nie abgelegt hatte. Dann straffte sie die Schultern und hob das Kinn. „Dein Vater sagte mir, ich würde dich bloß bremsen. Du hattest gerade alle Vorbereitungen getroffen, um nach Harvard zu gehen, und, na ja, er hatte recht. Ich hätte dich zurückgehalten. Du hättest all deine Ziele vernachlässigt, um mit mir zusammenzubleiben.“

Lucas knirschte mit den Zähnen und dachte an die Nacht zurück, als er ihren Brief in seinem Truck gefunden hatte. Nach dem ersten Lesen hatte er noch gedacht, das solle ein Scherz sein. Doch dann hatte er ihn ein zweites und ein drittes Mal gelesen und erkannt, dass seine Paisley Angst bekommen und kein Vertrauen in ihre Beziehung gehabt hatte … Kein Vertrauen in ihn.

Letzten Endes hatte ihn das am meisten verletzt. Sie hatte nicht genug an ihn geglaubt und daran, dass er einfach alles getan hätte, um mit ihr zusammen zu sein. Für immer. Aber bis jetzt war ihm nicht bewusst gewesen, dass sein Vater die Hände im Spiel gehabt hatte. Das war ein ganz neuer Schmerz … über den Verrat seines Vaters, der mit angesehen hatte, wie sehr ihn der Verlust seiner großen Liebe getroffen hatte. Sein Vater hatte ihn gedrängt, sich auf die Zukunft zu konzentrieren und seine Jugendliebe hinter sich zu lassen.

Lucas verscheuchte die schmerzlichen Erinnerungen, ließ die Arme sinken und zuckte die Schultern. „Das ist eine nette Geschichte. Vielleicht ist da etwas Wahres dran, vielleicht auch nicht. Es macht jetzt keinen Unterschied mehr.“

Paisley öffnete den Mund, und in ihren haselnussbraunen Augen blitzte Trauer auf. Dann nickte sie, als fiele ihr keine gute Rechtfertigung ein; offenbar gab es keine.

Ihr Anblick rief eine Menge Erinnerungen hervor, doch was Lucas noch viel mehr verrückt machte, war das wiedererwachte Verlangen. Verdammt. Den Schmerz konnte er ignorieren, sogar seine eigene Dummheit konnte er verdrängen – wie hatte er je denken können, sie würden für immer zusammenbleiben? Doch die Erinnerung daran, wie es sich angefühlt hatte, wenn sie sich an ihn schmiegte, ließ sich einfach nicht abwehren.

Lucas fluchte leise und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Wenn er die lüsternen Gedanken nicht unter Kontrolle brachte, könnte dieses spontane Meeting sehr schnell sehr peinlich werden. Er brüstete sich damit, der Beste auf seinem Gebiet zu sein, betreute hochrangige Klienten – und schon eine einzige Begegnung mit der Vergangenheit drohte ihn in einen hormongesteuerten Teenager zurückzuverwandeln.

„Es war ein Fehler, herzukommen“, murmelte Paisley und griff nach dem Brief.

Lucas legte eine Hand auf ihre und wartete, bis sie seinen Blick erwiderte. Kaum sah sie ihn an, wusste er, dass er sie hatte. Sie steckte in der Klemme, und er konnte ihr helfen – zu einem bestimmten Preis.

Er wollte seinen Vorteil nicht ausnutzen, aber er hatte auch Wünsche und Bedürfnisse. Wieso sollten sie sich also nicht gegenseitig helfen? Er glaubte längst nicht mehr an die wahre Liebe. Er wusste, dass Liebe nur ein Wort mit fünf Buchstaben war, das die Leute benutzten, um ihren Willen durchzusetzen. „Es wäre ein Fehler, wenn du jetzt wieder gehst, Törtchen.“

Sie presste die Lippen aufeinander. „Wenn wir die Vergangenheit wirklich hinter uns lassen wollen, dann hör auf, mich so zu nennen.“

Sie war immer noch so verdammt sexy, wenn sie wütend wurde. Am liebsten hätte er sie auf den Schreibtisch gezogen und sie genommen, um das Wiedersehen perfekt zu machen. Doch das Geschäft ging vor. Diese Lektion hatte sie ihn gelehrt. „Ich werde dir helfen“, sagte er, eine Hand immer noch auf ihrer. Langsam erhob er sich und beugte sich über den Schreibtisch. „Ich werde diskrete Nachforschungen darüber anstellen, ob Sterling dein Vater ist. Und ich werde deinen Brautladen retten, weil ich weiß, dass du kurz vor dem Ruin stehst.“

Paisley sah zu Boden; er konnte nicht sagen, ob aus Scham oder Frust. „Was willst du dafür im Gegenzug?“, fragte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn.

Lucas ließ sie los und strich ihr eine honigblonde Haarsträhne hinters Ohr. „Heirate mich.“

2. KAPITEL

Oh, Lucas war wirklich der unverschämteste, arroganteste Mann, den Paisley je getroffen hatte. Von all dem, was er hätte verlangen können …

Wollte er sich über sie und das Leben, das sie sich einst ausgemalt hatten, lustig machen? Oder dachte er ernsthaft, es würde all ihre Probleme lösen, ihn zu heiraten? Das war doch absurd! Sie würde ihn auf keinen Fall heiraten. Ihr Leben war ein einziger Scherbenhaufen, und ihr war nicht danach, Spielchen zu spielen.

Deshalb hatte sich Paisley gestern nur den Brief von seinem Schreibtisch geschnappt und war aus dem schicken Büro marschiert, ohne ein weiteres Wort. Sie hatte sich gesagt, dass sie selbst eine Lösung finden würde … irgendwie.

Zuerst musste sie sich um ihren Brautladen kümmern. Paisley schob zwei Brautkleider zur Seite, um Platz für das perlenbestickte Kleid in A-Linie zu schaffen, das sie extra für eine Kundin bestellt hatte. Jede Hochzeit war etwas Besonderes, und jede Braut wurde behandelt, als wäre sie die einzige Kundin. Paisley war stolz darauf, jeder Hochzeit die Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen, die ihr gebührte. Sie hatte ursprünglich eine Teilzeitangestellte beschäftigt, diese jedoch nach dem Finanzdebakel entlassen müssen.

Danke, Sterling! Sie fühlte sich immer noch furchtbar deswegen. Sie hatte Margaret nur äußerst ungern gefeuert. Das junge Mädchen war so liebenswert gewesen, doch die zusätzlichen Ausgaben hatten Paisley in eine unangenehme Situation gebracht.

Sie fuhr mit der Hand über die Hülle des Kleides und verlor sich in Tagträumen – ein Berufsrisiko. Eines Tages würde sie selbst ein märchenhaftes Kleid aus ihrem Laden tragen. Sie würde den mit Flieder – ihrer Lieblingsblume – geschmückten Gang zum Altar hinunterschreiten, auf den Mann ihrer Träume zu. Einen Mann, der sie nicht dazu erpresste, ihn zu heiraten, nur wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Welche Absichten verfolgte Lucas damit? Wollte er beweisen, dass er sie haben konnte? Oder wollte er sie einfach nur in seinem Bett?

Paisley zog ein zweites Kleid aus dem Karton, das ebenfalls in einer durchsichtigen Hülle steckte. Jedes Kleid in ihrem Laden konnte einer Frau das Gefühl geben, eine Prinzessin zu sein – oder eine Kriegerin, falls sie das bevorzugte. Brautkleider waren der Höhepunkt einer jeden Hochzeit. Und während der Fokus stets auf dem glücklichen Paar liegen sollte, wusste doch jeder, dass aller Augen auf die Braut und ihr Kleid gerichtet sein würden. Auf dem Gang zum Altar hatte jede Braut ihren großen Auftritt.

Paisley hatte schon mit Bräuten gearbeitet, die viel Glitzer und Glamour wollten, während andere es elegant oder dezent bevorzugten. Manche wollten einen Schleier, andere wählten eine Blume im Haar oder einen glitzernden Haarreifen. Paisley liebte ihren Job und die Tatsache, dass jede Kundin ganz eigene Meinungen und Ideen mitbrachte.

Nachdem sie das zweite Kleid aufgehängt hatte, konnte sie einfach nicht widerstehen: Sie öffnete den Reißverschluss der Schutzhülle und strich mit einem Finger über die zarte Perlenstickerei. Jedes Mal, wenn sie gedanklich ihre Hochzeit plante, schwankte sie zwischen einer Feier im kleinen Rahmen mit einem schlichten trägerlosen Kleid und einer Zeremonie in einer prunkvollen Kathedrale mit einem aufwendigen Ballkleid, dessen Schleppe hinter ihr über den Boden glitt.

Doch egal, wie Kleid und Veranstaltungsort letztendlich aussehen würden, im Grunde zählten nur der Mann und die Hochzeit selbst. Eines Tages würde sie heiraten, Kinder bekommen und bis in alle Zeit glücklich sein. Das hielt sie keineswegs für eine Fantasie. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt damit, an solche Träume zu glauben, und war wirklich fest überzeugt, dass es für jeden den perfekten Partner gab.

Und ihr perfekter Partner war definitiv nicht Lucas Ford. Früher hatte sie ihn dafür gehalten, doch wenn das wirklich der Fall gewesen wäre, hätten sie beide schon wesentlich früher wieder zueinandergefunden. Sie weigerte sich zu glauben, dass ihr das Schicksal mit dem Tod ihrer Mutter einen Schlag versetzt hatte, nur um ihr wie zum Ausgleich den Mann vorzusetzen, den sie wirklich liebte.

„Das ist ein wunderschönes Kleid.“

Aufgeschreckt wirbelte Paisley herum, eine Hand auf der Brust. Der Teufel selbst stand vor ihr – nur hatte er weder Hörner noch eine Mistgabel in der Hand. Stattdessen trug er einen schwarzen Stetson und eine glänzende Gürtelschnalle.

„Wir haben geschlossen“, sagte sie zu Lucas. Im schwarzen Anzug zum schwarzen Hemd sah er unter all diesen weißen Kleidern absolut umwerfend aus. Wie ein geheimnisvoller Cowboy, der mit seiner Braut durchbrennen wollte. Wenn doch ihr Leben nur so einfach und romantisch wäre. Bei dem Gedanken machte ihr Herz einen Satz.

„Es war nicht abgeschlossen“, sagte er und lehnte sich mit der Schulter an die Tür zum Lagerraum.

Paisley schob das Kleid – und ihre Träumereien – beiseite und wandte sich ihrem unerwünschten Gast zu. „Auf dem Schild steht ‚Geschlossen‘“, erwiderte sie. „Aber es überrascht mich nicht, dass du es einfach ignoriert hast. Also, was willst du hier?“

„Du bist gegangen, ohne mir eine Antwort zu geben.“

Paisley schnaubte und widerstand dem Drang, die Augen zu verdrehen. „Jeder andere hätte gewusst, was mein Schweigen und der dramatische Abgang bedeuten sollen.“

„Jeder andere kennt dich aber nicht so gut wie ich, Törtchen.“

„Würdest du damit aufhören?“

„Wieso?“ Er stieß sich von der Tür ab und kam auf sie zu. „Magst du es etwa nicht, dich an uns zu erinnern?“

„Es gibt kein Uns.“ Egal, wie sehr sie sich auch gewünscht hatte, ihre Beziehung könnte funktionieren. Damals war Lucas noch Teil ihrer Träume gewesen. Nun hatte sie neue Ziele, und keines davon beinhaltete einen früheren Geliebten.

„Hör mal: Wenn du deinen Stolz außer Acht lassen würdest, würdest du erkennen, dass es deine beste Option ist, mich zu heiraten.“

Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu, stand ihr nun nah, viel zu nah. Dieses teure Aftershave stieg ihr in die Nase und zog sie noch tiefer in sein Netz aus Charme und Verführung. Verdammt, all diese Erinnerungen waren gar nicht nötig, damit sie schwach wurde. Der Lucas von heute war einfach viel zu sexy.

„Ich würde für dich die Wahrheit über deinen Vater herausfinden“, sagte er und hielt sie mit seinem Blick fest. „Ich würde dafür sorgen, dass dein Geschäft nicht Sterling zum Opfer fällt. Und du hättest nie wieder Geldsorgen.“

„Und um all das zu bekommen, muss ich nur meine Seele verkaufen?“

Lucas sah sie an, konzentrierte den Blick dann auf ihren Mund. „Ich bin nicht hinter deiner Seele her.“

Autor

Jules Bennett
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