Insel der sinnlichen Träume

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Gestrandet mit einem Playboy! Entsetzt erfährt die schöne Naturschützerin Honor, dass sie ihre Trauminsel mit dem charmanten Rob Dalton teilen muss. Sie hat in dem Paradies unter Palmen die Einsamkeit gesucht – stattdessen findet sie bei Rob etwas ganz anders …


  • Erscheinungstag 18.02.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521529
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Pulu Keeling, Western Australia

„Was, zum …?“

Rob Dalton drosselte die Geschwindigkeit des Motorboots, bis es leise dahintuckerte, und riss sein Fernglas hoch.

Bestimmt bildete er sich das nur ein.

Er richtete die Augen fest auf die Lagune, die durch die gefährlichen Korallenriffe um die Insel Pulu Keeling entstanden war. Dort hatte Rob sie – und es – flüchtig gesehen. Die Dünung zwischen dem Boot und der winzigen Insel nahm ihm die Sicht, gerade als er dachte, er würde vielleicht noch einen Blick darauf erhaschen. Dann entdeckte er sie wieder. Sie schwamm mit diesem glitzernden Ding hinter sich an Land.

Das konnte nicht sein!

Rob senkte das Fernglas und starrte die Insel an. Hoch aufragende Bäume, Sandstrand, das Riff, der Horizont, ein einziger Wolkenstreifen am endlosen blauen Himmel: Alles schien völlig normal zu sein.

Verwirrt setzte er die Sonnenbrille ab und drückte das Fernglas fest ans Gesicht. Sie war noch immer da – und es auch.

Unmöglich.

Trotzdem, es wirkte durchaus real, und so weit draußen auf dem Meer … Überlieferte Seemannssagen kamen ihm in den Sinn. Aber er war kein sexhungriger Matrose aus der Vergangenheit, der sich einbildete, eine Meerjungfrau zu sehen.

Sie näherte sich dem Strand, das Wasser wurde flacher, und dann stand sie … auf zwei Beinen. Lange, sonnengebräunte Beine. Und sie zog einen silberfarbenen Schwimmsack hinter sich her.

Rob stieß den angehaltenen Atem aus.

Meerjungfrau? Blödmann.

Ihm stieg die Hitze in die Wangen. Zum Glück war ja niemand in der Nähe, der es sehen konnte. Noch immer hämmerte sein Herz vor Aufregung. In seinem letzten Urlaub von der Wirklichkeit hatte er hier im Indischen Ozean schon viel Sonne abbekommen, aber so viel doch wohl nicht?

Schlimm genug, dass er eine Meerjungfrau sah, wo keine war – und jetzt eine Frau im Bikini, allein auf einer Insel, die Sperrgebiet war und nur von Vögeln und Krabben bewohnt wurde. Ging das als weniger sonderbar durch?

Im Hafen hatte der alte Kerl, der das Boot aufgetankt hatte, irgendetwas über eine Geisterfrau erzählt, die auf Pulu Keeling lebte. Eine Art Wächterin. Rob hatte angenommen, dass er eine Sagengestalt meinte.

Sie zerrte den Schwimmsack auf den Strand und ließ ihn fallen. Ihr herrlicher sonnengebräunter Körper verschwand mit der Dünung immer wieder aus seinem Blickfeld. Rob tat sein Bestes, um das Fernglas ruhig zu halten, als sich seine Meerjungfrau bückte und den Inhalt des Sacks prüfte.

Die endlos langen Beine endeten schließlich doch – bei einem winzigen gelben Stoffstück, das einen perfekten Po bedeckte, der hin und her wippte, während sie in dem Sack kramte.

Seine Neugier, was sie hier draußen mitten im Indischen Ozean machte, trat vorübergehend in den Hintergrund gegenüber dem männlichen Interesse, das plötzlich in ihm aufwallte. Lächerlich, dass er von ihr bezaubert war, wenn er doch zu Hause jede Menge Schönheiten auf Kurzwahl hatte.

Jetzt richtete sie sich auf, hob die Arme und wrang das Salzwasser aus ihrem langen blonden Haar.

„Dreh dich um, dreh dich um“, murmelte Rob, gespannt, ob ihr Gesicht genauso umwerfend wie ihr Körper war.

Sie drehte sich nicht um, sondern zog die Haltestricke auf ihre linke Schulter und schleifte den Sack hinter sich her über den Strand. Selbst mit ihrer schweren Last wirkten ihre Bewegungen anmutig. Ihr Körper strahlte Gesundheit und Vitalität aus. Rob schlug das Herz bis zum Hals, während sie auf den Waldrand zuging.

Dreh dich um.

Endlich tat sie es und beugte sich vornüber, um den Beutel über die Düne zu hieven. Rob erhaschte einen Blick auf straffe sonnengebräunte Oberarme und feste Brüste hinter dem gelben Triangeltop. Sobald sie den Sack über den Sandhügel gezogen hatte, ließ sie ihn los und hob die Hände, um ihre Augen vor der grellen Sonne zu beschirmen.

Augen, die auf ihn geheftet waren! Kurz fiel ihm das Fernglas aus der Hand und wäre fast im Wasser gelandet. Gerade noch rechtzeitig fing Rob es auf und schaute wieder zur Insel, wo die nun verkleinert erscheinende Frau wild winkte.

„Ja, ich habe dich gesehen, Süße.“ An die Begeisterung hübscher Frauen war er gewöhnt. Lässig winkte er zurück.

Jetzt fuchtelte sie mit beiden Armen und gönnte ihm den Anblick dieser hüpfenden gelben Stoffdreiecke.

Rob runzelte die Stirn. „Was ist?“

Es gab einen Ruck und ein grässliches Knirschen, als das Boot, das sein ganzer Stolz war, mit dem Heck gegen das Korallenriff stieß.

„Mistding …“ Rob schob den Gashebel nach vorn, riss das Steuer herum und fuhr das Boot ein Stück vom knapp über dem Wasserspiegel liegenden Riff weg. Dabei bemerkte er einen weiteren silberfarbenen Schwimmsack auf der anderen Seite der Insel, wo die Dünung weniger stark zu sein schien. War der gerade erst abgeworfen worden?

Rob fuhr hinüber und ankerte, damit er nicht abtrieb, dann setzte er seine Maske auf und glitt ins Wasser, wo das Riff steil abfiel. Sein T-Shirt blähte sich auf, als er in die dichte, eisige Stille tauchte.

Unter dem Boot strich er über den beschädigten Rumpf. Verdammt. Um das ordentlich reparieren zu lassen, musste er mindestens drei Tage im Trockendock liegen. Bei seinem Zeitplan konnte er sich das eigentlich nicht leisten. Aber sinken würde er vorerst nicht, wenn er den Riss hier notdürftig flicken konnte.

Er stieg nach oben, füllte seine schmerzenden Lungen mit Luft, schwamm herum zur Chromleiter und zog sich hoch ins Boot.

„Die Korallen haben Sie hoffentlich auch überprüft?“, hörte er eine wütende Stimme hinter sich.

In dem grellen Licht griff er blinzelnd nach seiner Sonnenbrille, setzte sie auf und drehte sich um. Seine Meerjungfrau stand auf dem Riff, mit wogenden Brüsten, fast nackt und tropfnass. So waren ihm Frauen am liebsten!

Normalerweise hatte er ein Dutzend bewährte geistreiche Antworten parat, mit denen er die Damenwelt entzückte. Nicht eine einzige fiel ihm ein, während er die zornige Frau anblickte, die auf dem Riff balancierte.

Genauer gesagt, die schrecklichen Narben erblickte, die sich von ihrem rechten Ohr bis zur Schulter zogen.

„Nun?“

Honor Brier hatte keine Lust, sich anstarren zu lassen, und schon gar nicht von ihm. Der Mann hatte gerade das Atoll gerammt, das Korallentiere im Lauf von Jahrhunderten errichtet hatten und das unbehelligt unter den Gummibooties wachsen konnte, die Honor trug, damit ihr das Riff nicht die Füße zerschnitt.

„Zwei Jahrzehnte nachdem Ihr Boot verschrottet ist, wird der Korallenstock noch immer sich selbst reparieren.“

Der Typ gab sich große Mühe, nicht auf ihre Schulter zu schauen, was es nur noch auffälliger machte. Honor unterdrückte den Drang, die Hand an ihren Hals zu legen, und stemmte die Arme in die Seiten.

„Können Sie sprechen, oder sind Sie nur Dekoration?“

Das half ihm auf die Sprünge. Er ließ ein Lächeln aufblitzen, mit dem er bestimmt schon viele Frauenherzen erobert hatte, weichere, weniger abgestumpfte Herzen als ihres.

„Die Insel ist Schutzgebiet. Sie dürfen sich hier ohne Genehmigung und einen Fremdenführer nicht aufhalten“, sagte Honor.

„Sie sind doch hier.“

Ihre Haut prickelte bei seiner tiefen, schönen Stimme. Dass sie zum Rest von ihm passte, war eine Zumutung. „Ich habe eine Erlaubnis.“

„Und einen Fremdenführer?“

„Ich brauche keinen. Ich arbeite auf der Insel.“

„Es war nicht meine Absicht, hier zu stoppen. Wie Sie sehen können, bin ich auf ein Hindernis gestoßen.“

Honor musterte die Ausrüstungsgegenstände auf dem Deck seines Boots. „Sind Sie zum Tauchen hergekommen?“

„Warum fragen Sie? Ist der Meeresboden etwa auch geschützt?“

„Teile davon, ja. Innerhalb der Gewässer von Pulu Keeling. Warum waren Sie so nah am Riff?“

„Ich dachte, ich kann vielleicht die Gedenkstätte für die ‚Emden‘ entdecken. Dann wurde ich von … äh … einem Vogel abgelenkt.“

Der Mann interessierte sich für Vögel? Honor betrachtete sein teures Fernglas. „Einem Tölpel?“

Wieder zeigte er kurz diese perlweißen Zähne. „Ich glaube, es waren … zwei Vögelchen.“

Er glaubte? Pulu Keeling war berühmt für seine Tölpelkolonien. Drei Arten. Sicher wusste er das, wenn er …

Oh.

Blödmann. Honor seufzte und konzentrierte sich darauf, nicht die Arme vor der Brust zu verschränken. „Die Gedenkstätte können Sie mit dem Fernglas sehen, wenn Sie außerhalb des Riffs sind“, sagte sie ungeduldig.

Es wird Zeit, dass du verschwindest.

„Ich muss an Land kommen.“

„Ohne Genehmigung geht das nicht.“

„‚The Player‘ ist gefährdet. Der Schaden muss repariert werden.“

Der Spieler. Was für ein passender Name für sein Boot. „Dann sollten Sie besser nach Cocos zurückkehren.“

„Ich steche nicht in See, solange es nicht sicher ist.“

Wenn es wirklich zu riskant war, konnte sie ihn nicht stoppen. Nur hatte Honor bisher noch nie Anlass gehabt, einen Unbefugten auf die Insel zu bringen. Sie wusste nicht, wie sie damit verfahren musste.

„Also? Schicken Sie mich zum Ertrinken aufs offene Meer, oder darf ich an Land kommen?“

Bei seiner Wortwahl atmete Honor scharf ein und griff nach dem Sack, um sich zu beruhigen. Dieser Mann konnte nicht ahnen …

„Machen Sie, was Sie wollen.“ Ihr brach die Stimme.

„Wo fahre ich in die Lagune ein?“

„Nirgendwo. Sie müssen hier vor Anker gehen.“

„Ist das Ihr Ernst? Was ist mit der Südseite der Insel?“

„Jeder schwimmt nach Pulu Keeling. Es ist ein Atoll, völlig von einem Korallenriff umschlossen. Warum sonst ziehe ich wohl dies ganze Zeug durch die Lagune auf die Insel?“

Technische Ausrüstung stapelte sich an jedem freien Platz auf seinem Boot. Bei einem beschädigten Rumpf und dem unberechenbaren Wetter der Keelinginseln würde Honor die Sachen nicht zurücklassen, und sie wusste, dass ihr unwillkommener Gast genauso dachte.

Sie sprachen kaum, während sie das Boot ausräumten. Seinem missmutigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war nicht nur sie alles andere als erfreut über die Situation. Als sie eine Ladung nach der anderen hinter sich her durch die Lagune zogen, wurde ein Gespräch sowieso unmöglich, weil Honor bei der harten Arbeit die Luft ausging.

Er reichte ihr die Gegenstände, und Honor lud sie zusammen mit ihrem Sack in das Schlauchboot, das sich in der geschützten Lagune auf und ab bewegte. Einige waren schwer, aber sie bewältigte alle, ohne zu klagen.

Schließlich verschloss der Schönling die Kajüte, ließ ein letztes Mal den Motor an und fuhr „The Player“ ein paar Meter weg vom Riff, wo er den Anker und den Ersatzanker warf. Dann sprang er ins Wasser und schwamm auf Honor zu. Er stemmte sich hoch, überwand die scharfe Kante des Riffs und schob das Schlauchboot von hinten an, während Honor vorausschwamm.

Im wadentiefen Wasser wartete sie, bis er aus der Brandung auftauchte, und gemeinsam zogen sie das Schlauchboot auf den Sand. Honor ließ das Schleppseil los und verbarg, dass sie völlig aus der Puste war, indem sie sich nach einer Verpackung bückte.

„Was ist das eigentlich alles?“

„Bergungsgeräte. Fotoausrüstung. Sonargerät. GPS.“

„Sie sind ein Plünderer?“ Absichtlich gebrauchte Honor das abfällige Wort für einen Bergungsexperten und beobachtete genau, wie er reagierte.

Du lieber Himmel, was mache ich, wenn er einer ist? Sie waren vom fünf Mann starken Polizeiaufgebot der Inselgruppe weit entfernt.

Seine Miene verhärtete sich. „Ich bin Meeresarchäologe.“

„Was ist der Unterschied?“

„Der Unterschied besteht darin“, sagte er, während sie Ausrüstungsgegenstände aus dem Schlauchboot weg von der Flutlinie schleppten, „dass das eine von der australischen Regierung gemäß dem Gesetz über historische Schiffswracks genehmigt ist, während das andere bloß Diebstahl ist.“

„Sie sind Schiffswrackjäger?“

Er lächelte strahlend. „Ich bin Schiffswracksucher.“

Mit zusammengekniffenen Augen musterte Honor ihn. „Sie sehen nicht wie ein Archäologe aus.“ Wirklich nicht. Er sah wie der Star einer Unterwäschewerbekampagne aus.

„Und Sie sind keine Meerjungfrau.“

„Wie bitte?“

„Nichts.“ Er streckte die Hand aus. „Robert Dalton. Rob, für meine Freunde.“

Honor nahm sie und nickte. „Robert. Ich bin Honor Brier.“

Sein Lächeln wirkte jetzt ein bisschen angestrengt.

„Und was machen Sie hier draußen im Indischen Ozean, Honor Brier? Das ist so ziemlich der letzte Ort, an dem ich eine Frau zu treffen erwartet habe.“

„Wegen der malaiischen Sage, nach der Frauen auf dieser Insel nicht leben können?“

„Nein. Weil sie angeblich unbewohnt ist.“

„Ich lebe acht Monate im Jahr hier. Ich überwache die Eiablage der Meeresschildkröten und untersuche die Tölpelkolonien.“

Er stellte noch eine Kiste auf die Dünenspitze. „Acht Monate lang? Auf einer Insel ohne Süßwasser und Versorgungseinrichtungen?“

Und ohne Menschen. Er brauchte es nicht auszusprechen. Er war nicht der Erste, der sie darauf hinwies. Honor zuckte die Schultern.

„Und was machen Sie?“

Sie sprach langsamer, weil sie sich fragte, ob sein gutes Aussehen vielleicht auf Kosten der Intelligenz gegangen war. „Ich überwache die Eiablage der Schildkröten und untersuche …“

„Die Tölpel, ich weiß. Ich meinte, was machen Sie sonst, um sich die Zeit zu vertreiben?“ Rob ergriff die Seile. „Eins, zwei, drei … anheben!“

Zusammen trugen sie das leere Schlauchboot den Strand hoch.

„Nichts sonst. Das ist alles. Ich tue meine Arbeit.“

Er starrte Honor an. „Allein?“

„Ja.“ Bis jetzt.

Er stieß einen Pfiff aus. „Wer hat denn an Ihnen etwas auszusetzen?“

„Niemand! Ich wollte auf diese Insel kommen. Ich finde es wunderbar hier.“ Und hier war sie der Stelle am nächsten, wo … Honor konnte gerade noch an sich halten, bevor sie in Gegenwart dieses Blödmanns auch nur an die beiden dachte. „Ihr Zeug müsste bis morgen sicher sein. Für heute Nacht ist kein Unwetter vorausgesagt.“

Honor ließ ihre Seite des Schlauchboots los, holte den zweiten Sack, der an der Wasserkante lag, und wankte, so würdevoll sie im einsinkenden Sand konnte, zu dem Pfad zwischen den dicht stehenden Kokospalmen.

Als sie sich umdrehte, sah sie Robert Dalton auf seine Ausrüstung im Wert von mehreren Tausend Dollar blicken, die schutzlos an ihrem Strand lag. Dann verzog er das Gesicht und folgte ihr.

Honor hatte nie vorgehabt, irgendjemandem ihr kleines Lager zu zeigen.

In der vorletzten Saison hatte sie den Pfad vom Strand zum Camp mit Muschelschalen eingesäumt. Sie hatte einen Haufen Geld für ein Designerzeltüberdach ausgegeben – eines mit van Goghs „Sonnenblumen“ drauf. Obwohl es auf einer tropischen Insel ziemlich seltsam aussah, gefiel ihr die persönliche Note.

Sie hatte sogar erwogen, einen Bodendecker zu pflanzen, um den feinen Sand zu binden, der in alles eindrang, sich dann aber dagegen entschieden. Pulu Keeling war zwar Australiens kleinster Nationalpark, doch für ihn galten dieselben Vorschriften wie für die größten Parks auf dem Festland. Einen Garten anzulegen war ein absolutes Naturschutz-Tabu. Also lebte Honor mit dem Sand. Überall.

Fasziniert sah sich Rob um. Die Insel war ihr Zuhause, ihre Zuflucht, und er hatte sie unverschämt abgetan, als wäre sie nicht ein Paradies mit üppiger Pflanzenwelt, kristallklarem Wasser und vielen wild lebenden Tieren.

„Das sieht ja ziemlich komfortabel aus“, sagte er.

„Ich habe hier alles, was ich brauche.“ Es stimmte. Zelt, Ausrüstung für die wissenschaftliche Arbeit, Erste-Hilfe-Kasten, Leuchtkugeln, Bücher, Laptop, Batterien, Funkgerät, Generator, Lebensmittelvorräte und haufenweise Zehnliterkanister mit Süßwasser. Jedes Teil an seinem vorgesehenen Platz, und jedes Teil schwamm am Beginn einer Überwachungssaison durch die Lagune zur Insel und am Ende zurück zum Versorgungsschiff.

Rob stand am Rand des Camps und bewunderte die Aussicht, die Honor seit vier Jahren vertraut war. Kokospalmen bildeten einen perfekten Rahmen für den Ozean hinter der Lagune. Die neun Meter hohen Pisonia-Bäume boten Schutz vor Unwettern und spendeten Schatten in der brennenden Sonne.

Gegen das strahlend helle Tageslicht vor der Baumgruppe hob sich Rob als Silhouette ab, und Honor bemühte sich, nicht darauf zu achten, wie gut er in Form war. Das nasse T-Shirt schmiegte sich an seinen muskulösen Rücken und die breiten Schultern. Obwohl er groß und schlank war, sah er trotz seines durchtrainierten Körpers nicht wie ein Kraftprotz aus. Honor stellte sich das ausgewogene Programm vor, mit dem er sich so fit hielt, und vermutete, dass auf dem Festland zwei persönliche Trainer auf seine Rückkehr warteten.

Weibliche zweifellos.

Plötzlich fragte Honor sich, ob sie ihre Aussicht – und ihre Insel – jemals im gleichen Licht betrachten würde wie früher.

Sie runzelte die Stirn. Wie kam sie plötzlich darauf? Ein Mann, der eine kurze Zeit auf Pulu Keeling verbrachte, würde nicht für immer all das Wunderbare und Schöne ihres Zufluchtsorts zunichtemachen. Es lag daran, dass ihr normaler Rhythmus gestört worden war.

Worauf wartete er? Einen Hotelpagen?

„Na los, kommen Sie herein.“

Rob betrat das Lager und schob die Sonnenbrille hoch in sein feuchtes dunkles Haar. Honors Herz begann zu rasen. Aus Furcht, dabei ertappt zu werden, wie sie ihn anstarrte, blickte sie schnell weg.

Seine Augen waren so leuchtend blau wie das Meer.

In aller Eile ging sie zu ihrem Zelt, schnappte sich eine langärmelige Bluse und zog sie über den Bikini an.

„Acht Monate …“, hörte sie ihn murmeln.

Sie drehte sich um und reckte herausfordernd das Kinn. „Wie lange brauchen Sie für die Reparatur?“ Die Frage klang unhöflicher, als Honor beabsichtigt hatte. Runter von meiner Insel! schien als Subtext mitzuschwingen.

Bei ihrem Ton wurden diese wundervollen Augen dunkler. „Keine Ahnung. Ich muss erst den Schaden abschätzen.“

„Wie kann ich helfen?“ Sie meinte es versöhnlich.

„Wollen Sie mich loswerden, Honor?“

„Nein. Ich bin nur nicht auf Besuch eingerichtet.“ Das stimmte und war dennoch nicht ganz die Wahrheit.

„Ich werde mein Bestes tun, Ihnen nicht im Weg zu sein.“

Robert Dalton konnte recht gut eine Pokermiene aufsetzen. Der schnelle Puls an seinem Hals war das einzige Zeichen, dass sie ihn verärgert hatte. Ihr Gesicht dagegen war ein offenes Buch.

„Ist schon in Ordnung.“ Honor griff nach ihrem Logbuch. „Ich muss sowieso arbeiten. Fühlen Sie sich wie zu Hause.“

Es brachte sie fast um, das zu sagen.

Noch unaufrichtiger hätte sein Lächeln nicht sein können.

War es für ihn so undenkbar, dass sich ein Mensch in ihrem kleinen Lager wie zu Hause fühlen konnte? Honor nahm ihr Fernglas und marschierte in den Wald.

Rob blickte ihr nach, dann schaute er sich wieder um. Sie hatte diesem Camp eine so persönliche, weibliche Note verliehen, dass er sich hier wie ein Störenfried vorkam. Seufzend ging er zum Strand zurück, zog das T-Shirt aus und hängte es über einen Strauch, dann watete er durchs Wasser und schwamm zu dem Boot, das er sich von seinem ersten selbst verdienten Geld gekauft hatte.

Minuten später setzte er seine Maske auf und machte sich auf dem Rand des Boots bereit.

Was war eigentlich ihr Problem? Allein schon, dass er hier war, nervte die Frau offensichtlich. Sie nahm an allem Anstoß, was er tat, und er war erst seit einer Stunde da. Nicht, dass sie völlig unhöflich gewesen war. Wie ein Pfundsmädel hatte sie seine ganze Ausrüstung an Land geschafft. Und am Ende hatte sie versucht, nett zu sein.

Rob lächelte. Mit Sicherheit war Honor Brier anders als die Frauen, die er kannte. Sie hatten ihn gern um sich, verfolgten ihn sogar regelrecht. Sich unerwünscht zu fühlen, war er nicht gewohnt. Auch nicht, dass eine Frau so offen und ehrlich war. Honor hatte kein Interesse daran, ihm zu gefallen. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie ihn loswerden wollte. Nach dem unverlangten Geschmeichel, das er zu Hause ertragen musste, war das eine erfrischende Abwechslung.

Ein bisschen schmerzte es allerdings schon, nicht gut genug zu sein. Das war kein angenehmes Gefühl, aber es war echt.

Und es verunsicherte ihn auch nicht wirklich.

Robert Dalton senior hätte ihn eine Stunde lang angebrüllt, weil ihm Charakter wichtiger war als Charisma. Alle drehten sich um ihn, wie Planeten einen Stern umkreisten: Das stellte sich sein Vater unter perfekter Beziehung vor. Und er hatte versucht, seinen Sohn zu seinem Ebenbild zu formen.

Mit einer oft geübten Bewegung ließ sich Rob nach hinten ins Wasser fallen und tauchte ab, um noch einmal den Schaden einzuschätzen. Er fuhr mit der Hand über den Riss und stellte wütend fest, dass er einen Schweißbrenner benötigte. Auf dieser kurzen Fahrt hatte er keinen dabei, und er war ziemlich sicher, dass eine hübsche Einsiedlerin so etwas nicht griffbereit hatte.

Autor

Nikki Logan
Nikki Logan lebt mit ihrem Partner in einem Naturschutzgebiet an der Westküste Australiens. Sie ist eine große Tierfreundin. In ihrer Menagerie tummeln sich zahlreiche gefiederte und pelzige Freunde. Nach ihrem Studium der Film- und Theaterwissenschaften war Nikki zunächst in der Werbung tätig. Doch dann widmete sie sich ihrem Hauptinteresse: dem...
Mehr erfahren