Julia Ärzte zum Verlieben Band 126

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GEHEIMNIS UNTER GRIECHISCHER SONNE von BECKETT, TINA
Bei einem Hilfseinsatz in Griechenland begegnet Dr. Lea Risi dem faszinierenden Chirurgen Deakin Patera. Obwohl sie spürt, dass ihn ein dunkles Geheimnis umgibt, verzehrt sie sich immer mehr nach seinen Küssen. Doch wie kann sie die Mauer um sein Herz überwinden?

SPIEL MIT DEM FEUER FÜR DR. TAYLOR von MACKAY, SUE
Um den Kuppelversuchen ihrer Eltern zu entgehen, gibt Kelli ihren Boss Dr. Mac Taylor als ihren Verlobten aus - und beginnt so ein Spiel mit dem Feuer! Denn anders als die Verlobung, ist die unwiderstehliche erotische Spannung zwischen Mac und Kelli gefährlich echt …

PRINZ HUGO UND DIE SCHÖNE ÄRZTIN von CLAYDON, ANNIE
Dieses Lächeln, diese verführerischen Kurven: Die attraktive Ärztin Penelope gefällt Hugo DeLeon auf den ersten Blick. Aber als Kronprinz von Montarino darf er sich nicht von seinem Verlangen hinreißen lassen - er muss der Pflicht gehorchen und eine Adlige heiraten!


  • Erscheinungstag 31.05.2019
  • Bandnummer 0126
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713508
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Tina Beckett, Sue MacKay, Annie Claydon

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 126

TINA BECKETT

Geheimnis unter griechischer Sonne

Als Dr. Deakin Patera zu einem Hilfseinsatz auf seine griechi-sche Heimatinsel zurückkehrt, trifft er die schöne Ärztin Lea. Sie ist die erste Frau, die sein Herz berührt. In einer leidenschaftlichen Nacht kommt sie ihm gefährlich nah. Doch damit ihre Liebe eine Zukunft hat, müsste er tun, was er am meisten fürchtet: sich seiner Vergangenheit stellen …

SUE MACKAY

Spiel mit dem Feuer für Dr. Taylor

„Wir sind verlobt“, behauptet Dr. Mac Taylor spontan und meint Schwester Kelli und sich. Natürlich nur, damit seine Lieblingskollegin den lästigen Verkupplungsversuchen ihrer Eltern entgeht – nicht, weil er sie insgeheim heiß begehrt. Denn nach einem tragischen Schicksalsschlag ist er noch lange nicht bereit für eine neue Romanze … oder doch?

ANNIE CLAYDON

Prinz Hugo und die schöne Ärztin

Ihr neuer Job als Ärztin von Prinz Hugo DeLeon stürzt Penelope in ein Chaos der Gefühle. Gegen ihren Willen bringt Hugos Lächeln die Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Tanzen. Aber schon einmal hat sich ein Mann zwischen sie und ihre geliebte Arbeit gedrängt. Und das soll niemandem – auch diesem attraktiven Adligen nicht – jemals wieder gelingen!

1. KAPITEL

Das Gedränge im Foyer der Klinik ließ Lea Risi kurz zurückschrecken. Das Erdbeben lag zwar gut einen Monat zurück, doch der Strom an Menschen mit seelischen und körperlichen Verletzungen war noch nicht ganz versiegt.

Viele fühlten sich von der Ruhe angezogen, die die Klinik und ihr Garten ausstrahlten. Inzwischen war es für Lea schon schwierig geworden, eine stille Ecke zu finden, wo sie sich mit denjenigen unterhalten konnte, die über ihr Erleben des Erdbebens sprechen wollten. Eigentlich war Leas Urlaub längst vorbei, und langsam schmolzen auch ihre Ersparnisse dahin. Sie musste also bald eine Entscheidung treffen, ob sie bleiben oder gehen wollte.

Aber jetzt noch nicht.

Ein Mann mit dunklem, struppigem Haar und einem Dreiwochenbart bahnte sich einen Weg zum Anmeldetresen. Ihn schien eine Art der Erschöpfung zu umgeben, die über bloße physische Müdigkeit hinausging. Sie konnte es daran sehen, wie sein Blick langsam von einem zum anderen wanderte. Er begrüßte mehrere Leute und schüttelte ihnen die Hand. Doch es war nur eine schnelle Geste, nicht die herzliche Begrüßung, mit der die meisten Inselbewohner einander begegneten.

Sobald er den Tresen erreichte, griff er nicht etwa nach einem Stift, um sich in die Liste einzutragen, sondern drehte den obersten Patientenbogen um und begann, die Eintragungen zu lesen.

Lea war sofort alarmiert. Auch wenn manche Patienten einen Blick auf die Liste warfen, um ihre Wartezeit abzuschätzen, wirkte sein Verhalten merkwürdig. Als er einen weiteren Bogen umdrehte, eilte Lea hinüber und legte entschlossen ihre Hand auf den Stapel, um ihn am Weiterzulesen zu hindern.

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“

Irritiert schaute der Fremde auf und hob die Brauen, wobei ein leicht verärgerter Ausdruck über seine rauen Züge flog. „Ich möchte mir ansehen, wie viele Patienten heute behandelt wurden.“

Das klang keineswegs entschuldigend, sondern eher so, als hätte er ein Recht darauf, sich die Patientenbögen anzusehen. Aber Lea kannte ihn nicht. An diese hohen Wangenknochen und den leichten Höcker in der sonst sehr geraden Nase hätte sie sich garantiert erinnert.

Trotz des Barts war sein prägnantes Kinn deutlich zu erkennen. Ein Mann, der sich nicht so leicht abschrecken ließ.

Der Raum war noch immer voller Leute. Manche standen auf der Liste und warteten auf ihren Termin. Viele brauchten jedoch einfach nur die beruhigende Umgebung der Klinik, um ihr inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen.

Lea hob ihre Hand von den Patientenbögen, obwohl der Unbekannte noch immer nicht erklärt hatte, wer er war. „Darf ich fragen, wonach Sie genau suchen?“

„Das habe ich doch bereits gesagt, Ms …?“

Sie reckte das Kinn. „Dr. Risi.“

„Ich wusste gar nicht, dass die Klinik eine neue Ärztin eingestellt hat.“ Seine Stimme verlor etwas von ihrer Schroffheit. „Wo ist Petra?“

„Ihre Mutter fühlt sich seit dem Erdbeben nicht wohl. Petra geht momentan zur Mittagspause nach Hause, um nach ihrer Mutter zu schauen.“

Erneut blätterte der Mann die Papiere durch. „Ich sehe keine Liste mit Symptomen oder Verletzungen.“

„Es gibt keine. Es wurde alles viel zu chaotisch, also haben wir nur triagiert und die lebensgefährlich verletzten Patienten zuerst behandelt. Diejenigen, die stabil waren, aber einen Spezialisten brauchten, wurden einem zweiten Wartebereich im Ruhegarten zugewiesen“, antwortete sie.

Der Hof führte zu einem weitläufigen Garten mit Blick aufs Meer. Leas kleine Beratungsecke befand sich am Ende eines kleinen Weges und war von zwei Seiten durch bewachsene Rankgitter abgeschirmt.

Es war der perfekte Ort für sie, um Patienten zu behandeln, die ihre Erlebnisse während des Erdbebens verarbeiten mussten. Es war wunderschön und ruhig, und trotz der Tragödie liebte Lea ihre Arbeit hier – mehr, als sie es je für möglich gehalten hatte.

Die Leute im Warteraum waren nicht die Einzigen, die darum kämpften, ihr inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. Lea war nach Griechenland gekommen, um selbst mit sich ins Reine zu kommen. Als sich das Erdbeben ereignete, war sie gerade auf der Insel angekommen. Und dann war sie geblieben, um zu helfen.

Der Fremde neben ihr stieß einen verächtlichen Laut aus.

„Was ist?“

„Nichts.“

„Wollen Sie eine Nachricht für Petra hinterlassen?“

Stirnrunzelnd sagte er: „Ist Theo … Dr. Nikolaides … schon zurück?“

Theo hatte sich gerade erst verlobt. Seine stürmische Romanze mit Cailey war ein Lichtblick in der Klinik gewesen, vielleicht auch ein Grund, weshalb mehr Menschen sich hier aufhielten als sonst. So als wollten sie an dem Glück teilhaben, das andere mitten in der allgemeinen Tragödie gefunden hatten. Cailey war im zweiten Monat schwanger, und das Baby stellte ein Symbol der Hoffnung dar.

„Er nimmt sich heute einen dringend nötigen Urlaubstag. Hatten Sie einen Termin bei ihm?“

„Nicht ganz.“ Einer seiner Mundwinkel hob sich zu einem halben Lächeln, bei dem sich Leas Pulsschlag unwillkürlich beschleunigte. „Er hat mich angerufen und mir mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass ich ein herzloser Bastard wäre, wenn ich nicht so schnell wie möglich nach Hause komme.“

„Sie leben hier?“, fragte Lea erstaunt.

Sein Lächeln wurde noch breiter. Er ließ die Unterlagen wieder auf den Stapel fallen und wandte sich ihr zu. „Ich lebe nicht in der Klinik, falls Sie das meinen.“

„Nein, das meine ich nicht. Ich dachte bloß …“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ungewöhnlich, da Reden ja ihr Beruf war, den sie liebte. Nein, eigentlich ging es dabei eher um das Zuhören, das Mitfühlen und Helfen.

Obwohl sie nicht jedem helfen konnte.

Flüchtig schloss sie die Augen, da ein heftiger Schmerz sie durchzuckte. Nein, denk nicht daran. Nicht jetzt.

Der Unbekannte berührte ihre Hand. „Hey, alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Ja.“ Lea zwang sich zu einem Lächeln. „Ich bin nur müde. Außerdem habe ich vergessen, Sie nach Ihrem Namen zu fragen.“

„Oh, natürlich, entschuldigen Sie. Ich gehe immer davon aus, dass jeder mich hier kennt.“ Ein Schatten verdunkelte für Sekundenbruchteile seine braunen Augen, verschwand jedoch sofort wieder. „Ich bin Deakin Patera, einer der Gründungspartner der Klinik.“

Oh je, das hätte ihr auffallen sollen. Theo hatte angekündigt, dass Dr. Patera in den nächsten Tagen eintreffen würde. Allerdings hatte sie nicht mit jemandem gerechnet, der aussah, als wäre er direkt dem Cover eines Outdoor-Magazins entstiegen.

„Tut mir leid, ich habe Sie nicht erkannt.“

Er kämmte sich mit den Fingern durchs Haar. „Schon okay. Ich habe einen langen Flug hinter mir, und es ist ja auch nicht so, dass unsere Porträts hier irgendwo an der Wand hängen. Zum Glück.“

Lächelnd erwiderte Lea: „Vielleicht sollten sie das. Sie haben alle einen Ruf, der Ihnen offenbar weit vorauseilt.“

Der sanftere Ausdruck in seinen Augen schwand. „Da bin ich sicher.“ Das klang fast verächtlich.

„Ich verstehe nicht recht.“

„Ach nichts.“ Dr. Patera blickte wieder zu den Patienten im Warteraum hinüber. „Wo fangen wir an?“

„Viele Leute treffen sich hier einfach bloß mit Freunden oder Verwandten.“ Mit einem Nicken wies Lea auf die Gruppe, die gerade durch eine Tür aus Holz und Glas auf der linken Seite ging. „Die Klinik ist im Augenblick fast schon zu einem ähnlichen Treffpunkt geworden wie Stavros’ Taverna. Und da sich das Lokal in Gehweite befindet, scheint es ideal zu sein.“

Mit ihrer traditionellen weißen Stuck-Fassade und dem gepflegten Garten war die Klinik ein schönes Gebäude, in dem sich der Charme des Alten mit all den Vorzügen einer modernen medizinischen Versorgungseinrichtung verband. Im Ruhegarten gab es zahlreiche verwinkelte Ecken, die sich für vertrauliche Gespräche eigneten. Mehrere Bänke standen an einem sich schlängelnden Weg, der auch für Rollstühle breit genug war. Man konnte immer wieder etwas Neues entdecken. Eine weiße Strandmauer und ein Bootsanleger waren erst kürzlich hinzugekommen.

„Das sehe ich. Theo wollte immer, dass die Klinik mehr ist als nur eine medizinische Einrichtung. Daher auch der Garten der Stille.“

„Sie meinen den Ruhegarten? Es klingt, als wären Sie damit nicht einverstanden.“

Deakin Patera zuckte die Achseln, sodass sich sein Hemd über den muskulösen Schultern spannte.

Schnell wandte Lea ihren Blick davon ab und sah ihn wieder direkt an.

„Nein, so ist es nicht“, sagte er. „Ich bezweifle nur, dass ein künstlich geschaffener Ort den Menschen Stille vermitteln kann. Oder Ruhe“, verbesserte er sich. Er lächelte, wobei die linke Seite sich nicht ganz so weit hob wie die rechte. „Aber Theo ist überzeugt, dass das möglich ist.“

„Ich auch. Dort spreche ich mit den meisten meiner Patienten.“

„Wie funktioniert das denn? Hat Theo da ein Behandlungszimmer aufgebaut?“

Das Bild einer Patientenliege zwischen den Blumenbeeten brachte sie zum Lächeln. „Nein. Jedenfalls noch nicht. Natürlich nutze ich die vorhandenen Behandlungszimmer für körperliche Untersuchungen, aber der Garten ist viel besser dafür geeignet, Dinge zu besprechen.“

„Dinge? Zum Beispiel ungünstige Diagnosen?“

„Nicht ganz. Ich bin Psychiaterin.“ Abwehrend hob Lea beide Hände. „Bitte keine Couch-Witze!“

Verblüfft fuhr er zurück. „Couch-Witze sind sicher das Letzte, woran ich gerade denke. Hat Theo Sie eingestellt?“

Sie biss sich auf die Lippen. Vielleicht war der Ruhegarten nicht das Einzige, was Dr. Patera nicht sonderlich gefiel. „Ich war zufällig auf der Insel, als sich das Erdbeben ereignete. Ich bin geblieben, um zu helfen. Momentan ist es nur auf freiwilliger Basis.“

„Das Erdbeben war schon vor über einem Monat. Was ist denn mit Ihrer eigenen Praxis?“

Diesmal zuckte sie die Achseln. „Ich hatte schon in meinem Krankenhaus gekündigt, bin also gerade arbeitslos.“

„Und wo war das? In Athen?“

Ah, er hielt sie also für eine Griechin. Einer der Vorteile der Auswanderung ihrer Eltern nach Kanada bestand darin, dass Lea zweisprachig aufgewachsen war. Offenbar hatte Dr. Patera keinen Akzent bei ihr herausgehört, und das freute sie. Ebenso wie die Bereitwilligkeit, mit der die Inselbewohner sie offenbar akzeptiert hatten.

„Nein, ich lebe in Kanada. In Toronto.“

„Aber Ihre Familie stammt aus Griechenland.“

„Ja. Meine Eltern sind ausgewandert, als ich noch klein war.“

Jemand kam herbei und sagte etwas zu ihm. Als Dr. Patera sich dem Mann zuwandte, stockte Lea der Atem bei dem, was sie da sah.

Narben, und zwar große.

Dick und wulstig, begannen sie an Dr. Pateras markantem Kinn und bildeten von dort aus zwei Bahnen, die an seinem Hals entlangliefen und unter dem Hemdkragen verschwanden. Die Narben wirkten blasser als der Rest seiner Haut, waren also wohl schon alt.

Um Gottes willen, diese Wunden mussten qualvoll gewesen sein. Wundrandsäuberungen, Hauttransplantationen, Physiotherapie für die Beweglichkeit. All das gehörte zur Behandlung von Verbrennungen dritten Grades.

Wodurch waren sie verursacht worden? Eine Explosion? Eine ätzende Säure? Vielleicht beim Militär? Vermutlich war das leicht schiefe Lächeln, das Lea so attraktiv fand, dem Narbengewebe auf der einen Seite zu verdanken. Ihr Blick ging zu seinem Oberkörper. Wie viele Narben mochten unter seiner Kleidung verborgen sein?

Plötzlich stieg das Bild eines sehr nackten Dr. Patera vor ihr auf. Sie musste unwillkürlich schlucken, wobei sich ein höchst seltsames Gefühl in ihrer Magengegend regte. Sie biss sich auf die Lippen. Aber was man sich einmal vorgestellt hatte, ließ sich nicht wieder ausblenden.

Da wandte er seine Aufmerksamkeit unvermittelt wieder ihr zu, womit sie nicht gerechnet hatte. Sie sah ihn an, doch es war zu spät. Sie wusste es in dem Moment, als er seinen Blick erst zu ihrem Mund gleiten ließ, ehe er sie ansah.

Dr. Risi hatte seine verdammten Narben gesehen.

Deakin verzog das Gesicht. Sie waren ja auch ziemlich offensichtlich. Dass er jedem Gesprächspartner immer die rechte Seite zuwandte, war tief in ihm eingeprägt durch die langen Jahre, in denen er immer versucht hatte, seine beschädigte Haut möglichst außer Sichtweite zu halten.

Genau wie sein Gefühl der Scham?

Wahrscheinlich. Die beiden Dinge gingen Hand in Hand. Das war einer der Gründe, weshalb Deakin so ungern nach Mythelios zurückkam. Fast jeder hier wusste, was er getan hatte.

Abgesehen von Dr. Risi, und jetzt hatte auch sie die Narben gesehen. Nur kannte sie nicht den Grund. Nach dem Medizinstudium hatte Deakin die Insel verlassen, um möglichst nie wieder zurückzukehren. Zum größten Teil hatte er dies auch durchgezogen, doch seine drei besten Freunde hatten beschlossen, das befleckte Erbe ihrer Eltern für etwas Gutes und Sinnvolles einzusetzen. Und solange er sich aus der Ferne daran beteiligen konnte, war ihm das recht. Seine vielen Reisen erfüllten dafür ihren Zweck. Insofern war er in der Lage, seinen Input von Weitem zu geben, außer wenn seine persönliche Anwesenheit unbedingt erforderlich war.

So wie jetzt.

Falls Deakin eine mitleidige Miene bei der neuen Ärztin erwartet hatte, wurde er enttäuscht. Stattdessen sah sie ihn mit ihren grünen Augen ruhig an.

Vermutlich lag dies an ihrem Beruf als Psychiaterin. Sie war dazu ausgebildet, Menschen zuzuhören, ohne sie zu beurteilen. Nicht schockiert oder entsetzt zu wirken, selbst wenn die Geschichte noch so hässlich war. Oder wie abstoßend die äußere Erscheinung auch sein mochte.

Ein halbes Jahr nach dem Unfall war er von seinem Vater zu einem Psychiater nach Athen geschickt worden. Doch Deakin hatte sich geweigert, irgendetwas zu sagen. Nach vier Sitzungen in angespanntem Schweigen hatten beide den Versuch aufgegeben.

Nun versuchte er, sich an das zu erinnern, was Lea eben gesagt hatte. Denn er musste sich davon ablenken, wie sie ihre weißen Zähne auf eine Art in ihre Unterlippe gepresst hatte, die für eine Psychiaterin viel zu sexy war.

Deakin wechselte zu Englisch, damit die Leute in der Nähe sie weniger verstehen würden, falls Lea ihn nach seinen Narben fragen sollte. „Also, von wo in Griechenland stammen Ihre Eltern?“

„Aus Athen, so wie Sie vorhin vermutet hatten. Mein Vater war Schweißer und ging nach Kanada, um dort bei dem Bau einer griechisch-orthodoxen Kirche mitzuarbeiten. Dann ist er dort geblieben.“ Mit einer schnellen Handbewegung warf sie eine dunkle Haarsträhne über die Schulter zurück. „Ein paar Monate später hat er meine Mutter und mich nachgeholt, und wir sind hingezogen, ohne das Land vorher gesehen zu haben. Aber wir sind dort glücklich.“

Sein abrupter Sprachwechsel brachte sie nicht im Geringsten aus dem Konzept. Leas Englisch war genauso tadellos wie ihr Griechisch. Deakin dagegen war sich bewusst, dass er noch immer einen ziemlich starken griechischen Akzent hatte, obwohl er seit vielen Jahren im Ausland immer Englisch sprach.

„Haben Sie nie Heimweh nach Griechenland?“

„Eigentlich nicht. Ich war ein Kind, als wir ausgewandert sind.“

Deakin hatte auch nie Heimweh. Und auch er war noch jung gewesen, als sich sein Leben schlagartig verändert hatte. Nur dass es in seinem Fall keine positive Veränderung gewesen war.

„Außerdem findet man Griechen an fast jeder Straßenecke“, fuhr Lea fort.

„Allerdings.“ Deakin hatte auf seinen Reisen beinahe überall Griechen getroffen. „Na schön, sollen wir anfangen? Behandeln Sie ausschließlich in der Beratung?“

„Nein. Wir waren ziemlich unterbesetzt, wie Sie sich sicher denken können. Deshalb habe ich geholfen, wo immer ich konnte. Die dringendsten Verletzungen durch das Erdbeben wurden behandelt, aber es gibt immer noch Probleme. Knochenbrüche, Wundinfektionen, Verbrennungen. Aber ich habe mich außerdem um solche Patienten gekümmert, die Mühe haben, mit den Auswirkungen des Bebens fertig zu werden. Das ist mein Fachgebiet, Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen.“

„PTBS nach militärischen Einsätzen?“, fragte er.

„Nein, meistens bei Privatpersonen. Traumata treten in vielen unterschiedlichen Formen auf.“

In diesem Augenblick kam Petra den Flur entlang und warf einen kurzen Blick herüber. Dann schaute sie genauer hin, und ihre Augen wurden groß.

„Deakin!“ Sie eilte durch die Tür zum Wartezimmer und drückte ihn in einer mütterlichen Umarmung fest an sich.

Ihre grauen Locken waren zu einem Knoten zusammengefasst, und ihre Brille hatte sie auf den Kopf geschoben. Beides zusammen verlieh ihr ein strenges Aussehen, was durchaus beabsichtigt war. Petra konnte sich mühelos Respekt verschaffen, wenn sie wollte.

„Das wird aber auch Zeit, dass du nach Hause kommst.“

Deakin versteifte sich unwillkürlich. Mythelios war nicht mehr sein Zuhause. Doch zumindest lenkte ihre Anwesenheit Dr. Risis Aufmerksamkeit von ihm ab. „Ich bin sicher, du sorgst dafür, dass in der Klinik alles reibungslos läuft.“

Sie setzte sich die Brille auf die Nase und schaute ihn über deren Rand hinweg an. „Was nicht einfach ist, das kann ich dir sagen.“

„Kann ich mir vorstellen. Sind Chris und Ares schon da?“

„Nein, noch nicht. Aber ich hoffe, ihr werdet bald alle wieder hier vereint sein. Das letzte Mal ist schon viel zu lange her.“

„Stimmt.“ Zwar vermisste Deakin die Insel nicht, seine Freunde jedoch schon. „Dann hat Theo die Krise also alleine gemeistert?“

„Na ja, er hat ja jetzt Cailey. Sie war uns eine große Hilfe. Und Lea war Aprosdókito kaló. Sie ist sehr strukturiert. Und wunderschön, findest du nicht?“

Die Psychiaterin wurde rot. Petra hatte sie ein Geschenk des Himmels genannt.

Petra hatte recht. Lea war sehr attraktiv. Ihre von dunklen Wimpern umrahmten Augen glänzten, und ihre Augenbrauen waren elegant geschwungen. Bei jedem Lächeln traten ihre hohen Wangenknochen hervor.

Und dennoch lag bei ihr irgendetwas dicht unter der Oberfläche. Deakin hatte etwas davon gespürt, als sie von PTBS gesprochen hatte. Ob ihre Patienten sie möglicherweise auf einer persönlichen Ebene berührten? Auch wenn man sich noch so sehr um emotionale Distanz bemühte, gab es einige Patienten, die einem unter die Haut gingen. Das wusste er aus eigener Erfahrung.

Ihm schnürte es jedes Mal die Kehle zu, wenn er gerufen wurde, um ein Kind zu behandeln, das schwere Verbrennungen erlitten oder durch entzündliche Stoffe oder Feuerwerkskörper irgendwelche Körperteile verloren hatte. Genau aus diesem Grund hatte er sich auf Brandwunden spezialisiert.

„Ich glaube, du hast Dr. Risi in Verlegenheit gebracht, Petra.“

„Nein, schon gut. Und bitte nennen Sie mich Lea.“

Prüfend sah Deakin sie an. Ihr Tonfall klang nicht so, als wäre alles gut. Befürchtete sie etwa, dass Petra sie mit ihm verkuppeln wollte? Da musste sie sich nun wirklich keine Sorgen machen. Er hatte nicht vor, irgendeine Romanze anzufangen. Und schon gar nicht mit einer Frau, die in Verbindung zur Insel stand.

Andererseits war sie nur eine Besucherin, die nicht lange auf Mythelios bleiben würde.

Sein Beruf ließ keine festen Beziehungen zu, und das war ihm nur recht. Theo mochte vielleicht die wahre Liebe gefunden haben, aber Deakin wollte und brauchte das nicht. Beziehungen bedeuteten nur, dass man einem anderen Menschen seine schlimmsten Seiten zeigte.

Erneut warf Lea ihre widerspenstige Haarsträhne über die Schulter und schaute zum Wartezimmer hinüber, das sich nach und nach leerte.

„Es sieht vielleicht nicht so aus, aber momentan ist es sogar eher ruhig.“ Sie warf einen Blick auf die Patientenliste. „Bis nach der Mittagspause wird es auch so bleiben.“

Deakin wusste nicht genau, inwiefern er überhaupt gebraucht wurde. „Kommen immer noch neue Verletzungen rein?“

„Teilweise. Mehrere Gebäude sind noch unsicher, deshalb haben wir es öfter mit Quetschungen zu tun. Und in diesen unsicheren Gebäuden verlaufen Gas- und Stromleitungen, sodass auch Stromschläge und Verbrennungen auftreten, und …“

Schon wieder dieses Wort. Obwohl Lea weitersprach, hörte er nichts mehr.

Deakins Vater hatte sich ein neues Boot gekauft, das in dem wieder aufgebauten Bootshaus lag. Nach dem Tod seiner Eltern hatte Deakin alles geerbt, und er hatte auch das Boot behalten. Immer, wenn er zu Hause war, was nicht allzu oft vorkam, machte er eine Bootsfahrt. Die Touristen, die das Haus buchten, durften dort alles in vollem Umfang nutzen, den Geländewagen und das Boot mit eingeschlossen.

„Hallo?“ Lea schnippte vor seinem Gesicht mit den Fingern. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“

Er zog die Brauen zusammen. „Mir geht es gut. Ich habe bloß einen ziemlich starken Jetlag. Ich muss dringend duschen und mich rasieren.“

„Sie sind sicher erschöpft. Sind Sie vom Festland gleich hierher geflogen?“

„Ja, aber mir geht’s gut“, wiederholte er. Obwohl das nicht stimmte, aber das lag nicht an seiner Müdigkeit.

„Ich habe heute Morgen mit deiner Tante gesprochen“, schaltete Petra sich ein. „Sie war sicher, dass du heute kommst, und ich soll dich sofort zum Haus rüberschicken. Sie hat dir ein Moussaka in den Kühlschrank gestellt.“

Seine Tante Cecilia war für die Vermietung seines Elternhauses und des kleinen Bauernhäuschens an Touristen zuständig. Das war besser, als die Gebäude einfach leer stehen zu lassen.

„Wunderbar.“ Als Deakin zufällig auf die Wand hinter dem Anmeldetresen schaute, blieb sein Blick an etwas hängen.

Verdammt, was hat das denn hier zu suchen? Mit einem finsteren Ausdruck schüttelte er den Kopf.

Dann fragte er Lea: „Und wo sind Sie jetzt untergebracht?“

„In einem privaten kleinen Häuschen, ein paar Kilometer von hier entfernt.“

Petra lachte und deutete nach Westen. „Ein paar Kilometer in dieser Richtung.“

Allzu viele Touristenunterkünfte waren momentan wohl nicht in Betrieb. Auch wenn die Schäden auf der Insel sich glücklicherweise in Grenzen hielten, war der Tourismus vermutlich stark eingebrochen. Deakins Tante hatte gesagt, dass das Haus seit dem Erdbeben leer stand.

Seines Wissens gab es auf der Westseite der Insel eigentlich auch nichts außer den teuren Villen ähnlich wohlhabender Leute wie seine Eltern.

Deakin stutzte. „Wessen Häuschen?“

Während Lea sie verständnislos ansah, lächelte Petra vielsagend. „Theo, Cailey und deine Tante waren der Meinung, dass wir sie am besten dort unterbringen, da das Hotel, das sie ursprünglich gebucht hatte, bei dem Erdbeben beschädigt wurde. Deshalb wohnt sie in dem Bauernhäuschen, Deakin. In deinem Häuschen.“

2. KAPITEL

Das Haus gehörte Deakin?

Lea stellte eine Pfanne auf den Herd und biss die Zähne zusammen.

Wieso hatte Theo ihr nichts davon gesagt? Sie hatte angenommen, es würde sich um das Haus eines Verwandten von ihm handeln. Das kleine weiß getünchte Häuschen hinter der opulenten Villa war perfekt, und Lea wohnte gerne hier. Gegen das weitläufige gepflegte Gelände wirkte der Ruhegarten der Klinik wie von einem Puppenhaus. Der Garten der Klinik war bunt bepflanzt und zwanglos, während die Villa hier eindeutig nach Geld aussah. Sogar über dem Bootshaus gab es ein kleines Apartment.

Bisher hatte Lea noch nicht genauer darüber nachgedacht, wer auf der Insel sich so etwas leisten konnte. Theo hatte gesagt, dass seine Eltern und die seiner Freunde eine Reederei namens Mopaxeni Shipping gegründet hatten und alle reich gewesen waren. Sie kannte nicht die ganze Geschichte. Und obwohl die Klinik nach dem neuesten technischen Standard ausgerüstet war, hatte Leo den Eindruck, dass sie sich finanziell nur so gerade über Wasser hielt und daher auf Spendenaktionen angewiesen war.

Wie beispielsweise der Kalender über dem Anmeldetresen, auf dem zwölf äußerst attraktive einheimische Männer abgebildet waren. Einige davon Ärzte oder Angestellte der Klinik, aber auch Feuerwehrmänner oder Angestellte im öffentlichen Dienst.

Deakin wohnte jetzt im Haupthaus. Er war über Leas Anwesenheit nicht sonderlich erfreut gewesen, das hatte sie ihm angesehen. Aber wenn sie die Insel nicht verlassen wollte, blieb ihr keine andere Wahl, als hier zu bleiben. Sie liebte ihre Arbeit in der Klinik zu sehr, um sich von Deakins Brummigkeit vertreiben zu lassen.

Wenn er nicht da war, wurden die Gebäude ohnehin vermietet. Weil Theo nicht mit Sicherheit gewusst hatte, ob Deakin tatsächlich zurückkommen würde, und Lea in der Klinik gebraucht wurde, hatten alle dies für die beste Lösung gehalten.

Lea schlug ein Ei in die Pfanne, das in dem heißen Öl zischte und einen appetitlichen Duft verbreitete, bei dem ihr das Wasser im Mund zusammenlief.

Sie nahm ein Glas aus dem Küchenschrank und holte sich Orangensaft aus dem Kühlschrank. Nach allem, was sie über Deakin gehört hatte, ein plastischer Chirurg, der sich auf die Behandlung von Brandopfern spezialisiert hatte, hielt er sich nie lange an einem bestimmten Ort auf. Wahrscheinlich würde er höchstens ein bis zwei Wochen bleiben.

Er mochte die Insel nicht. Irgendetwas hier schien ihn negativ zu beeinflussen.

Vielleicht war er hier verletzt worden.

Aber das spielte keine Rolle. Lea war nicht hergekommen, um sich Gedanken über die Bewohner von Mythelios zu machen, sondern um zu flüchten.

Nein, um einen Neuanfang zu machen.

Da gab es einen wesentlichen Unterschied. Ein Neuanfang bedeutete, dass man auf dieser Erde blieb und nicht …

Ein schriller Kreischton riss sie unvermittelt aus ihren Gedankengängen. Was war das?

Ah, der Rauchwarnmelder, direkt hinter ihr. Aber wieso?

Oh nein! Wo eben noch ihr Spiegelei in der Pfanne brutzelte, stand nun eine dicke Rauchwolke über dem Herd.

Aber dieser Rauchmelder, um Himmels willen! Der tat ja in den Ohren weh!

Es war ein riesiger Krach mit dramatisch flackernden Lichtern und einem kreischenden Geheul, das Lea an Möwen erinnerte.

Zum Glück war das heiße Öl noch nicht in Brand geraten. Sie eilte an den Herd, um die Pfanne zu entfernen. Sie war damit gerade auf dem Weg zur Spüle, als die Haustür aufgerissen wurde und plötzlich Deakin hereinstürzte. Er hielt inne, als er die Pfanne erblickte, die jetzt sicher im leeren Spülbecken stand. Er kam herüber, stützte beide Hände auf die Kante der Arbeitsplatte und stieß keuchend den Atem aus. „Was ist passiert?“

Durch den ohrenbetäubenden Lärm konnte Lea ihn kaum verstehen.

„Ich wollte mir was zu essen machen, aber …“ Sie musste schreien. „Können Sie das Ding da abstellen?“

Er zog eine Fernbedienung aus seiner Hemdtasche und hielt sie auf die heulende Sirene gerichtet.

Lea holte tief Luft. In der plötzlichen Stille klingelten ihr die Ohren. „Wow. Warum haben Sie den Alarm nicht vom Haupthaus aus abgestellt? Sie müssen irrtümlich einen Fabrikalarm eingebaut haben.“

„Nicht irrtümlich. Es ist sicherer so.“

Erstaunt sah sie ihn an. Aber nun ja, wenn Deakin es so wollte.

Mit bedauernder Miene zeigte sie auf die Pfanne. „Es tut mir leid. Wenn sie ruiniert ist, werde ich sie Ihnen natürlich ersetzen.“

„Nicht nötig. Ich dachte, das Häuschen stünde in Flammen.“

Erst in diesem Moment merkte Lea, dass Schweißperlen auf seiner Oberlippe standen. Die scharfen Linien in seinem Gesicht drückten keinen Ärger aus, sondern etwas viel Schlimmeres. Angst.

Wovor?

Weil der Rauchmelder losging, du Dussel.

Deakin wollte sein Zuhause nicht wegen einer Dummheit von ihr verlieren. Aber noch nie hatte Lea einen solchen Alarm erlebt. Als sie genauer hinschaute, sah sie sogar Deckensprinkler.

„Dann hatte ich ja Glück, dass die Sprinkleranlage nicht ausgelöst wurde und Sie dann auch noch einen Wasserschaden gehabt hätten. Es tut mir wirklich wahnsinnig leid.“

Mit einer Handbewegung wischte er ihre Worte beiseite. „Das ist nichts. Ich bin bloß heilfroh, dass Ihnen nichts passiert ist. Die Sprinkleranlage wird erst mit Verzögerung ausgelöst. Sie schaltet sich dann selbst ein, und die Feuerwehr wird benachrichtigt.“

Seine Stimme klang gepresst.

Lea, die nun, da die Pfanne genug abgekühlt war, Wasser hineinlaufen ließ, spürte auf einmal ein warnendes Prickeln in ihrem Nacken. Sie drehte den Hahn wieder zu. Vielleicht stammten Deakins Narben von einem Hausbrand. Das würde vieles erklären. Die Gleichgültigkeit gegenüber seiner Heimatinsel, seine Abneigung, nach Hause zurückzukehren, von der sie durch Theo erfahren hatte.

Schlechte Erinnerungen?

Falls es das Haupthaus oder dieses Bauernhäuschen gewesen war, dann waren sie perfekt wieder aufgebaut worden. Sie sahen aus, als würden sie seit mindestens einem Jahrhundert auf diesen Klippen stehen. Abgesehen vom Bootshaus. Es sah anders aus, passte aber dazu. Allerdings schien es auch ein neueres Gebäude zu sein, aber auf keinen Fall wollte Lea nachfragen.

„Mir geht’s gut.“ Sie lächelte etwas angestrengt. „Leider ist es meinem Essen nicht so gut ergangen.“

„Dem Rauchmelder hat es zumindest nicht gefallen.“ Ein mehrfaches Piepen ertönte, während Deakin einige Knöpfe auf der Fernbedienung drückte. „So, jetzt habe ich den Alarm für Sie neu eingestellt.“

„Danke. Heute Abend werde ich mich lieber vom Herd fernhalten, damit das Ding nicht noch mal losgeht. Dann eben Brot und Aufschnitt.“

Er zögerte, ehe er sie ansah. „Im Haupthaus wärme ich gerade das Moussaka meiner Tante auf. Es ist mehr als genug für zwei, falls Sie mitessen möchten.“

Lea lief das Wasser im Mund zusammen. Moussaka war eins ihrer Lieblingsgerichte. „Sind Sie sicher? Es macht mir nichts aus, ein Sandwich zu essen.“

„Ja, natürlich. Ich wollte es Ihnen vorhin schon anbieten, wusste aber nicht, ob Sie andere Pläne hatten.“

„Tja, meine Pläne sind inzwischen etwas angekokelt.“ Mit einem Nicken wies sie zur Spüle. „Theo hat gesagt, Sie vermieten das Haus? Auch das Häuschen hier?“

„Ja. Da meine Eltern beide nicht mehr leben, halte ich das für die beste Möglichkeit, die Häuser bewohnt zu halten, damit die Instandhaltung nicht ausschließlich an meiner Tante hängen bleibt.“

„Das mit Ihren Eltern tut mir leid.“

„Ist schon eine Weile her, aber trotzdem danke. Sie sind bei einem Autounfall auf dem Festland tödlich verunglückt.“

Sie waren zusammen gestorben.

Eine Sekunde lang schloss Lea die Augen und versuchte, eine Welle der Trauer zu unterdrücken. Wenigstens hatte nicht einer den anderen zurückgelassen mit der Frage, was er falsch gemacht hatte. Oder ob er irgendetwas hätte anders oder besser machen können.

Keine guten Gedanken.

Nachdem sie schon so viele Fälle mit posttraumatischer Belastungsstörung behandelt hatte, hätte man annehmen sollen, dass Lea die Symptome bei sich selbst erkennen würde. Natürlich erkannte sie, was los war, doch sie konnte nichts dagegen tun. Die Dinge waren nun mal so, wie sie waren. Und wenn sie noch so sehr mit dem Schicksal haderte, es würde sich nichts daran ändern.

Mark war tot. Sein Leben vorzeitig beendet durch einen einzigen entscheidenden Moment. Sechs Monate vor ihrer geplanten Hochzeit.

„Es ist schwer, jemanden zu verlieren, den man liebt.“ Die Worte entschlüpften ihr wie von selbst, und sie zog die Brauen zusammen. Sie musste schnell das Thema wechseln, bevor noch mehr Erinnerungen auf sie einstürmten. Erinnerungen, die sie besser hinter sich lassen sollte. „Ihre Tante ist also eine gute Köchin?“

Deakin, der sich an die Arbeitsplatte gelehnt hatte, richtete sich auf, und seine Anspannung von eben verschwand. „Eine der besten Köchinnen auf der Insel. Abgesehen davon, dass sie die Häuser hier verwaltet, hat sie auch einen Catering-Service für besondere Anlässe.“

„Wow. Ich meine mich zu erinnern, dass Theo erwähnte, die Köchin des Catering-Services wäre mit Ihnen verwandt. Ist das Ihre Tante?“

„Wenn sie Cecilia Patera hieß, dann ja. Sie ist eigentlich die Einzige auf der Insel, die sich mit dem Kochen ihren Lebensunterhalt verdient. Ihr Moussaka ist fantastisch. In Stavros’ Taverna werden sogar einige ihrer Mezedes serviert. Waren Sie schon dort?“

„Nur einmal. Der Besitzer kam mir ein bisschen schroff vor.“

Deakin war verblüfft. „Tatsächlich? Das klingt gar nicht nach Stavros. Aber ich schätze, jeder hat wohl mal einen schlechten Tag.“

Der Mann war nicht unfreundlich gewesen, er hatte nur jemandem sehr kurz angebunden geantwortet, und das hatte Lea gereicht. Danach war sie nicht mehr hingegangen.

„Ja, wahrscheinlich. Na ja, da ich Ihre Pfanne ruiniert habe, würde ich Ihr Moussaka-Angebot gerne annehmen, wenn es Sie wirklich nicht stört. Aber ich kann auch einfach eine Portion mitnehmen und hier essen. Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten.“

„Dann hätte ich es nicht angeboten. Aber falls Sie unbedingt etwas mit Eiern wollen, kann ich Ihnen auch ein Omelett machen“, erwiderte Deakin.

„Nein, ich liebe Moussaka. Spiegelei erschien mir nur schnell und einfach.“

Sein rechter Mundwinkel hob sich. Da wurde Lea bewusst, dass sie seine Brandnarben überhaupt nicht sehen konnte, weil er diese Seite seines Gesichts von ihr abgewandt hielt. Doch selbst wenn dieses schiefe Lächeln das Ergebnis seines Unfalls war, wirkte es nicht weniger sexy.

„Wohl doch nicht so schnell und einfach, wie es aussieht“, meinte er.

„Bloß weil ich abgelenkt war“, protestierte sie, lächelte aber.

„Ach ja, wovon denn?“

Von Orangensaft und meinem geheimnisvollen Nachbarn, dachte sie bei sich. Aber das wollte sie natürlich nicht zugeben. Vermutlich würde er sie gleich rauswerfen, falls er den Verdacht hegte, dass Lea irgendwelchen Tagträumen über ihn nachhing.

Natürlich tat sie das nicht. Nein, sie dachte lediglich über das Leben und die seltsamen Zufälle nach, wie die Wege von Menschen sich kreuzten. Und manchmal auch in einer Sackgasse endeten.

Sie senkte den Blick, als sich die vertraute Schwere in ihrer Herzgegend bemerkbar machte.

Es gab nichts, was du hättest tun können, Lea. Doch die Stimme in ihrem Inneren gab die immer wiederkehrende Antwort: Woher willst du das mit Sicherheit wissen?

Sie konnte es nicht wissen, und sie würde es niemals erfahren. Auch wenn sie irgendwann davon überzeugt sein sollte, dass sie viel zu viele Symptome übersehen hatte, was nicht der Fall gewesen war, dann war es jetzt trotzdem zu spät.

Deakin wartete noch auf ihre Antwort.

Lea schaute aus dem Küchenfenster über der Spüle, wo sie den großartigen Sonnenuntergang erblickte. „Davon.“ Sie deutete in die Richtung.

Mit den Ellenbogen stützte er sich auf die Arbeitsplatte, um durch das niedrige Fenster sehen zu können. „Es ist sehr schön. Von der Küche im Haupthaus habe ich dieselbe Aussicht.“ Das klang eher nach einer objektiven Beobachtung als nach einem Gefühlsausdruck.

„Sie ist ziemlich spektakulär.“

„Ja, das stimmt. Sollen wir gehen?“ Er wandte sich vom Fenster ab und ging zum Herd, um alle Schalter zu überprüfen.

„Ich habe ihn schon abgeschaltet.“

„Manchmal bleiben sie hängen.“

Doch Lea hatte das Klicken gehört, mit dem der Schalter eingerastet war. Anstatt sich von Deakins Nachprüfung gekränkt zu fühlen, durchströmte sie eine Welle des Mitgefühls. Irgendetwas Schlimmes musste ihm zugestoßen sein.

Sobald sie das Häuschen verließen, zeigte er auf einen gepflasterten Weg, der zum Haupthaus führte. Jetzt, da die Sonne unterging, wich die Tageshitze der etwas kühleren Abendluft. Dennoch war Lea froh, dass das Häuschen eine Klimaanlage hatte.

„Sind Sie schon mal in dem großen Haus gewesen?“, erkundigte sich Deakin.

„Nein, aber von draußen sieht es sehr schön aus.“

„Ja, meine Eltern haben sich ein gutes Haus bauen lassen.“

Sie blickte zu dem Bootshaus am Ufer hinunter. „Sie haben großes Glück, so nah am Wasser zu wohnen. Schade, dass Sie nicht oft hier sind, um es zu genießen. Ich wäre bestimmt bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf diesem Boot.“

Deakin stockte einen Moment, eher er weiterging. „Ich fahre jedes Mal damit raus, wenn ich zu Hause bin.“

„Das muss toll sein.“

„Ja, schon.“ Er warf ihr einen Blick zu. „Ich werde wahrscheinlich mindestens einmal rausfahren, solange ich hier bin. Wenn Sie möchten, können Sie mich gerne begleiten.“

„Oh, ich wollte mich nicht aufdrängen. Tut mir leid, falls es so rübergekommen ist.“

„Nein, gar nicht.“

Lea war nicht sicher, wie es ihr gefallen würde, mit ihm zusammen auf dem Wasser zu sein. Irgendetwas an Deakin verursachte ihr ein unbehagliches Gefühl.

Daher fragte sie: „Sind Sie in diesem Haus aufgewachsen?“

„Ja“, antwortete er einsilbig.

Kurz darauf erreichten sie die Eingangstür, die sich schwer und düster über der kleinen Veranda erhob.

Aber vielleicht waren auch nur Leas Gedanken düster, denn bisher hatte das Haupthaus keinen unheilvollen Eindruck auf sie gemacht.

Deakin öffnete und ließ sie eintreten, woraufhin sich das düstere Gefühl sofort auflöste. Ein weiß gefliester Fußboden ging über in ebenso weiße Wände. Es hätte kalt und spartanisch wirken können, was jedoch durch die azurblauen Farbtupfer hier und da verhindert wurde, die an das warme Meer rund um die Insel erinnerten. Die blaue Farbe tauchte in einem Gemälde ebenso wieder auf wie bei den Kissen, die Lea durch einen Bogengang sah, der zum Wohnzimmer führte. Hier war ein professioneller Innenarchitekt am Werk gewesen.

„Ich hätte nicht erwartet, dass es hier drin so aussieht“, bemerkte sie.

Das Häuschen, in dem sie wohnte, war hübsch und gemütlich. Kein Vergleich zu dieser großen Villa. Hier schien alles unglaublich förmlich und elegant zu sein, was irgendwie so gar nicht zu Deakin passte.

Ihn hätte sie eher mit erdigen Farbtönen und schattigen Ecken verbunden. Das würde dem entsprechen, was sie von ihm wahrnahm: verborgene Winkel seiner Seele, die er niemandem offenbarte.

Unwillkürlich spannte sie sich an. Kannte sie das nicht bereits? Rückblickend konnte sie sich nicht mehr vorstellen, wie ihr die Anzeichen bei Mark hatten entgehen können. Aber sie war jung und verliebt gewesen und sein sorgloses, strahlendes Lächeln hatte so echt gewirkt.

Auf diese Weise wurden emotionale Verletzungen von anderen Menschen leicht übersehen, bis es schließlich zu spät war.

In dem Augenblick drehte Deakin sich zu ihr um, wobei seine Narben in dem Licht des Eingangsflurs deutlich hervortraten. „Was dachten Sie denn, wie es aussehen würde?“

„Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist sehr elegant. Aber ganz anders als das Häuschen.“

„Meine Tante hat das Häuschen eingerichtet. Dort wohne ich normalerweise, wenn ich herkomme. Das Haupthaus ist den größten Teil des Jahres vermietet“, erklärte er. „Aber die Leute, die es in diesem Monat mieten wollten, sind wegen des Erdbebens abgesprungen.“

„Dann hat Ihre Tante dieses Haus nicht eingerichtet?“, fragte Lea.

„Nein.“ Deakin machte eine weite Handbewegung. „Das stammt alles von meinen Eltern.“

„Wollen Sie es neu gestalten?“

„Nein.“

Lea betrachtete die Strukturfarbe an den Wänden und die teuren Teppiche auf dem Boden. „Ihre Gäste sind bestimmt begeistert.“

Er warf seinen Schlüssel und die Fernbedienung für den Rauchmelder-Alarm auf einen kleinen Beistelltisch. „Es scheint Ihnen zu gefallen.“

„Gibt es noch eine andere Fernbedienung für den Rauchmelder in dem kleinen Häuschen?“ Sie lächelte. „Für den Fall, dass ich noch mal beschließen sollte, etwas zu kochen?“ Da stieg ihr auf einmal ein herrliches Aroma in die Nase. „Obwohl, bei diesem köstlichen Duft sollte ich vielleicht Ihre Tante engagieren, damit sie für mich kocht.“

„Das würde sie bestimmt gerne tun.“

„Im Ernst, wäre es Ihnen lieber, wenn ich den Herd im Häuschen nicht benutze?“, fragte Lea. „Dann sagen Sie es ruhig. Ich möchte nicht, dass Sie jedes Mal befürchten, ich könnte ein Feuer auslösen, sobald ich in der Küche bin.“

„Das tue ich nicht.“ Etwas steif ging Deakin zum Wohnzimmer. „Ich mache schnell eine Führung durchs Haus mit Ihnen, bis unser Essen fertig aufgewärmt ist.“

Sie gingen unter dem Bogengang hindurch, und Lea ließ ihre Blicke schweifen. Die blauen Kissen, die sie eben schon gesehen hatte, waren ordentlich an der Rückenlehne des Sofas entlang aufgereiht. Ein Frösteln überlief sie, das sie so gut wie möglich zu unterdrücken versuchte. Vielleicht eine verspätete Reaktion auf diese ganze Rauchmelder-Geschichte.

Fast wäre ihr dabei nicht mal aufgefallen, dass Deakin sich im Laufe des Abends rasiert haben musste. Sein Haar war noch immer recht lang, doch jetzt wirkte es dicht und glänzend. Als er stehen blieb, spürte sie plötzlich das dringende Bedürfnis, eine seiner dunklen Locken zu berühren. Der Mann sah aus wie ein Gott aus der griechischen Mythologie.

Sobald er sich zu ihr umdrehte, wandte Lea ihren Blick schnell ab. Dabei bemühte sie sich, das Prickeln zu unterdrücken, das sie auf einmal durchflutete.

Auf dem quadratischen Couchtisch vor ihr lag ein Stapel Bootsmagazine, daneben ein Leuchtturm aus Gips und ein Tablett mit drei bauen Kerzen. Nirgendwo auch nur das geringste Stäubchen.

„Reinigt Ihre Tante das Haus, wenn die Gäste abgereist sind?“, fragte sie.

„Nein, ich habe eine Reinigungsfirma beauftragt, die einmal pro Woche sauber macht. Meine Tante muss sie wohl bestellt haben, weil sie wusste, dass ich komme“, antwortete Deakin.

„Weiß Theo, dass Sie hier sind?“

„Noch nicht. Ich habe ihm keine genauen Daten genannt. Ich dachte, ich würde direkt zur Klinik kommen und dann nach Hause fahren, falls nicht allzu viel los wäre. Ich hatte gehofft, ihn dort zu treffen, aber er hatte sich ja heute freigenommen. Ich rufe ihn morgen früh mal an.“

„Die Patienten scheinen stoßweise zu kommen. An manchen Tagen können wir den Ansturm kaum bewältigen, an anderen drehen wir Däumchen, so wie heute Nachmittag.“

„Wie kommen Sie zur Klinik und wieder zurück?“, wollte Deakin wissen.

Verlegen sagte Lea: „Na ja, da ist ein Fahrrad hinter dem Häuschen. Es stört Sie hoffentlich nicht, dass ich es benutzt habe?“

„Warum nehmen Sie nicht das Auto? Es steht den Gästen zur Verfügung. Das hat Cecilia Ihnen doch sicherlich gesagt, oder?“

„Ja, aber nachdem ich das Hotel verlassen musste, habe ich Nachbeben befürchtet. Ich dachte, mit einem Fahrrad könnte ich im Falle eines Unfalls oder eines Staus auch abseits der Straße weiterkommen. Und dann, nachdem die Gefahr vorbei war, hatte ich mich einfach ans Fahrradfahren gewöhnt. Dadurch kann ich die Schönheit der Insel mehr genießen.“

„Es ist nicht mehr so schön wie früher.“

„Sie hätten es gleich nach dem Erdbeben sehen müssen. Es war schrecklich.“ Bei der Erinnerung daran, wie der Boden unter ihren Füßen gezittert hatte und in ihrem Hotelzimmer der Putz von den Wänden fiel, verflog jedes Gefühl der Anziehung, das Lea eben noch gespürt hatte. Sie war unter das Bett gekrochen, in der Hoffnung, dass die Decke nicht über ihr einstürzen würde. Es war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen, bis die Erschütterungen nachließen, obwohl das Beben in Wahrheit vermutlich nur wenige Minuten gedauert hatte.

„Es tut mir leid, dass Sie das erleben mussten.“

Sie hob die Brauen. „Mir tut jeder leid, der das erleben musste. Es war grauenhaft.“

„Kann ich mir vorstellen.“ Deakin fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Ich konnte leider nicht früher hier sein, mein Vertrag war bindend. Ich habe die Nachrichten in einer Bar in Afrika gesehen. Theo rief an, als gerade die Berichte im Fernsehen gezeigt wurden. Danach habe ich alle Leute angerufen, die ich kannte, um zu hören, ob es ihnen gut ging.“

Durch eine Tür ging es weiter ins Esszimmer. Wieder ein opulent ausgestatteter Raum mit einem Glastisch unter einem niedrig hängenden Kronleuchter. Die Glasoberfläche schien genauso makellos sauber zu sein wie der Couchtisch im Wohnzimmer. Kein einziger Fingerabdruck war darauf zu sehen.

Das störte Lea irgendwie. Das Ganze hier sah nicht aus wie das gemütliche Zuhause einer Familie, sondern eher wie eine förmliche Tafel mit teuren Kristallgläsern. Ein Ort, an dem wichtige Geschäfte verhandelt wurden.

Ob Deakin wohl als Kind an diesem Tisch gegessen hatte? Hoffentlich nicht. Lea konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie er hier ganz allein eine Schüssel mit Frühstücksflocken aß. „Haben Sie noch mehr Verwandte auf Mythelios?“

„Sie meinen Geschwister?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin Einzelkind.“

Keine Geschwister und sicher auch keine Haustiere.

Leas Kindheit war chaotisch und fröhlich gewesen. Mit Hunden, Kaninchen und Pferde-Shows im örtlichen Reitklub. Aber sie hätte es um nichts in der Welt eintauschen wollen. Das Medizinstudium war zu anstrengend gewesen, um ein Haustier zu haben. Aber sobald sie irgendwo sesshaft geworden war, wollte sie unbedingt ein oder zwei Tiere haben. Tatsächlich waren sie und Mark in einem Tierheim gewesen, nur eine Woche vor seinem Tod.

Wie gut, dass sie an diesem Tag kein Tier mitgenommen hatten.

Wieder stieg Zorn in ihr auf, obwohl es schon über ein Jahr her war. Doch auch in zehn Jahren würde sie wahrscheinlich immer noch genauso verwirrt sein wie damals und die Trauer und den Zorn verstehen, den andere Angehörige empfanden, die ebenso plötzlich zurückgelassen worden waren.

„Ich bin auch Einzelkind“, erwiderte Lea.

Der Gedanke, nach Toronto zurückzukehren, versetzte ihr einen Stich. So sehr sie ihre Eltern und ihre Wahlheimat liebte, hatte sie doch erste kleine Wurzeln auf Mythelios geschlagen. In dem Augenblick, als sie zum ersten Mal einen Fuß auf die Insel setzte, hatte sie ein Gefühl von Zugehörigkeit empfunden. Vielleicht wegen ihrer griechischen Abstammung. Dennoch würden ihre Ersparnisse bald aufgebraucht sein, und dann musste sie wieder anfangen zu arbeiten.

Die Frage war nur, wo.

Deakin blieb an der Küchentür stehen. Mit einer Schulter an den Türrahmen gelehnt, verschränkte er die Arme. „Dann war die Auswanderung nach Kanada sicher eine große Umstellung.“

„Zum Teil ja“, bestätigte Lea. „Aber ich glaube, dadurch war es für mich auch leichter, mich an die neue Umgebung anzupassen. In Toronto gibt es viele Einwanderer, doch in der Schule musste ich schnell Englisch lernen, um zu überleben. Es hieß entweder schwimmen oder untergehen. Und ich bin geschwommen.“

Mark dagegen nicht.

„Aber Sie haben Ihre Stelle dort aufgegeben. Wohin wollen Sie als Nächstes?“, fragte Deakin. „Zurück nach Kanada?“

Es war, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Das weiß ich noch nicht. So weit im Voraus habe ich keine Pläne gemacht.“

Ihre Eltern waren dort. Trotzdem wollte Lea nicht in das alte Apartment, in dem sie mit Mark gewohnt hatte. Doch irgendwann musste sie das wohl oder übel tun, und wenn auch nur, um ihre Sachen zu packen. Seine Habseligkeiten waren längst fort. Marks Eltern hatten die herzzerreißende Aufgabe gehabt, alle seine persönlichen Dinge durchzugehen und zu entscheiden, was damit geschehen sollte. Lea hatte die entsprechende Woche im Hotel verbracht, um ihnen ihre Privatsphäre zu lassen. Obwohl es schon viele Monate her war, saß der Schmerz dieser Zeit noch immer tief.

„Das kenne ich.“ Deakin ließ die Arme sinken, warf einen Blick über die Schulter und setzte hinzu: „Ich denke, unser Dinner sollte jetzt fertig sein. Wäre es Ihnen recht, wenn wir auf der hinteren Terrasse essen? Draußen müsste es inzwischen etwas kühler werden.“

„Klingt wunderbar.“ Lea hoffte, man würde ihr nicht anmerken, wie erleichtert sie darüber war, dass sie nicht mit ihm an den entgegengesetzten Enden des riesigen Esstisches sitzen musste.

Sein rechter Mundwinkel hob sich, was ihr zeigte, dass er darüber genauso froh war. „Gut. Wenn Sie die Teller aus dem Küchenschrank holen, nehme ich die Auflaufform aus dem Ofen.“

Lea öffnete den Schrank mit der Glasfront und hob zwei kunstvoll verzierte Teller heraus. Unwillkürlich krauste sie die Nase. Hoffentlich würde ihre Unterhaltung mit Deakin weniger förmlich ausfallen als das Geschirr. Vielleicht konnten sie ja auch ihre etwas misslungene erste Begegnung vergessen und eine bessere gemeinsame Ebene miteinander finden, solange sie beide hier waren.

Sie presste die Lippen zusammen. Mark war nicht mehr da. Wenn er noch lebte, wären sie jetzt verheiratet. Aber so war es eben nicht. Und Lea hatte nicht die Absicht, sich in absehbarer Zeit auf eine neue Beziehung einzulassen.

Im Moment musste sie sich darauf konzentrieren, diese schmerzliche Zeit ihres Lebens hinter sich zu lassen. Obwohl sie niemandem das Erdbeben von Mythelios gewünscht hätte, hatte es ihr geholfen, sich von ihrer eigenen Situation abzulenken und den Bewohnern der Insel etwas Gutes zu tun. Schließlich sagte sie ihren Patienten ja selbst immer wieder, dass anderen etwas zu geben eine gute Möglichkeit war, um vom Selbstmitleid wegzukommen. Diesen Rat hätte Lea sich schon vor Monaten selbst zu Herzen nehmen sollen. Doch damals war sie noch nicht bereit gewesen, das Apartment ganz aufzugeben. Es war ihre letzte Verbindung zu ihrem Verlobten.

Sie atmete tief durch und nahm den Teller mit dem heißen Moussaka von Deakin entgegen. „Danke.“

Eins war jedenfalls sicher, sie würde sich nie wieder auf einen Mann einlassen, der einen Haufen Ballast mit sich herumtrug. Falls sie je wieder bereit wäre, jemanden zu daten, würde sie sich einen fröhlichen Mann suchen. Jemanden, mit dem man Spaß haben konnte.

Keine düsteren Grübeleien, kein psychisches Trauma – das schwor Lea sich.

Lustig, fröhlich und ein unverbesserlicher Optimist. Eine bessere Beschreibung fiel ihr nicht ein.

Und am besten sollte sie mit einer solchen Einstellung auch gleich bei sich selbst anfangen.

3. KAPITEL

„Warum hast du mir nicht erzählt, dass du gestern ankommen würdest, Deak? Cailey und ich hätten dich doch abgeholt. Bist du geflogen oder mit der Fähre gekommen?“ Theo stand an der Tür zum Behandlungszimmer, das sein Patient gerade verlassen hatte.

„Ich bin geflogen. Die Landung war allerdings ziemlich holprig. Ich schätze, die Landebahn muss wohl irgendwann neu geteert werden. Meine Tante meinte, sie wäre ziemlich stark beschädigt.“

„Sie ist in zwei Hälften zerbrochen. Aber die Leute haben ihr Bestes getan, um sie wieder zu reparieren.“ Theo lachte. „Ich bin froh, dass du endlich auch an unserer Party teilnimmst.“

Deakin setzte seinen Laptop auf dem Tresen ab, ging zu seinem Freund und schlug ihm kameradschaftlich auf den Rücken. „Nach allem, was ich gehört habe, machst du gerade richtig Party. Ich wollte euch in eurem Liebesnest nicht stören.“

Theo war einer der wenigen Menschen, von denen Deakin sich niemals verurteilt gefühlt hatte. Als Jugendliche hatten er, Chris und Eri seine Narben nie angestarrt, aber auch nicht darum herumgeredet. Sie hatten diese Narben genauso akzeptiert wie ihn, wozu seine Eltern nach dem Feuer offenbar nicht mehr imstande gewesen waren.

Ihnen hatte er die ganze Wahrheit nie erzählt. Das hätte niemandem geholfen, sondern nur Ville das Leben unnötig schwer gemacht. Bei ihm war es zu Hause ohnehin schon viel schlimmer zugegangen als bei Deakin. Seine Eltern hatten ihn zumindest nicht verprügelt, stattdessen waren sie ihm mit emotionaler Kälte begegnet.

„Liebesnest?“ Theo sah ihn an. „Cailey ist schwanger. Ich bin nicht sicher, ob du schon davon gehört hast.“

Deakin hob die Augenbrauen und gab Theo noch einen Klaps auf den Rücken. „Nein, dieses Detail hast du bei unserem Telefongespräch wohlweislich weggelassen.“

„Na ja, da es erst nach diesem Telefonat passiert ist …“ Wieder lachte Theo. „Ach, und Lea Risi hast du bestimmt auch schon kennengelernt, oder?“

Deakin nahm seinen Laptop und stellte ihn auf dem Tisch in der Nähe der Tür auf. „Da sie mit mir beinahe unter einem Dach wohnt, wäre es etwas schwierig, ihr nicht über den Weg zu laufen. Noch eine Tatsache, die du mir geschickt verschwiegen hast.“

„Wir können ihr eine andere Unterkunft besorgen, falls ihre Anwesenheit dich stört. Cecilia hat mehr oder weniger darauf bestanden, ihr das Häuschen anzubieten, als das Hotel geräumt wurde. Aber ich kann gerne mit Cailey sprechen und Lea bei uns mit einquartieren.“

„Nein, ich werd’s überleben. Schließlich bleibe ich ja nicht für ein ganzes Jahr oder so.“

„Das weiß man nie.“

Deakin hatte plötzlich ein enges Gefühl in der Brust. „Oh doch, das weiß ich.“ Am besten wechselte er das Thema, bevor sie weiter darauf eingingen. Theo und er hatten die Angelegenheit schon oft genug besprochen. „Also, was hat es mit dieser Junggesellen-Versteigerung auf sich, von der Cecilia mir erzählt hat? Dabei muss ich doch wohl nicht mitmachen, oder?“

„Tja, nachdem ich als werdender Vater jetzt aus dem Rennen bin …“

Deakin lachte. „Es muss dir verdammt wichtig gewesen sein, dieser Versteigerung zu entkommen.“

„Äh, nein. So war es eigentlich nicht“, erwiderte Theo. „Ich hätte nie damit gerechnet, Cailey zu begegnen und … Na ja, jedenfalls, da du gerade hier bist, kannst du meinen Platz übernehmen. Durch das Erdbeben sind unsere Finanzen ziemlich geschrumpft, und unser Computertomograf ist kaputt. Wir müssen ihn reparieren lassen oder einen neuen kaufen.“

„Kein Interesse. Ich habe mich schon für diesen bescheuerten Kalender breitschlagen lassen. Außerdem würde ich nicht mal genug für einen Fotokopierer einbringen, geschweige denn für einen Computertomografen.“

Die Vorstellung, auf einer Bühne zu stehen, während andere Leute Gebote auf ihn abgaben, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Oder noch schlimmer wäre es, wenn eine kleine alte Dame aus Mitleid für ihn bot, damit er ihre Küchenspüle putzte oder so etwas in der Art.

„Ich wäre dir außerdem sehr verbunden, wenn du Petra bitten könntest, den Kalender an der Anmeldung von der Wand zu nehmen. Zumindest für Juli“, fügte Deakin hinzu.

„Ganz bestimmt nicht! Dieser Kalender hat uns schon mehrere tausend Euro eingebracht. Wenn du willst, dass er abgehängt wird, musst du sie schon selbst fragen“, gab Theo zurück.

Und es sich dadurch mit Petra zu verscherzen? Keine gute Idee. Aber diesmal wäre es die Sache vielleicht wert. Es dauerte nur noch eine Woche bis Juli und Deakins Porträt. Niemand sollte dieses Bild sehen, und Lea schon gar nicht.

Er wusste nicht genau, warum ihn das mehr stören würde als bei anderen Leuten. Vielleicht weil er auf der Insel aufgewachsen war und ihn hier alle kannten. Jeder kannte seine Geschichte, im Gegensatz zu Lea. Und er wollte nicht, dass sie irgendjemanden nach dem Vorfall fragte, der eine ganze Landkarte an Narben auf der linken Seite seines Oberkörpers hinterlassen hatte.

An einigen Stellen würde er nie wieder etwas fühlen, da die Nerven dauerhaft beschädigt worden waren. Niemals würde er die Fingerspitzen einer Frau auf diesem Teil seines Körpers spüren. Unwillkürlich schnürte es ihm die Kehle zu. Nicht dass er es gewohnt war, Frauen in sein Schlafzimmer einzuladen. Und zwar aus demselben Grund, weshalb er etwas gegen den Kalender hatte, auf dem ihn die ganze Welt sehen konnte.

Deakin hatte das Fotoshooting eigentlich nicht mitmachen wollen. Doch das Geld aus dem Treuhandfonds der Mopaxeni-Reederei war in dem Jahr schon knapp geworden. Daher hatten sie die blöde Idee gehabt, einen Kalender mit Männern aus Mythelios drucken zu lassen. In der Hoffnung, dass einige Bewohner der Insel dadurch motiviert werden könnten, die Klinik finanziell zu unterstützen.

Einer der Männer, die für die Porträts Modell stehen wollten, hatte an dem Tag des Fotoshootings eine Gallenkolik erlitten, sodass Deakin für ihn eingesprungen war, um das Projekt zu retten. Als er die Probeabzüge erhielt, hatte er sie sich nicht einmal angeschaut, sondern lediglich seinen Haken in das „Akzeptieren“-Kästchen gesetzt und den Umschlag sofort wieder an den Fotografen zurückgeschickt.

Bei dem Gedanken, dass Lea sehen könnte, wie weit hinunter seine Narben reichten, wurde ihm mulmig zumute. Er hatte bemerkt, wie sie seinen Nacken betrachtete, als sie dachte, er würde es nicht mitbekommen. Und zwar mehrmals. Deakin hatte heute Morgen sogar beinahe davor zurückgescheut, sich die Haare schneiden zu lassen. Je länger sein Haar war, desto mehr konnte er damit verbergen. Doch damit würde er sich eingestehen, dass Leas Blicke ihn irgendwie störten. Also hatte er seine Tante gebeten, es doch zu tun, woraufhin ungefähr zehn Zentimeter struppige Strähnen auf ihrem Küchenfußboden gelandet waren.

Seitdem hatte er Lea noch nicht wieder getroffen. Ob sie ihn genauso prüfend ansehen würde wie zuvor? Aber das spielte keine Rolle. Seine Narben waren eine Tatsache, mit der Deakin es jeden Tag zu tun hatte. Daran würde sich mit oder ohne Haar nichts ändern. Er hatte verdammtes Glück gehabt, dass sein Arm und seine Hand verschont geblieben waren, weil er sich rechtzeitig abgewendet hatte.

Ville hatte sogar noch mehr Glück gehabt. Während der Explosion hatte er auf der anderen Seite von Deakin gestanden und deshalb nur Verbrennungen zweiten Grades erlitten.

„Der Kalender war mein erster und letzter Auftritt“, erklärte er jetzt. „Keine Versteigerung mit mir. Es würde sowieso niemand für mich bieten.“

Theo seufzte. „Mach dich nicht so schlecht, Deak. Es gibt viele Frauen, die dich nur allzu gerne gewinnen würden.“

„Auf gar keinen Fall. Außerdem werde ich nicht lange genug auf Mythelios bleiben, dass jemand seinen Anspruch auf mich geltend machen könnte.“

„Es geht doch bloß um eine Junggesellen-Versteigerung, keinen Bestellversand für einen Ehemann.“ Theo lachte.

Deakin musste ebenfalls grinsen. Er hatte ganz vergessen, wie viel Spaß ihm diese kleinen Geplänkel mit seinen Freunden machten. „Ich bin sicher, es gibt einen Haufen anderer Typen, die sich gerne versteigern lassen würden.“

Plötzlich schnippte Theo mit den Fingern. „Da fällt mir ein: Ich habe in der Klinik auf Naxos angerufen, um Material zu bestellen. Könntest du vielleicht irgendwann in den nächsten beiden Tagen mit dem Boot rüberfahren und die Sachen abholen? Sie per Kurier schicken zu lassen, würde uns unnötig Geld kosten. Wir versuchen, unsere Ausgaben so niedrig wie möglich zu halten.“

„Klar, kein Problem.“

„Nimm Lea mit, wenn es geht. Sie ist seit dem Erdbeben auf der Insel und könnte mal eine kleine Auszeit gebrauchen.“

Na toll, dachte Deakin. „Wenn sie will, kann sie gerne mitkommen. Aber wenn nicht …“ Er zuckte die Achseln.

In diesem Augenblick erschien eine junge Frau an der Tür, die er auch nach vielen Jahren wiedererkannte. Cailey Tomaras. Schon immer eine Schönheit, strahlte sie jetzt geradezu. Schwangerschaftshormone? Oder lag es an der Liebe?

Sobald sie Theo die Hand auf den Arm legte, wusste Deakin Bescheid. Theos Gesicht wirkte plötzlich vollkommen verändert, und er lächelte. Verblüfft sah Deakin ihn an. Sein Freund war glücklich. Einfach rundum glücklich.

Wie fühlte sich das eigentlich an? Deakin wusste es nicht mehr. Ständig unterwegs von einem Auslandseinsatz zum nächsten, blieb ihm kaum Zeit, seine Gefühle zu analysieren.

Genau das hatte er gewollt, als er weggegangen war und das Haus seiner Eltern als eine Art Mausoleum zurückgelassen hatte. Eine Erinnerung an all die Gründe, weshalb er von der Insel weggezogen war.

Seit Jahren lag seine Tante ihm damit in den Ohren, dass er das Haus neu gestalten sollte. Als sie sich allmählich Sorgen um ihn zu machen schien, hatte Deakin ihr gestattet, wenigstens das Bauernhäuschen neu einzurichten. Und er hatte sich angewöhnt, dort zu wohnen – bis es von einer gewissen attraktiven Psychiaterin besetzt worden war, was ihn dazu gezwungen hatte, in das Haupthaus zurückzukehren.

Er verabscheute es heute genauso wie damals als Teenager. Vielleicht war es nun tatsächlich an der Zeit, Tante Cecilia zu erlauben, es umzugestalten.

Theo drehte sich zu ihm um. „Deak, erinnerst du dich noch an Cailey?“

„Ja, natürlich. Schön, dich zu sehen.“

„Gleichfalls.“ Sie gab ihm die Hand. „Es ist schon eine Weile her. Aber Theo spricht viel von dir:“

Lächelnd nickte er seinem Freund zu. „Wie ich ihn kenne, wahrscheinlich nur Schlechtes.“

„Eigentlich nur Gutes. Er hält große Stücke auf dich, Chris und Ares.“ Cailey verschränkte ihre Finger mit denen von Theo und schaute zu ihm auf. „Sind wir immer noch zum Lunch verabredet?“

„Na klar. Wie geht es dir?“

„Besser. Und ich habe Hunger.“ Sie warf Deakin einen Blick zu. „Du hast von unserer Neuigkeit gehört?“

„Ja, herzlichen Glückwunsch.“

„Danke, wir sind schon ziemlich aufgeregt. Willst du mit uns zum Lunch gehen?“

Damit ihr Glück ihn an all das erinnerte, was er niemals haben würde? Lieber nicht. Deakin wusste, dass dies Theo gegenüber unfair war, und er freute sich auch wirklich für seinen Freund. Aber irgendwie schockierte es ihn, dass nun der Erste aus ihrer Gruppe endgültig vergeben war. Damit hatte er nicht gerechnet.

„Danke, aber ich glaube, Lea ist gerade dabei, die Anmeldebögen in die Patientenakten einzuordnen, und sie hatte noch einige Fragen an mich.“ Das war nur halb geschwindelt.

„Ja, ich habe sie gebeten, die Sache für eine Weile zu übernehmen“, bestätigte Theo.

Eine Weile? „Wie lang ist sie denn noch da?“, fragte Deakin gespielt beiläufig.

Achselzuckend antwortete Theo: „So weit habe ich noch gar nicht vorausgedacht.“

Hatte Lea nicht dasselbe gesagt, als Deakin sich nach ihren Plänen erkundigt hatte?

„Vielleicht bleibt sie ja bei uns. Es scheint ihr hier gut zu gefallen“, sagte Cailey lächelnd.

„Das glaube ich kaum“, gab Deakin zurück. „Sie hat an einem großen Krankenhaus in Toronto gearbeitet. Ich nehme an, sie kann sich bessere Orte aussuchen als ausgerechnet Mythelios.“

„Das weiß man nie. Es sind schon seltsamere Dinge passiert.“ Theo umschloss Caileys Hand. „Hey, wenn du Zeit hast, könntest du mal in der Taverna vorbeigehen und dort einen für mich trinken?“

„Normalerweise muss man selbst trinken, damit es was bringt.“

„Nein, im Ernst. Stavros fühlt sich seit einiger Zeit nicht besonders gut. Aber immer, wenn ihn jemand darauf anspricht, sagt er, derjenige soll sich zum Teufel scheren.“

Die Taverna von Stavros war eine einheimische Legende. Inselbewohner und Touristen kehrten dort gleichermaßen gerne ein.

„Sich nicht besonders gut fühlen, ist eine ziemlich vage Beschreibung.“

Theo legte Cailey den Arm um die Taille. „Er hat wohl starke Kopfschmerzen. Und in den letzten zwei Wochen habe ich gehört, dass er auch ziemlich grantig ist.“

„Offenbar war er auch Lea gegenüber irgendwie unfreundlich.“

„Das sieht ihm gar nicht ähnlich.“ Cailey lehnte ihren Kopf an Theos Schulter.

Die beiden hatte es eindeutig schwer erwischt. Aber da sie zusammen ein Kind erwarteten, war das wahrscheinlich eine gute Sache.

„Na schön, ich schau mal bei ihm vorbei. Und ich hole die Vorräte ab. Muss das heute sein?“

„Nein, es ist nicht allzu dringend. Also fahr einfach rüber, wenn es dir passt. Um Stavros mache ich mir allerdings wirklich Sorgen. Falls du es nicht schaffst, übernehme ich das“, sagte Theo.

„Nein, schon gut, ich gehe hin. Ich mag den alten Kerl.“

„Danke. Dann gehen wir jetzt was essen. Ruf an, falls du uns brauchst. Und nimm Lea ihren Job nicht weg.“

„Das hatte ich nicht vor.“ Eigentlich war Deakin gar nicht mit Lea verabredet, um die Patientenakten zu besprechen. Er hatte es nur vorgeschoben, um nicht mit den beiden anderen zum Lunch gehen zu müssen.

Für einen Besuch in der Taverna war jetzt nicht die beste Zeit, gegen Mittag wurde es dort immer sehr voll. Also beschloss Deakin, stattdessen nachzusehen, ob es nicht irgendeinen Patienten zu behandeln gab. Er musste sich dringend von dem Gedanken ablenken, dass Lea an der Klinik bleiben könnte – womöglich für immer.

Aber warum spielte dies überhaupt eine Rolle für ihn?

Dazu gab es gar keinen Grund. Schließlich würde er ja nicht auf der Insel bleiben, insofern konnte es ihm doch egal sein.

Komischerweise war es das aber nicht. Und er hatte keine Ahnung, wieso.

Der Ruhegarten war für Lea ein fast ebenso erholsamer Zufluchtsort geworden wie für ihre Patienten. Hier war eine der wenigen Stellen, die vom Erdbeben nicht betroffen gewesen waren. Eine Oase der Stille, mit dem sanften Rauschen der Wellen im Hintergrund, das einerseits besänftigend wirkte und andererseits auch weiter entfernte Stimmen dämpfte. Dadurch wurde die private Atmosphäre noch verstärkt.

Einige Teile des Gartens waren der Allgemeinheit zugänglich. Es gab geschwungene Gehwege und schattige Plätze, wo die Leute sich treffen und leise miteinander reden konnten. Auf Schildern stand ein Hinweis, Handys auszuschalten und Gespräche möglichst leise und diskret zu führen. Der Teil, wo Lea mit ihren Patienten sprach, war mit einem dicken, zwischen zwei Spalieren aufgespannten Seil abgetrennt. Damit wurde verhindert, dass Besucher versehentlich hereinschlenderten und ihre Sitzungen störten.

Die beiden Spaliere waren üppig von blühenden Ranken überwuchert und bildeten so eine natürliche Abschirmung für ihr improvisiertes Sprechzimmer. Hier war es genauso privat wie in den Behandlungszimmern im Klinikgebäude, aber sehr viel hübscher. Lea hatte bereits bemerkt, welchen Unterschied dieser Ort im Vergleich zu dem kleinen Vorratsraum machte, den sie ganz zu Anfang genutzt hatte. Die natürliche Umgebung schaffte Intimität und beruhigte angespannte Nerven. Was auch auf sie selbst zutraf.

„Ich begreife einfach nicht, warum das Haus meiner Nachbarn vollkommen zerstört wurde und meins gar nichts abgekriegt hat. Das kommt mir so ungerecht vor.“

Lea hatte schon mehrere solcher Patienten gehabt. Menschen, die die Zufälligkeit nicht verstehen konnten, mit der sie verschont geblieben waren, während andere schlimme Verluste erlitten hatten. Diesen quälenden Schmerz kannte sie selbst nur allzu gut.

„Darauf habe ich keine Antwort“, sagte sie daher. „Aber Sie haben sie bei sich aufgenommen, damit sie bei Ihnen wohnen können, bis ihr Haus wieder aufgebaut ist.“

„Eigentlich müssten eher meine Nachbarn mit Ihnen reden, und nicht ich. Dabei komme ich mir noch egoistischer vor. Sie scheinen die Situation viel besser zu bewältigen als ich.“

„Das weiß man nicht. Menschen können vieles verbergen.“ Das wusste Lea aus eigener, leidvoller Erfahrung. Und sie vermutete, dass der attraktive plastische Chirurg, den sie vor drei Tagen kennengelernt hatte, auch eine Menge zu verbergen hatte.

Aber wieso dachte sie überhaupt an ihn? In den vergangenen zwei Tagen hatte sie ihn nur flüchtig gesehen. Dabei war er genauso abweisend gewesen wie bei ihrer ersten Begegnung mit ihm. Und er hatte ihr auch keine weiteren Überraschungsbesuche in dem Bauernhäuschen abgestattet.

Selbstverständlich hatte sie seitdem immer gut auf den Herd geachtet. Keine verbrannten Spiegeleier mehr, kein Rauchmelder-Alarm. Und eben auch Deakin nicht mehr.

Lea war nicht sicher, was sie davon halten sollte.

Gestern hatte Cailey sie gefragt, wie ihr die Arbeit in der Klinik gefiel. Dann hatte sie noch hinzugefügt, dass Lea in der kurzen Zeit, die sie hier war, schon einen großen Eindruck gemacht hätte.

Die Insel hatte auf jeden Fall einen großen Eindruck auf Lea gemacht.

Wenn sie einen solchen Ort für ihre nächste Stelle finden könnte, wäre das großartig. Allerdings hatte sie das Gefühl, dass es auf der Welt nicht viele Inseln wie Mythelios gab, deshalb musste sie jede Sekunde hier genießen. Irgendwann war ihr Aufenthalt hier zu Ende.

Doch daran wollte sie jetzt noch nicht denken.

Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Patienten zu. „Für mich klingt das so, als würden Sie alles richtig machen. Sie helfen Ihren Nachbarn, die Krise zu überstehen, und ich verspreche Ihnen, sie werden sich daran erinnern. Und das Beste ist: Sie können ihnen Ihre Hilfe anbieten, was nicht möglich gewesen wäre, wenn Ihr Haus auch zerstört worden wäre.“

„Ich weiß, aber …“

„Es tut trotzdem weh?“

Der Mann presste den Kiefer zusammen, während er versuchte, seine Emotionen zu unterdrücken. „Ja“, gestand er dann schließlich.

„Das ist vollkommen in Ordnung, solange Sie nicht Ihr Leben von diesem Schuldgefühl bestimmen lassen.“

„Darum bin ich hier. Einfach bloß darüber zu reden, das hilft schon. Und zu wissen, dass jemand da ist, der mich versteht. Ich wollte meine Frau nicht beunruhigen, indem ich vor ihr zu heulen anfange.“

Lea konnte gut nachvollziehen, was er meinte, obwohl sie es nicht für klug hielt, all diese Gedanken und Gefühle vor seiner Ehefrau zu verbergen. Der Rat, sich nicht zu sehr von seinen Schuldgefühlen bestimmen zu lassen, rührte aus der bitteren Realität ihrer eigenen Erfahrung her. „Sie sind nicht der Einzige, dem es so geht. Nehmen Sie es nicht zu schwer.“

Der Mann atmete tief durch, ehe er aufstand. „Ich danke Ihnen. Ich glaube, die Klinik hatte bis jetzt noch nie einen Psychiater. Oder zumindest wusste ich nichts davon.“

Nein, so viel Lea wusste, hatte es in der Inselklinik bisher keinen Psychiater gegeben. Es gab ein paar Psychologen mit privater Praxis auf der Insel, von denen sie bereits mehrere Überweisungen erhalten hatte. Dazu gehörte auch dieser Patient. Die Psychologen waren überlaufen von Leuten, die Unterstützung benötigten. Und da Lea Medikamente verschreiben konnte, was die Psychologen nicht durften, hatten sich ihre Aufgaben allmählich verändert. Anstatt mit jedem Patienten zu sprechen, der in die Klinik kam, machte sie nun Termine mit denjenigen, die in ihr Fachgebiet fielen.

Wahrscheinlich füllten Deakin und einige andere Kollegen die dadurch entstandene Lücke.

„Ich bin froh, dass die Klinik mir gestattet hat, überall dort zu helfen, wo ich kann“, antwortete sie.

„Das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.“ Der Mann gab ihr zum Abschied die Hand. „Noch einmal herzlichen Dank. Darf ich Sie anrufen, wenn nötig? Oder wenn meine Frau oder meine Nachbarn Sie brauchen?“

„Natürlich. Sie haben ja meine Karte. Gehen Sie nach Hause. Reden Sie mit Ihrer Frau. Sagen Sie ihr, was Sie mir gerade erzählt haben. Ich bin sicher, sie wird Sie besser verstehen, als Sie glauben.“

„Ich werde es versuchen.“

„Gut.“ Lea begleitete ihn bis zum Durchgang, wo sie das Seil löste, um ihn hinauszulassen.

Da dies für heute der letzte Patient war, kehrte sie an den Tisch zurück, um ihre Eintragungen in seine Patientenakte zu schreiben. Ob er wiederkommen würde? Vielleicht.

In ihre Notizen vertieft, schrak sie zusammen, als jemand sie ansprach. Als Lea aufblickte, sah sie Deakin, der neben ihrem Stuhl stand. Sie schaute genauer hin. Irgendetwas an ihm war anders. Prüfend betrachtete sie sein Gesicht. Die rechte Seite des Kiefers, wo sein Haar immer einen Schatten warf. Moment mal. Da war kein Schatten mehr.

Das Haar war verschwunden.

Nun ja, nicht ganz, aber deutlich kürzer als zuvor. Dabei hatte sie noch gar keine Chance gehabt, es zu berühren …

Ein seltsames Gefühl regte sich in ihrer Magengrube, und Hitze schoss ihr in die Wangen. Wo kam denn dieser merkwürdige Gedanke her? Und wieso hatte sie das Klicken des Seilhakens nicht mitbekommen? Ihr Gesicht fühlte sich an, als wäre es glühend rot.

„Zum Glück ist gerade kein Patient bei mir.“ Das hörte sich schroffer an als beabsichtigt, weil Deakins verändertes Aussehen sie so überraschte.

Sie musste zugeben, der Schnitt stand ihm gut. Das Haar reichte gerade bis zum Kragen und kräuselte sich unten noch ein kleines bisschen, was an die verschwundenen langen Wellen erinnerte. Der Rest war ordentlich, kurz und … Lea wollte noch immer ihre Finger hindurchgleiten lassen.

Verdammt.

„Ich habe bei Petra nachgefragt. Sie sagte, dass Ihr Patient schon vor einigen Minuten gegangen ist. Störe ich Sie?“, fragte er.

Ja. Aber anders, als er dachte. Seine wilde Erscheinung in der Klinik vor drei Tagen hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Doch dieser neue Deakin – gut aussehend und kultiviert – brachte sie noch viel mehr durcheinander.

Mit einer Handbewegung lud Lea ihn ein, ihr gegenüber Platz zu nehmen. Deakin setzte sich, wobei er einen Fuß über das andere Knie legte.

„Was kann ich für Sie tun?“

Er schlug die Beine wieder auseinander, lehnte sich vor und stützte stattdessen die Ellbogen auf. „Ich glaube, ich muss vielleicht Ihre Dienste in Anspruch nehmen.“

Sie erschrak. „Wie bitte?“ Auf gar keinen Fall würde sie Deakin als Patient annehmen. Nicht solange ihr bei seinem Anblick jedes Mal heiß wurde. „Da wir Kollegen an derselben Klinik sind, wäre es sicher besser, wenn ich Sie an jemand anderen überweisen würde.“

Er erstarrte. „Zum Teufel, doch nicht für mich! Wie kommen Sie denn darauf?“

„Sie haben doch gerade gesagt, Sie müssen vielleicht meine Dienste in Anspruch nehmen.“ Verwirrt sah sie ihn an. „Ich verstehe nicht recht.“

„Na ja, da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt.“ Er presste die Lippen zusammen. „Sie haben mir erzählt, dass Stavros schroff gewesen wäre, als Sie in der Taverna waren.“

Stavros hatte wie ein brummiger alter Mann gewirkt, obwohl er gar nicht so alt war. Er hatte etwas von Kopfschmerzen erwähnt und mehrere Tabletten geschluckt. Aber seine brummige Art war geblieben, bis er schließlich einen seiner Gäste unwirsch angefahren hatte.

„Genau das hat Theo auch gesagt“, fuhr Deakin fort. „Und er macht sich Sorgen um ihn.“

„Ich denke, nach dem Erdbeben sind alle noch etwas nervös. Und es kommen viele Leute zu ihm in die Bar. Es war brechend voll, als ich dort war.“

Deakin nickte. „Vielleicht ist es wirklich nur das. Aber da ich mich heute Abend ein bisschen entspannen und sowieso hingehen wollte, dachte ich, Sie könnten mich eventuell begleiten.“

Lea biss sich auf die Lippen, um zu vermeiden, dass ihr der Mund offenstand. Wollte er etwa ein Date mit ihr?

„Ich dachte, Sie können mir Ihre … äh … professionelle Meinung dazu mitteilen, wenn wir dort sind. Das heißt, falls Sie nichts anderes vorhaben.“

„Meine professionelle Meinung? Soll ich ihm aus der Hand lesen oder mir seinen Kaffeesatz anschauen?“, gab sie leicht gereizt zurück.

„Natürlich nicht.“ Deakin fasste sich ans Kinn, ehe er mit der Hand über seine Narben am Nacken fuhr. Wahrscheinlich war ihm gar nicht bewusst, dass er das tat. „Ich möchte bloß jemanden dabeihaben, der sehen kann, ob er mit den Nachwirkungen des Erdbebens zu kämpfen hat oder ob etwas anderes dahintersteckt. Eine mögliche körperliche Ursache.“

„Manchmal ist es beides.“

„Deshalb hätte ich Sie eben gerne dabei, wenn ich mit ihm rede. Bitte.“

Offensichtlich war der Stavros, den Lea neulich in der Taverna gesehen hatte, nicht derjenige, den die Leute hier kannten. Daher beschloss sie, Deakin zu begleiten. Sie vermutete, es war ihm nicht leichtgefallen, sie um ihre Meinung zu bitten.

„In Ordnung, ich werde Ihnen meine Einschätzung sagen. Aber wenn er keine Hilfe will, kann ihn niemand dazu zwingen, sie anzunehmen.“

„Ich werde ihm nichts vorschlagen.“ Er machte eine Pause. „Aber er ist ein Freund, und ich möchte mich vergewissern, dass es ihm gut geht.“

„Und wenn nicht?“

„Dann schleppe ich Theo, Cailey und jeden, den ich sonst finden kann, mit in die Bar, damit Stavros uns anhört. Wir können ihn vielleicht nicht dazu bringen, uns gegenüber zuzugeben, dass irgendwas nicht stimmt. Aber wir werden ihn auf jeden Fall dazu zwingen, uns anzuhören.“

„Der Eigentümer dieser Taverna kann sich glücklich schätzen“, erwiderte Lea bewundernd. „Nicht jeder hat solche Freunde wie Sie und Theo.“

Mark war immer eher ein Einzelgänger gewesen. Das war eines der Dinge, die sie anfänglich an ihm angezogen hatte. Nach dem Stress des Medizinstudiums war es schön gewesen, in ein ruhiges Zuhause zurückzukommen. Im Rückblick war ihr jedoch klar, dass schon damals die Alarmglocken bei ihr hätten schrillen sollen. Aber Mark hatte einen lockeren und unkomplizierten Eindruck gemacht. Er hatte sich nie mit ihr gestritten und sich nur sehr selten gegen sie gestellt. Außerdem war er ein loyaler und zuverlässiger Gefährte gewesen.

Bis zu dem Tag, an dem alles anders geworden war.

Mark hatte nicht depressiv gewirkt. Er hatte gelächelt, über Leas Scherze gelacht und schien das Leben zu genießen.

Doch es war alles nur gespielt gewesen. Oder hatte sie vielleicht nur das gesehen, was sie sehen wollte?

Wieder einmal wurde sie von ihren Schuldgefühlen derart überwältigt, dass es ihr förmlich den Atem raubte. Um sich davon zu befreien, holte sie so tief Luft, wie es nur ging.

„Stavros ist ein fester Bestandteil unserer Insel. Ich glaube, es gibt eine Menge Leute, die sich für ihn einsetzen würden. Es ist nur so: Nach allem, was ich bisher gesehen habe, ist jeder so damit beschäftigt, seine Versicherungsansprüche zu stellen und das eigene Haus zu reparieren, dass kleine Persönlichkeitsveränderungen bei jemand anderem nicht weiter auffallen.“

Ein scharfer Schmerz durchzuckte Leas Herz. Hatte sie dasselbe bei Mark getan? Die kleinen Hinweise ignoriert, die ihr gezeigt hätten, dass sie hätte handeln sollen? Das würde sie niemals erfahren.

Autor

Sue MacKay
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Tina Beckett
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Annie Claydon

Annie Claydon wurde mit einer großen Leidenschaft für das Lesen gesegnet, in ihrer Kindheit verbrachte sie viel Zeit hinter Buchdeckeln. Später machte sie ihren Abschluss in Englischer Literatur und gab sich danach vorerst vollständig ihrer Liebe zu romantischen Geschichten hin. Sie las nicht länger bloß, sondern verbrachte einen langen und...

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