Julia Bestseller - Penny Jordan 2

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EINE PERFEKTE FAMILIE von JORDAN, PENNY
Ein glanzvolles Familienfest wird für Olivia und ihren attraktiven Verlobten Caspar zum Tanz auf dem Vulkan. Explosive Enthüllungen, schockierende Geständnisse und heiße Flirts zerstören nicht nur das Bild der perfekten Societyfamilie - sondern beinahe auch Olivias Glück …

DIR GEHÖRT MEIN HERZ von JORDAN, PENNY
Ausgerechnet der unwiderstehliche Gareth Simmonds ist Louises neuer Chef in Brüssel. Der Traummann, an den sie einst ihr Herz verlor - und ihre Unschuld. Aber der Schuft stahl sich aus ihrem Bett, verschwand auf Nimmerwiedersehen. Nicht noch einmal, schwört sich Louise…

IRRWEGE ZUM GLÜCK von JORDAN, PENNY
Gerade will Maddy die Scheidung einreichen, als ihr treuloser Ehemann von Jamaica heimkehrt. Offenbar geläutert: Denn Max ist sanft und liebevoll. Schon spürt Maddy, wie ihr Verlangen nach ihm wächst. Doch sie bleibt kühl. Noch traut sie seiner wundersamen Wandlung nicht …


  • Erscheinungstag 10.11.2010
  • ISBN / Artikelnummer 9783863494643
  • Seitenanzahl 447
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

JULIA BESTSELLER – Penny Jordan 2

PROLOG

„Erzähl mir doch noch ein bisschen mehr von deiner Familie und diesem Geburtstag.“

Selbst jetzt, nachdem sie bereits ein halbes Jahr zusammen waren, erregte Olivia der lässig gedehnte Akzent Caspar Johnsons noch immer genauso wie sein hochgewachsener, schlanker, sehr männlicher Körper.

„Pass auf die Straße auf“, mahnte Caspar, als sie den Kopf wandte, um ihm ein kleines Lächeln zuzuwerfen, und fügte weich hinzu: „Und schau mich nicht so an, sonst …“

Sein freimütig geäußertes sexuelles Begehren war nur eins der Attribute, die Caspar in ihren Augen so sehr von all den anderen Männern unterschieden.

„Zu den Geburtstagen“, korrigierte sie ihn und fuhr dann fort: „Im Übrigen habe ich dir das alles schon hunderttausendmal erzählt.“

„Ich weiß“, räumte Caspar bereitwillig ein, „aber ich höre es doch so gern, und noch mehr Spaß macht es mir, dein Gesicht zu beobachten, wenn du von deiner Familie erzählst. Es kommt mir genauso vor wie damals, als du dich gegen eine Karriere als Strafverteidigerin entschieden hast“, neckte er sie. „Du kannst dir noch so viel Mühe geben, nichts von dem, was du denkst, preiszugeben, dein Gesichtsausdruck, vor allem deine Augen, verraten dich immer. Du kannst dich eben einfach nicht verstellen.“

Olivia Crighton verzog missbilligend das Gesicht, aber sie wusste, dass er recht hatte. Sie hatten sich kennengelernt, als sie im Anschluss an ihr Studium ein Seminar in amerikanischem Recht belegt hatte, wo er ihr Tutor gewesen war. Bald hatte sich herauskristallisiert, dass Caspar, der ebenso wie sie selbst aus einer Juristenfamilie stammte, sich genau wie sie entschieden hatte, nicht in die Familienkanzlei einzutreten, sondern seinen eigenen Weg zu gehen. Entschieden … nun, Caspar mochte die freie Wahl gehabt haben, wohingegen sie …

Es gibt noch eine Menge anderer Gründe, weshalb wir so gut zusammenpassen, versuchte sie, sich eilig abzulenken in der Absicht, den eben eingeschlagenen und viel zu gefährlichen Gedankenpfad schnellstmöglich wieder zu verlassen. Schließlich waren sie auf dem Weg zu einer fröhlichen Familienfeier, ganz gewiss nicht der geeignete Moment, um alte Probleme wiederzukäuen – Probleme, die überhaupt nichts mit ihnen beiden zu tun hatten. Sie waren aus ganz anderen Gründen zusammen, die über die Tatsache, dass sie demselben Berufsstand angehörten, weit hinausgingen und viel persönlicherer Natur waren. Das Blut stieg ihr in die Wangen, als sie sich an die gestrige leidenschaftliche Liebesnacht erinnerte.

Es war jetzt bereits über zwei Monate her, seit sie und Caspar beschlossen hatten zusammenzuziehen, eine Entscheidung, die zu bereuen keiner von beiden bisher Grund gehabt hatte – ganz im Gegenteil. Sie hatte ihrer Familie noch nichts davon erzählt, dass sie beabsichtigte, Caspar nach Amerika zu begleiten, wenn sein Lehrauftrag in London ausgelaufen war. Nicht etwa, dass irgendjemand Einwände erheben würde; immerhin war sie als weibliches Familienmitglied leicht entbehrlich, und kein Mensch erwartete von ihr, dass sie zum Gelingen des Familienunternehmens etwas beitrug. Ganz im Gegensatz zu den männlichen Familienmitgliedern, deren Rolle fast vom Moment der Empfängnis bereits festgelegt war.

Caspar konnte sich über diesen Aspekt ihrer Familiengeschichte gar nicht genug amüsieren, er hatte es zuerst gar nicht glauben wollen, dass heutzutage noch derart altmodische Familien existierten. Ihre Kinderstube und die ihrer ganzen Familie war so gänzlich verschieden von seinem eigenen Familienhintergrund. Seine Eltern hatten sich scheiden lassen, als er sechs war, und Olivia hatte sehr bald gespürt, dass er ein Mensch war, dem es nicht leichtfiel, Gefühle zu zeigen, was sein freimütig für sie geäußertes Begehren in ihren Augen noch wertvoller machte.

Sie wusste, dass er sie ebenso liebte wie sie ihn, aber sie waren beide durch leidvolle Erfahrungen in der Kindheit vorsichtig geworden und passten auf, nicht allzu viel von ihren Gefühlen preiszugeben. Olivia war in bestimmten Momenten durchaus klar, dass sie beide – jeder auf seine Art – Angst vor der Liebe hatten, aber eine andere Sache, die sie bereits früh gelernt hatte, war, dass es besser war, manche Dinge nicht allzu genau zu hinterfragen. Quälende Erinnerungen ließ man am besten ruhen und rührte nicht daran.

Bis auf die Tatsache, dass sie Caspar nach Philadelphia begleiten und dort mit ihm leben würde, hatten sie noch keine längerfristigen Pläne gemacht. Was ihre eigene berufliche Karriere anbelangte, würde sie von dem Schritt, nach Amerika zu gehen, wohl kaum profitieren, aber sie und Caspar waren sich einig gewesen, dass das, was sie miteinander verband, wichtig genug war, um ihm eine Chance zu geben. Doch eine Chance wofür? Sich zu etwas Dauerhaftem zu entwickeln oder die Chance zu sterben?

Olivia war sich noch immer nicht sicher, was sie wirklich wollte, und sie hatte den Verdacht, dass es Caspar nicht anders erging. Im Augenblick wussten sie nur, dass sie zusammen sein wollten, und dass ihre Beziehung für sie beide im Moment die oberste Priorität besaß.

„Also, was ist jetzt mit deiner Familie?“, drängte Caspar, der neben ihr auf dem Beifahrersitz ihres kleinen robusten Ford saß – ein Geschenk ihres Großvaters zu ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag. Sie erinnerte sich daran, dass Max, ihr etwa gleichaltriger Cousin, von Gramps zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag einen schnittigen Sportwagen bekommen hatte.

Die Familie … tja, wo sollte sie da anfangen? Bei David und Tiggy, ihren Eltern? Ihren Großeltern Ben und Sarah? Oder ganz am Anfang, bei ihrem von seiner Familie verstoßenen Urgroßvater Josiah, der die Kanzlei in Haslewich gegründet hatte, um für sich und seine von seiner Familie verachteten Frau eine neue Existenz aufzubauen?

„Wie viele Familienmitglieder nehmen an dieser Geburtstagsparty teil?“, riss Caspar sie aus ihren Gedanken.

„Schwer zu sagen. Es hängt davon ab, wie viele der Cousins und Cousinen zweiten Grades sie eingeladen haben. Aber der engste Familienkreis wird natürlich da sein. Gramps, Mum und Dad, Onkel Jon und Tante Jenny, Max, ihr Sohn, und meine Großtante Ruth. Und vielleicht kommen ja auch noch ein paar von der Chesterbande.“

Sie warf einen Blick auf das Autobahnschild, an dem sie vorbeifuhren. „Nur noch ein paar Ausfahrten“, sagte sie, „dann sind wir zu Hause.“

Weil sie sich auf den Verkehr konzentrierte, fiel ihr nicht auf, dass er leicht die Stirn runzelte, als sie „zu Hause“ sagte. Für ihn war zu Hause immer dort, wo er gerade lebte. Aber für sie …

Sie bedeutete mittlerweile schon eine ganze Menge für ihn, diese hübsche, kluge Engländerin. Anders als die Frauen, die er vor ihr kennengelernt hatte, schien sie ihn immer an die erste Stelle zu setzen, und das war sehr wichtig für ihn – ein gerechter Ausgleich für das, was ihm während seiner Kindheit so sehr gefehlt hatte, wo er sich nicht selten wie ein unerwünschtes Paket gefühlt hatte, das vom einen zum anderen geschickt wurde.

Familien … er hegte ein grundsätzliches Misstrauen gegen sie, aber glücklicherweise war dieser Aufenthalt nur von kurzer Dauer, und anschließend würden er und Olivia nach Amerika fliegen, um dort ihr eigenes Leben zu leben – nur sie beide, ganz allein.

1. KAPITEL

„Jon, hast du eine Minute Zeit?“

Jonathon Crighton schaute von der Akte vor ihm auf und runzelte leicht die Stirn, als er sah, dass sein Zwillingsbruder David seine Schulter massierte. „Stimmt irgendwas nicht?“, fragte er.

„Nicht wirklich, es zieht nur ein bisschen. Wahrscheinlich habe ich mir beim Golfspielen am Sonntag eine kleine Zerrung geholt. Ach, dabei fällt mir ein, dass wir beide ja nächsten Monat zum Captain’s Cup runterwollten, aber Tiggy regt sich ein bisschen auf, weil ich wegfahren will, deshalb muss ich möglicherweise passen.“ Nachdem Jonathon genickt hatte, fuhr David fort: „Ich wollte dir eigentlich nur Bescheid sagen, dass ich ein bisschen früher gehe. Wir sind heute Abend bei den Buckletons zum Essen eingeladen, und hier gibt es ja nichts Dringendes mehr.“

Nein, das gab es wirklich nicht, wenn man von den beiden Testamenten, die noch ausgearbeitet werden mussten, ebenso absah wie von der Eigentumsübertragung für die Hawkins-Farm und einer Menge anderer kniffliger Patentrechtsfälle, die in letzter Zeit zunehmend ihren Weg von Davids Schreibtisch auf den seinen fanden, weil David einfach die Zeit fehlte, sich damit zu befassen.

Es war nie geplant gewesen, dass sie beide in die Familienkanzlei einsteigen sollten; David war eigentlich zu Höherem, nämlich zum Strafverteidiger, auserkoren gewesen, und schon lange bevor sie beide die Schule verlassen hatten, redete ihr Vater bereits ständig davon.

Doch all das hatte sich in dem Sommer, als David mit Tiggy nach Haslewich zurückgekehrt war und verkündet hatte, dass sie ein Kind erwarteten, schlagartig geändert. Niemand hatte David jemals mehr daran erinnert, dass er die Hoffnungen seines Vaters auf eine Zulassung als Strafverteidiger enttäuscht hatte, genauso wenig wie die Schulden, die David in London gemacht hatte und für die sein Großvater großzügigerweise aufgekommen war, jemals Erwähnung gefunden hatten oder der verräterisch süße, Übelkeit verursachende Geruch, der durch die Türritzen des Zimmers drang, das David und Tiggy in Queensmead, dem Familiensitz, bewohnten, bevor man für sie ein neues Zuhause gefunden hatte.

Die Arrangements, in die Familienkanzlei einzusteigen, waren schnell getroffen – wenngleich auch nicht als vollwertiger Anwalt, denn dafür war David nicht ausreichend qualifiziert, aber Jon bezweifelte, dass sich heute überhaupt noch irgendjemand daran erinnerte. Als der von seinem Vater bevorzugte Bruder war automatisch klar, dass David in der Firma der Seniorpartner sein würde, was weder Jon noch David niemals infrage gestellt hatten.

Als Jonathon seinen Bruder jetzt anschaute und die ersten unübersehbaren Anzeichen von Schlaffheit in dessen Zügen entdeckte, die Unfähigkeit, seinem, Jons, Blick standzuhalten oder auch, dass Davids ehemals muskelgestählter Körper eindeutig anfing, aus den Fugen zu gehen, bewirkten diese kleinen Unzulänglichkeiten nicht etwa, dass Jon seinen Bruder jetzt weniger liebte, sondern er liebte ihn dafür nur umso mehr. Seine Liebe war von einer Unbedingtheit, die so stark war, dass sie manchmal richtiggehend schmerzte. Allerdings hätte er nicht einmal im Traum daran gedacht, jemals irgendwem davon zu erzählen, und er wusste instinktiv, dass Davids Gefühle ihm gegenüber nicht von der gleichen Intensität waren.

Während Jon seinen Bruder beobachtete, der sich noch immer die schmerzende Schulter massierte, wurde ihm bewusst, dass er automatisch die Bewegungen des Bruders nachahmte, obwohl seine Schulter völlig schmerzfrei war.

„Es sieht ja wohl so aus, als würde sich das Wetter bis zum Wochenende halten“, kommentierte David, während er sich zum Gehen wandte. „Die Frauen werden aufatmen. Ach, übrigens, Max hat mich gestern Abend angerufen. Er kommt morgen von London rauf.“

„Ja“, stimmte Jon zu. Max mochte zwar sein Sohn sein, aber das engere Verhältnis hatte dieser zu David. Jon hegte den Verdacht, dass Max viel lieber David zum Vater gehabt hätte. Die beiden waren sich sehr ähnlich, sie hatten dieselbe extrovertierte Art, dieselben Bedürfnisse, dieselbe Sucht nach Glanz und Ruhm, dieselben Talente – und dieselben Schwächen. Jon runzelte die Stirn. Mit einem Mal musste er daran denken, dass früher, vor langer Zeit, Jenny Davids Mädchen gewesen war.

„Livvy hat sich schon für heute Abend angekündigt“, fuhr David gerade fort und runzelte jetzt ebenfalls die Stirn. „Sie bringt diesen Amerikaner mit. Ich bin mir nicht ganz sicher … hör zu, ich glaube, ich mache mich jetzt besser auf den Weg“, schloss er hastig, als das Telefon zu läuten begann. „Ich habe Tiggy versprochen, rechtzeitig da zu sein, und sie ist sowieso schon völlig durch den Wind, weil ihre Schuhe für Samstag, den Tag der großen Feier, noch nicht da sind … na, du kennst sie ja.“

Max verzog das Gesicht, als die Tür seines Büros ins Schloss fiel. Es war schon fast sechs, und jetzt sah es ganz danach aus, als ob er mindestens noch zwei Stunden Arbeit vor sich hätte. Er warf einen angewiderten Blick auf die Unterlagen, die ihm Bob Ford auf seinen Schreibtisch gelegt hatte.

Es war kein Geheimnis, dass er nicht unbedingt zu den Lieblingen des Kanzleivorstehers gehörte, ein Vermächtnis aus seiner Referendariatszeit, als Bob unglücklicherweise mit angehört hatte, wie er dessen leichtes Stottern nachäffte.

Max zuckte die Schultern.

Er hatte die hochgewachsene und muskulöse Gestalt seines Vaters und seines Onkels geerbt, und die Jahre, während derer er an der King’s School und später in Oxford Rugby gespielt hatte, waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Durch den regelmäßigen Sport hatten sich seine Muskeln in einer Art und Weise entwickelt, auf die er insgeheim sehr stolz war.

Er genoss es, wenn die Frauen ihm aus dem Augenwinkel diskret einen zweiten Blick zuwarfen und ihm manchmal alles andere als diskret ihre Vorschläge unterbreiteten. Ebenso, wie er es genoss, in den Augen seiner Mitspieler den Neid aufflammen zu sehen, wenn er nach einem harten Squash- oder Rugbyspiel unter die Dusche trat. Es verschaffte ihm einen Vorteil, und jeder Vorteil war von Nutzen, wenn es darum ging, im Leben der Sieger zu bleiben, wie Max sehr genau wusste. Und Max hatte vor zu siegen. Er würde sich nicht wie sein Vater mit der Rolle des Zweitbesten zufriedengeben. Nein, Max brauchte sich nur Onkel David anzuschauen, um genau zu wissen, was er wollte.

Er konnte sich zwar nicht mehr erinnern, wann ihm zum ersten Mal aufgefallen war, wie unterschiedlich die Leute seinen Vater und Onkel David behandelten, aber er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er beschlossen hatte, dafür zu sorgen, dass ihn die Leute eines Tages wie seinen Onkel und nicht wie seinen Vater behandeln würden.

Die Erkenntnis, dass es ihm wesentlich lieber gewesen wäre, David zum Vater zu haben, kam erst später. Er genoss es, dass David ihn viel eher wie einen Sohn denn einen Neffen behandelte, und noch mehr genoss er es, dass David ihn ganz offensichtlich seiner eigenen Tochter Olivia, genannt Livvy, vorzog.

Es waren David und sein Großvater gewesen, die ihn vehement unterstützt hatten, als er seine Absicht, Strafverteidiger werden zu wollen, verkündet hatte.

Sein Vater hingegen hatte leise Bedenken angemeldet. „Dafür brauchst du aber einen erstklassigen Abschluss“, hatte er eingewandt. „Das wird nicht leicht werden, vergiss das nicht.“

„Hör auf, den Jungen zu entmutigen“, hatte sein Großvater Ben seinen Vater unterbrochen. „Es wird höchste Zeit, dass wir endlich auch einen Anwalt der Krone in unserem Zweig der Familie haben.“

„Ganz meiner Meinung“, pflichtete Max ihm bei und beschloss, aus der guten Laune seines Großvaters einen Vorteil für sich herauszuschinden, „aber ganz so leicht wird es auch wieder nicht werden. Ein Teilzeitjob ist nämlich nicht drin, solange ich in Oxford studiere, diese Zeit habe ich nicht – nicht wenn ich einen guten Abschluss machen will“, fügte er virtuos hinzu und legte anschließend eine kleine Kunstpause ein. „Und irgendwann werde ich mir wohl oder übel ein neues Auto kaufen müssen …“ Er hielt hoffnungsvoll inne, und ganz wie erwartet enttäuschte ihn sein Großvater nicht.

„Nun, ich bin mir sicher, dass wir da eine Lösung finden. Du bekommst ja noch ein bisschen Geld von deiner Großmutter, und was das Auto anbelangt, hast du nicht bald deinen einundzwanzigsten Geburtstag …?“

Später hatte er mit angehört, wie sich seine Eltern wegen des Vorfalls fast in die Haare geraten wären.

„Daran ist wieder einmal nur David schuld“, hatte er seine Mutter verärgert sagen gehört, „und Max ermuntert ihn auch noch.“

„Ja, ich weiß, aber was soll ich machen?“, hatte sein Vater erwidert. „Und du weißt ja, wie Dad ist.“

Das Problem mit seiner Mutter war, dass sie ständig glaubte, irgendeine eingebildete Moral hochhalten zu müssen, doch zu irgendwas wollte sie eben auch da sein. Immerhin war sie längst nicht so attraktiv wie Davids Frau Tiggy, die zu jener Art von Frau gehörte, bei deren Anblick einem Mann fast die Augen herausfielen. Jener Art von Frau, um die einen andere Männer beneideten. Er konnte sich noch lebhaft erinnern, wie irre das gewesen war, als David und Tiggy einmal statt seiner Eltern zu seinem Schulsporttag gekommen waren.

Der alte Harris, sein Sportlehrer, war knallrot angelaufen und hatte sich benommen wie ein Idiot, als Max ihn Tiggy vorgestellt hatte.

Auch konnte er sich noch gut erinnern, wie sein Vater und seine Mutter an einem Schulfest teilgenommen hatten, und wie wütend und beschämt er sich beim Anblick des dicken Bauches seiner Mutter gefühlt hatte. Mit vierzig Jahren war seine Mutter noch einmal schwanger mit seinem kleinen Bruder Joss geworden. Sie hatte kein Recht, in ihrem Alter … Sie machte sich zum Gespött der Leute und ihn mit dazu.

Bei dem Gedanken an seine Eltern presste Max die Lippen ganz fest zusammen, seine Mutter schaute ihn manchmal so komisch an …

Seine Mutter musste verrückt sein, wenn sie sich einbildete, er würde eines Tages so enden wie sein Vater, ein Mann, der immer nur die zweite Geige spielte, für ein zweitklassiges Gehalt in einem zweitklassigen Familienunternehmen in einer zweitklassigen Stadt arbeitete. Ohne Onkel David mit seiner charismatischen Ausstrahlung wäre die Kanzlei schon vor Jahren vor die Hunde gegangen. Nur weil sein Onkel einen blöden Fehler gemacht hatte und …

Es war ein Fehler, den Max nicht wiederholen würde. Oh, er hatte auch vor, Spaß im Leben zu haben, und das nicht zu knapp, aber ebenso würde er aufpassen, dass er nicht in dieselbe Falle tappte wie sein Onkel.

Deshalb hatte Max dafür gesorgt, dass er Oxford mit einem guten Abschluss verließ, um schließlich in einer angesehenen Kanzlei unterzukommen.

„Noch immer hier, alter Junge? Ich dachte eigentlich, du wolltest heute früher Schluss machen.“

Max verspannte sich, als Roderick Hamilton sein Zimmer betrat. Roderick war seit etwas über zwölf Monaten sein Vorgesetzter. Sie waren zur selben Zeit in Oxford gewesen, hatten jedoch nicht in denselben Cliquen verkehrt; Rodericks Eltern waren sehr wohlhabend und verfügten über einflussreiche Beziehungen. Sein Onkel war der Senior dieser angesehenen Kanzlei, was zweifellos der Grund dafür war, dass er seinem Neffen nach Abschluss des Referendariats eine frei gewordene Soziusstelle angeboten hatte, während man Max nur vorübergehend Unterschlupf gewährte, bis sich auch für ihn die Möglichkeit, irgendwo in eine Kanzlei einzusteigen, bieten würde.

Max hatte nie das Bedürfnis verspürt, sich Freunde zu machen; seine Kommilitonen waren Konkurrenten, Hindernisse, die überwunden werden mussten, aber Roderick verabscheute er aus tiefstem Herzen.

„Mmm … der Wilson-Brief. Echtes Pech“, bemerkte Roderick mitfühlend, während er eine Unterlage von Max’ Schreibtisch nahm, einen Blick darauf warf und sie anschließend wieder hinlegte. „Schade, dass du keine Zeit hast am Wochenende“, fügte er dann hinzu. „Ma schmeißt eine Party für meine Schwester und hat mich gefragt, ob ich nicht noch ein paar nette Jungs auftreiben kann.“

Max hob den Blick nicht von den Akten, die er zu studieren vorgab. Keine Frage, Roderick versuchte, sich über ihn lustig zu machen; es war völlig undenkbar, dass Rodericks Mutter bei dem sorgfältig geplanten Ball mit den handverlesenen Gästen, der dazu diente, ihre Tochter in die Gesellschaft einzuführen, einen Gast akzeptieren würde, der nicht schon seit Monaten auf ihrer Gästeliste stand.

„Zweifellos wirklich verdammt schade“, gab er zurück, ohne Roderick eines Blickes zu würdigen. „Aber dieses Wochenende feiern mein Vater und mein Onkel ihren fünfzigsten Geburtstag.“

„Ah, sag mal, du hast doch sicher schon von dem alten Benson gehört, vermute ich“, bemerkte Roderick, womit er fraglos auf den eigentlichen Grund seines „Besuchs“ zu sprechen kam.

Obwohl Max damit gerechnet hatte, konnte er spüren, wie sich sein Körper anspannte in der Anstrengung, die Wut, die schon den ganzen Tag über in ihm kochte, im Zaum zu halten.

„Ja, hab ich“, stimmte er zu.

„Wenn er geht, wird in der Kanzlei eine Soziusstelle frei“, teilte Roderick ihm unnötigerweise mit.

„Ich weiß“, erwiderte Max in neutralem Ton, nur um etwas zu sagen.

„Hast du vor, dich zu bewerben?“

Max konnte deutlich spüren, wie ihm unaufhaltsam die Zügel entglitten. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Dann würde ich es an deiner Stelle aber schleunigst tun, alter Freund“, warnte Roderick ihn. „Man kommt heute nicht mehr so ohne Weiteres in eine Kanzlei rein, und ich habe gehört, dass die Interessenten bereits Schlange stehen. Was dich allerdings nicht hindern sollte, ebenfalls dein Glück zu versuchen. Immerhin hast du dein Referendariat hier gemacht und arbeitest jetzt schon seit … lass mich überlegen … einem guten Jahr hier, stimmt’s? Himmel, wo ist bloß die Zeit geblieben … na, ich glaube, ich werd jetzt mal besser gehen, ich habe Ma versprochen, ihr heute Abend zu helfen. Viel Spaß noch mit dem Wilson-Brief“, fügte er gedehnt hinzu, während er bereits auf den Flur hinausging.

Max wartete, bis er sich sicher sein konnte, dass Roderick wirklich gegangen war, bevor er das Schreiben, das er eben gelesen hatte, zusammenknüllte und mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, in die am weitesten entfernte Ecke des Zimmers feuerte. Verfluchter Roderick, er sollte sich zum Teufel scheren, und sein gottverdammter Onkel gleich mit dazu.

Es war jetzt mehr als acht Monate her, seit Max zum ersten Mal das Gerücht zu Ohren gekommen war, dass man Clive Benson eine Richterstelle angeboten hatte. Es war in Chester gewesen, als er den Chester-Zweig der Familie besucht hatte; immerhin musste man in diesem Geschäft alle Quellen ausschöpfen, die einem zugänglich waren. Und seitdem hatte er sich abgestrampelt wie nie in seinem Leben, um nur alles richtig zu machen und so sicherzustellen, dass er die freie Stelle bekam, wenn es so weit war.

Am vergangenen Mittwochmorgen, als die Sekretärin ihn zu einer Besprechung zum Senior gerufen hatte, war Max insgeheim davon ausgegangen, jetzt offiziell von der frei werdenden Stelle unterrichtet zu werden, und er hatte damit gerechnet, zu hören, dass man sie ihm anbieten würde.

Stattdessen hatte er nach viel Herumdruckserei und Räuspern zu hören bekommen, dass man sich nach langer Diskussion unter den Partnern entschieden hätte, es sei an der Zeit, sich an die Regeln gegen Frauendiskriminierung zu halten, und dass man es zumindest in Erwägung zöge, eine Anwältin mit in die Kanzlei hineinzunehmen. Was allerdings nicht heißen solle, dass die Entscheidung bereits gefallen sei, wurde Max nachdrücklich versichert. Man würde alle Gesichtspunkte im Auge behalten, und die Qualifikation und Verdienste aller Bewerber würden entsprechend gewürdigt werden, selbstverständlich.

„Selbstverständlich“, hatte Max zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen, aber er wusste doch genau, was das, was er eben gehört hatte, bedeutete, und Roderick wusste es nicht minder. Wie sollte er es auch nicht wissen?

Es war jetzt zu spät für Max, sich zu wünschen, seinem Großvater gegenüber den Mund weniger voll genommen zu haben; es war noch nicht lange her, da hatte er herumgetönt, die aller Wahrscheinlichkeit frei werdende Teilhaberstelle praktisch schon in der Tasche zu haben. Es wurde auch höchste Zeit, weil Gramps langsam ungeduldig wurde, dass er nach mehr als einem Jahr noch immer nur auf Angestelltenbasis arbeitete. Zu seiner Zeit wäre so etwas unvorstellbar gewesen, man machte sein Referendariat, und anschließend begann man sofort, als gleichwertiger Partner in einer Kanzlei zu arbeiten. Aber die Zeiten hatten sich geändert, und Teilhaberstellen waren nicht mehr so leicht zu bekommen.

Max hatte im letzten Jahr jeden Mist gemacht, den sie ihm auf den Schreibtisch geknallt hatten. Nur indem er ganz fest die Zähne zusammengebissen hatte, war es ihm gelungen, den manchmal fast überwältigenden Drang zu bekämpfen, ihnen ihren Kram vor die Füße zu schmeißen und ihnen zu sagen, dass sie sich zum Teufel scheren sollten.

Er hatte sich ausbeuten lassen bis aufs letzte Hemd, und was hatte er davon, wenn er jetzt nicht in die Kanzlei einsteigen konnte? Gut, er könnte natürlich immer noch in die Industrie gehen; dort würde er zumindest ein angemessenes Gehalt beziehen. Aber er hatte sich schon lange gegen eine Laufbahn als Firmenanwalt entschieden, weil er wusste, dass Onkel David und sein Großvater alle Hoffnungen auf ihn setzten. Beide erwarteten von ihm, dass er eine große Karriere als Strafverteidiger machte, an deren Ende die Berufung zum Richter stehen sollte. Und das war etwas, das er sich für sich selbst auch erhoffte.

Er wollte es, ja, er hungerte förmlich danach, ersehnte es sich aus tiefstem Herzen, und bei Gott, er würde es auch schaffen, und weder eine Frau noch ein Antidiskriminierungsgesetz würden sich ihm bei der Erreichung dieses Ziels in den Weg stellen.

Es gab nur einen einzigen Weg, mit der Situation jetzt klarzukommen, und Max kannte ihn genau, aber zuerst musste er herausfinden, um wen es sich bei der hoffnungsvollen Kandidatin für die freie Stelle handelte. Die Frage war nur, wie.

Max grübelte noch immer darüber nach, welchen Kurs er am besten einschlagen sollte, als er zwei Stunden später in sein Auto stieg und gen Norden bretterte.

„So, hier wären wir. Das ist mein Zuhause.“

„Sehr beeindruckend“, brummte Caspar, während Olivia den Wagen zum Stehen brachte und sich in ihrem Sitz umdrehte, um ihn anzuschauen.

„Ach, da ist ja Tiggy“, verkündete sie, als sie sah, wie die Haustür aufging und ihre Mutter heraustrat, um sie zu begrüßen.

Caspar sagte nichts, als er sich umwandte, um einen ersten Blick auf Olivias Mutter zu werfen. Dass sie ihre Mutter bei deren Spitznamen nannte, war nichts Ungewöhnliches in der Gesellschaftsschicht, in der er aufgewachsen war, aber ein ganz bestimmter Unterton, der sich stets in Olivias Stimme einschlich, wenn sie von ihrer Mutter sprach, veranlasste ihn, sich Tiggy Crighton genauer anzusehen.

Rein körperlich betrachtet waren sich Mutter und Tochter sehr ähnlich; Olivia hatte die Schönheit von ihrer Mutter geerbt einschließlich der hohen Wangenknochen. Doch im Gegensatz zu der Schönheit ihrer Mutter, die auf eine seltsame Weise leer wirkte, hatte Olivia eine starke persönliche Ausstrahlung, die es fast unwichtig erscheinen ließ, dass sie schön genug war, um einem Mann den Atem stocken zu lassen. Neben ihrer Tochter wirkte Tiggy wie ein hübsches, aber nichtssagendes Gemälde.

Caspars erste Regung beim Anblick von Olivias Mutter war Enttäuschung. Warum das?, fragte er sich, während er ausstieg und darauf wartete, dass Olivia sie miteinander bekannt machte. Was hatte er erwartet … was erhofft, falls er sich überhaupt etwas erhofft haben sollte? Vielleicht hatte er gehofft, dass sich ihre Mutter – trotz des sorgfältig neutralen Tons, den Olivia stets anschlug, wenn sie von ihrer Mutter sprach – als mehr oder weniger dasselbe herausstellen würde, was ihre Tochter war.

„Livvy, Darling … endlich … Oh Liebes, schau doch bloß … deine Nägel, und deine Haare! Und diese Jeans …! Oh Darling …“

„Tiggy, das ist Caspar“, unterbrach Olivia ihre Mutter ruhig. „Caspar, das ist meine Mutter.“

„Tiggy, Sie müssen mich unbedingt Tiggy nennen“, verkündete sie in dem leicht atemlosen Tonfall, den – wie sie wusste – so viele Männer so unglaublich sexy fanden. „Kommt rein. Es tut mir leid, aber dein Vater und ich sind gerade am Gehen“, sagte sie zu Olivia, während sie sie ins Haus drängte. „Wir sind bei den Buckletons zum Dinner eingeladen …“

Der Parkettboden war auf Hochglanz gewienert, und Caspar hatte im ersten Moment das Gefühl, einen Blumenladen zu betreten. Überall standen riesige Bodenvasen und Schalen mit kunstvollen Blumenarrangements herum, auf einem runden, ebenfalls auf Hochglanz gebrachten großen Tisch in der Mitte des Zimmers, auf den beiden kleinen Tischchen, die vor zwei imposanten georgianischen silbergerahmten Spiegeln standen.

„Ich finde Blumen schrecklich wichtig“, hörte er Tiggy neben sich sagen, als sie bemerkte, wie er seine Umgebung aufmerksam studierte. „Sie machen ein Haus gleich viel lebendiger und verwandeln es in ein Heim“, plapperte sie atemlos weiter, und dann: „Oh Jack, nein, untersteh dich, dieses Tier hier reinzubringen. Nimm die Hintertür. Du kennst die Regeln.“

Caspar runzelte die Stirn, als er einen etwa zehnjährigen Jungen in Begleitung eines etwas übergewichtigen Golden Retriever in der Tür, die noch immer offen stand, auftauchen sah.

„Nun, wenn ihr gerade am Gehen seid, lasst euch von uns nicht aufhalten“, hörte er Olivia zu ihrer Mutter sagen. „Ich nehme an, dass wir in meinem Zimmer schlafen. Wir …“

„Oh Liebes … Schätzchen, es tut mir schrecklich leid, darüber wollte dein Vater ganz kurz mit dir reden. Nicht, dass es uns etwas ausmachen würde, natürlich, aber dein Großvater … du weißt doch, wie altmodisch er ist und wie viel Wert er darauf legt, was die Leute von ihm denken. Dein Vater befürchtet einfach, dass er nicht allzu begeistert sein wird von dir und Caspar … na ja, vor allem, weil doch die Chester-Familie auch kommt, und dein Vater …“

„Versuchst du, mir zu sagen, dass ihr von Caspar und mir erwartet, dass wir in getrennten Zimmern schlafen?“, unterbrach Olivia ihre Mutter ungläubig. „Aber das ist doch …“ Sie schüttelte den Kopf, ihre Augen verdunkelten sich vor Ärger, und ihre Stimme nahm einen schroffen Ton an. „Nein, das kommt ja gar nicht …“

Caspar berührte sie leicht am Arm. „Es ist schon okay, ich verstehe. Getrennte Zimmer sind in Ordnung“, sagte er leichthin zu Tiggy.

Olivia schüttelte den Kopf und warf ihm einen bedauernden Blick zu. Die Intensität ihrer Liebe zu ihm machte ihr manchmal ein bisschen Angst. Liebe war ein Wort, das man bei ihr zu Hause sehr oft im Munde führte, was jedoch das Gefühl selbst anbelangte, war sie sich nicht ganz sicher, ob sie es richtig verstand – sie wusste nur, dass es sie verletzlich und wachsam machte.

Sie war ihm praktisch vom ersten Augenblick an hoffnungslos verfallen gewesen. Und welcher Frau wäre es anders ergangen? Über einsachtzig groß, mit breiten muskulösen Schultern, hatte er von einem indianischen Vorfahren die kantigen Gesichtszüge geerbt zusammen mit dem bronzefarbenen Teint und – das war das Bezwingendste von allem – schwarzen Haaren und dunkelblauen Augen.

Olivia war in seinen Vorlesungen nicht in der Lage gewesen, den Blick von ihm abzuwenden – und anderen war es nicht anders ergangen. Als er sie gefragt hatte, ob sie Lust habe, mit ihm auszugehen, wäre sie fast in Ohnmacht gefallen, aber sie war zumindest noch imstande gewesen, klar genug zu denken, für ihr erstes Rendezvous einen belebten Ort vorzuschlagen, um der Versuchung – falls sie denn auf sie zukommen sollte –, schnurstracks mit ihm ins Bett zu gehen, widerstehen zu können.

Die Versuchung kam, und sie widerstand ihr nicht, aber Sex war nicht alles, was sie voneinander wollten.

Oh ja, sie hatte ihn begehrt, ganz richtig – und sie tat es noch immer – doch jetzt liebte sie ihn sowohl mit dem Verstand als auch mit dem Herzen. Er war ihr Liebhaber, ihr Mentor, ihr bester Freund … ihr Ein und Alles, und sie konnte sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen, es war ihr schleierhaft, wie sie all die vielen Jahre ohne ihn hatte leben können, und irgendwie wusste sie, dass er eine schmerzhaft klaffende Lücke hinterlassen würde, wenn er eines Tages nicht mehr da wäre.

Er war ihre Welt; durch ihn wurde sie erst zu einem ganzen Menschen, und doch fiel es ihr schwer, ihm zu sagen, wie viel er ihr bedeutete. Das war weitaus schwieriger, als ihm zu sagen, was für eine Wirkung er in körperlicher Hinsicht auf sie ausübte, denn Olivia war Gefühlen gegenüber sehr misstrauisch, sie konnte sie nur sehr schwer zulassen und noch schwerer zeigen. Ihre Mutter war sehr gefühlvoll, das sagte jeder, weshalb sie – auch darüber war man sich mehr oder weniger einig – besondere Rücksichtnahme verdiente.

Schon als Kind war sich Olivia dieser Sonderstellung sehr deutlich bewusst gewesen, die ihre Mutter aufgrund ihrer Empfindsamkeit einnahm, und die immer auf Kosten anderer Menschen zu gehen schien. Alle anderen mussten stets gesunden Menschenverstand beweisen und ihre Gefühle im Zaum halten, als ob man auf diese Weise versuchte, die Hochs und Tiefs der Mutter auszugleichen.

„Du versetzt mich wirklich in Erstaunen“, hatte Caspar ihr einmal gesagt, nachdem sie Wochen damit verbracht hatte, nach einem bestimmten Buch zu fahnden, von dem sie wusste, dass er es sich wünschte, um es ihm dann beiläufig auf den Schreibtisch zu legen. „Du machst so etwas, aber mir zu sagen, dass du mich liebst, schaffst du einfach nicht.“

„Du weißt, dass ich es tue“, hatte sie erwidert.

„Ja“, pflichtete er ihr lachend bei, „trotzdem wäre es nett, es auch einmal aus deinem eigenen Mund zu hören.“

„Ich weiß“, gestand Olivia, aber sie hatte sich dennoch nicht überwinden können, den kleinen Satz zu sagen … und sie konnte es bis heute nicht, nicht einmal in den leidenschaftlichsten Augenblicken.

„Ich kann es immer noch nicht fassen“, sagte sie fünfzehn Minuten später zu ihm, nachdem ihre Eltern das Haus verlassen hatten und ihr Bruder Jack zu einem Freund gegangen war. Sie war eben aus ihrem alten Zimmer in den kleinen Raum unter dem Dach gekommen, wo Caspar seinen Koffer auspackte. „Sie hätten dir wenigstens das Zimmer neben meinem geben können.“

„Es ist doch nur für ein paar Tage“, erinnerte Caspar sie und fügte neckend hinzu: „Und mir macht es nichts aus, im Gegenteil, ich freue mich schon jetzt darauf, endlich mal wieder allein schlafen zu können. Weißt du eigentlich, dass du dich im Schlaf ständig herumwälzt?“, erkundigte er sich scherzhaft betrübt. „Es ist schon Monate her, seit ich zum letzten Mal richtig geschlafen habe.“

„Genau zwei Monate, sechs Tage und … acht Stunden“, gab Olivia liebevoll zurück und zählte die Stunden an ihren Fingern ab, während Caspar sie angrinste. „Es ist völlig lächerlich, dass Mum und Dad von uns erwarten, dass wir in getrennten Zimmern schlafen“, fuhr sie fort und setzte sich auf das Fußende des schmalen Betts.

Caspar hatte zu seinem Bedauern bereits feststellen müssen, dass das Bett auf jeden Fall zu kurz für ihn war, und trotz seiner gegenteiligen Behauptung wusste er schon jetzt, dass ihm Olivia schrecklich fehlen würde. Und das nicht nur wegen dem Sex. Deswegen am allerwenigsten.

Er war zweiunddreißig Jahre alt und hatte bereits vorher guten Sex gehabt, doch der Unterschied zu jetzt lag darin, dass er zuvor noch nie richtig verliebt gewesen war, nie geliebt hatte, dass er sich gar nicht hatte vorstellen können, dass es diese Art Liebe, wie er sie jetzt mit Olivia erfuhr, überhaupt gab. Er hatte als Kind mit ansehen müssen, wie seine Eltern von einer Partnerschaft in die andere gestolpert waren, ein Umstand, der ihn vorsichtig gemacht hatte. Er hatte es geschafft, nicht in die Falle einer von Anfang an zum Scheitern verurteilten Frühehe zu tappen, und war davon ausgegangen, dass er irgendwann in den Dreißigern heiraten würde, was ihm und seiner Partnerin dann noch genug Zeit geben würde, sich für Kinder zu entscheiden, falls beide es wollten.

„Es ist ja nur, weil mir das alles so verdammt verlogen vorkommt“, beschwerte sich Olivia. „Das ist es, was mich so wütend macht. Es ist immer wieder dasselbe. Gramps braucht nur die Stimme leicht zu erheben, dann stehen sie alle stramm.“

„Vom moralischen Standpunkt aus betrachtet …“, begann Caspar, aber Olivia schüttelte den Kopf.

„Das hat mit Moral überhaupt nichts zu tun. Gramps will einfach nur, dass alle Welt nach seiner Pfeife tanzt. Er interessiert sich nicht die Bohne für mein Seelenheil“, erklärte sie wütend. „Das hat ihn nie interessiert. Nur wenn ich ein Junge gewesen wäre …“ Sie brach ab und schüttelte ein zweites Mal den Kopf; um ihre Lippen spielte ein bedauerndes Lächeln. „Da siehst du es, ich bin kaum hier, und schon fängt es an. Dabei habe ich mir bei meinem Weggang von zu Hause geschworen, diesen ganzen Mist hinter mir zu lassen.“

„Du hast aber selbst gesagt, dass du keine Lust gehabt hättest, in die Familienkanzlei einzusteigen“, erinnerte er sie.

„Ja, ich weiß“, räumte sie ein. „Allerdings wäre es mir entschieden lieber gewesen, ich hätte die Wahl gehabt. Gramps und Dad haben alles getan, um mich davon abzubringen, Jura zu studieren. Tante Jen war die Einzige, die mich unterstützt und ermutigt hat. Oh, und Tante Ruth natürlich. Du wirst sie beide mögen, und Onkel Jon auch.“

„Den Zwillingsbruder deines Vaters?“

„Mmmm … obwohl sie sich eigentlich gar nicht ähnlich sind – bis auf das Äußere natürlich, Onkel Jon ist …“ Sie hielt mitten im Satz inne.

„Was ist Onkel Jon?“, drängte Caspar, aber Olivia schüttelte nur den Kopf.

„Ich kann es nicht richtig erklären. Du wirst es selbst sehen. Es ist immer irgendwie, als stände er im Schatten – in Davids Schatten – und doch …“

Wieder unterbrach sie sich und zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. „Er scheint sich ständig zurückzunehmen und Dad den Vortritt zu lassen. Er stellt David auf ein Podest, genau wie alle anderen auch. Aber Gramps ist am schlimmsten. Alles dreht sich um Dad und Tiggy, und doch kommen mir die beiden manchmal fast unwirklich vor, wie Pappfiguren …“ Sie erschauerte leicht.

„Früher als Kind hat mich dieser Gedanke richtig erschreckt, und ich habe mich gefragt, warum ich die Einzige bin, die es sieht.“ Sie verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. „Du hast ja vorhin selbst gehört, was Tiggy über Blumen gesagt hat und dass sie ein Haus erst richtig wohnlich machen. Alle Leute bewundern den guten Geschmack meiner Mutter und brechen in Begeisterungsrufe über die Einrichtung hier aus, und zugegeben, es ist ja wirklich alles perfekt, aber es ist kein Zuhause. Tante Jennys Haus ist ein Zuhause. Hier komme ich mir immer vor wie … auf einem Filmset … oder in einem Musterhaus, die richtigen Möbel, die richtigen Farben, die richtigen Blumen.“ Wieder verzog sie missbilligend das Gesicht.

„Ursprünglich war es Gramps’ größter Wunsch, dass Dad sich zum Strafverteidiger qualifiziert, weißt du, aber irgendetwas ging schief. Ich habe nie genau erfahren, was vorgefallen ist. Tiggy hat mir immer nur ihre Version der Geschichte erzählt – wie sie sich kennengelernt haben, dass er in einer Band gespielt und sich auf den ersten Blick in sie verliebt hat. Sie haben in Caxton Hall geheiratet – das war damals Mode. Tiggy war bereits schwanger mit mir, was laut Tiggy der Grund dafür war, dass sie sich entschieden haben, nach Haslewich zu ziehen. Dad wollte angeblich, dass seine Kinder hier aufwachsen, weshalb er – noch immer Originalton Tiggy – seine Pläne, sich als Strafverteidiger zu qualifizieren, aufgab … Das ist zumindest das, was mir immer erzählt wurde, und Gramps hat es mir wohl nie verziehen, dass ich sozusagen die Karriere meines Vaters zerstört habe. Er hätte so wahnsinnig gern einen Anwalt der Krone in der Familie gehabt.“

„Aber hast du mir nicht erzählt, dass es einen gab? Deinen Großonkel Hugh?“

„Richtig, Hugh war Kronanwalt“, stimmte Olivia zu. „Er wurde letztes Jahr sogar zum Richter ernannt, aber Hugh gehört nicht richtig zur Familie, zumindest für Gramps nicht. Er ist nur sein Halbbruder. Gramps Vater Josiah hat nach dem Tod seiner ersten Frau noch einmal geheiratet, und aus dieser Ehe stammt Hugh.

Obwohl Gramps das niemals zugeben würde, bin ich überzeugt davon, dass er immer ein bisschen eifersüchtig auf Hugh war. Ellens Familie war sehr wohlhabend, und Gramps Vater war – zumindest nach allem, was Tante Ruth erzählte – Hugh gegenüber stets großzügiger als ihnen beiden.

Ellens Familie hat Hugh das Studium finanziert, während Gramps die Familienkanzlei übernehmen musste – außer ihm gab es niemanden, der das tun konnte. Ich habe den Verdacht, er ist noch immer enttäuscht, dass Dad kein Strafverteidiger geworden ist, und deshalb setzt er jetzt alle Hoffnungen in Max.“

„Ah, Max.“

„Du kannst ihn nicht leiden, stimmt’s?“, fragte Olivia.

„Du etwa?“, gab Caspar trocken zurück.

„Wir waren uns noch nie sehr zugetan, schon als Kinder nicht. Oh, ich weiß, dass alle denken, ich sei nur eifersüchtig, weil Max Dads Liebling ist, doch das ist nicht wahr. Ich finde ihn einfach nur nicht sonderlich liebenswert. Aber mit dieser Ansicht stehe ich natürlich allein auf weiter Flur. Tiggy findet ihn wundervoll. Er flirtet schrecklich mit ihr, und sie merkt gar nicht, dass er sich insgeheim nur lustig über sie macht. Wahrscheinlich fängt sie mit dir auch irgendwann an zu flirten. So ist sie nun mal, sie kann nichts dafür.“

Olivia machte eine Pause, in der sie nach den richtigen Worten suchte, um diese Schwäche ihrer Mutter zu erklären, doch dann gab sie es auf und sagte stattdessen ruhig: „Manchmal, wenn ich sehe, wie Tante Jenny Max beobachtet, werde ich den Verdacht nicht los, dass sie ihn auch nicht sonderlich mag, aber das täuscht natürlich, immerhin ist sie ja seine Mutter, und Mütter lieben ihre Kinder immer.“

„Tun sie das wirklich?“, fragte Caspar trocken. „Da bin ich mir gar nicht so sicher. Was jedoch mit Sicherheit nicht stimmt, ist, dass Kinder ihre Eltern in jedem Fall lieben. Man hört ja immer wieder von Jugendlichen, die ihre Eltern umbringen.“

„Mmmm … ich habe kürzlich von einem Fall gelesen …“

Und damit waren sie mittendrin und begannen über die Straftat, die Olivia eben erwähnt hatte, zu fachsimpeln.

Verstrickt in eine angeregte Unterhaltung, ist sie noch schöner, musste Caspar, der sie nicht aus den Augen ließ, einräumen. Am schönsten jedoch war sie, wenn sie in seinen Armen lag, ihn anschaute und sich ihm mit Leib und Seele hingab.

„He, Caspar“, beschwerte sie sich, als sie merkte, dass ihre Ausführungen nicht seine volle Aufmerksamkeit hatten, „was treibst du denn da?“

„Nur die Matratze testen“, erklärte er.

„Warum?“

„Na, was glaubst du“, gab er weich zurück und wandte sich zu ihr um, um sie zu küssen, bevor er fragte: „Was meinst du, wie viel Zeit wir haben, bis deine Eltern wieder zurück sind?“

„Mein Bett ist breiter“, flüsterte Olivia zwischen zwei Küssen.

„Mmmmh …“, murmelte er abgelenkt und saugte an ihrem weichen Hals. „Du kannst es mir später zeigen.“

Er gab ein lustvolles Aufstöhnen von sich, während er ihr die Träger ihres Tops von den Schultern streifte und anschließend begann, erst die eine und dann die andere Knospe mit seiner Zungenspitze zu liebkosen, wobei er spürte, wie sie vor Verlangen erschauerte.

Er konnte sich noch genau an das erste Mal erinnern, als sie in seinen Armen vor Lust erschauert war, unfähig, ihre Erregung vor ihm zu verbergen. Allein der Gedanke daran entfachte das Feuer in seinen Lenden.

„Wir haben … nicht einmal … zu Mittag gegessen“, keuchte Olivia zwischen zwei Küssen.

„Mmmm … wer braucht schon Mittagessen? Ich verspeise lieber dich stattdessen“, flüsterte Caspar.

Olivia schloss die Augen; sie liebte es, wenn Caspar das Liebesspiel mit Worten begleitete. Er hatte eine unvergleichliche Art, seine Gefühle und seine Lust zu zeigen, die – typisch Caspar – köstlich erotisch und anrührend komisch zugleich war, und fast immer wurde Olivia, noch während sie lachte, ganz unerwartet von ihrem Verlangen übermannt. Er schien nur auf diesen Augenblick gelauert zu haben, auf diese Sekunde, diesen winzigen Moment zwischen zwei Herzschlägen, wo sich ihr Lachen in Begehren verwandelte und ihre Lust auf ihn alles andere in den Schatten stellte. Genau, wie es jetzt auch wieder war.

„Caspar“, flehte sie, während sie ihre Finger tief in sein dichtes schwarzes Haar grub, seinen heißen Atem an ihrem Hals spürend, wo er sie mit seiner Zungenspitze liebkoste.

„Mmmm …?“, neckte er sie, obwohl er ganz genau wusste, was dieses dringende Zerren an seinem Haar bedeutete.

Zur selben Zeit saß Jenny allein mit ihrem Mann in der Küche, nachdem die gemeinsamen Kinder, Joss und die Zwillinge Louise und Katie, bereits vom Tisch aufgestanden waren.

„Du siehst müde aus“, stellte Jenny leise fest, nachdem sie schließlich mit ihrem Ehemann allein war.

„Bin ich aber eigentlich gar nicht. Es ist nur, weil … na ja, diese Mammutparty zu meinen Ehren bringt es an den Tag, dass wir nicht jünger werden.“

Jenny sagte nichts darauf; sie wusste sehr gut, auf wessen Schultern die Hauptlast der Arbeit, die in der Kanzlei anfiel, lastete. Ebenso wusste sie jedoch, dass jeder Versuch ihrerseits, sich dagegen aufzulehnen, im Keim erstickt werden würde mit denselben höflichen, aber entschiedenen Worten, die Jon stets gebrauchte, wenn es darum ging, seinen Zwillingsbruder gegen jedwede Anwürfe zu verteidigen.

In den ersten Jahren ihrer Ehe war ihr das Wissen, dass es immer jemanden gab, der vor ihr kam, manchmal fast unerträglich erschienen, sie glaubte, es kaum aushalten zu können, dass seine Loyalität und seine Liebe für seinen Zwillingsbruder für Jon stets an erster Stelle standen und erst danach die Gefühle, die er ihr entgegenbrachte, eine Rolle spielten. Doch in diesen Fällen hatte sie sich vor Augen gehalten, dass es eben genau diese Loyalität war, die Jon auszeichnete und ihn zu jenem Menschen machte, der er war, zu jenem Ehemann, der er war, und zu jenem Vater …, und dann hatte sie sich gesagt, dass sie nicht in dieselbe Falle tappen durfte wie manche andere, indem sie an Jon Maßstäbe anlegte, denen er nicht gerecht werden konnte, einfach deshalb, weil er eben ganz anders war. In ihrer Ehe zumindest sollte er die Möglichkeit haben, er selbst zu sein, wenn er es sonst schon nicht konnte. Sie verdankte ihm so vieles. So vieles und noch viel, viel mehr. So viel mehr …

2. KAPITEL

„Vielen Dank, Mr. Thompson, es sieht alles sehr hübsch aus. Und Sie kommen dann gleich morgen früh, um den Rest fertig zu machen?“, erkundigte sich Jenny bei dem Chef des Teams, das gegen Mittag nach Queensmead gekommen war und das Festzelt aufgestellt hatte.

„Morgen Punkt acht stehen wir auf der Matte, Sie können sich auf uns verlassen“, versicherte der Vorarbeiter der Firma, die die Festzelte vermietete und aufstellte, Jenny.

„Und bis zwölf sind alle Tische und Stühle aufgestellt?“, vergewisserte sie sich.

„Alle“, bestätigte er.

„Es sieht absolut wundervoll aus“, äußerte Olivia begeistert, nachdem sich der Vorarbeiter abgewandt hatte, um seine Leute zusammenzutrommeln.

Olivia und Caspar waren gerade in dem Moment bei ihr zu Hause aufgekreuzt, als Jenny beschlossen hatte, wieder nach Queensmead zu fahren, um dort nach dem Rechten zu sehen, deshalb hatte sie die beiden eingeladen, sie zu begleiten. Max, der am vergangenen Abend erst sehr spät angekommen war, hatte sich ihnen angeschlossen. Jenny fragte sich, warum, denn jetzt stand er die ganze Zeit nur mit finster zusammengezogenen Augenbrauen und besorgniserregend gelangweilt dreinschauend in der Gegend herum.

„Ich hoffe nur, dass die cremefarbene Dekoration nicht zu bieder wirkt“, bemerkte Jenny besorgt, während sie sich umdrehte, um den Innenraum des Festzelts erneut einer genauen Musterung zu unterziehen.

„Oh nein, ganz bestimmt nicht“, versicherte Olivia ihr eilig. „Es ist perfekt. Richtig elegant sieht es aus, alles andere wäre viel zu aufdringlich.“

Irgendwann im Verlauf des Nachmittags, als Jenny klar geworden war, dass ihre Anwesenheit nicht unbedingt nötig war, hatte sie beschlossen, nach Hause zu fahren, um einige Dinge zu erledigen, aber sie hatte für den Fall, dass irgendwelche Probleme auftreten sollten, ihre Telefonnummer hinterlassen. Später hatte sie erfahren, dass ihr Schwiegervater Ben das Team die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte.

Sie wagte nicht zu entscheiden, ob er erleichtert oder enttäuscht war, dass die Leute ihre Arbeit so effizient und ohne den geringsten Schaden anzurichten getan hatten, aber sie neigte zu der Ansicht, dass eher das Letztere zutreffend war.

„Verdammt viel Getue“, brummte er jetzt. „Zu meiner Zeit hat man um seinen fünfzigsten Geburtstag nicht so viel Wirbel gemacht. Sie haben Regen vorausgesagt, hoffentlich ist euch das klar.“

„Nicht vor Montag, frühestens“, gab Jenny gelassen zurück.

„Ich überlege, ob ich Tante Ruth nicht bei den Blumen ein bisschen zur Hand gehen soll“, bemerkte Olivia, „aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich ihr nicht eher ein Hindernis bin als eine Hilfe.“

„Ich bin mir ganz sicher, dass sie noch ein zusätzliches Paar Hände sehr gut brauchen kann.“

„Das macht dann schon zwei Paar“, mischte sich Caspar ein.

Jenny lächelte ihn an.

Bis auf die wenigen Worte, die sie bei ihrer Vorstellung miteinander gewechselt hatten, waren bisher weder sie noch Jon dazu gekommen, sich ausführlicher mit Caspar zu unterhalten, aber er war Jenny auf den ersten Blick sympathisch gewesen.

Abgesehen davon, dass er wirklich atemberaubend gut aussah, strahlte er eine Ruhe und Selbstsicherheit aus, die ihr sagte, dass er kein Mensch war, der in seinen Entscheidungen so leicht schwankend wurde – und es war offensichtlich, dass die Frau, für die er sich entschieden hatte, Olivia war.

Jenny warf ihrer Nichte einen liebevollen Blick zu. Es gab keinen Zweifel daran, dass Olivia ihm gegenüber nicht anders empfand.

Tief drin in ihrem Herzen wusste Jenny mit absoluter Gewissheit, dass ihr Olivia von allen Kindern – sowohl ihren eigenen als auch denen von David und Tiggy – am nächsten stand. Mit Olivia verband sie etwas ganz Besonderes, das sie sich nicht erklären konnte. Es konnte doch nicht deshalb sein, weil sie Davids Tochter war … Ihr Herz begann, ein bisschen schneller zu schlagen. Verärgert begann sie, die Liste der Dinge, die noch einer Erledigung harrten, vor ihrem geistigen Auge Revue passieren zu lassen.

„Nun, junger Mann, Sie sind also Lehrer, wie ich gehört habe.“

Caspar wandte den Kopf, um Ben anzuschauen, von dem die Worte gekommen waren. Ben, selbst von hochgewachsener Gestalt, ärgerte sich, dass ihn dieser Amerikaner, mit dem sich seine Nichte eingelassen hatte, um mehr als einen halben Kopf überragte. Seit seinem Unfall ging er leicht gebeugt, und er zog jetzt verärgert die Augenbrauen zusammen, als er entdeckte, dass er einen kleinen Schritt zurücktreten und tatsächlich den Kopf ein wenig anheben musste, um Caspar in die Augen schauen zu können.

Amerikaner! Ben verabscheute sie regelrecht. Aus dem Krieg waren ihm diese kaugummikauenden Großmäuler, die allen einheimischen Mädchen den Kopf verdreht hatten, bestens bekannt.

„Ein Dozent“, präzisierte Caspar trocken.

„Und nur vorübergehend hier, wenn ich richtig informiert bin“, forschte Ben weiter.

„Richtig“, bestätigte Caspar.

„Hmmm … hier bei uns glaubt man, dass jeder Trottel auf der Universität Karriere machen kann“, bemerkte Ben aggressiv.

„Gramps“, protestierte Olivia, aber Caspar schüttelte nur leicht den Kopf und lächelte. Wenn er es wollte, könnte er jederzeit als Teilhaber in eine der angesehensten Anwaltskanzleien in Philadelphia einsteigen. Er würde auf jeden Fall eine ganze Menge mehr Geld verdienen als derzeit, aber ihm machte seine Arbeit Spaß, und das war etwas, das ihm weitaus wichtiger war als Geld.

Er hatte jedoch zugegebenermaßen leicht reden, denn immerhin war er der Nutznießer eines ansehnlichen Vermögensfonds, den sein Großvater mütterlicherseits für ihn eingerichtet hatte. Caspar war der Letzte, der nicht bereit gewesen wäre zuzugeben, dass man Geld immer dann am leichtesten verachten konnte, wenn man über ausreichende Mengen verfügte.

„Das kommt ganz auf den Lehrer an“, gab er ruhig zurück, aber Jenny, die die Unterhaltung mit angehört und Bens Gesicht bei Caspars Erwiderung gesehen hatte, wusste, dass Caspars Weigerung, sich Ben unterzuordnen, den alten Mann noch mehr gegen ihn aufgebracht hatte.

Damals, als Olivia sich entschieden hatte, nach London zu gehen, war er genauso wütend gewesen, auch wenn er selbst es gewesen war, der ihre Entscheidung durch seine halsstarrige Weigerung, sie in der Familienkanzlei arbeiten zu lassen, letztendlich herbeigeführt hatte, eine Weigerung, die Olivia sehr verletzt hatte.

„Der Anwaltsberuf ist nichts für Frauen“, konnte er gar nicht oft genug betonen. „Sie sind dafür viel zu emotional.

Ihre eigenen Töchter würden noch dafür sorgen, dass ihm diese Worte eines Tages im Hals stecken blieben, vermutete Jenny, besonders Katie, aber Katie war auch viel gefühlsbetonter als Olivia. Sie würde eine solche Sichtweise niemals akzeptieren, ebenso wenig, wie sie sich durch irgendjemand oder irgendetwas von ihren Zielen abbringen lassen würde – eine Eigenschaft, die sie von Ben geerbt hatte und die noch verstärkt wurde durch die Unerschütterlichkeit, die in ihrer, Jennys, Familie zu den vorherrschenden Eigenschaften gehörte.

„Nein, der einzige Weg, wie jemand wirklich Kenntnisse über das Recht erwerben kann, ist die Praxis“, behauptete Ben eben halsstarrig. „Ich weiß es, schließlich habe ich viele Jahrzehnte Erfahrung, und ich rede nicht von solchen Lappalien, wie sie Olivia in der Rechtsabteilung irgendeiner Firma bearbeiten muss“, fügte er hinzu.

„Olivia ist eine hoch qualifizierte junge Anwältin“, widersprach Caspar.

„Ja sicher, sie hat ein ordentliches Examen gemacht“, wandte Ben ein, „aber es braucht schon mehr als ein Stück Papier, um aus jemandem einen guten Anwalt zu machen. Da genügt es nicht, nur ein paar Aktenstapel von einer Seite auf die andere zu schieben. Da muss man schon ein bisschen mehr Einsatz zeigen, wie Max zum Beispiel.“

Jenny konnte sehen, wie Caspar sich versteifte. Sie wusste natürlich, warum. Olivia war trotz all ihrer Bescheidenheit und entgegen der fälschlichen Behauptungen ihres Großvaters wesentlich höher qualifiziert als Max, und – davon war Jenny zutiefst überzeugt – für jeden zukünftigen Arbeitgeber ein höherer Gewinn. Zudem war ihr beruflicher Erfahrungshintergrund weitaus größer als der von Max … Nun, Jenny hätte auf jeden Fall gewusst, in wessen Hände sie ihre persönlichen Angelegenheiten legen würde, falls es notwendig werden sollte, und das wären gewiss nicht die ihres Sohnes.

„Entschuldigen Sie vielmals“, hörte sie Caspar ruhig sagen und sah, wie er gleichzeitig die Stirn runzelte. „Ich bin leider noch immer nicht ganz vertraut mit den Feinheiten des britischen Rechtssystems, aber soweit ich es verstanden habe, hat Max in der Kanzlei, in der er im Moment tätig ist, nur eine zeitlich befristete Angestelltenstelle, woraus sich doch gewiss ableitet, dass er nicht eigenständig einen wichtigen Fall übernehmen kann. Olivia hingegen hatte in ihrem eigenen hoch spezialisierten Ressort, in dem sie zuletzt tätig war, die volle Verantwortung, und ich weiß, dass …“

„Caspar“, protestierte Olivia gedämpft, „Gramps hat nicht …“

Aber es war zu spät. Ben fuhr herum, um sie böse anzufunkeln in der Gewissheit, in ihr ein leichteres Opfer zu finden im Gegensatz zu Caspar, von dem ihm ein ganz unerwarteter Widerstand entgegengebracht wurde. Ben war es nicht gewöhnt, dass man ihm widersprach, und er schätzte ein solches Verhalten ganz und gar nicht.

„Was soll das heißen …? In ihrem eigenen Ressort … was ist das denn für …?“

„Ach, nichts weiter, Gramps, ich bin nur ein kleines bisschen befördert worden“, beeilte sich Olivia hastig, die Wogen zu glätten. „Nur innerhalb der Abteilung, es ist wirklich nichts Großartiges, glaub mir, aber natürlich …“

„Aber natürlich bedeutet so etwas immer eine saftige Gehaltserhöhung“, mischte sich Max, der sich zu ihnen gesellt hatte, jetzt ein. „Du hast wirklich ein Talent, immer auf die Füße zu fallen, altes Haus. Ich …“

„Olivia ist nicht auf die Füße gefallen“, stellte Caspar kühl klar. „Sie ist eine hoch qualifizierte und hart arbeitende Anwältin.“

„Das müssen Sie ja sagen“, gab Max zurück. „Schließlich war sie Ihre Schülerin – sowohl im Hörsaal wie auch im Bett.“

Jenny konnte spüren, wie ihr Gesicht anfing zu brennen, so sehr schämte sie sich für das rüde Verhalten ihres Sohnes.

„Ich habe gehört, dass in der Kanzlei, in der Sie arbeiten, in Kürze eine Teilhaberstelle frei wird. Haben Sie vor, sich zu bewerben?“, erkundigte sich Caspar bei Max.

Max runzelte die Stirn. Wie zum Teufel hatte Caspar davon erfahren?

„Da braucht er sich nicht extra zu bewerben“, beantwortete Ben die Frage an Max’ Stelle. „Man hat ihm bereits signalisiert, dass er einsteigen kann, und genau so sollte es auch sein.“

Max versuchte, die Verärgerung zu verbergen, die die Bemerkung seines Großvaters in ihm ausgelöst hatte. Normalerweise war er immer froh, den alten Herrn als Bundesgenossen zu haben, aber in diesem Fall war er sich nicht sicher, wie viel dieser verfluchte Amerikaner, den Olivia da angeschleppt hatte, wohl wusste.

Möglicherweise hatte dieser Depp von irgendwoher Insiderinformationen aufgeschnappt, die jetzt für ihn unangenehm werden könnten. Unter anderen Umständen hätte Max sofort herauszufinden versucht, wie viel er wusste, und ob er nicht womöglich durch ihn sogar den Namen seiner Konkurrentin in Erfahrung bringen könnte, aber das war jetzt natürlich nicht möglich, ohne vor seinem Großvater zugeben zu müssen, dass bezüglich der Stelle noch längst nicht alles so klar war, wie er behauptete.

Max spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Sein Großvater war ihm gegenüber stets sehr duldsam – bis auf einen Punkt – und Max wusste, wie wichtig es für Ben war, dass er, Max, genau in diesem Punkt dessen Erwartungen erfüllte. Erwartungen, die bereits einmal enttäuscht worden waren, aber Ben hatte David vergeben, doch um welchen Preis? Max erschauerte bei der Vorstellung, das Leben seines Onkels leben zu müssen.

Es war schon schlimm genug gewesen, unter den wachsamen Augen seines Großvaters aufwachsen zu müssen, als Erwachsener jedoch weiterhin unter seiner Fuchtel zu stehen, war undenkbar … Sein Großvater hielt noch immer alle Zügel, die Familienangelegenheiten betreffend, fest in der Hand, und Max hatte mitbekommen, wie er seine Söhne ihr ganzes Leben lang herumkommandiert hatte. Max machte sich keine Illusionen über den Preis, der zu zahlen war, der Liebling seines Großvaters zu sein.

Aber sein Erfolg bedeutete ihm selbst genauso viel wie seinem Großvater, vielleicht sogar noch mehr. Max liebte das Geld, und er liebte die Dinge, die man sich dafür kaufen konnte. Er träumte davon, erfolgreich zu sein, und, falls möglich, sogar berühmt, und er würde es nicht zulassen, dass sich ihm eine Frau in den Weg stellte.

„Sind die Schuhe deiner Mutter für das große Fest mittlerweile gekommen?“, erkundigte sich Jenny bei Olivia, während sie zum Auto gingen.

„Nein. Sie ist heute Mittag nach Chester gefahren, um zu sehen, ob sie nicht vielleicht noch ein anderes Paar findet.“

Olivia zögerte einen Moment, als ihr die Szene in dem elterlichen Schlafzimmer wieder einfiel, in die sie vorhin hineingeplatzt war. Sie war noch immer ganz durcheinander.

„Tante Jenny“, begann sie tastend, „ich weiß, dass du und Mum euch nicht besonders nahesteht, aber hast du jemals, hat sie …?“

Sie unterbrach sich abrupt, als ihr einfiel, dass Caspar vorhin auf der Fahrt hierher eine Bemerkung darüber fallen gelassen hatte, dass offensichtlich alle in der Familie immer und jederzeit fast automatisch mit Jennys Hilfe zu rechnen schienen.

Olivia musste ihm recht geben. Auch sie hatte sich immer zuerst an Jenny gewandt, wenn in ihrem Leben etwas falsch gelaufen war, aber jetzt war sie erwachsen und …

„Hat deine Mutter irgendwelche Probleme, Livvy?“, erkundigte sich Jenny, aber Olivia schüttelte nur den Kopf und widerstand der Versuchung, ihre Tante ins Vertrauen zu ziehen.

„Nein, nein“, gab sie mit gespielter Munterkeit zurück, „aber du kennst ja Mum. Sie macht sich total verrückt wegen dieser blöden Schuhe …“

Olivia zuckte innerlich zusammen, als sie ihre eigene Stimme hörte. Was Jenny wohl sagen würde, wenn sie ihr erzählte, was ihr wirklich im Kopf herumging?

Sie und Caspar hatten eben gehen wollen am Morgen, als Olivia eingefallen war, dass sie ihre Jacke vergessen hatte. Als sie die Treppe nach oben rannte, sah sie, dass die Schlafzimmertür ihrer Eltern offen stand, und sie konnte hören, wie ihre Mutter drinnen offensichtlich ein Selbstgespräch führte.

Ohne lange zu überlegen, betrat Olivia das Schlafzimmer. Den Anblick, der sich ihr bot, würde sie wohl nie wieder vergessen können. Ebenso wenig wie die Mischung aus Scham, Schuldgefühlen und Angst, die sie in den Augen ihrer Mutter entdeckte.

„Du sagst doch niemandem was, nicht wahr?“, flehte Tiggy, die, umgeben von Dutzenden glänzender, noch nicht einmal ausgepackter Einkaufstüten, auf dem Bett saß, Olivia an. „Vor allem nicht deinem Vater. Er würde … er würde es nicht verstehen …“

Olivia hatte wortlos das Zimmer verlassen. Unter dem vertrauten Duft des Parfüms ihrer Mutter hatte sie einen anderen Geruch wahrgenommen, durchdringend und ekelerregend, einen Geruch, den sie kannte. Als sie gespürt hatte, wie sich ihr der Magen hob, hatte sie überstürzt den Rückzug angetreten, ohne auf die Bitte ihrer Mutter nach Geheimhaltung zu reagieren.

„Was ist los?“, hörte sie Caspar jetzt fragen, als sie von ihrem Großvater zurückfuhren. „Du brütest doch wohl nicht noch immer über irgendetwas, das er gesagt hat?“

„Wer?“, fragte Olivia mit verschlossenem Gesicht.

„Dein Großvater. Ich verstehe ja, dass du aufgebracht bist, so abfällig, wie er sich über alles, was du erreicht hast, geäußert hat …“

Olivia entspannte sich ein bisschen. Caspar war der irrigen Meinung, sie regte sich auf, weil ihr Großvater ihre beruflichen Leistungen geringer schätzte als die von Max. Früher hätte sie das sicher getan, doch im Augenblick hatte sie ganz andere Probleme.

„Nein. Mein Großvater ist einfach zu alt, um sich noch groß zu ändern, und Max war schon immer sein Liebling.“

„Mmmm … Ach, was soll’s, in Amerika wird sowieso alles anders“, versprach Caspar. Als Olivia nicht sofort reagierte, warf er ihr einen besorgten Blick zu. „Du hast doch hoffentlich nicht deine Meinung geändert?“, drang er in sie und fügte dann hinzu: „Hast du es deiner Familie immer noch nicht erzählt?“

„Wie könnte ich meine Meinung ändern?“, entgegnete Olivia liebevoll. „Du weißt ganz genau, wie viel du mir bedeutest … wie viel mir unsere gemeinsame Zukunft bedeutet“, gestand sie.

Die Zeit mit ihm war die bisher schönste ihres Lebens gewesen, und als Caspar ihr eröffnet hatte, dass er am Ende des Sommers beabsichtige, in die Staaten zurückzukehren, hatte sie zuerst geglaubt, er versuche, ihr so schonend wie möglich beizubringen, dass sie gut daran täte, ihre Beziehung als eine Beziehung auf Zeit zu betrachten.

Sie hatte versucht, sich nicht anmerken zu lassen, wie elend sie sich fühlte, aber durch irgendetwas musste sie sich verraten haben, weil er sie daraufhin sofort ganz fest in die Arme genommen hatte.

„Nein, nein“, hatte er heiser gesagt, „damit habe ich nicht gemeint, dass wir Schluss machen sollen. Wie kannst du bloß auf so eine Idee kommen? Ich liebe dich, Olivia … ich möchte, dass du mich begleitest … es ist nur … nun ja … ich meine, du hast dich für diese Beförderung so verdammt abgerackert und …“

„Es ist doch nur ein Job“, hatte sie innerlich bebend zurückgegeben, und in diesem aufwühlenden Moment war es ihr wirklich ernst gewesen. „Du bist mir viel, viel wichtiger.“ Das hatte sie auch genau so gemeint, wie sie es gesagt hatte. Und dieser Meinung war sie noch immer, selbst wenn sie manchmal der Gedanke entmutigte, dass sie in den Vereinigten Staaten in vieler Hinsicht erst einmal würde umlernen müssen, um die fachliche Qualifikation zu erreichen, die hier fast zum Greifen nah vor ihr lag.

Caspar wäre nie auf die Idee gekommen, sie zu bitten oder gar von ihr zu erwarten, dass sie ihm ihre Karriere opferte. Das wusste sie. Aber er hatte auch immer klar zum Ausdruck gebracht, dass seine berufliche Zukunft in Amerika lag.

„Wir könnten uns immer abwechselnd besuchen“, hatte er ihr eines Nachts ins Ohr geflüstert, als sie nach der Liebe eng umschlungen beieinandergelegen hatten.

Besuchen. Bei der Vorstellung, wie einsam ihre Nächte in der Zwischenzeit, wenn sie nicht zusammen waren, dann sein würden, war Olivia klar geworden, dass das keine Option war, der sie mit Freuden entgegensehen konnte.

Und so hatte sie schließlich ihre Entscheidung gefällt. Ihr Beschluss war gut durchdacht, und sie war sich ihres Vorhabens sehr sicher, deshalb hatte sie eigentlich beabsichtigt, an diesem Wochenende ihrer Familie von ihren Zukunftsplänen zu erzählen. Einwände von irgendeiner Seite waren nicht zu erwarten. Warum auch.

Natürlich liebte sie ihre Eltern, ihre Familie, aber sie hatten ihr Leben, und sie hatte das ihre. Die Zeiten, in denen sie eine Art kindlichen Neid auf Max verspürt hatte, gehörten schon lange der Vergangenheit an.

Aber was war mit der Szene im Schlafzimmer ihrer Eltern heute Morgen? Sie grub ihre Zähne in ihre Unterlippe. Seit wann ging das schon so? Wusste irgendjemand davon? Ihr Vater? Bestimmt ahnte er etwas. Und was war mit ihr? Wie sollte sie sich verhalten? Sie konnte doch nicht einfach den Kopf in den Sand stecken und so tun, als ob sie nichts gemerkt hätte? Auch wenn ihre Mutter sie noch so sehr anflehte.

Caspar spürte, dass Olivia irgendetwas beschäftigte. Er war froh, dass sie nur übers Wochenende hier waren. Familientreffen machten ihn immer irgendwie nervös, er bekam eine Art Platzangst, weil sie alte Erinnerungen zutage förderten, die ihm alles andere als angenehm waren und auf die er ganz gewiss nicht stolz war. Er konnte sich noch allzu lebhaft daran erinnern, was für eine Schande er seinem Vater bei dessen zweiter Hochzeit bereitet hatte.

Er war von seiner Mutter dorthin mitgenommen worden, die anschließend den restlichen Tag damit zubrachte, ihm geduldig zu erklären, dass die Tatsache, dass sie und sein Vater sich getrennt und sich beide neuen Partnern zugewandt hatten, absolut nichts mit ihrer beider Liebe für ihn zu tun hätte und dass er noch immer ihr von Herzen geliebter Sohn sei.

Seine Mutter, die von Beruf Kinderärztin war, wusste natürlich, was für tief greifende Auswirkungen eine Scheidung der Eltern auf ihre gemeinsamen Kinder haben konnte, deshalb hatte man ihn nicht nur sehr behutsam darauf vorbereitet, sondern ihn ebenso sorgfältig mit den neuen Partnern bekannt gemacht.

Im Fall seiner Mutter war das ein alter Kollege und Freund gewesen, den sie bereits kannte, bevor sie seinen Vater geheiratet hatte. Dieser Mann war selbst auch geschieden und hatte zwei halbwüchsige Kinder, einen Sohn und eine Tochter, die beide, sowohl was Caspar als auch seine Mutter anbelangte, auf höfliche Distanz bedacht waren. Die Auserwählte seines Vaters war jünger als er, eine ehemalige Studentin von ihm und schier unermüdlich in ihrem Bemühen, ihm, Caspar, und seinem Vater zu beweisen, wie wichtig sie es fand, dass Vater und Sohn weiterhin eine gute Beziehung zueinander hatten. Caspar hatte sich selbst und seine Eltern unsterblich blamiert, indem er sich direkt vor den Füßen der Braut übergeben hatte, wobei auch ihr Brautkleid arg in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Das, was auf diesen Vorfall folgte, kam nicht überraschend. Die Reaktion seiner Mutter bestand darin, dass sie ihn und sich selbst monatelang mit einer „Analyse“ quälte, in deren Verlauf Caspar anfing, seine Mutter fast ebenso zu hassen wie seinen Therapeuten. Sein Vater hingegen beschloss, gegen seine Exfrau einen Prozess anzustrengen, bei dem er nachzuweisen versuchte, dass seine, Caspars, Mutter unfähig sei, das alleinige Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn zu übernehmen, und dass sie Caspar gegen ihn und seine neue Ehefrau aufgehetzt hätte.

Keiner von beiden hatte ihm abnehmen wollen, dass seine Übelkeit das Resultat von zu viel Schlagsahne und schlechten Nerven gewesen sei, und als die neue Frau seines Vaters dem ersten von Caspars Halbgeschwistern das Leben schenkte, war es ihm strengstens untersagt, dem Baby zu nahe zu kommen, nur für den Fall, dass ihm seine Nerven wieder einmal einen üblen Streich spielten.

Doch Caspar ließ sich nicht täuschen. Seine Stiefmutter mochte ihn nicht, und er glaubte auch nicht, dass es umgekehrt viel anders war.

Nicht dass Caspar grundsätzlich etwas gegen Familien oder ein Familienleben einzuwenden gehabt hätte, es war nur einfach so, dass er kein einziges Beispiel kannte, das ihm ein solches Leben für sich selbst hätte erstrebenswert scheinen lassen. Warum schließlich sollte man sich selbst öffentlich zum Lügner stempeln, indem man ein Gelübde ablegte, das öfter gebrochen als gehalten wurde?

Er war nicht sonderlich erpicht darauf, Olivia mit ihrer Familie zu teilen; er wollte sie für sich allein, und das gab er auch offen zu. Schon vor ihrem Kennenlernen hatte er keine besonders hohe Meinung von Olivias Vater und ihrem Großvater gehabt, doch jetzt, nachdem ihm dieses Vergnügen zuteil geworden war …

Wie konnten sie nur einen Menschen, der so offensichtlich weniger wert war als Olivia, so viel mehr schätzen? Für ihn war Max nicht mehr als ein Blender, der Olivia nicht das Wasser reichen konnte.

Olivia und Caspar hatten bis jetzt noch keine Heiratspläne gemacht, aber er war sich sicher, dass sie irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft heiraten würden. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass er sich eines Tages genug verlieben könnte, um eine solche Verpflichtung bereitwillig und mit Freuden auf sich zu nehmen, doch jetzt …

Er wollte sie nicht verlieren, das gestand er sich freimütig ein, und ein Grund, weshalb er diesem Familientreffen mit gemischten Gefühlen entgegengesehen hatte, bestand darin, dass er befürchtete, ihre Familie könne versuchen, sie von ihren Plänen, ihn in die USA zu begleiten, abzubringen.

Seine eigenen Kindheitserfahrungen hatten ihn gelehrt, dass zu lieben auch bedeutete, sich verletzlich zu machen, eine Erkenntnis, die der Grund dafür gewesen war, dass er sich so lange geweigert hatte, sich seine Gefühle für Olivia einzugestehen. Hoffentlich war dieses Wochenende bald vorüber, damit sie den einmal eingeschlagenen Weg in ein gemeinsames Leben fortsetzen konnten.

Während er in die Auffahrt zu Olivias Zuhause einbog, studierte er ihr Profil. Über irgendetwas machte sie sich Sorgen, das war unverkennbar, auch wenn sie nicht bereit war, es zuzugeben. Er fragte sich, was es wohl sein mochte, und – mit wachsender Ungeduld – warum sie ihm nichts davon erzählte.

„Alle Frauen sind Verräterinnen“, hatte sein Vater einmal zu ihm gesagt. Er war damals wieder einmal zwischen zwei Ehen gewesen und hatte sich über die Höhe der Alimente beschwert, die seine zweite Frau von ihm forderte. „Trau nie einer Frau, Caspar. Mach nicht denselben Fehler, den ich gemacht habe. Sie erzählen dir, wie sehr sie dich lieben, und im nächsten Atemzug …“

Olivia spürte, wie sie sich anspannte, als Caspar den Wagen vor dem Haus zum Stehen brachte. War ihre Mutter zu Hause? Olivia sah nirgends das Auto. Sie hasste sich dafür, dass sie erleichtert aufatmete.

Warum nur habe ausgerechnet ich es sein müssen, die es herausfand?, fragte sie sich und spürte Groll in sich aufsteigen, den sie jedoch gleich wieder schuldbewusst zu unterdrücken versuchte. Warum hatte es nicht jemand anders sein können … ihr Vater zum Beispiel?

„Olivia?“

Erst jetzt merkte sie, dass Caspar anscheinend etwas gesagt hatte und auf ihre Antwort wartete. Mit einem entschuldigenden Lächeln versuchte sie, sich auf seine Worte zu konzentrieren.

Natürlich hätte sie sich Caspar anvertrauen und ihm erzählen müssen, was sie gesehen hatte, aber wie konnte sie ihre Mutter so verraten, wenn sie sich selbst nicht einmal ganz sicher war … wenn niemand sonst etwas zu wissen schien …?

Nicht sicher. Natürlich bist du dir sicher, zürnte eine innere Stimme. Du willst es nur nicht wahrhaben, das ist alles. Du willst nur der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen.

Was für einer Wahrheit? Sie brauchte nur die Augen zu schließen, dann war sie wieder im Schlafzimmer ihrer Eltern und sah die Unordnung überall, Einkaufstüten, Kleider, Schuhe, alles wild durcheinandergewürfelt, und dieser Geruch … Ihr hob sich der Magen.

„Was ist?“, fragte Caspar verärgert, als sie sich schnell abwandte, um auszusteigen.

„Nichts“, log sie.

Als David die Schritte seines Bruders draußen vor der Tür hörte, griff er nach den Papieren, in denen er eben gelesen hatte, und schob sie unter seine Schreibunterlage. Bei Jons Eintreten fiel sein Blick auf einen Bankauszug neben dem Telefon. Unauffällig legte er seinen Arm darüber. Er spürte das harte, unregelmäßige Klopfen seines Herzens.

„Ich suche die Unterlagen des Siddington-Fonds“, sagte Jonathon lächelnd. „Es gibt eine Anfrage von …“

„Oh, die sind bei mir zu Hause. Ich habe gestern Abend noch mal reingeschaut, weil … Ich bringe sie am Montag mit.“

„Du hast …?“

„Sag mal, es sieht ja wohl ganz so aus, als würde Max jetzt in einer Kanzlei unterkommen, stimmt’s?“, versuchte David eilig, das Thema zu wechseln.

„Ja … ja, gut möglich“, stimmte Jonathon zu. „Obwohl, es ist nicht immer ratsam, die Dinge als gegeben hinzunehmen.“

„Ich wette, Dad kann es gar nicht abwarten, sich Hugh gegenüber damit zu brüsten“, erklärte David, ohne Jonathons Einwand zu beachten. „Zwischen den beiden hat es in dieser Beziehung ja immer Rivalitäten gegeben.“

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass Onkel Hugh das nicht so sieht“, stellte Jonathon klar. Sein Onkel war früher, als er und David noch jung gewesen waren, immer besonders freundlich zu ihm gewesen, und er hatte den Verdacht, dass die Rivalität zwischen den beiden Halbbrüdern mehr von seinem und Davids Vater ausging.

„Nun, Hugh ist aber …“

„Es wird gut sein, die Familie mal wieder beieinanderzuhaben“, unterbrach Jonathon seinen Bruder, nicht willens, dieses Thema zu vertiefen, und wandte sich zum Gehen.

David wartete, bis sich die Tür hinter seinem Bruder geschlossen hatte, ehe er die Papiere, die er unter seine Schreibunterlage geschoben hatte, wieder hervorzog und einsteckte. Seine Finger zitterten, als er seinen Aktenkoffer zuschnappen ließ. Ihm war leicht übel und ein bisschen schwindlig. Diese verdammte Hitze.

Dann nahm er den Kontoauszug erneut zur Hand und studierte ihn ungläubig. Wie hatten sie bloß so viel ausgeben können? Er hatte Tiggy erst letzten Monat gewarnt, dass sie es sich nicht leisten könnten, ständig auf so großen Fuß zu leben. Er hatte ihr sogar gedroht, ihr die Kreditkarten wegzunehmen, aber natürlich hatte sie geweint und gebettelt, bis ihm nichts anderes übrig geblieben war als nachzugeben.

Jonathon hatte es gut. Sein Bruder hatte nicht so einen kostspieligen Geschmack, deshalb kam er auch nie in Geldschwierigkeiten. Ganz davon abgesehen, dass Jennys Antiquitätengeschäft sicherlich einiges abwarf.

Überhaupt – diese Jenny. Kaum zu glauben, dass sie sich zu einer derart tüchtigen Geschäftsfrau gemausert hatte. Dabei war sie früher so ein schüchternes Mädchen gewesen – in jeder Hinsicht anders als seine Frau.

Er dachte daran, wie ihm Tiggy zum ersten Mal in einem Londoner Club aufgefallen war. Sie hatte an der Theke gesessen, umlagert von Verehrern.

Er konnte sich noch gut an das prickelnde Gefühl erinnern, das ihn durchzuckt hatte, als er ihren Blick auffing und registrierte, dass sie ihre Verehrer ignorierte und nur Augen für ihn hatte.

Unmöglich, sich Jenny so vorzustellen – weder damals und heute schon gar nicht – lässig an einer Bartheke lehnend, in einem der kürzesten Minis, den die Welt je gesehen hatte, den hübschen Schmollmund blassrosa geschminkt, die schwarz bewimperten und noch schwärzer umrandeten Augen riesengroß in dem weißen Gesicht.

Jenny verzog nie die Lippen zu einem Schmollmund, und wenn sie damals einen Kajalstift benutzt hätte, wäre ihr Vater wahrscheinlich Amok gelaufen. Ihre Beine waren stämmig, dazu bestimmt, sie über die Felder der Farm ihres Vaters zu tragen, und nicht lang und schlank und aufregend. Wo Jenny gesund und robust war, war Tiggy zerbrechlich, delikat und verletzlich. Während Jenny ihre Gefühle streng unter Kontrolle hielt, konnte Tiggy im einen Moment himmelhoch jauchzend und im nächsten bereits zu Tode betrübt sein. Während Jenny bieder und langweilig und berechenbar war, wusste man bei Tiggy nie, wie man mit ihr dran war.

Und daran hatte sich bis heute nichts verändert, wie er sich jetzt selbst versicherte. Der Neid, der in den Augen der Männer aufflackerte, wenn sie Tiggy musterten und mit ihren eigenen ältlichen und sterbenslangweiligen Ehefrauen verglichen, entging ihm nicht.

Tiggy gehörte zu den Frauen, die ganz instinktiv flirteten und so in jedem Mann den Liebhaber wachriefen. So, wie sie es bei ihm gemacht hatte. Sie hatte ihn total behext damals. Ihm den Verstand geraubt.

In den darauf folgenden Wochen hatten sie die Nächte zum Tag gemacht, es war ein nie endendes rauschendes Fest gewesen. Was natürlich seinen Karrierebestrebungen nicht sonderlich zuträglich gewesen war. Seine Zulassung als Strafverteidiger oder Tiggy, so hatte irgendwann die Alternative gelautet. Er hätte seine Anstrengungen verdoppeln, ja verdreifachen müssen, um sein selbst gestecktes Karriereziel zu erreichen. Das aber war bei dem Leben, das er mit Tiggy führte, einfach nicht möglich gewesen.

Und dann war er eines Tages in ihr Apartment gekommen und hatte sie in Tränen aufgelöst vorgefunden. Und schwanger mit seinem Kind.

Der Anblick ihres verletzlichen Gesichts und ihres kindlichen Körpers hatte alle seine sorgfältig vorbereiteten Pläne über den Haufen geworfen. Er hatte ihr an diesem Tag sagen wollen, dass er mehr arbeiten müsste. Doch er liebte sie. Und er konnte ohne sie nicht leben. Sie trug sein Kind unter dem Herzen. Sein Großvater würde es verstehen. Er würde es verstehen müssen.

Drei Tage später waren sie verheiratet.

Als er seine Braut küsste, eröffnete David ihr ernst, dass es in Zukunft keine Drogen mehr geben würde, ebenso wenig wie durchtanzte Nächte und verschlafene Tage. Sie mussten jetzt an ihr Baby denken.

Nachdem sich drei Wochen später die Bank weigerte, ihm weiter Kredit zu geben, hatte er Tiggy eröffnet, dass sie zu Besuch nach Cheshire zu seiner Familie fahren würden.

„Cheshire?“, hatte sie erwidert. „Aber wir kommen doch wieder nach London zurück, oder?“ David verschwieg ihr, dass das Leben, das sie in London geführt hatten, in Zukunft nicht mehr möglich sein würde.

Sie würde es noch früh genug merken.

Zu Davids Erleichterung hatte sein Vater Tiggy viel herzlicher aufgenommen als erwartet. Ja, er war sogar regelrecht begeistert von ihr gewesen.

Was man von Davids Entscheidung, seine Karrierebestrebungen an den Nagel zu hängen, nicht sagen konnte. Das war ein dicker Brocken gewesen, an dem Ben schwer zu kauen hatte, aber schließlich war es David doch gelungen, auch diese Runde für sich zu entscheiden. Er gewann immer.

Seltsamerweise war es seine Mutter gewesen, eine bescheidene, selbstlose Frau, die ihrem Mann jeden Wunsch von den Augen ablas und sich meistens einer eigenen Meinung enthielt, die Tiggy nicht richtig zu mögen schien. Aber dann fiel David ein, dass er schon öfter beobachtet hatte, dass viele Frauen mit Tiggy ihre Schwierigkeiten hatten. Nur Jenny war in dieser Hinsicht eine Ausnahme gewesen, sie hatte Tiggy mit aufrichtiger Wärme und Herzlichkeit in die Familie aufgenommen.

Sie und Jon waren damals bereits seit ein paar Jahren verheiratet gewesen. David vermutete den Grund dafür, dass Jenny Tiggy so freundlich gesonnen war, darin, dass sie damals, als sie Jon geheiratet hatte, auch schwanger gewesen war, aber diesen Gedanken schob er lieber ganz schnell wieder ganz weit weg. Jetzt war er einfach nur froh darüber, dass sein Vater sich bereit erklärt hatte, alle seine Schulden zu übernehmen, und dass er und Tiggy in seiner angestammten Umgebung noch einmal ganz von vorn anfangen konnten.

David verzog das Gesicht, als er einen erneuten Blick auf seinen Kontoauszug warf. Er würde ein weiteres Mal mit Tiggy reden müssen – so konnte das einfach nicht weitergehen … Er fing an zu schwitzen und spürte, dass sein Kiefer schmerzte.

Anders als Jon sah er dem Wochenende nicht freudig entgegen. Fünfzig! Wo zum Teufel waren all die Jahre geblieben? Fünfzig … und was hatte er erreicht? Er stopfte die Kontoauszüge in seine Schreibtischschublade, die er anschließend verschloss. Hinter seinen Schläfen hämmerte es, und ihm war leicht übel.

Es würde nicht einfach werden, mit Tiggy zu reden … sie dazu zu bringen zuzuhören. Sie war am vergangenen Abend sehr aufgebracht gewesen und hatte sich beschwert, dass Olivia sich mehr um Jenny kümmerte, dabei war schließlich doch sie, Tiggy, ihre Mutter, nur um sich dann im selben Atemzug von ihm versichern zu lassen, dass er sie noch immer genauso attraktiv fände, und hatte sich mit Olivia verglichen.

„Olivia ist in den Zwanzigern“, hatte er unklugerweise erwidert und sich gleich darauf selbst verflucht. Aber es war zu spät gewesen, er konnte seine Worte nicht mehr zurücknehmen; der Schaden war angerichtet, und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden, waren so vorhersehbar wie die Tatsache, dass auf die heutige Nacht ein neuer Tag folgen würde. Er wusste genau, was er vorfinden würde, wenn er nach Hause kam, ebenso wie er wusste, wie Tiggy reagieren würde, wenn er versuchte, ihr vor Augen zu führen, was sie sich selbst und ihnen beiden durch das, was sie tat, antat.

3. KAPITEL

„Tiggy.“

Olivia blieb zögernd auf der Schwelle des sonnenüberfluteten Wohnzimmers stehen. Ihre Mutter saß an dem hübschen antiken Sekretär, den sie vor Jahren von David zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Als sie sich jetzt zu ihrer Tochter umdrehte, erinnerte in ihrem Gesichtsausdruck nichts mehr an die Angst und Aufregung von heute Morgen. Im Gegenteil, sie wirkte fast heiter, wie Olivia feststellte, während sie zuschaute, wie Tiggy den eben ausgefüllten Scheck in einen Umschlag schob, den sie zuklebte.

„Ich wollte nur rasch noch ein paar Rechnungen bezahlen“, informierte sie Olivia. „Dein Vater ist noch nicht zurück. Ich dachte, wir könnten heute Abend vielleicht in Knutsford in deinem Lieblingsrestaurant essen gehen … ach, wo ist eigentlich Caspar, ich …“

„Ich bin hier“, antwortete Caspar und trat hinter Olivia ins Wohnzimmer.

„Er sieht wirklich fantastisch aus“, sagte Tiggy zu Olivia und warf Caspar ein verführerisches Lächeln zu.

Das ist wieder mal echt Mutter, dachte Olivia, während sie Tiggy beobachtete. Ihre Verführungskünste waren wirklich atemberaubend. Es war ganz und gar unmöglich, ihr böse zu sein und ihr ihre Fähigkeit, Männer um den kleinen Finger zu wickeln, zu neiden oder womöglich das, was sie da tat, infrage zu stellen.

„Und so groß!“, flötete Tiggy, die provozierend nah bei Caspar stand und mit Schlafzimmeraugen zu ihm aufschaute, während sie ihn fragte: „Wie groß sind Sie genau?“

Caspar ließ sich auf das Spiel ein und nannte ihr seine Größe.

„Und diese Muskeln!“ Tiggy gab ein bewunderndes Keuchen von sich, während sie mit einem langen lackierten Fingernagel über Caspars nackten Unterarm strich. „Ach, du meine Güte …“

Olivia sandte Caspar über den Kopf ihrer Mutter einen flehenden Blick zu, als sie sah, wie er seinen Arm zurückzog. Sie wusste, wie schnell die Laune ihrer Mutter umschlagen konnte, wie rasch sie auf etwas, das sie als Ablehnung interpretierte, reagierte und wie wichtig es ihr war, was die anderen Leute von ihr dachten.

Als Kind hatte Olivia das Bedürfnis ihrer Mutter, von allen bewundert zu werden, einfach als Persönlichkeitsmerkmal akzeptiert, sie hatte es hingenommen, dass ihre Mutter einfach so war, doch jetzt, wo sie erwachsen war … Sie runzelte besorgt die Stirn.

„Ich glaube, ich stelle mir besser einen Wecker, wenn ich nachher zu Bett gehe“, sagte Olivia zu ihrer Mutter. „Ich habe versprochen, morgen schon früh in Queensmead zu sein, um Tante Ruth mit den Blumen zu helfen. Ach, und Tante Jenny hat mich gebeten, dir auszurichten, dass die Chester-Bande morgen um die Mittagszeit eintrifft. Sie hat gesagt, du sollst es sie wissen lassen, falls du noch irgendwelches Bettzeug oder sonst was brauchst. Offensichtlich hat sie den alten Wäscheschrank in Queensmead durchgestöbert, um sicherzustellen, dass Gramps alles Notwendige für Hughs Familie im Haus hat. Nicholas, Saul und Hillary und die Kinder werden dort wohnen, und sie hat erzählt, dass sie genug Bettzeug gefunden hat, um ein kleines Hotel auszustatten.“

Sie hielt einen Moment inne und schaute ihre Mutter forschend an. „Was ist?“, fragte sie verunsichert, weil sie sah, dass sich Tiggys Gesichtsausdruck verändert hatte und sie angespannt am Ärmel ihrer Seidenbluse herumzupfte.

„Ich weiß wirklich nicht, warum ausgerechnet wir Lawrence und Henry und ihre Familien aufnehmen müssen“, jammerte sie. „Schließlich ist es ja nicht so … es macht wirklich eine Menge Arbeit, und Mrs. Phillips kann mir auch nicht helfen, weil Jenny sie bereits völlig mit Beschlag belegt hat.“

Lawrence und Henry waren Brüder und Cousins zweiten oder dritten Grades ihres Vaters, Olivia war sich niemals ganz sicher. Sie waren ein bisschen älter als David. Lawrence hatte drei erwachsene Kinder, und Henry vier plus drei Enkelkinder; sie gehörten alle zu der ursprünglichen Chester-Familie, von der ihre eigene Familie auch abstammte.

„Ach, jetzt komm schon, Tiggy“, versuchte Olivia, ihre Mutter aufzuheitern. „Gegen ein bisschen Abwechslung hattest du doch noch nie etwas einzuwenden.“

„Ja schon, nur das war vor … du weißt genau, dass ich dann auch alles richtig schön machen will, aber dein Vater beklagt sich schon ständig und behauptet, dass wir uns diesen Lebensstandard nicht leisten könnten …“ Sie unterbrach sich, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, während Olivia ein leiser Schauer über den Rücken kroch. Soweit Olivia es wusste, ging es ihren Eltern in finanzieller Hinsicht recht gut.

Als Kind hatte es ihr gewiss nie an etwas gemangelt. Sie war stets davon ausgegangen, dass die Anwaltspraxis ausgesprochen gut lief und genug abwarf, dass beide Brüder bequem davon leben konnten.

Nun, wahrscheinlich übertrieb ihre Mutter wieder einmal maßlos, wie es eben so ihre Art war. Vorstellbar war höchstens, dass ihr Vater ihrer Verschwendungssucht ein bisschen Einhalt gebieten wollte, und das konnte so falsch nicht sein. Tiggy hatte wirklich keine Ahnung, dass das Geld, das sie mit vollen Händen zum Fenster hinauswarf, erst einmal verdient sein wollte.

„Ich kann mir vorstellen, dass Gramps Lawrence und Henry ein bisschen beeindrucken will.“ Olivia tat ihr Bestes, ihrer Mutter den Besuch schmackhaft zu machen. Als sie Caspars ironischen Blick auffing, biss sie sich auf die Unterlippe. Zweifellos würde sie sich hinterher für ihre Süßholzraspelei vor ihm verantworten müssen. Falls Caspar überhaupt einen Fehler hatte, dann war es der, dass er von diplomatischen Winkelzügen nichts hielt. Dafür war er zu direkt.

„Nun, ja, vermutlich hast du recht.“ Das Gesicht ihrer Mutter hellte sich wieder etwas auf. „Natürlich ist Jenny schrecklich lieb und eine wunderbare Köchin dazu, aber … nun … sonderlich viel Geschmack hat sie weiß Gott nicht, und mit ihrer Wohnung ist nicht gerade viel Staat zu machen, mal ganz davon abgesehen, dass man dort ständig einem Kind oder einem Tier auf die Füße tritt.“

Olivia fand insgeheim, dass das Zuhause ihrer Tante und ihres Onkels mit den liebevoll auf Hochglanz gebrachten Antiquitäten, den Schüsseln köstlich duftender selbst gemachter Eintöpfe und den Schnittblumen aus dem eigenen Garten ihrem persönlichen Geschmack sehr nahe kam.

Sie wusste, dass ihre Mutter ihren ganzen Stolz dareinsetzte, ihr Heim stets dem jeweiligen Zeitgeistgeschmack anzupassen, ebenso wie ihre Garderobe. Olivia war von frühester Jugend an mit der Unzufriedenheit vertraut, die ihre Mutter jedes Frühjahr beim Durchblättern bestimmter Hochglanzmagazine überfiel, wenn die Stilbibeln verkündeten, was derzeit in Mode war und was nicht. Dann wurden ganze Räume neu eingerichtet, um sich dem neuesten Modediktat zu unterwerfen, ihre Mutter sorgte sich fast obsessiv noch um das winzigste Detail und ruhte nicht eher, bis sie auch wirklich den ganz genau passenden Lampenschirm oder das entsprechende Kunstobjekt, das „man“ derzeit an der Wand hängen hatte, endlich aufgetrieben hatte.

„Hat sie sich schon immer so viel aus der Meinung anderer gemacht?“, fragte Caspar sie später in der Nacht, als sie im Bett lagen. Olivia hatte sich in sein Dachzimmer geschlichen, wobei sie sich fast vorgekommen war wie ein unartiges Schulmädchen – es war wirklich lächerlich, dass ihre Mutter sich einbildete, auf Gramps’ altmodische Ansichten Rücksicht nehmen zu müssen, wenn er sie nicht einmal sehen konnte.

„Ja“, bestätigte sie, „obwohl …“

„Obwohl was?“, drängte Caspar, als sie nicht weiterredete.

„Ich … ich bin mir nicht ganz sicher. Ich kann mich nicht erinnern, dass es früher so schlimm war … Ich vermute, es ist derzeit alles nicht ganz einfach für sie. Für sie war ihr Aussehen immer das Wichtigste, ihr ganzes Selbstbewusstsein hing davon ab, und jetzt … obwohl sie natürlich immer noch erstaunlich gut aussieht, wird sie dennoch …“

„Älter – und verzweifelter“, beendete Caspar ihren Satz.

Olivia nickte zustimmend in der Dunkelheit.

Obwohl sich ein Teil von ihr insgeheim immer gewünscht hatte, dass Tiggy mehr wie Jenny wäre … mehr wie eine ganz normale Mutter und nicht dieses fast kindlich wirkende, zerbrechliche Wesen, verspürte Olivia jetzt doch ein leichtes Unbehagen. Es erschien ihr nicht fair, diesen Punkt mit Caspar zu diskutieren, vor allem, weil sie am Nachmittag gesehen hatte, wie peinlich berührt er von Tiggys Verhalten ihm gegenüber gewesen war. Sie fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, einerseits mit Caspar über ihre Mutter zu reden und sie andererseits zu beschützen, indem sie schwieg.

„Ich habe Durst“, erklärte sie, aus dem schmalen Bett schlüpfend. „Ich gehe nach unten und mache mir eine Tasse Tee. Möchtest du auch eine?“

„Ja, bitte. Soll ich mitkommen?“

Olivia schüttelte den Kopf. „Ich bin gleich wieder da“, versprach sie und gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund, dann warf sie sich ihren Bademantel über und tappte barfuß zur Tür.

In der Halle konnte sie den Duft der weißen Lilien riechen, die Lieblingsblumen ihrer Mutter.

Die Küchentür stand einen Spalt offen, Olivia blieb einen kurzen Moment stehen und spannte sich an, als sie hörte, wie drinnen eine Verpackung aufgerissen wurde. Biskuits, schloss sie, als das Geräusch an ihr Ohr drang, das entsteht, wenn jemand viel zu schnell etwas Knuspriges in sich hineinschlingt.

Ohne zu zögern, stieß Olivia die Tür auf und tastete nach dem Lichtschalter. Einen Moment später war die Küche von Helligkeit überflutet und gab die Gestalt, die da zusammengekauert vor dem halb offenen Kühlschrank kauerte, ihren Blicken preis.

Überall um sie herum auf dem Boden lagen leere Tüten, Esskartons, aufgerissene Verpackungen und sogar Dosen, wie Olivia total schockiert und ungläubig registrierte, während ihr Blick von dem Chaos auf dem Fußboden zu dem aschfahlen Gesicht ihrer Mutter wanderte.

„Tiggy …“, flüsterte sie, „was ist … was ist …?“

Obwohl sie die Frage stellte, kannte sie die Antwort doch bereits, genau so, wie sie sie heute Morgen schon gekannt hatte, als sie ins Schlafzimmer ihrer Mutter gekommen war und diese inmitten von glänzenden Einkaufstüten, umringt von funkelnagelneuen, noch nie getragenen Kleidern vorgefunden und diesen ekelerregenden Geruch von Erbrochenem, der den Parfümduft überlagert hatte, wahrgenommen hatte. Sie hatte es gewusst und sich doch den ganzen Tag über verzweifelt bemüht, es zu verdrängen, ebenso, wie sie diese beschämenden Gefühle von Zorn und Groll hatte vergessen wollen, die angesichts des offen zutage liegenden erbarmungswürdigen Unglücks und der Verzweiflung ihrer Mutter in ihr aufgestiegen waren. Wodurch auch immer diese Verzweiflung hervorgerufen worden sein mochte, es war Olivia klar, dass ihrer Mutter das, was sie da tat, schon seit vielen – wie vielen? – Jahren zur Gewohnheit geworden war.

Anorexie, Bulimie – das waren medizinische Begriffe, die man mit empfindsamen, in ihrer Geschlechterrolle verunsicherten jungen Mädchen in Zusammenhang brachte, aber ganz gewiss nicht mit einer erwachsenen Frau Mitte vierzig, und dennoch gab es vor der Wahrheit, die offen vor ihren Augen lag, kein Entkommen für Olivia.

„Oh Mum“, flüsterte sie erstickt, noch immer hoffend, dass sich alles als ein schreckliches Missverständnis herausstellen und ihre Mutter aufstehen, sie anlächeln und sich dieses Chaos um sie herum einfach in Luft auflösen würde; und doch sprachen die traurigen Überreste des Fressanfalls ihrer Mutter eine überdeutliche Sprache.

Voller Entsetzen starrte Olivia auf die Bescherung. Wie war es nur möglich, dass ein einzelner Mensch so viel essen konnte? Sie schaute auf ihre Mutter, deren Gesicht teigig wirkte und fahl, die Augen leer, die Lider schwer. Tiggy hatte sichtlich Mühe, angemessen zu atmen, eine Hand massierte mit kreisenden Bewegungen ihren Bauch unter dem dünnen Morgenmantel.

„Warum?“, flüsterte Olivia erschüttert.

„Ich weiß nicht … ich weiß es nicht …“

Tiggy krümmte sich zusammen und begann zu weinen, sie schlang ihre dünnen Arme um ihre gebeugten Knie und wiegte sich langsam hin und her, während sie Olivia flehend anblickte.

„Bitte, erzähl es niemandem …“, flüsterte sie, „… ich will nicht immer so viel Geld ausgeben, aber ich muss es einfach … ich kann nichts dagegen tun, verstehst du? Du verstehst mich doch, oder?“, appellierte sie an ihre Tochter.

Aber Olivia, die sich wieder an den Anblick der Tragetaschen und der nicht ausgepackten, nicht getragenen Kleider erinnerte, die über das ganze Schlafzimmer verstreut herumgelegen hatten, fand nicht die richtigen Worte, um ihrer Mutter die Versicherung zu geben, nach der diese sich so verzweifelt sehnte.

„Erzähl’s nicht deinem Vater“, wiederholte Tiggy. „Ich habe ihm versprochen, dass ich es nicht mehr tue. Er liebt mich nicht mehr, wenn ich krank bin“, hörte Olivia ihre Mutter sagen. „Er versucht dann zwar immer noch, so zu tun, als ob, aber ich weiß es genau … er würde nicht mehr zu mir kommen …“

Sie schluchzte jetzt leise in sich hinein, wie ein kleines Kind. Sie sah sogar aus wie ein kleines Kind mit ihren dünnen Armen und dem ausgemergelten Körper. Olivia wünschte sich, zu ihr zu gehen, die Arme um sie zu legen und sie ganz fest zu halten, aber der durchdringende Geruch des Essens und die Erinnerung daran, wie es in ihrem Schlafzimmer gerochen hatte, nachdem sich ihre Mutter bis obenhin vollgestopft und anschließend alles wieder herausgebrochen hatte, hielt sie davon ab. Sie schaffte es einfach nicht, sich Tiggy so zu nähern, so gern sie es auch gewollt hätte.

Während sie gegen ihre eigene Übelkeit ankämpfte, die sie zu überwältigen drohte, fragte sich Olivia, warum sie so lange gebraucht hatte, um zu erkennen, was mit ihrer Mutter los war.

„Olivia?“

Sie spannte sich an, als sie hörte, wie Caspar in die Küche kam. Sie hatte den Tee ganz vergessen, den sie ihm versprochen hatte, und jetzt, da sich ihre Blicke kreuzten, wurde ihr klar, dass er genauso schnell begriffen hatte wie sie selbst vor zwei Minuten.

Autor

Penny Jordan

Am 31. Dezember 2011 starb unsere Erfolgsautorin Penny Jordan nach langer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Penny Jordan galt als eine der größten Romance Autorinnen weltweit. Insgesamt verkaufte sie über 100 Millionen Bücher in über 25 Sprachen, die auf den Bestsellerlisten der Länder regelmäßig vertreten waren. 2011 wurde sie...

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