Küsse, berauschend wie Champagner

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Ein geheimes Wochenende in Las Vegas, wild und verrückt, wie aus ihren verruchtesten Fantasien. Danach hat Meredith den unwiderstehlich attraktiven Geschäftsmann Jason Lynhurst nie wiedergesehen. Bis sie schockiert feststellen muss, dass ihre im Rausch geschlossene Ehe tatsächlich rechtsgültig ist. Obwohl sie Jason gegen ihren Willen immer noch heiß begehrt, muss sie sich auf der Stelle von ihm scheiden lassen - sonst ist ihre Karriere im konservativen Familienunternehmen ein für alle Mal ruiniert! Doch wider Erwarten sagt Jason Nein zu ihrem Plan …


  • Erscheinungstag 23.08.2016
  • Bandnummer 1939
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723071
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Eine Reise nach Manhattan stand normalerweise ganz oben auf Meredith Chandler-Harris’ Liste der wirklich tollen Dinge. Ein Besuch bei einem der angesehensten Modehäuser der Welt rangierte sogar noch darüber. Aber dem Mann gegenüberzutreten, den sie seit zwei Jahren zu vergessen versuchte, und ihm zu sagen, dass sie miteinander verheiratet waren? Eher weniger. Das ruinierte alles − Manhattan, Mode und sogar Martinis.

Martinis waren Jasons bevorzugte Drinks.

Meredith bewegte sich so wenig wie möglich auf dem knarzenden Ledersofa, während sie darauf wartete, von der Empfangsdame zu Jason Lynhurst vorgelassen zu werden, dem leitenden Geschäftsführer von Lyn Couture. Und Merediths Ehemann, wie es schien.

„Mr. Lynhurst wird sie jetzt empfangen“, verkündete die Frau am Tresen mit frostiger Stimme.

Jenseits des Empfangs herrschte wildes Treiben bei Lyn Couture. Makellos gekleidete Männer und Frauen gingen ihren Aufgaben nach, und Meredith versuchte fasziniert, einen Blick auf die auf Stoff und Papier gezeichneten Umrisse der neuesten Entwürfe zu erhaschen, die auf den Tischen verteilt lagen.

Hier kamen Mode und Stil auf magische Weise zusammen. Sie spürte, wie ihr ganz leicht zumute wurde. Lyn Couture war ein wahres Mekka für Modeliebhaber, und Meredith liebte alles, was mit Kleidung zu tun hatte: das Einkaufen, Tragen, Besitzen, Zusammenstellen.

Natürlich hatte sie damals nicht gewusst, wer Jason war, als sich ihre Blicke auf der Tanzfläche in Las Vegas getroffen hatten. Das Einzige, was sie gewusst hatte, war, dass er sich wie ein Mensch bewegte, der sich in seinem Körper wohl fühlte, und dass sie ein Stück von ihm wollte. Nur um dann zwei Jahre später zu erfahren, dass sie mehr bekommen hatte als gedacht.

Meredith spürte neugierige Blicke, als sie der eisig dreinblickenden Empfangsdame zu einem Eckbüro folgte.

„Mr. Lynhurst?“, fragte die Frau durch die offene Tür. „Ihr Besuch ist da.“

Mr. Lynhurst. Lieber Himmel. Dieser Mann hatte an einem Wochenende mehr verruchte Dinge mit Meredith getan, als alle anderen Männer seitdem … zusammen. Zu ihrem großen Leidwesen. Gab es denn keinen einzigen, der sie die Perfektion dieses Mannes vergessen lassen konnte, der ihre ganze Welt vor so langer Zeit aus den Angeln gehoben hatte?

„Danke, meine Liebe, ich übernehme ab hier.“ Meredith schritt zielstrebig an der Empfangsdame vorbei ins Büro, ganz, als würde ihr der Laden gehören. So beeindruckte man Menschen.

Und sie brauchte Jasons ganze Aufmerksamkeit. Sie musste ihn von einer schnellen, stillen Scheidung überzeugen. Und zwar sofort. Nur so konnte sie ihrem Vater unter die Augen treten und ihn um einen Kredit bitten, damit sie ins Geschäft ihrer Schwester einsteigen konnte.

Außerdem war sie überhaupt nicht dafür bereit, verheiratet zu sein, weder mit Jason noch mit sonst irgendwem. Nicht, solange sie noch unsicher war, wohin ihr eigener Weg sie führen sollte. Was auch ein Grund dafür gewesen war, warum die Las-Vegas-Hochzeit ihr am kalten, hellen Morgen danach nicht mehr wie eine ganz so großartige Idee vorgekommen war. Die Ehe hätte niemals registriert werden sollen. Aber nun war sie offiziell mit Jason verheiratet.

Der jetzt hinter seinem gläsernen Schreibtisch saß, kühl und elegant. Als sich ihre Blicke trafen, stockte ihr der Atem. Oh, yeah! Aus genau diesem Grund schaffte es keiner der anderen Männer, Jason aus ihren Erinnerungen zu vertreiben.

Diese Wangenknochen. Das stilvoll gestylte, leicht verwuschelte hellblonde Haar. Sie wollte ihre Finger darin vergraben und ihn zu einem heißen Kuss zu sich herunterziehen. Clever, sinnlich und – verdammt! – er hörte zu, wenn sie sprach. Die meisten Männer schenkten allem oberhalb von Merediths Schultern keine große Aufmerksamkeit, aber Jason hatte sie nach ihrer Meinung gefragt und ihre Ideen ernst genommen.

Sie hatte seitdem alle anderen Männer mit ihm verglichen, und keiner war ihm auch nur ansatzweise nahe gekommen. Und in den vergangenen zwei Jahren hatte seine Anziehungskraft kein Stück nachgelassen.

Jason erhob sich, perfekt gekleidet in einem schmal geschnittenen dunklen Anzug, der vermutlich nur wenige Meter von seinem Büro entfernt entworfen und geschneidert worden war.

„Meredith. Gut siehst du aus.“ Falls sie ihn mit ihrem überraschenden Besuch überrumpelt hatte, verbarg er es bestens.

„Danke, dass du so spontan Zeit für mich gefunden hast.“ Na, das lief doch großartig. Zwei Menschen, die nie gedacht hätten, dass sie sich noch einmal wiedersehen würden, machten sich erneut miteinander bekannt. Aber es gab keinen Grund, das Unvermeidliche hinauszuzögern. „Wir haben ein Problem. Je schneller wir es beseitigen können, umso besser.“

Ein verschlossener Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. „Ich hoffe sehr, du bist nicht hergekommen, um mir zu sagen, dass du schwanger warst und leider erst jetzt dazu kommst, mich einzuweihen.“

Für was für eine Frau hielt er sie? Sie zügelte die aufkeimende Wut. Sie kannten sich wirklich nicht sehr gut. An ihrem wilden Wochenende in Vegas war es um Entscheidungen im Leben gegangen, um Möglichkeiten, nicht darum, einen lebenslangen Partner zu finden.

Ihre Heirat war ein Fehler gewesen. Das wussten sie beide.

„Nein, das nicht.“ Meredith ließ sich auf dem Stuhl vor Jasons Schreibtisch nieder, in der Hoffnung, dass er es ihr gleichtun und sich auch wieder setzen würde.

Er entspannte sich ein wenig, blieb aber stehen. „Alles andere lässt sich klären. Was kann ich für dich tun?“

Es war alles so bizarr. Sie hatte Stunden damit verbracht, ihren schweißbedeckten Körper an diesem Mann zu reiben. Ihre Zunge hatte jeden Zentimeter Haut unter diesem Anzug gekostet. Sie waren Fremde gewesen, damals wie heute. Und gleichzeitig nicht. Es fühlte sich tatsächlich so an, als hätten sie sich erst gestern gesehen.

„Okay, komische Geschichte.“ Sie grinste, als ob das der Wahrheit entspräche. „Erinnerst du dich daran, wie wir diesen Rund-um-die-Uhr-Hochzeitsladen entdeckten und dachten, es sei eine tolle Idee, den Erwachsenen-Pakt mit einer Ehe in Vegas zu beschließen?“

Der Erwachsenen-Pakt.

Es war ihnen brillant vorgekommen damals … nach vier Runden Tequila-Shots und ungezählten Cosmopolitans und Martinis. Nach einem ersten intensiven Blickkontakt hatten sie das restliche Wochenende gemeinsam verbracht. Mit einer unendlich scheinenden Unterhaltung, in deren Verlauf Meredith diesem Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte, mehr von sich preisgegeben hatte als jemals irgendwem zuvor. Und er hatte damals dasselbe von sich gesagt. Sie waren beide auf der Suche nach etwas gewesen, nach irgendwas, das ihnen helfen würde, diesen Abgrund zwischen den Freiheiten der Jugend und dem Rest ihres Lebens zu überbrücken.

Beim Erwachsenen-Pakt war es nie darum gegangen, tatsächlich miteinander verheiratet zu bleiben. Es ging darum zu beweisen, dass sie etwas Erwachsenes tun konnten, dass etwas so Verantwortungsvolles wie eine Heirat nicht so angsteinflößend war, wenn sie es gemeinsam taten.

„Natürlich erinnere ich mich daran“, sagte er. „Das war das einzige Mal, dass ich mich auf eine wirklich dumme Idee eingelassen habe.“

Sie seufzte. Damit war er wohl allein. Sie tat ständig dumme Dinge. Der Erwachsenen-Pakt hatte ihr die Kraft und Zuversicht geben sollen, mehr als eine Schönheitskönigin zu sein und einen Platz in der Welt zu finden, an dem sie auch für das respektiert wurde, was in ihrem Kopf steckte. Aber das hatte sie nicht, zumindest noch nicht.

„Wie sich herausstellte, wurde die Heiratsurkunde doch registriert.“

„Was?“ Jasons Gesichtsausdruck wurde hart. „Wie ist das möglich? Du solltest sie vernichten.“

„Und das habe ich! Also, ich habe sie weggeworfen“, korrigierte sie sich. Das war die einzige mögliche Erklärung. Auch wenn sie sich an das Wegwerfen nicht mehr erinnern konnte. „Von Vernichten war nie die Rede gewesen.“

„Aber das tut man mit Dingen, von denen man nicht will, dass sie in die falschen Hände gelangen, Meredith.“ Endlich setzte er sich hin. „Kreditkartennummern, juristische Dokumente, Heiratsurkunden, die sich am nächsten Morgen als Fehler herausstellen.“

Er fuhr sich mit den Fingern durch das ohnehin schon wirre Haar, und ihre Finger zuckten reflexhaft, als sie sich wünschte, ihn noch einmal berühren zu können. Ein kleiner Teil von ihr hatte sich erhofft, sie könnten die alten Zeiten noch einmal aufleben lassen, sobald dieser dumme Fehler ausgeräumt war. Eine letzte Nacht in Jasons Bett würde sie bestimmt von ihrer Sehnsucht und den ewigen Vergleichen kurieren.

Der grimmige Ausdruck auf seinem Gesicht sorgte jedoch nicht gerade für ein angenehm warmes Gefühl in ihrem Bauch.

„Es ist eben passiert“, sagte sie. „Wir sind ganz legal miteinander verheiratet, seit zwei Jahren. Jetzt müssen wir damit klarkommen. Und vielleicht könnten wir, du weißt schon, anschließend zusammen etwas trinken gehen.“

Der Vorschlag war nicht unbedingt subtil, aber sie nahm gern den direkten Weg. Sie spürte ein geradezu zwanghaftes Verlangen danach herauszufinden, ob der Funke zwischen ihnen noch immer existierte.

„Damit klarkommen? Oh, ich verstehe. Du hast meine Verlobungsanzeige gesehen und jetzt willst du eine Abfindung.“ Er nickte ergeben. „Wie viel willst du?“

Jason war verlobt? Hervorragend. Er würde sich umso schneller darum bemühen, die Scheidung einzureichen, und das möglichst ohne Aufsehen. Aber so toll fühlte es sich dann doch nicht an.

Dass er so viel besser im Leben vorangekommen war als sie, war bitter. So viel zum Auflebenlassen der alten Zeiten. Ade, letztes wildes Wochenende.

„Ich will dein Geld nicht, Jason. Nur eine schnelle Scheidung, einvernehmlich und ohne Güteraufteilung.“

„Sicher.“ Der Sarkasmus war deutlich. „Sobald du in Vegas herausgefunden hattest, dass ich Bettina Lynhursts Sohn bin, müssen kleine Dollarzeichen in deinen Augen geleuchtet haben. Gib es doch zu! Du hast die Urkunde absichtlich registrieren lassen, um später damit Geld zu machen. Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass du dir damit so lange Zeit gelassen hast.“

Sie starrte ihn entsetzt an. „Du hast offenbar vergessen, dass ich sowohl eine Chandler als auch eine Harris bin. Ich brauche dein kleines Mode-Imperium nicht. Mit dem Geld meines Vaters wurde Houston erbaut. Deine Dollarzeichen kannst du dir also sonstwohin stecken, und jetzt unterschreib die Scheidungspapiere und geh wieder an die Arbeit.“

Sie hatte alle Kreditkarten ihres Vaters zerschnitten, aber das musste Jason ja nicht wissen.

Aus völlig unerklärlichen Gründen grinste Jason. Die Spannung entwich, als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte. „Schwer zu vergessen, wie starrköpfig du bist. Du hast die Papiere schon dabei? Sehr gut. Gib mir eine Kopie davon und ich schicke sie meinem Anwalt. Wenn alles in Ordnung ist, unterzeichne ich sie und schick sie dir zurück. Danke, dass du gekommen bist.“

Er erhob sich. Sie nicht.

Sollte ihr Vater jemals herausfinden, wie unüberlegt seine Tochter gehandelt hatte, würde er ihr niemals einen Kredit geben. Damit wäre ihr Traum, als Teilhaberin in Caras Unternehmen einzusteigen, unerreichbar. Und Meredith wollte um alles in der Welt beweisen, dass sie es aus eigener Kraft schafften konnte.

„Ich würde es begrüßen, wenn nie jemand herausfinden würde, dass wir verheiratet waren.“ Sie zog einen Umschlag aus ihrer Tasche. „Hier sind die Kopien.“

„Danke, geht mir genauso. Mein Anwalt wird sie sich ansehen. Bleibst du in der Stadt?“

„Einige Tage, aber nicht lange. Beeil dich also besser.“

Sie schrieb ihre Hoteladresse und Handynummer auf ein Post-it und klebte es auf sein Revers, in einem letzten Versuch, ihn noch einmal zu berühren.

Zu schade, das mit der Verlobten. Und noch bedauerlicher, dass Jason Lynhurst so gänzlich über sie, Meredith, hinweg war.

Am schlimmsten war jedoch, dass sie nicht dasselbe von sich behaupten konnte.

Meredith. Die einzige Frau, die jemals hinter seine Fassade geblickt hatte – und die einzige Frau, die von sich behaupten konnte, in seinem Bett geschlafen zu haben, da er normalerweise großen Wert auf seine Privatsphäre legte. Ihre kurze gemeinsame Zeit war wild und verrückt gewesen, wie aus seinen heißesten Fantasien – und so ganz und gar nicht wie er.

Meredith war auch die einzige Frau, die er jemals für gefährlich gehalten hatte. Für sein Seelenheil, seine Zukunft. Und natürlich für seine Selbstbeherrschung. Denn er hatte ihr in Las Vegas nicht widerstehen können, und er hatte das dunkle Gefühl, dass sich daran auch jetzt nichts geändert hatte.

Aber dies war weder die Zeit noch der Ort, um darüber nachzudenken.

Er hatte in fünfzehn Minuten ein Meeting mit Avery, und seine Schwester würde es ihm gehörig unter die Nase reiben, wenn er zu spät erschien. Um diese Uhrzeit quer durch die Stadt zu fahren, war ein schwieriges Unterfangen. Er schob seine Tasche auf die andere Schulter und rief ein Taxi, anstatt den Firmenwagen zu nehmen. Es würde viel zu lange dauern, ihn aus der Garage zu holen.

Sobald Jason im Taxi saß, wanderten seine Gedanken wieder zurück zu Meredith und der Bombe, die sie ihm vor die Füße geworfen hatte.

Verheiratet. Mit Meredith.

Damals hatte er es für einen fantastischen Plan gehalten, sich – wenn auch nur symbolisch natürlich, als Teil ihres Paktes – an eine Frau zu binden, die Verständnis für seine Sorgen und Nöte aufbrachte und diese dann alle verschwinden lassen konnte.

Der Trip nach Vegas war eine spontane Idee gewesen, entstanden aus seiner Frustration und der Verwirrung über die Ankündigung seiner Eltern, sich nicht nur nach dreißig Jahren Ehe scheiden zu lassen, sondern zudem auch noch Lynhurst Enterprises, ihr gemeinsames Unternehmen, aufzuteilen. Lyn Couture ging an Bettina, Hurst House Fashion an Paul. Jason blieb bei Lyn und Avery ging zu Hurst. Alle schienen zufrieden mit der Lösung – außer Jason, den jedoch niemand nach seiner Meinung gefragt hatte.

Er hasste es. Das Erbe, das ihm seit seiner Geburt zugestanden hatte, das zu ihm gehörte, für das er lebte, war fort. Als er es nicht mehr ausgehalten hatte, war er nach Vegas geflohen, um all das zu vergessen.

Meredith war Balsam für seine verwundete Seele gewesen. Genau das, was er in diesem Moment gebraucht hatte, und sie hatte ihm geholfen, seinen Fokus zurückzubekommen. Ohne den Tumult daheim hätte er sich niemals auf ihr Angebot eingelassen, aber an diesem Wochenende galten andere Regeln. Er hatte sich am Morgen mit einem Kuss und einem Dankeschön von ihr verabschiedet und war mit neuer Zuversicht und einem Plan nach New York zurückgeflogen.

Er würde Lynhurst wieder unter einem Dach vereinen − oder bei dem Versuch untergehen.

Das Treffen mit Avery war der nächste wichtige Schritt dorthin. Lyn Couture und Hurst House gehörten zusammen, und Jasons Platz war an ihrer Spitze, als Geschäftsführer der wiedervereinten Firma. Darin waren er und Avery sich immerhin einig, genug zumindest, um ihre Animositäten beiseitezulegen und im Geheimen an ihrem Plan zu arbeiten.

Jason konnte nicht anders, mit seinem Smartphone ging er ins Internet und stieß recht schnell auf die Seite der Registratur von Clark County, Nevada. Hier stand es, schwarz auf weiß: der Beweis seiner ganz legalen Heirat mit Meredith Lizette Chandler-Harris.

Ein kurzer Aussetzer seines Urteilsvermögens, den er nur schwerlich den Menschen in seinem Umfeld erklären konnte. Jason hatte seinen Anwalt damit beauftragt, herauszufinden, was genau damals schiefgelaufen war.

Jetzt sprang er vor dem Café, das Avery für ihr Treffen vorgeschlagen hatte, aus dem Taxi. Sie befanden sich ganz in der Nähe von Averys angeberischem Loft.

Wie er erwartet hatte, saß seine Schwester nicht sehr geduldig in einer hinteren Ecke. Ihre Finger klopften einen harten Rhythmus auf den Tisch, während er auf sie zukam.

„Wo hast du gesteckt? Ich habe in einer Stunde ein Meeting mit den Project-Runway-Marketingleuten.“ Averys Hochnäsigkeit kam heute ganz besonders durch. „Nicht alle von uns können sich auf einer gemütlichen Position in Mutters Unternehmen ausruhen. Ich habe einen richtigen Job, um den ich mich kümmern muss.“

„Dir auch einen guten Tag“, erwiderte er ruhig. Avery liebte nichts mehr, als ihn auf die Palme zu bringen, also vermied er es, auf ihre Sticheleien einzugehen. „Da du so beschäftigt bist, hättest du vielleicht besser einen Treffpunkt in Midtown aussuchen sollen.“

Jason zog die Dokumente aus seiner Tasche. Sie enthielten die detaillierten Pläne der Zusammenführung von Lyn Couture und Hurst House Fashion. Sie waren sein Beitrag zu ihrem Vorhaben, während Avery sich um die Markenpflege und die Design-Aspekte kümmerte. Sie wollten die neue Firma gleichzeitig mit der neuen Frühjahrskollektion an den Start bringen, da die Meldungen der Presse all ihren Labeln zugutekommen würden. Avery warf einen Blick auf die Papiere, an denen er wochenlang gesessen hatte. Etwas darin erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie sah Jason unter hochgezogenen Augenbrauen an. „Hier steht, dass du der Geschäftsführer sein wirst. Aber das wirst du nicht. Ich werde Geschäftsführerin.“

„Bist du verrückt? Warum, glaubst du, habe ich mich für diese Sache so eingesetzt – damit ich dann dein Angestellter sein kann anstatt Moms?“ Avery war wahnsinnig. Sie war nicht bereit für diese Führungsposition, und außerdem gehörte diese ihm. Er hatte seinen Harvard-Abschluss für genau diese Zukunft gemacht. „Ich kümmere mich um dich, keine Sorge.“

Sie warf ihr langes blondes Haar zurück. „Ich bin die Ältere – da ist es selbstverständlich, dass ich die Firmenleitung übernehme, sobald alles wieder so ist, wie es sein soll.“

„Nichts ist selbstverständlich“, entgegnete Jason aufgebracht, bevor er seine Stimme wieder senkte. „Ich habe härter und länger an den Plänen gearbeitet als irgendjemand sonst, inklusive dir.“

Sein ganzes Leben lang war er darauf vorbereitet worden, in die Fußstapfen seines Vaters an der Spitze von Lynhurst Enterprises zu treten. Avery und Bettina spielten wichtige Rollen in den Bereichen Marketing und Design, aber sie hatten keine Visionen. Sie konnten ein derart großes Schiff wie Lynhurst nicht auf Kurs halten und in neue Richtungen lenken, schon gar nicht nach einer Fusion.

„Das ist eine Lüge.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre dünnen Lippen. „Wessen Idee war es, dieses Projekt gemeinsam anzugehen? Nicht deine. Die ganze Unternehmung hat viel größere Erfolgschancen, wenn wir uns zusammentun und Mom und Dad vor vollendete Tatsachen stellen. Und jetzt sag mir nicht, dass du ernsthaft damit gerechnet hast, dass ich dir die Position an der Spitze überlasse, kleiner Bruder.“

„Es gibt hier kein ‚Überlassen‘ von etwas. Ich habe mir diese Position mit den Plänen für die Fusion verdient, ganz davon abgesehen, was ich als Strategischer Leiter von Lyn Couture erreicht habe.“ Verdammt, schon allein mit dem Coup seiner Verlobung mit Meiling Lim hatte er sich die Stelle des Geschäftsführers verdient!

Dem Vater seiner Verlobten gehörte das größte Textilunternehmen Asiens, und Jasons Heirat mit Meiling würde die Partnerschaft zwischen Lyn Couture und den Produktionsstätten in Übersee noch vertiefen. Die Verbindung war am Aufsichtsratstisch geplant worden und eine ausgezeichnete Business-Entscheidung.

Meilings feine Gesichtszüge und ihre perfekten Manieren waren genau das, was ein junger, aufstrebender Geschäftsführer brauchte. Sie mochten sich und verfolgten ähnliche Ziele mit diesem Arrangement – beide wollten Vorteile für ihre Familien daraus ziehen. Keiner von ihnen erwartete eine Heirat aus Liebe. Er freute sich darauf, Meiling in seinem Leben zu haben, und ihre Ehe würde eine ruhige, vorteilhafte Verbindung sein … ganz anders als die stürmische, verrücktmachende Beziehung, die er mit jemandem wie Meredith haben würde.

Das Letzte, was er in seinem Leben brauchte, war eine Frau, die ihn dazu verführte, schlechte Entscheidungen zu treffen. Solche Frauen überließ er seinem Vater.

Jason hatte großes Glück, dass Meilings traditionsbewusste Familie fortschrittlich genug war, darüber hinwegzusehen, dass er kein Asiate war. Er brauchte sie und die Vorteile, die sie ihm in dieser von Frauen dominierten Welt versprach. Und nichts würde seine Pläne stören.

Abgesehen von Averys fehlgeleiteter Annahme, sie könne ihm die Führungsposition streitig machen. Aber darauf konnte sie lange warten.

„Warum verschieben wir die Entscheidung darüber, wer der Boss sein wird, nicht auf später, wenn die Zusammenführung erfolgreich war?“, schlug er mit ruhiger Stimme vor.

Avery zögerte kurz und nickte dann. „In Ordnung. Vorerst. Aber denk nicht, dass du mit irgendwas davonkommen wirst. Ich werde nicht nachgeben. Doch jetzt an die Arbeit.“

Sie besprachen und klärten genaue Details der Pläne, bis Avery zu ihrem Termin aufbrechen musste. Im Taxi auf dem Weg zurück ins Büro rief Jason bei Meiling an. Es erschien ihm nur richtig, dass sie das ganze Ehe-Debakel von ihm erfuhr. Hoffentlich würde sie sehen, wie praktisch es war, dass er die Scheidungspapiere bereits in der Hand hatte. Sobald sein Anwalt sie gesichtet hatte, wäre die Sache erledigt und er würde Meredith nie wiedersehen … außer in seinen Gedanken, wo ihre leuchtenden Augen ihn in eine Welt lockten, in der Vergnügen und Verständnis und Verbundenheit keine fremdartigen Konzepte waren.

Er musste aufhören, an sie zu denken. Das war Meiling gegenüber respektlos. Und es gab kein Szenario in seinem Lebensplan, in dem Meredith – selbst für eine kurze Zeit – Platz fand.

2. KAPITEL

Es war bereits nach sieben Uhr abends, aber Merediths Magen spielte verrückt und sie fühlte sich erstaunlich appetitlos. Sie war entsetzlich nervös. Alles hing von einer schnellen, unauffälligen Scheidung ab.

Lars, der Anwalt ihres Vaters, hatte ihr geduldig erklärt, wie er bei einer Routine-Überprüfung der Verwandten ihres Vaters auf ihre registrierte Ehe gestoßen war. Hätte ihr Vater sich nicht entschieden, sein Testament zu aktualisieren, hätte sie niemals erfahren, dass die Heirat mit Jason offiziell war. Zum Glück war all das geschehen, bevor sie ihren Vater um den Kredit bitten konnte.

Da es keinen Ehevertrag gab, könnte Jason vor Gericht um seinen Anteil an den Milliarden ihres Vaters streiten, wenn er wollte. Dankenswerterweise war Lars schon seit Merediths Geburt der Anwalt ihres Vaters und mochte sie sehr. Er hatte ihr versprochen, nichts zu sagen, während sie sich um die Scheidung kümmerte.

Eine legale Heirat, von der sie nicht einmal wusste, zeugte von Verantwortungslosigkeit. Deshalb brachte sie es nicht über sich, ihren Vater im selben Atemzug um Geld zu bitten, in dem sie ihm mitteilte, dass sie einen derart großen Fehler gemacht und noch nicht behoben hatte. Sie wollte ihm beweisen, dass sie genauso verantwortungsbewusst sein konnte wie ihre Schwester Cara. Und sobald sie Jasons Unterschrift auf den Papieren hatte, konnte sie Heirat und Scheidung gemeinsam präsentieren, und darauf hoffen, dass alle einsehen würden, wie erwachsen sie die Sache gehandhabt hatte. Und dass sie sich den Kredit und die Teilhaberschaft an Caras Unternehmen verdient hatte.

Eigentlich war es eine gute Sache, dass sie nicht hungrig war. Das Limit ihrer Visa-Karte war lachhaft, und sie hatte nicht damit gerechnet, das Wochenende in dem teuren Hotel in Manhattan zu bleiben. Aber sie sah die Vorzüge in Jasons Vorschlag, in Reichweite zu bleiben.

Lustlos zappte sie durch die unzähligen Fernsehkanäle. Als ihr Handy piepte, griff sie rasch danach, in der Hoffnung, es würde sie von den Gedanken an Jason ablenken.

Die Nachricht kam allerdings just von ihm: Ich bin in der Lobby. Schick mir deine Zimmernummer.

Ein kurzer, scharfer Stich durchfuhr ihre Mitte. Aber sie machte sich nichts vor. Er war nicht hier, um auf ihre plumpe Einladung zu einem Drink einzugehen. Er war schließlich verlobt, und sie hoffte ernsthaft, dass er nicht die Art von Mann war, der hinter dem Rücken seiner Verlobten mit anderen Frauen herummachte. Und selbst wenn er Interesse an ihr hätte – sie hatte keines daran, anderen Frauen die Männer auszuspannen.

Sie schickte ihm die Nummer und lief dann ins Badezimmer, um ein wenig Parfum und frisches Make-up aufzutragen. Eine Chandler-Harris ließ niemanden hinter ihre Fassade blicken.

Das Klopfen an der Tür erschreckte sie, obwohl sie damit gerechnet hatte. Das war schnell gegangen.

Sie öffnete die Tür, und der finstere Ausdruck auf Jasons Gesicht verhieß nichts Gutes. „Was ist los?“

„Lass mich rein. Ich rede nicht zwischen Tür und Angel mit dir.“

Schweigend öffnete sie die Tür und trat einen kleinen Schritt beiseite, sodass er sich an ihr vorbeizwängen musste. Sein fester Körper streifte ihren, und sie spürte kein Gefühl des Bedauerns darüber.

Jasons Präsenz nahm den ganzen Raum ein, und sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. „Ich nehme an, du willst mich nicht zum Essen einladen?“

„Du hast alles ruiniert“, stieß er hervor. „Alles. Ich habe zwei verdammte Jahre lang geschuftet wie ein Idiot, und an einem Nachmittag löst sich alles in Luft auf.“

„Wovon redest du? Ich bin hier, um das Problem zu lösen.“

„Ich habe meiner Verlobten die niedliche Geschichte von einem heißen Wochenende in Las Vegas erzählt, und – stell dir nur vor, wie witzig! – dass ich immer noch verheiratet bin. Sie war nicht begeistert. Tatsächlich so sehr nicht begeistert, dass sie unsere Verlobung gelöst hat.“

„Oh, Jason! Es tut mir so leid!“ Meredith hob unwillkürlich die Hand zum Mund. Wie schrecklich! Er musste außer sich sein. Kein Wunder, dass er in so einer schlechten Stimmung war. „Ich hätte niemals gedacht…“

„Und deswegen sieht es jetzt wie folgt aus: Du hast mich einen sehr wichtigen Kontakt in der Textilindustrie gekostet. Du schuldest mir etwas. Und du wirst es mir zurückzahlen.“

Sie wich einen Schritt zurück, als seine Wut wie eine Welle über sie hinwegrollte. „Wie … wie meinst du das, ‚zurückzahlen‘?“

Das hier war nicht der Mann, den sie in Vegas kennengelernt hatte. Er sah genauso aus, mit demselben umwerfenden Körper und einer Stimme, die ihr vierundzwanzig Stunden am Tag schmutzige Dinge ins Ohr flüstern sollte. Aber dieser Jason Lynhurst war härter, spröder. Es gefiel ihr kein bisschen.

„Auf so viele unangenehme Arten, wie mir einfallen“, erwiderte er und ließ seinen Blick über ihren Körper wandern. „Aber nicht auf diese Weise. Es geht hier nur ums Business, Herzblatt. Du musst etwas für mich erledigen.“

Autor

Kat Cantrell
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