Lass mich dein Traumprinz sein

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Ein verführerisches Angebot! 500 Millionen Dollar bietet der attraktive Prinz Ali von Dubar dem blonden Top-Model Charmaine, wenn sie eine Woche mit ihm verbringt - eine riesige Summe, mit der sie ihre Stiftung für kranke Kinder lange unterstützen könnte. Natürlich weiß Charmaine, was der Prinz vorhat: Er will sie verführen - seit der ersten Begegnung prickelt es zwischen ihnen. Soll sie Ja oder Nein sagen? Charmaine wird schwach. Und als Ali sie bereits am ersten Abend auf seinem luxuriösen Landsitz in die Arme nimmt und küsst, erwacht in ihr ganz überraschend ein berauschendes Gefühl …


  • Erscheinungstag 17.04.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746322
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Sobald sie einander vorgestellt worden waren, wusste Charmaine, dass Seine Königliche Hoheit, Prinz Ali von Dubar, ihr noch vor Ende des letzten Pferderennens Avancen machen würde. Den ganzen Nachmittag hatte er sie mit arroganten Blicken aus dunklen Augen verfolgt, sodass sie beinah bereute, den Job angenommen zu haben. So vergnüglich es auch sein mochte, zu den Juroren der „Rennbahn-Modequeen-Wahl“ zu gehören, so nervtötend war es, schon wieder von einem international berüchtigten Playboy begehrt zu werden.

Nichts stieß Charmaine mehr ab, als gut aussehende und reiche Männer, die sich einbildeten, jede Frau um den Preis eines Abendessens oder womöglich noch weniger haben zu können. Und dieser arabische Prinz war nicht nur extrem reich, sondern sah auch noch super aus. Er trug einen hellgrauen Anzug zum blütenweißen Hemd, das seinen dunklen Teint, die braunen Augen und das rabenschwarze Haar noch besser zur Geltung brachte. Er war groß, schlank und durchtrainiert und besaß äußerst markante Züge.

Der Mann sah ganz anders aus als die Scheichs, die Charmaine bisher getroffen hatte, und als Supermodel bot sich ihr dazu so manche Gelegenheit. Die Reichen dieser Welt umgaben sich besonders bei öffentlichen Veranstaltungen gern mit schönen Frauen. So hatte es Charmaine weder gewundert, dass Prinz Ali sie in seine Loge einlud, noch dass er den Gedanken Ausdruck verlieh, die ihn umgetrieben haben mussten, während er sie beobachtete. Aus Erfahrung wusste Charmaine, dass milliardenschwere arabische Playboys dazu neigten, ihre angeblich unwiderstehliche Wirkung auf westliche Frauen maßlos zu über- und deren moralische Vorstellungen gnadenlos zu unterschätzen. Wahrscheinlich setzten diese Männer den Begriff „Supermodel“ mit „Superflittchen“ gleich.

Sie sollte recht behalten. Während sie zur Tribüne zurückkehrte, schien er sie mit Blicken geradezu auszuziehen. Dabei freute sich Charmaine schon darauf, diesen eingebildeten Prinzen ein wenig zurechtzustutzen und seinem aufgeblasenen Ego einen Dämpfer zu versetzen.

Er ließ sie keine Sekunde aus den Augen, und nicht zum ersten Mal verwünschte sie ihre körperlichen Vorzüge: die Größe und den nordischen Hauttyp, den sie ihrem Vater, und die babyblauen Augen und weiblichen Kurven, die sie ihrer Mutter verdankte. Schon im Teenageralter hatte man sich überall nach ihr umgedreht, sodass sich ihr bereits als Sechzehnjährige die Modelkarriere eröffnet hatte.

Jetzt, neun Jahre später, war Charmaine noch schöner und vor allem fraulicher geworden. Mit ihren atemberaubenden Maßen – neunzig, sechzig, neunzig – rissen sich die Designer geradezu um sie, denn an ihr sahen alle Entwürfe unheimlich sexy aus, womit sie die noch schlankeren Kolleginnen ausstach. Besonders gern wurde sie für Bademoden und Dessous gebucht und hatte damit bereits ein kleines Vermögen gemacht.

Doch so spärlich bekleidet auf Titelbildern und Werbeplakaten zu erscheinen hatte einen unangenehmen Nebeneffekt: Männer bildeten sich ein, ihr ganzer Körper und nicht nur ein Foto davon sei käuflich. Besonders reiche Männer dachten, sie könnten sich mit ihr als Freundin, Geliebte oder Ehefrau schmücken, wenn sie genug dafür bezahlten. Aber darüber konnte Charmaine nur lachen. Sie war bestimmt das Allerletzte, was sich ein Mann im Bett wünschte. Auch der arabische Prinz, der sie nun schon so lange beobachtete, wäre bitter enttäuscht, sollte er die Wahrheit erfahren, sodass sie ihm nur einen Gefallen tat, wenn sie seine Offerte ablehnte – woran er dabei auch immer denken mochte.

Lächelnd ließ sie sich nun auf dem Sessel neben ihm nieder, den er ihr offensichtlich freigehalten hatte – ganz dicht neben seinem, damit sie auch ja sein sündhaft teures After Shave einatmen konnte. Sonst war niemand in der Loge, nicht einmal der Bodyguard mit dem maskenhaft starren Gesicht, der sich sonst immer in unmittelbarer Nähe aufhielt. Bestimmt hatte er schon oft eine derartige Situation erlebt und wusste, dass er sich rarmachen musste, wenn sein Boss mit einer Frau plauderte, auf die er aufmerksam geworden war.

„Ich habe schon ganz ungeduldig auf Ihre Rückkehr gewartet, meine Gnädigste“, sagte der Prinz nun so gestelzt, wie man es nur auf einer englischen Privatschule lernte. „Sind Sie für heute mit der Sichtung der Damen fertig?“

„Ja, glücklicherweise. Es ist unheimlich schwierig, bei so vielen perfekt gekleideten Frauen die Gewinnerin zu ermitteln.“

„Wäre ich Preisrichter, würde es für mich nur eine geben: Sie.“

Bitte nicht, dachte Charmaine genervt. Spar dir dein Süßholzgeraspel für eine, die sich davon beeindrucken lässt. Aber sie gab ihrer Verärgerung keinen Ausdruck, sondern wartete geduldig, während der Mann seine Avancen vorantrieb.

„Ich habe mich gefragt, ob Sie heute Abend frei sind“, fuhr er wie erwartet fort, „und würde mich freuen, wenn Sie mich zum Dinner begleiten.“

Worüber du dich freuen würdest, mein aufgeblasener Prinz, ist mich zu vernaschen, dachte Charmaine.

Während er ihr schmachtend in die Augen sah, wurde ihr Blick eiskalt. „Tut mir leid“, erwiderte sie dann und hob das Kinn, „aber heute Abend habe ich schon etwas vor.“ Dabei wusste sie genau, dass er sich dadurch nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen würde.

„Dann vielleicht ein andermal. Wie ich höre, wohnen Sie in Sydney. Es mag Ihnen nicht bewusst sein, aber ich verbringe dort immer die Wochenenden.“

Das war ihr tatsächlich entgangen, aber den Prinzen hatte sie heute auch zum ersten Mal gesehen. Wie so viele Scheichs trat er nur selten in der Öffentlichkeit auf. Doch heute war von seiner Familie ein Preis gestiftet worden, den er samt Pokal übergeben hatte. Dabei war ein Pärchen aus Melbourne so freundlich gewesen, Charmaine über Prinz Ali aufzuklären. Jetzt wusste sie, dass er Mitte dreißig war und seit zehn Jahren sehr erfolgreich ein großes Gestüt im oberen „Hunter Valley“ nordwestlich von Sydney leitete.

Hinter vorgehaltener Hand hatte sie auch von seinem Ruf als Frauenheld und Liebhaber erfahren, wobei sie nicht genau wusste, ob das als Anreiz oder Warnung gedacht war. Sollte es Ersteres gewesen sein, war es reine Zeitverschwendung. Sie dachte nicht im Traum daran, sich mit dem Mann einzulassen. Ganz im Gegenteil, sie konnte es kaum erwarten, ihm deutlich zu machen, dass er sich eine andere Bettgefährtin suchen musste.

„Ich bin morgen Nachmittag wieder in Sydney“, fuhr er jetzt mit verführerischer Stimme fort, wobei er Charmaine nicht aus den Augen ließ. „Ich pokere freitagabends immer in meiner Hotelsuite und sehe mir samstags die Pferderennen an. Hätten Sie vielleicht Zeit, übermorgen Abend mit mir essen zu gehen?“, fragte er, und Charmaine dachte: Er lässt nicht locker. Aber das hatte sie ja schon erwartet. „Oder haben Sie hier in Melbourne noch Termine?“

„Nein, ich fliege morgen früh zurück nach Sydney. Aber Samstagabend habe ich leider auch keine Zeit“, erklärte Charmaine und musste ein zynisches Lächeln unterdrücken.

Erstaunt sah er sie an. „Haben Sie eine andere Verabredung?“

„Nein“, antwortete sie kurz angebunden.

Er runzelte die Stirn. „Dann gibt es einen festen Freund, der etwas dagegen hat, wenn Sie mit mir essen gehen? Oder einen heimlichen Liebhaber?“

Charmaines Verärgerung erreichte ein bisher nicht da gewesenes Höchstmaß, hervorgerufen von seiner gestelzten Ausdrucksweise und der Annahme, es müsse einen anderen Mann geben, der sie davon abhielt, mit ihm, dem Prinzen, auszugehen. Auf die Idee, dass sie ihn nicht unwiderstehlich fand und einfach nicht mit ihm zusammen sein wollte, kam er gar nicht. Doch am meisten brachte sie seine letzte Mutmaßung auf, dass sie womöglich bereits die heimliche Geliebte eines reichen Mannes sei.

„Ich habe keinen Freund und auch keinen Liebhaber. Ich gehe einfach grundsätzlich nicht mit jemandem wie Ihnen aus. Also sparen Sie sich die Mühe und fragen Sie mich nicht mehr.“

Der Blick des Prinzen wurde hart, und er zog die Brauen zusammen. „Darf ich vielleicht fragen, was Sie mit ‚einem Mann, wie ich es bin‘ meinen?“ Er klang eisig.

„Sie dürfen“, erwiderte sie genauso kalt, „aber Sie werden keine Antwort bekommen.“

„Ich habe doch wohl ein Recht zu erfahren, warum Sie mir auf derart unhöfliche Weise die kalte Schulter zeigen!“

„Sie reden von Recht?“, stieß Charmaine hervor und sprang auf, wobei sich eine Wut Bahn brach, die sie seit Jahren unter Verschluss gehalten hatte. „Was mich betrifft, stehen Ihnen überhaupt keine Rechte zu. Sie haben mich eingeladen, und ich habe abgelehnt. Sie haben mich noch einmal gefragt, obwohl ich ziemlich unmissverständlich klargemacht habe, dass ich nicht an Ihnen interessiert bin. Wenn ich dann deutlich werden muss, weil Sie einfach nicht locker lassen, finde ich das nicht unhöflich. Es ist mein Recht, mich nicht von einem verwöhnten und arroganten Mann belästigen zu lassen, nur weil er selten ein Nein zu hören bekommt. Aber meine Antwort wird immer negativ ausfallen, Prinz Ali. Und merken Sie sich das gut, denn wenn Sie mich weiter belästigen, zeige ich Sie an!“

Charmaine machte auf dem Absatz kehrt und verließ eilends die Zuschauertribüne. Beinah erwartete sie, dass er ihr folgen würde, aber leider tat er es nicht. Hätte er es gewagt, ihre Schulter zu berühren, hätte sie ihn geohrfeigt. Sie umklammerte den Griff ihrer Handtasche, sodass die Knöchel weiß hervortraten. Liebend gern hätte sie diesem arroganten Mistkerl gezeigt, was sie von ihm hielt. Worte allein waren bei Weitem nicht genug, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen. Am Wagen angekommen, zitterte Charmaine immer noch vor Aufregung.

Doch als sie sich hinters Steuer setzte und den Motor anließ, hatte sie plötzlich des Scheichs völlig erstauntes Gesicht vor Augen und stöhnte auf. Diesmal war sie zu weit gegangen – viel zu weit. Normalerweise formulierte sie ihre Abfuhren diplomatischer. Aber irgendetwas an dem Mann hatte sie einfach auf die Palme gebracht. Was, konnte sie nicht sagen. Wahrscheinlich war er zu attraktiv, als dass man ihm hätte widerstehen können. Allein diese Augen!

Sie fuhr aus der Parklücke. Hör auf, an den Kerl zu denken! befahl sie sich dann. Und vor allem hör auf, Schuldgefühle zu haben! Männer wie er empfinden nicht wie normale Menschen. Es hat ihn heute nur für einen kurzen Augenblick nach dir verlangt, aber heute Abend wird er weder allein zum Essen noch allein ins Bett gehen. Um sein Wohlergehen kümmern sich viele Leute. Und irgendeine Frau wird schon dumm genug sein, sein Ego und seine Wünsche zu befriedigen. Da brauchte sich Charmaine keine Sorgen zu machen und konnte getrost aufhören, an ihn zu denken.

Aber das tat sie nicht, sondern beschäftigte sich noch die ganze folgende Woche mit ihm. Das waren, wie sie annahm, ihre Schuldgefühle. Normalerweise wurde sie nie so deutlich, sondern behielt ihre Meinung für sich. Deshalb war es geradezu beunruhigend, wie sie den Scheich behandelt hatte. Doch am Wochenende verschwendete sie dann keinen Gedanken mehr an ihn. Schließlich befand sie sich auf einer Mission, die ihr keine Zeit für Männer wie Prinz Ali ließ. Mit solchen Typen hatte sie schon vor Jahren abgeschlossen, und erst vor Kurzem auch den netteren für immer den Rücken gekehrt.

Die Presseleute wären sicher erstaunt zu hören, dass sie als Supermodel von „Down Under“, das schon von so manchem Hochglanzmagazin zur attraktivsten Frau des Landes gekürt worden war, inzwischen sozusagen enthaltsam lebte. Sie wollte auch keinen Freund und ganz bestimmt keinen reichen Liebhaber mehr haben. Allein bei dem Gedanken lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Natürlich wäre die Neuigkeit von ihrem neuen nonnenhaften Dasein schlecht fürs Geschäft. Dem Begehren der Männer nachzugeben war Teil ihres Images. Deshalb zeigte sie sich anlässlich von Premieren und Partys auch weiterhin in Begleitung junger, gut aussehender Männer, die allerdings ihr eigenes kleines Geheimnis hatten. Sie waren schwul. So wurde Charmaine nach der Veranstaltung nicht belästigt, aber ihr Image blieb gewahrt. Und das bescherte ihr auch weiterhin hoch dotierte Modelaufträge für Dessous und Bademoden.

In der Vergangenheit hatte ihr das Millionen eingebracht, und wenn sie ihr sexy Image aufrechterhielt, würde das Geld auch in Zukunft fließen. Allein darauf kam es an. Sie brauchte Abermillionen, um die von ihr gegründete Kinderkrebshilfe-Stiftung zu finanzieren, die den Betroffenen das Leben ein wenig erleichterte und die Forschung unterstützte.

Manchmal, wenn Charmaine so darüber nachdachte, verzweifelte sie fast an der Aufgabe, die sie sich gestellt hatte. Bin ich wirklich in der Lage, etwas zu bewegen? überlegte sie dann deprimiert. Doch meistens überwog ihr stoischer Siegeswille, und sie tat alles in ihrer Macht Stehende, um Geld für ihren ganz persönlichen Kreuzzug zu sammeln.

1. KAPITEL

Oktober, der „Mai“ Australiens, elf Monate später …

„Ich bewundere deinen Mut“, sagte Charmaines Agenturchefin Renée, als sie von der Speisekarte aufsah. „Hast du dir überlegt, dass derjenige, der bei deiner Wohltätigkeitsveranstaltung ein Dinner mit dir ersteigert, womöglich ein Mistkerl ist?“

„Hauptsache er ist reich“, antwortete Charmaine und rang sich ein Lächeln ab. „Mit dem Essen und der Auktion am nächsten Samstag möchte ich wenigstens zehn Millionen Dollar einnehmen. Und was den edlen Spender angeht, der sich zwei, drei Stunden meiner Gesellschaft wünscht, ist mir egal, wer er ist, solange er dafür ein ordentliches Sümmchen hinlegt. Dabei brauchst du dir um meine Sicherheit keine Sorgen zu machen, Renée. In den Auktionsunterlagen steht ausdrücklich, dass das Abendessen im Restaurant ‚Candlelight‘ des ‚Regency Hotels‘ stattfindet – in der Öffentlichkeit sozusagen. Und wenn es nur den Hauch eines Problems gibt, bin ich verschwunden.“

Bestimmt, dachte Renée. Mit Charmaine hatte man kein leichtes Spiel. Sie war viel härter, als sie sich gab. Ihr Aussehen und Benehmen bediente Männerfantasien, ohne auf das weibliche Geschlecht abstoßend zu wirken. Ein Wunder! Schon oft hatte Renée überlegt, worauf es beruhte. Woher kam der Hauch von Unschuld, der Charmaine trotz des sexy Images umgab? Vielleicht von ihrem frischen Teint und dem langen blonden Haar, das ihr mädchenhaft schlicht über die Schultern fiel. Auf jeden Fall nicht von ihrem Schmollmund und der für Modelverhältnisse üppigen Figur oder den blauen Augen.

Dabei schien Charmaine an Männern nicht einmal interessiert zu sein. Die Begleiter, mit denen sie sich zeigte, waren samt und sonders schwul. Als Modelagenturchefin wusste Renée um diese Geheimnisse. Aber sie würde nie ihren Vertrag mit Charmaine – Australiens erfolgreichstem weiblichem Model – aufs Spiel setzen, indem sie es nach seinen sexuellen Vorlieben fragte. Sie konnte von Glück reden, dass Charmaine vor anderthalb Jahren überhaupt einen Vertrag mit ihr eingegangen war.

Davor hatte das Model ihren persönlichen Agenten gefeuert, weil er seine Spesenabrechnung gefälscht hatte. Wenn es ums Geld ging, war Charmaine gnadenlos. Sie wollte gut bezahlt werden und gab keinen unnötigen Cent aus. Wahrscheinlich floss ein Großteil ihrer Honorare in ihre Stiftung. Vor einem Jahr war ihre jüngere Schwester an Leukämie gestorben. Ein Verlust, der Charmaine so sehr getroffen hatte, dass sie sich mehrere Monate von sämtlichen Aufträgen freistellen ließ, um in Ruhe trauern zu können. Als sie sich wieder zurückmeldete, war sie wild entschlossen, etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, und gründete ihre Stiftung.

Renée hatte sich von ihr sogar überreden lassen, ihren Mann Rico zu bitten, als Schirmherr und Auktionator der Wohltätigkeitsveranstaltung am kommenden Samstag aufzutreten. Sie selbst war aufgrund ihrer Schwangerschaft – Zwillinge im siebten Monat – von derartigen Aufgaben entbunden. Aber sie würde natürlich an der Veranstaltung teilnehmen und freute sich schon riesig darauf. Charles und seine Frau wollten auch kommen, dann konnte sie mit Dominique über Babys reden. Selbst Ali hatte sein Erscheinen zugesichert, wenn auch nur zur Auktion. Dazu musste Renée ihm allerdings den Hochglanzprospekt mit Charmaines Konterfei und den Zielen ihrer Stiftung zeigen.

Trotzdem überraschte sie sein Sinneswandel. Normalerweise erschien er aus Sicherheitsgründen kaum in der Öffentlichkeit, andererseits war das „Regency“ für seinen Sicherheitsstandard berühmt.

„Übrigens“, sagte Renée nun, „es ist mir gelungen, sämtliche Plätze an meinem Tisch zu besetzen. Es kommt noch jemand von meiner Pokerrunde in der Präsidentensuite des Regency, und alle sind superreich. Da wäre zunächst Charles Brandon. Von dem hast du sicher schon gehört. Er ist der Besitzer der Brandon-Brauerei.“

„Natürlich, ich habe ihn erst kürzlich bei einer Premierenfeier getroffen. Seine Frau sieht umwerfend aus.“

„Stimmt. Sie heißt Dominique, und beide werden bei deiner Auktion einiges springen lassen. Sie haben ein Herz aus Gold, was ich von meinem anderen Pokerfreund nicht behaupten würde, obwohl er durchaus großzügig sein kann. Er heißt …“

„Haben Sie schon gewählt?“, wurde Renée in diesem Augenblick von der Bedienung unterbrochen.

„Ich fürchte nicht“, antwortete sie, und auch Charmaine schüttelte den Kopf.

Als die Frau zum Nachbartisch ging, widmeten sich die beiden erst einmal der Karte.

„Weißt du schon, welches Geschlecht die Babys haben werden?“, fragte Charmaine, nachdem sie gewählt hatte.

Renée strahlte wie immer, wenn das Gespräch auf ihren zukünftigen Nachwuchs kam. „Ja, ein Junge und ein Mädchen. Bin ich nicht zu beneiden?“

„Wenn das mit der Schwangerschaft so ist, wie meine Mutter behauptet, unbedingt.“

Renée war erstaunt, dass Charmaine ihre Familie erwähnte. Normalerweise schwieg sie sich darüber aus, besonders nach dem Tod ihrer Schwester. Aus Zeitungsartikeln wusste Renée, dass Charmaines Eltern westlich der „Great Divide“ – also irgendwo im Nirgendwo – eine große Baumwollfarm führten. Das nächstgelegene Städtchen besaß lediglich eine Autowerkstatt, ein Hotel und einen Kramladen. Mit fünfzehn hatte Charmaine begonnen, dort auszuhelfen – und wenn gerade niemand einkaufen kam – was wahrscheinlich meistens der Fall gewesen war –, las sie Frauenzeitschriften und träumte davon, eines Tages selbst Model zu sein. Mit fünfzehneinhalb bewarb sie sich dann auch bei einer Modegazette, für die ein neues Gesicht für das Titelbild gesucht wurde, und gewann. Mit sechzehn machte sie zum ersten Mal bei einer Profimodenschau mit, anlässlich Australiens „Fashion Week“.

Renée hatte früher selbst gemodelt und erinnerte sich noch gut, wie entrüstet die Kolleginnen gewesen waren, als ihnen dieser unerfahrene, kurvenreiche Teenager die Schau stahl. Doch an Charmaine sahen alle Entwürfe einfach super sexy aus. Und als sie für eine Weile wieder nach Hause zurückkehren musste, weil sie Drüsenfieber bekommen hatte, atmeten die anderen erleichtert auf. Aber im darauf folgenden Jahr kehrte sie zurück und schloss nahtlos an ihre Erfolge an.

Da war sie achtzehn und ein wenig schlanker, sah aber reifer und schlichtweg umwerfend aus. Die Journalisten der Modepresse nannten sie „hinreißend“ und „mit Potenzial für die Zukunft“, was sich bewahrheitet hatte, wie Renée aus eigener Erfahrung wusste. Inzwischen erhielt sie einen kleinen Prozentsatz von Charmaines enormen Honoraren – immer noch ein hübsches Sümmchen.

„Ähnelst du eher deiner Mutter oder deinem Vater?“, fragte Renée nun.

„Beiden, was das Aussehen betrifft. Aber von ihren Charaktereigenschaften habe ich keine geerbt. Meine Mutter ist eine ganz Liebe und mein Vater ein Softie. Vielleicht verhalte ich mich manchmal auch so, aber in Wirklichkeit bin ich ein echtes Miststück“, fügte sie lachend hinzu. „Doch das weißt du ja, oder nicht?“

„Aber woher denn?“, erwiderte Renée erstaunt. „Im Geschäftsleben magst du knallhart sein, das heißt allerdings nicht, dass du ein schlechter Mensch bist. Dann würdest du dich zum Beispiel nicht so für karitative Zwecke einsetzen.“

„Krebskranke Kinder tun mir einfach leid“, sagte Charmaine und wirkte einen Moment sehr nachdenklich. „Ich kann es ertragen, wenn das Leben hart zu Erwachsenen ist, die vorher Raubbau mit ihrer Gesundheit getrieben haben, aber Kinder haben diese furchtbare Krankheit nicht verdient.“ Sie schluckte und biss die Zähne zusammen.

Du weinst jetzt nicht. Damit erreicht man gar nichts. Nur Babys weinen oder Leute mit Liebeskummer. Und du bist wohl kaum noch ein Baby, und dein Herz ist auch nicht mehr gebrochen, Charmaine. Es ist wieder verheilt, und zwar so gut, dass es nie wieder brechen wird.

Sie griff zu ihrem Wasserglas und nippte daran, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Dann stellte sie es hin und lächelte Renée zu, die sie besorgt beobachtete. „Tut mir leid, wenn ich von krebskranken Kindern spreche, werde ich immer sentimental.“

„Das braucht dir nicht leidzutun. Ich kann dich gut verstehen.“

Als Charmaine das hörte, hätte sie beinah ein Gesicht geschnitten. Wie wollte Renée sie denn verstehen? Das konnte keiner, der nicht dasselbe durchgemacht hatte wie sie: mit ansehen zu müssen, wie ein Kind litt und dann doch starb – ein süßes, unschuldiges Wesen.

Aber Renée meinte es wahrscheinlich nur gut. Wie alt ist sie eigentlich? überlegte Charmaine dann. Anfang dreißig? Älter? Wahrscheinlich ein bisschen, obwohl sie immer noch hervorragend aussah. Manche Frauen blühten in der Schwangerschaft richtig auf.

Die Bedienung kam wieder an ihren Tisch. „Haben Sie inzwischen gewählt, Ladys?“

„Und ob“, antwortete Charmaine und bestellte einen Burger mit Pommes frites und Salat, Käsekuchen und einen Cappuccino mit Sahne zum Nachtisch.

Als Renée sie wie gebannt ansah, begann Charmaine zu lachen. „Mach dir keine Sorgen, heute Abend esse ich nichts mehr, und morgen werde ich mich im Fitnessstudio richtig schinden.“ Doch das tat sie eigentlich immer, sogar am Wochenende. Ihr ganzes Leben war inzwischen eine einzige Strafe geworden. Sie büßte für ihre Sünden, besonders für die eine, die sie sich niemals verzeihen würde.

„Das musst du auch, wenn du am Samstag in dein Kleid passen willst“, gab Renée zu bedenken. „Schon jetzt sieht es aus, als hätte man es dir auf den Leib geschneidert.“

„Verdammt, du hast recht! Daran habe ich gar nicht mehr gedacht.“ Charmaine seufzte und sah zu der geduldig wartenden Bedienung. „Könnte ich meine Bestellung noch einmal ändern und etwas weniger Fettes bekommen, ein Blatt Salat zum Beispiel?“

Die Frau lächelte. „Was bin ich froh, dass Sie auch auf Ihre Linie achten müssen. Ich dachte schon, Sie sehen so aus und können trotzdem jeden Tag Burger essen.“

„Keine Sorge“, meinte Charmaine, „was das Essen betrifft, leide ich mehr als nur ein bisschen. Okay, also bringen Sie mir den Fisch von der Tageskarte, gegrillt mit Salatbeilage, kein Dressing, keinen Nachtisch und zum Abschluss einen Espresso.“

Die Frau nickte.

„Wie klingt das?“, fragte Charmaine dann lachend an Renée gewandt.

„Wunderbar“, erklärte diese, „das nehme ich auch.“

2. KAPITEL

Der Ballsaal im „Regency Hotel“ war ein beliebter Veranstaltungsort der Reichen und Schönen Sydneys. Sein spektakuläres, von Versailles inspiriertes Interieur hatte schon so manchem gesellschaftlichen Ereignis den passenden Rahmen gegeben: Preisverleihungen, extravagante Modenschauen, Produkteinführungen, Firmenweihnachtsfeiern und auch der einen oder anderen Wohltätigkeitsveranstaltung.

An diesem Abend ging es um krebskranke Kinder, ein Thema, das auch den Hartherzigsten rührte. Das hatte Charmaine schon oft festgestellt und sich diesen Umstand bei den Vorbereitungen zu ihrem ersten Wohltätigkeitsbankett mit anschließender Auktion zunutze gemacht. Es war unheimlich viel Arbeit gewesen und hatte ihre gesamte Freizeit in Anspruch genommen. In den vergangenen sechs Monaten hatte darunter nicht nur ihr Privatleben gelitten – oder besser gesagt, was davon noch übrig war –, sondern auch ihre Karriere. Angebote, die sie mehr als einige Tage ins Ausland führten, musste sie ablehnen.

Autor

Miranda Lee
Miranda Lee und ihre drei älteren Geschwister wuchsen in Port Macquarie auf, einem beliebten Badeort in New South Wales, Australien. Ihr Vater war Dorfschullehrer und ihre Mutter eine sehr talentierte Schneiderin. Als Miranda zehn war, zog die Familie nach Gosford, in die Nähe von Sydney.

Miranda ging auf eine Klosterschule. Später...
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