Liebe, nein danke!

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Am Eingang von Cybils Ranch prangt ein Schild: MÄNNER VERBOTEN! Aus gutem Grund. Nach ihrer Scheidung hat Cybil mit dem Thema Liebe abgeschlossen. Denkt sie! Bis sie mit ihrem Nachbarn, dem smarten Mason, bei einer Party tanzt. Diese Nacht verbringt sie nicht allein - eine einmalige Sache?


  • Erscheinungstag 27.01.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733755249
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Mason Faraday sah verärgert auf das läutende Telefon. So früh am Tage – das konnte doch nur Cybil Mathews sein! Aber er hatte momentan überhaupt keine Lust, mit der Besitzerin der Nachbarranch zu reden.

Cybil war eine Frau, die einem schrecklich auf die Nerven gehen konnte. Sie vertrat nämlich die Meinung, dass Männer nur geringe Intelligenz besaßen, stets eine verborgene Gefahr darstellten und kein Vertrauen verdienten. Na, was Letzteres angeht, könnte ich ihr auch einiges über ihre Geschlechtsgenossinnen erzählen, dachte Mason. Doch sobald er sie sah, hatte er merkwürdigerweise bloß eines im Sinn: Sex!

Missmutig wartete er darauf, dass sich der Anrufbeantworter einschaltete und das Gespräch aufzeichnete. In der Zwischenzeit las Mason das Schreiben, das er am Tag zuvor von seinem Rechtsanwalt bekommen hatte.

Die Scheidung war jetzt endgültig rechtskräftig, seine Ehe nur noch Vergangenheit. Er konnte sie zu den Akten legen, wie all die anderen Fehler, die er begangen hatte. Allerdings waren die weniger folgenschwer gewesen.

In den zwanzig Jahren, die Mason als viel beschäftigter Stuntman in Hollywood gearbeitet hatte, war eine hübsche Summe als Notgroschen für seine alten Tage zusammengekommen. Und genau die Hälfte seiner Ersparnisse hatte seine Exfrau für fünf Jahre Ehe mit ihm gefordert. Zum Glück hatte der Richter Lorah und ihrem Rechtsanwalt nicht ganz zugestimmt. Aber ihr waren das Haus in einem piekfeinen Nobelviertel und eine große Summe Bargeld zugesprochen worden. Damit konnte sie ihren aufwendigen Lebensstil weiterhin pflegen. Mason war dennoch froh, dass nun endlich alles vorbei war.

Die Stimme seiner Nachbarin riss ihn aus diesen unerfreulichen Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das gegenwärtige Problem.

„… und wenn Ihre Leute nicht kommen und das verdammte Vieh innerhalb einer Stunde abholen, versichere ich Ihnen, dass ich Hamburger aus ihm mache, bevor weitere sechzig Minuten vergehen“, rief sie empört auf das Band des Anrufbeantworters.

Im Stillen seufzend nahm Mason dann doch den Hörer ab. „Schön, Sie zu hören, meine Süße“, sagte er leise und ließ seine Stimme betont sexy klingen.

„Hallo, Sie Traum meiner schlaflosen Nächte und Vertreter all der Männer, die auf eine Hirntransplantation warten“, säuselte sie schlagfertig zurück. „Ihr Bulle stattet schon wieder meinen Kühen einen Besuch ab.“

„Tut mir leid, Baby.“ Mason wusste genau, wie wütend sie solche Kosewörter machten. „Das Tier hat eben das Prinzip der unbefleckten Empfängnis in der Viehzucht noch nicht begriffen. Es mag einfach die natürliche Methode.“

„Dann sollte es dieser Fleischberg besser ganz schnell lernen“, warnte Cybil in sarkastischem Ton. „Sonst müsste ich mich zu einem kleinen Eingriff bei ihm entschließen, damit er das Interesse an meinen Kühen endgültig verliert.“ Sie machte eine Pause. „Also, wann kann ich mit Ihnen rechnen?“, fragte sie in einem Ton, als ob sie Mason zum Abendessen eingeladen hätte.

„In einer halben Stunde, Liebling. Und wenn ich dann feststellen sollte, dass dem Bullen auch nur ein Haar gekrümmt worden ist, werden Sie es bitter bereuen.“

„Er wird es noch mehr bereuen, wenn Sie bis sieben Uhr nicht hier sind. Tschüs, Geliebter.“ Cybil legte auf.

Geliebter – das hättest du wohl gern, dachte er zynisch.

Unwillig warf er den Hörer auf die Gabel und erhob sich mühsam aus dem alten, abgenutzten Bürostuhl. Dabei stöhnte Mason leicht auf, weil ihn ein mittelschwerer Muskelkater plagte. Immerhin war es ein paar Jahre her, seit er körperlich so hart gearbeitet hatte wie in den letzten sechs Monaten. Im Alter von vierzig brauchte er für die Umstellung schon ein wenig länger.

Als sein Onkel Moses ihn angerufen und ihm vorgeschlagen hatte, sein Partner auf der Ranch zu werden, hatte Mason spontan zugesagt. Warum nicht? hatte er damals gedacht. Es war die Chance für einen neuen Anfang, weit weg von Los Angeles und dem stressigen Leben dort. Er brauchte sowieso unbedingt eine Veränderung.

Die Arbeit auf der Ranch war hart, hatte aber Vorteile gegenüber anderen Tätigkeiten. Er konnte die Ergebnisse seiner Mühen und Plagen sehen, riechen, sogar schmecken, wenn er es wollte. Alles war sein Werk. Das Land verlangte eine Menge von ihm, doch wenigstens wusste er, dass es ihm gehörte und auf ihn wartete. Ob er, Mason, wohl jemals eine Frau finden würde, die immer für ihn da und ihm treu wäre? Als er Lorah geheiratet hatte, war sie achtundzwanzig und er fünfunddreißig gewesen. Doch sie war doppelt so gerissen wie er und hatte einen kompletten Idioten aus ihm gemacht.

Wieso kommen mir überhaupt Gedanken an eine neue Ehefrau? fragte er sich leicht verwundert, während er auf die Veranda trat.

Das Wohnhaus war fast neunzig Jahre alt und hatte eine tragende Konstruktion aus Holz. Genau wie der Stall war es solide gebaut, und beide Gebäude hielten bei guter Pflege bestimmt noch weitere hundert Jahre.

Dies ist der richtige Ort für eine Familie, dachte Mason. Allerdings würde er niemals Kinder haben. In der Vergangenheit hatte ihn diese Tatsache oft geschmerzt, doch jetzt war er froh darüber. Kinder hätten die Scheidung nur komplizierter gemacht.

Mason atmete tief durch und genoss den schönen Blick auf das Tal, das sich rund um die Ranch ausbreitete. Im Nordwesten erhob sich das Skigebiet von Heavenly Valley, wo Schnee auf den Gipfeln lag. Weiter nördlich erstreckten sich Carson City und dahinter Reno im Wüstengebiet von Nevada. Es war erst Anfang September, aber hier, in einer Höhe von mehr als fünfzehnhundert Metern, waren die Tage zwar noch warm, doch in den Nächten fiel die Temperatur manchmal weit unter den Gefrierpunkt.

Als Kind hatte er die Sommer sehr gern bei seinem Onkel verbracht. Je älter Mason wurde, desto seltener wurden seine Besuche, und als er sechzehn war, kam er gar nicht mehr. Er hatte einen Job und sparte für sein erstes Auto. Für kindliche Spiele blieb keine Zeit mehr.

Jetzt war er wieder da – ein vierzigjähriger Junggeselle, der seine Jungenträume wieder aufleben lassen konnte. Er hatte nur einfach vergessen, dass Rancher mit den Hühnern aufstehen mussten. In diesem Fall mit einem liebestollen Bullen.

Onkel Moses schlief gern lange, seitdem Mason auf der Ranch war. Der alte Mann war Mitte achtzig und froh, dass jemand die Leitung übernahm.

Mason kuppelte den Viehanhänger an seinen Geländewagen und rief einem der Cowboys zu, wohin er fuhr, bevor er die Ranch verließ. Die Fahrt über die Landstraße dauerte fast eine halbe Stunde. Hinter seiner Ranch verlief zwar eine Zuwegung direkt zur Nachbarranch. Doch seine hartherzige Nachbarin hatte diesen Pfad mit einem Gatter verschlossen und weigerte sich, ihm einen Schlüssel für das Vorhängeschloss auszuhändigen.

Als Mason auf ihre Ranch zufuhr, gewahrte er das Schild über der Einfahrt und lächelte schief. „Männern ist der Zutritt verboten“, las er kopfschüttelnd. Die Besitzerin züchtete nicht nur Rinder, sondern bot Frauen, die sich scheiden lassen wollten, hier eine Art Urlaub an, damit sie erst einmal zu sich selbst fanden und in Ruhe weitere Schritte bedenken konnten. Wahrscheinlich gibt sie ihnen auch Ratschläge, wie sie ihren Ehemännern möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen können, dachte Mason böse.

„Was soll’s?“ Er schnaubte verächtlich und trat so heftig auf das Gaspedal, dass der Kies, mit dem der Weg bestreut war, nach allen Seiten spritzte.

In diesem Moment trat seine Nachbarin auf die Veranda ihres Hauses, das seinem sehr ähnlich war. Cybil Mathews besaß ein wunderschönes, ovales Gesicht, das ihn an Madonnen auf alten Ikonen erinnerte. Vorsicht Mason, sagte er sich, ihr Blick gleicht eher dem einer Schlange, die ihre Beute fixiert, bevor sie sie verschlingt! Der leichte Wind brachte ihr dunkles, lockiges Haar in Unordnung. Genauso zerzaust, dachte Mason flüchtig, würde sie nach einem leidenschaftlichen Liebesspiel aussehen …

Er fluchte im Stillen und verbat sich derartig verführerische Bilder. Doch das war nicht einfach. Sie war einfach sehr attraktiv, keine von diesen superschlanken und modisch durchgestylten Frauen, die er in Hollywood stets um sich gehabt hatte. Diese Frau konnte ein Mann anfassen, ohne Sorge zu haben, sie womöglich zu zerbrechen.

Ihm wurde heiß, als sie ihm direkt in die Augen sah. Es schien, als analysierte sie seine Gedanken. Ihre Augen waren hellblau – oder eher grau? Sie sah stolz aus, und plötzlich verspürte Mason so etwas wie Bewunderung für sie. Aber dann erinnerte er sich wieder daran, welche Plage sie für ihn war. Er wartete noch einen Moment, bis er seine Lustgefühle wieder unter Kontrolle hatte, und stieg aus.

„Wo ist Fletch?“, fragte er ungeduldig, weil er so schnell wie möglich wieder zurück zu seiner Ranch fahren wollte.

„Fletch?“ Betont langsam schlenderte sie auf ihn zu.

„Mein Bulle. Ein preisgekrönter Zuchtbulle übrigens“, fügte er hinzu, damit sie auch wusste, womit sie es zu tun hatte.

Da Mason das Tier erst vor einigen Tagen gekauft hatte, wusste der Bulle noch nicht, welche Kühe zu seiner Herde gehörten.

„Er sollte eher ‚Don Juan‘ heißen. Haben Sie eigentlich keine Kühe auf der Faraday Ranch?“

„Natürlich haben wir Kühe“, murmelte er wütend. Auf keinen Fall wollte er sich auf einen verbalen Schlagabtausch mit ihr einlassen. Geflissentlich vermied er, auf ihre Bluse zu blicken, die so weit geöffnet war, dass der Ansatz ihrer Brüste zu sehen war. „Also, wo ist er?“

Eine junge Frau, die auf der Ranch arbeitete, trat aus dem Haus. Sie stellte sich neben ihre Chefin und beobachtete wachsam, was vor sich ging.

Mason hatte bereits eine Menge schöner Frauen gesehen, doch ihr Anblick setzte ihn jedes Mal wieder in Erstaunen.

Das Cowgirl war skandinavischer Abstammung, war ein Meter achtzig groß, blond und hatte strahlend blaue Augen. Sie war schlank, aber kräftig und absolut fit durch die Arbeit auf der Ranch. Mason schätzte sie auf Anfang zwanzig.

Die beiden Frauen standen wie eine Wand vor ihm und sahen ihn misstrauisch an. Mason taten die Männer leid, die sich mit den beiden eingelassen hatten. Hämisch lächelnd fragte er sich, wie es den armen Tröpfen jetzt wohl seelisch und körperlich erging.

Cybil, die ungefähr in seinem Alter war, war nicht ganz so groß wie ihre Mitarbeiterin, vielleicht einen Meter siebzig, und hatte, wie Mason zugeben musste, eine Traumfigur. Sofort spürte er erneut die eindeutige Reaktion seines Körpers. Nicht schon wieder, warnte ihn seine innere Stimme. Er war bereits einmal einer sexy aussehenden Frau verfallen. Und wohin hatte es ihn gebracht? Er würde diesen Fehler kein zweites Mal begehen!

„Ihr Fleischklops ist auf der hinteren Weide. Ich bringe Sie hin. Stellen Sie Ihren Wagen an der Laderampe ab“, sagte Cybil und schritt mit ihrem Cowgirl den Weg hinunter zu einem Stallgebäude, in dem die Blonde verschwand.

Mason stieg wieder in sein Auto und parkte vor der Rampe. Dann ging er hinüber zu Cybil, die schon ungeduldig wartete.

„Wir müssen zur Weide reiten. Der Regen hat den Weg weggespült“, erklärte sie und reichte ihm ein Lasso.

Das Cowgirl kam mit zwei Pferden aus dem Stall. Cybil wählte die Stute. Mason hätte wetten können, dass es keinen Hengst auf der Ranch gab, wahrscheinlich überhaupt kein männliches Zuchttier. Er hatte gehört, dass alle Kühe auf dieser Ranch künstlich befruchtet wurden.

„Mich wundert es, dass Männer nicht gewisse Teile am Tor abgeben müssen“, bemerkte er anzüglich, als er auf dem Wallach saß.

Cybil lächelte amüsiert und warf ihm einen überlegenen Blick zu. „Da das leider nicht möglich ist, erlauben wir Männern nur in seltenen Ausnahmefällen den Zutritt. Meine Gäste fühlen sich so wohler und sicherer“, fügte sie hinzu.

„Gibt es irgendeinen besonderen Grund für Ihre Aversion gegen die männliche Hälfte der Bevölkerung?“

„Natürlich. Ich war mit einem davon verheiratet.“

„Erinnern Sie mich daran, Ihnen irgendwann etwas über meine Exfrau zu erzählen.“

„Ich hoffe, sie ist jetzt glücklich und hat ein gutes Auskommen.“

Trotz seiner aufsteigenden Wut versuchte Mason, die Zügel locker zu halten. „Sie kommt zurecht.“

„Wie schön.“

Cybils offensichtliche Zufriedenheit machte ihn noch ärgerlicher. Das hätte er sich ja denken können. Ohne etwas von ihm zu wissen, ohne zu fragen, ob er fair behandelt worden war, schlug sich diese superkluge Rancherin auf die Seite seiner Exfrau. „Und wie viel haben Sie Ihrem Mann abgeknöpft?“, fragte er.

„Die Hälfte.“

Mason nickte, voller Mitleid mit dem Ärmsten. „Heutzutage sprechen die Richter den Frauen die Hälfte zu, ohne zu fragen, wie lange und wie hart ihre Ehemänner dafür gearbeitet haben.“

„Mein Mann und ich hatten zusammen unser eigenes Versandhaus gegründet. Eines Tages fand ich heraus, dass er heimlich Geld auf ein privates Konto legte. Ich habe mir Zugang zu seinem neuen Konto verschafft und den Betrag wieder auf das Geschäftskonto überwiesen. Dann bin ich ausgestiegen.“

Mason verzog das Gesicht. Er hätte sich denken können, dass sie der betrogene Teil war. Offensichtlich war Cybil Mathews der Typ Frau, der ein Leben lang zu einem Mann steht, wenn sie ihn einmal in ihren Klauen hatte. Im nächsten Moment fragte er sich, wie es wohl wäre, eine Partnerin zu haben, die ihn wirklich wollte und für immer loyal zu ihm stand.

„Und warum hat Ihre Frau Sie verlassen?“

„Ich weigerte mich, krumme Geschäfte zu machen, die uns angeblich steinreich gemacht hätten.“

„Ihre Frau liebte also den gehobenen Lebensstil. Und Sie? Sie waren ein berühmter Stuntman in Hollywood. Haben Sie dieses Leben nicht genossen?“

„Nein.“ Er wusste, es klang altmodisch, aber er hatte nur eine Familie mit Kindern und ein nettes Zuhause haben wollen. Und eine Frau, die ihn liebte. Danach hätte er allerdings nicht gerade in Hollywood suchen sollen …

Mason bemerkte ihren skeptischen Blick. „Außenstehende erfahren nur etwas über die Probleme der Stars. Für die anderen Leuten in der Filmindustrie, die ein ganz normales Leben führen, interessiert sich niemand“, erklärte er.

Cybil stieg ab, öffnete das Gatter zu einer Weide und ließ Mason durch, bevor sie es schloss und wieder auf ihre Stute kletterte. „Ein Stuntman zu sein, war ganz normal für Sie?“

„Es machte Spaß.“

„Warum haben Sie dann aufgehört?“

„Ich wurde vor einem halben Jahr vierzig.“

„Ich auch, vor einem Monat. Aber das ist doch nicht das Ende der Welt.“

Mason dachte an die Jahre, die noch vor ihm lagen. Er würde sich immer wieder all der Dinge bewusst werden, die er gewollt hatte und niemals bekommen konnte. „Ich weiß, das Leben fängt mit vierzig erst an“, sagte er ironisch.

Sie sah ihn kurz fragend an, dann schnalzte sie mit der Zunge, und das Pferd legte eine schnellere Gangart ein. Bei jedem Schritt wippten Cybils volle Brüste unter der Bluse. Mason spürte, wie sein Mund trocken wurde.

„Hier ist er“, rief sie nach einer Weile und lenkte ihr Pferd etwas abseits.

Fletch stand mitten in einer kleinen Herde und kaute genüsslich an einem Grasbüschel. Er schnaubte, als er Mason bemerkte. Cybil blieb mit ihrem Pferd weiterhin in einiger Entfernung stehen. Okay, dachte Mason. Mit diesem widerspenstigen Bullen werde ich wohl noch allein fertig. Eigentlich eine Kleinigkeit …

Zwanzig Minuten später schob Mason seinen Hut von der schweißnassen Stirn und starrte das Rindvieh böse an. Fletch hatte seinen eigenen Willen. Der Bulle hatte sich ganz auf eine bestimmte Kuh in der Herde konzentriert und ließ sich nicht von ihr trennen.

Verzweifelt sah Mason hinüber zu Cybil, die von einem Ohr zum anderen grinste. „Wie wär’s, wenn Sie mir helfen?“, fragte er ungehalten.

„Und wie, bitte schön, stellen Sie sich das vor? Sie drücken von vorn, und ich schiebe von hinten, oder was?“

Ratlos starrte er auf den Bullen. Fletch kümmerte sich nicht um die beiden. Er rannte auf einen Hügel mit einer Baumgruppe zu, gefolgt von seiner Auserwählten. Der Rest der Herde stürmte hinterher. Mason fluchte hemmungslos.

„Wenn wir das Loch im Zaun finden, können wir ihn vielleicht auf diese Seite der Weide kriegen. Dann können Sie den Zaun reparieren, während ich die Kühe zurücktreibe“, schlug Cybil vor.

„Ich habe keinen Draht mitgebracht“, entgegnete er mürrisch. „Offen gestanden hatte ich mir die ganze Sache einfacher vorgestellt. Ich dachte, Sie hätten den Bullen bereits von der Herde abgesondert.“

„Im vergangenen Jahr ist einer meiner Gäste von einem wütenden Bullen fast aufgespießt worden. Seitdem gehe ich solchen männlichen Brocken aus dem Weg.“

„Dann brauchen Sie ja vor mir keine Angst zu haben. Ich bin nicht so schwer.“

„Ich suche mir sehr genau aus, mit wem ich mich einlasse. Sie sind jedenfalls nicht im Rennen“, spottete Cybil.

„Ich bin auch noch nicht an den Start gegangen“, meinte er mutwillig. „Würde ich mich anstrengen, wären Sie Wachs in meinen Händen.“

Heißer Zorn trieb ihr die Röte ins Gesicht. Doch dann blinzelte sie und lehnte sich lachend im Sattel zurück. „Nein, wie witzig Sie sein können!“

Wieder fühlte Mason, wie das Blut in seinen Adern pulsierte. Diese Frau war eine Herausforderung, der er nicht widerstehen konnte.

„Lachen Sie ruhig, meine Liebe“, sagte er mit betont weicher Stimme. „Bevor der Winter beginnt, werden Sie mich darum bitten. Aber jetzt muss ich mich um Fletch kümmern. Wir sollten beide auf ihn zureiten. Wenn ich ihn mit dem Lasso einfangen kann, wird er friedlich mitkommen.“

Erstaunt über den Themenwechsel, sah Cybil Mason aus funkelnden Augen an. Dann lächelte sie provozierend und beugte sich leicht nach vorn. „Nach Ihnen, bitte.“

Er ritt auf den Hügel. Nachdem er den Bullen ausgemacht hatte, holte Mason sein Lasso hervor, ritt nahe an Fletch heran und gab ihm einen Klaps auf das Hinterteil, damit er sich bewegte. Der Bulle schlug aus und drehte sich dabei ein wenig. Dann kaute er ungerührt weiter.

Cybil beobachtete das Geschehen weiterhin aus sicherer Entfernung. Fluchend legte Mason das Seil zum Wurf zurecht, wobei er sich vorkam, als ob er gratis eine Rodeovorführung gäbe. Er drehte das Lasso in der Luft und hoffte inbrünstig, das Ziel zu treffen. Sein Wurf war erfolgreich; das Seil legte sich straff um den Nacken des verdutzten Bullen.

„Auf nach Hause!“ Während Mason den Hügel hinunterritt, folgte ihm Fletch gefügig wie ein Lamm.

Erstaunt hatte Cybil dem Treiben zugesehen. Jetzt lächelte sie und applaudierte anerkennend.

Mason nahm seinen Stetson ab und verbeugte sich tief. Er konnte sich nicht verkneifen, triumphierend zu grinsen, als er verhaltene Bewunderung in ihrem Blick las.

Ihre Augen sind doch blau, dachte er. Nein, grau – oder vielleicht blaugrau?

Im nächsten Moment spürte er eine Welle heißer Erregung durch seinen Körper schießen. Doch solche Gefühle konnte er ganz sicher nicht gebrauchen. Er war schließlich hierher aufs Land gekommen, um Frauen und den mit ihnen verbundenen Problemen aus dem Weg zu gehen.

„Wenn er uns noch einmal einen Besuch abstattet, kommt er als Stier zurück“, sagte Cybil.

„Dann werden Sie die Teile essen, die ihm fehlen“, versprach Mason und lächelte dabei genauso zuckersüß wie sie.

„Aber bitte mit Ketchup.“

Diese Frau muss immer das letzte Wort haben, dachte er. Aber in Wirklichkeit bereiteten ihm die Wortgefechte mit ihr Spaß. Er lockte sie gern aus der Reserve. Doch es ärgerte ihn maßlos, dass er nicht einschätzen konnte, was sie tatsächlich von ihm hielt.

Sie ritten den Hügel hinunter und über die Weiden zurück zum Haus. Plötzlich verspürte Mason ein Kribbeln am ganzen Körper, ein Gefühl, das er gut kannte. Immer, wenn ihm in der Vergangenheit ein sehr schwieriger Stunt erfolgreich gelungen war, hatte er so schnell wie möglich bei seiner Frau sein wollen. Er wollte mit ihr schlafen, um den Triumph mit ihr zu feiern. Es hatte allerdings nur sechs Monate gedauert, bis sie ihm klargemacht hatte, dass sie von ihm nicht belästigt werden wollte.

Fang nicht an zu phantasieren, ermahnte er sich. Da war nichts zwischen ihm und seiner Nachbarin. Okay, er fühlte sich etwas zu ihr hingezogen, aber das war alles. Nichts von Bedeutung. Er hatte keine Zeit für Frauen und die Probleme, die sie mit sich brachten, sondern musste eine große Ranch leiten.

Zunächst wollte er Fletch nach Hause bringen. Danach würde Mason ausgiebig frühstücken und vielleicht ein wenig Ruhe finden. Aber nur vielleicht.

2. KAPITEL

Cybil schaute ihrem Nachbarn hinterher, als er, mit seinem verliebten Bullen im Anhänger, davonfuhr. Die vergangenen Stunden waren ihr ein Vergnügen gewesen. Noch immer fühlte sie sich wie elektrisiert.

„Der Mann ist wie geschaffen für Jeans und Cowboystiefel“, sagte die blonde Enya zu ihrer Chefin. „Dieser knackige Hintern und die langen Beine! Aber er ist kaum größer als ich. Ich mag es lieber, wenn der Mann deutlich größer ist.“

„So einen Riesen findest du doch nur in einem Basketballteam“, bemerkte Maria, Haushälterin und Köchin auf der Ranch.

Lächelnd ließ Cybil die beiden Frauen allein und ging in ihr Büro. Sie musste zugeben, dass sie stets ein leichtes Kribbeln fühlte, wenn sie Moses Faradays Neffen traf. Er war sehr attraktiv und gut gebaut, sein dunkles Haar fiel ihm stets unordentlich in die Stirn, was ihm einen verwegenen Ausdruck verlieh.

Nur ungern gestand sie sich ein, dass sie leidenschaftliche Gefühle für ihn entwickeln könnte. Doch da war auch seine Arroganz, die sie hasste, und der sie zu gern einen Dämpfer aufgesetzt hätte. Dieser Mason ist ein richtiger Macho, dachte sie. Doch trotz ihres Zorns über sein typisch männliches Gehabe, fragte sie sich, was er wohl in seiner Ehe erlebt hatte, und empfand eine Spur Mitleid mit ihm.

Auch sie hatte eine bittere Lektion lernen müssen. Gleich nach dem College hatte sie geheiratet und war mit ihrem Mann nach Reno gezogen. Sie war so voller Erwartungen gewesen und hatte ein perfektes Leben führen wollen. Ihre Ehe hielt zwölf Jahre. Vor der Scheidung hatten sie das Versandgeschäft veräußert und das Geld aufgeteilt. In der folgenden Zeit war Cybil ruhelos und einsam gewesen. Irgendwann hatte sie dann in der Zeitung die Mitteilung über die Versteigerung dieser Ranch gelesen und sie kurz entschlossen erworben. Damit war sie zu ihren Wurzeln zurückgekehrt.

Sie war auf einem großen Anwesen in Wyoming groß geworden. Doch ihre Eltern hatten den Besitz verkauft, als sie zum College ging, und waren nach Florida gezogen, wo Cybils ältere Schwester lebte. Als Jugendliche hatte sie die Freiheit und Sicherheit, die das Land ihr gab, sehr geliebt. Deshalb hatte sie die Ranch übernommen und war entschlossen, sie zu erhalten und sich gleichzeitig ein neues, unabhängiges Leben aufzubauen.

Ein paar Wochen nach ihrem Einzug war eine Freundin aus Reno zu Besuch gekommen. Sie hatte Trost gesucht, weil ihr Mann sich gerade von ihr getrennt hatte. Da war Cybil die Idee gekommen, hier eine Zufluchtsstätte für Frauen zu schaffen, die unter ihrer Scheidung litten.

Sie erinnerte sich nur zu gut an die eigene schmerzhafte Erfahrung, betrogen worden zu sein. Und deshalb brauchte sie in ihrem Leben keine Komplikation in Gestalt eines gut aussehenden, eingebildeten Ranchers, der sie an Dinge denken ließ, die sie eigentlich vergessen wollte. An starke Arme, die ihr Halt gaben, an die Wärme eines männlichen Körpers und Nächte voller Leidenschaft …

Sie drängte diese Gedanken fast gewaltsam zurück und ging in die Küche, um eine Tasse Kaffee zu trinken.

„Du hast vorhin nicht zu Ende gefrühstückt“, sagte Maria vorwurfsvoll. „Ich habe deinen Teller in den Backofen gestellt.“

„Danke.“ Cybil nahm ihre Eier mit Speck aus der Röhre und setzte sich an den Küchentisch. Es tat ihr gut, ein wenig umsorgt zu werden.

Die Mexikanerin Maria war fünfundfünfzig Jahre alt und Witwe. Cybil hatte sie für den Sommer eingestellt, doch Maria wollte bleiben, bis die Herde für den Herbst zusammengetrieben wurde. Ihre ruhige, mütterliche Art weckte schnell das Vertrauen der Gäste.

„Köstlich“, lobte Cybil, während sie die mit scharfer Salsa-Soße gewürzten Rühreier aß. „Du bist eine wunderbare Köchin. Welch ein Glück, dass du meine Annonce gelesen hast, als du bei deiner Tochter in Reno warst.“

„Es war auch für mich ein glücklicher Zufall. Jetzt habe ich meine Tochter und meine Enkelkinder ganz in der Nähe, ohne dass wir uns auf die Nerven gehen. Vor Ende des Monats werde ich mich nach einer Wohnung umsehen und eventuell auch nach einer anderen Stelle. Leider wird wohl keine so vollkommen sein wie diese.“

„Ich bin froh, dass es dir gefällt, und freue mich, dich zu haben“, entgegnete Cybil. Sie kochte nur ungern und hasste das Staubwischen und Saubermachen. Lieber arbeitete sie draußen an der frischen Luft. Ihr Herz hing an diesem Tal und an der Ranch, deren Größe in dieser Gegend recht bescheiden, doch für sie genau richtig war.

Sie hatte von Anfang an gewusst, dass ihr neuer Besitz nicht viel Geld abwerfen würde. Die zusätzlichen Einnahmen durch ihre Gäste brachten zwar auch keine Reichtümer, aber sie sorgten für ein geregeltes Auskommen. Allerdings zahlten nicht alle Frauen einen Geldbetrag. Einige konnten es sich nicht leisten und boten an, für ihren Aufenthalt auf der Ranch zu arbeiten. Cybil hatte ein weiches Herz und brachte es nicht fertig, eine Hilfe oder Schutz suchende Frau abzuweisen.

Mason Faraday gegenüber würde sie sich aber nicht erweichen lassen. Wieder sah sie sein Gesicht mit dem schelmischen Grinsen vor Augen. Nein, sagte sie sich entschlossen, so toll ist er nun auch wieder nicht.

„Was hast du heute Nachmittag vor?“, fragte Maria, während sie zwei Auflaufformen in den Backofen schob.

„Wir werden das Vieh, das letzte Woche ausgerissen ist, zusammentreiben und es auf die vorderen Weiden bringen. Und wir müssen den Zaun reparieren.“

„Dann nimmst du besser nur Enya mit“, schlug Maria vor. „Die anderen Frauen können mit einer Kuhherde nicht umgehen.“

„Sie sind ziemlich ungeschickt, nicht? Aber wenn sie untätig herumsitzen, geraten sie nur ins Grübeln.“ Cybil lachte und stellte ihren Teller in die Spülmaschine. „Pack uns bitte Lunchpakete ein. Vor Einbruch der Dunkelheit kommen wir nicht zurück.“

Sie nahm ihren Hut vom Haken neben der Küchentür und ließ Maria allein. Beim Hinausgehen hörte sie noch, wie Maria murmelte, dass Cybil zu viel arbeitete. Doch die Arbeit machte ihr nichts aus. Im Gegenteil, sie liebte sie. Cybil und Enya sattelten fünf Pferde, nahmen den Proviant und machten sich mit den Gästen gut gelaunt auf den Weg.

Aber für eine der Frauen hörte der Spaß bereits nach kurzer Zeit auf. „Das ist ja richtige Arbeit“, bemerkte Tippy maulig. Sie hatte auf Cybils Anweisung hin gerade mühsam eine störrische Kuh mit zwei Kälbern zurück zu der kleinen Herde getrieben.

Tippy war eine Frau, die unbedingt im Mittelpunkt stehen musste. Doch was sie auch tat, sie war immer unglücklich dabei.

„Wie weit ist es zum Haus?“, fragte sie und sah sich um.

„Ungefähr eine Stunde in östlicher Richtung. Sie können gern zurückreiten, wenn Sie möchten. Folgen Sie einfach dem Zaun bis zum ersten Gatter. Von dort aus sehen Sie das Haus.“ Cybil stellte sich in die Steigbügel, und laut rufend fragte sie die anderen Frauen, ob sie nach Hause reiten wollten. Sie wollten nicht.

„Ich bleibe doch“, entschied Tippy.

Cybil blieb einen Moment still auf ihrem Pferd sitzen und ließ ihren Blick über die hochragenden Gipfel der Bergkette und über das fruchtbare Tal schweifen. Im Sommer durfte das Vieh auf Grund des Weiderechts ihrer Ranch zu beiden Seiten des Gebirges am Waldrand grasen. Im Spätherbst wurden die Herden dann auf die Weiden im Tal gebracht, die Kälber verkauft, und im Frühjahr begann die ganze Sache von neuem.

Autor

Laurie Paige
Laurie Paige lebte mit ihrer Familie auf einer Farm in Kentucky. Kurz bevor sie ihren Schulabschluss machte, zogen sie in die Stadt. Es brach ihr das Herz ihre vierbeinigen Freunde auf der Farm zurück lassen zu müssen. Sie tröstete sich in der örtlichen Bibliothek und verbrachte von nun an ihre...
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