Lovesong für die Ex

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Country-Star Cash Sutherland muss schnellstens sein Bad-Boy-Image loswerden. Bloß wie? Seine Plattenfirma lädt die erfolgreiche Journalistin Presley Cole zum Interview in ein Luxushotel ein. Dumm nur, dass die rothaarige Schönheit Cashs Ex-Freundin ist! Vom ersten Augenblick an knistert es erotisch zwischen ihnen. Als er mit Presley im Hotelaufzug stecken bleibt, kann er sich ihren Reizen nicht entziehen und küsst sie. Zu spät entdeckt Cash, dass Presley nicht hinter ihm, sondern hinter dem Geheimnis seines erfolgreichsten Lovesongs her ist …


  • Erscheinungstag 01.03.2022
  • Bandnummer 2226
  • ISBN / Artikelnummer 9783751508919
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Florida State University (FSU)

Zehn Jahre zuvor

Alle Regentropfen, die auf Presley Cole herabprasselten, schienen Funken auf ihrer Haut sprühen zu lassen. Sie fühlte sich, als ob sie gleich in Rauch aufgehen würde. Oder in Dampf, angesichts des Platzregens, in den sie hineingeraten waren.

Sie konnte kaum glauben, dass sie vor ihrem Studentenwohnheim stand und mit Cash Sutherland herummachte. Dem Cash Sutherland, mit dem sie durch irgendein Wunder zusammengekommen war.

Sie waren zwar schon einige Male miteinander ausgegangen, aber sie schätzte sich immer noch glücklich, allein seine Gegenwart genießen zu dürfen. Presley hätte nicht zu träumen gewagt, dass er bei ihr bleiben würde, obwohl ihre Abende nie im Bett endeten. Nicht, wenn es so viele andere schöne Mädchen gab, die nur zu gern mit ihm schlafen würden.

Insbesondere, weil sie ihn hatte wissen lassen, dass sie es nicht tun würde. Oh, sie wollte, allerdings waren ihre Gefühle für ihn zu mächtig, zu erschreckend. Sie hatte Angst, dass sie von ihnen überwältigt würde, wenn sie diese Grenze überschritt. Und dann? Wie sollte sie damit klarkommen, wenn das Schlimmste eintrat und er sie verließ?

Du bist das Warten wert.

Das hatte er gestern Abend zur ihr gesagt, nachdem er ihr – mit der Hand in ihrem Höschen – einen Orgasmus beschert hatte, wie sie ihn bisher noch nicht hatte erleben dürfen. Sie hatte sich dafür entschuldigt, ihn warten zu lassen, doch er hatte sie an sich gezogen und geküsst. Während er seine pralle Erektion gegen ihre Hüfte presste, sagte er, sie solle aufhören, sich seinetwegen Sorgen zu machen.

Cash war wirklich zu gut, um wahr zu sein.

Er löste sich von ihren Lippen und strich ihr das feuchte Haar aus dem Gesicht. Sie lehnten an der Steinmauer, aber das Vordach bot keinen ausreichenden Schutz – nicht bei dem starken Wind, den die aktuelle Hurrikan-Saison in Florida mit sich brachte.

Ihr Blick fiel auf die Schiene, in der sein Mittel- und Ringfinger steckten. Sie legte den Kopf in den Nacken und bewunderte seine sanften braunen Augen, die markante Nase und seine vollen Lippen, die sie normalerweise anlächelten. In letzter Zeit hatte er nicht viel gelächelt. Es war, als hätte ihn die Verletzung jeglicher Freude beraubt.

„Tut dir der Finger weh?“, fragte sie. Er hatte ihn sich beim Football gebrochen und konnte zurzeit nicht spielen. Kein gutes Timing für einen Spieler im Abschlussjahr, der jederzeit von der NFL angeworben werden konnte. Doch er beschwerte sich nur darüber, dass er mit der Schiene nicht Gitarre spielen konnte. Seine Leidenschaft für das Singen und Songschreiben hatte ihre Meinung über den „heißen Sportler“ völlig umgekrempelt. Dieser prachtvolle Mann, der zu den besten in einer harten Sportart zählte, konnte genauso leidenschaftlich gefühlvolle Texte singen. Er überraschte sie immer wieder. Kein Wunder, dass sie verrückt nach ihm war.

„Pres, ich muss dir was sagen.“

Seine Stimme klang normal, also dachte sie, dass es nichts Schlimmes sein würde. Aber ihr Körper wusste es irgendwie. Ihre Zähne begannen so heftig zu klappern, als würde um sie herum ein Schneesturm toben.

„Willst du mit hochkommen?“, brachte sie heraus, in der Hoffnung, hinauszögern zu können, was immer es auch war. „Es ist ziemlich nass hier draußen.“

Er erwiderte ihr nervöses Lächeln nur halb. Dann holte er tief Luft. Es war spät und schon dunkel. Sie hatten den ganzen Tag in Vorlesungen gesessen und danach noch in der Bibliothek gelernt. Vielleicht war er einfach genauso müde wie sie.

„Komm mit.“ Sie griff nach seiner gesunden Hand. „Ich mache uns einen heißen Kakao. Wir können uns ins Bett kuscheln und reden.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mundwinkel. „Oder nicht reden“, wisperte sie.

Es schien, als wollte er nein sagen, doch dann nickte er. Sie sah es als Sieg. Gemeinsam gingen sie die Treppe zu ihrem Zimmer hoch, wo sie ihr nasses T-Shirt gegen ein trockenes tauschte. Aber als sie ihn zum Bett zog, kehrte seine gedrückte Stimmung zurück und damit auch ihre Furcht. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.

Im nächsten Moment sollte sie es herausfinden.

An jenem Abend machte er mit ihr Schluss. Während sie weinend auf ihrem Bett lag, tobte ein Sturm in ihr, der den Sturm draußen bei Weitem übertraf. Mit verquollenen, brennenden Augen beobachtete sie, wie Blitze über den Nachthimmel zuckten. Der tosende Donner übertönte ihr Schluchzen.

Die schönste Beziehung, die sie je geführt hatte, mit dem schönsten Mann, den sie je gesehen hatte, war Geschichte. Nächste Woche würde er heimfahren. Nach Tennessee. An einer Fernbeziehung hatte er kein Interesse. Und an ihr auch nicht mehr.

Es war aus und vorbei.

Wenn es überhaupt je real gewesen war.

1. KAPITEL

Schick gekleidet in einem fuchsiafarbenen Rock, geblümter Bluse und Peeptoes saß Presley im Büro ihrer Chefin Delilah. Sie hatte ihre Arme um ein Knie geschlungen, damit es nicht wie die Nadel einer Nähmaschine auf und ab hüpfte. Wegen der vergangenen schlaflosen Nacht hatte sie zu viel Kaffee getrunken, aber wenn die Inspiration einen traf, durfte man keine Zeit verlieren.

Um ihrem dauerlächelnden Mund eine Pause zu gönnen, hustete sie kurz. Als Delilah daraufhin hochsah, grinste Presley schon wieder.

Sag ja. Alles, was ich brauche, ist ein Ja.

Solange sie denken konnte, hatte sie sich danach gesehnt, Florida entfliehen zu können. Schon immer hatte sie die Welt bereisen wollen, um andere Länder zu erkunden und neue, interessante Menschen zu treffen. Doch Reisen kosteten Geld. Und deshalb hing sie in Tallahassee fest, als ob eine unsichtbare Macht sie aufhalten würde.

Als ihre Chefin vor einem Monat einen „freundschaftlichen“ Wettbewerb für ihre Viral-Pop-Filiale ankündigte, hatte Presley die Ohren gespitzt. Dafür brauchte sie nur einen Artikel zu schreiben, der viral gehen musste. Die Gewinnerin würde zum Senior Staff Writer ernannt werden und konnte sich in ein Büro von Viral Pop irgendwo auf der Welt versetzen lassen.

Presley hatte vor Aufregung auf ihrer Unterlippe herumgeknabbert. Anderthalb Wochen lang hatte sie vergeblich nach einer zündenden Idee gesucht. Bis auf ihrem Heimweg gestern Abend ein Lied ihres Ex-Freundes im Radio gespielt wurde.

Cash Sutherland hatte Florida als Footballstar verlassen und sich zum Countrymusik-Superstar entwickelt. Als sie „Lightning“, seinem beliebtesten Song lauschte, schien auch bei ihr der Blitz einzuschlagen.

Zugegeben, sie fühlte sich ein bisschen zerrissen. Der Gedanke, erneut mit der schmerzhaften Trennung konfrontiert zu werden, die sie seit Jahren mit aller Macht verdrängte, war nicht gerade erstrebenswert. Andererseits wollte sie unbedingt gewinnen.

Also hatte sie bis zwei Uhr morgens an einem Vorschlag geschrieben, den Delilah gerade durchlas.

„Dafür müsstest du außerhalb des Büros arbeiten“, sagte ihre Chefin und sah sie an. Delilahs eindringlich neugieriger Blick schüchterte Presley wie immer ein, doch die Chance auf eine Beförderung und die Möglichkeit, Florida zu entfliehen, konnte sie sich nicht entgehen lassen.

„Das habe ich früher auch schon gemacht“, erwiderte sie. Zu Hause, aber trotzdem. „Ich bin sehr gut darin, mir meine Zeit einzuteilen. Und deine schätze ich auch sehr“, fügte sie schnell hinzu. „Mehr als meine oder die von irgendjemandem sonst.“ Sie presste die Lippen aufeinander, um nicht verzweifelt zu klingen. Das klebrige Lipgloss, das sie heute Morgen aufgetragen hatte, half ihr dabei.

Delilah legte ihr Tablet weg und nahm sie ins Visier. „Was macht dich so sicher, dass Cash Sutherland dir sein größtes Geheimnis anvertrauen wird, obwohl er bei dieser Frage jedem anderen Reporter ausgewichen ist?“

Nervös leckte Presley sich die Lippen. Sie war sich ganz und gar nicht sicher, dass er es ausgerechnet ihr verraten würde. Seit „Lightning“ in den Charts aufgetaucht war, hatten ganze Scharen von Presseleuten versucht, das Rätsel um die Frau zu lösen, von der das Lied handelte. Die Gerüchteküche brodelte. Tatsächlich konnte es wegen Cashs lockerem Lebenswandel jede sein.

„Wir sind alte Freunde“, erwiderte Presley, „und waren zusammen auf dem College. Außerdem habe ich vor zwei Jahren im Zuge meines Artikels über Elite Records seinen jüngeren Bruder Gavin interviewt.“

Sie hatte keine Bedenken, Cash wiederzusehen. Nicht wirklich. Die Trennung lag weit zurück und sie hatte ihr Bestes getan, um die damaligen Ereignisse zu vergessen. Wie Cash auf ihr plötzliches Auftauchen reagieren würde, stand in den Sternen, aber Gavin hatte ihr geraten, ihm ihr Kommen nicht anzukündigen.

„Komm nach der Show“, hatte er gesagt. Cash sollte auf einer Dachterrasse ein Konzert geben. „Wenn du schon vor Ort bist, muss er mit dir reden.“

Okay, ihr Plan war ein bisschen hinterhältig, doch sie konnte es nicht riskieren, dass Cash sie wegschickte. Als sie das erste Mal nach Beaumont Bay gefahren war, um Gavin und William Sutherland zu interviewen, hatte sie sich vergewissert, dass Cash sich nicht einmal im selben Bundesstaat aufhielt. Damals hatte sie ihn nicht sehen wollen, aber der Versuchung, eine Story über das Plattenlabel Elite Records zu schreiben, das erfolgreich vom ältesten der Sutherland-Söhne neu aufgelegt worden war, konnte sie nicht widerstehen. Sie war die Erste gewesen, die darüber schrieb, und die Leser hatten ihren Artikel über die vier heißen Brüder in der aufregenden Musikstadt nahe Nashville verschlungen.

Damals war sie besorgt gewesen, dass ihr Besuch unschöne Erinnerungen wachrufen würde. Die wohlhabende, grüne Stadt erinnerte sie allerdings nicht an den Cash, den sie von früher kannte. Vermutlich hatte sie ihn nie richtig gekannt.

„Es war ein kleiner Auftrag, während ich noch Content Curator war“, erklärte sie, als Delilah nichts erwiderte.

Ihr Job war es gewesen, Storys zusammenzutragen und sie in den sozialen Medien zu platzieren. Der Artikel über Elite Records, das von den Sutherland-Brüdern geführte Familienunternehmen, hatte ihr die Chance verschafft, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Dabei hatte sie alle Brüder von Cash interviewt: Produzent Will, Anwalt Gavin und sogar Barbesitzer Luke. Cash und seine Erfolge hatte sie zwar erwähnt, aber nur, um seine Existenz nicht ganz zu ignorieren. Außerdem konnte sie so tun, als hätte sie mit ihm gesprochen – was nicht der Fall gewesen war. Dass sie durch den Artikel zum Staff Writer aufgestiegen war, änderte nichts daran, dass sie an ihren Schreibtisch in Tallahassee gekettet blieb. Ihr letztes bemerkenswertes Werk hatte den Titel getragen „Zehn Gelegenheiten, bei denen du dir wünschst, Taylor Swift zu sein“.

Dabei wünschte Presley sich nichts mehr, als sich in etwas Interessanteres verbeißen zu dürfen. „Gavin Sutherland hat mir erzählt, dass Cash ein Privatkonzert gibt“, sagte sie. „Niemand sonst von der Presse wurde dazu eingeladen.“ Dieses Schmankerl stand nicht in ihrem Vorschlag, der überwiegend darlegte, wie kostengünstig sie reisen wollte. Sie würde alles tun, um ihren schäbigen Schreibtisch hinter sich zu lassen, auch wenn sie dafür ihre Spesen selbst bezahlen musste. „Er ist mit Alkohol am Steuer erwischt worden und Elite Records möchte seinen Ruf etwas aufpolieren. Da wir uns kennen, vertraut die Familie mir.“

Na ja, Gavin zumindest.

Delilah zog eine Augenbraue hoch. „Ist Cash nicht der Bad-Boy-Typ? Was interessiert ihn da eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer?“

Cash war tatsächlich ein Bad Boy. Während ihrer gemeinsamen Zeit hatte er ihr erzählt, wie er in seiner Heimatstadt Beaumont Bay jede Menge Dummheiten angestellt hatte. Er war ein wilder Teenager gewesen. Als er ein Football-Stipendium an der FSU erhielt, hatten seine Eltern vor Erleichterung aufgeatmet und gehofft, dass diese Tage vorüber wären.

Nun schien es, dass Cash zu seinen Wurzeln zurückgekehrt war – in seine Heimatstadt und zu seinem früheren Benehmen. Daraufhin hatten seine Brüder für ihn eine Tour mit der braven Countrysängerin Hannah Banks organisiert, um seinen Ruf etwas glatt zu bügeln.

Presley wusste aus eigener Erfahrung, dass Cash der unstete Typ war, wenn es um Frauen ging. Am College hatte er sie geliebt und verlassen. Auch wenn „geliebt“ eher eine Übertreibung war. Aus den wenigen stürmischen Begegnungen in ihrem Wohnheimzimmer war nie Liebe geworden.

Zumindest nicht für ihn.

Als unerfahrene Frau von Anfang Zwanzig war sie ihm völlig verfallen gewesen. Damals hatte sie den Auftrag erhalten, den unerreichbaren Footballstar der FSU zu interviewen und nicht im Traum daran geglaubt, ihm jemals näherzukommen. Sie hätte nicht überraschter sein können, als er sie eine Woche später zum Essen einlud.

Noch überraschter war sie, als sie unzertrennlich wurden. Tja, zumindest bis er Florida verließ und nie wieder mit ihr redete. Er hatte nicht nur den Staat und den Football hinter sich gelassen, um als Musiker Karriere zu machen, sondern auch sie. Cash hatte alle Brücken hinter sich abgebrochen und ihr damit fast den Boden unter den Füßen weggerissen.

„Glaubst du, dass er mit dir über diese Alkoholgeschichte sprechen wird?“, fragte Delilah.

Keiiine Ahnung.

„Natürlich.“ Presley nickte. „Er ist gerade dabei, ein neues Album aufzunehmen.“

Eines, auf dem es ein Duett mit Hannah, dem neuesten, hellsten Sternchen am Countrymusik-Himmel geben sollte. „Er braucht die Presse für die Vermarktung. Und er weiß mit Sicherheit, dass er ein Makeover benötigt.“

Wenn auch nicht im wörtlichen Sinne. Sie hatte Cash schon lange nicht mehr persönlich gesehen, aber es gab jede Menge Online-Fotos von ihm. Mannomann, er war immer noch so schön wie damals. Dunkelbraunes Haar und goldbraune Augen, die im Sonnenlicht funkelten. Kräftige Nase, kantiges Kinn und ein Lächeln, bei dem selbst Nonnen ins Schwärmen gerieten. Und das war nur der Teil über dem Hals. Dazu kamen seine Größe, seine breiten muskelbepackten Schultern, der Waschbrettbauch und die kräftigen Oberschenkel. Von so einem Mann träumte fast jede Frau. Auf einem neueren Foto hatte sie ein Tattoo auf einem seiner Arme bemerkt, das er früher nicht gehabt hatte.

„Ich gebe dir eine Woche.“ Delilah setzte sich ihre Brille auf und fing an, auf ihrem Laptop herumzutippen.

Presley stutzte. Hatte Delilah gerade ihre Zustimmung gegeben? „War das ein … ein Ja?“

„Ja.“ Delilah lächelte. „Ich erwarte eine pikante Enthüllung über die Frau, die ihn zu ‚Lightning‘ inspiriert hat, einen tiefen Einblick in den Bad Boy von Beaumont Bay und jeglichen Tratsch über seine Alkoholfahrt. Glaubst du, das bekommst du hin?“

„Natürlich. Sicher doch.“ Presley schoss von ihrem Stuhl hoch. Delilahs Forderung klang ein bisschen übergriffig, aber Presley wusste jetzt schon, dass sie einen genauso informativen wie respektvollen Artikel schreiben würde. Ihr lag nichts daran, sich für eine Trennung zu rächen, die ewig zurücklag. Sie hatte nur das Ziel, aus Florida zu verschwinden.

„Und“, sagte Delilah, bevor Presley entwischen konnte, „ich erwarte, dass du meiner Assistentin Sandra fortlaufend per E-Mail Bericht erstattest.“

„Kein Problem.“ Presley würde schlichtweg alles tun, um Delilah nicht zu enttäuschen.

Auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch tippte sie eine Nachricht an Gavin Sutherland.

Ich fahre am Freitag los.

Sie musste nicht lange auf seine Antwort warten.

Perfekt. Bis dann.

Ihr zog sich der Magen zusammen. Sie würde acht Stunden nach Tennessee fahren, um ihren Ex-Freund über die Frauen in seiner Vergangenheit zu interviewen. Über eine Anzeige wegen Alkohol am Steuer. Über Ruhm und Reichtum und sein Bad-Boy-Image. Dazu, warum er sie verlassen hatte. Obwohl die Trennung schon lange zurücklag, wollte sie immer noch den Grund dafür wissen. Teils, um damit abschließen zu können und teils aus Neugier. Wenn ihr all das nicht gelang, würde sie sich mit Champagner und dem nächstbesten Erste-Klasse-Rückflug trösten müssen.

Wenigstens konnte sie sich die restliche Woche über auf die Reise vorbereiten. Schon jetzt fühlte sie sich wie die jüngere Version ihrer selbst. Wie das Mädchen, das sich nach ihm verzehrte … und dann von ihm verzehrt worden war. In diese prekäre Situation wollte sie nicht noch einmal geraten.

Sie wusste, dass ein schwieriger Auftrag vor ihr lag. Aber die Gelegenheit weiterzukommen, würde sie nicht verstreichen lassen. Zu lange schon hatte sie ihre Träume hintenangestellt.

Außerdem schuldete er ihr etwas. Cash hatte sie ohne Warnung oder Bedauern zurückgelassen. Damals hatte sie die Wahl zwischen einem Praktikumsplatz in New York oder Tallahassee gehabt und sich wegen Cash für Letzteren entschieden. Er hatte kurz vor einer Karriere als Profisportler in Florida gestanden und wäre nirgendwo hingegangen.

Oh Mann, hatte sie falsch gelegen.

Jetzt war sie an der Reihe, sich egoistisch auf ihren Traum zu konzentrieren. Der Titel des Senior Staff Writer und eine Position in einem Viral-Pop-Büro außerhalb Floridas warteten auf sie. Sie konnte nach New York, Los Angeles, San Francisco, London oder sogar Rom ziehen, ohne in irgendeiner anderen Firma neu anfangen zu müssen. Wenn es ihr dort gefiel, konnte sie für immer bleiben. Ihre Familie würde sie besuchen kommen oder umgekehrt. Weitere Bindungen hatte sie nicht.

Ihr Herz pochte aufgeregt im Takt ihrer tippenden Finger.

Sie konnte es schaffen. Sie würde es schaffen.

Am Freitag würde sie in ihrem Jeep nach Beaumont Bay fahren, um ihrem berühmten Ex-Freund einen Besuch abzustatten. Sie würde ihm seine Geheimnisse kaltblütig entreißen, genauso wie er sie damals von sich gestoßen hatte. Und sie würde sich – ebenso wie er damals – umdrehen, wegfahren und nie wieder zurückblicken.

Seit zwei Monaten lag ein Schatten über Cash Sutherlands Leben und wollte einfach nicht verschwinden.

Er hatte schon öfter schwere Zeiten durchlebt, sowohl im Berufs- wie im Privatleben, aber er hatte sich immer wieder aufgerappelt. Die Reaktion der Idioten in den sozialen Medien auf seine sogenannte Trunkenheit am Steuer war verrückt. Es war, als ob sie versuchten, seine Karriere zu ruinieren. Diese Presseleute taten wirklich alles für eine Story.

Geier.

Im Epizentrum des Shitstorms stand – wenig überraschend – Mags Dumond. Die Frau hatte sich vor Jahren selbst zur First Lady von Beaumont Bay ernannt, als ihr Mann der hiesige Bürgermeister gewesen war. Die Dumond-Familie hatte Beaumont Bay gegründet. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, in Nashville zu Ruhm zu gelangen, war Mags an die Bay zurückgezogen, hatte den Bürgermeister geheiratet und schmiss seither Partys, die Tradition geworden waren.

Am Abend seiner vermeintlichen Schande hatte der Schwarz-Weiß-Ball stattgefunden. Jeder, der in der Bay etwas darstellte, hatte daran teilgenommen. Cash hatte während der gesamten Feier nur an einem Glas Champagner genippt. Als seine Brüder sich gegen Mitternacht anschickten, nach Hause zu fahren, war er direkt hinter ihnen. Doch Mags fing ihn ab, drückte ihm einen Drink in die Hand und bestand auf einem Toast.

Nach dem Zuprosten und einem einzigen Schluck von dem Drink, den er nicht wollte, stieg Cash in seinen Bugatti Chiron.

Er hatte sich nüchtern gefühlt, als er auf der kurzen Fahrt nach Hause in eine Verkehrskontrolle geriet. Doch dem Officer zufolge, der ihn angehalten hatte, lag sein Alkoholwert ein Zehntel über dem erlaubten Limit.

Die Erinnerung an jenen Abend nagte an ihm. Mags hatte ihn die meiste Zeit über drangsaliert – eine Angewohnheit, die sie bis zur Perfektion beherrschte. Und er war es leid gewesen. Seit Jahren drängte sie ihn, bei ihrer Plattenfirma Cheating Hearts zu unterschreiben. Die Firma war ihr ganzer Stolz … und das Ergebnis ihres vergeblichen Strebens nach Ruhm. Während Mags als Sängerin erfolglos geblieben war, wurde Eleanor Banks, Hannahs Großmutter, zu Nashvilles Liebling. Mit eingezogenem Schwanz kehrte Mags an die Bay zurück und verliebte sich dort. Der Bürgermeister versprach ihr die Welt und kaufte ihr eine Plattenfirma.

Als Cashs Bruder Will das hoch angesehene Label Elite Records neu auflegte, hatte Mags mit ihrem Unmut nicht hinter dem Berg gehalten und den Sutherland-Jungs zu verstehen gegeben, dass sie verbotenes Terrain Land betraten. Niemand besaß die Frechheit, mit der Königin der Bay zu konkurrieren. Bis Will Elite übernahm, Cash unter dem Label ein Album veröffentlichte und damit die höchste Auszeichnung der Branche gewann. Seither verzeichnete Elite immer größere Erfolge, zumal nun auch Wills Verlobte Hannah mit an Bord war. Außerdem hatte Luke viele neue Künstler angeworben, indem er sie dazu einlud, in seinen Bars zu spielen. Und Gavin arbeitete als Fachanwalt für Musiker ausschließlich für jene, die bei Elite Records unter Vertrag standen.

Doch jetzt breitete sich Cashs Polizeifoto im Internet aus wie das Toilettenpapier, mit dem er einst die Bäume seiner Highschool verziert hatte. Sein verärgerter Gesichtsausdruck ließ ihn schuldig wirken, und der Alkoholtest bestätigte sein Fehlverhalten.

Bis zu jenem Moment war er ein Bad Boy mit einer unaufhaltsamen Glückssträhne gewesen. Das Hit-Album, die Auszeichnung und bald das neue Album inklusive Tour mit Hannah sollten seinen neuen Status festigen. Die öffentlichen Schmähungen hatten diesen Plan vorerst zum Erliegen gebracht.

Zwar unterstützten ihn seine größten Fans, aber seine Sponsoren verhielten sich nicht so loyal. Eine berühmte Schuhmarke hatte seinen Vertrag bereits gekündigt. Daraufhin informierte ihn der Entwickler einer beliebten Spiele-App, für die er bereits ein Werbevideo gedreht hatte, dass er es nicht veröffentlichen würde. Plötzlich war der „Bad Boy der Countrymusik“, der vergangenen Sommer in ausverkauften Stadien gespielt hatte, als negativer Imageträger gebrandmarkt worden.

Cash war von dort, wo er sein wollte, eine Million Meilen entfernt, als er den letzten Ton seines Songs ins Mikro sang.

Hinter der Scheibe seines Heimstudios stand sein Bruder Will mit gefurchter Stirn, die Arme vor der Brust gekreuzt. Sein Stirnrunzeln hatte sich dort schon vor Jahren festgesetzt, war aber milder geworden, seit er mit Hannah zusammen war. Cash hatte geglaubt, die beiden wären wie Wasser und Öl, doch es stellte sich heraus, dass sie viel gemeinsam hatten. Sein gleichmütiger, strenger Bruder verliebt in ein explosives, energiegeladenes Wesen wie Hannah Banks? Es hörte sich wie ein Märchen an. Und das war es auch, was Liebe für Cash war: ein Märchen.

Hinter der schalldichten Scheibe drückte Will auf einen Knopf, damit Cash ihn hören konnte. „Ich würde ja sagen, mach’s noch mal, aber du solltest deine Stimme für Freitag schonen.“

„Kann’s kaum erwarten“, murmelte Cash und nahm die Kopfhörer ab.

Das Konzert am Freitag war nur eine Werbemasche und er wenig begeistert davon. Als er sich seine neue, glänzende Karriere als beliebter Musiker vorgestellt hatte, glitt er darin mühelos durch seine Tage und tat, was er liebte. Dafür hatte er den Football, das College und – noch schlimmer – seine damalige Freundin Presley aufgegeben. Damals war er überzeugt gewesen, dass es sich für sie beide lohnen würde, wenn er ihr das Herz brach.

Pres arbeitete jetzt für einen riesigen Medienkonzern. Ihr Artikel über Elite vor ein paar Jahren war gut angekommen und hatte die Sutherlands im besten Licht gezeigt. Sie hatte offensichtlich nach vorn gesehen. Das hatte er zwar auch, aber es war zehnmal schwerer gewesen als gedacht.

Er liebte es, aufzutreten oder mit Fans abzuhängen. Den Rest seiner Pflichten empfand er jedoch als nervig. Um seine Leidenschaft auszuleben, musste er sich auf Blödsinn wie Marketing, Interviews und kürzlich eine Pressekonferenz einlassen, auf der er sich öffentlich dafür entschuldigt hatte, betrunken Auto gefahren zu sein, obwohl das verdammt noch mal gar nicht stimmte.

Cash stellte seine Gitarre auf den Ständer, während Will auf sein Handy starrte.

„Wie wär’s mit Abendessen?“, fragte Will. „Gavin und Luke sind im Silver Marmot.“

Cash nickte. Zu Filet Mignon und Hummer würde er nie nein sagen.

„Das wird schon“, ermutigte Will ihn, als sie nach oben und durch Cashs Haus zur Eingangstür gingen. „Die Nachwirkungen so einer Anzeige dauern nicht ewig.“

Nein, aber es fühlte sich so an.

Cash wollte gern glauben, dass das Konzert am Freitag auf magische Weise alle Erinnerungen an sein Polizeifoto ausradieren würde, doch er wusste es besser. So etwas konnte Monate überdauern, wenn nicht gar Jahre.

Himmel, hilf.

Seinen Brüdern zuliebe hoffte Cash, dass es schnell ging. Auch Elite Records konnte keine schlechte Presse gebrauchen.

„Soll ich fahren?“ Will streichelte die Motorhaube von Cashs eisblauem Bugatti, dessen Metallic-Lackierung in der Abendsonne glitzerte.

„Dein Hintern wird nie in Berührung mit dem Fahrersitz meines Baby kommen.“ Cash schloss auf und stieg ein. „Außerdem trinke ich heute Abend bestimmt nichts.“

Vielleicht nie wieder in der Öffentlichkeit.

2. KAPITEL

Presley kam nach neunstündiger Fahrt und somit um einiges später in Beaumont Bay an, als sie ursprünglich geplant hatte. Mit einer Schutzhülle über dem Arm, in der ein elegantes Kleid steckte, eilte sie durch die Lobby des Beaumont Hotels auf die Damentoilette zu. Es sollte ihr egal sein, was Cash von ihrem Outfit hielt, aber niemals würde sie ihren Ex in Stretchhose und übergroßem T-Shirt interviewen. Das Hotel mit seinen Säulen, Marmorböden und schwarz-weiß gekleideten Bediensteten war so luxuriös wie erwartet.

Gavin hatte ihr den Tipp gegeben, mit dem Lastenaufzug auf die Dachterrasse zu fahren, wodurch sie die zahlenden Gäste umgehen konnte. Sie zog sich in einer Toilettenkabine um und überprüfte ihr Aussehen im Spiegel des angrenzenden Aufenthaltsraums, der mit seiner Polstergarnitur und dem Couchtisch, auf dem Kaffee für Gäste bereitstand, wie die Damentoilette des Taj Mahal ausgestattet war.

Nachdem sie sich die Zähne geputzt und ihr Make-up aufgefrischt hatte, fuhr sie sich schnell mit den Fingern durch ihr welliges, rotbraunes Haar. Sie warf die Schutzhülle des Kleides weg und stopfte ihre Sachen in ihre Tasche. Als sie den Raum gerade verlassen wollte, trat eine Frau ein, gefolgt von lautem Stimmengewirr, das aus der Lobby kam. Es waren unverkennbar die Stimmen von Presseleuten. Als die Frau an ihr vorbeigegangen war, stürzte Presley mit ihrer Tasche über der Schulter in die Lobby und direkt in eine Menschenmenge hinein.

Ein Pulk von Männern und Frauen mit großen Kameras und Handys war dabei, Fotos und Videos von ihrem Motiv aufzunehmen, dem einen und einzigen …

Autor

Jessica Lemmon
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